Sweet Demonic Angel (Sammelband) - Akira Arenth - E-Book

Sweet Demonic Angel (Sammelband) E-Book

Akira Arenth

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Beschreibung

Sweet Demonic Angel (Sammelband) Print 474 Seiten Genre: Gay Romance / Urban Fantasy / Humor Uhrukath, der abgrundtief böse, skrupellose und überaus narzisstische Sohn des Höllenfürsten, will endlich den Thron seines Vaters besteigen. Um den Platz seines unheiligen Erzeugers für sich beanspruchen zu können, muss er Gott in einer Wette schlagen. Zum ersten Mal im Himmel, trifft er diesen in seinem Atelier beim Modellieren neuer Engel. Der Allvater sieht dem Ganzen gelassen entgegen, denn schließlich ist Uhrukath nicht der erste Sprössling, den ihm sein größter Widersacher hinaufschickt. Eine Wette ist schnell gefunden: Während Gott davon überzeugt ist, dass hauptsächlich die Umgebung ein Lebewesen prägt, ist sich Uhrukath sicher, dass dieses in erster Linie von innen heraus durch die Veranlagung gesteuert wird, wobei dämonische Gene immer dominieren. Also beschließen sie, einen Hybriden aus Teufel und Engel zu erschaffen, und binnen sechs Monden wird sich zeigen, wer recht behält. Uhrukath ist sich seines Sieges zwar gewiss, doch er wäre kein teuflischer Lordakh, würde er nicht trotzdem versuchen, das Geschehen zu seinen Gunsten zu beeinflussen und den Mischling zu manipulieren. Was ihm dabei passiert, hätte selbst er sich nicht mal zu träumen gewagt ...

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Klappentext - Sweet Demonic Angel
Prolog
Kapitel 1 - Uhrukath - Ein Teufel im Himmel
Kapitel 2 - Lesniac - Der Dämon in Mir
Kapitel 3 - Uhrukath - Ein dämonisches Desaster
Kapitel 4 - Lesniac - Wenn alte Ketten Brechen
Kapitel 5 - Uhrukath - Dem Ziel so nah
Kapitel 6 - Lesniac - Am Rande des Wahnsinns
Der Pfad des Teufels
Der Weg der Engel
Extra: Die Reihe in Reimen
Nachwort
Danksagungen
Impressum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sammelband

Klappentext - Sweet Demonic Angel

(Sammelband)

Gay Fantasy Romance

 

Uhrukath, der abgrundtief böse, skrupellose und überaus narzisstische Sohn des Höllenfürsten, will endlich den Thron seines Vaters besteigen. Um den Platz seines unheiligen Erzeugers für sich beanspruchen zu können, muss er Gott in einer Wette schlagen. Zum ersten Mal im Himmel, trifft er diesen in seinem Atelier beim Modellieren neuer Engel. Der Allvater sieht dem Ganzen gelassen entgegen, denn schließlich ist Uhrukath nicht der erste Sprössling, den ihm sein größter Kontrahent hinaufschickt. Eine Wette ist schnell gefunden, denn während Gott fest davon überzeugt ist, dass hauptsächlich die Umgebung ein Lebewesen prägt, ist sich Uhrukath sicher, dass es die Veranlagung ist, die einen von innen heraus steuert, wobei dämonische Gene immer dominieren. Also beschließen sie, einen Hybriden aus Teufel und Engel zu erschaffen und binnen sechs Monden wird sich zeigen, wer recht behält. Uhrukath ist sich seines Sieges zwar gewiss, doch er wäre kein Lordakh, würde er nicht trotzdem versuchen, das Geschehen zu seinen Gunsten zu beeinflussen und den Mischling zu manipulieren.

 

 

 

 

 

Sammelband

 

Akira Arenth

Vaelis Vaughan

Prolog

16.Jh. - Himmel

 

„Oh Funkelnder!!! Oh Heiligster!!! Es ist eine Nachricht eingetroffen!Eine Nachricht vom ... vom Unaussprechlichen ... vom Höllenfürsten persönlich!“

„Ach wirklich?“ Der Allvater dreht sich verwundert zu seinem Götterboten, der eine ziemlich verstörte Gans in den Händen hält, und lacht auf. „Sag bloß, ist es schon wieder so weit?“ Er wischt sich den schmierigen Ton von den Fingern, schiebt in freudiger Erwartung seine Werkzeuge beiseite und löst das zusammengerollte, angekokelte Pergament vom Fuß des Vogels. Als er es öffnet, müffelt es derbe nach Schwefel, weshalb ihm sofort die Augen tränen, trotzdem liest er es bis zum letzten Wort. „Tatsächlich!“ Er wackelt glucksend mit seinem schneeweißen Oberlippenbart, der sich Richtung Kinn nahtlos in den Rest seiner Gesichtsbehaarung einfügt. „Haha, dieser alte Schlawiner ist wirklich unglaublich!“

Der kleine Putto lässt die Gans zurück auf die Erde fliegen, doch er teilt die Unbeschwertheit seines Herrn nicht und schwirrt stattdessen nervös hin und her, während er sich an seinen knubbeligen Fingern knibbelt. „Oh Allmächtiger, w-w-was schreibt der Gehörnte? St-Steht uns ein Krieg bevor?“

Der Allvater wedelt ab, als würde er eine Fliege verscheuchen, und reicht seinem Diener die Botschaft. „So ein Unsinn! Unser alter Freund Luzifer schickt uns nur wieder mal einen seiner Söhne vorbei, das ist alles!“

„Lu-Lu-Lu-Luzifers S-S-S-Sohn???“, stottert der kleine Himmelsbote, welcher wenig geübt im Überbringen von Nachrichten ist, vor allem schlechten! „A-A-Aber ein T-T-Teufel, im Himmelreich? Oh Gott, welch Gefahr das bedeutet! D-Das geht doch nicht!!!“

„Natürlich geht das“, widerspricht ihm der Weise und schwingt sein weißes Gewand herum, um sich danach auf seinen himmlischen Wolkensessel zu setzen. „Nun sei mal nicht so ein Hasenfuß! Ich kenne Luzi seit Jahrtausenden, der will doch nur spielen. Was glaubst du, warum er so viele Kinder hat? Ihm ist langweilig, das ist alles.“

„A-A-Aber -“

„Lumpus!“, unterbricht der Herr seinen Diener und legt ihm eine Hand auf die kleine, pummelige Schulter. „Er bittet höflich um eine Audienz für seinen Sohn, mehr nicht!“

„Aber warum denn???“, wimmert der kindliche Knirps weiter und lässt dabei bibbernd die Unterlippe hoch und runter flapschen.

„Weil ich ihn prüfen soll!“ Der Allvater ist nun doch etwas genervt. „Luzifer sucht schon seit Ewigkeiten einen Nachfolger, aber er ist von Natur aus ein pedantischer Korinthenkacker, deshalb war ihm bisher keiner gut genug. Sein Erbe muss mich schlagen, nur dann akzeptiert er ihn ...“

„E-E-Euch sch-sch-schlagen???“

„In einer Wette! Ja.“

„Aber was, wenn Euch dieser ... dieser Sohn überlistet? Euch ein Leid antut??? Wenn er Euch stürzt? Dann sind wir alle verloren!!!“ Der Putto schluchzt bereits schlimmer als ein Ferkel mit Rüsselseuche und flattert panisch im Kreis, bis ihn der Urschöpfer einfängt und ihm einen soeben erschaffenen Nuckel in die sabbrige Luke pfropft. An diesem beginnt die kleine Kreatur wie wild zu saugen, bis sie sich endlich beruhigt.

„Keine Sorge, das wird nicht geschehen“, beschwichtigt ihn sein Heilsbringer und setzt ihn auf eine Wolke. „Immerhin ist er ja nicht der erste Sohn, den mir Luzifer schickt ... apropos, der wievielte Abkömmling ist das eigentlich?“

Der Putto zieht mit einem Plopp den Nuckel raus und verkündet: „Im Pergament steht, er sei der Sechshundertsechsundsechzigste!“

„Oh.“ Nun doch etwas verunsichert, nimmt der Allvater die Rolle erneut an sich, ignoriert deren Gestank, so gut es geht, und liest die entsprechenden Zeilen nach. „Du hast recht, hier steht es ...“ Einen Moment überlegt er, doch dann fällt die Sorge wie ein alter Mantel von ihm ab und er sieht optimistisch, wie er eben ist, in die Zukunft. „Ach was! Das ist auch nur eine Zahl! Ich kenne alle Schwächen von Luzifers Söhnen, all ihre schmutzigen kleinen Wortspiele und Tricks. Damit können sie vielleicht manche Menschen reinlegen, aber doch nicht mich!“ Er lässt die Müffelrolle durch die Luft ins himmlische Archiv sausen, direkt in eine große, geruchsdichte Kiste zu all den anderen Stinkeblättern, die vor ihr aus der Hölle kamen. Dann schreitet er unerschrocken an den Rand seiner elysischen Plattform, zu einer seiner fabelhaftesten Kreationen: dem Behvèrain - dem göttlichen Vergrößerungsglas, verziert mit goldenen, heiligen Ornamenten. Grinsend betrachtet er seine Schöpfung, die Erde, sieht beim Blick durch das Glas, wie sie sich dreht, und fokussiert die Megalupe in ihrem rotierenden Gestell auf den Bereich, der ihn interessiert: einen riesigen Vulkan,[Fußnote 1] den Eingang zur Unterwelt.

