Rolf Horst
Rogolf der Barde
Gesammelte Werke
Band 1 -4
Für alle die bisher noch keine Geschichte über
Rogolf den Barden gelesen haben, sind hier al-
le vier bisher erschienen Abtenteuer in einem
Buch zusammengefasst.
Angefangen über Band 1 – Noten des Todes –
in dem Rogolf zum ersten Mal bekanntschaft
mit der Liga der weißen Magiekundigen
macht. Es folgt »In eigener Sache«. In diesem
zweiten Band gerät Rogolf selbst unter Ver-
dacht mit dem Bösen zusammenzuarbeiten.
Band 3 erzählt von den Erlebnissen rund um
die »Walpurgisnacht« und im bisher letzten
Buch »Heimspiel« werden Mandy und Rogolf
zu einem Live-Rollenspiel eingeladen, bei dem
sich auch das Böse einnistet. Erneut geht es für
die Beiden und ihre Gefährten um Leben und
Tod.
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Rolf Horst
Rogolf der Barde
Band 1 - 4
Fantasy
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Über den Autor: Rolf Horst ist Jahrgang 1960 und lebt mit seiner Frau,
einer Hündin und einer Katze in eine norddeutschen Kleinstadt.
In der Reihe über Rogolf den Barden sind bisher die folgende Bände
erschienen:
Band 1 – Noten des Todes
Band 2 – In eigener Sache
Band 3 – Walpurgisnacht
Band 4 – Heimspiel
© 2024 Rolf Horst
ISBN Softcover:
ISBN Hardcover:
ISBN E-Book:
978-3-384-16982-2
978-3-384-16983-9
978-3-384-16984-6
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg,
Germany.
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich ge-
schützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Ver-
wertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikati-
on und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu errei-
chen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice",
Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
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Noten des Todes
Seit seinem letzten Fantasy-Live-Rollenspiel
war etwas anders und er wusste noch nicht ge-
nau was. Seine Figur des Barden war im Sze-
nario ermordet worden und das Ritual, das die
Magiekundigen ausgeführt hatten, um ihn wie-
der ins Leben zurückzuholen, war irgendwie
merkwürdig verlaufen. Seit diesem Wochenen-
de hatte er immer den selben Traum von einer
Wohnung in einem ganz bestimmten Haus und
die Mieterin war tot. Eine Stimme sagte ihm,
das nur er helfen könnte. Und plötzlich pas-
sierten merkwürdige Dinge um ihn herum. Er
bekam die Würde und Bürde des Lautenspie-
lers übertragen und musste sich von da an mit
den Mächten der Finsternis befassen. Auf Le-
ben und Tod.
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Vorwort
Fantasy Rollenspiele, darunter hatte ich mir
lange Zeit nichts vorstellen können und doch,
es gab sie. Ein früherer Kollege von Rogolf
veranstaltete mit einigen Freund*innen solche
Rollenspiele und nahm auch bundesweit daran
teil. Rogolf konnte sich überhaupt nicht vor-
stellen, als Schwertschwingender Raufbold
durch die Szenerie zu turnen. Also besann er
sich auf das, was er konnte, Gitarre spielen
und Lieder texten, so wurde aus ihm Rogolf
Götz von Knochenheim, der Barde und Min-
nesänger. Oder kurz, Rogolf der Barde. Er be-
gleitet mich mittlerweile seit über 30 Jahren.
Seine Teilnahme an einigen Rollenspielen mit
dieser Figur und seine Erzählungen darüber
haben mich inspiriert, ein Fantasy-Buch zu
schreiben, bei dem Rogolf auf eine harte Probe
gestellt wird.
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Der Barde bewegte sich auf die Schänke zu, er
hatte Hunger und wollte noch eine Kleinigkeit
essen. Im schummrigen Licht sah er drei
Zwerge stehen und um ihre Beute feilschen.
Direkt auf ihn zu kam diese junge Frau, deren
Namen er nicht kannte. Er wusste nur, dass sie
bei den letzten Rollenspielen immer für ein
paar Taler Massagen angeboten hatte oder die
Männer von ihrem Drei-Tage-Bart befreite.
Und sie mochte ihn nicht. Sie hatte ihm schon
ein paar Mal vorgeworfen, dass er sich immer-
zu theatralisch in Szene setze und dann auf
spektakuläre Weise zu Tode käme.
Als sie auf seiner Höhe war, warf sie ihm ei-
nen eisigen Blick zu und zischte einen schauri-
gen Fluch in seine Richtung. Es lief ihm eis-
kalt den Rücken herunter, dann sah er ihr Ra-
siermesser aufblitzen und sie deutete einen
Schnitt an seinem Hals entlang an und ver-
schwand im Dunkel. Also kein Abendessen, er
war gerade umgebracht worden. Rogolf schau-
te sich kurz um, in welche Richtung er umfal-
len solle. Dann trat er plötzlich gegen die Um-
randung der Sandkiste, stolperte und fiel zur
Seite. „Um den Aufprall zu mindern, muss ich
die Laute fallen lassen“, dachte er, aber da
stieß er schon mit dem Kopf an den großen
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Stein neben der Sandkiste.
