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Als Witwe eines berüchtigten russischen Mafiaprinzen genießt Samara Sorokina immer noch eine hohe Stellung bei dessen Männern und ihrem Schwiegervater. Allerdings lebt sie ein Leben in Einsamkeit, denn das ungeschriebene Gesetz lautet, dass sie sich nicht mehr verlieben darf, sondern ihr Dasein als Trauernde fristen muss. Aber was passiert, wenn ein neuer Mann in ihr Leben tritt und ihr gehörig den Kopf verdreht? Ivan - der Wolf - Wolkow kommt nach L.A., um die Stellung seines verstorbenen Cousins einzunehmen. Nach zehn Jahren im russischen Gefängnis hält er nicht mehr viel von den Regeln seines Onkels. Als er Samara sieht, ist es sofort um ihn geschehen, doch weiß er genau, dass die Witwe tabu ist. Aber Tabus sind dafür da, gebrochen zu werden. Zwischen Ivan und Samara entbrennt ein leidenschaftliches Feuer, das die beiden nicht löschen können. Und als sie ihrer Begierde endlich nachgeben, gerät die trauernde Prinzessin in Lebensgefahr. *** Die Dangerous Heroes Serie Jedes Buch ist in sich abgeschlossen, jedoch tauchen die Charaktere in den nachfolgenden Büchern wieder auf. Man kann jederzeit in die Serie einsteigen, ohne die vorherigen Geschichten zu kennen.
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DANGEROUS HEROES
BUCH EINS
Copyright © 2019 Drucie Anne Taylor
Korrektorat: S.B. Zimmer
Satz & Layout © Julia Dahl
Umschlaggestaltung © D-Design Cover Art
Angelwing Verlag / Paul Dahl
6 Rue Saint Joseph
57720 Obergailbach
Frankreich
Auflage: 01/2023
Alle Rechte, einschließlich das, des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Dies ist eine fiktive Geschichte, Ähnlichkeiten mit lebenden, oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Alle Markennamen, Firmen sowie Warenzeichen gehören den jeweiligen Copyrightinhabern.
Als Witwe eines berüchtigten russischen Mafiaprinzen genießt Samara Sorokina immer noch eine hohe Stellung bei dessen Männern und ihrem Schwiegervater. Allerdings lebt sie ein Leben in Einsamkeit, denn das ungeschriebene Gesetz lautet, dass sie sich nicht mehr verlieben darf, sondern ihr Dasein als Trauernde fristen muss. Aber was passiert, wenn ein neuer Mann in ihr Leben tritt und ihr gehörig den Kopf verdreht?
Ivan – der Wolf – Wolkow kommt nach L.A., um die Stellung seines verstorbenen Cousins einzunehmen. Nach zehn Jahren im russischen Gefängnis hält er nicht mehr viel von den Regeln seines Onkels. Als er Samara sieht, ist es sofort um ihn geschehen, doch weiß er genau, dass die Witwe tabu ist. Aber Tabus sind dafür da, gebrochen zu werden.
Zwischen Ivan und Samara entbrennt ein leidenschaftliches Feuer, das die beiden nicht löschen können. Und als sie ihrer Begierde endlich nachgeben, gerät die trauernde Prinzessin in Lebensgefahr.
Triggerwarnung
Prolog
1. Samara
2. Ivan
3. Samara
4. Ivan
5. Samara
6. Ivan
7. Samara
8. Ivan
9. Samara
10. Ivan
11. Samara
12. Ivan
13. Samara
14. Ivan
15. Samara
16. Ivan
17. Samara
18. Ivan
19. Vladimir
20. Samara
21. Vladimir
22. Ivan
23. Samara
24. Ivan
25. Samara
26. Ivan
27. Samara
28. Ivan
29. Samara
30. Ivan
31. Samara
32. Ivan
33. Samara
Epilog
Danksagung
Über die Autorin
Weitere Werke der Autorin
Liebe Leserin, lieber Leser,
Dieses Buch ist voller Brutalität, Schimpfwörter, Flüche und vielen weiteren Beschreibungen, die dich schockieren könnten. Wenn du einen rosaroten Liebesroman erwartest, der sich strikt an die Realität hält, wird dich dieses Buch enttäuschen. Diesmal habe ich bewusst Grenzen ausgelotet und überschritten. Dieses Buch ist reine Fiktion, nichts von dem, was darin geschieht, passiert wohl so im wahren Leben und wenn doch, dann in den Schatten, in die wir nicht blicken.
Wenn ihr derartige Darstellungen nicht lesen möchtet oder euch dabei unwohl fühlt, empfehle ich euch, dieses Buch nicht zu lesen, da es euch triggern könnte – und das ist das Letzte, was ich erreichen will.
Alle sexuellen Handlungen zwischen den Protagonisten sind einvernehmlich, dennoch gilt im wahren Leben »safer Sex« und nicht »rein da und ab dafür.«
Dieses Buch behandelt sensible Themen und könnte dich triggern, wenn du empfindlich auf Gewalt gegen Frauen reagierst!
Allen, die sich von meiner Warnung nicht beeindrucken lassen, wünsche ich viel Spaß mit Ivans und Samaras Geschichte.
