Dangerous Heroes (Sammelband 1) - Drucie Anne Taylor - E-Book

Dangerous Heroes (Sammelband 1) E-Book

Drucie Anne Taylor

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Beschreibung

Erlebe die Geschichten von Ivan und Samara, Vladimir und Galina sowie Alessia und Kyrill. Begleite die Familie Wolkow durch ihr turbulentes Leben, das von mächtigen Feinden bedroht wird. Doch sie wären nicht die Wolkows, wenn sie sich ihren Feinden nicht entgegenstellen würden.

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Dangerous Heroes

DARK WOLF - DARK BUTCHER - DARK PREDATOR

DANGEROUS HEROES SAMMELBAND

BUCH EINS

DRUCIE ANNE TAYLOR

Copyright © 2019 Drucie Anne Taylor

Korrektorat: S.B. Zimmer

Satz & Layout © Julia Dahl

Umschlaggestaltung © D-Design Cover Art

Auflage 01 / 2024

Alle Rechte, einschließlich das, des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Dies ist eine fiktive Geschichte, Ähnlichkeiten mit lebenden, oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Alle Markennamen, Firmen sowie Warenzeichen gehören den jeweiligen Copyrightinhabern.

Triggerwarnung

Liebe Leserin, lieber Leser,

Dieses Buch ist voller Brutalität, Schimpfwörter, Flüche und vielen weiteren Beschreibungen, die dich schockieren könnten. Wenn du einen rosaroten Liebesroman erwartest, der sich strikt an die Realität hält, wird dich dieses Buch enttäuschen. Diesmal habe ich bewusst Grenzen ausgelotet und überschritten. Dieses Buch ist reine Fiktion, nichts von dem, was darin geschieht, passiert wohl so im wahren Leben und wenn doch, dann in den Schatten, in die wir nicht blicken.

Wenn ihr derartige Darstellungen nicht lesen möchtet oder euch dabei unwohl fühlt, empfehle ich euch, dieses Buch nicht zu lesen, da es euch triggern könnte – und das ist das Letzte, was ich erreichen will.

Alle sexuellen Handlungen zwischen den Protagonisten sind einvernehmlich, dennoch gilt im wahren Leben »safer Sex« und nicht »rein da und ab dafür.«

Dieses Buch behandelt sensible Themen und könnte dich triggern, wenn du empfindlich auf Gewalt gegen Frauen reagierst!

Allen, die sich von meiner Warnung nicht beeindrucken lassen, wünsche ich viel Spaß mit dem ersten Sammelband der Dangerous Heroes.

Triggerpunkte: Gewalt gegen Frauen, sexuelle Gewalt, Folter, grafische Darstellung von Gewalt und Blut.

Inhalt

Dark Wolf

Prolog

1. Samara

2. Ivan

3. Samara

4. Ivan

5. Samara

6. Ivan

7. Samara

8. Ivan

9. Samara

10. Ivan

11. Samara

12. Ivan

13. Samara

14. Ivan

15. Samara

16. Ivan

17. Samara

18. Ivan

19. Vladimir

20. Samara

21. Vladimir

22. Ivan

23. Samara

24. Ivan

25. Samara

26. Ivan

27. Samara

28. Ivan

29. Samara

30. Ivan

31. Samara

32. Ivan

33. Samara

Epilog

Dark Butcher

Prolog

1. Vladimir

2. Galina

3. Vladimir

4. Samara

5. Ivan

6. Galina

7. Vladimir

8. Galina

9. Vladimir

10. Galina

11. Vladimir

12. Galina

13. Vladimir

14. Galina

15. Vladimir

16. Galina

17. Vladimir

18. Ivan

19. Galina

20. Ivan

21. Vladimir

22. Galina

23. Vladimir

24. Galina

25. Vladimir

Epilog

Dark Predator

Prolog

1. Alessia

2. Kyrill

3. Alessia

4. Kyrill

5. Galina

6. Alessia

7. Kyrill

8. Alessia

9. Kyrill

10. Alessia

11. Kyrill

12. Alessia

13. Kyrill

14. Alessia

15. Kyrill

16. Alessia

17. Kyrill

18. Alessia

19. Ivan

20. Kyrill

21. Alessia

22. Kyrill

23. Alessia

24. Kyrill

25. Alessia

26. Kyrill

27. Alessia

28. Galina

29. Vladimir

30. Kyrill

Epilog

Über die Autorin

Weitere Werke der Autorin

Rechtliches und Uninteressantes

Als Witwe eines berüchtigten russischen Mafiaprinzen genießt Samara Sorokina immer noch eine hohe Stellung bei dessen Männern und ihrem Schwiegervater. Allerdings lebt sie ein Leben in Einsamkeit, denn das ungeschriebene Gesetz lautet, dass sie sich nicht mehr verlieben darf, sondern ihr Dasein als Trauernde fristen muss. Aber was passiert, wenn ein neuer Mann in ihr Leben tritt und ihr gehörig den Kopf verdreht?

Ivan – der Wolf – Wolkow kommt nach L.A., um die Stellung seines verstorbenen Cousins einzunehmen. Nach zehn Jahren im russischen Gefängnis hält er nicht mehr viel von den Regeln seines Onkels. Als er Samara sieht, ist es sofort um ihn geschehen, doch weiß er genau, dass die Witwe tabu ist. Aber Tabus sind dafür da, gebrochen zu werden.

Zwischen Ivan und Samara entbrennt ein leidenschaftliches Feuer, das die beiden nicht löschen können. Und als sie ihrer Begierde endlich nachgeben, gerät die trauernde Prinzessin in Lebensgefahr.

Prolog

SAMARA

Das Leben war unfair.

Meines besonders.

Ich war niemand, der sich gern beschwerte, weinte, oder überhaupt Gefühle zeigte, wenn er nicht bei mir war, aber er war schon seit einer Weile nicht mehr bei mir. Heute offenbarte ich unfreiwillig, was in mir vorging.

Ich hatte ihn verloren.

Dimitri war tot, erschossen von einem Konkurrenten im Waffengeschäft. Das war, worum mein Mann sich kümmern musste, und wir wussten immer, dass es gefährlich ist. Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, dass er mir so früh genommen werden würde.

»Samara«, sagte Sergej – mein Schwiegervater – ernst, als er zu mir in den Wintergarten kam. Hierher zog ich mich zurück, wenn ich ungestört sein wollte. Und derzeit wollte ich immer allein sein.

Ich erhob mich von der Hollywoodschaukel, die Dimitri mir einst gekauft hatte. »Ja?«

»Die Wolkows sind da, um zu kondolieren«, ließ er mich wissen.

Ich atmete tief durch. »Bitte zwing mich nicht dazu. Ich ertrage die ganzen Beileidsbekundungen nicht mehr.«

Sein Blick wandelte sich und nahm strenge Züge an. »Du musst sie ertragen.«

Tränen traten in meine Augen. Heute konnte ich mich nicht beherrschen. Die Maske der stolzen Frau war zersplittert, als der Arzt im Krankenhaus mir die schreckliche Nachricht überbrachte, dass Dimitri tot war. Ich war dabei, als er niedergeschossen wurde, wir wurden überfallen und in der Klinik konnte man nur noch seinen Tod feststellen. »Sergej, bitte zwing mich nicht dazu.«

Er kam näher, mit seiner linken Hand umschloss er mein Gesicht. Fest drückte er mir seine Fingerspitzen in die Wangen. »Mein Sohn ist tot und auch ich nehme die Kondolenzwünsche entgegen. Du bist seine Witwe, also kommst du mit mir.« Sein Grollen ließ mein Herz rasen.

Ich nickte unfreiwillig. »Bitte gib mir nur einen Moment«, bat ich ihn kleinlaut, nachdem er mich freigegeben hatte.

»Fünf Minuten«, knurrte er, wandte sich ab und verließ den Wintergarten.

Weinend setzte ich mich zurück auf die Schaukel und wischte fahrig die Tränen von meinen Wangen. Danach setzte ich die Sonnenbrille auf, die mein Gesicht vor den neugierigen Blicken der Gäste verbarg. Der Clan durfte einen niemals für schwach halten. Man musste stark sein, Haltung bewahren und durfte niemals zeigen, wie zerbrechlich man wirklich war.

Samara

Ein Jahr war seit Dimitris Tod vergangen. Ich wohnte immer noch in der Villa meines Schwiegervaters, weil ich als Wdowa, als Witwe, einen besonderen Status hatte. Mein Mann war für die Sache gestorben und ich durfte mich nicht mehr verlieben. Seither trug ich schwarz, verbarg mein Gesicht hinter großen Sonnenbrillen und mein Haar unter Schleiern. Es war total übertrieben, dass ich mich niemandem mehr zeigen durfte, doch das war meine Welt geworden, als ich Ja zu ihm sagte.

Ich verließ selten die Suite, die ich in diesem Haus bewohnte. Auch wenn mich hier alles an meinen Mann erinnerte, der mir viel zu früh genommen worden war, aber es war – abgesehen von dem Gästehaus auf dem Grundstück – der einzige Ort, an dem ich mich ihm nah fühlte. Nur hier durfte ich die sein, die ich wirklich war. Zwar hatte ich mich an die schwarze Kleidung gewöhnt, aber nicht daran, mich vor jedem männlichen Wesen zu verbergen. Aber das waren nun einmal die Regeln, denen ich mich beugen musste. Nur die engsten Vertrauten durften mich ohne Schleier sehen, allerdings war das Haus ständig voller Fremder.

Es klopfte.

