Zwölfeinhalb Bären, ... oder wie die Bären nach Waldulm kamen - Peter Siefermann - E-Book

Zwölfeinhalb Bären, ... oder wie die Bären nach Waldulm kamen E-Book

Peter Siefermann

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Beschreibung

Robert, ein gerade arbeitslos gewordener Innerarchitekt von Passagierschiffkabinen, zieht mit seiner Ehefrau Manuela, Sohn Otto und Hund Köhly von Hamburg nach Waldulm im Schwarzwald. Dort will er im frei gewordenen Haus seiner Eltern, die nach Neuseeland ausgewandert sind, Architekt und Erbauer von Puppenhäusern werden. Beim Räumen im Haus findet er seinen alten Teddy aus Kindertagen wieder; vergessen, verstaubt, nackt, mit Knöpfen als Augen. Der Teddy ist der "Alte", und mit dem "Alten" nimmt die Geschichte ihren Lauf. Die von Roberts Eltern zurückgelassene Katze Kitty beobachtet höchst argwöhnisch, wie sich das Haus nach und nach mit Bären aus aller Herren Länder füllt, wobei jeder eine eigene Geschichte zu erzählen weiß. Da kommen "Blizz" und "Grizz", "Phil" und "Pepo", "Homer" und "Frosty", "Tennessee", "Jack" und "Bobby", "Liddi" und "Horatius", womit die Zahl Zwölf erreicht ist, eine Zahl, die Katze Kitty gerade noch so zu dulden geneigt ist. Als jedoch eines Tages, naturellement, der kleine "Louis Commecicommeca" aus dem französischen Elsass beim Stibitzen von eingeweckten Heidelbeeren im Keller des Hauses ertappt wird, steht Kittys angedrohter Auszug aus dem Bärenheim bevor. Doch nur, weil der kleine Bär als halbe Portion gerechnet wird, lässt sich Kitty zum Bleiben überreden. Doch eines ist gewiss: Zwölfeinhalb Bären vertilgen eine ganze Menge Heidelbeerpfannkuchen.

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Robert, ein gerade arbeitslos gewordener Innenarchitekt von Passagierschiffkabinen, fährt mit seinem Motorrad, den Hund Köhly im Beiwagen, von Hamburg nach Waldulm im Schwarzwald. In dem kleinen Dorf wird er ab jetzt mit seiner Familie in seinem Elternhaus wohnen. Seine Familie, das sind Manuela, seine Frau, sein Sohn Otto, acht Jahre alt, und seine Eltern. Die vier sind auf dem Weg nach Neuseeland zu Roberts Schwester. Dort werden die Großeltern von nun an leben. Und Robert will in Waldulm Architekt von Puppenhäusern werden.

Beim Räumen im Haus findet er seinen alten Teddy wieder; vergessen, verstaubt, nackt, mit Knöpfen als Augen. (Gedicht) Mit dem Alten nimmt die Geschichte ihren Lauf. Die Katze Kitty beobachtet höchst argwöhnisch, wie sich das Haus mit Bären aus aller Herren Länder füllt. Da kommen Blizz und Grizz aus Alaska, mit dem Lachs ins Meer, mit dem Schiff nach Wladiwostok, mit dem Zug nach Moskau und dem Flugzeug nach Frankfurt. Und Robert fängt an Heidelbeerpfannkuchen zu backen, fünf für jeden Bären und zwei für sich.

Die nächsten fünf Pfannkuchen sind für Phil, Philippe aus den französischen Pyrenäen, einen niedergeschlagenen Wissenschaftler und Zeit-Philosophen aus der Bärbar: „Jede Sekunde, die kommt, ist nagelneu … Die quietscht noch, so neu ist sie“, lautet seine Erkenntnis.

Karolina Wortreich vom Fernsehen wird auf das Bärenhaus aufmerksam.

Pepo, ursprünglich aus den spanischen Pyrenäen, verschickt sich selber mit der Post, weil er es satt hat, als abservierter Posti in einem Automaten für die Kunden Briefmarken zu lecken. So gelangt er nach einer Fernsehsendung nach Waldulm.