„Komm nur, sechshundertsechsundsechzigster Sohn der Finsternis! Ich werde dich in gleicher Weise vorführen wie all deine einfältigen, wollustgetriebenen Brüder vor dir!“

„Warum sind das eigentlich alles Jungs?“, quakt der Putto von hinten und zerstört mit seiner Frage die epische Stimmung.

Schnaufend legt Gott den Kopf in den Nacken. „Das sind keine Jungs, das sind Hermaphroditen, Lumpus! Nur dem äußeren Anschein nach sind sie männlich, weshalb man sie erzt. Hast du in den Geschichtsstunden nicht aufgepasst?“

Ertappt sieht der Putto zu Boden und wird puterrot. „Die waren so gruselig ... da hab ich lieber am Daumen gelutscht.“

Gott reibt sich die Stirn und erklärt geduldig: „Luzifers Nachkommen sind Hermaphroditen, Lumpus! Sie besitzen also einen Phallus, mit dem sie andere befruchten können, und eine sogenannte Naòr, einen eigenen Befruchtungskanal, der sie dazu befähigt, Eier zu legen. Infolgedessen können sie sich geschlechtlich ungebunden fortpflanzen und vermehren sich darum auch wie die Pest!“

„Na jaaaa“, wirft der kindliche Diener ein und wackelt mit dem Kopf, dass ihm die blonden Locken nur so wippen. „Sechshundertsechsundsechzig Nachkommen in sooooo vielen Jahrtausenden sind ja noch vertret-“

„Das sind nur Luzifers Söhne!“, unterbricht ihn Gott. „Seine direkten Nachfahren nennen sich Lordakh und bilden die oberste Fürstenklasse! Auch wenn ich jeden Einzelnen von ihnen in der Vergangenheit bezwungen habe, so hat es sich doch keiner seiner Sprösslinge nehmen lassen, vorher noch fleißig herumzuhuren! Sie paarten sich mit den Menschen und schufen so immer mehr niedere Dämonen, die sich zu Rotten zusammenschlossen!“

Erneut überkommt den Putto ein angsterfülltes Zittern. „Ihr ... Ihr meint die ... die Diabolus sapiens?“

„Genau die“, bestätigt der Allvater und nickt. „Hast du ja doch ein bisschen aufgepasst.“ Dabei tätschelt er dem kleinen Lutscher den Kopf. „Zum Glück sind diese Ungeheuer sehr kälteempfindlich und ziehen sich deshalb offenbar aus freien Stücken unter die Erde zurück.“

„Wisst Ihr denn, wie viele es sind? Nicht dass sie uns irgendwann überrennen?“

„Das werden sie nicht“, beruhigt Gott seinen Boten erneut. „Keiner dieser Dämonen hat Flügel, und über den himmlischen Sog kommen nur die Seelen, die ich persönlich ins Himmelreich hole! Ach ja, wo wir gerade davon sprechen ...“ Mit einem Wink seiner Hand saust ein blütenreines Pergament herbei, auf das er eine Einladung schreibt. „Hier! Flieg hinunter auf die Erde und halte am Fuße des Vulkans Ausschau nach einem der dämonischen Jäger. Das sind die Einzigen, die sich außerhalb der höllischen Höhlen aufhalten und dich in die Asthenosphäre zu Luzifer bringen werden.“

„M-M-M-Mich???“ In seiner Panik zutschelt der kleine Schisser an seinem Nuckel wie ein Presslufthammer.

„Ja, dich, Lumpus!“, verkündet Gott und lächelt zuversichtlich. „Keine Sorge, dir wird nichts geschehen! Nur mit deiner Hilfe und meiner Einladung kann Luzifers Sohn das Himmelreich betreten! Nun los, fliege hinab und walte deines Amtes!“

Eigentlich hatte sich der kleine Götterbote nur für Inlandsflüge beworben, doch angesichts dieser gewichtigen Aufgabe - erteilt vom Chef persönlich - hat er keine Wahl. „Na gut ...“, blubbert er leise, nimmt das Pergament und will losflattern, da hält ihn der Schöpfer abermals auf.

„Lumpus! Eines noch! Sei so gut und lass den Nuckel hier. Als mein Botschafter solltest du ein wenig professionell aussehen ... und zieh dir eine Windel an!“

 

Kapitel 1 - Uhrukath - Ein Teufel im Himmel

 

Das funkelnde Glitzern meiner blutroten Kristallsteindecke blendet mich, als ich die Augen öffne.

‚Es ist so weit! Heute ist der Tag gekommen, auf den ich so lange gewartete habe!‘

Schwungvoll will ich meine zarten zweihundertfünfzig Kilo aus dem Bett wuchten, doch beim Aufrichten bemerke ich, dass ich am Laken festklebe.

„Ngaach“, stoße ich angewidert aus, als ich die Sauerei um mich herum erblicke, und grolle laut „Hey!“ Alle, die noch leben, schrecken hoch und sehen mich angstverzerrt an. „Verzieht euch oder ich fresse eure Eier zum Frühstück!“

Zwei niedere Leviath und sogar ein Mensch rappeln sich mühevoll aus der klebrigen Masse und schleppen sich gleich darauf aus meiner Höhle, wobei der Mensch eigentlich nur von meinen Untergebenen mitgezerrt wird. Ehrlich gesagt wundert es mich, dass er nach dem nächtlichen Ritt überhaupt noch krauchen kann. Mein Prachtstück von einem stark geäderten, mit Höckern und Riefen versehenen Lordakhbolzen ist zwar von Natur aus zur absoluten Befriedigung vorgesehen, aber genauso auch zur Folter. Er ist ein Werkzeug, das gleichzeitig Schmerz und Lust bringt, doch kaum ein Mensch hält ihn aus, ohne dabei draufzugehen. Es sei denn, er hat schon auf der Erde massiv der Sodomie gefrönt, so wie der Typ, der eben meine Höhle verlassen hat, denn sonst wäre dieser wie seine dreizehn Leidensgenossen heute Nacht endgültig über den Jordan gegangen.

Mit einem Ruck reiße ich meinen am Laken klebenden Körper los und presse sofort die Lippen zusammen, um keinen verräterischen Laut von mir zu geben. Dann erhebe ich mich mit frisch enthaartem Rücken und atme - dabei tief schnaufend - den Schmerz weg. Ein kurzer Kontrollblick genügt, erleichtert stelle ich fest, dass ich zum Glück noch reichlich Haare am Körper habe.

Sobald das schmerzhafte Puckern auf meiner Kehrseite nachlässt, stapfe ich zum Spiegel, der an der gegenüberliegenden Höhlenwand hängt. Als ich mich darin sehe, entspanne ich mich und belecke mir die Reißzähne.

‚Hrrmm ... da war ich wohl eine Weile im Rausch.‘

Meine aschgraue Haut ist übersät mit angetrockneten Blutspritzern, aber noch viel schlimmer hat es meinen Bart und meine struppige, schwarze Mähne erwischt. Die sind von den Lebenssäften meiner Gefangenen aus der letzten Nacht vollkommen verklebt, aber das stört mich nicht sonderlich. Auch das Fell an meinen Beinen ist voller Blut, doch ich kratze mir nur über die zum Glück noch üppig behaarte Brust, betrachte mich ein wenig im Spiegel, lasse meine Muskeln spielen und nicke mir schließlich grinsend zu.

Oh ja, ich bin abgrundtief böse! Ein richtig mörderischer Dreckskerl, von der Spitze meiner gewaltigen Hörner bis in die gespaltenen Hufe – und ich liebe es! Scheiße, ich bin so männlich, dass man meine Glocken für Kokosnüsse halten könnte, und darüber hinaus bin ich so dämonisch, dass selbst meine Hörner Hörner haben! Außerdem bin ich der erste verdammte Lordakh, dem ein stattlicher Bart wächst, und auch das will was heißen!

,Ich sollte mal wieder ein Lava-Bad nehmen‘, kommt es mir in den Sinn.[Fußnote 2] Doch bevor ich all den Dreck von meinem gigantisch geilen Körper brenne, strecke ich mich ausgiebig und bemerke im Augenwinkel, wie Behlar hereinschleicht, um sich ein paar Überreste meiner ausschweifenden Nacht zu mopsen.

