Bastien - Drucie Anne Taylor - E-Book

Bastien E-Book

Drucie Anne Taylor

0,0
4,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Belle *** Als ich nach jahrelanger Abwesenheit nach San Francisco zurückkehrte, war es mein Bruder Kellan, der mich zähneknirschend bei sich aufnahm. Ich hatte den Kontakt zu meiner Familie vollständig abgebrochen, aber nun brauchte ich sie. Ich war vor einem Mann geflohen, der mich zerstören wollte, und musste wieder zu mir kommen, doch dann begegnete ich Bastien Wheeler, dem besten Freund meines Bruders. Zwischen uns entbrannte eine leidenschaftliche Affäre, doch wussten wir beide, dass Kellan niemals dulden würde, dass wir uns aufeinander eingelassen hatten. *** Bastien *** Ich konnte nicht fassen, was für eine Frau aus Belle geworden war. Einst ein pickeliger Teenager, war sie nun ein wahrgewordener Traum. Sie war die pure Versuchung, eine Sünde, die es wert war, begangen zu werden. Ich durfte ihr nicht erliegen – und tat es dennoch. Kellan würde mir den Kopf abreißen, wenn die Sache ans Licht käme. Doch obwohl ich mich für die Freundschaft entschied, veränderten sich die Dinge. Aus der Affäre wurde eine zarte Liebe, die schon bald von einer schrecklichen Wahrheit überschattet wurde. Wie sollte ich ihr jemals wieder vertrauen?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Bastien

BRANDED

BUCH DREI

DRUCIE ANNE TAYLOR

Für Robert,

Weil ich es Dir schuldig bin.

Für Liz,

Allein für das Wort »wegflanken«, aber auch für die zahlreichen Steine, was nun niemand verstehen wird. Uwu!

Für Dich,

Weil Liebe das Wichtigste im Leben ist.

Inhalt

1. Belle

2. Bastien

3. Belle

4. Bastien

5. Belle

6. Bastien

7. Belle

8. Bastien

9. Belle

10. Bastien

11. Belle

12. Bastien

13. Belle

14. Bastien

15. Belle

16. Bastien

17. Belle

18. Bastien

19. Belle

20. Bastien

21. Belle

22. Bastien

23. Belle

24. Bastien

25. Belle

26. Bastien

27. Belle

28. Bastien

29. Belle

30. Bastien

31. Belle

32. Bastien

33. Belle

34. Bastien

35. Belle

36. Bastien

37. Belle

38. Bastien

39. Belle

40. Bastien

Danksagung

Kennst du schon?

Kennst du schon?

Über die Autorin

Weitere Werke der Autorin

Rechtliches und Uninteressantes

Copyright © 2023 Drucie Anne Taylor

Korrektorat: S. B. Zimmer / S. Köhn

Satz und Layout: Julia Dahl

Umschlaggestaltung © D-Design Cover Art

Alle Rechte, einschließlich das, des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Dies ist eine fiktive Geschichte, Ähnlichkeiten mit lebenden, oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Dieses Buch

Belle

Als ich nach jahrelanger Abwesenheit nach San Francisco zurückkehrte, war es mein Bruder Kellan, der mich zähneknirschend bei sich aufnahm. Ich hatte den Kontakt zu meiner Familie vollständig abgebrochen, aber nun brauchte ich sie. Ich war vor einem Mann geflohen, der mich zerstören wollte, und musste wieder zu mir kommen, doch dann begegnete ich Bastien Wheeler, dem besten Freund meines Bruders. Zwischen uns entbrannte eine leidenschaftliche Affäre, doch wussten wir beide, dass Kellan niemals dulden würde, dass wir uns aufeinander eingelassen hatten.

Bastien

Ich konnte nicht fassen, was für eine Frau aus Belle geworden war. Einst ein pickeliger Teenager, war sie nun ein wahrgewordener Traum. Sie war die pure Versuchung, eine Sünde, die es wert war, begangen zu werden. Ich durfte ihr nicht erliegen – und tat es dennoch.

Kellan würde mir den Kopf abreißen, wenn die Sache ans Licht käme. Doch obwohl ich mich für die Freundschaft entschied, veränderten sich die Dinge.

Aus der Affäre wurde eine zarte Liebe, die schon bald von einer schrecklichen Wahrheit überschattet wurde.

Wie sollte ich ihr jemals wieder vertrauen?

Belle

Da war ich wieder.

Back in San Francisco, einer Stadt, die ich nie geliebt, dafür aber immer verachtet hatte. Hier lebte meine Familie, na ja, meine Eltern, meine ältere Schwester und mein älterer Bruder, die beiden anderen waren in den Staaten verstreut. Von hier kam ich und ich hatte es kaum erwarten können, mit 18 die Stadt zu verlassen. Ich hatte ein Sportstipendium bekommen und war weg, kaum dass ich mein Abschlusszeugnis der Highschool in der Hand hatte. Danach war ich nur noch zweimal nach San Francisco gekommen, einmal zu Weihnachten, einmal zum 30. Hochzeitstag meiner Eltern. Zu der Feier hatte ich Josh, meinen Ex, mitgebracht und meine Familie hatte ihn sofort leidenschaftlich gehasst. Ständig hatte ich mir anhören müssen, dass er nichts für mich wäre, nicht zur Familie passen würde und keine Ahnung, was sie noch alles vom Stapel gelassen hatten, aber das hatte zur Folge, dass ich den Kontakt beinahe vollständig eingestellt hatte. Zu Geburtstagen hatte ich mich nur mit einfachen »Happy Birthday« Whatsappnachrichten gemeldet, zu Weihnachten gab’s ein »Frohe Feiertage«, ansonsten hatte ich mich totgestellt – und nun hoffte ich umso mehr, dass Kellan mich nicht zum Teufel jagen würde.

Bevor ich bei Mom und Dad aufschlagen würde, wollte ich lieber meinen Bruder bitten, für ein paar Nächte bei ihm unterkommen zu können. Oder zumindest so lange, bis ich einen neuen Job und eine geeignete Wohnung gefunden hatte. Kellan hatte eine Maisonettewohnung – na ja, es war ein Penthouse, das sich über zwei Etagen erstreckte – in der Stadt –, die Hütte war riesig und er hatte mehr Zimmer, als er brauchte, hoffentlich würde er mir eines zur Verfügung stellen.

Ich hatte keine Ahnung, wie lange er für gewöhnlich arbeitete, aber ich würde vor dem Haus warten, sofern mich der Kerl von der Rezeption nicht nach oben lassen würde.

Ich hatte mein Auto schon abgestellt, dafür aber mein Gepäck zu dem Wohnhaus geschleppt. Sofort verschlug es mich zum Pförtner. »Hi.«

Er hob den Blick. »Guten Tag, Miss. Kann ich Ihnen behilflich sein?«

»Ja, ich würde gern zu Mr. Kellan Connor, könnten Sie ihm mitteilen, dass ich hier bin?«, fragte ich und rang mir ein Lächeln ab.

»Sicher und Sie sind?«

»Mein Name ist Annabelle Connor, ich bin seine Schwester«, erwiderte ich freundlich.

Er nickte, dann griff er zu einem Telefonhörer. In seiner roten Uniform sah er ziemlich lächerlich aus, als wäre er einem drittklassigen Film entsprungen, aber das würde ich dem Kerl sicher nicht auf die Nase binden. Vielleicht mochte er die goldenen Bordüren an seiner Uniform, die ihm etwas von einem Zirkusdirektor verliehen. Er hielt sich den Hörer ans Ohr. »Mr. Connor ist wohl außer Haus. Kann ich ihm etwas ausrichten?«

»Nein, ich werde warten.« Ich räusperte mich und schaute auf meine beiden Koffer, die Reisetasche und das Handcase. »Könnte ich Sie vielleicht um einen Gefallen bitten?« Ich sah ihn wieder an und legte mein charmantestes Lächeln auf.