Das Leben war unfair.
Meines besonders.
Ich war niemand, der sich gern beschwerte, weinte, oder überhaupt Gefühle zeigte, wenn er nicht bei mir war, aber er war schon seit einer Weile nicht mehr bei mir. Heute offenbarte ich unfreiwillig, was in mir vorging.
Ich hatte ihn verloren.
Dimitri war tot, erschossen von einem Konkurrenten im Waffengeschäft. Das war, worum mein Mann sich kümmern musste, und wir wussten immer, dass es gefährlich ist. Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, dass er mir so früh genommen werden würde.
»Samara«, sagte Sergej – mein Schwiegervater – ernst, als er zu mir in den Wintergarten kam. Hierher zog ich mich zurück, wenn ich ungestört sein wollte. Und derzeit wollte ich immer allein sein.
Ich erhob mich von der Hollywoodschaukel, die Dimitri mir einst gekauft hatte. »Ja?«
»Die Wolkows sind da, um zu kondolieren«, ließ er mich wissen.
Ich atmete tief durch. »Bitte zwing mich nicht dazu. Ich ertrage die ganzen Beileidsbekundungen nicht mehr.«
Sein Blick wandelte sich und nahm strenge Züge an. »Du musst sie ertragen.«
Tränen traten in meine Augen. Heute konnte ich mich nicht beherrschen. Die Maske der stolzen Frau war zersplittert, als der Arzt im Krankenhaus mir die schreckliche Nachricht überbrachte, dass Dimitri tot war. Ich war dabei, als er niedergeschossen wurde, wir wurden überfallen und in der Klinik konnte man nur noch seinen Tod feststellen. »Sergej, bitte zwing mich nicht dazu.«
Er kam näher, mit seiner linken Hand umschloss er mein Gesicht. Fest drückte er mir seine Fingerspitzen in die Wangen. »Mein Sohn ist tot und auch ich nehme die Kondolenzwünsche entgegen. Du bist seine Witwe, also kommst du mit mir.« Sein Grollen ließ mein Herz rasen.
Ich nickte unfreiwillig. »Bitte gib mir nur einen Moment«, bat ich ihn kleinlaut, nachdem er mich freigegeben hatte.
»Fünf Minuten«, knurrte er, wandte sich ab und verließ den Wintergarten.
Weinend setzte ich mich zurück auf die Schaukel und wischte fahrig die Tränen von meinen Wangen. Danach setzte ich die Sonnenbrille auf, die mein Gesicht vor den neugierigen Blicken der Gäste verbarg. Der Clan durfte einen niemals für schwach halten. Man musste stark sein, Haltung bewahren und durfte niemals zeigen, wie zerbrechlich man wirklich war.
Ein Jahr war seit Dimitris Tod vergangen. Ich wohnte immer noch in der Villa meines Schwiegervaters, weil ich als Wdowa, als Witwe, einen besonderen Status hatte. Mein Mann war für die Sache gestorben und ich durfte mich nicht mehr verlieben. Seither trug ich schwarz, verbarg mein Gesicht hinter großen Sonnenbrillen und mein Haar unter Schleiern. Es war total übertrieben, dass ich mich niemandem mehr zeigen durfte, doch das war meine Welt geworden, als ich Ja zu ihm sagte.
Ich verließ selten die Suite, die ich in diesem Haus bewohnte. Auch wenn mich hier alles an meinen Mann erinnerte, der mir viel zu früh genommen worden war, aber es war – abgesehen von dem Gästehaus auf dem Grundstück – der einzige Ort, an dem ich mich ihm nah fühlte. Nur hier durfte ich die sein, die ich wirklich war. Zwar hatte ich mich an die schwarze Kleidung gewöhnt, aber nicht daran, mich vor jedem männlichen Wesen zu verbergen. Aber das waren nun einmal die Regeln, denen ich mich beugen musste. Nur die engsten Vertrauten durften mich ohne Schleier sehen, allerdings war das Haus ständig voller Fremder.
Es klopfte.
»Wer ist da?«, fragte ich laut und griff zu dem schwarzen Tuch, unter dem ich immer meine Haare verbarg.
»Ich bin es. Katerina«, antwortete meine Schwiegermutter.