Ich beachte ihn nicht, denn er ist nur ein unbedeutender, kleiner Leviath - ein Unterdämon, entstanden aus der Notgeilheit eines reinrassigen Lordakhs, so wie ich einer bin, mit einem dieser verweichlichten Menschen, der die Paarung zufällig überlebt hat. Seine Haut hat im Gegensatz zu meiner einen geradezu ekelerregenden Grünstich. Obendrein ist der Lurch kaum so groß wie mein Oberschenkel, aber er wächst ja auch noch. Trotzdem wird er sein Leben lang hier unten im Dreck hausen, selbst wenn er ausgewachsen ist.

Fast schon beruhigend gurrt er und wackelt mit dem Kopf, während er mich taxiert und gleichzeitig mit den Fingern an meinem Bett herumfummelt.

Na ja, eigentlich ist er ganz niedlich. Meistens beobachtet er mein Treiben heimlich und ahmt mich auch manchmal pantomimisch nach, was zum Schießen komisch aussieht. Er nährt sich von dem, was ich übrig lasse, ist anhänglich wie eine Schmeißfliege und dennoch dulde ich ihn seit einigen Wochen in meiner Höhle, denn er putzt mich immer, wenn ich zu müde dafür bin.

Noch während ich überlege, ob meine Kriegsbemalung heute aus Ruß oder Blut bestehen soll, nachdem ich mich in meinem Lava-Bad erfrischt haben werde, zuppelt mir plötzlich eben dieser Kriechling an meiner buschigen Beinbehaarung herum.

„Was willst du, Wurm?“, knurre ich ihn an und fletsche die Zähne.

„Verzeiht“, quiekt er buckelnd, sich schützend die kleinen Klauen über den Kopf haltend. Ich glaube, das ist das erste Mal, dass ich ihn überhaupt reden höre. Sonst quäkt und grollt er immer nur. „Jäger - da!“, quakt er und fuchtelt mit seinen dünnen Armen in Richtung Höhlenausgang. „Jäger sagen Engelsbote da! Mit Nachricht! Nachricht für Euch!“

„Was? Jetzt schon?“

Meine Gedanken überschlagen sich, doch ehe ich in mein Lava-Bad springe, wirble ich herum, rupfe dem kleinen Wicht einen Arm aus meinem Bett und schmeiße ihm diesen vor seine Füße. Sofort schnappt er ihn sich und zerrt ihn dankbar davon.

***

Ein Donnern dröhnt durch den riesigen Saal, als ich das massive Mooreichen-Tor mit meinen gewaltigen Pranken aufstoße und den langen Gang zum Thron meines Erzeugers beschreite. Die niederen Teufel, die beide Seiten dieses Abschnittes flankieren, weichen ehrfürchtig zurück. Meine Lederrüstung, verziert mit Knochen, Platten und Fellen, bedeckt lediglich bauchabwärts meine untere Hälfte sowie meine Schultern. Den Rest meines bulligen, mit Blut bemalten Körpers stelle ich zur Schau. Jeder Tritt meiner mächtigen Hufe auf den Peridotit-Gesteinsboden hallt bedrohlich als Echo von den spitz zulaufenden Höhlenwänden. Auf dem Rücken trage ich drei Dutzend Köpfe von meinem letzten Beutezug in einem Netz - ein Zeichen meines Triumphes und meiner Unbarmherzigkeit.

‚Hoffentlich kotze ich nicht, wenn ich den Engel sehe.‘

Schon alleine bei dem Gedanken an dieses schwanzlose Vieh wird mir schlecht! Endlose, eintönige Unterrichtsstunden musste ich über mich ergehen lassen, um alles über unsere Geschichte und das Leben der Bewohner der drei Welten – im Himmel, auf der Erde und hier unten - zu lernen. Und eines habe ich dabei besonders verinnerlicht: Es gibt nichts Ekelerregenderes als Engel! Vollkommen egal, ob sie groß, klein, dick oder dünn sind!

„Uhrukath!“, krächzt mein Erzeuger rau meinen Namen und hebt dabei seinen Arm. Er ist alt geworden. Seine Haut ist fahler und faltiger denn je, seine weißen Haare dünn und strähnig. Die wenigen, ihm noch verbliebenen schwarzen Federn seiner Flügelstümpfe wirken fransig, und nach wie vor finde ich es seltsam, dass der Fürst der Unterwelt der Einzige hier ist, der keine Hörner hat. Oder anders betrachtet: Warum wir welche haben, wo wir doch alle von ihm abstammen ... was sowieso sehr skurril ist, da er, genau wie all seine Engelkollegen, gar kein Gemächt hat.

‚Egal, darüber brauche ich mir nicht den Kopf zu zerbrechen! Bald bin ICH Herr der Schatten und dann wird sich niemand mehr an Luzifer erinnern!‘

Seine Macht schwindet, das spürt jeder hier, und bald wird es mit ihm zu Ende gehen. Die Zeit hat sichtbar an ihm gefressen und mit jedem Lordakh, den er erschuf, schwand auch ein Teil seiner Macht. „Mein letzter Sohn!“, grollt er und schnauft zufrieden, als ich ihm meine Beute zu Füßen lege und meinen gehörnten Schädel vor ihm neige. „Grausamster meiner Garde, Führer der Rotte, Schlächter der Menschen ... du hast dich als würdig erwiesen! Nun fehlt dir nur noch die letzte Prüfung, um den Thron für dich zu beanspruchen und als neuer Höllenfürst die ganze Macht an dich zu reißen!“

Er brüllt mittlerweile, als sei es sein eigenes Ziel, aber er wartet ja auch schon seit einer halben Ewigkeit auf einen würdigen Nachfolger, der ihn vielleicht sogar zu rächen vermag.

„Ich werde Euch nicht enttäuschen, Vater.“ Ich beuge mich erneut und grinse siegessicher. „Dieser alte, verstaubte Greis wird gar nicht wissen, wie ihm geschieht!“

„Das will ich hoffen!“, grollt Luzifer und wirkt dabei total verbittert. „Doch halte deinen Hochmut im Zaum! Der alte Mann mag schwach wirken, freundlich und vielleicht sogar etwas verwirrt, aber er ist verschlagener als ein jeder von uns und plant immer drei Züge voraus! All deinen Brüdern bot er ausschließlich Wetten an, die sie gar nicht gewinnen konnten, obwohl sie sich machbar anhörten! Das Geheimnis ist also, keinen Vorschlag so anzunehmen, wie er dir präsentiert wird! Wenn du ihn schlagen willst, baue von Anfang an Vorteile für dich in die Bedingungen ein, die er nicht kontrollieren kann! Betrüge, wo es nur geht, und das Wichtigste: Lass dich nicht ablenken!“

„Das werde ich nicht!“, schnaufe ich und scharre mit den Hufen, als würde ich gleich losstürmen wollen. „Ich werde siegreich zurückkehren oder niemals mehr!“ Genau wie all meine Vorgänger.

„So soll es sein!“ Luzifer nickt, ordert dann mit einem Wink seiner Hand, mein gut gefülltes Netz mit den Kopftrophäen wegzuräumen, und lehnt sich erschöpft auf seinem Thron zurück. „Alle Hoffnung hängt an deinen Klauen! Du bist der Auserwählte, der sechshundertsechsundsechzigste reinblütige Lordakh und damit der letzte Nachfahre, den ich in diese Welt bringen konnte! Doch deine Ära der Finsternis kann nur erblühen, wenn du meinen Thron besteigst!“

„Ich bin bereit!“, rufe ich angriffslustig, stampfe auf und sehe mich um. „Wo ist dieser Engelsbote?“

Luzifer nickt einem der höheren Leviath auffordernd zu und dieser öffnet eines der Seitentore. Als ich jedoch sehe, was er hereinbringt, muss ich mir das Lachen verkneifen.

„Was ist das denn?“ Ich hatte einen von diesen sieben schwanzlosen, aber zumindest halbwegs stattlichen Erzengeln erwartet. Ähnlich meiner Größe, wenn auch etwas schmaler. Doch das, was da gerade hereingeschubst wird, ist das Jämmerlichste, was ich jemals gesehen habe: ein quäkend rotzender, kleiner, pummeliger, haarloser ... Minimann mit Flügeln!? Oder ist es ein fett gefüttertes, menschliches Ferkel?

„Eine P-P-Putte“, wimmert der Winzling auf und zieht sich den Lappen zurecht, den er sich um die Hüften gewickelt hat. „Lasst mich frei, ihr Bestien! Der Allmächtige sagte, ihr dürftet mir nichts antun!“

„Ach? Sagte er das?“ Diabolisch grinsend gehe ich auf das gewindelte Schwein zu und packe es an einem seiner speckigen Arme. „Rück meine Botschaft raus, du Made, oder ich reiß dir die Flügel raus!“

„H-H-Hier habt Ihr sie!“, plärrt das Ding weiter und bewirft mich geradezu mit dem Pergament. „Nun lasst mich runter!“

Da ich es nicht leiden kann, wenn man mir Befehle erteilt, presse ich den Arm dieses eingebildeten Speckstücks noch etwas stärker zusammen, doch als er lauter aufschreit, mischt sich mein Vater ein.