Bei seinem ersten Auftrag für ein Puppenhaus befreit Robert aus dem Arbeitszimmer des Professors den Buchstützer Homer, einen Büchernarr und Gedichteerfinder. (Gedicht: „Tomaten“)

Noch berühmter ist der nächste Ankömmling, das Elvis-Presley-Maskottchen und Schweißabwischer Tennessee, fast in einer Badewanne ertrunken und von Karolina Wortreich ins Bärenhaus gebracht.

Frosty, der Eisbär, wird von Robert aus einem Gemüse-Tiefkühl-Lieferwagen gerettet und erzählt seine abenteuerliche Reise von Grönland bis Waldulm.

Auch von weither, aus dem Yellowstone-Nationalpark, kommen Bobby und Jack. Da sie nicht mehr im Schwarzwald-Nationalpark als Touristenerschreckbären arbeiten wollen, backt Robert nun Heidelbeerpfannkuchen für zehn Bären und für sich.

Endlich kommen Manuela und Otto nach Hause. Der Bärenchor, die Bären-Boygroup, bereitet Otto eine fetzige Überraschung. (Bärenlied)

Eine Überraschung begegnet der Familie auch in der Stadtbücherei. Dort hält Horatius, selbsternannter Koch aus der Bärbar, einen Vortrag über die Zubereitung von Sezelbruppe in seiner eigentümlichen Sprechweise. Das Sprachgenie wird in Zukunft im Bärenhaus Sezelbruppe kochen und als Lorveser in der Stadtbücherei arbeiten.

Arbeiten, richtig gemein arbeiten, musste Liddi als Tanzbär in Rumänien. Und jetzt beschäftigt ihn der LIDDI-Supermarktchef als tanzendes Reklameschild. Dem setzen Robert und Otto ein Ende.

So spielt sich das Leben mit den Bären ein. Jeder geht seiner Beschäftigung nach, die Bären sammeln Geschenkideen für Roberts Geburtstag, bis – bis eines Tages Heidelbeergläser fehlen.

Otto kommt dem Geheimnis auf die Spur und der kleine Bär, die halbe Portion aus dem Elsass, Louis Commecicommeca, naturellement, als Zuwachs in die Bärenfamilie. Da es jetzt nur zwölfeinhalb und nicht dreizehn Bären sind, wird die ewig genervte Katze Kitty bei der Familie wohnen bleiben und Karolina Wortreichs gelungene Überraschung miterleben.

Das Buch ist für Kinder im Alter von sieben bis hundert Jahren vorgesehen.

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In der Fortsetzung der Bärengeschichte planen die Waldulmer Bären ein großes Fußballspiel, und zwar gegen keinen Geringeren als Europas beste Fußballmannschaft. Die Begegnung lautet: Bärussia Waldulm gegen FC Bärcelona.

Für Meret

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Robert

Kapitel 2: Der Alte

Kapitel 3: Blizz und Grizz

Kapitel 4: Phil

Kapitel 5: Pepo

Kapitel 6: Homer

Kapitel 7: Tennessee

Kapitel 8: Frosty

Kapitel 9: Bobby und Jack

Kapitel 10: Otto

Kapitel 11: Horatius

Kapitel 12: Liddi

Kapitel 13: Louis Commecicommeça

Kapitel 1

Robert

Endlich war Robert mit seinem Motorrad in Waldulm vor dem Haus seiner Eltern angekommen. Der Möbelwagen stand schon vor dem Gartentor. Die Möbelpacker hatten die meisten seiner Möbel bereits vor die Haustür gestellt. Jetzt warteten sie darauf, dass er bald die Haustür aufschließen würde, denn am Himmel zeigten sich dunkle Regenwolken. Die Möbel durften auf keinen Fall nass werden. Das gab sonst Wasserflecken, und die bekam man nur schwer wieder weggeputzt. Zwar hatte er selber noch nie Wasserflecken weggeputzt, denn seine Möbel waren noch nie nass geworden. Man hatte ja nicht umsonst ein Dach über dem Kopf. Aber seine Frau, die im Moment nicht da war, würde die Wasserflecken sehen und sagen: „Die bekommt man aber nur schwer wieder weggeputzt.“ Und weil seine Frau, wenn sie da war, meistens Recht hatte, schloss Robert schnell die Tür auf. Die Möbelpacker trugen die Möbel ins Haus, und Robert bestimmte, wohin die Möbel gestellt werden sollten. Wenn er selber nicht genau wusste, wohin damit, dann sagte er einfach „gerade aus“. Gerade aus ging es in das größte Zimmer des Hauses. Seine Frau würde wissen, wohin mit den Möbeln, aber sie war ja nicht da.