Die Zwerge hatten den Sturz mitbekommen
und auch die Gestalt verschwinden sehen. Sie
liefen sofort los um Beute zu machen. Wenn
schon einmal einer von alleine umfällt, dann
kann man ja wenigstens sehen, was für einen
selbst dabei herausspringt. Als eine Zwergin
allerdings Blut an ihren Händen bemerkte, war
es mit der Ruhe vorbei. Einer lief los, um Hilfe
zu holen. Nachdem die kleine, blutende Platz-
wunde an seinem Kopf versorgt war, schilderte
Rogolf kurz den Hergang und legte sich drau-
ßen vor der Schänke wieder hin, schließlich
war er ja gemeuchelt worden. Nun musste man
ein paar Magiekundige finden, die bereit wa-
ren ihn wieder ins Leben zurückzuholen, also
ein entsprechendes Ritual durchzuführen.
Die Spielleitung fand sich zusammen und beri-
et kurz die neue Situation. Dann wurde der
Schankwirt angewiesen, alles was er an Magi-
er*innen, Heilkundigen, Kräuterfrauen und
Hexen finden kann, aufzufordern in der Schän-
ke zusammenzukommen. Was keiner wusste,
auch die Frau, die Rogolf umgebracht und ver-
flucht hatte, war unter diesen Magiekundigen.
Nachdem alle ihre für das Ritual notwendigen
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Utensilien zusammengetragen hatten, traten
sie vor die Schänke und bildeten einen Kreis
um den Barden.
Er selbst hatte auch schon bei solchen Ritualen
geholfen, er kannte Heilungslieder und unter-
stützte damit gerne die großen Magier*innen
bei ihrer Arbeit. Aber jetzt galt das Ganze ihm,
der „tot“ am Boden lag. Als erstes fing sein
Arbeitskollege an, der dieses Mal als weißer
Magier teilnahm. Er stellte allerlei Räucher-
werk auf und sprach merkwürdig klingende
Worte, überall um Rogolf herum zischten
Wunderkerzen und Sprühfeuerwerk. Als dann
diese Frau mit ihrem magischen Singsang be-
gann, spürte er eine nie zuvor erlebte Energie
in seinem Körper. Ihm wurde kalt, dann heiß,
er hatte das Gefühl er würde schweben und
dann fühlte sich sein Körper schwer wie Blei
an. Das gesamte Ritual dauerte über eine Stun-
de bis alle ihre Heilungs- und Wiederbele-
bungsriten durchgeführt hatten. Die Spiellei-
tung bestätigte, das Rogolf erfolgreich wieder-
belebt worden war. Einzige Auflage war, dass
hatte sich seine „Mörderin“ ausgedacht, dass
er sich nicht mehr genau an den Tathergang
und den oder die Täter*in erinnern konnte.
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In dieser Nacht hatte er zum ersten Mal diesen
Traum von einer toten Frau in einer Wohnung
und er kannte weder diese Frau noch die Woh-
nung. Er betrat das Haus und ging die Treppe
hinauf, die Wohnungstür stand offen. Ein selt-
sames Gefühl beschlich ihn, als ob eine beson-
dere Energie dort vorhanden war. Nachdem er
vorsichtig einige Räume betreten hatte, fand er
die Wohnungsinhaberin regungslos auf dem
Boden liegend im Wohnzimmer. Er nahm sei-
nen Rucksack von der Schulter, packte seine
kleine Harfe aus und stellte verschiedene Räu-
chergefäße auf. Dann begann er ein Lied zu
singen, der Text war auf Lateinisch, was er gar
nicht konnte und doch, er sang dieses Lied und
spielte dazu eine Melodie. Nach etwa einer
halben Stunde packte er alles wieder ein und
verließ die Wohnung. Unten an der Haustür
kam ihm ein Rettungssanitäter entgegen und
fragte ihn, wo sich die Frau befindet. Rogolf
erklärte ihm, welche Wohnung es war und ver-
schwand.
Am nächsten Morgen wachte er mit so starken
Kopfschmerzen auf, das er sich erst einmal
übergeben musste. Da war wieder seine Migrä-
ne und er nahm seine Tabletten dagegen ein.
Die Zeit bis zum Mittag verging wie im Flug,
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alle waren mit Abbau- und Aufräumarbeiten
beschäftigt. Rogolf nahm sich einen Kaffee
und ging zu seinem Kollegen Hans. Er erzählte
ihm von seinem Traum und Hans meinte, das
mit dem Sturz auf den Stein und dem stunden-
langen Ritual sei wohl doch etwas zuviel für
ihn gewesen. Er riet ihm gleich nach Hause zu
fahren und nicht noch bis zum Abend zu blei-
ben. Das tat Rogolf dann auch.
Zuhause angekommen räumte er nur kurz das
Kostüm, die Instrumente und alle anderen
Utensilien beiseite, ging duschen und ver-
schwand im Bett. Er schlief sofort ganz tief ein
und hatte denselben Traum wie in der Nacht
zuvor, aber noch viel intensiver. Er wachte im-
mer wieder schweißgebadet auf und hatte das
Gefühl von tausenden Stimmen in seinem
Kopf, die alle durcheinander redeten.