»Wer ist da?«, fragte ich laut und griff zu dem schwarzen Tuch, unter dem ich immer meine Haare verbarg.

»Ich bin es. Katerina«, antwortete meine Schwiegermutter.

»Komm herein.«

Die Tür öffnete sich, sie betrat die Suite. »Wie fühlst du dich, Rybka?«

Ich rang mir ein Lächeln ab, doch war ich mir sicher, dass es meine Augen nicht erreichte. »Mir geht's gut.«

»Sergejs Neffe ist vorhin angekommen. Du musst ihn begrüßen.«

Ich schluckte. »Welcher Neffe?«

»Ivan.«

»Wolkow?«, hakte ich überrascht nach. »Ich dachte, er sitzt in Sankt Petersburg im Gefängnis.«

Sie schüttelte den Kopf. »Er wurde entlassen. Sergej hat seine Kontakte spielen lassen und Ivan wurde begnadigt.«

»Muss ich sofort nach unten kommen?«

»Nein, heute Abend, bevor wir essen«, antwortete sie mit warmer Stimme. »Ich bin gekommen, um dir bei der Auswahl deines Kleides zu helfen.«

Ich seufzte schwer und schloss die Augen. »Kannst du mich nicht entschuldigen? Ich habe es satt, angestarrt zu werden, weil ich Dimitri verloren habe.«

»Liebes.« Sanft umfasste sie mein Gesicht, weshalb ich die Lider aufschlug. Tränen trübten meine Sicht, aber sie waren nicht der Trauer, sondern der Einsamkeit geschuldet, in der ich mich gefangen fühlte. Niemand, außer Sergej und Katerina, sprach mit mir. Alle bemitleideten mich und genau aus dem Grund zeigte ich mich kaum noch. Meistens trat ich nur bei Anlässen auf. Drei Geburtstage im Jahr und ein Todestag. Die Geburtstage von Dimitris Cousins oder seiner Cousine besuchte ich nicht. Ich hatte in diese Familie eingeheiratet, musste nach ihren Traditionen leben, aber ich tat mich schwer damit, sie zu akzeptieren. Ich war Amerikanerin und entsprang einer gänzlich anderen Kultur. Doch an dem Tag, an dem ich Dimitris Heiratsantrag annahm, musste ich bei ihm einziehen und die Regeln des Hauses befolgen. Freunde, die bei den Cops arbeiteten, durfte ich nicht mehr treffen, geschweige denn mit ihnen sprechen. Man befürchtete wohl, dass ich die Bratwa verraten könnte. »Ich weiß, dass du dich nicht zeigen willst, weil Sergej dich dazu zwingt, dich zu verschleiern, aber…«

»Es geht nicht um die Verschleierung, sondern darum, dass ich die Blicke nicht mehr ertrage. Ich halte das Mitleid und die Beileidsbekundungen nicht mehr aus.« Ich räusperte mich. »Dimitri ist tot und niemand lässt es mich verarbeiten, weil ich immer wieder damit konfrontiert werde, wenn man mir sagt, wie schrecklich es doch war, ihn zu verlieren.« Ich fing an zu weinen. »Ich weiß doch selbst, wie furchtbar es war und noch ist. Ich war mit ihm verheiratet, ich werde immer seine Frau sein, aber nun darf ich mich keinem Mann mehr zeigen.«

»Du hast die Regeln akzeptiert, als du seinen Heiratsantrag angenommen hast.« Sie streichelte meine Wangen. »Und nun musst du nach ihnen leben. Ich wünschte, ihr hättet ein langes und glückliches Leben miteinander gehabt, aber leider wurde er umgebracht.«

»Und nie wurde Vergeltung geübt«, sagte ich heiser, entzog ihr mein Gesicht und wischte meine Wangen trocken. »Ich werde pünktlich beim Abendessen erscheinen.«

»Ich sage Sergej Bescheid, dass du den Empfang auslässt, weil du dich nicht gut fühlst.«

»Danke, Katerina.«

»Gern, Liebes.« Sie küsste meine Stirn, erhob sich vom Sofa und ging zur Tür. »Bitte wähle diesmal ein klassisches Kleid, damit Sergej keinen Herzinfarkt bekommt.«

Ich nickte ihr zu. »Ich werde eines der Etuikleider tragen.«

»Und einen Bolero.«

Wieder zeigte ich ihr ein Nicken und seufzte schwer, nachdem sie meine Suite verlassen hatte.

* * *

Das Abendessen würde in einer Viertelstunde serviert werden. Ich fühlte mich schrecklich, aber ich konnte mich nicht davor drücken. Es würde meinen Schwiegervater beleidigen und ich wollte nicht schon wieder mit ihm streiten, denn er entschied jeden Disput für sich.

Ich trug ein nachtschwarzes Kleid in A-Linie, darüber einen Bolero, weil alle klassischen Etuikleider in der Reinigung waren. Wenn ich für den Rest meines Lebens schwarz tragen musste, sollte ich in den kommenden Tagen shoppen gehen, weil ich nur wenige schwarze Kleider hatte. Meine Garderobe bestand üblicherweise nicht aus Trauerkleidung, doch seit Dimitris Tod hatte es sich geändert. Nach dem aktuellen Stand der Dinge durfte ich nicht mehr glücklich sein oder farbenfrohe Kleidung tragen. Nein, ich musste die Trauer bis an mein Ende zur Schau stellen. Seufzend betrachtete ich mich im Spiegel. Mein Haar hatte ich zu einem Knoten gebunden, anschließend den leicht durchsichtigen Schleier drapiert und den Bolero übergezogen. Es machte mich fertig, mich verstecken zu müssen.

Schließlich machte ich mich auf den Weg nach unten. Schon in der Eingangshalle hörte ich ihre Stimmen, wie sie sich laut unterhielten, lachten und keine Rücksicht darauf nahmen, dass ich der russischen Sprache nicht mächtig war.

»Ah, Samara ist da.« Mein Schwiegervater schenkte mir ein warmes Lächeln, obwohl er das kaltherzigste Arschloch unter Gottes Sonne war.

»Guten Abend zusammen«, sagte ich leise.

»Komm her, meine Schöne.« Er streckte seine Hand nach mir aus.

Ich faltete die Hände vor meinem Bauch und näherte mich ihm. »Guten Abend, Sergej.«

»Samara, ich möchte dir meinen Neffen Ivan vorstellen.« Er tippte dem Mann mit dem schwarzen Haar, das mit Wachs in Form gebracht worden war, auf die Schulter. Er trug einen anthrazitfarbenen Anzug, der ihm wohl auf den Leib geschneidert worden war.

Ivan drehte sich zu uns um und sah mich an, er stockte. »Dyadya?«

»Ivan, das ist Dimitris Witwe Samara. Samara, mein Neffe Ivan Wolkow.«

»Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mister Wolkow«, grüßte ich ihn und nickte ihm zu.

»Es freut mich auch, Samara«, erwiderte er mit seiner tiefen Stimme. Der Bass brachte meinen Körper zum Vibrieren.

»Ivan hat Sankt Petersburg erst vor Kurzem verlassen und wird nun Dimitris Platz als mein Erbe einnehmen«, erklärte Sergej freudestrahlend.

Ich nickte abermals, da ich nicht wusste, worüber ich mit ihnen sprechen sollte. Im nächsten Moment wurde ich schon wieder ausgeschlossen, weil sie ins Russische wechselten.

»Ich werde euch Samara entführen«, schaltete meine Schwiegermutter sich ein und hakte sich bei mir ein. »Komm, Liebes, wir gehen schon mal ins Esszimmer.«

»In Ordnung.« Ich ließ mich von ihr dorthin führen und nahm Platz, als sie es mir anbot.

»Möchtest du ein Glas Wein?«

»Nein, aber danke«, antwortete ich und senkte den Blick auf das Gedeck vor mir. Das Geschirr war aufwändig verziert, handbemalt, und hatte einen Goldrand. Für meinen Geschmack war es viel zu kitschig, aber das ganze Haus strahlte Pomp aus. Die Decken waren mit Stuck und Blattgold verziert, die Wände mit Gemälden vergangener Epochen geschmückt. Hier stank alles nach Geld, das ich nie hatte, bevor ich Dimitri traf. Noch heute fragte ich mich, was er an mir gefunden hatte, beantwortet hatte er die Frage auch mehr als einmal, jedoch nie zu meiner Zufriedenheit. »Ich kann das nicht mehr«, wisperte ich, ohne den Blick zu heben.

»Ich weiß, dass es schwer für dich ist«, begann sie. »Aber es sind nun mal die Regeln des Clans.«

»Ich habe sie akzeptiert und befolge sie, alles andere ist zweitrangig«, entgegnete ich niedergeschlagen. »Aber das Schwerste ist immer noch, Dimitri loszulassen.«

»Er war ein wundervoller junger Mann.«

Das war er, bis zu dem Tag, an dem ich sein wahres Gesicht kennenlernte. Mein Mann war immer unheimlich charmant, aber dann wurde ich in einer Bar belästigt, die wir gemeinsam besucht hatten, und er hatte diesen Kerl nach draußen gebeten, ihn mit meinen Worten konfrontiert und schließlich krankenhausreif geschlagen. Mit einem leichten Kopfschütteln verwarf ich die Gedanken. »Ja, er war großartig«, stimmte ich ihr letztendlich zu.