»Sofern ich ihn erfüllen kann, sicher«, erwiderte er. Der Kerl war locker zehn Jahre älter als ich, aber das kümmerte mich nicht, wenn ich mit ein wenig Flirten weiterkam.

»Mein Gepäck ist ziemlich schwer und ich würde es ungern wieder nach draußen schleppen, nur um es später zurück ins Haus zu wuchten. Könnte ich es vielleicht bei Ihnen stehen lassen oder haben Sie eine Kammer, in der man es einschließen könnte?«, erkundigte ich mich säuselnd.

Ein roter Schein breitete sich auf seinen Wangen aus. »Aber sicher, Miss Connor.« Er verzog seine Lippen zu einem verlegenen Lächeln.

»Danke, Sir.«

Er kam um den großen Tresen herum, dann nahm er mir die Reisetasche, das Handcase und einen der Trolleys ab. »Kommen Sie bitte.«

»Danke«, wiederholte ich und folgte ihm mit dem verbliebenen Koffer.

Er öffnete die Tür zu einem Raum, für mich sah es nach einem Pausenraum aus. »Hier können wir Ihr Gepäck abstellen. Melden Sie sich gleich noch mal bei mir, dann holen wir es wieder raus.«

»Ich bin Ihnen wirklich dankbar für Ihre Hilfsbereitschaft.« Ich schob den Koffer hinein, danach schulterte ich meine Handtasche.

»Sie können auch hier auf Mr. Connor warten.«

Daraufhin schüttelte ich den Kopf. »Ich warte draußen vor der Tür, das ist mir lieber, aber danke.« Mein Gott, wie oft sollte ich mich denn noch bedanken und ihm schöne Augen machen?

»Alles klar.«

»Danke, Mr. …«

»Benjamin, bloß Benjamin«, erwiderte er.

»Danke, Ben«, wiederholte ich grinsend, dann machte ich mich auf den Weg nach draußen. Vor dem Haus standen Bänke, also würde ich mir beim Starbucks gegenüber einen Kaffee holen, mich dort hinsetzen und eine rauchen.

Es nervte mich, dass Kellan nicht zu Hause war, ich hatte nicht damit gerechnet, dass er einen nine to five Job hat, aber gut, man täuschte sich ja immer wieder mal. Abgesehen davon hatte ich keinen Plan, wo er überhaupt arbeitete, denn wir hatten seit Jahren nicht miteinander gesprochen.

* * *

Nachdem ich mir eine Viertelstunde später einen Kaffee im Starbucks gegenüber geholt hatte, setzte ich mich auf die Bank vor dem Wohnhaus. Na ja, es war kein Kaffee, es war ein Karamell Frappuccino mit extra Karamellsirup, eine totale Kalorienbombe, aber gelegentlich musste so eine Sünde sein – auch wenn ich dafür das Abendessen oder einen Snack, wenn nicht sogar beides streichen musste. Ich holte meine Zigaretten aus meiner Handtasche und steckte mir einen Filter zwischen die Lippen. Fuck, eigentlich hatte ich aufgehört, aber die letzten Wochen hatten mich so heftig gestresst, dass ich wieder angefangen hatte. Manchmal wollte ich mich treten, denn für meinen Job, den ich zurzeit nicht hatte, war es nicht förderlich, wenn meine Kondition nachließ. Aber gut, nach allem, was ich erlebt hatte, war Rauchen das geringste Übel.

Ich lehnte mich zurück, setzte meine Sonnenbrille auf und schlug die Beine übereinander. Ich steckte mir die Airpods in die Ohren, aktivierte diese und schaltete Musik auf meinem Handy ein. Die Nummer war neu, aber bisher hatte ich niemanden darüber informiert, dass ich sie gewechselt hatte. Die Gefahr, dass Er mich fand, war schlichtweg zu groß.

* * *

Es mussten Stunden vergangen sein und ich musste echt dringend pinkeln, aber von Kellan fehlte jede Spur. »Fuck«, stieß ich leise aus und holte tief Luft. Ich konzentrierte mich auf alles Mögliche, nur damit ich nicht daran dachte, wie dringend ich zur Toilette musste.

Immer wieder ließ ich meinen Blick schweifen und auf einmal sah ich einen Kerl im anthrazitfarbenen Anzug, bei ihm war jemand in einem hellgrauen Anzug. Vielleicht war das ja Kellan, andererseits traute ich meinem Bruder keine Maßanzüge zu. Er war doch nie der Typ dafür! Jener im dunkleren Herrenanzug schaute zu mir und ich nahm die Sonnenbrille ab. Er blieb stehen, musterte mich und ich war mir sicher, dass es sich um meinen älteren Bruder handelte.

Ich holte tief Luft, erhob mich und ging auf ihn zu. »Kellan?«

»Ha«, stieß er sichtlich überrascht aus, während er mich immer noch betrachtete. »Was machst du denn hier?«

Ich schluckte, verschränkte meine Hände vor meinem Bauch und knetete unruhig meine Finger.

»Willst du mich nicht vorstellen?«, fragte sein Begleiter.

Kellan sah ihn an. »Sicher.« Er räusperte sich. »Aber ihr kennt euch, Ty, das ist Annabelle.«

Dann musste sein Begleiter Tyler Bothwell sein. Seine Miene entrückte. »Na wow, dich habe ich ja gar nicht wiedererkannt.« Er kam einen Schritt näher und umarmte mich kurz, eine Begrüßung, die ich eigentlich von meinem Bruder erwartet hatte.

Ich löste mich von ihm, lächelte ihn aber an. »Ich weiß, mich erkennt kaum jemand wieder.«

»Na ja, wenn man an das pickelgesichtige Mädchen denkt, das du warst«, mischte Kellan sich ein. »Warum bist du hier, Belle?«

»Könnten wir das vielleicht bei dir besprechen und nicht zwischen Tür und Angel?«

»Sicher.« Er schaute sich um. »Hast du Hollywood satt?«

»So in etwa«, antwortete ich.

»Okay, wo ist dein Kram?«

»Dieser Ben von der Rezeption hat es im Pausenraum abgestellt, damit ich mein Gepäck nicht hin und her schleppen muss«, ließ ich ihn wissen.

»Also direkt mal das Hauspersonal um den Finger gewickelt«, stellte er mit dunkler Stimme fest. »Dann lass uns gehen.«

»Alter, soll ich abhauen oder mit nach oben kommen?«, mischte Tyler sich ein.

»Komm ruhig mit nach oben, aber ich werde den anderen absagen. Dann muss der Pokerabend eben nach hinten verschoben werden«, erwiderte Kellan, der sichtlich unzufrieden war.

»Wenn du keine Zeit hast, hole ich meinen Kram und gehe ins Hotel. Du musst meinetwegen nichts verschieben.«

»Doch, muss ich, weil’s mich brennend interessiert, warum du vor meiner Tür stehst«, sagte er und deutete ins Haus. »Abmarsch.«

Mit großen Augen drehte ich mich um und machte mich auf den Weg ins Haus.

»Guten Abend, Benjamin, würden Sie uns bitte das Gepäck meiner Schwester aushändigen«, übernahm Kellan, als ich gerade den Pförtner ansprechen wollte.