Am nächsten Morgen wachte er wieder mit
diesen höllischen Kopfschmerzen auf und
schon beim Einnehmen seiner Migränetablette
dachte er an die mahnenden Worte seines Neu-
rologen: „Egal wie oft sie Migräne haben, sie
dürfen maximal 6 Tabletten im Monat neh-
men!“
Er versuchte trotz der Kopfschmerzen eine
Tasse Kaffee zu trinken, aber die kippte er
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schon nach dem ersten Schluck in die Spüle.
Auch der Toast wollte ihm nicht so wirklich
schmecken. Er duschte, zog sich Jeans und T-
Shirt an und fuhr ins Büro. Eine Stunde nach-
dem er die Tablette genommen hatte bekam er
so ein Brausepulvergefühl, das den Nacken
hochstieg und dann im Kopf so richtig los
sprudelte, dann war die Migräne fürs erste vor-
bei. Hans holte sich gerade eine Tasse Kaffee
aus der Kantine, die sich gleich neben ihrem
Büro befand. Er sah Rudolf, so hieß Rogolf
mit richtigem Namen, kopfschüttelnd an,
drückte ihm seine Tasse in die Hand und holte
sich eine neue. Im Büro und in seinem über-
schaubaren Freundeskreis nannten sie ihn alle
nur Rudi.
Hans sagte zu Rudi, dass er erbärmlich aussä-
he und ob er nicht lieber nach Hause fahren
wolle, was dieser aber verneinte. Da es an die-
sem Morgen noch ganz ruhig war und sich we-
der ein Kunde bei ihnen meldete, noch ein ak-
tuelles Kundenproblem zu bearbeiten war,
nahm Rudolf sich die Samstagszeitung, die
Hans mitgebracht hatte und schlug sie auf. In-
teressanterweise direkt bei den Kleinanzeigen
mit den Privatverkäufen. Eine Anzeige sprang
ihm sofort ins Auge „Verkaufe sehr alte und
gut erhaltene Laute, nur an besondere Men-
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schen!“. Dann stand da noch die Telefonnum-
mer. Rudi nahm den Hörer vom Telefon und
wählte die angegebene Nummer.
Die Stimme am anderen Ende der Leitung
klang alt und es war nicht eindeutig herauszu-
hören, ob es ein Mann oder eine Frau war. Ru-
di fragte nach der Laute und die Stimme ant-
wortete ihm, dass sie schon auf seinen Anruf
gewartet hätte. Er war irritiert, wieso hatte die-
ser Mensch gerade auf ihn gewartet? Da er
sich das Instrument ansehen wollte vereinbar-
ten sie noch für den selben Nachmittag einen
Termin. Rudolf notierte sich die Anschrift und
freute sich darüber, gleichzeitig spürte er eine
innere Unruhe, die er sich nicht erklären konn-
te. Obwohl er gut sechzig Kilometer fahren
musste, war er pünktlich an der angegebenen
Adresse und total begeistert von diesem wun-
derschönen Instrument und seinem Klang, der
etwas Mystisches hatte. Er hielt die Laute in
der Hand und spielte wie von selbst die Melo-
die aus seinem Traum. Auch sang er leise dazu
diesen lateinischen Text, den er überhaupt
nicht verstand. Die alte Dame, die ihn empfan-
gen hatte, strahlte ihn an und meinte, dass sie
Recht damit hatte, dass diese Laute nur auf ihn
gewartet hat. Sie zeigte ihm ein Bild, auf dem
Rogolf in seinem Kostüm zu sehen war, er
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hielt sich in der Schänke auf. Aber was er noch
sah, das verwunderte ihn sehr, denn rund um
die Gestalt der Barden war ein heller, warmer
Lichtschein zu sehen, anders als bei den weite-
ren Personen im Bild. Sie erklärte ihm, dass
dies seine Aura sei und dadurch klar war, dass
er für die Laute und die damit zusammenhän-
gende Tätigkeit vorgesehen sei. Sie sagte ihm
auch, dass er das Instrument kostenlos über-
nehmen könne, denn er wisse ja, welche Bürde
ihm damit übertragen werde und damit wären
alle Kosten getilgt. Und so würde er sie auch
eines Tages weitergeben. Rudi sah sie fragend
an, aber sie erklärte ihm, dass er alle notwendi-
gen Informationen rechtzeitig erhalten würde.
Es sei eine Frage der Intuition, der er einfach
vertrauen müsse. Sie lächelte ihn noch einmal
an, dann steckte sie die Laute zurück in ihren
Koffer und schenkte ihm noch eine Tasse Tee
ein. Ich habe mich damals auch erst einmal da-
gegen gewehrt, aber dann habe ich nach und
nach alles verstanden und eine gewisse Routi-
ne entwickelt, obwohl es bei dieser Aufgaben-
stellung gar keine Routine gab. Rudi wunderte
sich und dachte dann an seinen wiederkehren-
den Traum. Hatten die Frau und die Laute et-
was damit zu tun? Und was war mit seiner
„Mörderin“, konnte sie ihm weiterhelfen? Er
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setzte sich in seinen Firmenwagen und fuhr die
Strecke zurück. Immer und immer wieder
drehten sich die Gedanken in seinem Kopf, sah
er die Bilder vom Mord an ihm, vom Ritual,
spürte er die Energie und sah Szenen aus sei-
nem Traum. Er war völlig durcheinander und
hatte das Gefühl, hier falsch zu sein.