»Komm herein.«
Die Tür öffnete sich, sie betrat die Suite. »Wie fühlst du dich, Rybka?«
Ich rang mir ein Lächeln ab, doch war ich mir sicher, dass es meine Augen nicht erreichte. »Mir geht's gut.«
»Sergejs Neffe ist vorhin angekommen. Du musst ihn begrüßen.«
Ich schluckte. »Welcher Neffe?«
»Ivan.«
»Wolkow?«, hakte ich überrascht nach. »Ich dachte, er sitzt in Sankt Petersburg im Gefängnis.«
Sie schüttelte den Kopf. »Er wurde entlassen. Sergej hat seine Kontakte spielen lassen und Ivan wurde begnadigt.«
»Muss ich sofort nach unten kommen?«
»Nein, heute Abend, bevor wir essen«, antwortete sie mit warmer Stimme. »Ich bin gekommen, um dir bei der Auswahl deines Kleides zu helfen.«
Ich seufzte schwer und schloss die Augen. »Kannst du mich nicht entschuldigen? Ich habe es satt, angestarrt zu werden, weil ich Dimitri verloren habe.«
»Liebes.« Sanft umfasste sie mein Gesicht, weshalb ich die Lider aufschlug. Tränen trübten meine Sicht, aber sie waren nicht der Trauer, sondern der Einsamkeit geschuldet, in der ich mich gefangen fühlte. Niemand, außer Sergej und Katerina, sprach mit mir. Alle bemitleideten mich und genau aus dem Grund zeigte ich mich kaum noch. Meistens trat ich nur bei Anlässen auf. Drei Geburtstage im Jahr und ein Todestag. Die Geburtstage von Dimitris Cousins oder seiner Cousine besuchte ich nicht. Ich hatte in diese Familie eingeheiratet, musste nach ihren Traditionen leben, aber ich tat mich schwer damit, sie zu akzeptieren. Ich war Amerikanerin und entsprang einer gänzlich anderen Kultur. Doch an dem Tag, an dem ich Dimitris Heiratsantrag annahm, musste ich bei ihm einziehen und die Regeln des Hauses befolgen. Freunde, die bei den Cops arbeiteten, durfte ich nicht mehr treffen, geschweige denn mit ihnen sprechen. Man befürchtete wohl, dass ich die Bratwa verraten könnte. »Ich weiß, dass du dich nicht zeigen willst, weil Sergej dich dazu zwingt, dich zu verschleiern, aber…«
»Es geht nicht um die Verschleierung, sondern darum, dass ich die Blicke nicht mehr ertrage. Ich halte das Mitleid und die Beileidsbekundungen nicht mehr aus.« Ich räusperte mich. »Dimitri ist tot und niemand lässt es mich verarbeiten, weil ich immer wieder damit konfrontiert werde, wenn man mir sagt, wie schrecklich es doch war, ihn zu verlieren.« Ich fing an zu weinen. »Ich weiß doch selbst, wie furchtbar es war und noch ist. Ich war mit ihm verheiratet, ich werde immer seine Frau sein, aber nun darf ich mich keinem Mann mehr zeigen.«
»Du hast die Regeln akzeptiert, als du seinen Heiratsantrag angenommen hast.« Sie streichelte meine Wangen. »Und nun musst du nach ihnen leben. Ich wünschte, ihr hättet ein langes und glückliches Leben miteinander gehabt, aber leider wurde er umgebracht.«
»Und nie wurde Vergeltung geübt«, sagte ich heiser, entzog ihr mein Gesicht und wischte meine Wangen trocken. »Ich werde pünktlich beim Abendessen erscheinen.«
»Ich sage Sergej Bescheid, dass du den Empfang auslässt, weil du dich nicht gut fühlst.«
»Danke, Katerina.«
»Gern, Liebes.« Sie küsste meine Stirn, erhob sich vom Sofa und ging zur Tür. »Bitte wähle diesmal ein klassisches Kleid, damit Sergej keinen Herzinfarkt bekommt.«
Ich nickte ihr zu. »Ich werde eines der Etuikleider tragen.«
»Und einen Bolero.«
Wieder zeigte ich ihr ein Nicken und seufzte schwer, nachdem sie meine Suite verlassen hatte.
* * *
Das Abendessen würde in einer Viertelstunde serviert werden. Ich fühlte mich schrecklich, aber ich konnte mich nicht davor drücken. Es würde meinen Schwiegervater beleidigen und ich wollte nicht schon wieder mit ihm streiten, denn er entschied jeden Disput für sich.
Ich trug ein nachtschwarzes Kleid in A-Linie, darüber einen Bolero, weil alle klassischen Etuikleider in der Reinigung waren. Wenn ich für den Rest meines Lebens schwarz tragen musste, sollte ich in den kommenden Tagen shoppen gehen, weil ich nur wenige schwarze Kleider hatte. Meine Garderobe bestand üblicherweise nicht aus Trauerkleidung, doch seit Dimitris Tod hatte es sich geändert. Nach dem aktuellen Stand der Dinge durfte ich nicht mehr glücklich sein oder farbenfrohe Kleidung tragen. Nein, ich musste die Trauer bis an mein Ende zur Schau stellen. Seufzend betrachtete ich mich im Spiegel. Mein Haar hatte ich zu einem Knoten gebunden, anschließend den leicht durchsichtigen Schleier drapiert und den Bolero übergezogen. Es machte mich fertig, mich verstecken zu müssen.
Schließlich machte ich mich auf den Weg nach unten. Schon in der Eingangshalle hörte ich ihre Stimmen, wie sie sich laut unterhielten, lachten und keine Rücksicht darauf nahmen, dass ich der russischen Sprache nicht mächtig war.
»Ah, Samara ist da.« Mein Schwiegervater schenkte mir ein warmes Lächeln, obwohl er das kaltherzigste Arschloch unter Gottes Sonne war.
»Guten Abend zusammen«, sagte ich leise.