„Uhrukath!“, ruft er plötzlich mahnend, scheint aber selbst nicht hinsehen zu können. „Hör auf, ihn zu quälen! Das ist Uhrzrath![Fußnote 3]“

„Was???“ Erschrocken lasse ich den blökenden Pimpf fallen und starre ihn an. ‚Unmöglich! Uhrzrath war mein Vorgänger, ein noch größerer Hüne als ich und ein grausamerer obendrein!‘

„W-W-Wer?“, fragt nun auch die schlotternde Putte, welche sich, dem Geruch nach zu urteilen, gerade in die Windel geschissen hat.

Luzifer erhebt sich behäbig, lässt den Blick jedoch abgewendet. Man sieht deutlich, wie sehr es ihn anekelt, seinen stolzen Lordakhsohn in dieser Verfassung zu wissen.

„Genau das wird auch dein Schicksal sein, wenn du versagst!“, prophezeit er mir ächzend und stützt sich an einem der Felsen ab, während ich verwirrt zwischen ihm und dem Wurm hin und her sehe. „Du verlierst all deine Erinnerungen, deinen stattlichen Leib - alles, was dich ausmacht! Und dann wirst du wiedergeboren als das, was du am meisten fürchtest: dem Inbegriff von Feigheit und Schwäche!“

Ich schlucke schwer, starre auf die Rolle in meiner Pranke und überlege einen Moment, ob es das Risiko wirklich wert ist, doch dann schüttle ich meinen gehörnten Kopf. „Ich werde nicht versagen! Ich bin der Auserwählte!“

„Und von all meinen Söhnen mit Abstand der Klügste!“, bestätigt mich mein Vater, wankt mir entgegen und stützt sich mit einer Hand auf meine Schulter. „Als ich dich schuf, versuchte ich, aus den Fehlern deiner Vorgänger zu lernen. Deshalb gab ich dir mehr Hirn, Tiefsinn und Charme als all deinen Brüdern zuvor.“ Auf einmal packt er mich an meinem Kinn und reißt mein Gesicht herum. „Sieh es dir an! Sieh dir dieses verweichlichte Wesen genau an! Es ist unfähig zu wachsen, auf ewig darauf angewiesen, dass andere es umsorgen, und sein einziger Lebenszweck ist es, Gott zu dienen!“

„Eher bringe ich mich um, als so zu werden!“, schwöre ich mir selbst und reiße mich los, doch mein Vater rümpft nur die Nase.

„Das hat Uhrzrath auch gesagt ...“

***

Schlage den Urschöpfer in einer Wette und beweise damit, dass auch der Allwissende fehlbar ist! - Bis heute Morgen habe ich das tatsächlich für eine halbwegs einfache Aufgabe gehalten.

Nun stehe ich in meiner Rüstung und einem dick gefütterten Ledermantel vor der Himmelspforte, geleitet von einem äußerst hässlich zusammengeschrumpften Ex-Lordakh, der während des gesamten Fluges am Daumen gelutscht hat, und friere mir den Arsch ab. Er entlässt seinen knubbeligen Finger auch nur einen kurzen Augenblick aus dem Mund, um mir mit seiner angelutschten Hand eine Anweisung zu geben. „Wartet hier und bewegt Euch nicht vom Fleck, sonst stürzt Ihr hinab in die Tiefe!“ Daraufhin löst er seine Windel, surrt mit seinen goldenen Flügelchen durch die weit versetzten Stäbe des Tores und alles, was ich noch sehe, ist sein dreckiger Pummelarsch mit den zwei Minieiern darunter, die die eines Hamsters sein könnten.

‚Bevor ich so ende, stürze ich mich freiwillig zur Erde hinunter! Dann hab ich wenigstens noch einen angenehmen Flug, ehe ich ins Gras beiße!‘

So langsam zweifle ich immer mehr, ob ich mein angesehenes Leben in der Unterwelt wirklich aufs Spiel setzen sollte.

‚Wie Luzifer bereits sagte; ich bin der letzte lebende Lordakh - zumindest in Reinform - und nach mir wird auch kein weiterer mehr kommen. So gesehen bin ich schon jetzt eine Art Anführer, denn bis auf meinen Vater gibt es ja kein Wesen in der Hölle, das über mir steht.‘

Meine Gedanken werden unterbrochen, als zwei schlanke Erzengel in cremefarbenen Togen hinter den Toren erscheinen und mich, für ihre Verhältnisse, finster ansehen. Ich erkenne, dass es keine normalen Engel sind, denn die Federn ihrer Flügel schimmern weißgolden und sie tragen ziemlich große, echt peinliche Amulette mit Wölkchen drauf.

‚Da sind sie! Wuärgh!‘

Aufgrund meiner spontan einsetzenden Übelkeit angesichts dieser Vögel muss ich aufstoßen und verkneife mir zu rülpsen. Missgünstig stelle ich fest, dass sie größer und ihre Flügel imposanter sind, als ich dachte. Gleichzeitig rufe ich mir aber auch das Fehlen ihrer Schwänze ins Gedächtnis und muss schon wieder würgen.

„Ihr seid also der Sohn des Abtrünnigen?“, fragt einer der Blondschöpfe und ich strecke meine sonst eher nach vorn geneigte Haltung, um auf seiner Augenhöhe zu sein.

„Das bin ich!“, grolle ich tief und plustere mich drohend auf. In dem Moment beginnt der andere der beiden zu lachen.

„Hartnäckig ist er ja, das muss man ihm lassen!“

„Und dieser stark behaarte Sohnemann hier ist sicher auch ganz anders als all seine vielen, vielen ... viiiielen Vorgänger!“, ergänzt sein Begleiter mit sarkastischem Unterton und gluckst dabei so dreist, dass ich ihm am liebsten den Arsch aufreißen würde - wenn er denn einen hätte! „Der Wievielte seid Ihr noch gleich? Der Fünfhundertdreiundneunzigste?“

‚Ich hasse Engel!‘

„Ich bin der Sechshundertsechsundsechzigste!“, betone ich unheilvoll und den beiden gackernden Halbhühnern bleibt das Lachen im Halse stecken. An ihren aufgerissenen Augen und ihren bleichen Gesichtern erkenne ich, dass sie tatsächlich Angst vor dieser Zahl haben, also lege ich noch einen drauf. „Jetzt macht dieses verfluchte, scheiß Tor auf oder ich trete es ein!“

„He-Hey! N-Nicht fluchen in G-G-Gottes Gefilden!“, stottert mich einer an, doch er schließt auf. „Ein solch g-g-grobes Gehabe imp-p-poniert hier n-n-niemandem!“

Merke ich. „Also, wo ist euer Herr?“, knurre ich genervt und stampfe durch die pompöse, goldene Himmelspforte. „Ich hab heute verdammt nochmal auch noch was anderes vor!“

„Hütet Eure Zunge, Unheiliger!“, mahnt mich nun ebenfalls sein Gefährte, der seine Eierstöcke wiedergefunden zu haben scheint, und hebt seinen schlanken Finger. „Wenn Ihr vor den Allvater tretet, zollt ihm Respekt und zeigt Demut! Sonst lässt er Euch, genau wie einige Eurer unverschämten Brüder, direkt durch die Decke des Himmels fallen!“

„Ja ja!“, antworte ich nur, denn Demut liegt mir nun mal nicht.

Die beiden Erzengel gehen voran und ich folge ihnen durch diese ekelhaft paradiesische Landschaft. Ringsum prangen weiße, offene Gebäude auf Säulen, Wasserfälle plätschern aus großen Wolken und überall sieht man Himmelsblumen, neben denen fluffige, kleine Sitzgelegenheiten stehen. Bäh! Noch dazu fliegen, wohin ich auch blicke, junge Engel und diese nackten Putten umher, eine dümmlicher grinsend als die andere. Sie schaukeln ihre Minipimmel in selbstzufriedener Wonne und mich erfasst ein Schaudern bei dem Gedanken, dass sie alle einmal Lordakhs gewesen sein könnten. Immerhin hat noch keiner meiner Brüder gegen Gott gewonnen und dann waren sie einfach verschwunden.

„Und? Was macht ihr hier oben so?“, versuche ich ein Gespräch zu beginnen, um mich von meiner Übelkeit abzulenken, doch die beiden Stelzen drehen sich nicht mal um.

„Wir machen nichts, wir sind!“

Tolle Antwort!

