Tiere sind auch nur Menschen - Joke Frerichs - E-Book

Tiere sind auch nur Menschen E-Book

Joke Frerichs

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Beschreibung

Es gibt Geschichten, die das Leben schreibt. Und manchmal sind es auch die Tiere, die sie schreiben - Tiere, die uns täglich umgeben, die in unserer Umwelt leben. Wie sieht ein Esel, eine Ziege, ein Schwein oder auch ein Siebenschläfer wohl die Welt?

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Inhalt

Louis und Luisa

Lustige Gesellen – die Siebenschläfer

Fiete – der Heuler

Ein Hundeleben

Kuno – der Käfer

Ferdinand

Berta und Leo – das Taubenpärchen

Fridolin

Tinta

Die Haflinger von Zimmerschied

Ich wollt’, ich wär’ ein Huhn...

Katzenliebe

Die Familie der Esel

Venca und Nabuca

Die Tiere vom Kürbishof

Von nützlichen Ziegen

Louis und Luisa

Ich möchte mich kurz vorstellen: Mein Name ist Louis. Louis, der Zaunkönig. Wohnort: Zimmerschied. Kennt Ihr nicht? Nun, dann rate ich, einmal zu googeln. Geht auf Google-Earth und gebt Zimmerschied ein. Dann könnt ihr aus der Vogelperspektive einen Blick auf dieses Örtchen werfen. So habe ich es seinerzeit auch gemacht, als ich auf der Suche nach einem geeigneten Wohnort für meine Familie und mich war.

Zimmerschied oder wie die Einheimischen sagen: Zimmerscht ist ein aufstrebender Ort mit zunehmender Einwohnerzahl. Z.Zt. sind es 106 – wenn ich richtig informiert bin. Pferde, Katzen, Hunde und meine Wenigkeit noch gar nicht mitgerechnet. An einem der Gebäude steht folgender Wandspruch: „Es führen viele Wege nach Rom, aber nur einer nach Zimmerschied“. Ein ortsansässiger Künstler hat ihn an die Wand gemalt. Oft sehe ich, dass Wanderer staunend davor stehen. Zu Recht. Ein wahres Kunstwerk ist es, denn neben dem Spruch ist noch ein dickes, fröhlich dreinblickendes Schwein verewigt.

Was haben wir noch zu bieten? Ach ja – ein Puppenstubenmuseum. Das einzige weit und breit. Sehenswert.

Es ist natürlich kein Zufall, dass ich hier gelandet bin. Alle Orte ringsherum haben Durchgangsstraßen. Hunderte von Autos fahren täglich durch sie hindurch. Das wäre nichts für mich. Ich brauche meine Ruhe. Habe schließlich genug zu tun. Jedes Jahr habe ich fünf Häuser zu bauen. Meine Liebste ist sehr anspruchsvoll. Bevor sie sich entscheidet, wählt sie sorgfältig aus. Es ist schon vorgekommen, dass ihr alle fünf nicht gefallen haben. Aber das war Gott sei dank eine Ausnahme. Es muss ausreichend Platz im Haus sein. Man weiß ja schließlich nicht im voraus, wie viel Kinder es dieses Jahr werden. Auch die Innenausstattung muss vom Feinsten sein. Ich überlasse es ihr, sie auszuwählen. Ich sage immer: Indoor-Angelegenheiten sind Frauensache. Ich kümmere mich um die Outdoor-Dinge.

Letztes Jahr habe ich ein Ökohaus gebaut: aus nichts als Blättern und anderen Naturalien. Direkt unter einem Holzdach. Sehr kuschelig. Eine architektonische Meisterleistung. Damit hätten wir fast den Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ gewonnen. Es langte nicht ganz.

Dieses Jahr habe ich an ein Fertighaus gedacht. Ob es gefallen wird, weiß ich natürlich nicht. Wir werden sehen. Manchmal spielt auch die Tagesform oder besser gesagt: die Tageslaune meiner Angebetenen eine Rolle. Ich versuche sie in die richtige Stimmung zu bringen. Sie durch meinen Gesang zu betören. Manchmal hilft es; manchmal auch nicht.