Seine Frau war unterwegs nach Neuseeland, zusammen mit Großmutter und Großvater und Otto. Großmutter und Großvater waren natürlich Roberts Eltern und Ottos Großeltern. Otto war acht Jahre alt, und Otto hatte so richtig Glück. In Hamburg hatten seine Sommerferien am dreißigsten Juni begonnen und sollten am zehnten August enden. Otto ging nach den Hamburger Sommerferien jedoch nicht mehr in Hamburg zur Schule, sondern in Waldulm. Deshalb verlängerten sich seine Sommerferien automatisch. In Waldulm begannen die Sommerferien nämlich am achtundzwanzigsten Juli und endeten am zehnten September. Das ergab in der Summe ungefähr zehn Wochen Ferien am Stück. Die konnte er gut gebrauchen. Seine Mutter, also Roberts Frau, mit dem schönen Namen Manuela , und Otto begleiteten Großmutter und Großvater nach Neuseeland. Großmutter und Großvater hatten bis vor vier Wochen noch in dem Haus in Waldulm gewohnt. Aber weil sie nach Neuseeland reisen mussten und überhaupt nicht mehr nach Waldulm zurückkommen würden, hatte Robert gesagt, dass er und seine Frau und sein Sohn Otto dann in dem Haus wohnen wollten. Es wäre doch schade, wenn das schöne Haus leer stünde. Robert hatte mit seiner Frau und Otto bisher in Hamburg eine Wohnung gehabt. Er war von Beruf Innenarchitekt und hatte auf einer großen Schiffsbauwerft gearbeitet. Dort wurden riesige Personenschiffe gebaut. Robert war für die Innenausstattung der Schiffe zuständig. Er entwarf in seinem Büro Pläne für die Passagierkabinen und er war verantwortlich dafür, wie die Kabinen von innen aussehen würden. Also: Wo kommen die Betten hin, denn schlafen muss man ja auch auf einem Schiff. Wo kommt am besten der Kleiderschrank hin, denn umziehen muss man sich ja auf einem Schiff, besonders dann, wenn man ausnahmsweise mal beim Essen am Tisch des Kapitäns sitzen durfte. Dann musste man als Mann einen sauberen Anzug und als Frau ein sauberes Kleid anziehen, sonst zog der Kapitän eine Grimasse. Ein Kleiderschrank musste unbedingt in einer Kabine sein. Wo kommt die Dusche am praktischsten hin? Auf einem Schiff muss man manchmal sogar eine Waschgelegenheit haben. Warum? Für den Fall, dass man sich, weil man beim Kapitän zum Essen am Tisch sitzen durfte, vorher tüchtig aufgeregt und darum geschwitzt hatte. Robert jedenfalls schwitzte immer vor lauter Aufregung, und wenn er sich nicht bald danach duschte, fing er an zu muffeln. So ein Kapitän hat bekanntlich eine feine Nase, denn er muss ständig riechen, woher der Wind weht. Und wo der Schreibtisch hinkommt, musste Robert einplanen, denn das war wichtig. Wer mit einem Passagierschiff unterwegs ist, so heißen die großen Personenschiffe eigentlich richtig, möchte vielleicht gern eine Postkarte an Verwandte oder Freunde schreiben und erzählen, wie schön es beim Essen am Tisch mit dem Kapitän gewesen war. Robert wusste nämlich, dass es noch einige Leute gab, die ihre Ansichtskarten von Hand schrieben und im Postamt auf dem Passagierschiff in den Briefkasten warfen. Die meisten Leute verschickten ihre Grüße zwar mit dem Handy als MMS, aber eine richtige Ansichtskarte zu schreiben war viel schöner.