Zuhause angekommen bekam er kaum einen
Bissen von seiner Pizza herunter, obwohl er
großen Hunger hatte und auch der Früchtetee
schmeckte ihm nicht.
Er versuchte so lange wie möglich aufzublei-
ben, denn er hatte Angst schlafen zu gehen und
wieder diesen Traum zu haben. Irgendwann
brannten seine Augen so sehr, dass er sich hin-
legen musste und tatsächlich wachte er mitten
in der Nacht schweißgebadet durch diesen
Traum auf. Diesmal waren ihm ein paar mehr
Details aufgefallen. So konnte er den Straßen-
namen erkennen, in dem das Wohnhaus stand
und auch dessen Hausnummer. In welchem
Ort sich das Haus befindet, dass wusste er im-
mer noch nicht. Diesmal befanden sich Men-
schen im Treppenhaus und obwohl dieses total
verqualmt war, schien das niemand von ihnen
zu merken, auch Rogolf bemerkten sie nicht.
Er schrieb diese Dinge auf, obwohl er sich
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nicht erklären konnte warum er dies tat. Aber
vielleicht würde das alles einen Sinn ergeben,
was hatte Olga ihm gesagt? Wer war jetzt Ol-
ga? Die alte Dame von der er die Laute hatte,
aber woher wusste er, dass sie Olga hieß?
Er sank total erschöpft aufs Kopfkissen zurück
und schlief noch einmal ein.
Am nächsten Morgen im Büro sah er noch
schlechter aus, meinte jedenfalls Hans und
fragte ihn, was denn mit ihm los sei. Rudi er-
zählte ihm von dem immer wiederkehrenden
Traum, den er seit dem Ritual am Wochenende
habe.
Er fragte Hans, ob der ihm die Adresse von der
Magierin geben könne oder wenigstens ihre
Telefonnummer, da er unbedingt etwas mit ihr
klären müsse. Als Hans ein wenig zögerlich
mit der Antwort war, erzählte Rudi ihm, dass
sie es war, die ihn an dem Abend umgebracht
hätte, nachdem sie einen für ihn völlig unver-
ständlichen Fluch oder etwas ähnliches ausge-
sprochen hatte. Er sprach auch von der alten
Frau, der Laute und diesen ganzen Informatio-
nen, die er selbst nicht einzuordnen wusste.
Hans sah ihn fragend an und suchte dann in
seinem Handy nach der Telefonnummer und
gab sie Rudi. Er erzählte ihm auch, dass die
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junge Frau Mandy heiße und auch hier in der
Stadt wohne.
Der Tag im Büro ging schnell vorüber, denn
sie hatten reichlich Kundenprobleme zu lösen,
machten nicht einmal eine richtige Mittags-
pause und tranken wieder viel zu viel Kaffee.
Rudis Blutdruck meldete sich und auch sein
Drehschwindel machte ihm mal wieder Pro-
bleme. Er nahm sich vor, seinen Kaffeekon-
sum noch weiter zu reduzieren und im Büro
nur noch Tee zu trinken.
Am frühen Abend versuchte Rudi bei Mandy
anzurufen, aber es meldete sich nur die Mail-
box. Er hinterließ ihr eine Nachricht und bat
sie darum, zurückzurufen. Tatsächlich klingel-
te gegen einundzwanzig Uhr sein Telefon und
eine sehr angenehme warme und weiche Stim-
me fragte ihn, wie sie ihm helfen könne. Rudi
erzählte ihr von seinem Traum, der Laute und
dem merkwürdige Verhalten der Verkäuferin.
Mandy schlug ihm vor, dass sie sich kurzfris-
tig einmal treffen sollten, es wäre zu umständ-
lich einen solchen komplexen Zusammenhang
am Telefon zu erklären. Rudi war überrascht,
dass Mandy so freundlich zu ihm war, das
kannte er vom Live-Rollenspiel ganz anders.
Sie bot an, ihn am nächsten Abend zu Hause
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aufzusuchen und Rudi war erleichtert, dass es
so schnell klappen würde.
Die Nacht war schnell vorbei, denn er träumte
erneut von diesem merkwürdigen Vorgang. Er
ging ins Bad, wusch sich mit kaltem Wasser
den Schweiß ab, zog sich etwas Frisches an
und versuchte wieder einzuschlafen. Wenn nur
diese Kopfschmerzen nicht wären.
Die Bürozeit wollte und wollte nicht enden, er
hatte viel Zeit nachzudenken, Hans war aus-
wärts bei einem Kunden und im Büro schwieg
das Telefon fast den ganzen Tag. Er war froh,
als endlich Feierabend war und er nach Hause
fahren konnte.