Mein Schwiegervater, Ivan und einige andere Männer betraten das Esszimmer, weshalb Katerina und ich uns erhoben. Sergej setzte sich an den Kopf der Tafel und bat Ivan neben sich – ich schluckte, als ich sah, dass er sich auf dem Stuhl meines Ehemanns niederlassen wollte. »Setzen wir uns«, sagte Sergej laut.

Sie setzten sich, erst danach nahmen auch Katerina und ich Platz.

Die Hausangestellten brachten das Abendessen auf den Tisch, doch hatte ich keine Augen dafür. Es gab Dorsch und ich aß keinen Fisch.

Der Lautstärkepegel schwoll an, während die Männer gut gelaunt miteinander sprachen, als würde ein Familienfest stattfinden.

»Samara?«

Ich hob den Blick und sah meinen Schwiegervater fragend an. »Ja?«

»Warum isst du nicht?«

»Ich … esse doch keinen Fisch.«

Er verengte seine Augen ein wenig. »Es gibt auch Beilagen.«

»Und ich bin nicht hungrig«, entgegnete ich ruhig.

Er biss die Zähne zusammen. »Iss.«

»Ich bin wirklich nicht hungrig, Sergej«, wiederholte ich vorsichtig.

Mein Schwiegervater umschloss sein Besteck so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Er hasste es, wenn ich ihm widersprach, aber er durfte mir nichts tun. Nicht nur für mich galten Regeln, auch für ihn.

»Wenn sie nicht hungrig ist, solltest du sie nicht zwingen, Dyadya«, mischte Ivan sich ein.

Sergej knurrte und widmete sich wieder seinem Essen. »Undankbares suka.« Er hatte mich tatsächlich Miststück genannt!

Ich schnaubte. »Entschuldigt mich bitte.« Anschließend erhob ich mich und verließ das Esszimmer.

»Samara, komm zurück!«, rief Sergej.

»Ich erledige das«, sagte jemand anderes laut, ein Stuhl scharrte über den Boden und dann folgten Schritte.

Ich verschwand in den Garten, schloss die Augen und atmete tief durch.

»Es ist unklug, meinen Onkel zu reizen.«

Überrascht drehte ich mich um. Ich dachte, ich hätte meinen Verfolger abgehängt. »Ihr Onkel hat sich ebenso an Regeln zu halten wie ich.«

»Allerdings darf er sie unter Umständen beugen oder brechen.«

»So wie Sie die Regeln gebrochen haben, um an ein Paar schwedische Gardinen zu kommen?«

Ivan hob eine Augenbraue. »Wie bitte?«

»Sie haben mich schon verstanden«, erwiderte ich und wandte mich ab.

Er ergriff mein Handgelenk und zog mich zurück. »Dimitri sagte damals, dass du Feuer hast, aber mit so viel Temperament habe ich nicht gerechnet.«

Ich entwand mich seinem Griff. »Fassen Sie mich nie wieder an!«

»Hör zu: Komm mit ins Haus und setz dich wieder an den Tisch, alternativ geh auf dein Zimmer und tu so, als würde es dir beschissen gehen. Aber wenn Sergej dich im Garten sieht, wird er toben. Ich bezweifle, dass du das willst«, erklärte er mit starkem russischen Akzent.

»Warum ist der Garten ein Problem?«

»Katerina sagte, dass es dir nicht gut geht, deshalb sollte er die kleine Lüge glauben, nicht wahr?«

Wieder schnaubte ich. »Es ist mir vollkommen egal, was ihr ihm erzählt. Ich … Vergessen Sie's.« Ich wollte weiter in den Garten gehen, doch er holte zu mir auf und stellte sich mir in den Weg.

Ivan funkelte mich aus nachtblauen Augen an. »Du solltest besser ins Haus gehen.«

»Und wenn nicht?«

»Bringe ich dich ins Haus und ich nehme keine Rücksicht auf den Schleier. Du weißt, dass nicht ich, sondern du den Ärger bekommst, wenn er von deinem Haar rutscht.«

»Gehen Sie mir aus dem Weg!«

Er schüttelte den Kopf.

»Herrgott.« Ich wollte ihn umrunden, doch er packte mich und hob mich auf seine Schulter. »Lassen Sie mich runter!«

»Ich bringe dich ins Haus.« Ivan ließ sich nicht davon beeindrucken, dass ich auf ihn einschlug und strampelte. »Komm schon, Kleine, du musst dir etwas mehr Mühe geben, wenn du mir wehtun willst.«

»Wenn Sie mich nicht sofort runterlassen, werde ich Sergej sagen, dass Sie mich begrapscht haben!«, herrschte ich Ivan an, doch er lachte bloß.

»Versuch's, dann sehen wir, wem er glauben wird.«

Es machte mich rasend vor Wut, dass er sich so aufspielte. Nicht einmal Dimitri hatte es gewagt, mich auf diese Weise bloßzustellen. Nicht einmal dann, wenn wir uns gestritten hatten.

Ivan brachte mich in die erste Etage. »Wo ist deine Suite?«

Ich knurrte aufgebracht, aber antwortete ihm nicht.

Daraufhin schlug er mir fest auf den Hintern, womit er mir ein Wimmern entlockte. »Sag es mir, Samara!«

»Dritte Tür linke Seite«, brummte ich.

»Warum nicht gleich so?«

Ich strafte seine Frage mit Nichtachtung.

Ivan betrat meine Suite und stellte mich wenig später vor dem Sofa ab. Stur starrte ich seine trainierte Brust an. Er legte zwei Finger unter mein Kinn und drückte es hoch, sodass ich gezwungen war, ihn anzusehen. »Lass diese Spielchen, wenn du nicht willst, dass man dir wehtut.« Seine unergründlichen, dunkelblauen Augen wirkten wie die Tiefen des Ozeans.

Ich zuckte zusammen, als er den Schleier von meinem Haar zog. »Das dürfen Sie nicht.«

»Ich bin ein Vertrauter der Familie«, raunte er.

Wütend entzog ich ihm das Tuch. »Jedoch nicht mein Vertrauter. Jetzt gehen Sie!«

Er lachte überheblich. Dieser Mistkerl machte mich wahnsinnig wütend. »Warum sollte ich?«

»Glauben Sie mir, ich weiß genug über Sie und diese Familie, um Sie alle lebenslänglich in den Knast zu bringen. Also sollten Sie sich nicht mit mir anlegen«, drohte ich leise.

Ivans Hand schoss vor und umklammerte meinen Hals. »Willst du mir drohen?«

»Ja.«

»Das solltest du lassen, es könnte dir schaden.« Langsam erhöhte er den Druck um meine Kehle. »Die letzte Person, die mir gedroht hat, war der Grund dafür, dass ich jahrelang im Gefängnis saß. Lass es lieber, wenn du noch ein wenig länger atmen willst.« Ivan drückte noch etwas fester zu. »Haben wir uns verstanden?«

»Ja«, krächzte ich.

Er gab mich frei, doch ich holte aus und ohrfeigte ihn.

»Raus hier!«

»Werd nicht frech, Kleine.«

»Gehen Sie endlich!«, schrie ich ihn an.

Ivan amüsierte sich über mich, als er sich zur Tür begab. »Ich denke, es wird dich freuen, zu hören, dass ich für deinen Schutz eingeteilt wurde.«

»Das ist ja wohl ein schlechter Scherz«, stieß ich aus und ließ mich auf die Couch fallen.

»Schlaf gut, Samara«, sagte er, zwinkerte mir zu und schloss die Tür hinter sich.

Ivan

Kaum hatte sie vor mir gestanden, wusste ich, warum Dimitri ihr verfallen war. Diese Frau hatte verdammt viel Temperament und das gefiel mir. Allerdings hatte ich nicht die Erlaubnis, ihr so nahe zu kommen wie vorhin. Sie war die Witwe meines Cousins und damit tabu. Niemand durfte sie anfassen, am besten sah man sie nicht einmal an. Und was tat ich? Ich trug sie ins Haus, bedrohte sie und am liebsten hätte ich sie auf ihrem Wohnzimmertisch gefickt, weil ihr Feuer meinen Schwanz hart werden ließ.

»Was war los?«, fragte mein Onkel, als ich mich wieder neben ihn setzte.

»Sie fühlt sich nicht gut.«

»Warum nicht?«

»Bald ist sein Todestag, möglicherweise ist das der Grund für ihr Unwohlsein«, sagte ich gelassen. Es war keine direkte Lüge, denn zumindest stimmte, dass Dimitris erster Sternengeburtstag nahte. Ich würde Samara noch in diese Geschichte einweihen, damit sie sich nicht verplapperte.

»Deshalb darf sie sich nicht daneben benehmen.« Er räusperte sich. »Ich werde nachher mit ihr sprechen.«

»Sie hat sich schlafen gelegt«, ließ ich ihn wissen. »Und ich sagte ihr, dass sie sich daneben benommen hat, damit sie einsieht, dass dieses Verhalten unerwünscht ist.«

Er schnaubte. »Sie hat mich beleidigt.«

»Sie wird sich entschuldigen. Allerdings solltest du es ihr auch nachsehen. Katerina sagte mir, dass sie seit einem Jahr kaum aus ihrer Suite kommt, und immer noch um ihn trauert. Samara macht einen einsamen Eindruck auf mich.«

»Wie kommst du darauf?«

»Spricht sie Russisch?«

Er schüttelte den Kopf.

»Und wir sprechen es alle. Wir unterhalten uns auf Russisch. Sie fühlt sich ausgeschlossen, obwohl sie ein Teil von uns ist.«

»Er hat sie geheiratet und in die Familie gebracht, das heißt aber nicht, dass sie dazugehört.«

»Warum kümmerst du dich dann um sie?«, wollte ich wissen und betrachtete ihn aufmerksam.