Das Essen am Kapitänstisch ist in der Regel sehr gut. Aber wenn es außer der Reihe mal nicht sehr gut sein sollte, sondern eher weniger gut, dann plante Robert dafür die Bullaugen ein. Bullaugen nennt man die Fenster einer Kabine. Meistens sind sie rund und man kann sie nur nach innen öffnen. Die Bullaugen sind praktisch. Man kann aus der Kabine zum Beispiel mal nach draußen schauen, ob man einen Eisberg im Meer sieht oder vielleicht eine Insel mit Palmen drauf. Oder aber man kann, wenn das Essen gerade mal nicht sehr gut gewesen ist und man den Kapitänstisch aufgeregt und schwitzend auf dem schnellsten Weg Richtung Kabine verlassen hat, das Essen aus dem Bullauge nach draußen ins Meer spucken. Das freut dann die Fische. Das ist der Hauptgrund, weshalb neben und hinter riesigen Passagierschiffen immer eine ganze Menge Fische schwimmen. Danach geht´s dann wieder unter die Dusche, denn man hatte ja geschwitzt. Das ist ja klar.

Robert war ein sehr guter Innenarchitekt für Kabinen auf Passagierschiffen. Das hatten all seine Kollegen und sogar sein Chef ihm bestätigt. Aber es fuhren mit der Zeit immer mehr und immer riesigere Passagierschiffe über die Meere. Plötzlich war er eines Tages ins Personalbüro seiner Schiffsbauwerft bestellt worden. Dort musste er erfahren, dass die Werft in Zukunft keine Passagierschiffe mehr bauen würde. Es gab zu viele. So viele, dass man Angst haben musste, dass das Meer überlaufen würde. Wie bei der Badewanne, wenn sich Robert und Manuela und Otto alle auf einmal hineinsetzen. Die läuft dann auch über. An den Tankstellen für Passagierschiffe stauten sich die Schiffe bis in die Meerenge von Gibraltar. Das ist dort, wo Europa und Afrika ganz nah beieinander liegen und fast zusammenstoßen. Darum gab es keine Arbeit mehr für Innenarchitekten für Kabinen von Passagierschiffen. Das war gerade vor ein paar Wochen gewesen. Robert hatte plötzlich keine Arbeit mehr, und ohne Arbeit hätte er bald kein Geld mehr. Wovon sollten er und seine Frau und sein Sohn Otto dann in Zukunft leben? Robert hatte sich richtig Sorgen gemacht. Manuela verdiente mit ihrer Strickschule für Anfänger leider nur unregelmäßig Geld. Aber dann kam ihm das Glück zu Hilfe.

Robert hatte eine Schwester in Neuseeland. Sie hatte vor mehr als zwanzig Jahren einen Mann geheiratet. Der war als Tourist in Deutschland unterwegs gewesen. Zufällig hatten seine Schwester und der Tourist sich kennengelernt und dann verliebt. Der Mann war Besitzer einer Schafsfarm in Neuseeland und er war Neuseeländer. Zwar liegt kein anderes Land weiter von Deutschland entfernt als Neuseeland, da konnte man auf der Landkarte gucken wie man wollte, aber genau dorthin zog Roberts Schwester nach der Hochzeit.

Robert war noch nie in Neuseeland gewesen. Seine Frau Manuela und Otto ebenfalls nicht. Großmutter und Großvater erst recht nicht.

Auf einer Schafsfarm braucht man ständig Leute, die die Schafe scheren: Echte Wolle kommt meistens von den Schafen. Während eines Jahres wächst den Schafen so viel Wolle, dass man ihnen die Wolle abschneiden muss. Würde man das nicht tun, würden die Schafe die Hitze im Sommer in Neuseeland überhaupt nicht aushalten. Zudem ist es praktisch mit der Wolle: Man strickt daraus Socken, Pullover, Mützen und Handschuhe für den Winter.