„Aha“, grunze ich. „Klingt ja spannend. Und die Putten? Sind das alles Boten?“

„Nein“, antwortet mein Gegenüber wortkarg, lässt sich dann aber doch zu einer Erklärung herab. „Die meisten musizieren oder stehen Modell.“

„Für was denn? Knödel?“ Nun ignoriert er mich auch noch und ich gebe es auf. Mich wundert nebenbei, dass hier oben alles gleich aussieht. Nichts als endlos weite, parkähnliche Wolkenlandschaften in furchtbarer Kälte. Also entweder führen mich diese beiden geflügelten Penner im Kreis herum oder der Himmel ist tatsächlich nicht besonders abwechslungsreich.

‚Ah Moment ... da hinten ist mal was anderes!‘

In weiter Ferne sehe ich so etwas wie ein gläsernes Gewächshaus. Je näher ich diesem komme, desto klarer sind auch die geflügelten Gestalten erkennbar, die sich darin befinden. Kurz bevor wir die durchsichtigen Eingangstüren erreichen, rümpfe ich jedoch die Nase.

„Ist das eine ... Werkstatt?“

„Es ist des Herrgotts Atelier!“, antwortet einer meiner himmlischen Führer. „Er frönt darin seiner Leidenschaft!“

„Aha“, äußere ich verwundert. „Und die wäre?“

„Engel natürlich!“, erwidert nun der andere und sieht mich an, als ob ich nur drei Gehirnzellen hätte.

„Natürlich ... was auch sonst“, äffe ich ihn nach und bin wirklich erstaunt, wie man über so viele Jahrtausende hinweg ein und dieselbe langweilige Passion haben kann. Trotzdem verstehe ich nicht so richtig, was ich mir unter seinem Engel-Hobby vorstellen soll. Ich meine, was genau tut er denn mit ihnen? Spielt er an ihren Nippeln rum? Streichelt er ihnen den Damm zwischen nichts und noch weniger als nichts? Zieht er sich ihre Haut über und verkleidet sich oder sammelt er ihre Köpfe nach Haarfarbe? Als ich dann jedoch durch die Türen in den großen Saal aus Glas geleitet werde, sehe ich, was der alte Greis mit dem weißen Rauschebart und der völlig versifften Schürze wirklich macht.

‚Er töpfert!?‘

Ja. Tatsächlich. Er sitzt an einer Art Werkbank, Berge von Ton um sich herum, und hat eine große Arbeitsplatte vor der Nase, auf der er gerade einen runden Klumpen bearbeitet. Er scheint vollkommen vertieft in sein Werk, denn erst als sich einer der beiden Erzengel räuspert, schaut er auf und sein Blick bleibt sofort an mir haften.

„Oh, da seid Ihr ja schon! Seid mir willkommen, Uhrukath!“, begrüßt er mich vergnügt und hebt die verschmierten Hände, ehe er lacht. „Ein interessantes Make-up tragt Ihr da ... ach und habe ich Euren Namen richtig ausgesprochen? Ist ja ein wahrer Zungenbrecher.“

„Habt Ihr“, schnaufe ich und fühle mich aufgrund seiner unerwarteten Freundlichkeit schlagartig unwohl. „Wie soll ich Euch nennen?“

„Ach“, gluckst er und wäscht seine Finger in einer Schüssel, die ihm der Größere seiner buckelnden Diener hinhält. „Ich habe so viele Namen, nehmt doch einfach irgendeinen, der Euch gefällt.“

‚Schön, dann nenne ich ihn Gustav Gaukel.‘

„Wie Ihr wollt“, antworte ich neutral und sehe mich um, während er sich abtrocknet und seine beiden Goldgeier verabschiedet.

„Sariel, Uriel, habt Dank, dass ihr meinen Gast zu mir geführt habt! Bitte lasst uns jetzt allein.“

Die zwei verneigen sich tief, werfen mir einen letzten kritischen Blick zu und verlassen uns wortlos.

„Ihr töpfert also gern, hm?“, nehme ich das Gespräch wieder auf.

„Genau genommen modelliere ich“, korrigiert mich der Heilsbringer und ich bemerke, dass alle großen und kleinen Engel, die ich schon von Weitem unter dieser Glaskuppel gesehen habe, tatsächlich aus Ton sind. Es ist wirklich erstaunlich, wie lebensecht sie alle aussehen, fast als würden sie sich jeden Moment bewegen. „Ich habe ein besonderes Faible für Details“, fügt er an und ich will ihn schon fragen, warum dann keine seiner Statuen Genitalien hat, doch da deutet er bereits mit dem Kopf zu dem Klumpen, an dem er eben noch gearbeitet hat. Eigentlich interessiert es mich herzlich wenig, was der alte Oberzausel in seiner Freizeit macht, aber als ich genauer hinsehe, entdecke ich, dass er ein äußerst realistisches Herz geformt hat! Als er sieht, dass ich fasziniert näher komme, lächelt er noch breiter und legt es mir schließlich in die Klauen. „Seht es Euch ruhig an“, flüstert er.

„Das ist ... sehr naturgetreu!“, muss ich neidvoll zugestehen und fahre mit einem Finger über die fein geäderte Oberfläche, welche noch immer so nass ist, dass ich sie leicht zerdrücken könnte. Der Mann versteht sich auf diese Kunst und ich weiß genau, wovon ich spreche, denn immerhin habe ich schon hunderte von Herzen aus menschlichen Leibern gerissen. Wäre dieses hier nicht grau und kalt, könnte man es glatt für ein echtes halten. „Warum macht Ihr so etwas?“

„Nun“, murmelt Gustav in seinen Bart, „ich strebe nach Vollendung, aber trotz der vielen Jahrtausende habe ich noch kein perfektes Wesen erschaffen.“

„Erschaffen?“ Sofort schaue ich mich mal genauer um und stelle fest, dass einige der Engel unfertig sind. Einem fehlt ein Arm, dem anderen eine Nase und erst jetzt sehe ich, dass sie nicht nur stumpf ausgefüllte Tonsäcke sind! Dieser fanatische Spinner hat tatsächlich jedes einzelne Organ, jeden Knochen und jede Sehne modelliert, ehe er die Hautschicht darüberlegte.

‚Das sind keine Statuen!‘, begreife ich endlich und gleichzeitig erschaudere ich, denn im Grunde habe ich ja auch keine Ahnung, wie Luzifer mich erschaffen hat.

‚Wahrscheinlich war ich nur ein Klumpen Dreck, zusammengerührt mit seinem Morgenschiss und einem Tröpfchen Bockswichse. Ach nein ... Luzifer hat ja kein Arschloch, also kann er auch nicht scheißen. Ich sollte ihn bei nächster Gelegenheit wirklich mal fragen ...‘

„Ihr seid anders als Eure Brüder“, höre ich Gott mit verwunderter Stimme sagen und drehe mich um.

„Anders? Inwiefern?“, hake ich nach und ziehe die struppigen Augenbrauen zusammen.

›Wahrscheinlich haariger und stärker bemalt.‹

„Ihr stellt Fragen.“ Einen Moment schaut er in Richtung der beiden Erzengel, die vor dem Atelier Wache stehen, und spricht dann erst weiter. „Wie Eure Brüder so seid auch Ihr stattlich an Größe und durchaus imposant in Eurer Erscheinung, aber ... verzeiht, wenn ich so offen spreche, Ihr scheint mir trotzdem aus einem ... weicheren Holz geschnitzt.“

‚Ich wurde geschnitzt??? Na wunderbar! Dann war ich also ein Ast, oder was? Na ja, immer noch besser als ein Schmutzhaufen!‘

„Was wollt Ihr damit sagen?“, fahre ich ihn erbost an. „Dass ich ein Schwächling bin?“

„Nicht doch“, wehrt er ab. „Ich glaube nur, dass Ihr Eurer Umwelt gegenüber weniger ignorant seid und etwas mehr ... davon besitzt als Eure Vorgänger.“

Ich folge seinem Fingerzeig auf meine Hände und glotze auf das Tonherz darin. „Wohl kaum“, knurre ich abwehrend und werfe es ihm zu. Er fängt es mit einer kleinen Wolke, statt es mit den Händen zu erhaschen, und lässt es beiseite schweben.

‚Wenn der Kerl wüsste, wie viele Kriege ich angestiftet und wie viele Menschen ich schon getötet habe, würde er sich solche Aussagen dreimal überlegen.‘

„Ich denke, das war genug Geplänkel! Ich bin aus einem bestimmten Grund hier!“, erinnere ich ihn und will das belanglose Geschwätz beenden.

„Sicher, sicher“, räumt er kopfnickend ein und sieht mich dann sehr seltsam an, ehe er weiterspricht. „Was, glaubt Ihr wohl, hat mehr Einfluss auf die Entwicklung eines Lebewesens? Seine Veranlagung oder seine Umgebung?“

Verunsichert schaue ich zur Seite.

‚Was soll die Frage? Ist das jetzt schon die Prüfung? Nein, das muss eine Wette sein, besiegelt mit einem Handschlag!‘

„Definiert Eure Frage genauer!“, fordere ich ihn auf, denn ich habe das Gefühl, dass er mich in eine Falle locken will.