»Aufgrund der Regeln. Ich muss mich ebenso daran halten wie alle anderen, sonst verliere ich das Gesicht. Und wegen einer Amerikanerin werde ich dieses Risiko nicht eingehen«, antwortete er. »Samara ist mir nicht wichtig, aber Dimitri hat sie geliebt.«

Meine Augenbraue glitt in die Höhe, skeptisch betrachtete ich meinen Onkel. »Ist das wirklich der einzige Grund?«

Sergej schüttelte den Kopf. »Katinka liebt sie wie eine eigene Tochter. Seit Nastjas Tod ist Samara ihr Ersatz.«

Ich verdrehte die Augen. »Frauen, hm?«

Diesmal nickte mein Onkel, er wirkte unzufrieden. »Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte Dimitri sie nicht geheiratet. Ich meine, er hatte so viele Affären mit russischen Frauen, aber an diese Amerikanerin wollte er sich binden.«

»Weiß sie davon?«

»Nein und sie darf es niemals erfahren«, meinte er und lehnte sich mit dem Wodka in der Hand zurück. Er richtete seine hellgrünen Augen auf mich. »Warum interessierst du dich für sie?«

»Du hast mich zu ihrem Schutz abgestellt, sofern ich keine anderen Aufträge erhalte. Deshalb möchte ich erfahren, wer sie ist«, erklärte ich, als ich mich ebenfalls zurücklehnte. »Ich muss doch wissen, mit wem ich es zu tun habe.«

»Das stimmt.« Er nahm einen Schluck seines Wodkas. »Ich werde dir später ihre Akte geben.«

»Du hast eine Akte über deine Schwiegertochter angelegt?«, fragte ich ungläubig

Er nickte knapp. »Über Nastjas Verlobten hatte ich auch eine, aber der Idiot hat sich ja mit meiner Tochter in die Luft sprengen lassen.«

»Wie ist das passiert?«

»Die Tschechen. Pavel legte sich mit den Falschen an und die beiden bezahlten mit ihren Leben dafür.«

Ich bemitleidete ihn. Seine Kinder waren gestorben. Meine Cousine wegen ihres Mannes und der tschechischen, mein Cousin wegen der italienischen Mafia, die uns unseren Platz in der Stadt streitig machen wollten. Sergej konnte sein Gebiet bisher verteidigen, jedoch war die Frage, wie lange er es noch halten konnte, wenn immer mehr Leute der Bruderschaft starben. Mein Vater hielt in Moskau die Stellung, mein Bruder in Sankt Petersburg und ich sollte hier an Dimitris Stelle treten, um Sergejs Nachfolger zu werden und die Staaten zu regieren. So war ich wenigstens nicht mehr der Zweitgeborene, der die Drecksarbeit erledigen musste, sondern würde das hiesige Syndikat bald führen. Dann würden die byki für mich arbeiten und mir die Füße küssen, wenn ich es wollte.

»Nun gut, die beiden sind tot, Dimitri ebenfalls, deshalb wirst du meine Nachfolge antreten, wenn es so weit ist.«

»Darauf trinke ich«, sagte ich und hob mein Glas.

»Za nashu udàtschu, Ivan.«

»Za nashu udàtschu, Dyadya«, erwiderte ich und stieß mit ihm an. Auf unseren Erfolg. Ja, darauf trank ich wirklich.

* * *

Ich hatte definitiv zu viel Wodka getrunken, als sich mein Onkel ins Bett verabschiedete. Normalerweise trank ich das Zeug nicht und war einem guten Whisky eher zugeneigt, aber die Familie bevorzugte dieses Getränk. Noch immer saß ich in seinem Büro und ging Samaras Akte durch.

Name: Samara Hopkins

Spitzname: Sam, Mara

Geburtstag: 23.06.1994

Augenfarbe: Grün

Hobbys: Lesen, Klavierspielen, Tanzen, Backen, Kochen

Familie: Heathcliff und Annabeth Hopkins, beide 1999 bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Keine Geschwister.

Werdegang: Wuchs nach dem Unfall ihrer Eltern im Waisenhaus auf, keine Familienangehörigen mehr. Hat nicht studiert. Hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und arbeitete in einer Bar, als Dimitri sie kennenlernte.

Soziales Leben: Freunde bei der Polizei – Kontakt unverzüglich unterbinden.

Risiko: Möglicher Spitzel der Cops, hohe Gefahrenstufe, dringend überwachen, bis das Gegenteil bewiesen ist.

Sie war eine Waise. Und dann hatte sie auch noch ihren Mann verloren. Ich musste zugeben, dass sie mir leidtat. Niemand hatte es verdient, seine Eltern zu verlieren und dann auch noch in ein Waisenhaus abgeschoben zu werden. Diese Frau hatte nichts und niemanden mehr. Mein Onkel duldete sie bloß in seinem Haus, um nicht gegen die Regeln zu verstoßen. Würde er es tun, würde die Familie sofort dafür sorgen, dass er abdankte. Dennoch sollte ich die Kleine im Auge behalten, damit ihr nicht rein zufällig etwas geschah. Denn Sergej hatte mehr als einmal angedeutet, dass sie ihm ein Dorn im Auge war. Er ließ sie bloß bleiben, weil Katinka, wie er meine Tante nannte, sie in ihr Herz geschlossen hatte, nachdem Nastja vor Jahren gestorben war.

Kopfschüttelnd klappte ich die Akte zu und machte mich auf den Weg nach oben. Meine Suite lag gegenüber von Samaras. Als ich vor ihrer Tür stand, dachte ich einen Moment nach, ob ich zu ihr gehen sollte. Kopfschüttelnd brachte ich den Ordner in meine Räume. Danach ging ich noch einmal auf den Flur. Er war verlassen. Ich atmete tief durch, anschließend betrat ich Samaras kleine Festung der Einsamkeit.

Im Wohnzimmer brannte gedimmtes Licht. Ich ließ den Blick schweifen, doch Samara war nicht hier. Dann lauschte ich. Die Dusche lief. Obwohl ich wusste, dass sie einen Wutanfall bekommen würde, wenn sie mich hier sah, setzte ich mich aufs Sofa, legte den Knöchel auf meinen Oberschenkel und lehnte mich zurück.

Wenig später ging das Wasser aus, es dauerte nicht lang, bis ich hörte, wie sich eine Tür öffnete. Sie sang leise, möglicherweise war sie entspannt oder sie wollte sich ablenken.

Ich machte mich darauf gefasst, dass sie mich gleich rauswerfen würde.

»Was machen Sie denn hier?«, fragte sie überfordert.

Ich schaute zu ihr, was ich besser nicht getan hätte. Sie trug nur ein Handtuch, ihr Haar war nass und kein Make-up maskierte sie mehr. Samara wirkte müde. »Ich wollte nach dir sehen.«

»Warum?«

»Weil ich mehr über dich erfahren habe und wissen möchte, wie es dir geht«, erwiderte ich, als ich mich erhob. »Also, wie fühlst du dich?«

»Ich bin müde.« Sie blickte zur Tür. »Es wäre mir lieber, wenn Sie jetzt gehen.«

Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin zu deinem Schutz da und muss meinen Schützling kennenlernen.«

Samara seufzte. »Hören Sie: Ich kann Sie nicht leiden und ich werde mit meinem Schwiegervater sprechen, dass Sie anderweitig eingesetzt werden, weil ich keinen Schutz benötige. Ich verlasse weder das Haus, noch habe ich vor, es in nächster Zeit zu tun.« Danach wandte sie sich von mir ab.

Ich machte einen Schritt auf sie zu. »Ich weiß nicht, warum du etwas gegen mich hast.«

Sie drehte sich wieder zu mir um. »Die Art und Weise, wie ich von Ihnen auf meine Suite gebracht wurde, hat mich bloßgestellt.«

»Niemand hat es gesehen.«

»Ivan, lassen Sie mich bitte allein. Ich bin müde und möchte ins Bett.«

Ich machte einen weiteren Schritt auf sie zu. »Ich will dir nichts Böses, sondern dich kennenlernen, Samara.«

»Fragen Sie Ihren Onkel, er wird Ihnen alles Wissenswerte über mich mitteilen, aber das Wichtigste ist wohl, dass ich Dimitris Witwe bin. Dementsprechend möchte ich meine Ruhe haben, respektieren Sie das.« Sie zeigte zur Tür. »Jetzt gehen Sie bitte, Ivan. Ich bin hundemüde und nicht geneigt, mich noch länger mit Ihnen zu streiten.«

»Ich weiß, dass du vor Dimitri niemanden hattest, der auf dich aufgepasst hat.«

»Dann hat Sergej Sie ja wirklich bestens informiert.« Sie wandte sich ab und verließ das Wohnzimmer.

Ich folgte ihr. »Nein, er hat mir nur gesagt, wo Dimitri und du euch kennengelernt habt und dass du früh deine Eltern verloren hast.«

»Sehr schön.«

Schließlich betrat ich das Schlafzimmer und sah mich ungeniert um.

Samara drehte sich um und zuckte zusammen, weil ich direkt vor ihr stand. »Warum tun Sie das?«

»Wie ich schon sagte, ich muss dich kennenlernen, um dich schützen zu können.«

Sie senkte ihren Blick, doch ich legte meine Finger unter ihr Kinn und drückte es wieder hoch, damit sie mir in die Augen sah. »Gehen Sie bitte.«

Ich schüttelte den Kopf. »Verrate mir nur ein Detail über dich.«

Seufzend trat sie einen Schritt nach hinten. »Meine Eltern starben, als ich noch ein Kind war. Sie hatten einen Autounfall und sind in dem Wrack verbrannt.« Gänsehaut überlief ihre Arme, hektisch rieb sie ihre Haut.