Großmutter und Großvater hatten damals in Waldulm einen kleinen Friseurladen im Dorf. Tagein, tagaus schnitten sie den Einwohnern von Waldulm auf Wunsch die Haare. Aber Friseure mussten den ganzen Tag stehen. Und weil Großmutter und Großvater immer älter wurden, klappte das mit dem Stehen nicht mehr so gut. Vielen Leuten in Waldulm war der Gang zum Friseur leider auch zu teuer. So hatten Großmutter und Großvater bald gar keine Kunden mehr in ihrem Laden. Von was sollten sie leben, wenn sie kein Geld mehr mit dem Haareschneiden verdienen konnten?

Dann hatte Roberts Schwester Großmutter und Großvater einen Vorschlag gemacht: Sie sollten doch zu ihr und ihrem Mann nach Neuseeland auf die Schafsfarm ziehen. Für immer. Sie hatte gesagt, dass in ihrem Haus genug Platz für alle wäre und es wäre sowieso besser für Großmutter und Großvater. Sie wären ja nicht mehr die Jüngsten und es müsse ja jemand nach ihnen schauen, wenn sie noch älter werden und ein bisschen schusselig. Und zudem, hatte die Schwester gesagt, wäre es nicht schlecht, wenn sie nebenbei noch etwas Geld verdienten: Sie könnten Schafe scheren.

Großvater hatte sofort gesagt: „Als Friseur kann ich bestimmt gut Schafe scheren.“

Und Großmutter hatte sofort gesagt: „Wo du hingehst, mein lieber Mann, geh´ ich auch hin. Sogar bis nach Neuseeland.“

Großvater hatte gemeint: „Nach Neuseeland kann man nicht gehen, dahin muss man fliegen oder mit dem Schiff fahren.“

Und Großmutter hatte gemeint: „Da ich Angst vor dem Fliegen habe, fahren wir mit dem Schiff. Dann können wir auf dem Schiff gleich unsere Möbel mitnehmen und unterwegs auf sie aufpassen. Wir fahren bestimmt ab Hamburg mit einem Container-Schiff. Und in Hamburg kann uns Robert beim Verladen der Möbel auf ein Container-Schiff helfen. Und wenn Robert will, kann er ja in unser Haus in Waldulm ziehen, weil er ja als Architekt für Innenkabinen von Passagierschiffen keine Arbeit mehr.

Genauso hatten sie es dann gemacht. Großvater hatte einen Lastwagen mit einem Container drauf bestellt. Dann hatte er Möbelpacker beauftragt, all seine Möbel in den Container zu packen. Der Lastwagen mit dem Container und den Möbeln war dann in einer Nacht von Waldulm bis nach Hamburg in den Hafen gefahren. Dort hatte ein starker Lastkran keine Mühe, den Container samt Möbeln auf ein Container-Schiff zu heben, das direkt nach Neuseeland fuhr. Großvater und Großmutter durften auf dem Schiff eine Kabine beziehen. Es war nicht so eine bequeme Kabine, wie sie Robert für die Passagierschiffe plante. Aber dafür saßen sie jeden Tag auf See mit dem Kapitän zusammen zum Essen am Tisch. Piekfeine Kleider brauchten sie dabei gar nicht anzuziehen, denn auf einem Containerschiff ging es bei weitem nicht so vornehm zu wie auf einem Passagierschiff. Und weil gerade die Sommerferien begannen, hatte Großvater seinen Enkel Otto nach Neuseeland eingeladen. Und weil Otto ja nicht wieder alleine von Neuseeland nach Deutschland zurückfliegen konnte, durfte Roberts Frau mit nach Neuseeland fahren. Sie bekam sogar mit Otto eine eigene Kabine. Natürlich durften auch sie jeden Tag beim Essen am Kapitänstisch sitzen, zusammen mit Großmutter und Großvater. Otto hatte sich riesig gefreut. Er liebte Großmutter und Großvater sehr. Er wusste genau, dass er Großmutter und Großvater für eine ziemlich lange Zeit nicht mehr wiedersehen würde, wenn er wieder in Deutschland zurück wäre. Das war vor genau vier Wochen. Nach dem Verladen der Möbel blieb das Container-Schiff noch eine Woche lang im Hamburger Hafen liegen. Nur wegen eines einzigen Containers fuhr so ein großes Schiff noch lange nicht aufs Meer hinaus. Es wurden noch viel mehr Container auf das Schiff geladen. Großmutters und Großvaters Container stand ganz unten im Bauch des Schiffes, weil er als letzter in Wellington ausgeladen wurde. In Wellington war für das Schiff die Endstation erreicht. Wellington heißt die Hauptstadt in Neuseeland. Bis zur Abfahrt wohnten Großmutter und Großvater bei Robert und Manuela und Otto in der Hamburger Wohnung. Genau vor drei Wochen hatte das Container-Schiff den Hafen verlassen.