„Nun, ich werde Euch ein Beispiel geben.“ Er grinst spitzbübisch und schaut in die Luft. „Stellt Euch vor, Ihr wäret so, wie Ihr hier geht und steht, im Himmel geboren worden. Glaubt Ihr, dass Ihr Euch trotzdem, Eurer Natur gemäß, wie ein Teufel verhalten würdet?“

„Selbstverständlich!“, platze ich heraus, denn mit meinen Klauen würde ich auch ganz sicher keine Harfe zupfen, selbst wenn sie mir in die Wiege gelegt worden wäre! Mal abgesehen davon, dass ich mich nicht daran erinnern kann, je ein Säugling gewesen zu sein!

„Ach, wirklich?“ Gott lächelt verschmitzt. „Und wenn Ihr ein Halbengel wärt oder halb Mensch?“

„Auch dann nicht!“, halte ich empört dagegen und schlage mir auf die Brust. „Das Erbgut eines Teufels setzt sich immer durch! Es ist stärker als alles andere!“

„Wenn das so ist ...“ Mein Widersacher schwenkt langsam seine Hand und deutet in die Tiefe des gläsernen Raumes. „Seht Euch um und wählt einen der unfertigen Engel, das reinste Wesen im Kosmos.“

Ich ahne, worauf er hinaus will, und es gefällt mir ganz und gar nicht! „Wozu?“, entgegne ich deshalb, um Zeit zu schinden.

„Als Hülle für unsere kleine Wette! Ihr behauptet, dass nicht die Erfahrungen und der Lebensraum über den Charakter eines Wesens entscheiden, sondern nur seine Veranlagung! Noch dazu seid Ihr davon überzeugt, dass sich diabolischeGene immer durchsetzen würden!“ Bei dieser Zusammenfassung lässt er unheilvoll die Augenbrauen hüpfen. „Ich behaupte das Gegenteil! Um unsere Standpunkte auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, erlaube ich Euch, einen meiner unvollendeten Engel zu wählen, seinen Körper zu verunreinigen und ihn darüber hinaus mit einer teuflischen Eigenschaft zu versehen, die ihn von innen heraus verderben soll.“

„Nichts leichter als das“, bin ich überzeugt und fasse mir unbewusst an den Schwanz, der schon bei dem leisesten Gedanken an Sex aus dem ledernen Lendenschurz hervorschlüpfen will.

„Doch nicht damit!“ Herr Gaukel lacht und nickt in Richtung meines Unterleibs. „Mit Eurem dämonischen Blut!“

„Hrmpf. Na gut.“

‚Hätte vermutlich eh nicht viel Spaß gemacht, einen Tonklumpen zu besteigen. Wenn auch einen hübschen.‘

„Ich verstehe nur nicht so ganz, was genau daran jetzt die Wette ist?“

„Nun“, säuselt er und kreist lässig seine rechte Hand. „Ich behaupte, solange der von Euch verdorbene Engel hier im Himmel ausgebildet wird, sollte er – trotz Eures dämonischen Erbgutes, das ja angeblich alles andere überschattet - nichts derart Böses oder Abtrünniges tun, dass ich ihn verbannen müsste. Er wird meine göttlichen Regeln achten, fromm sein und allem Guten mit Güte begegnen, wie er es von den anderen Engeln vorgelebt bekommt, egal, welche teuflische Eigenschaft Ihr ihm gebt und ob Euer Blut in seinen Adern fließt. Da Ihr der Sechshundertsechsundsechzigste seid, sollen es sechs Monde sein, die er auf die Probe gestellt wird.“

Augenblicklich spüre ich, wie mir das Blut aus dem Gesicht weicht.

‚Scheiße!!! Das ist gar nicht gut! Wenn der hier oben bleibt, hab ich keinen Einfluss auf ihn! Verdammt! Er hat mich reingelegt! Dieser elende Penner!‘

Kurz bevor mich Panik erfasst, erinnere ich mich zum Glück daran, was mir mein Vater geraten hat, und pokere: „Aber nicht, dass Ihr ihn dann irgendwo einsperrt oder ihm die ganze Zeit Schlafmittel gebt! Er muss frei sein und außerdem sind aller guten Dinge drei! Also vergeben wir jeder drei Eigenschaften, wenn Ihr Euch so sicher seid!“

Mein Gegenüber wendet sich kurz ab. „Von mir aus auch drei, wenn Ihr Euch dann besser fühlt“, lässt er sich siegesgewiss lächelnd auf meine Forderung ein und nimmt einen neuen Klumpen Ton, den er in kleine Stücke aufteilt. „Nun denn, sucht Euch einen der Engel aus und entscheidet weise.“

Schnell sehe ich mich um, doch keine dieser ekelhaften, geradezu penetrant perfekten Gestalten scheint mir auch nur im Ansatz geeignet. Ich bin kurz davor, mich einfach für eine in der Nähe stehende zu entscheiden, als ich plötzlich eine Figur entdecke - versteckt, hinten in der letzten Ecke - deren Gesicht mit einem Tuch bedeckt ist. Gott ist in seiner Knete versunken, also schlendere ich durch den Raum, tue so, als würde ich mir all das herumstehende Geflügel anschauen, und wische dabei wie zufällig den Stoff mit einem meiner Hörner vom Objekt meiner Neugier.

„Hups“, sage ich künstlich, doch als ich die Statue ansehe, stockt mir für einen Moment der Atem.

Die Spitze meines Horns hat einen langen Riss in der weichen, tönernen Wange hinterlassen, doch dieser rüde Makel macht sein Erscheinungsbild nur noch faszinierender. Trotz des recht männlichen Körpers und des leicht hervorstehenden Kinns wirkt sein Gesicht eher weich, aber im Gegensatz zu all den meisterhaft geformten Engelsvisagen immer noch alles andere als perfekt. Der Mund - ein wenig zu groß, die Augen eher schmal, gleichwohl ist er so hochwertig modelliert, dass man sogar die feinen Poren auf der Haut erkennt, die ich so grob durchtrennt habe. Seine glatten Haare reichen ihm bis zur nackten Brust und sein Blick ist nach unten gerichtet, ja fast melancholisch. Da er auf einem Podest steht, scheint er mir direkt in die Augen zu sehen und ich schaffe es kaum, mich loszureißen.

‚Der ist es!‘, weiß ich sofort, denn er ist der Einzige, bei dessen Anblick es mir nicht hochkommt, und noch ehe ich etwas sagen muss, spricht mich sein Schöpfer an:

„Diesen nicht!“, lässt er mich wissen und wirkt mit einem Mal fahrig. „Der ... der ist doch viel zu schmächtig! Sucht Euch einen anderen für diese Wette aus!“

„Der gefällt mir aber“, kontere ich und verschränke die Arme, amüsiert, ihn plötzlich so aus der Reserve gelockt zu sehen. „Soweit ich mich erinnere, sagtet Ihr, ich könne frei wählen! Und ich wähle diesen!“

„Aber ... dieser Engel war nur ein Experiment!“, redet er hastig und erfrischend verzweifelt weiter. „Er ist anders als die stattlichen, perfekten Wesen, die ich sonst herstelle. Ich habe ihm absichtlich Makel gegeben, um herauszufinden, ob ihn das letztendlich stärker macht, doch so gefällt er mir nicht! Er existiert nur deshalb noch, weil ich seine Organe wiederverwenden woll- Warum ist da ein Schnitt in seinem Gesicht?“

„Nicht meine Schuld“, wehre ich sofort ab und schüttle schnaufend den Kopf, denn mit jedem Wort hat er meinen Entschluss nur noch verstärkt. „Wie auch immer – wenn er nur ein Ersatzteillager ist, habt Ihr doch ganz sicher weniger ein Problem damit, ihn zu verstoßen, nachdem ich die Wette gewonnen haben werde ... und für Perfektion habe ich eh nicht viel übrig!“

Zähneknirschend dreht sich Gustav um und scheint Contenance bewahren zu wollen. Dann aber brummt er nur wortlos und schiebt die anderen Figuren mit einem Wink seiner Hand beiseite, um den Auserwählten von seinem Podest in die Mitte des Raumes schweben zu lassen.

„Einhundertdreiundvierzig Skulpturen - und Ihr sucht Euch ausgerechnet diese aus!“, meckert er sichtlich missgelaunt in seinen Bart, wie ein alter Ziegenbock. Gleich darauf holt er seine Tonklumpen, die er, zu kleinen Bällen gerollt, in zwei Schüsseln legt. „Na schön, dann beginnen wir nun mit seiner genetischen und charakterlichen Prägung. Habt Ihr Euch drei Eigenschaften überlegt?“

‚Nö. Aber ich bin ja spontan!‘

„Natürlich!“, gebe ich mich entschlossen und sehe zu, wie er mit einem Faden den Schädel seines Kunstwerkes öffnet. Wie ich es erwartet habe, ist die Engelsbirne hohl, was so einiges bei den lebenden Exemplaren erklärt.