Sanft streichelte ich ihr Kinn, dann zog ich mich zurück. »Schlaf gut, Samara.«

Sie hielt ihr Handtuch verkrampft fest und nickte mir zu, bevor ich mich von ihr abwandte, um ihre Suite zu verlassen. Ein Detail hatte sie nun bestätigt, ich war gespannt, welches ich als Nächstes erfahren würde. Ich betrat meine Räume, lockerte die Krawatte und nahm auf der Couch Platz. »Herrgott, was für eine Frau.« Ich rieb über meinen harten Schwanz und knurrte. Dass ich sie nicht haben konnte, machte mich wahnsinnig. »Ich brauche dringend eine kalte Dusche«, sagte ich in die Stille, erhob mich und verschwand ins Bad. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob es gegen meine Erregung helfen würde.

Kaum befand ich mich unter dem kalten Wasserstrahl, legte ich die Hand um meinen Ständer. Langsam bewegte ich die Faust auf und ab, während ich mich mit meiner Linken an den Fliesen abstützte. Es half nichts, ich begehrte diese Frau zu sehr. Aus dem Grund schloss ich die Augen, stellte mir vor, wie Samara sich stöhnend unter mir wand und endlich wuchs die Erregung. Ich massierte meinen Schwanz fester, mit einem leichten Stöhnen ergoss ich mich in meine geschlossene Faust, ließ ihn los und wusch meine Hände. Danach stützte ich mich mit beiden Händen an den kühlen Fliesen ab. Ich ließ mehr kaltes Wasser auf mich niederregnen und atmete tief durch. Es mir selbst zu besorgen war nicht annähernd so gut, wie eine Frau zu ficken.

Nach einer Weile verließ ich die Duschkabine, trocknete mich ab und wickelte das Handtuch um meine Hüften. Ich atmete tief durch, als ich vor den Spiegel trat, um mich zu rasieren. Ich hatte es seit ein paar Tagen vernachlässigt und einen Vollbart wollte ich mir nicht stehen lassen.

Es kam mir so vor, als würde mich ein vollkommen anderer Mann ansehen. Im Knast hatte ich einen Vollbart getragen, weil es mich nervte, mich unter Aufsicht zu rasieren. Ich cremte mein Gesicht ein, anschließend ging ich ins Schlafzimmer. Ich ließ mich der Länge nach aufs Bett fallen und schloss die Augen, in der Hoffnung, nicht an die Zeit im russischen Gefängnis erinnert zu werden.

Samara

Am Morgen nahm ich das Frühstück in meiner Suite ein, um Ivan kein weiteres Mal zu begegnen. Ich wollte diesem Mann aus dem Weg gehen, denn ich wusste, dass wir früher oder später wieder aneinandergeraten würden. Es war besser, wenn wir uns nicht gegenübertraten, damit ich Sergej nicht verärgerte. Ich wusste, dass ich ihm ein Dorn im Auge war. Er hatte mich nie akzeptiert und Dimitri sogar vor meinen Augen Vorwürfe gemacht, warum er keine Russin geheiratet hatte.

Ich verwarf die Erinnerung und stach den Löffel in das Fruchtfleisch der halbierten Grapefruit. Nachdenklich aß ich sie und hoffte, dass man mich heute in Ruhe lassen würde. Sergej interessierte es selten, ob ich beim Frühstück oder Abendessen zugegen war. Bloß bei Anlässen musste ich anwesend sein.

Als es klopfte, zuckte ich zusammen. »Ja?«

Die Tür öffnete sich und niemand Geringeres als Ivan betrat mein Wohnzimmer.

Ich erhob mich von meinem Stuhl und sah ihn fragend an. »Was möchten Sie?«

»Dich zum Frühstück begleiten.«

»Nicht nötig, ich frühstücke hier.«

Eine seiner kantigen, schwarzen Augenbrauen glitt in die Höhe. »Du solltest mit uns frühstücken.«

»Um mir wieder russische Unterhaltungen anzuhören? Ich spreche die Sprache nicht und jeder in diesem Haus ist so unhöflich, sie ständig zu benutzen, wenn ich in der Nähe bin. Ich weiß, welche Geschäfte ihr macht, denn ich war mit einem von euch verheiratet. Mein Mann ist wegen eurer Machenschaften tot!«, herrschte ich ihn an. »Und jetzt verschwinden Sie endlich!«

Ivan sah mich skeptisch an. »Darum geht's hier also, du fühlst dich ausgeschlossen.«

»Verschwinden Sie, Ivan, sonst schreie ich das ganze Haus zusammen!«, drohte ich aufgebracht.

Er lachte bloß und das aus tiefster Kehle. »Tu dir keinen Zwang an.«

»Sie werden zurechtgewiesen, wenn ich meinem Schwiegervater sage, dass Sie mich bedrängen.«

Langsam kam er näher und wirkte dabei wie ein Raubtier, das auf Beutezug war. Ivans Blick verfinsterte sich mit jedem Schritt mehr, den er auf mich zukam. »Du willst mir drohen?«

Instinktiv wich ich zurück, dabei warf ich einen Blick auf den Tisch, um eine Waffe zu entdecken, mit der ich mich notfalls gegen ihn verteidigen könnte.

»Du solltest mir nicht drohen«, raunte er, als er mich plötzlich an den Schultern packte und mit dem Rücken gegen die Wand zwischen den beiden Fenstern schob. »Das könnte dir nicht bekommen.«

Ich erstarrte zur Salzsäule. Mit großen Augen starrte ich Ivan an. »Lassen Sie mich los.«

Seine linke Hand fixierte mich an der Mauer, seine rechte streichelte meine Wange. »So jung, so hübsch und so verdammt dumm.« Er schnalzte mit der Zunge. Er umfasste meine Wangen, sodass meine Lippen ein unfreiwilliges O bildeten. »Wenn du nicht tabu wärst, würde ich dir Manieren beibringen.«

Sein Raunen ging mir durch Mark und Bein, es sorgte sogar dafür, dass mein Körper auf ihn reagierte. Heiße Erregung durchströmte meine Adern, obwohl er äußerst bedrohlich auf mich wirkte.

»Und du solltest deinen kleinen süßen Arsch nach unten schaffen, um mit deinen Schwiegereltern und mir zu frühstücken. Heute sind keine Fremden dabei, was heißt, dass du dich nicht verschleiern musst.«

»Lassen Sie mich los«, bat ich ihn zitternd.

Ivan schüttelte den Kopf. »Sei freundlich, verstanden? Ich will, dass du höflich und zuvorkommend bist, statt diese verbitterte Witwe, die du gerade zur Schau trägst.«

Ich stieß entsetzt die Luft aus.

»Haben wir uns verstanden?«

»Klar und deutlich«, entgegnete ich eingeschüchtert.

»Brav«, meinte er und gab mich frei. »In einer Viertelstunde will ich dich im Esszimmer sehen.«

Ich schluckte und nickte ihm zu, obwohl ich fest entschlossen war, seine Anweisung nicht zu befolgen.

Ivan machte zwei Schritte nach hinten. »In einer Viertelstunde, denk dran, sonst komme ich dich holen, Samara.«

»In Ordnung«, sagte ich leise und er verließ meine Suite. Als er endlich weg war, sank ich gegen die Wand und schloss die Augen. »So ein kranker Irrer«, stieß ich schwer atmend aus. Schließlich kämpfte ich mich auf die Beine und ging ins Schlafzimmer. Das war einer der wenigen Räume, die ich abschließen durfte. Wenn ich mich hier einschließen würde, hätte ich vielleicht meine Ruhe vor ihm. Aber ich wollte nicht feige sein. Ich lief zurück ins Wohnzimmer, setzte mich an den Esstisch und griff nach meiner Kaffeetasse, allerdings zitterte meine Hand so sehr, dass ich das heiße Getränk verschüttete. »Verdammt.« Ich stellte die Tasse ab und atmete tief durch. Meine Gefühle gingen mit mir durch und ich fing an zu weinen. Ich weinte um Dimitri und darum, dass ich ihn für immer verloren hatte.

Die Zeit verging und das Zittern ließ nicht nach, es verschlimmerte sich sogar, als es diesmal klopfte. Ich reagierte nicht, sondern wischte die Tränen von meinen Wangen.

Die Tür öffnete sich und am Klang der schweren Schritte erkannte ich, dass es Ivan war.

»Bitte lassen Sie mich in Ruhe«, bat ich ihn leise und wandte den Blick ab.

»Was ist los?«

»Bitte, Ivan, ich würde … ich brauche …«

Die Schritte verstummten und ich spürte seine Hand auf meiner Schulter. »Was ist los, Samara? Warum zitterst du?«

Ich entzog mich ihm, stand auf und drehte mich zu ihm um. »Herrgott, lassen Sie mich endlich allein!«

Er sah mich überrascht an. »Warum weinst du?«

»Gehen Sie!«, verlangte ich hysterisch.

Ivan machte einen Schritt auf mich zu.

»Was ist hier los?«

Wir schauten beide zur Tür. Katerina stand dort und sah uns beide irritiert an. »Ivan, warum zum Teufel bist du hier drin?«

»Um nach Samara zu sehen, Työtya«, erwiderte er.