»Sicher, Mr. Connor.« Er erhob sich und kam um den Tresen herum, dann eilte er schnellen Schrittes zu dem Pausenraum, in dem mein Kram untergebracht war. Ich folgte ihm, um ihm meine Sachen abzunehmen.

»Mein Gott, hast du deinen ganzen Hausstand mitgebracht?«, hakte Kellan nach, als ich gemeinsam mit Benjamin zu ihm und Tyler ging.

»Nein, das sind nur meine Klamotten und ein paar Erinnerungsstücke«, antwortete ich betreten. Ich fühlte mich so gar nicht willkommen, aber ich konnte Kellans Reaktion verstehen. Ich hatte meine Familie mit Füßen getreten, weil mir die Beziehung zu Josh wichtiger war als meine Eltern und meine Geschwister. Ich war die Jüngste und Kellan sowie Bradley und Caleb hatten sich immer schützend vor mich gestellt. Nur Aileen hatte immer ihre Ruhe vor ihnen, aber ich nie.

Tyler seufzte, nahm Benjamin die Reisetasche ab und Kellan übernahm den Koffer sowie das Handcase, den zweiten Trolley schob ich in Richtung Aufzüge. Mein Bruder hielt eine Schlüsselkarte vor einen Sensor, woraufhin sich eine der Kabinen öffnete.

»Dekadent«, stieß ich leise aus in der Hoffnung, dass er mich nicht hörte.

»Was für dich nicht alles dekadent ist«, stellte er fest.

Kellan schien wirklich zu Geld gekommen zu sein, denn meinen Eltern ging es finanziell nicht so gut, dass sie ihm ein Apartment in diesem Haus hätten ermöglichen können. Dad war zwar Arzt und Mom Lehrerin, aber fünf Kids aufs Leben vorzubereiten war ihnen mächtig ins Geld gegangen. Deshalb hatten wir Geschwister alle mit 16 angefangen, zu arbeiten, erst neben der Schule, später neben dem College. Abgesehen von Bradley hatten wir alle hart für Stipendien gearbeitet und sie glücklicherweise erhalten, sonst wären wir aufgeschmissen gewesen.

Wir betraten die Kabine und ich lehnte mich mit dem Rücken gegen die holzvertäfelte Wand. Dieses Haus schrie förmlich, dass seine Bewohner Geld wie Heu hatten. Kellan gab irgendwas auf einem Kontrollfeld ein, danach steckte er die Schlüsselkarte weg und die Türen schlossen sich. »Ist ja sicherer als Fort Knox hier«, stellte ich trocken fest.

»Man will eben schützen, was man sich erarbeitet hat«, erwiderte er tonlos.

»Vielleicht bist du mal nicht so ein Arschloch zu deiner Schwester«, sagte Tyler, der ihm einen finsteren Blick zuwarf. »Ihr habt euch jahrelang nicht gesehen.«

»Das lag nicht an mir«, hielt Kellan dagegen und verschränkte die Arme vor der Brust.

Der Aufzug fuhr so schnell, dass ich das Gefühl hatte, dass mir das Blut in die Beine sackte. Fuck, ich hasste solche Expressaufzüge.

Schließlich hielt er und öffnete sich. Kellan nahm den Trolley und schob ihn in einen Flur. Ich folgte ihm, da Tyler mir den Vortritt ließ. »Danke«, wandte ich mich leise an ihn.

»Kein Ding.« Als ich auf dem Flur stand, schaute ich mich überrascht um. Wir standen wohl schon in Kellans Wohnung.

»Wir können deinen Kram erst mal hier stehenlassen, falls du später weiterziehen willst«, sagte mein Bruder und ging in ein großes Wohnzimmer.

Ich lief ihm hinterher, als wäre ich sein Fiffi, und seufzte schwer. »Ich weiß, ich hätte dir Bescheid sagen müssen, dass ich in die Stadt komme.«

»Ach was«, stieß Kellan sarkastisch aus. Mein Gott, klang er feindselig. »Was willst du in San Francisco? Noch mehr Scherben hinterlassen als ohnehin schon, Belle?«

Ich zog die Augenbrauen zusammen. »Ich habe überhaupt keine Scherben hinterlassen oder welche verursacht.«

»Du hast auf Moms und Dads Party zum Hochzeitstag total das Fass aufgemacht, weil keiner deinen unverschämten Kerl leiden konnte!«, hielt er dagegen.

»Oh, aber ihr habt euch alle mit Ruhm bekleckert, als ihr ihn wie Dreck behandelt habt, oder was?«, wollte ich wissen und schüttelte den Kopf, dann atmete ich tief durch.

»Du hast rumgeschrien, dass die Ehe unserer Eltern eine Farce ist«, sagte er ernst und an seinen dunkelblauen Augen erkannte ich, wie wütend er war, doch ich wurde es langsam auch.

»Und warum habe ich das?«

»Weil wir dir sagten, dass dein Kerl ein Verlierer ist«, antwortete er ungerührt.

»Klar, deshalb war er beruflich auch sehr erfolgreich und konnte sich eine Villa in den Hollywood Hills leisten … Weil er so ein krasser Verlierer war«, zog ich die ganze Sache ins Lächerliche. »Merkst du eigentlich nicht, wie sehr ihr alle mich verletzt habt? Aileen bekam nie irgendwas dergleichen zu hören, obwohl sie verdammt viele Idioten angeschleppt hat. Du musstest dir auch nie irgendeinen Scheiß anhören, obwohl du einmal eine Escorttussi mitgebracht hast, damit dir der Mist erspart bleibt, dass du sesshaft werden sollst. Brad und Caleb mussten sich genauso wenig geben … Aber ich … ich bekam immer die volle Breitseite, denn mit mir konnte man es ja machen, weil ich die Jüngste bin. Auf mir dürfen alle herumhacken!«, schrie ich ihn zuletzt an. »Ich weiß gar nicht, warum ich zu dir gekommen bin, wenn ich mir den gleichen Mist auch bei Mom und Dad geben kann.« Ich atmete tief durch, sonst würde ich noch vor Wut heulen – und diese Genugtuung gab ich diesem Arschloch nicht.

»Vielleicht klärt ihr erst mal, warum deine Schwester überhaupt hier ist, Kellan«, mischte Tyler sich mit ruhiger Stimme ein. »Und falls nicht, hoffe ich, dass du Popcorn im Haus hast, ein Bier würde ich auch nehmen, denn ich glaube, das wird noch eine echt gute Show.«

Mein Bruder schnaubte, auch ich fand es überhaupt nicht lustig, dass Tyler die Sache ins Lächerliche zog – wenn ich es tat, war es ja wohl etwas Anderes, immerhin ging es bei dem Mist um mich und die ganzen Fehler, die ich angeblich machte. Kellan schaute mich an. »Warum bist du hergekommen?«

»Ich habe Josh verlassen und na ja, bin rausgeflogen«, erwiderte ich, was nicht die volle Wahrheit war, aber die wollte ich meinem Bruder nicht verraten.

Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen.

»Aber bevor du etwas Falsches denkst oder sagst, lass es lieber. Ich bin nicht besonders scharf auf noch mehr Vorwürfe.«

Daraufhin schüttelte er den Kopf. »Hast du einen Ort, an dem du bleiben kannst?«

»Na ja, irgendein Hotel in der Stadt wird bezahlbar sein, denke ich. Ich habe zwei Blocks weiter dieses Wheeler gesehen.«

Kellan hob eine Augenbraue. »Ich denke nicht, dass du dir als Fitnesstrainerin ein Zimmer in diesem Hotel leisten kannst.«

Ich presste meine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, denn den Tiefschlag hatte er echt großartig platziert. Mir wurde heiß und kalt, aber ich kommentierte es nicht.