»Komm her, meine Schöne.« Er streckte seine Hand nach mir aus.
Ich faltete die Hände vor meinem Bauch und näherte mich ihm. »Guten Abend, Sergej.«
»Samara, ich möchte dir meinen Neffen Ivan vorstellen.« Er tippte dem Mann mit dem schwarzen Haar, das mit Wachs in Form gebracht worden war, auf die Schulter. Er trug einen anthrazitfarbenen Anzug, der ihm wohl auf den Leib geschneidert worden war.
Ivan drehte sich zu uns um und sah mich an, er stockte. »Dyadya?«
»Ivan, das ist Dimitris Witwe Samara. Samara, mein Neffe Ivan Wolkow.«
»Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mister Wolkow«, grüßte ich ihn und nickte ihm zu.
»Es freut mich auch, Samara«, erwiderte er mit seiner tiefen Stimme. Der Bass brachte meinen Körper zum Vibrieren.
»Ivan hat Sankt Petersburg erst vor Kurzem verlassen und wird nun Dimitris Platz als mein Erbe einnehmen«, erklärte Sergej freudestrahlend.
Ich nickte abermals, da ich nicht wusste, worüber ich mit ihnen sprechen sollte. Im nächsten Moment wurde ich schon wieder ausgeschlossen, weil sie ins Russische wechselten.
»Ich werde euch Samara entführen«, schaltete meine Schwiegermutter sich ein und hakte sich bei mir ein. »Komm, Liebes, wir gehen schon mal ins Esszimmer.«
»In Ordnung.« Ich ließ mich von ihr dorthin führen und nahm Platz, als sie es mir anbot.
»Möchtest du ein Glas Wein?«
»Nein, aber danke«, antwortete ich und senkte den Blick auf das Gedeck vor mir. Das Geschirr war aufwändig verziert, handbemalt, und hatte einen Goldrand. Für meinen Geschmack war es viel zu kitschig, aber das ganze Haus strahlte Pomp aus. Die Decken waren mit Stuck und Blattgold verziert, die Wände mit Gemälden vergangener Epochen geschmückt. Hier stank alles nach Geld, das ich nie hatte, bevor ich Dimitri traf. Noch heute fragte ich mich, was er an mir gefunden hatte, beantwortet hatte er die Frage auch mehr als einmal, jedoch nie zu meiner Zufriedenheit. »Ich kann das nicht mehr«, wisperte ich, ohne den Blick zu heben.
»Ich weiß, dass es schwer für dich ist«, begann sie. »Aber es sind nun mal die Regeln des Clans.«
»Ich habe sie akzeptiert und befolge sie, alles andere ist zweitrangig«, entgegnete ich niedergeschlagen. »Aber das Schwerste ist immer noch, Dimitri loszulassen.«
»Er war ein wundervoller junger Mann.«
Das war er, bis zu dem Tag, an dem ich sein wahres Gesicht kennenlernte. Mein Mann war immer unheimlich charmant, aber dann wurde ich in einer Bar belästigt, die wir gemeinsam besucht hatten, und er hatte diesen Kerl nach draußen gebeten, ihn mit meinen Worten konfrontiert und schließlich krankenhausreif geschlagen. Mit einem leichten Kopfschütteln verwarf ich die Gedanken. »Ja, er war großartig«, stimmte ich ihr letztendlich zu.
Mein Schwiegervater, Ivan und einige andere Männer betraten das Esszimmer, weshalb Katerina und ich uns erhoben. Sergej setzte sich an den Kopf der Tafel und bat Ivan neben sich – ich schluckte, als ich sah, dass er sich auf dem Stuhl meines Ehemanns niederlassen wollte. »Setzen wir uns«, sagte Sergej laut.
Sie setzten sich, erst danach nahmen auch Katerina und ich Platz.
Die Hausangestellten brachten das Abendessen auf den Tisch, doch hatte ich keine Augen dafür. Es gab Dorsch und ich aß keinen Fisch.
Der Lautstärkepegel schwoll an, während die Männer gut gelaunt miteinander sprachen, als würde ein Familienfest stattfinden.
»Samara?«
Ich hob den Blick und sah meinen Schwiegervater fragend an. »Ja?«
»Warum isst du nicht?«
»Ich … esse doch keinen Fisch.«
Er verengte seine Augen ein wenig. »Es gibt auch Beilagen.«
»Und ich bin nicht hungrig«, entgegnete ich ruhig.
Er biss die Zähne zusammen. »Iss.«
»Ich bin wirklich nicht hungrig, Sergej«, wiederholte ich vorsichtig.
Mein Schwiegervater umschloss sein Besteck so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Er hasste es, wenn ich ihm widersprach, aber er durfte mir nichts tun. Nicht nur für mich galten Regeln, auch für ihn.
»Wenn sie nicht hungrig ist, solltest du sie nicht zwingen, Dyadya«, mischte Ivan sich ein.
Sergej knurrte und widmete sich wieder seinem Essen. »Undankbares suka.« Er hatte mich tatsächlich Miststück genannt!
Ich schnaubte. »Entschuldigt mich bitte.« Anschließend erhob ich mich und verließ das Esszimmer.