»Ist alles in Ordnung, Liebes?«

Hektisch schüttelte ich den Kopf, umrundete Ivan und zog mich ins Schlafzimmer zurück. Die Tür knallte ich hinter mir zu, verriegelte sie sogar, um endlich Ruhe vor ihm zu haben, auch wenn es meinen Schwiegervater verärgern würde.

Es klopfte wieder. »Samara, Liebes, bitte sprich mit mir«, vernahm ich die leise Stimme meiner Schwiegermutter.

»Bitte, lasst mich einfach alle in Ruhe!«, weinte ich und ließ mich am Türblatt hinabsinken. Ich zog die Beine an und legte den Kopf auf meine Knie. »Ich kann nicht mehr.«

»Liebes, bitte zeig dich. Ich mache mir Sorgen um dich!«, versuchte sie es weiter.

»Geh!«, schrie ich aus tiefster Kehle. »Und nimm diesen unsäglichen Kerl mit!« Das Herz schlug mir bis zum Hals und ich bekam kaum Luft, aber ich konnte mich ihnen nicht stellen. Insbesondere nicht ihm. Ivan machte mir Angst, obwohl er mich auch erregte.

»Was hast du nur mit ihr gemacht?«, hörte ich sie aufgebracht fragen.

»Ich bat sie lediglich, das Frühstück mit uns einzunehmen«, antwortete er ruhig, dann klopfte es wieder. »Samara, bitte kommen Sie raus, wir machen uns Sorgen.«

»Lasst mich endlich allein«, flehte ich sie an.

»Liebes, wir gehen. Melde dich, wenn du etwas brauchst«, vernahm ich meine Schwiegermutter. Sie klang aufrichtig besorgt, aber ich konnte diesem Mann nicht gegenübertreten. Er hatte dieses Wrack aus mir gemacht. Ivan hatte all meine unterdrückten Gefühle ans Tageslicht geholt. Und seine Anwesenheit erinnerte mich unweigerlich daran, dass Dimitri ersetzt worden war.

Einfach so.

Als hätte er nie existiert.

Im Haus befanden sich keine Fotos mehr von ihm, bloß jene, die ich in unserer Suite aufgestellt hatte. Seit seinem Tod hatte ich sein Kopfkissen nicht mehr neu bezogen. Ich sprühte es sogar regelmäßig mit seinem Parfüm ein, um das Gefühl zu haben, dass er noch neben mir lag. Es machte mich fertig, dass man ihn mir entrissen hatte.

»Liebes?«

»In Ordnung«, weinte ich und erhob mich mühsam. Ich wartete, bis ihre Schritte verklungen waren, dann ging ich zum Bett. Schwerfällig ließ ich mich darauf fallen, zog Dimitris Kissen in meine Arme und schloss die Augen. »Du fehlst mir so sehr«, schluchzte ich und inhalierte den Duft seines Parfüms. Der Geruch würde niemals seine Wärme ersetzen, aber er konnte mich immer für eine kurze Weile trösten.

* * *

Langsam tröpfelte das Bewusstsein zurück in meinen Geist und ich öffnete blinzelnd die Augen. Es war dunkel und ich hatte den ganzen Tag verschlafen. Sicher würde das Abendessen bald serviert werden, aber mir stand nicht der Sinn danach, mich zu meiner angeheirateten Familie zu gesellen. Katerina hatte Sergej bestimmt darauf hingewiesen, dass ich ein Nervenbündel war, weshalb er duldete, dass ich nicht teilnahm. Oder mich würde die Hölle erwarten, sobald ich das Schlafzimmer verließ.

Ich ließ Dimitris Kissen los, dann drehte ich mich auf die andere Seite und erstarrte.

»Wie schön, du bist wach«, sagte er ruhig.

Sofort beschleunigte sich mein Herzschlag, ebenso meine Atmung. Ich rutschte von ihm weg und verließ über Dimitris Seite das Bett.

»Ich will dir nichts tun«, fuhr er fort und bewegte sich nicht vom Fleck. »Wirklich nicht.«

»W-w-wie…«

»Ich habe das Schloss geknackt.«

Ich stolperte zur Tür.

»Samara, ich werde dir nichts tun. Du musst keine Angst haben.«

Unruhig lief ich aus dem Schlafzimmer und wollte genauso aus meiner Suite, doch an der Tür holte Ivan mich ein. Ich schloss die Augen, als er seine Hand auf meine Schulter legte. Die Tränen, die in ihnen standen, wollte ich nicht weinen.

»Ganz ruhig.«

»Bitte«, flüsterte ich und konnte mein Zittern nicht unter Kontrolle bringen.

»Was ist nur los mit dir?«

»Sie machen mir Angst.«

Sofort zog er seine Hand zurück. »Das war nicht meine Absicht. Ich wollte dich einschüchtern, aber nicht völlig aus der Bahn werfen.« Ivan räusperte sich. »Bitte dreh dich um.«

»Stehen Sie noch hinter mir?«

Seine schweren Schritte ertönten und ich fühlte seine Wärme nicht mehr in meinem Rücken. »Jetzt nicht mehr.«

Langsam drehte ich mich um, jedoch hielt ich den Blick gesenkt.

»Sieh mich an.«

Ich schüttelte schniefend den Kopf. »Lassen Sie mich bitte allein, Ivan.«

»Ich möchte reden.«

»Aber worüber?«

»Über Dimitri. Ich sehe, dass du immer noch unter seinem Verlust leidest, vermutlich hast du seinen Tod nie verarbeitet.«

»Wie sollte ich das auch? Er wurde von einem Moment auf den anderen aus dem Leben gerissen, während ich neben ihm im Auto saß.« Ich zog die Nase hoch. »Hätte er sich nicht auf mich geworfen, wäre ich tot.« Gänsehaut kroch über meinen Körper und ließ mich erschaudern. »Es ist meine Schuld, dass er tot ist.«

Ivan schüttelte den Kopf. »Niemand, außer dem Schützen, trägt die Schuld.« Er kam einen Schritt auf mich zu, aber ich drückte mich mit dem Rücken gegen die Tür.

»Er hätte sich nicht auf mich werfen dürfen«, sagte ich leise und senkte den Blick.

»Das hätte jeder von uns getan, um dich zu beschützen. Dimitri wollte nicht, dass dir etwas geschieht.«

Ich holte tief Luft. »Warum sind Sie wieder zu mir gekommen, Ivan?«

»Um nach dir zu sehen und das Abendessen wird bald serviert. Möchtest du hier oder mit Sergej, Katerina und mir essen?«

»Sind Gäste im Haus?«

Er schüttelte den Kopf. »Nein, nur wir vier und die byki. Sergej sagte, dass du dich nicht verschleiern musst.«

Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und seufzte leise, verzweifelt. »Ich werde mir das Gesicht waschen und etwas Anderes anziehen.«

»Nicht unbedingt Jeans und Shirt, sondern etwas Edleres, damit er sich nicht aufregt.«

Widerwillig nickte ich ihm zu. »Wollen Sie sich setzen? Dann kann ich ins Schlafzimmer gehen.«

»In Ordnung.« Ivan ging zur Couch und nahm darauf Platz.

Nun konnte ich ohne Angst an ihm vorbei, um mich im Schlafzimmer umzuziehen. Allerdings führte mein Weg mich zuerst ins Bad. Ich erschreckte mich vor meiner Reflexion, die mich aus müden, geschwollenen Augen ansah. »Gott, wie furchtbar«, murmelte ich, griff zum Waschlappen und wusch mein Gesicht, danach cremte ich es ein und trug ein wenig Make-up auf.

Meine Haare kämmte ich und drehte sie wie immer zu einem Dutt ein, dann drapierte ich den Schleier darüber und steckte ihn mit ein paar Haarnadeln fest.

Als ich damit fertig war, begab ich mich ins Schlafzimmer. Ich zog ein schwarzes Etuikleid an, schlüpfte in halterlose Strümpfe und letztlich in meine Pumps. Unzufrieden, weil ich keine andere Farbe mehr tragen durfte, ging ich ins Wohnzimmer. »Ich bin so weit.«

Ivan sah zu mir. »Wunderbar.« Anschließend erhob er sich und kam auf mich zu, jedoch stolperte ich diesmal nicht zurück. »Wollen wir?« Er bot mir seinen Arm an.

»Gehen Sie vor«, sagte ich leise und folgte ihm aus der Suite. Ich zog die Tür hinter mir zu, dann faltete ich die Hände vor meinem Bauch.

»Weiß mein Onkel, wie sehr du unter Dimitris Verlust leidest?«, erkundigte er sich, als wir auf dem Weg nach unten waren.

»Ihn interessiert nichts, was mich betrifft«, entgegnete ich leise.

»Warum trägst du den Schleier?«

»Provisorisch, falls jemand ins Esszimmer kommt, der nicht zur Familie gehört.« Meine Stimme klang heiser, aber das war normal, wenn ich zuvor geweint hatte.

»Findest du das nicht daneben?«

»Nein.« Ich schaute zu ihm hoch. »Warum duzen Sie mich?«

»Weil ich es kann«, entgegnete er mit starkem russischen Akzent. Gestern und heute früh war er mir gar nicht aufgefallen, aber jetzt hörte ich ihn deutlich. Womöglich hatte ich mich daran gewöhnt, kein akzentfreies Englisch mehr zu hören.

»Das ist keine besonders befriedigende Antwort«, seufzte ich, bevor wir das Esszimmer betraten.