»Du kannst im Gästezimmer schlafen.« Er räusperte sich. »Ist keine Dauerlösung, aber bis du einen Job und eine Wohnung gefunden hast, ist es besser, statt dich in einem Hotel schlafen zu lassen, das du dir mit Sicherheit nicht leisten kannst«, sagte Kellan ungerührt.

»Muss ich mir jeden Tag solche Spitzen anhören?«, fragte ich vorsichtig.

»Vielleicht noch ein paar Tage, bis ich mein ganzes Gift verspritzt habe.«

»Heb’s dir doch einfach für Low auf«, schlug Tyler vor. »Da bekommst du wenigstens Kontra, wenn du ihr zu heftig auf den Keks gehst.«

»Ja großartig und Frankie und Flor machen dabei mit, nein danke«, brummte Kellan und schaute wieder zu mir. »Ich zeige dir das Gästezimmer. Deinen Kram kannst du sicher selbst dorthin schaffen, oder? Meine Freunde kommen gleich, deshalb wäre es gut, wenn du in deinem Zimmer bleibst.«

Ich nickte ihm zu. »Das kriege ich hin.«

»Alles klar.« Er winkte mich zu sich und führte mich durch sein Penthouse. Entgegen meinen Erwartungen brachte er mich nach oben. »Ich will nicht, dass du irgendwelche Kerle mit hierher bringst, ist das klar?«

»Ja und ich habe es nicht vor, keine Sorge«, erwiderte ich.

»Und wenn ich Besuch habe, bleibst du hier oben.«

»Damenbesuch oder allgemein?«, wollte ich wissen.

»Allgemein. Sobald ich Besuch habe, bist du oben«, sagte er entschieden, als wir über den Flur liefen.

»Alles klar.«

Am Ende des Flurs öffnete er eine Tür. »Du hast ein eigenes Bad. Erschreck dich nicht, vormittags kommt die Haushälterin, um hier für Ordnung zu sorgen, was heißt, dass du nicht bis mittags mit dem Arsch im Bett liegen solltest.«

Ich verdrehte die Augen. »Musst du die ganze Zeit so feindselig sein?«

»Wie gesagt, gib mir noch ein paar Tage«, entgegnete er gelassen.

»Hast du ihr das Gästezimmer gezeigt?«, rief Tyler.

»Ja, habe ich!«, antwortete mein Bruder.

»Kellan?«

Er drehte sich zu mir um. »Was ist?«

»Danke«, sagte ich kleinlaut.

Mein Bruder nickte, sagte aber nichts weiter. Verdammt, mein Auftritt auf der Party unserer Eltern hatte definitiv keinen guten Eindruck hinterlassen, aber das hatte ich damals auch nicht gewollt.

Dass Kellan immer noch so sauer auf mich war, lag ebenfalls nicht in meiner Absicht, aber jemand hatte ja mal erwähnen müssen, dass unsere Eltern Heuchler waren – und ich hatte schon immer unangenehme Wahrheiten ausgesprochen.

* * *

Bastien

Ich saß immer noch an meinem Schreibtisch, dabei wollte ich seit einer Stunde draußen sein. Die Sanierung eines Hotels in New York war ins Stocken geraten, weil Asbest in den Hohlräumen gefunden worden war. Nun musste ich dafür sorgen, dass es ordnungsgemäß entsorgt wurde. Es nervte mich, dass ich bisher keine Firma gefunden hatte, die sich der Sache annehmen wollte. Vor allem stiegen damit die Kosten der Sanierung, da nun das ganze Hotel entkernt werden und von Grund auf neu aufgebaut werden musste – mal abgesehen vom Gemäuer. Für heute gab ich auf. Es war spät geworden, ich wollte zu Kellan, der wie ich glücklicherweise nur drei Blocks entfernt wohnte, und mit meinen Freunden pokern.

Ich hatte meinen Computer gerade ausgeschaltet, als mein Handy klingelte. »Wheeler?«, meldete ich mich, da ich nicht aufs Display geschaut hatte.

»Hey … Wo bleibst du?«, fragte Camden interessiert. »Wir warten seit einer halben Stunde auf dich.«

»Ich mache mich jetzt auf den Weg. Ich wurde im Hotel aufgehalten«, antwortete ich. »Habt ihr Whiskey da oder soll ich welchen mitbringen?«

»Kellan hat für alles gesorgt«, erwiderte er.

»Alles klar. Ich bin in 20 Minuten da«, ließ ich ihn wissen.

»Bis gleich.«

Ich legte auf, dann steckte ich das Smartphone ein. Nachdem ich meinen Kram an mich genommen hatte, begab ich mich zur Tür, verließ mein Büro und schloss es hinter mir ab. Fuck, ich freute mich schon auf den Tag, an dem ich im Chefsessel saß und Leute herumkommandieren konnte. Na ja, streng genommen kommandierte ich schon alle Angestellte herum, aber diese Asbestsache hatte Dad mir aufs Auge gedrückt, bevor er heute Morgen nach Singapur aufgebrochen war. Das hieß nicht nur, dass ich auch seine Aufgaben übernehmen, sondern mich auch um die Asbestentsorgung kümmern musste. Ich war sehr begeistert. Zwar hatte ich damit gerechnet, dass es schneller gehen würde, aber hinterher war man bekanntlich immer schlauer.

Und wie viel schlauer ich war.

Genervt betrat ich den Fahrstuhl, schulterte meine Aktentasche, in der sich auch mein MacBook befand, und überlegte, ob ich morgen überhaupt ins Hotel kommen sollte. Meine Mutter und mein Onkel waren auch noch da, also konnte ich getrost von zu Hause aus arbeiten. Das machte ich immer, wenn wir am Abend zuvor Poker gespielt hatten.

Als der Aufzug im Erdgeschoss hielt, verließ ich diesen und machte mich auf den Weg zu Kellan, ohne mich von den Mitarbeitern zu verabschieden. Ich musste mich weder an- noch abmelden, sie wussten, wie sie sich um irgendwelche Schäden oder bescheuerte Gäste kümmern mussten, damit würde ich mich erst am Montag wieder herumschlagen.

* * *

Etwa 20 Minuten später war ich bei Kellan angekommen. Na ja, bei mir, da ich im Flügel nebenan das Penthouse bewohnte. Während Riley, Tyler und Camden im Pacific wohnten, hatten wir uns ein paar Meilen entfernt Penthäuser gekauft. Wir wohnten beide im Chorus, einem Luxusapartmentgebäude. Kellan bewohnte das Penthouse im vorderen Gebäudeteil, ich im hinteren. Er war dank der Arbeit für Camden und Tyler zu Geld gekommen, das er ziemlich clever angelegt hatte, und meine Familie stank einfach nur danach, weil mein Großvater die Hotelkette gegründet und sie verdammt erfolgreich gemacht hatte.

Da man mich im Chorus kannte, behelligte man mich nicht, als ich die Aufzüge ansteuerte. Kellan hatte mir seine Ersatzkarte gegeben, sodass ich jederzeit bei ihm vorbeischauen konnte, nun würde ich sie auch nutzen, statt mich ankündigen zu lassen.

»Bin da, wer noch?«, rief ich, als ich Kellans Penthouse betrat.

»Na endlich!«, erwiderte Camden. »Wir haben dich schon erwartet!«

Kopfschüttelnd begab ich mich ins Wohnzimmer. »Sorry, im Hotel hat’s länger gedauert.«

»Warum?«, wollte Nate wissen.