»Samara, komm zurück!«, rief Sergej.
»Ich erledige das«, sagte jemand anderes laut, ein Stuhl scharrte über den Boden und dann folgten Schritte.
Ich verschwand in den Garten, schloss die Augen und atmete tief durch.
»Es ist unklug, meinen Onkel zu reizen.«
Überrascht drehte ich mich um. Ich dachte, ich hätte meinen Verfolger abgehängt. »Ihr Onkel hat sich ebenso an Regeln zu halten wie ich.«
»Allerdings darf er sie unter Umständen beugen oder brechen.«
»So wie Sie die Regeln gebrochen haben, um an ein Paar schwedische Gardinen zu kommen?«
Ivan hob eine Augenbraue. »Wie bitte?«
»Sie haben mich schon verstanden«, erwiderte ich und wandte mich ab.
Er ergriff mein Handgelenk und zog mich zurück. »Dimitri sagte damals, dass du Feuer hast, aber mit so viel Temperament habe ich nicht gerechnet.«
Ich entwand mich seinem Griff. »Fassen Sie mich nie wieder an!«
»Hör zu: Komm mit ins Haus und setz dich wieder an den Tisch, alternativ geh auf dein Zimmer und tu so, als würde es dir beschissen gehen. Aber wenn Sergej dich im Garten sieht, wird er toben. Ich bezweifle, dass du das willst«, erklärte er mit starkem russischen Akzent.
»Warum ist der Garten ein Problem?«
»Katerina sagte, dass es dir nicht gut geht, deshalb sollte er die kleine Lüge glauben, nicht wahr?«
Wieder schnaubte ich. »Es ist mir vollkommen egal, was ihr ihm erzählt. Ich … Vergessen Sie's.« Ich wollte weiter in den Garten gehen, doch er holte zu mir auf und stellte sich mir in den Weg.
Ivan funkelte mich aus nachtblauen Augen an. »Du solltest besser ins Haus gehen.«
»Und wenn nicht?«
»Bringe ich dich ins Haus und ich nehme keine Rücksicht auf den Schleier. Du weißt, dass nicht ich, sondern du den Ärger bekommst, wenn er von deinem Haar rutscht.«
»Gehen Sie mir aus dem Weg!«
Er schüttelte den Kopf.
»Herrgott.« Ich wollte ihn umrunden, doch er packte mich und hob mich auf seine Schulter. »Lassen Sie mich runter!«
»Ich bringe dich ins Haus.« Ivan ließ sich nicht davon beeindrucken, dass ich auf ihn einschlug und strampelte. »Komm schon, Kleine, du musst dir etwas mehr Mühe geben, wenn du mir wehtun willst.«
»Wenn Sie mich nicht sofort runterlassen, werde ich Sergej sagen, dass Sie mich begrapscht haben!«, herrschte ich Ivan an, doch er lachte bloß.
»Versuch's, dann sehen wir, wem er glauben wird.«
Es machte mich rasend vor Wut, dass er sich so aufspielte. Nicht einmal Dimitri hatte es gewagt, mich auf diese Weise bloßzustellen. Nicht einmal dann, wenn wir uns gestritten hatten.
Ivan brachte mich in die erste Etage. »Wo ist deine Suite?«
Ich knurrte aufgebracht, aber antwortete ihm nicht.
Daraufhin schlug er mir fest auf den Hintern, womit er mir ein Wimmern entlockte. »Sag es mir, Samara!«
»Dritte Tür linke Seite«, brummte ich.
»Warum nicht gleich so?«
Ich strafte seine Frage mit Nichtachtung.
Ivan betrat meine Suite und stellte mich wenig später vor dem Sofa ab. Stur starrte ich seine trainierte Brust an. Er legte zwei Finger unter mein Kinn und drückte es hoch, sodass ich gezwungen war, ihn anzusehen. »Lass diese Spielchen, wenn du nicht willst, dass man dir wehtut.« Seine unergründlichen, dunkelblauen Augen wirkten wie die Tiefen des Ozeans.
Ich zuckte zusammen, als er den Schleier von meinem Haar zog. »Das dürfen Sie nicht.«
»Ich bin ein Vertrauter der Familie«, raunte er.
Wütend entzog ich ihm das Tuch. »Jedoch nicht mein Vertrauter. Jetzt gehen Sie!«
Er lachte überheblich. Dieser Mistkerl machte mich wahnsinnig wütend. »Warum sollte ich?«
»Glauben Sie mir, ich weiß genug über Sie und diese Familie, um Sie alle lebenslänglich in den Knast zu bringen. Also sollten Sie sich nicht mit mir anlegen«, drohte ich leise.
Ivans Hand schoss vor und umklammerte meinen Hals. »Willst du mir drohen?«
»Ja.«
»Das solltest du lassen, es könnte dir schaden.« Langsam erhöhte er den Druck um meine Kehle. »Die letzte Person, die mir gedroht hat, war der Grund dafür, dass ich jahrelang im Gefängnis saß. Lass es lieber, wenn du noch ein wenig länger atmen willst.« Ivan drückte noch etwas fester zu. »Haben wir uns verstanden?«
»Ja«, krächzte ich.