Mandy klingelte schon vor der verabredeten
Zeit bei ihm und Rudi war von ihrem Anblick
angenehm überrascht. Er kannte sie nur in ab-
gerissener Kleidung mit einem grünen Um-
hang. Sie bot für ein paar Taler Massagen und
Rasuren an.. Nur mit ihm schimpfte sie jedes
Mal wieder. Das war heute ganz anders, sie
drückte ihn herzlich und dankte ihm noch ein-
mal für die Einladung. Die Beiden setzten sich
in Rudis Wohnzimmer und er erzählte ihr noch
einmal die Begebenheiten, die sich seit ihrem
Mord an ihm als Barden ereignet hatten.
Mandy wurde ernst, sie erklärte ihm, dass sie
zu einer besonderen Gruppe von Menschen ge-
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höre, die das dämonische Treiben auf der Erde
bekämpfe. Rudi runzelte die Stirn und musste
erst einmal schlucken, dann fragte er, was das
zu bedeuten habe. Mandy sah ihn an und
sprach dann weiter. Sie berichtete, dass es tat-
sächlich dunkle Mächte gäbe, die viel Unheil
über die Menschen brächten, aber keiner, der
dies nicht einmal selbst erlebt habe, glaube
wirklich daran. Aber es gebe immer wieder
Personen, wie sie selbst oder Olga, die ihm die
Laute überlassen hatte, die mit einer besonde-
ren Aura versehen seien und die in der Lage
waren, das Böse zu bekämpfen und manchmal
auch zu besiegen. Ihr wäre bei den Rollenspie-
len immer wieder seine Aura aufgefallen und
letztendlich hatte sie Recht behalten, wie auf
dem Foto, das Olga ihm gezeigt hatte, deutlich
zu erkennen war. Er gehörte auch zu diesem
auserwählten Kreis. Olga sei mittlerweile zu
alt für diese gefährliche und schwierige Aufga-
be, deshalb war es an der Zeit einen Nachfol-
ger zu finden, und das sei er, Rogolf der Bar-
de.
Rudi verstand immer noch nicht so ganz, was
es mit der Laute und der damit verbundenen
Aufgabe zu tun hatte. Mandy lächelte mild und
erinnerte ihn an seinen Traum. Er wisse doch
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genau, worin seine Aufgabe bestünde. Immer
wenn die Dämonen ein Menschen auslöschen
wollen, ist es die Pflicht des Lautenträgers,
dieses zu verhindern oder sogar rückgängig zu
machen. Durch den jeweiligen Traum bekom-
me er angezeigt, wo das nächste Opfer zu fin-
den ist. Allerdings reiche die Laute und das Ri-
tuallied allein nicht aus, er müsse sich auch
noch bestimmte Düfte zulegen, die er dann in
Form von Räucherstäbchen oder als Kräuter in
Räuchergefäßen während des Rituals abbrennt.
Sie gab ihm den Rat, in der nächsten Zeit alle
Mittelaltermärkte oder sonstigen Veranstaltun-
gen mit Bezug zum Mittelalter aufzusuchen
um dort das Räucherwerk zu finden und sie
bot sich an, ihn dahin zu begleiten. Es sei an
der Zeit, dass er sich seiner Aufgabe stelle und
aus den Noten des Todes wieder ein Lied des
Lebens erklingen lasse. Er versprach ihr, nach
dieser Art von Veranstaltungen im Internet zu
suchen und sie dann über die Termine zu infor-
mieren. Es war spät geworden und Mandy ver-
abschiedete sich. Rudi saß total verwirrt und
niedergeschlagen auf seinem Sofa und konnte
keinen klaren Gedanken fassen. War er wach
oder hatte er jetzt schon den zweiten Alb-
traum? Er versuchte im Netz etwas über dunk-
le Mächte, Dämonen und Menschen mit be-
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sonderer Aura zu finden, aber letztendlich lan-
dete er immer nur auf Webseiten die mit Pen-
deln und Kartenlegen Geld verdienen wollten,
die Figuren aus Horrorfilmen nachstellten oder
die selbst Fantasy-Rollenspieler waren. Er gab
schließlich entnervt auf und ging zu Bett. Da
er die letzten Tage immer wieder an Tinnitus
litt, steckte er sich seine Kopfhörer ins Ohr
und stellte den MP3-Player an, so konnte er
die Maschinenraumgeräusche mit seiner Lieb-
lingsmusik aus den Siebzigern übertönen und
einigermaßen schlafen. Dieses Mal war sein
Traum anders, er legte seine Laute und allerlei
Zubehör in sein Auto und fuhr los. Er befand
sich nach einer ganzen Weile des Fahrens auf
Landstraßen plötzlich auf der Autobahn, konn-
te aber die blauen Hinweisschilder nicht erken-
nen und so wusste er nicht wohin er fuhr. Aber
es handelte sich wieder um die selbe Straße,
das selbe Haus, die Wohnung und auch um die
Frau, die er retten sollte. Diesmal wunderte er
sich auch nicht mehr über den Rettungssanitä-
ter, dem er jedes Mal im Traum unten an der
Haustür begegnete, denn diesmal träumte er
auch, dass er als Rogolf den Notruf tätigte.