»Das Hotel in New York, das saniert werden soll … Na ja, die haben Asbest in den Hohlräumen gefunden, jetzt stagniert die Sanierung, weil ich niemanden finde, der die Entsorgung übernimmt, außerdem muss das ganze Gebäude entkernt werden«, erklärte ich und stellte meine Tasche auf den Sessel. »Habt ihr schon angefangen?«

»Nein, wir haben auf dich gewartet«, entgegnete Kellan, der ziemlich angepisst aussah.

»Du siehst mächtig abgefuckt aus, Kumpel«, stellte ich fest.

Er sah mich finster an, seine dunkelblauen Augen verschossen Blitze.

»Seine Schwester ist aufgetaucht«, mischte Tyler sich ein.

»Aileen?«, hakte ich nach. »Mit ihr verstehst du dich doch gut.«

Kellan schüttelte den Kopf. »Annabelle.«

Ich konnte sehen, wie sehr es ihn nervte, allein ihren Namen auszusprechen. Ich hatte sie zuletzt vor über sieben Jahren gesehen, bevor sie aufs College ging. Und dort hatte sie einen Kerl kennengelernt, dem sie nach Hollywood gefolgt war. »Und das ist schlimm?«

»Denk mal an ihre Aktion auf der Party seiner Eltern«, meinte Riley. »Kellan ist immer noch angepisst, weil sie ihre Eltern damals Heuchler nannte.«

»Sie nannte nicht nur unsere Eltern Heuchler, sondern uns alle, und die Ehe der beiden bezeichnete sie als Farce«, mischte Kellan sich ein. »Mag sein, dass die beiden nicht glücklich sind, aber das ist nicht unsere Sache. Ich fand es unmöglich, dass sie es vor all den Gästen hinausposaunte, unsere Geschwister und Eltern übrigens auch.«

»Und wo ist Annabelle jetzt?«, erkundigte ich mich.

»Er hat sie mehr oder weniger in den Turm gesperrt«, erzählte Tyler amüsiert. »Weil er nicht wollte, dass sie in deinem Hotel eincheckt.«

Ich hob eine Augenbraue, öffnete mein Jackett und setzte mich zu ihnen an den Tisch. Sie hatten mir schon ein Bier hingestellt, ebenso meinen Whiskey. Ich schenkte mir ein Glas ein. »Und im Turm eingesperrt heißt jetzt genau was?«

»Sie ist oben im Gästezimmer und ich sagte ihr, dass sie nicht hier herumscharwenzeln soll, wenn ich Besuch habe«, antwortete Kellan missmutig und mischte die Karten.

»Es sind doch nur wir da«, gab Nate zu bedenken, der Kellan genauso skeptisch betrachtete wie ich.

»Und? Sie ist meine jüngste Schwester, sie hat Scheiße gebaut … Das ist jetzt eben eine neumodische Form von Hausarrest.« Er räusperte sich. »Ich weiß gar nicht, wie ich meinen Eltern beibringen soll, dass sie zurück in der Stadt ist.«

»Gar nicht«, sagte Nate. »Sie muss sich ihnen selbst stellen, du solltest dich gar nicht einmischen.«

»Halte ich auch für das Beste«, stimmte Camden ihm zu.

»Ja … Vielleicht habt ihr recht«, brummte Kellan, dann verteilte er die Karten.

Ich legte meine Chips zurecht, sortierte sie nach Wert, dann trank ich einen Schluck Whiskey.

Kellan wollte gerade seine Spielkarten an sich nehmen, als Annabelles Stimme ertönte: »Kellan?«

Er verdrehte die Augen. »Was ist?«

»Wenn ich schon nicht nach unten kommen darf, kannst du mir wenigstens eine Flasche Wasser oder so geben? Und vielleicht gleich meine Pizza annehmen?«

Er schnaubte unzufrieden. »Ist sie bezahlt?«

»Nein, aber ich werde dir das Geld geben, wenn du mir eine Flasche Wasser bringst«, erwiderte sie. Belles Stimme hatte sich verändert. Ich kannte sie nur noch als den Teenager, der damals abgehauen war, aber nicht als die Frau, zu der sie geworden war. Jedoch hatte ich damals nicht wirklich Augen für sie, weil sie sechs Jahre jünger als ich war.

»Kommst du um vor Durst oder kannst du ein paar Minuten warten?«

»Ich kann auch ein paar Minuten warten!«

»Danke, zu freundlich«, brummte er leise. »Ich bringe sie dir nach der Pokerpartie!«, rief er ihr schließlich zu.

»Danke, zu freundlich!«, wiederholte sie ihn sarkastisch.

»Wow, hier wehen keine arktischen, sondern antarktische Winde«, stellte Riley trocken fest.

»Schnauze!«, schnappte Kellan, der seine Karten sortierte. Zugegeben, so hatte ich ihn noch nie erlebt. Normalerweise schaffte nur Low es, Kellan derart aus der Fassung zu bringen, und selbst sie brauchte viel Zeit dafür, bis ihre Spitzen Wirkung zeigten.

»Lasst uns spielen, bevor er noch die Wände hochgeht«, sagte Camden amüsiert und warf 50 Dollar in die Mitte. Es war der Mindesteinsatz und ja, wir spielten um Geld, denn wir alle hatten mehr davon, als wir ausgeben konnten. Allerdings spielten wir deshalb auch nur ein- bis zweimal im Monat.

Ich warf ebenfalls einen Chip in den Pot und wartete darauf, dass die anderen mitzogen.

»Ich bin raus, ich hab beschissene Karten«, meinte Kellan, dann erhob er sich. »Ich bringe meiner Schwester mal eine Flasche Wasser, damit sie nicht ständig nach mir ruft.« Er ging an den Kühlschrank, danach machte er sich auf den Weg nach oben.

»Warum hat er ihr eigentlich verboten, nach unten zu kommen, wenn er Besuch hat?«, wollte ich wissen, als Kellan außer Hörweite war.

Tyler schnaubte. »Er macht ihr immer noch Vorwürfe, weil sie damals den Kontakt abgebrochen hat. Kellan ist der Meinung, dass sie auf die Familie hätte hören müssen, statt bei diesem Kerl zu bleiben.«

»Und warum ist sie jetzt hier?«, schaltete Riley sich ein.

»Sie hat sich von dem Kerl getrennt oder er hat sie abgeschossen, ich weiß es schon nicht mehr genau, weil ich Kellan ins Gewissen reden musste, damit er Belle nicht mehr behandelt, als hätte sie irgendeine ansteckende Krankheit«, antwortete Tyler, dann trank er einen Schluck Whiskey. »Sie saß vor dem Haus, als wir herkamen, und da er recht irritiert war, gehe ich davon aus, dass er keine Ahnung hatte, dass sie herkommt.«

Ich nickte, dann öffnete ich mein Bier.

»Ja, geht klar«, vernahm ich Belles Stimme.

Fuck, ich konnte mich echt kaum noch an ihr Aussehen erinnern. Ich wusste nur, dass sie wie Kellan schwarze Haare hatte, bloß dass ihre immer verdammt lang waren, und ihre Augen … die waren gefühlt noch dunkler als die ihrer Geschwister.

Scheiße, warum zerbrach ich mir jetzt den Kopf über sie?

»Danke, Kellan.«

»Kein Ding«, erwiderte er und ich hob den Blick. Er kam gerade die Treppe herunter. »Vielleicht hätte ich ihr sagen sollen, dass sie aus dem Gästezimmer kommen kann, statt sie mehr oder weniger in den Turm zu sperren.«

»Einsicht soll bekanntlich der erste Weg zur Besserung sein«, sagte Nate gelassen, als Kellan sich wieder zu uns setzte.