Schlimm ist es, wenn sie sich nicht entscheiden kann. Das ist die Zeit, wo unsere Nerven bis zum Äußersten angespannt sind. Die Hochzeit steht bevor. Die Möbel müssen bestellt werden. Und ich singe und singe – von morgens bis abends spät, wenn die anderen Vögel sich schon längst schlafen gelegt haben. Schon manche Klage wegen Ruhestörung hat es da gegeben. Weil ich zu laut singe, sagen die anderen. Aber was soll ich machen in so einer Situation?

Gott sei dank sind die Leute, auf deren Grundstück wir wohnen, sehr nett. Auch sie versuche ich durch meinen Gesang zu erfreuen. Vor allem die Frau ist immer sehr angetan von mir. Im Sommer bin ich der erste, der morgens früh anfängt zu singen. Und wie gesagt: abends meistens auch der letzte. Ich darf wohl von mir behaupten, dass ich schöner und lauter singe als alle anderen Vögel ringsherum. Nur die Singdrossel kann in etwa mithalten. Die versucht ja auch, mich nachzumachen. Aber ganz erreicht sie mein Niveau ja nun doch nicht. Das einzig Gute daran ist, dass man sich mal für kurze Zeit erholen kann. Die Stimme schonen. Ein kleines Nickerchen machen.

Aber wie gesagt: insgesamt ist die Zeit sehr stressig. Die Liebste zaudernd und überaus empfindlich. Die Hochzeit vor der Tür. Dann endlich, wenn die Entscheidung gefallen ist und das Haus bezogen werden kann, kommen auch schon bald die Kinder. Dann heißt es von früh bis spät: füttern, füttern, füttern. Ihr ahnt nicht, was die kleinen Mäuler am Tag so in sich hineinstopfen können. Ständig sind sie sperrangelweit offen. Wir füttern beide, aber ich habe schließlich noch andere Pflichten. Die Frau mit meinem Gesang unterhalten; morgens und abends ein Ständchen für unsere Leute. Und wie gesagt: beim gemeinsamen Füttern bin ich ebenfalls gefordert. Ihr könnt mir glauben: ein Leben als Zaunkönig ist anstrengend. Nicht umsonst nehme ich im Sommer regelmäßig ab. Bin dann noch kleiner als ohnehin schon. Nur noch ein Strich in der Landschaft – wie man so richtig sagt.

Manchmal wundere ich mich, wie ich das alles schaffe. Fünf Häuser bauen (na gut, manchmal ist ein Fertighaus dabei oder ich mogele ein bisschen, indem ich ein Haus vom letzten Jahr ein wenig aufpoliere und ihr als neues präsentiere). Dann die üblichen Vaterpflichten. Dann das künstlerische Engagement als Dichter und Sänger. Und schließlich bin ich noch gemeinnützig tätig: als Mitglied des örtlichen Vogelrates. Ich vertrete die Kleinvögel. Da ist es nicht immer einfach, sich Gehör zu verschaffen. Oft werden die Anliegen der Kleinen ja nicht so richtig ernst genommen. Das ist wie in der großen Politik auch. Da muss man sich schon gehörig ins Zeug legen, um sich einzubringen und durchzusetzen. Oft genug geschieht das nur dadurch, dass ich Druck mache. Mit dem Wegzug drohe. Oder mit einem Vogelsteuer-Streik. Damit schaffe ich es immer wieder, für entsprechende Mehrheiten zu sorgen. Ich bin halt in vielem etwas pfiffiger (wenn ich das so sagen darf) als die meisten anderen. Das liegt sicher daran, dass ich der Kleinste bin, und die anderen dazu neigen, mich zu unterschätzen. Mir ist das ganz recht so. Sollen sie mal!

Insgesamt bin ich mit meinem Leben zufrieden. Viel Arbeit – viel Ehr, könnte man meinen. Wenn dann die Kinder heranwachsen, schließlich aus dem Haus sind und selbst wieder Kinder haben, dann sieht man doch, wofür man geschafft hat. In den Wintermonaten erhole ich mich hier. Fliege nicht mehr in den Süden. Das Futterhäuschen wird täglich bestückt, so dass wir Vögel gut durch den Winter kommen. Auch für mich fällt immer ein Körnchen ab, wenn ich das so sagen darf.