Rudi hatte allerhand Termine für mittelalterli-
che Veranstaltungen gefunden und schickte die
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Liste per Mail an Mandy. Dann verabredeten
sie sich zunächst für drei Termine, den ersten
am Freitagnachmittag und je einen am folgen-
den Sonnabend und Sonntag. Rudi holte
Mandy bei ihrer Wohnung ab, sie trug ein auf-
wendiges Kostüm, das er bislang noch bei kei-
nem Rollenspiel gesehen hatte. Er selbst hatte
sein Bardenkostüm an, welches er für gewöhn-
lich trug. Mandy fand es blöd, ihn Rudi zu
nennen und so hatte sie aus seinem Rogolf ein
Rogi gemacht. Sie fragte ihn während der Au-
tofahrt, ob es Neuigkeiten aus seinem Traum
gebe, was er verneinte. Sie fuhren gut zwei
Stunden und nachdem sie erfolgreich einen
Parkplatz gefunden hatten, machten sie sich
auf den Weg zum Mittelaltermarkt in Bücke-
burg direkt im Schlosspark. Aufgrund ihrer
Kostüme brauchten sie nur einen ermäßigten
Eintritt zu bezahlen und mischten sich gleich
unters Volk. Es gab unterschiedliche Veranstal-
tungen, wie Ritterspiele, Reitturniere oder Bo-
genschießen für Jedermann, die Beiden inter-
essierten sich aber hauptsächlich für den klei-
nen Marktplatz mit den verschiedenen Händ-
lern. Es gab Ständen an denen gegessen und
getrunken werden konnte. Man hatte die Mög-
lichkeit, Kostüme oder Zubehör, wie Methör-
ner, Schwerter, Gürtel und Gewürze und Räu-
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cherwerk zu erstehen. Dieser Stand war für
Mandy und Rogolf natürlich der interessantes-
te. Sie blieben bestimmt eine Stunde dort, stu-
dierten den Geruch von allerlei Kräutern und
Räucherstäbchen, bevor Rogolf einige Tüten
und drei Räuchergefäße kaufte. Er lud Mandy
zum Essen ein und die Zwei ließen sich ein
paar gut gewürzte Steaks vom Holzkohlegrill
schmecken. Dann machten sie sich wieder auf
den Rückweg. Mandy fragte ihn, ob er noch
Lust habe, mit zu ihr in die Wohnung zu kom-
men. Natürlich wollte er das, zu groß war sei-
ne Neugier darauf, wie sie leben würde und
was sie an Kostümen und Ausrüstungsgegen-
ständen in Laufe der Jahre alles so zusammen-
getragen hatte. Es wurde noch eine lustige
Stunde, aber dann fuhr Rogolf nach Hause,
denn sie wollten ja am nächsten Tag das zwei-
te Spektakel an diesem Wochenende aufsu-
chen.
Er wälzte sich im Bett unruhig hin und her,
konnte nicht einschlafen und wenn doch, dann
schreckte er nach ein paar Minuten wieder auf.
Er spürte eine gewisse Angst davor zu versa-
gen, wenn es auf ihn ankäme. Als er vor
Mandys Haus anhielt, stand sie schon an der
Straße, sah ihn erschrocken an und fragte, ob
sie fahren solle. Rogolf fand das eine sehr gute
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Idee, drückte ihr den Autoschlüssel in die
Hand und verschwand auf dem Beifahrersitz.
Mandy fragte sofort wieder nach dem Traum,
aber es gab nichts Neues. Auch auf diesem
mittelalterlichen Spektakel in der Nähe eines
Klosters bei Nienburg wurden sie fündig und
Rogolf kaufte weiteres Räucherwerk für seine
Aufgaben ein. Mandy fand einen schönen Le-
dergürtel in den mehrere kleine Dolche einge-
arbeitet waren, angeblich benutzten Messer-
werfer solche Gürtel samt Waffen. Diesmal
ließen sie sich mehr Zeit und genossen auch
die Vorstellungen der Kämpfer und vor allem
die Garde, die als eine Art mittelalterliche Po-
lizei allerlei Schabernack mit dem Publikum
trieben. Dabei nahmen sie sich ausschließlich
dem nicht kostümierten Volk an. Dieses Mal
lud Mandy ihn zum Essen ein und da er am
Nachmittag doch sehr viel erholter aussah, ließ
sie ihn auch zurückfahren. An diesem Abend
sortierten sie gemeinsam alles, was Rogolf in
den zwei Tagen eingekauft hatte. Mandy hatte
ihm eine Art Kosmetikkoffer mitgebracht und
in diesem verstauten sie die ganzen Utensilien,
so dass sie immer griffbereit waren. Rogi stell-
te die Koffer mit der Laute und dem Zubehör
in sein Gästezimmer, welches auch gleichzei-
tig Arbeits- und Ausrüstungszimmer war.
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Wenn es jetzt darauf ankäme, könnte er sofort
loslegen.