Er sah finster in die Runde. »Wer hat gewonnen?«

»Wir haben gar nicht weiter gespielt, sondern gelauscht«, antwortete Riley grinsend.

Wir lachten – abgesehen von Kellan, dem die Situation, in der er sich befand, überhaupt nicht passte. Ich kannte die Kerle seit dem Kindergarten und wusste genau, wann einer meiner besten Freunde angepisst war und wann nicht. Es war selten vorgekommen, dass wir bei Kellan zu Besuch waren, da seine Eltern ständig gestritten hatten. Meistens war er von dort abgehauen und hatte bei einem von uns gepennt, beinahe jedes Wochenende bei den Bothwells, unter der Woche bei mir. Er war nie gern zu Hause gewesen, selbst heute vermied er es zumeist, sein Elternhaus zu besuchen. Er hatte sich seinen Erfolg hart erarbeitet, seine Geschwister ebenfalls, und seine Eltern profitierten davon, denn keines der Kids hatte sie in irgendeiner Weise hängenlassen – abgesehen von Belle, die irgendwann die Schnauze voll hatte. Ich kannte die ganzen Geschichten nur vom Hörensagen, aber ich wollte definitiv nicht mit ihm tauschen. Ich war sogar ganz froh darüber, keine Geschwister zu haben, denn die Probleme meiner Freunde verwirrten mich oft. Ich verstand meistens nicht, warum sie sich über ihre Brüder oder Schwestern aufregten, denn ich hielt einen Großteil der Streitereien unter ihnen für absolut unsinnig. Aber gut, ich hatte keine Geschwister, also konnte ich nicht mal ansatzweise erahnen, was dann in meinen Freunden vorging. Es war nur manchmal echt ätzend, wenn es unter den Bothwells Stress gab, denn sie machten den Großteil unserer Clique aus.

»Spielt weiter«, sagte Kellan schließlich und kippte Whiskey in sein Glas.

Irgendwann hatten wir angefangen, jeder aus einer eigenen Flasche zu trinken, damit wir sie nicht ständig herumreichen mussten, und so konnte sich auch jeder mitbringen, was er mochte. Bei jedem meiner Freunde stand eine Flasche meiner Lieblingssorte, ebenso hatte ich welche ihrer bevorzugten Spirituosen im Haus. »Das nächste Mal sollten wir bei einem von euch spielen«, fuhr er nachdenklich fort.

»Frankie hasst es, wenn wir Zigarre rauchen«, meinte Cam. »Außerdem hat sie Low ständig bei sich, ich denke, dass du dann lieber in Belles Gesellschaft bist.«

Kellan verdrehte die Augen. »Vielleicht können wir meine Schwester einfach bei deiner Zukünftigen parken, wenn wir spielen wollen, dann hätte ich auch ein Problem weniger.«

»Du siehst ein Problem in deiner Schwester?«, hakte ich überrascht nach.

»Nicht in ihr, aber in ihrem plötzlichen Auftauchen. Das hat mich kalt erwischt.«

»Kann ich bestätigen«, sagte Tyler. »Ich dachte, er hätte einen Herzinfarkt, weil er plötzlich erstarrt ist.«

»Dafür ist er zu sportlich«, mischte Nate sich ein.

Wir waren noch in der Runde, weil Tyler, Nate und ich uns gegenseitig hoch pokerten, als sich die Sprechanlage meldete.

»Hoffentlich ist das Belles Pizza«, meinte Kellan, erhob sich und begab sich zur Gegensprechanlage.

»Ich gehe All-in«, sagte Nate schließlich.

Ich warf meine Karten auf den Tisch. »Passe.«

»Ich bin auch raus.«

»Danke.« Nate grinste, als er die Chips zu sich zog.

»Belle, deine Pizza!«, rief Kellan.

»Du wolltest sie mir bringen, immerhin hast du mich zu einem Leben als Rapunzel verurteilt!«, antwortete sie laut.

»Beweg deinen Arsch zur Treppe!«

Ich hob die Augenbrauen, während ich die Szenerie beobachtete.

»Ich komme ja schon!«, entgegnete sie, doch er ging die Stufen nach oben.

»Hier. Im Bett wird nicht gegessen«, meinte er.

»Verarschst du mich gerade? Da steht nichts anderes als ein Bett. Soll ich mich auf den Boden setzen?«

»Am besten isst du das fettige Ding im Bad«, erwiderte er.

»Wow … Keine Ahnung, was die letzten Jahre aus dir gemacht haben, aber ein Psychologe würde sicher gutes Geld mit dir verdienen«, sagte sie trocken, was nicht nur mich zum Lachen brachte.

»Du kannst dich ja gleich zu uns gesellen, Belle!«, rief Camden ihr zu.

»Das wird sie nicht!«, hielt Kellan dagegen. »Geh essen, Belle.«

»Gute Nacht, Leute!«, sagte sie laut, dann kam Kellan nach unten.

»Gute Nacht!«, antworteten wir durcheinander.

»Spielen wir weiter?«, fragte Kellan, als er sich wieder zu uns setzte.

»Aber sicher«, entgegnete Nate, nahm die Karten an sich und mischte den Stapel. Danach verteilte er sie und nachdem wir sie geordnet hatten, warfen wir unsere Einsätze in den Pot.

* * *

Belle

Ich war seit etwas mehr als einer Woche bei Kellan und hielt mich meistens in seinem Penthouse auf, da ich kein Geld mehr hatte. Ich suchte händeringend nach einem Job, aber ich wollte keine Anzeige schalten, in der ich meine Dienste als Personal Trainer anbot, denn damit hatte ich in Hollywood erschreckende Erfahrungen gemacht. Natürlich hatte ich schon Bewerbungen geschrieben und sie zu verschiedenen Fitnessstudios geschickt, aber bisher hatte ich nichts von ihnen gehört.

Es war Freitag und ich wollte ausgehen, aber mein Bruder würde mir sicher keine 50 Dollar leihen, mit denen ich zumindest eine Bar besuchen konnte oder so. Er war auch noch nicht zu Hause, aber er würde sicher bald kommen. Heute Morgen hatte ich mir eines seiner Hemden aus seinem begehbaren Kleiderschrank geholt, denn ich wollte nicht nur in Hotpants und Top herumrennen, nachdem ich Sport gemacht hatte – und ich hatte ihm ein Paar Tennissocken geklaut, da sein Penthouse mit Fliesen in Holzoptik gefliest war und ich es einfach lustig fand, mit den Socken über den Boden zu rutschen. Ich war froh, dass mein Bruder einen Fitnessraum hatte, so wurde ich nicht träge, außerdem benutzte er ihn selbst so gut wie gar nicht. Einmal hatten wir beide dort trainiert, aber er wollte meine Tipps nicht hören, als ich ihm sagte, dass er sich falsch bewegt. Sein Körper hatte es ihm mit Muskelkater gedankt, da er sich nicht einmal aufgewärmt hatte. Selbst schuld, denn er wollte ja nicht auf mich hören.

Ich stand auf und nahm meinen iPod an mich, mit dem ich nach unten ging. Kellan hatte eine Dockingstation in der Küche, auf die ich ihn stecken und Musik hören konnte. Und da ich sowieso Hunger hatte, konnte ich dabei auch ein wenig tanzen.

Kaum war ich in der Küche, steckte ich den iPod auf die Dockingstation und startete meine Gute-Laune-Playlist, zu der ich meistens putzte oder kochte. Vielleicht konnte ich Kellan ja ein wenig besänftigen, indem ich für ihn mit kochte. Das erste Lied ging los und ich sang mit Freddie Mercury mit. Ich liebte den Song, er hob meine Laune sofort und auch wenn er älter als ich war, konnte ich trotzdem dazu feiern.