„Träufelt etwas von Eurem versauten Blut über die Kugeln“, fordert Gott, mich leicht beleidigend, auf und reicht mir ein Messer.

„Ich hab meine eigenen Klingen“, lehne ich ab und ritze mir stattdessen mit einer Kralle über die Innenfläche meiner aschgrauen Hand. Mein schwarzes Blut tropft in die Schale, die Tonkugeln saugen es auf Anhieb auf und wandeln ihr Aussehen augenblicklich zur gleichen Farbe.

‚Wäre ja auch verwunderlich gewesen, wenn sie sich pink gefärbt hätten.‘

Kritisch beobachte ich, dass mein Gastgeber es mir gleichtut. Sein Lebenssaft scheint fast schon weiß, und auch seine Kugeln wandeln sich und glänzen wie mit Perlmutt überzogen. Gerade will ich ihn fragen, was der Hokuspokus soll, da erklärt er bereits: „Wir legen nun abwechselnd jeder drei Eigenschaften fest und ich verankere diese dann in der Hülle des Engels.“

„Moooooment!“, stoppe ich ihn und sehe ihn finster an. „Es war keine Rede davon, dass Ihr ebenfalls mitmischt! Was bringt es mir, wenn Ihr meine Wesenszüge mit Euren aushebelt?!“

Gott grinst und zuckt mit den Achseln. „Ich habe nur gesagt, dass Ihr ihm welche geben und sein Blut mit Eurem verunreinigen dürft, nicht, dass dies alles ist, was er bekommt.“ Wutschnaubend will ich ihn anbrüllen, dass er ein schlimmerer Betrüger ist als die Dämonen der Unterwelt, doch er kommt mir zuvor und relativiert sein Vorhaben: „Natürlich verspreche ich Euch, dass meine Gaben die Euren nicht aushebeln werden, wenn es Eure mit den meinen auch nicht tun.“

Zähneknirschend schlucke ich runter, was ich ihm am liebsten ins Gesicht rotzen würde, und straffe mich. „Schön, aber Ihr beginnt und legt in jeder Runde vor!“

„Gern“, säuselt er und nimmt die erste Kugel. „Das Wichtigste, das ich diesem Engel geben möchte, ist uneingeschränkteNächstenliebe!“ Die Tonperle leuchtet in seiner Hand auf, dann legt er sie hinter die Stirn des Ersatzteillagers und sie verbindet sich sogleich auf magische Weise mit dem in der Nähe befindlichen Ton. Kurz darauf pocht seine Brust auf. „Oh ja, das ist gut! Er soll ein großes Herz haben – für alles, das lebt!“

‚Wie langweilig.‘

„Dann kriegt er von mir eben große Genitalien!“, haue ich raus und nehme eine meiner rötlich aufflammenden Kugeln.

„Das ist keine Eigenschaft!“, moniert der alte Spielverderber sofort und verhindert mit vorgehaltener Hand, dass ich meine Gabe in den Hohlkopf lege.

„Natürlich!“, widersetze ich mich. „Eine äußerliche! Ihr habt nicht gesagt, dass es ausschließlich Charaktereigenschaften sein dürfen!“

Gustav reißt empört die Augen auf, will etwas entgegnen, doch da vollende ich bereits meinen ersten Zug und schnippe mein Kügelchen gezielt in die hirnlose Hirnschale. Gezwungenermaßen muss er beobachten, wie es sich sofort an seines schmiegt und mit seinem schwarzen Schleim die gesamte Umgebung verpestet. Nur wenige Sekunden darauf wölbt sich der Schritt des nackten Engels und wir sehen, wie sich ein wirklich saftiger Schwanz aus dem tönernen Unterleib schiebt, fast wie eine übergroße Nacktschnecke, die sich aus einem Stück Käse bohrt. Direkt darauf ploppen noch zwei dicke Eier darunter hervor und erfüllen mein schwarzes Herz mit Stolz, als ich sie kurz in meiner Hand wiege.

‚Harr harr! Damit ist er auf jeden Fall mehr als gesegnet!‘, lache ich innerlich.

Gott hingegen sieht wahrlich angepisst aus und mault ein beleidigtes „Na schön!“, ehe er sich mit seiner anschließenden Gabe beeilt. „Dann schenke ich ihm als Nächstes: Sittsamkeit!“ Fast schon neckisch wirft er dabei einen Blick auf meine Hüften. „Etwas, das Eurer Art fernliegt, ich weiß!“

Für einen Moment halte ich inne, denn ich unterliege kurz demselben Denkfehler wie er und realisiere erst nach seiner vollendeten Eingabe, dass er sich wahrscheinlich versprochen hat. Zügig schnappe ich mir deshalb das nächste Eigenschaftsbällchen und verkünde breit grinsend: „Dauergeilheit!“ Bevor ich auch dieses ins Gefäß unseres Gehirncocktails werfen kann, schiebt Gott jedoch abermals seine Hand dazwischen.

„Das geht nicht!“, sagt er und scheint sich seines Fehlers noch immer nicht bewusst zu sein. „Leider würdet Ihr damit meine Sittsamkeit aushebeln und wir hatten vereinbart, dass -“

„Ich glaube, Ihr wolltet Sittlichkeit sagen, kann das sein?“, unterbreche ich ihn grinsend und belecke mir die Zähne, während ich mein flammendes Bällchen bereits spielerisch immer wieder in die Luft werfe. „Sittsam ist jemand, der gute Umgangsformen hat, sich angemessen verhält und gehorsam ist! Ihr wolltet sicher, dass er tugendhaft ist und keusch ... Aber dann hättet Ihr ihn sittlich machen müssen.“

Kurze Stille huscht durch die Werkstatt.

„Elender Teufel!!!“, stößt Gott plötzlich unbeherrscht aus und stampft in den wolkigen Untergrund. „Ihr habt mich mit Eurem ekelhaften Wunsch, meine unbefleckte Kunst mit einem pompösen Geschlecht zu verschandeln, irritiert! Das zählt nicht!“

„Und ob das zählt!“, erwidere ich boshaft lachend und fühle mich jetzt schon als der Sieger, zumal ich einen notgeilen Engel mit dauersteifem Maxiständer extrem amüsant finde!

„Er kann und wird ihn trotzdem nicht benutzen!“, redet mein Widersacher meinen Clou klein. „Selbst wenn er seinen Anstand übergehen sollte, wird er hier oben niemanden finden, mit dem er ... verkehren kann! Ich erinnere Euch gern: Alle anderen Engel sind Neutren und haben daher keine geschlechtlichen Aus- oder Eingänge!“

„Na und?“ Nun bin ich es, der die buschigen Augenbrauen hüpfen lässt. „Ist Wichsen nicht auch eine Todsünde?“

Pikiert dreht sich Meister Gaukel herum und rümpft die Nase. „Nun also ... Selbstbefriedigung ist eine Sünde! Ja! Aber keine Todsünde! Ich müsste ihn bestrafen, doch es wäre sicher kein Grund für eine Verbannung, wenn er mal Hand an sich legt!“

‚Der schmiert sich die Regeln aber auch immer so dick aufs Brot, wie er sie gerade braucht‘, grolle ich innerlich, doch dann wäge ich ab. ‚Egal. So einfach wird seine kleine Friede-Freude-Eierkuchen-Gemeinde unseren Mischling nicht akzeptieren können, wenn er mit permanent ausgefahrenem Prachtlümmel herumrennt! Und wenn ich dann noch ein bisschen nachhelfe ... Die Putten haben doch Arschlöcher, oder?‘

„Als Letztes gebe ich ihm Intelligenz“, fährt Gott fort, „damit er unterscheiden kann, was richtig und was falsch ist, und weise Entscheidungen trifft!“

„Schön“, schnaufe ich angepisst und überlege, denn je schlauer der Kerl ist, desto schwerer wird er zu verbotenen Handlungen verführbar sein.

‚Verflucht! Was sag ich jetzt? Dummheit geht nicht, ich darf ja seine Eigenschaften genauso wenig aushebeln, wie er meine, aber ... ah! Ich weiß!‘

„Naivität!“, lege ich fest und hebe die Klaue, als er den Mund öffnet. „Und bevor Ihr wieder meckert: Man kann ohne Probleme schlau und naiv zugleich sein! Das hebt sich nicht gegenseitig auf!“

Er überlegt einen Moment, doch dann scheint er es zu akzeptieren und atmet nur kurz einmal durch, als meine letzte Kugel im Kopf verschwindet und sich mit den anderen zu einem vollen Hirn verbindet. Bisher läuft diese Wette offenbar nicht so, wie von ihm geplant.