»Guten Abend, Dyadya«, grüßte er Sergej und schenkte ihm und Katerina ein freundliches Lächeln.

»Guten Abend, Ivan, Samara«, erwiderte mein Schwiegervater und deutete auf den Esstisch. »Setzt euch.«

Ivan begleitete mich zu meinem Platz und zog mir den Stuhl zurück.

»Danke«, wandte ich mich leise an ihn, nahm Platz und sah auf den Teller vor mir.

»Samara?«

Ich hob den Blick, um Sergej anzusehen. »Ja?« Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und er drohte, mich langsam zu ersticken.

»Wie fühlst du dich?«

»Gut, danke«, log ich, denn ich fühlte mich furchtbar. Es waren nur noch 72 Stunden bis Dimitris Todestag und ich wusste, dass das Haus dann voller Menschen sein würde. Sergej und Katerina hatten Freunde eingeladen, um diesen Tag mit ihnen zu verbringen. Auch die Familie würde aus Russland anreisen, was für mich hieß, dass ich wohl den ganzen Abend kein Wort verstehen würde.

Sergej legte den Kopf schief und betrachtete mich eingehend. »Du siehst nicht gut aus.«

»Danke, das möchte man hören«, nuschelte ich, doch für ihn rang ich mir ein müdes Lächeln ab.

Ivan schnaubte neben mir. Sein Duft hüllte mich ein, als wäre er ein gottverdammter Umhang, und er benebelte meine Sinne. Warum war ich so anfällig dafür?

»Wie bitte?«

»Ich sagte, dass das sicher daran liegt, dass ich mich heute Morgen so schwach gefühlt habe«, antwortete ich lauter, damit er nicht noch einmal nachhakte.

Ivan

»Geht es dir nun besser?«, wandte sich mein Onkel noch einmal an Samara, die neben mir saß.

Sie nickte, statt noch einmal die Stimme zu erheben.

Als das Abendessen aufgetragen wurde, legte sie die Serviette auf ihren Schoß. Ich bekam all das nur im Augenwinkel mit, weil ich sie vor meiner Tante und meinem Onkel nicht zu offensichtlich betrachten durfte. Wenn sie den Verdacht schöpften, dass ich an ihrer verwitweten Schwiegertochter interessiert sein könnte, würde ich niemals Dimitris Platz einnehmen und somit Sergejs Erbe antreten. Ich war der ungekrönte Prinz, während neben mir die verwitwete Bratwa-Prinzessin saß.

Es gab Fisch, von dem ich wusste, dass Samara ihn nicht gern aß, aber ich hoffte, dass sie heute keine Szene machen würde.

»Hast du heute Morgen mit ihr gesprochen?«, wandte Sergej sich auf Russisch an mich.

Ich sah zu ihm, dann nickte ich.

»Worüber?«

»Ich sprach davon, ihr Manieren beizubringen, wenn sie sich weiterhin respektlos verhalten würde«, erwiderte ich in meiner Muttersprache. Englisch lag mir nicht, ich konnte die Sprache nicht ausstehen, aber Samara gegenüber musste ich sie sprechen, damit sie mich verstand.

Sie seufzte neben mir, als Katerina anfing, sich an unserem Gespräch zu beteiligen. Ihre Finger umklammerten das Besteck fester, während sie auf ihren Teller starrte.

»Ist alles in Ordnung?«, wandte ich mich an Samara.

»Ja, danke«, entgegnete sie gefasst.

Ich beteiligte mich wieder an der Unterhaltung mit Sergej und Katerina.

»Wann wird dein Vater herkommen?«, erkundigte sich meine Tante.

»Er wird an Dimitris Todestag kommen. Vorher schafft er es leider nicht«, erwiderte ich und begann zu essen.

»Und Vladimir?«

»Er wird Vater begleiten«, ließ ich sie wissen. »Und er wird Melania mitbringen.«

»Warum hat er uns das nicht mitgeteilt?«, hakte Sergej nach.

»Ich weiß es nicht, aber ich kann ihn gerade schlecht fragen.«

Sergej schnaubte. »Ruf ihn an.«

»Gleich nach dem Abendessen«, versprach ich ihm und räusperte mich. »Vielleicht sollten wir aus Respekt vor Samara Englisch sprechen, man merkt, dass es ihr unangenehm ist, bei uns zu sitzen.«

Mein Onkel beäugte erst mich skeptisch, dann sie. »Du bist so still, Samara«, griff er nun ihre Muttersprache auf.

Sie blickte zu ihm. »Wie soll ich mich an einer Unterhaltung beteiligen, aus der ich aufgrund der Sprachbarriere ausgeschlossen werde?« In ihrem Blick konnte ich keine Feindseligkeit erkennen, nur aufrichtiges Interesse.

Diesmal gab Sergej einen amüsierten Laut von sich. »Lern die Sprache, immerhin hatte mein Sohn dich auch darum gebeten.«

»Hm«, machte sie und richtete ihr Augenmerk erneut auf ihren Teller.

»Du verhältst dich respektlos, Samara«, ermahnte er sie.

»Nein, es ist respektlos, eine fremde Sprache zu sprechen, wenn jemand anwesend ist, der dieser nicht mächtig ist, Schwiegerpapa«, hielt sie dagegen, ohne ihn anzusehen.

»Bitte, ihr zwei, hört auf, euch zu streiten«, mischte Katerina sich ein. »Das kann ja kein Mensch mitanhören, nicht wahr, Ivan?«

»Samara hat recht. Wir waren unhöflich, nicht sie.«

Die drei sahen mich überrascht an.

»Ich meine, sie beherrscht die russische Sprache nicht, wir sollten Englisch sprechen, wenn sie anwesend ist«, erklärte ich gelassen. »Oder möchtet ihr, dass man euch nachsagt, dass ihr eure Schwiegertochter schlecht behandelt?«, erkundigte ich mich nun auf Russisch.

Die beiden schüttelten die Köpfe.

Wir führten unser Gespräch auf Englisch fort, doch Samara beteiligte sich wieder nicht. Stattdessen aß sie schweigsam und richtete ihren Blick auf das einzige Gemälde Dimitris, das ihr gegenüber an der Wand hing. Es war alt und zeigte ihn gemeinsam mit Nastja, Katerina und Sergej. So ein Porträt hing auch im Haus meiner Eltern, bloß hatten Vladimir, Alessia, Mutter, Vater und ich Modell gestanden.

Schließlich wurde sie fertig und tupfte mit der Serviette ihren Mund ab. »Sergej, bist du einverstanden, dass ich mich entferne? Ich würde gern etwas frische Luft schnappen und im Garten spazieren gehen«, fragte Samara freundlich.

»Geh nur«, antwortete er, bevor einen Schluck Wein trank.

»Vielen Dank.« Sie erhob sich, ich tat es ihr gleich, um nicht unhöflich zu sein.

»Gute Nacht zusammen«, verabschiedete sie sich und verließ das Esszimmer.

Ich setzte mich wieder. Es kotzte mich an, dass ich sie immer nur kurz zu Gesicht bekam. In ihrer Suite hatte sie sich noch vor mir gefürchtet, in der letzten halben Stunde hatte es nicht danach ausgesehen. Aber nun war sie wieder unerreichbar.

* * *

Ich wollte gerade in den Garten hinausgehen, als Samara mir entgegenkam. Sie hielt inne, als sie mich sah, dann senkte sie den Blick und machte Anstalten, an mir vorbeizugehen. »Würdest du mich in den Garten begleiten?«

Sie schaute zu mir hoch. »Warum?«

»Du könntest ihn mir zeigen.«

»Ich brauche eine Jacke. Es ist kalt geworden«, erwiderte sie. »Ich werde nach oben gehen und eine Strickjacke holen.«

»Nicht nötig.« Ich zog mein Jackett aus und reichte es ihr, doch ihr Blick fiel auf das Holster, das ich trug und in dem meine Waffe steckte.

Samara schluckte. »Ich denke, ich gehe ins Bett.« Sie gab mir meine Anzugjacke zurück.

»Was ist los?«

»Sie sind bewaffnet. Unter diesen Umständen möchte ich Sie nicht begleiten.«

»Und wenn ich die Pistole ablege?«, fragte ich ruhig, um sie nicht zu erschrecken.

Eine ihrer perfekt gezupften Augenbrauen glitt in die Höhe. Samara sah mich verwundert an. »Würden Sie?«

»Ungern, aber ja.«

Ihre Miene hellte sich ein wenig auf und ein kleines unscheinbares Lächeln umspielte ihre vollen Lippen. Diese Frau war eine Schönheit. »Dann würde ich Sie begleiten.«

»Samara, duz mich bitte. Wir gehören zu einer Familie«, sagte ich, als ich das Holster abnahm.

»Das möchte ich nicht.«

»Warum nicht?« Ich betrachtete sie, als ich den Pistolengurt auf den Beistelltisch neben der Terrassentür legte.

Samara holte tief Luft. »Weil ich Sie nicht kenne, Ivan, und ich spreche Sie nur nicht mit Ihrem Nachnamen an, weil ich ihn mir nicht merken konnte.«

»Wie nennt man mich?«

»Ivan«, antwortete sie mit gehobener Augenbraue.

Ich schüttelte den Kopf und verkniff mir das Grinsen. »Ich sprach von meinem Spitznamen.«

»Der Wolf«, erwiderte sie.