Er gab mich frei, doch ich holte aus und ohrfeigte ihn.
»Raus hier!«
»Werd nicht frech, Kleine.«
»Gehen Sie endlich!«, schrie ich ihn an.
Ivan amüsierte sich über mich, als er sich zur Tür begab. »Ich denke, es wird dich freuen, zu hören, dass ich für deinen Schutz eingeteilt wurde.«
»Das ist ja wohl ein schlechter Scherz«, stieß ich aus und ließ mich auf die Couch fallen.
»Schlaf gut, Samara«, sagte er, zwinkerte mir zu und schloss die Tür hinter sich.
Kaum hatte sie vor mir gestanden, wusste ich, warum Dimitri ihr verfallen war. Diese Frau hatte verdammt viel Temperament und das gefiel mir. Allerdings hatte ich nicht die Erlaubnis, ihr so nahe zu kommen wie vorhin. Sie war die Witwe meines Cousins und damit tabu. Niemand durfte sie anfassen, am besten sah man sie nicht einmal an. Und was tat ich? Ich trug sie ins Haus, bedrohte sie und am liebsten hätte ich sie auf ihrem Wohnzimmertisch gefickt, weil ihr Feuer meinen Schwanz hart werden ließ.
»Was war los?«, fragte mein Onkel, als ich mich wieder neben ihn setzte.
»Sie fühlt sich nicht gut.«
»Warum nicht?«
»Bald ist sein Todestag, möglicherweise ist das der Grund für ihr Unwohlsein«, sagte ich gelassen. Es war keine direkte Lüge, denn zumindest stimmte, dass Dimitris erster Sternengeburtstag nahte. Ich würde Samara noch in diese Geschichte einweihen, damit sie sich nicht verplapperte.
»Deshalb darf sie sich nicht daneben benehmen.« Er räusperte sich. »Ich werde nachher mit ihr sprechen.«
»Sie hat sich schlafen gelegt«, ließ ich ihn wissen. »Und ich sagte ihr, dass sie sich daneben benommen hat, damit sie einsieht, dass dieses Verhalten unerwünscht ist.«
Er schnaubte. »Sie hat mich beleidigt.«
»Sie wird sich entschuldigen. Allerdings solltest du es ihr auch nachsehen. Katerina sagte mir, dass sie seit einem Jahr kaum aus ihrer Suite kommt, und immer noch um ihn trauert. Samara macht einen einsamen Eindruck auf mich.«
»Wie kommst du darauf?«
»Spricht sie Russisch?«
Er schüttelte den Kopf.
»Und wir sprechen es alle. Wir unterhalten uns auf Russisch. Sie fühlt sich ausgeschlossen, obwohl sie ein Teil von uns ist.«
»Er hat sie geheiratet und in die Familie gebracht, das heißt aber nicht, dass sie dazugehört.«
»Warum kümmerst du dich dann um sie?«, wollte ich wissen und betrachtete ihn aufmerksam.
»Aufgrund der Regeln. Ich muss mich ebenso daran halten wie alle anderen, sonst verliere ich das Gesicht. Und wegen einer Amerikanerin werde ich dieses Risiko nicht eingehen«, antwortete er. »Samara ist mir nicht wichtig, aber Dimitri hat sie geliebt.«
Meine Augenbraue glitt in die Höhe, skeptisch betrachtete ich meinen Onkel. »Ist das wirklich der einzige Grund?«
Sergej schüttelte den Kopf. »Katinka liebt sie wie eine eigene Tochter. Seit Nastjas Tod ist Samara ihr Ersatz.«
Ich verdrehte die Augen. »Frauen, hm?«
Diesmal nickte mein Onkel, er wirkte unzufrieden. »Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte Dimitri sie nicht geheiratet. Ich meine, er hatte so viele Affären mit russischen Frauen, aber an diese Amerikanerin wollte er sich binden.«
»Weiß sie davon?«
»Nein und sie darf es niemals erfahren«, meinte er und lehnte sich mit dem Wodka in der Hand zurück. Er richtete seine hellgrünen Augen auf mich. »Warum interessierst du dich für sie?«
»Du hast mich zu ihrem Schutz abgestellt, sofern ich keine anderen Aufträge erhalte. Deshalb möchte ich erfahren, wer sie ist«, erklärte ich, als ich mich ebenfalls zurücklehnte. »Ich muss doch wissen, mit wem ich es zu tun habe.«
»Das stimmt.« Er nahm einen Schluck seines Wodkas. »Ich werde dir später ihre Akte geben.«
»Du hast eine Akte über deine Schwiegertochter angelegt?«, fragte ich ungläubig
Er nickte knapp. »Über Nastjas Verlobten hatte ich auch eine, aber der Idiot hat sich ja mit meiner Tochter in die Luft sprengen lassen.«
»Wie ist das passiert?«
»Die Tschechen. Pavel legte sich mit den Falschen an und die beiden bezahlten mit ihren Leben dafür.«
Ich bemitleidete ihn. Seine Kinder waren gestorben. Meine Cousine wegen ihres Mannes und der tschechischen, mein Cousin wegen der italienischen Mafia, die uns unseren Platz in der Stadt streitig machen wollten. Sergej konnte sein Gebiet bisher verteidigen, jedoch war die Frage, wie lange er es noch halten konnte, wenn immer mehr Leute der Bruderschaft starben. Mein Vater hielt in Moskau die Stellung, mein Bruder in Sankt Petersburg und ich sollte hier an Dimitris Stelle treten, um Sergejs Nachfolger zu werden und die Staaten zu regieren. So war ich wenigstens nicht mehr der Zweitgeborene, der die Drecksarbeit erledigen musste, sondern würde das hiesige Syndikat bald führen. Dann würden die byki für mich arbeiten und mir die Füße küssen, wenn ich es wollte.