Ich warf einen Blick in den Kühlschrank und holte Zucchini, Paprika und allen möglichen anderen Gemüsekram heraus. Ich würde eine Gemüsepfanne machen, allerdings holte ich auch die Steaks heraus, da ich wusste, dass mein Bruder Fleisch aß und es ohne kein Abendessen für ihn war.

Mit dem Schneiden kam ich schnell voran, sang dann noch mit den Rascal Flatts mit und warf das Gemüse in die Pfanne, das länger brauchte, um etwas weicher zu werden. »If you’re goin’ my way, I wanna drive it all night long«, sang ich gut gelaunt mit. Mit dem Holzkochlöffel trommelte ich ein wenig auf das Brettchen, auf dem ich alles geschnitten hatte, bewegte mich rhythmisch zur Musik und schloss die Augen. Verdammt, es war das erste Mal, seit ich hier war, dass ich wirklich großartige Laune hatte, aber ich wusste, sie würde einen Dämpfer bekommen, sobald Kellan nach Hause kam.

»O Gott«, stieß ich gut gelaunt aus, als die ersten Takte von Old Time Rock and Roll losgingen, und nahm Kellans Sonnenbrille von der Anrichte, die ich aufsetzte. Ich nahm Anlauf, rutschte mit den Socken seitlich über den Boden und tanzte Tom Cruise’ Tanzeinlage aus Risky Business nach, dabei benutzte ich den Kochlöffel als Mikrofon und sang aus tiefster Kehle mit.

Ich stand mit dem Rücken zum Wohnzimmer und tanzte an der Fensterfront entlang, denn Kellan würde mich umbringen, sollte ich auf seinem Tisch oder seiner Couch tanzen.

Ich wackelte mit dem Hintern, legte eine Drehung hin und erstarrte. »Oh!«, stieß ich etwas zu laut aus, als Kellan gemeinsam mit einem seiner Freunde im Wohnzimmer stand und beide mich mit gehobenen Augenbrauen ansahen, als wüssten sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollten. Scheiße, wann war mein Bruder denn so ein ernster Zeitgenosse geworden?

»Warum trägst du mein Hemd?«, fragte Kellan interessiert, statt mich zu grüßen, dann ging er an die Dockingstation und machte die Musik leiser.

Ich schaute ihn immer noch perplex an. »Weil du gut 100 Stück von den Dingern in deinem Schrank hast und ich dachte, dass es dich nicht stören würde, wenn ich mir eines leihe.«

Kellan hob eine Augenbraue.

»Ganz ehrlich? Mom hätte ihren Spaß daran, das Teil mal auszumisten. Du hast sogar noch Klamotten aus Highschoolzeiten da drin«, fuhr ich friedlich fort.

Mein Bruder schüttelte den Kopf und dann passierte es, er fing an zu lachen, weshalb ich meine Lippen ebenfalls zu einem Lächeln verzog. Mein Blick fiel auf seinen Kumpel, der seine Lippen zusammenpresste, aber dann grinste er ebenfalls.

»Also, ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich finde, deine Schwester hat den Tanz besser drauf als Tom Cruise.«

Kellan winkte ab, kam zu mir und nahm mir seine Sonnenbrille von der Nase. »Die habe ich gesucht.«

»Sie lag auf der Anrichte.« Ich räusperte mich, dann lief ich um die Kücheninsel herum und ging an den Herd, um durch die Gemüsepfanne zu rühren. »Ich mache übrigens gerade das Abendessen.«

»Überlebt man es, wenn man es isst?«, wollte er wissen.

Ich schaute ihn mit großen Augen an. »Ich stehe hier und bin gesund, oder?«

Kellan schnaubte amüsiert. »Schon, aber isst du selbst auch, was du kochst?«

»Arsch«, stieß ich aus und schaute wieder in die Pfanne. »Wer ist dein Freund?«

»Du kennst ihn«, erwiderte Kellan, als er zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank holte.

Ich gab das übrige Gemüse in die Pfanne, hob es unter und drehte mich dann um. »Tyler habe ich schon gesehen, also kannst du auch nicht Camden sein, weil die beiden Zwillinge sind …«, begann ich.

Kellans Kumpel hob eine Augenbraue und verdammt, der Kerl war heiß, auch wenn ich sonst nicht auf blonde Männer stand, aber er sah echt gut aus. »Ich bin Bastien und hätte dich auch nicht wiedererkannt«, meinte er und zwinkerte mir zu.

»Tja, auf der Straße wäre ich an dir vorbeigelaufen«, sagte ich grinsend, wandte mich wieder ab und gab Gemüsebrühe in die Pfanne.

»Dito«, erwiderte Bastien. »Danke.« Wahrscheinlich hatte Kellan ihm ein Bier in die Hand gedrückt.

Ich drehte mich noch einmal zu ihnen um. »Ist es okay, wenn ich die Steaks brate, oder wolltest du sie für wann anders aufheben?«

»Tu dir keinen Zwang an, Belle«, meinte Kellan und sah Bastien an. »Isst du mit? Dann muss ich mich nicht mit ihr unterhalten.«

Bastien schnaubte amüsiert, zudem schüttelte er den Kopf. »Und weil du dann nicht der Einzige bist, der daran stirbt?«

»Leute!«, schaltete ich mich gespielt entsetzt ein. »Ich kann kochen, keine Sorge. Bisher ist noch niemand gestorben, dem ich etwas gekocht habe.«

Kellans Handy klingelte, er holte es aus seiner Hosentasche und warf einen Blick darauf. »Da muss ich dran, ist die Firma.«

»Der Chef?«

»Nein, Owen, mein Stellvertreter«, antwortete mein Bruder. »Bin gleich wieder da.« Er ließ uns allein.

Bastien kam näher und nahm vor der Kücheninsel auf einem Hocker Platz. »Wie kommt’s, dass du zurück bist?«

Neben dem Herd lehnte ich mich gegen die Anrichte. »Bei mir hat sich einiges verändert, deshalb dachte ich, ich kehre zu meinen Wurzeln zurück. Nur wusste ich nicht, dass Kellan erst mal richtig fies sein würde.«

»Mhm, dein Bruder war und ist noch verletzt, weil du den Kontakt zu allen abgebrochen hast. Überleg mal, was er alles für dich getan hat, als ihr noch Kinder wart«, gab Bastien zu bedenken. »Und dann haust du sang- und klanglos zu einem Kerl ab, von dem Kellan sofort wusste, dass er dir kein Glück bringen würde.«

Ich schnaubte. »Er kannte Josh überhaupt nicht.«

»Mag sein, aber hat ihn sein Eindruck getäuscht oder nicht? Ich meine, du bist hier, aber ich sehe diesen Josh nicht. Offensichtlich hatte dein Bruder recht mit seiner Vermutung«, erwiderte Bastien gelassen.