Ich freue mich schon auf den nächsten Frühling. Dann beginnt der Kreislauf des Lebens wieder von Neuem. Wobei ich immer sage: das Leben ist nicht nur zum Schaffen da. Es gibt so vieles andere, wofür es sich zu leben lohnt. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich vielleicht bei Gelegenheit einmal erzähle. Jetzt ging es mir nur darum, euch einen Einblick in das Leben eines Zaunkönigs zu geben – genau genommen, eines Zaunkönig-Männchens. Vom Leben der Frauen verstehe ich zu wenig. Das sollen sie selbst erzählen. Aber auf uns Männer kommt es schließlich an. Wir bestimmen, welche Musik gespielt wird – gewissermaßen. Oder habe ich da etwa nicht recht? Die Männer dieser Welt werden mir sicher zustimmen.

Lustige Gesellen – die Siebenschläfer

Ja – wir Siebenschläfer tragen unseren Namen zu Recht. Sieben Monate im Jahr schlafen wir. In Erdlöchern oder Baumhöhlen. In den restlichen fünf Monaten ziehen wir unsere Kleinen groß und fressen, fressen, fressen. Was das Zeug hält. Obst, Nüsse – überhaupt, Baumfrüchte aller Art. Da sind wir gar nicht wählerisch.

Zu Hause sind wir in ganz Mitteleuropa. Es kann also sein, dass man uns in Griechenland ebenso begegnet wie in Frankreich und natürlich überall in Deutschland. Bei den Römern waren wir sehr beliebt. Sie haben uns gezüchtet und gemästet – und dann, wenn wir richtig gut ernährt und fett waren – als Delikatesse verspeist. Leider. Aber bevor wir auf den Tisch kamen, hatten wir bei ihnen ein gutes Leben.

Wir erreichen 16 cm Körperlänge. Dazu kommt ein buschiger, 13 cm langer Schwanz. Der hilft uns beim Jonglieren auf hohen Bäumen. Wenn wir mal wieder vor einem Marder fliehen müssen. Die sind wie verrückt hinter uns her. Wir sind nun mal hübsche Kerle. Haben ein weiches, dickes Fell. Aschgrau, manchmal leicht schwärzlich-bläulich überzogen. Unsere Beine sind silberglänzend bis milchweiß. Ohren, Füße und Hände rosa. So hübsch und possierlich wie wir ist kaum jemand im Wald und auf den Bäumen – nicht einmal die Eichhörnchen.

Eigentlich sind wir friedliche Gesellen. Nur wenn man uns zu nahe kommt, können wir auch anders. Wir haben scharfe Zähne und können enorm zubeißen. Die brauchen wir auch wegen der Nüsse. Wir sind sehr stolz darauf, dass kein Nager es uns an Gefräßigkeit gleichtun kann. Wir müssen uns in den fünf Monaten des Jahres soviel Fett anfressen, dass wir die übrigen sieben Monate überleben können. Neben dem starken Fettvorrat verfügen wir über ein paar Tricks, um zu überwintern: wir atmen nur zwei oder dreimal in der Minute und senken unsere Körpertemperatur ab. Dadurch sparen wir viel Energie. Außerdem haben wir unsere Erdlöcher oder Baumhöhlen, in denen wir den Winter über schlafen, mit weichem Moos ausgepolstert. Und die ganze Siebenschläfer-Familie schmiegt sich während des Schlafs eng aneinander. Wir wärmen uns also gegenseitig. Einige sagen, wir schmusen immerzu. Aber wie man sieht, hat das alles einen tieferen Sinn.

Das Angenehme an unserem Leben ist, dass wir nur in der warmen Jahreszeit wach sind. Deshalb sind wir auch immer gut drauf. Wir sind sehr gesellig. Und gern in Gruppen unterwegs. Ist ja doch auch ein schönes Leben – immer nur zu fressen und zu schlafen. Manchmal veranstalten wir regelrechte Wanderzüge. Immer dahin, wo es besonders leckere Sachen gibt.