Er brachte Mandy noch nach Hause und ging
dann schlafen. Es wurde eine aufregende
Nacht und er hatte nicht gedacht, dass er alle
Dinge so schnell brauchen würde.
Rudis Handy klingelte und er sah, dass es
Mandy war, die anrief. Es saß im Auto und be-
nutzte seine Freisprecheinrichtung. Mandy
fragte ihn erstaunt, wo er gerade stecke, da sie
mit Brötchen vor seiner Wohnungstür stehen
würde, weil sie doch zum Mittelalter Markt
fahren wollten. Rudi antwortete ihr, dass er auf
dem Weg nach Hamburg sei. In der letzten
Nacht hätte sich der Traum komplett darge-
stellt und ihm wurde sowohl die Stadt, eben
Hamburg, als auch die Uhrzeit angezeigt und
da er auf gar keinen Fall zu spät kommen
wollte, hätte er keine Zeit mehr gehabt, sie zu
informieren. Mandy wurde ernst und er musste
ihr versprechen, gut auf sich aufzupassen und
sie sofort anzurufen, egal wie das Ganze aus-
gehen würde. Das Versprechen gab er ihr ger-
ne.
Da sein Firmenwagen mit einem Navigations-
gerät ausgerüstet war, fand er sich in der ihm
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unbekannten Stadt relativ gut zurecht. Endlich
kam er in die richtige Straße und sah auch
schon von weitem den Wohnblock, den er aus
seinem Traum kannte. Er suchte einen Park-
platz und kam zwei Häuserreihen vor dem an-
gestrebten Einsatzort zum Stehen. Er nahm
seine beiden Koffer vom Rücksitz und lief los.
Jetzt war er ganz Rogolf der Barde, ruhig und
besonnen. Aus der Haustür kam eine schwarz-
gekleidete Person und schwebte beinahe in
Richtung der Straße, in der Rogolf parkte. Als
er selbst in diese Zuwegung einbog, merkte er
eine Eiseskälte und es fröstelte ihn. Die Haus-
tür konnte er von außen öffnen, ohne bei je-
mandem klingeln zu müssen. Im Treppenhaus
roch es nach Pech und Schwefel, Rogolf muss-
te würgen, aber sich nicht übergeben. Er lief
die Treppe hoch in den zweiten Stock und sah
die offene Wohnungstür. Alles war wie in sei-
nem Traum, nur hier roch es noch schlimmer
als im Hausflur. Er ging zielsicher durch die
Räume und fand die Wohnungsinhaberin leb-
los auf dem Boden liegend. Sofort öffnete er
den Kosmetikkoffer, nahm die drei Gefäße und
einige Tüten Räucherwerk heraus und zündete
eine Mixtur verschiedener Kräuter an. Es brei-
tete sich ein angenehmerer Duft aus. Er nahm
seine Laute aus dem anderen Koffer und fing
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gleich an zu spielen und zu singen. Der Text
war auf Lateinisch und beinhaltete Sätze wie,
die dunklen Mächte sind zu schwach, um dich
auszulöschen, wir weißen Menschen sind stets
wach, dein Leben dir zu retten. Er spielte be-
stimmt eine halbe Stunde lang, dann öffnete er
die Fenster, damit der reine Rauch und Duft,
den bösen Qualm und Gestank nach draußen
tragen konnte. Rogolf packte seine Utensilien
wieder ein, wählte die 112 und nannte Straße
und Hausnummer, man bat ihn vor Ort zu blei-
ben, aber das konnte er natürlich nicht. Als er
die Treppe wieder hinunter ging, traf er an der
Haustür auf die Rettungssanitäter, denen er er-
klärte, wo sie die Frau finden würden. Dann
entfernte er sich vom Haus und ging zu seinem
Auto. Er legte die beiden Koffer auf den Rück-
sitz und sah nun auch den Notarzt vorfahren.
Er setzte sich hinter sein Lenkrad, nahm sein
Handy und rief Mandy an, die ihn ganz ange-
spannt fragte, ob er in Ordnung sei und wie al-
les abgelaufen ist. Rogolf antwortete ihr, dass
es ihm gut gehe und die Frau überlebt hätte.
Sie käme gerade, aufgestützt auf einen der
Rettungssanitäter, aus dem Haus und wurde
zum Krankenwagen gebracht. Er selbst fühle
sich wie nach einem Boxkampf, total erledigt.
Mandy bat ihn darum, egal wie spät es werde,
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er solle auf jeden Fall noch bei ihr vorbeikom-
men. Das versprach er ihr. Rogolf beobachtete
noch den Abtransport des Opfers, atmete drei-
mal tief durch, startete seinen Wagen und fuhr
über die Landstraße nach Hause. Die Auto-
bahn zu fahren war ihm nach diesem Einsatz
zu stressig.