Zungenschnalzend wandte ich mich ab und holte eine Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank. »Kellan wollte mich nicht meine eigenen Erfahrungen machen lassen und fing an, auf mich einzureden, dass ich einen großen Fehler mache. Ich war aber noch nie jemand, der sich irgendwas einreden ließ, was mein Bruder auch damals schon wusste.« Ich holte ein Glas aus dem Schrank über der Spüle und schenkte mir etwas Wasser ein, danach drehte ich mich wieder zu Bastien um. »Und die anderen haben mitgezogen, meine Geschwister, meine Eltern … Es reichte mir und ich bereue nur, dass ich auf ihrer Party wie eine Bombe hochgegangen bin«, erklärte ich und seufzte. »Ich weiß, dass er mich nicht hier haben will, aber ich sagte ihm schon, dass ich ausziehe, sobald ich einen Job und eine Wohnung gefunden habe.«

»Was machst du beruflich?«

»Ich bin Personal Trainerin und Ernährungsberaterin, aber ich kann’s mir nicht leisten, eine Praxis aufzumachen.« Das Geld fehlte mir wirklich, jenes, das ich noch hatte, war nun auch weg. Ich war davon abhängig, dass mein Bruder mich nicht verhungern ließ, aber ich wusste ja, dass sein Herz größer war, als er mich glauben machen wollte. Kellan mochte ein Arschloch sein, aber die Familie stand für ihn an erster Stelle – außer er hatte sich um 180 Grad gedreht, doch das konnte ich mir nicht vorstellen.

»Hast du schon Bewerbungen geschrieben?«

»Sicher, aber bis sich die Leute mal melden, gehen Wochen ins Land«, erwiderte ich, holte eine zweite Pfanne aus dem Schrank und stellte sie auf den Herd. »Isst du mit uns?«

»Wenn du mich so fragst, sage ich nicht nein«, antwortete Bastien.

»Wie isst du dein Steak?«

»Medium.«

»Alles klar und wie isst Kellan seins?«

»Ebenfalls Medium«, entgegnete Bastien. »Und wie isst du deines?«

»Gar nicht«, antwortete ich. »Ich mag keine Steaks, aber mir reicht die Gemüsepfanne.«

»Sicher?«

»Ja, ich esse nicht besonders oft Fleisch«, ließ ich ihn wissen.

»Warum nicht?«

»Muss man denn ständig Fleisch essen?«, hakte ich nach, nachdem ich die Platte für die Steaks eingeschaltet hatte. Ich holte das Butterschmalz aus dem Kühlschrank, gab etwas in die Pfanne und wartete darauf, dass es schmolz. Als es heiß war, legte ich die Steaks in die Eisenpfanne, sofort zischte es.

»Vielleicht solltest du die Dunstabzugshaube einschalten, sonst riecht gleich die ganze Wohnung nach dem Abendessen.«

»Gute Idee.« Ich hob den Blick und riss die Augen auf. »Okay, wow … Warum hat er so ein Hightechding?«

»Brauchst du Hilfe?«

»Wäre angebracht«, erwiderte ich.

Bastien kam zu mir und schaltete sie ein, ich sah genau zu, damit ich wusste, wie ich es allein hinbekommen würde.

»Danke.« Ich schaute ihn an und verzog meine Lippen zu einem Lächeln.

»Kein Ding.«

»Meine Fresse«, brummte Kellan, als er zurückkam.

»Was ist los?«, wandte Bastien sich an ihn.

»Stress in der Firma, aber ich konnte Owen erklären, wo der Fehler lag. Ich denke, jetzt habe ich Ruhe und kann ins Wochenende starten.« Mein Bruder schaute zu mir. »Hast du heute Abend schon was vor?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein, warum?«

»Wir gehen in die Bar eines Kumpels und du könntest dich zu den Frauen setzen«, mischte Bastien sich ein.

Meine Augenbrauen glitten in die Höhe. »Welche Frauen?«

»Zu Camdens Verlobter, Tylers Freundin und Low«, antwortete mein Bruder.

»Ich kenne sie doch gar nicht«, gab ich zu bedenken.

»Dann lernst du sie eben kennen«, hielt Kellan dagegen.

»Und ich bezahle meine Rechnung dann, indem ich singe?«, hakte ich nach.

Kellan betrachtete mich skeptisch. »Hast du kein Geld mehr?«

Daraufhin schüttelte ich den Kopf. »Nein, sonst wäre ich wohl nicht händeringend auf Jobsuche, oder?«

Kellan holte tief Luft.

»Aber ich finde schon was und bleibe heute Abend hier«, fuhr ich fort, als ich erkannte, dass er zu einer Tirade ansetzen wollte, die ich mir wiederum nicht anhören wollte.

»Hast du schon was von den Läden gehört, in denen du dich beworben hast?«

»Nein, aber du wirst das sicher kennen als Personalleiter … Bewerbungen werden gestapelt, bis man nicht mehr drüber gucken kann, und dann wird erst mal aussortiert«, antwortete ich.

»Was für einen Job suchst du?«, mischte Bastien sich ein.

»Na ja, wie ich schon sagte, als Personal Trainerin oder eben Fitnesstrainerin«, ließ ich ihn wissen.

»Eine unserer Trainerinnen hat gekündigt, also wenn du mir ein paar Referenzen gibst, bin ich mir sicher, dass ich dir den Job geben kann«, bot er an.

»Alter!«, stieß Kellan aus.

»Was ist?«, fragte Bastien irritiert. »Deine Schwester braucht einen Job, wir eine neue Trainerin im Hotel … Das erspart mir die Ausschreibung der Stelle und ihr die lange Suche«, fuhr er gelassen fort.

»Ich glaube, Kellan will, dass ich es allein schaffe, einen Job zu finden, statt mich auf die Angebote seiner Freunde zu stürzen«, grätschte ich dazwischen. »Und ich denke auch, dass das der bessere Weg ist, damit er sich nicht aufregt.«

»Gut, dass du und ich erwachsen sind und solche Entscheidungen ohne deinen Bruder treffen können«, hielt Bastien überzeugt dagegen. »Aber wie gesagt, ich brauche Referenzen. Hast du welche hier?« Er räusperte sich. »Außerdem kannst du es auch als Übergangslösung betrachten und damit wenigstens die Zeit überbrücken, bis du eine andere Anstellung gefunden hast.«

»Ich denke, das ist die bessere Idee«, sagte mein Bruder.

Ich nickte Kellan zu. »Ich auch.«

»Dann gib mir deine Unterlagen, ich sehe sie mir am Wochenende an und gebe dir kommende Woche Bescheid.«

Mein Blick fiel auf meinen Bruder. »Kann ich was an deinem Drucker kopieren?«

»Sag mir, was du kopiert haben willst, dann erledige ich das, du solltest die Steaks mal drehen.«

»Es hat Zeit bis nach dem Essen«, meinte Bastien.

»Danke«, wandte ich mich an ihn.

»Kein Thema«, erwiderte er.

»Setzen wir uns an den Tisch?«, fragte Kellan.

Ich kümmerte mich weiter ums Abendessen und hoffte, dass Kellan sich nicht über den Geschmack beschweren würde, denn ich hatte noch nie für jemanden aus meiner Familie gekocht. Und so, wie er derzeit auf mich zu sprechen war, wollte ich ihn nicht noch weiter verärgern.

»Wenn Bastien dir übergangsweise einen Job gibt, kann ich dir das Geld für später vorstrecken«, sagte mein Bruder.

Da ich mit dem Rücken zu ihnen stand, hob ich den Kopf und starrte verblüfft den Fliesenspiegel an.

»Belle?«

»Hm?«

»Soll ich dir für heute Abend Geld leihen?«, wiederholte mein Bruder.

»Nein danke, ich möchte dir nichts schuldig sein«, erwiderte ich. »Was ich streng genommen schon bin, weil ich bei dir wohnen darf.«

»Dann nicht«, sagte er gelassen und unterhielt sich wieder mit Bastien.

* * *

Bastien

Das Abendessen war der Hammer gewesen, obwohl ich kein Fan von Gemüsepfannen war, aber Belles Gericht war wirklich schmackhaft gewesen.

---ENDE DER LESEPROBE---