»Nun gut, die beiden sind tot, Dimitri ebenfalls, deshalb wirst du meine Nachfolge antreten, wenn es so weit ist.«
»Darauf trinke ich«, sagte ich und hob mein Glas.
»Za nashu udàtschu, Ivan.«
»Za nashu udàtschu, Dyadya«, erwiderte ich und stieß mit ihm an. Auf unseren Erfolg. Ja, darauf trank ich wirklich.
* * *
Ich hatte definitiv zu viel Wodka getrunken, als sich mein Onkel ins Bett verabschiedete. Normalerweise trank ich das Zeug nicht und war einem guten Whisky eher zugeneigt, aber die Familie bevorzugte dieses Getränk. Noch immer saß ich in seinem Büro und ging Samaras Akte durch.
Name: Samara Hopkins
Spitzname: Sam, Mara
Geburtstag: 23.06.1994
Augenfarbe: Grün
Hobbys: Lesen, Klavierspielen, Tanzen, Backen, Kochen
Familie: Heathcliff und Annabeth Hopkins, beide 1999 bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Keine Geschwister.
Werdegang: Wuchs nach dem Unfall ihrer Eltern im Waisenhaus auf, keine Familienangehörigen mehr. Hat nicht studiert. Hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und arbeitete in einer Bar, als Dimitri sie kennenlernte.
Soziales Leben: Freunde bei der Polizei – Kontakt unverzüglich unterbinden.
Risiko: Möglicher Spitzel der Cops, hohe Gefahrenstufe, dringend überwachen, bis das Gegenteil bewiesen ist.
Sie war eine Waise. Und dann hatte sie auch noch ihren Mann verloren. Ich musste zugeben, dass sie mir leidtat. Niemand hatte es verdient, seine Eltern zu verlieren und dann auch noch in ein Waisenhaus abgeschoben zu werden. Diese Frau hatte nichts und niemanden mehr. Mein Onkel duldete sie bloß in seinem Haus, um nicht gegen die Regeln zu verstoßen. Würde er es tun, würde die Familie sofort dafür sorgen, dass er abdankte. Dennoch sollte ich die Kleine im Auge behalten, damit ihr nicht rein zufällig etwas geschah. Denn Sergej hatte mehr als einmal angedeutet, dass sie ihm ein Dorn im Auge war. Er ließ sie bloß bleiben, weil Katinka, wie er meine Tante nannte, sie in ihr Herz geschlossen hatte, nachdem Nastja vor Jahren gestorben war.
Kopfschüttelnd klappte ich die Akte zu und machte mich auf den Weg nach oben. Meine Suite lag gegenüber von Samaras. Als ich vor ihrer Tür stand, dachte ich einen Moment nach, ob ich zu ihr gehen sollte. Kopfschüttelnd brachte ich den Ordner in meine Räume. Danach ging ich noch einmal auf den Flur. Er war verlassen. Ich atmete tief durch, anschließend betrat ich Samaras kleine Festung der Einsamkeit.
Im Wohnzimmer brannte gedimmtes Licht. Ich ließ den Blick schweifen, doch Samara war nicht hier. Dann lauschte ich. Die Dusche lief. Obwohl ich wusste, dass sie einen Wutanfall bekommen würde, wenn sie mich hier sah, setzte ich mich aufs Sofa, legte den Knöchel auf meinen Oberschenkel und lehnte mich zurück.
Wenig später ging das Wasser aus, es dauerte nicht lang, bis ich hörte, wie sich eine Tür öffnete. Sie sang leise, möglicherweise war sie entspannt oder sie wollte sich ablenken.
Ich machte mich darauf gefasst, dass sie mich gleich rauswerfen würde.
»Was machen Sie denn hier?«, fragte sie überfordert.
Ich schaute zu ihr, was ich besser nicht getan hätte. Sie trug nur ein Handtuch, ihr Haar war nass und kein Make-up maskierte sie mehr. Samara wirkte müde. »Ich wollte nach dir sehen.«
»Warum?«
»Weil ich mehr über dich erfahren habe und wissen möchte, wie es dir geht«, erwiderte ich, als ich mich erhob. »Also, wie fühlst du dich?«
»Ich bin müde.« Sie blickte zur Tür. »Es wäre mir lieber, wenn Sie jetzt gehen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin zu deinem Schutz da und muss meinen Schützling kennenlernen.«
Samara seufzte. »Hören Sie: Ich kann Sie nicht leiden und ich werde mit meinem Schwiegervater sprechen, dass Sie anderweitig eingesetzt werden, weil ich keinen Schutz benötige. Ich verlasse weder das Haus, noch habe ich vor, es in nächster Zeit zu tun.« Danach wandte sie sich von mir ab.
