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Puper Säbelzahn gehört zu der seltenen Art der Rotbrustdrachen. Eines Tages, als er mal wieder gelangweilt in seiner Drachenhöhle sitzt, entschließt er sich dazu, seine gewohnte Umgebung zu verlassen und in die Fremde zu ziehen. Mit dem Ziel, Abenteuer zu erleben, marschiert er los. Auf seinem Weg, der durch einen unbekannten Wald führt, stößt Puper auf merkwürdige Lebewesen, von denen er vorher noch nie etwas gehört hatte.
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Seitenzahl: 64
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Gelangweilt saß der Drache Puper Säbelzahn in seiner Drachenhöhle und starrt hinaus.
Der Eingang der Höhle lag in einer schroffen Felswand, vor der sich eine bunte Blumenwiese bis zum nahen Wald hin erstreckte.
Puper Säbelzahn gehörte zu den seltenen Rotbrustdrachen. Dennoch war es nicht die Brust, sondern die Kehle, die bei dieser Drachenart leuchtend rot gefärbt war. Und immer, wenn sich ein Rotbrustdrache aufregte, wurde das Rot seiner Kehle intensiver. Dann sah es fast so aus, als würde sie leuchten.
Sein Körper war von dicken Hornschuppen überzogen, die ihn fast unverwundbar machten. Oben, auf dem Rücken, trug er einen Kamm aus kleinen, aufrechten Knochenplatten, der hinter seinem Kopf begann und bis zum Schwanzende reichte. In diesem Kamm fehlten allerdings schon ein paar Knochenplatten. Genauer gesagt waren es sieben Platten, die er sich bereits als Drachenbaby beim herumtollen ausgeschlagen hatte. Sie waren nicht mehr nachgewachsen.
Rotbrustdrachen konnten sehr alt werden. Puper Säbelzahn hatte in diesem Jahr seinen 150sten Geburtstag gefeiert. Auch wenn die Drachen ein Alter von mehr als 500 Jahre erreichen konnten, war Puper schon ausgewachsen.
Wenn er auf seinen vier Beinen stand und den Kopf hob, dann ragte dieser bis in die Baumkronen. So konnte er seine Lieblingsspeise, die Fruchtzapfen der Plumpskiefern, ohne Probleme direkt von den Ästen abknabbern. Diese Bäume wurden als Plumpskiefern bezeichnet, weil die Früchte, wenn sie überreif waren, mit einem lauten „Plumps“ auf den Boden fielen.
Das Tal, in dem Puper zu Hause war, lag oben in einem Gebirge. Mit ihm zusammen lebten viele verschiedene Tiere in diesem Hochtal. Menschen verirrten sich eigentlich niemals hierher. Unten, am Fuße des Gebirges, lag ein kleines Dorf, in dem Menschen wohnten. Die Dorfbewohner wussten genau, dass Puper Säbelzahn oben in den Bergen lebte, aber sie fürchteten den Drachen nicht. Ihnen war bekannt, dass Puper ein friedlicher Geselle war, vor dem niemand Angst haben musste.
Mit den Tieren, die zusammen mit ihm im Hochtal wohnten, hatte der Drache Freundschaft geschlossen.
Auch wenn ein Rotbrustdrache auf dem ersten Blick sehr gefährlich aussah, Puper war anderen gegenüber immer sehr freundlich und liebenswürdig. Er war überall für seine Gutherzigkeit bekannt.
Bei den Menschen unten im Dorf war Puper sogar sehr beliebt. Wenn er das Dorf ab und zu besuchte, bereitete er den Kindern immer eine große Freude, wenn er sie auf seinem hohen Rücken reiten ließ.
Der Drache war auch für seine Hilfsbereitschaft bekannt. Vor einiger Zeit wollte eine Bäuerin vor dem Dorf einen kleinen Acker anlegen, um Mais anzupflanzen. Ihr war es nicht gelungen, Furchen für die Aussaat zu ziehen, weil der Boden zu hart und steinig war. Puper Säbelzahn, der gerade zufällig des Weges gekommen war, hatte das gesehen. Er bot der Frau sofort Hilfe an. Mit seinen großen Krallen an den Füßen und der gewaltigen Drachenkraft hatte er eine Furche nach der anderen in den harten Untergrund gezogen. So konnte die Bäuerin mit der Maisaussaat beginnen.
Als Puper ein anderes Mal das Dorf besuchte, hatten die Menschen gerade ihre Felder von alten Baumstämmen und herumliegenden Ästen befreit. All das alte Gehölz hatten sie zu einem großen Haufen gestapelt, um es zu verbrennen. Weil das Holz aber teilweise noch feucht war, ließ sich das Feuer, welches die Dorfbewohner darunter legten wollten, einfach nicht entflammen. Puper hatte sofort erkannt, dass hier die Hilfe eines Drachens nötig war. Er sagte den Leuten, dass sie beiseitetreten sollten. Als die Menschen sich weit genug von dem Holzhaufen entfernt hatten, holte der Drache tief Luft, um schließlich mit einem gewaltigen Flammenstrahl, der aus seinem Maul schoss, das Feuer zu entfachen. Das Holz brannte lichterloh. Die Dorfbewohner klatschen vor Freude in die Hände und riefen laut: „Bravo Puper!“
An dieses Erlebnis musste Puper oft denken, wenn er wie jetzt in seiner Höhle saß. Er war dann immer sehr stolz, denn niemals zuvor hatte ihm jemand Applaus gespendet.