Robert war am Kai gestanden und hatte mit einem weißen Taschentuch gewinkt, und Großmutter, Großvater, seine Frau und Otto hatten mit weißen Taschentüchern zurückgewinkt. „Bis bald, Papa“, hatte Otto gerufen. „Pass auf Kitty auf“, hatte Großmutter gerufen. Kitty war Großmutters Katze, die für vier Wochen bei Nachbarn in Waldulm untergebracht worden war. Heute würde das Container-Schiff in Wellington samt Möbeln und mit Großvater, Großmutter, Manuela und Otto an Bord eintreffen.

Da hatte Robert also Glück gehabt, dass er in das Haus von Großmutter und Großvater einziehen konnte. Er hatte nämlich vor, Architekt zu bleiben. Aber anstatt Innenkabinen von Passagierschiffen zu entwerfen, würde er es künftig als Architekt und Konstrukteur von Puppenhäusern und Puppenhausmöbeln versuchen. Er hatte nun ein eigenes Haus und eine eigene Werkstatt. Großvaters Schopf konnte er sehr leicht in eine Werkstatt umbauen. Das Beste daran würde sein, dass er sein eigener Chef wäre und er nicht entlassen werden konnte, weil es zu viele Passagierschiffe gab. Robert war überzeugt davon, dass es nie genug Puppenhäuser würde geben können.

Während der ersten zwei Wochen und sechs Tagen nach der Abfahrt des Container-Schiffes nach Neuseeland hatte Robert alles in Kartons eingepackt, was nach Waldulm in das neue Haus transportiert werden musste: Geschirr, Besteck, Töpfe, Blumenvasen, Lebensmittelvorräte, Kleider, Schuhe, Bettwäsche, Ottos Schulranzen, Ottos Spielsachen, Manuelas Strickwolle und Stricknadeln, Bücher, Pflanzen, Fernsehgerät, Computer, sein großes Zeichenbrett, seine Lineale und Winkel zum Zeichnen von Puppenhäusern, Bleistifte, Buntstifte, Bilder, Fotografien, Teppiche, Lampen, Badezimmerutensilien, Ziergegenstände und Hundefutter.

Hundefutter? Ja, Robert, Manuela und Otto besaßen einen Hund. Besser gesagt: Der Hund besaß Robert, Manuela und Otto. Der Hund hieß „Köhly“, weil er schwarz war wie die Hände und das Gesicht eines Köhlers im Schwarzwald. Ein Köhler stellte aus Holzscheitern in einem Meiler Holzkohle her.

Nach zwei Wochen und sechs Tagen war Robert mit dem Packen fertig. Er rief eine Möbelspedition an und sagte, dass er von Hamburg nach Waldulm umziehen möchte. Daraufhin kam der Möbelwagen und mit ihm vier Männer, die mit Umzügen große Erfahrung hatten. Alle Kartons wurden in den Möbeltransporter geladen. Als Roberts Wohnung leer und der Lastwagen mit Möbeln voll war, fuhren die Möbelpacker mit dem Möbeltransporter davon. Robert hatte ihnen gesagt, dass er am nächsten Tag nachmittags in Waldulm wäre. „Ist in Ordnung“, hatten die Möbelpacker gesagt. „Wenn Sie noch nicht da sind, stellen wir die Kartons und die Möbel vor die Haustür in den Garten.“