Es war schon dunkel, als er bei Mandy klingel-
te. Sie riss die Tür förmlich auf und fiel ihm
um den Hals. Sie war froh darüber, dass er sei-
nen ersten Einsatz als Barde des Lebens ohne
Blessuren überstanden hatte. Mandy bat ihn
hinein und dirigierte ihn dann in ein Zimmer,
das er noch nicht kannte. Hier stand eine rich-
tige Massageliege. Sie gab ihm ein großes
Handtuch und forderte ihn auf, seinen Ober-
körper freizumachen und sich bäuchlings hin-
zulegen. Dann ölte sie sich die Hände ein und
fing an seinen Schulter Nacken Bereich zu
massieren. Als sie auf seinen Rippen und der
Wirbelsäule mit den Handkanten trommelte,
war er vor lauter Erschöpfung schon einge-
schlafen. Mandy deckte ihn mit einer Wollde-
cke zu, schaltete das Licht aus und ließ ihn
schlafen. Sie selbst machte es sich noch eine
Weile im Wohnzimmer auf dem Sofa bequem.
Irgendwann mitten in der Nacht wurde sie
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durch leise Schritte wach, sie lag immer noch
auf der Couch, hatte es aber irgendwie vorm
Einschlafen geschafft, das Licht auszuschalten.
Rogolf stieß im Dunkeln mit dem Fuß gegen
eine Türzarge und fluchte leise. Mandy schal-
tete die Salzlampe an und ein warmer, oranger
Lichtschimmer durchflutete sanft den Raum.
Sie rief ihm zu, falls er die Toilette suchen
sollte, dann wäre es von dort, wo er stehe die
zweite Tür rechts. Rogolf kam zu ihr in das
Wohnzimmer und setzte sich auf einen Sessel.
Es war zwei Uhr morgens und sie bot ihm an,
dass er sich auf das Sofa legen könne, das wä-
re sicherlich bequemer als die Massageliege.
Sie selbst würde dann in ihr Bett verschwin-
den. Rogolf lehnte freundlich ab. Er sagte ihr
noch, dass er froh und dankbar sei, dass sie ihn
mental so unterstützt habe und bedankte sich
auch für die Massage, selbst wenn er dabei
eingeschlafen sei. Da könne man mal sehen,
wie entspannend so etwas ist. Aber jetzt müsse
er nach Hause in seine eigenen vier Wände,
damit er morgen für das Büro halbwegs fit sei.
Mandy sah ihn eine Weile schweigend an und
sagte dann zu ihm, dass es hoffentlich nicht bis
zu seinem nächsten Einsatz dauern würde, bis
sie sich wiedersehen. Nicht, dass er sie falsch
verstehe, aber sie fände, dass er und sie ein tol-
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les Team wären und da es nur ganz selten sol-
che engen Seelenverwandtschaften gäbe, woll-
te sie auf ihn als Freund nicht mehr verzichten.
Sie betonte noch einmal: als Freund, nicht als
Lebenspartner. Er sei ihr ein paar Jahre zu alt
und sie würde ohnehin auf Frauen stehen. Ro-
golf nahm sie in den Arm und drückte sie ganz
fest. Du kannst jederzeit zu mir kommen, auch
wenn kein Schuh drückt. Und egal wie früh
oder spät es ist. Mandy lächelte ihn an, und
sagte, dass es umgekehrt genauso sei.
Auf seiner beschlagenen Autoscheibe stand:
Tu es ut bonum sicut mortuus – Du bist so
gut wie tot!
Rogolf hatte sich zuhause einen starken Kaffee
gekocht und war gar nicht mehr ins Bett ge-
gangen. Trotzdem fühlte er sich ausgeruht,
Mandys Massage hatte eine tolle Wirkung ge-
habt. Nicht nur, dass er bei ihr entspannt ein-
geschlafen war, nein, er spürte keinerlei Ver-
spannungen mehr. So gut hatte er sich schon
lange nicht mehr gefühlt.
Als er fröhlich singend ins Büro kam sah Hans
ihn fragend, nein, eher zweifelnd an. Letzte
Woche noch auf allen Vieren unterwegs und
jetzt mit einem mal himmelhoch jauchzend.
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Rogolf erzählte ihm von seinem Wochenende
mit Mandy, vor allem natürlich von den Besu-
chen auf den mittelalterlichen Veranstaltungen,
die Lebensrettung als Barde behielt er für sich.
Hans grinste ihn an, na, geht da was mit euch?
Nein. Wir sind einfach sehr gute Freunde.
Im Büro war wieder einmal nicht viel los. Die
Kunden waren mit ihren Gehaltsabrechnungen
für diesen Monat durch. Anfragen mit Proble-
men oder Änderungen von Lohnarten, Aus-
wertungen oder anderen lohnrelevanten Din-
gen waren entweder schon erledigt oder hatten
Zeit. Neue Kunden, bei denen das komplette
Abrechnungsprogramm installiert und einge-
richtet werden musste, gab es derzeit nicht. Al-
so konnten Hans und er in Ruhe in ihren Test-
firmen Einiges ausprobieren, aufräumen und
Kundenakten aktualisieren. Auch zuhause hat-
te Rogolf nicht wirklich etwas zu tun. Natür-
lich wartete jeden Tag nach der Büro- noch die
Hausarbeit auf ihn, aber das war Routine. Er