Puper Säbelzahn verließ seine Höhle und trat hinaus auf die große Wiese. Dort wuchsen Blumen in allen Farben, die man sich nur vorstellen konnte. Bunt schillernde Schmetterlinge flatterten durch die Luft. Die herrlich gefärbten Falter flogen von einer Blüte zur anderen, um von dem süßen Nektar zu naschen. Aus dem dichten Wald, der am Ende der Wiese lag, erklang Vogelgezwitscher. Der Gesang der Vögel war sehr laut; ja, es hörte sich so an, als veranstalteten die Vögel einen Wettbewerb, wer wohl am lautesten singen konnte.
Der Drache atmete tief durch. Dabei zog er die Luft durch seine großen Nasenlöcher. Die Luft roch gut. Es duftete nach Sommer.
Puper hatte die Angewohnheit, regelmäßig mit seiner langen Zunge über die beiden großen Zähne zu lecken, die zu beiden Seiten aus seinem Maul hinaus ragten. Und genau das tat er in diesem Moment auch. Zuerst glitt die Zunge über den rechten Zahn und dann über den linken. Diese Zähne waren gebogen wie Säbel. Dadurch hatte der Drache von seinem Vater den zweiten Namen Säbelzahn bekommen.
Seinen ersten Namen, Puper, hatte ihm seine Mutter gegeben. Als er damals noch ein kleines Drachenbaby war, musste er immer sehr viel pupsen. Deshalb hatte seine Mama immer kleiner Puper zu ihm gesagt. Und so war er schließlich zu seinem Namen gekommen, Puper Säbelzahn.
Auch wenn Puper mittlerweile ein großer Drache war, das ständige Pupsen konnte er sich bis heute noch nicht abgewöhnen. Am schlimmsten wurde sein Gepupse, wenn er besonders aufgeregt war. Dann entwich ihm ein Drachenfurz nach dem anderen. Der Furz eines Rotbrustdrachens ist nicht sehr laut. Wenn der Drache pupste, ertönte, kaum hörbar, ein leises Zischen. Aber der Gestank, der sich nach dem Pupsen ausbreitete, war unerträglich. Es roch, als hätte jemand die ekeligsten Gerüche der ganzen Welt zusammengemischt und wehe, wenn jemand so einen Rotbrustdrachenfurz einatmete, dem konnte richtig schlecht werden.
Jeder, der den Puper kannte, wusste, dass er, wie alle Rotbrustdrachen, sehr gut Feuer speien konnte. Wenn er so richtig in Form war, dann reichte die Flamme, die aus seinem Maul schoss, zwanzig Meter weit.
Beim Feuerspeien war ihm schon so manches Missgeschick unterlaufen. So hatte er vor einiger Zeit einem Pfau aus Versehen alle Schwanzfedern abgefackelt und das nur, weil Puper niesen musste. Dabei war ihm irrtümlich eine Flamme aus dem Maul geschossen. Er hatte sich sofort bei dem Pfau entschuldigt, doch dieser war beleidigt und sagte ihm, dass er ihn nicht mehr in seiner Nähe haben wollte. So ist das, wenn einem Pfau das genommen wird, womit er am meisten angeben kann, nämlich seinen prunkvollen Federschmuck. Die Federn waren dem Vogel aber bald schon wieder nachgewachsen und er hatte Puper zu verstehen gegeben, dass er ihm nun nicht mehr böse sei, da sein Gefieder nun noch prächtiger war, als vorher. Er sagte, dass kein anderer Pfau so ein prachtvolles Rad schlagen kann, wie er.
„Man, ist das langweilig“, sagte der Drache zu sich selbst. Eigentlich hatte Puper ein schönes Leben. Wenn er nicht gerade faul auf dem Nest aus duftendem Heu in seiner Höhle lag und schlief, tollte er ausgelassen auf der großen Wiese herum. Das war seine Lieblingsbeschäftigung. Es bereitete ihm große Freude, wenn die vielen bunten Schmetterlinge dabei um seine Nase herumflatterten.
Puper dachte auch jetzt kurz daran, hinaus auf die Blumenwiese zu laufen. Er dachte daran, dass an einem so außergewöhnlich sonnigen Tag wie heute, besonders viele Falter auffliegen würden. Aber irgendwie hatte er heute keine Lust, seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen.
Ist das langweilig, ging es ihm durch den Kopf. Puper überlegte, was er sonst noch machen könnte.
„Vielleicht sollte ich mich in den Wald begeben“, murmelte er. „Ich könnte zu der kleinen Lichtung gehen, an der die vielen Plumpskiefern wachsen und ein paar leckere Fruchtzapfen naschen.“ Diese Idee fand Puper nicht schlecht, aber eigentlich verspürte er im Moment überhaupt keinen Hunger; und Appetit auf Fruchtzapfen hatte er auch nicht.