‚Tja. Schlecht für ihn, gut für mich. Apropos ...‘

„Wenn ich die Wette gewinne, was geschieht dann mit unserem kleinen Versuchskaninchen?“ Wäre doch eine Verschwendung, ihn einfach nur zu töten. Also zumindest schade um den schönen Pimmel.

„Solltet Ihr die Wette gewinnen, werdet Ihr der neue Fürst der Finsternis“, erinnert mich Gott. „Dann herrscht Ihr alleinig über die Unterwelt und der Ausgestoßene fiele in Euren Zuständigkeitsbereich.“

‚Welch netter Zusatzgewinn.‘

„Das bedeutet, er steht dann unter meiner Order und ich könnte mit ihm machen, was ich will?“

„Gewissermaßen.“ Gott nickt zögerlich und ich sehe, wie unangenehm ihm das Thema ist, denn er dreht sich weg und holt frischen Ton. Mir hingegen fällt sofort so einiges ein, was ich mit einem Engel-Sklaven anfangen könnte. Vorrangig sexuelle Dinge, versteht sich, aber hey, ich bin ein Teufel, das liegt eben in meiner Natur.

‚Wenn ich ihn satthabe, könnte ich ihn zu meiner Belustigung auch noch an den Pranger stellen und von ein paar hundert Leviath durchvögeln lassen! Immer schön drei oder vier gleichzeitig. Aber ... halt! Hat er überhaupt ...?‘

Neugierig schaue ich um die Statue herum und frage mich, ob Gott zwischen diese strammen Hinterbacken eine ebenso formschöne Rosette eingebaut hat. Aber man sieht nichts und - da Engel ja weder essen noch kacken - vermutlich wohl nicht. Schnell überlege ich mir eine Frage, um den Schöpfer des hübschen Tonklumpens abzulenken, und stelle mich dabei wie zufällig hinter die Figur.

„Ehrlich gesagt wundert es mich, dass Ihr tatsächlich einfach so einen Eurer Engel in die Unterwelt entlassen würdet?!“

„Das müsste ich.“ Gottes gequälter Unterton ist nicht zu überhören und er stützt sich bei seiner Antwort auf den Werktisch, weshalb er nicht sieht, dass ich meinen mittleren Klauenfinger flüchtig in meiner Naòr versenke. Sobald dieser mit meinem Pheromonsekret eingeschleimt ist, drücke ich ihn einmal kurz in den Arsch unseres Hybriden, um ein tiefes Loch in dem noch halbwegs weichen Ton zu hinterlassen. Gott spricht unterdessen weiter, ohne zu bemerken, was ich da treibe. „Wenn Ihr gewinnt und er sich als unwürdig erweist, im Himmel zu leben, kann ich ihn nicht länger hierbehalten“, erklärt er mit geradezu wehleidiger Stimme und dreht sich wieder zu mir, doch da wische ich meinen Finger bereits grinsend an einem der herumliegenden Lappen ab. Hinter meinem Rücken, versteht sich. „Ich müsste ihm die Flügel nehmen und ihn fallen lassen. So sind die Regeln.“

„Schön! Hab ich nichts gegen!“ Ich lache diabolisch und verpasse der frisch gefingerten Statue einen Klaps auf die graue Backe. Irgendwie wirkt der Engel jetzt ein bisschen beschämter und etwas ängstlicher als vorher. Könnte aber auch am offenen Schädeldach liegen ...

„Wenn ich jedoch gewinne“, fährt der alte Greis fort und blüht richtiggehend auf, „dann muss sich Luzifer endgültig geschlagen geben und Ihr sollt als mein ewiger Diener neu geboren werden!“

„Was???“ Mein Grinsen verschwindet schlagartig und ich starre ihn geschockt an. „Davon war aber nie die Rede!!!“

„Ihr habt nicht gefragt ...“, flachst der Himmelsfürst, steht auf und klappt den Hirndeckel seiner Statue zu, ehe er den Schnitt mit frischem Ton verschließt. „Außerdem seid Ihr Euch doch sicher zu gewinnen? Also wovor habt Ihr Angst?“

Wutschnaubend stampfe ich auf. „Ich habe niemals Angst!!! Vor gar nichts!“

„Gut“, antwortet er schelmisch grinsend und lässt die auserwählte Tonfigur mit einer beiläufigen Handbewegung auf eine dick gepolsterte Liege schweben, die am Rande seiner Werkstatt steht. Wahrscheinlich eine Art Aufwachpritsche. Dann bedeckt er mit einem weißen Tuch deren unzüchtige untere Hälfte, die er nicht einmal anzusehen vermag, und hält mir daraufhin seine knochige Hand hin. „Sobald Ihr einschlagt, gilt die Wette. Der Engel wird lebendig und Ihr müsst unverzüglich aus dem Himmel verschwinden!“

„Warum?“, empöre ich mich, während tausend Gedanken in meinem Kopf herumschwirren.

„Weil er in Harmonie und Frieden erwachen muss und Euch, die Inkarnation des Bösen, demnach nicht sehen darf! Niemals! Der Anblick eines Lordakhs würde ihn völlig verstören und dann wäre auch unsere Wette null und nichtig!“ Sein Blick wird ernster, als er einen Schritt auf mich zukommt. „Und eines noch, Uhrukath! Der Engel muss all seine Entscheidungen, vor allem die zum Bösen, allein treffen! Solltet Ihr oder ein von Euch beauftragter Dritter ihn auf irgendeine Art dazu zwingen, so gilt dies nicht als Sieg für Euch! Habt Ihr mich verstanden?“

‚Scheiße ... das bedeutet, ich darf ihn nicht einfach ficken, damit er auf den Geschmack kommt? Aber ... wie soll ich dann -‘

„Also - lasst Ihr es lieber sein und kehrt unehrenhaft in die Hölle zurück oder haben wir eine Wette?“, unterbricht er mein Nachdenken und streckt mir erneut seine dürre Fuchtel entgegen.

‚Ich dachte, die hätten wir längst?‘

Dass er mir jetzt noch einmal die Möglichkeit gibt, den Schwanz einzuziehen und abzuhauen, erstaunt mich ehrlich gesagt.

‚Wahrscheinlich musste er erst alle Rahmenbedingungen aussprechen, bevor unsere Abmachung gültig sein kann ... Aber habe ich unter diesen Bedingungen überhaupt eine Chance?‘

„Ihr zögert?“, stellt Gustav fest und lächelt seltsam. „Interessant. Alle vor Euch haben, ohne zu überlegen, eingeschlagen ...“

‚Nennt der mich gerade einen Feigling?‘

Wütend drehe ich den Kopf herum, werfe einen letzten Blick auf den tönernen Engel und fühle einen seltsamen Stich in der Brust. Schließlich schlage ich ein. „Schön! Die Wette gilt!“

Ein Blitz donnert durch die Wolken, unsere Hände leuchten auf und strahlen, dass es mich blendet. Der Schnitt in meiner Handfläche brennt und ich spüre, wie sich mein Blut mit dem von Gott verbindet. Silberne Nebelschwaden kriechen zwischen unseren Fingern hervor, steigen in die Luft und schweben zu der leblosen Tonstatue hinüber, in der sie versinken, und erst in dem Moment, als der letzte Tropfen aus meinem Schnitt gesaugt ist, schaffe ich es, meine Klauenfinger loszureißen.

Plötzlich verfärbt sich die Haut der Statue weiß, eine dünne Schicht bricht auf, bröckelt herunter und zum Vorschein kommt unser Hybrid, geschaffen aus Himmel und Hölle. Unsere Schöpfung, viel schöner noch als zuvor.

Türkisblaue Haare zeigen sich unter den Splittern. Lange Wimpern zieren die schmalen Augenlider und sein Mund ... Diese wollüstigen, feucht glänzenden Lippen machen mich jetzt schon wahnsinnig! Die zartrosafarbenen Nippel auf seiner mattsilbrig schimmernden Haut, die gerade so unter dem Laken hervorblitzen, sind fast noch verführerischer als die Konturen seines sündigen Kolbens! Er liegt in einem Meer aus strahlend weißen, langen Federn seiner Flügel, und zur Krönung des Ganzen zieht sich der Schnitt meines Horns durch sein ebenmäßiges Gesicht. Dieser durchbricht die Perfektion seiner Anmut auf auserlesen dramatische Weise und regt mich mehr an als alles, was ich zuvor sah. Das Blut pulsiert in meinen Adern, jeder einzelne Muskel spannt sich an und gleichzeitig läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Mein Schwanz zuckt, wird schmerzhaft hart und bäumt sich vollends auf. Nahezu jede Zelle meines Körpers schreit danach, diesen Engel zu schänden, ihn zu ficken, bis er lauthals brüllt, noch bevor er richtig wach wird! Wie in Trance nähere ich mich ihm, als mich plötzlich die beiden Erzengel von vorhin packen und an den Armen zurückhalten.

---ENDE DER LESEPROBE---