»Und?«

Samara zuckte mit den Schultern. »Ich denke, ich bleibe bei Ivan.« Danach deutete sie in den Garten. »Gehen wir?«

»Gern.« Das Jackett legte ich über meinen Unterarm. Ich wollte warten, bis sie mich darum bat, es ihr zu geben, wenn sie es überhaupt tun würde. Samara kam mir nicht so vor, als würde sie gern um Hilfe bitten, geschweige denn um irgendwas, außer sie in Frieden zu lassen. »Hast du einen Lieblingsplatz im Garten?«

»Ja, den habe ich.«

»Wo ist er?«

Sie schaute zu mir hoch und im Licht der Gartenlaternen wirkte sie wie ein Engel. »Diesen Ort möchte ich Ihnen lieber nicht zeigen.«

Ich musterte sie mit einer gehobenen Augenbraue. »Warum nicht?«

»Sie würden mich dort aufsuchen und das möchte ich nicht.«

Ich schnaubte amüsiert. »Ich denke, ich würde dich dort nicht belästigen.«

Sie seufzte. »Aber in meiner Suite?«

»Ich finde nicht, dass ich dich dort belästigt habe«, erwiderte ich nachdenklich, während wir über den Kies liefen.

»Doch, das haben Sie.«

»Ich wollte dich kennenlernen, um zu erfahren, wer die Frau ist, von der mein Cousin immer geschwärmt hat.«

Samara senkte den Blick und atmete tief durch. »Ich dachte, Sie waren im Gefängnis.«

»In Gefängnissen gibt es Telefone, außerdem kam Dimitri mich öfter besuchen.«

»Haben Sie sich gut mit ihm verstanden?« Ihre Stimmlage hatte sich verändert. Sie schniefte leise und rieb ihre Unterarme.

»Ist dir kalt?«

»Ein wenig.«

Ich nahm mein Jackett und legte es ihr über die Schultern. »Dimitri und ich haben uns sehr gut verstanden. Er war wie ein Bruder für mich.«

»Dann fehlt er Ihnen auch, nicht wahr?«

»Sehr sogar«, antwortete ich aufrichtig. »Er wurde uns viel zu früh genommen.«

»Und nun nehmen Sie seinen Platz ein.«

Ich nickte, was hätte ich sonst tun sollen?

»Warum?«, fragte Samara weiter.

Mein Blick fiel auf sie. Sie reichte mir gerade einmal bis an die Brust. »Wusstest du, in welche Welt es dich verschlägt, bevor du ihn geheiratet hast?«

»Nein, er hat es mir erst kurz vor unserer Hochzeit gesagt.« Sie räusperte sich. »Ich hatte eine Ahnung, dass seine Familie … anders ist, aber ich habe nicht mit dieser Welt gerechnet.«

»Warum bist du nicht weggelaufen?«, fragte ich interessiert. Ich musste ihre Beweggründe kennen.

»Ich habe ihn geliebt. Ich habe ihn wirklich aus tiefstem Herzen geliebt und es war mir egal, dass er in diese … Machenschaften verstrickt war.« Sie schnalzte mit der Zunge. »Dimitri sagte immer, dass ich sein Anker sei, der ihn im Licht hält. Nur ich sei in der Lage, seinen Abstieg in die Hölle zu verhindern.« Samara zog das Jackett zu, das ich ihr um die Schultern gelegt hatte. »Ich wusste nie genau, womit er und seine Familie zu tun hat, bis mir jemand eine Waffe an den Kopf hielt, als wir allein einen Spaziergang machten.«

»Was ist dann passiert?«

»Dimitri hat diesen Mann so schnell entwaffnet und erschossen, dass ich … ich … O Gott, ich will mich nicht daran erinnern«, stieß sie aus.

»Danach hast du es erfahren?«, wollte ich wissen.

»Richtig. Ich war schockiert und er hatte mich hierher gebracht. Nachdem sich der erste Schreck gelegt hatte, wollte ich wissen, warum er das getan hat.«

»Weil er dich beschützen wollte.«

»Er sagte, dass dieser Mann zu einem tschechischen Clan gehörte, mit dem er und sein Vater Probleme hatten. Ich wollte wissen, welcher Art sie waren und ließ nicht locker.« Sie räusperte sich wieder. »Und erst, als ich ihm drohte, mich von ihm zu trennen, sagte er mir die Wahrheit.«

»Und du bist bei ihm geblieben«, stellte ich fest.

»Ich hatte nur ihn«, sagte sie leise. »Ich habe keine Familie, pflegte nur oberflächliche Freundschaften und dann trat Dimitri in mein Leben.«

»Wo hast du ihn kennengelernt?«

»In der Bar, in der ich damals gearbeitet habe.«

»Du hast wirklich als Barkeeperin gearbeitet?« Ich war davon ausgegangen, dass diese Information in ihrer Akte fehlerhaft war, weil sie nicht wie jemand wirkte, der in einer Bar arbeitete.

»Ja, ich habe dort gut verdient und brauchte das Geld.«

»Und wie hast du Dimitri kennengelernt?«

»Er hat damals einen bestimmten Wodka bei mir bestellt, den wir nicht geführt haben.« Sie verzog ihre Lippen zu einem Lächeln. »Mein Boss kannte ihn und seine Freunde, deshalb drückte er mir Geld in die Hand und schickte mich zum nächsten Spirituosengeschäft. Ich weigerte mich, für zwei Flaschen Wodka quer durch die Stadt zu fahren, was Dimitri nicht besonders amüsant fand. Er ärgerte ihn, dann sprach er mich an und bat mich, loszufahren, aber ich weigerte mich weiter.«

»Was ist dann passiert?«, hakte ich nach, denn es interessierte mich wirklich, wie sie meinen Cousin kennengelernt hatte.

»Er versuchte, mich zu überreden, aber ich blieb eisern. Nachdem ich Feierabend hatte, fing er mich vor der Bar ab und fragte, warum ich nicht einfach den Wodka geholt hätte und ob ich nicht wüsste, wer er sei.«

»Du wusstest es nicht, hm?«

»Na ja, ich sagte ihm, dass er ein Gast wie jeder andere sei und er sich nicht so aufspielen soll. Danach habe ich mich auf den Heimweg gemacht.« Sie sah zu mir hoch. »Am nächsten Abend war er wieder, das Spiel wiederholte sich, bis ich nach zwei Wochen nachgegeben und diesen Wodka mitgebracht habe.«

»Und dann?«

Samara lachte leise. »Er kam nicht und ließ sich zwei Monate nicht sehen.«

»Wo habt ihr euch wieder getroffen?«

Samara setzte sich auf die Steinbank, die an der Gabelung des Kieswegs stand, und sah zu mir hoch. »Wieder in der Bar. Er kam morgens vorbei und wollte noch ein Glas trinken, aber ich war dabei, die Kasse abzurechnen. Er sah allerdings etwas mitgenommen aus und ich habe ihm ein Glas dieses Wodkas gegeben. Ich weiß nicht einmal mehr, welche Marke es war.«

»Vermutlich ein Belvedere, den hat er immer gern getrunken.«

»Ja, ich glaube, der war es.« Sie schenkte mir ein Lächeln. Es war das erste Mal, dass es nur mir galt.

Ich nahm neben ihr Platz. »Er hat sehr viel von dir geschwärmt.«

»Hat er das?«

»In diesen zwei Monaten war er in Sankt Petersburg. Er half meinem Vater, weil ich verhindert war, und er kam mich im Gefängnis besuchen.«

»Und weiter?«, war es nun an ihr zu fragen.

»Dimitri wirkte verändert und ich fragte ihn, was los ist, da erzählte er mir von einer temperamentvollen Kellnerin mit rotblondem Haar, die ihm den Kopf verdreht hat.«

Samara gab einen amüsierten Laut von sich. »Nach diesem Morgen habe ich ihn schon am Abend wiedergesehen. Er blieb bis zum Ende meiner Schicht, danach sind wir frühstücken gegangen und eines führte zum anderen.«

»Ihr habt euch verliebt«, stellte ich fest.

»Ja.«

Ob ich ihr sagen sollte, dass Dimitri allerhand Affären hatte, während die beiden schon liiert waren? Nein, ich wollte ihr nicht die Illusion ihres liebenden Ehemanns nehmen. Sie war für ihn bloß ein Mittel zum Zweck. Der Grund dafür, dass Sergej und Katerina nicht mehr nachfragten, wann er endlich eine respektable russische Frau heiraten würde. Das hatte er mir selbst gesagt, aber ich wollte es ihr nicht vor Augen führen. Sie sollte ihn so in Erinnerung behalten, wie sie ihn kannte, die Wahrheit würde sie zerstören. »Eine schöne Geschichte.«

»Hm, es geht so.« Samara seufzte traurig. »Ich wünschte, sie wäre noch nicht beendet.«

»Vielleicht war er bloß der Prolog deines Liebeslebens.«

Sie schnaubte. »Nein, er war der Prolog, der Hauptteil und der Epilog, denn ich darf mich ja nicht … Ich darf niemanden mehr treffen.«

»Würdest du jemanden treffen wollen?«

Samaras Kopfschütteln war wenig überzeugend.

»Versuch's mit der Wahrheit, Samara«, sagte ich leise.

Daraufhin sah sie mich irritiert an. »Mein Mann ist erst seit einem knappen Jahr tot und ich trauere noch um ihn. Ich möchte weder jetzt, noch irgendwann einen anderen Mann treffen, um mich neu zu verlieben.« Ihre Stimme hingegen klang unglaublich ruhig. Möglicherweise war das die Ruhe vor dem Sturm, den ich in ihren Augen toben sah.

»Aber die Regeln gefallen dir nicht.«