Ich machte einen Schritt auf sie zu. »Ich weiß nicht, warum du etwas gegen mich hast.«
Sie drehte sich wieder zu mir um. »Die Art und Weise, wie ich von Ihnen auf meine Suite gebracht wurde, hat mich bloßgestellt.«
»Niemand hat es gesehen.«
»Ivan, lassen Sie mich bitte allein. Ich bin müde und möchte ins Bett.«
Ich machte einen weiteren Schritt auf sie zu. »Ich will dir nichts Böses, sondern dich kennenlernen, Samara.«
»Fragen Sie Ihren Onkel, er wird Ihnen alles Wissenswerte über mich mitteilen, aber das Wichtigste ist wohl, dass ich Dimitris Witwe bin. Dementsprechend möchte ich meine Ruhe haben, respektieren Sie das.« Sie zeigte zur Tür. »Jetzt gehen Sie bitte, Ivan. Ich bin hundemüde und nicht geneigt, mich noch länger mit Ihnen zu streiten.«
»Ich weiß, dass du vor Dimitri niemanden hattest, der auf dich aufgepasst hat.«
»Dann hat Sergej Sie ja wirklich bestens informiert.« Sie wandte sich ab und verließ das Wohnzimmer.
Ich folgte ihr. »Nein, er hat mir nur gesagt, wo Dimitri und du euch kennengelernt habt und dass du früh deine Eltern verloren hast.«
»Sehr schön.«
Schließlich betrat ich das Schlafzimmer und sah mich ungeniert um.
Samara drehte sich um und zuckte zusammen, weil ich direkt vor ihr stand. »Warum tun Sie das?«
»Wie ich schon sagte, ich muss dich kennenlernen, um dich schützen zu können.«
Sie senkte ihren Blick, doch ich legte meine Finger unter ihr Kinn und drückte es wieder hoch, damit sie mir in die Augen sah. »Gehen Sie bitte.«
Ich schüttelte den Kopf. »Verrate mir nur ein Detail über dich.«
Seufzend trat sie einen Schritt nach hinten. »Meine Eltern starben, als ich noch ein Kind war. Sie hatten einen Autounfall und sind in dem Wrack verbrannt.« Gänsehaut überlief ihre Arme, hektisch rieb sie ihre Haut.
Sanft streichelte ich ihr Kinn, dann zog ich mich zurück. »Schlaf gut, Samara.«
Sie hielt ihr Handtuch verkrampft fest und nickte mir zu, bevor ich mich von ihr abwandte, um ihre Suite zu verlassen. Ein Detail hatte sie nun bestätigt, ich war gespannt, welches ich als Nächstes erfahren würde. Ich betrat meine Räume, lockerte die Krawatte und nahm auf der Couch Platz. »Herrgott, was für eine Frau.« Ich rieb über meinen harten Schwanz und knurrte. Dass ich sie nicht haben konnte, machte mich wahnsinnig. »Ich brauche dringend eine kalte Dusche«, sagte ich in die Stille, erhob mich und verschwand ins Bad. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob es gegen meine Erregung helfen würde.
Kaum befand ich mich unter dem kalten Wasserstrahl, legte ich die Hand um meinen Ständer. Langsam bewegte ich die Faust auf und ab, während ich mich mit meiner Linken an den Fliesen abstützte. Es half nichts, ich begehrte diese Frau zu sehr. Aus dem Grund schloss ich die Augen, stellte mir vor, wie Samara sich stöhnend unter mir wand und endlich wuchs die Erregung. Ich massierte meinen Schwanz fester, mit einem leichten Stöhnen ergoss ich mich in meine geschlossene Faust, ließ ihn los und wusch meine Hände. Danach stützte ich mich mit beiden Händen an den kühlen Fliesen ab. Ich ließ mehr kaltes Wasser auf mich niederregnen und atmete tief durch. Es mir selbst zu besorgen war nicht annähernd so gut, wie eine Frau zu ficken.
Nach einer Weile verließ ich die Duschkabine, trocknete mich ab und wickelte das Handtuch um meine Hüften. Ich atmete tief durch, als ich vor den Spiegel trat, um mich zu rasieren. Ich hatte es seit ein paar Tagen vernachlässigt und einen Vollbart wollte ich mir nicht stehen lassen.
Es kam mir so vor, als würde mich ein vollkommen anderer Mann ansehen. Im Knast hatte ich einen Vollbart getragen, weil es mich nervte, mich unter Aufsicht zu rasieren. Ich cremte mein Gesicht ein, anschließend ging ich ins Schlafzimmer. Ich ließ mich der Länge nach aufs Bett fallen und schloss die Augen, in der Hoffnung, nicht an die Zeit im russischen Gefängnis erinnert zu werden.
Am Morgen nahm ich das Frühstück in meiner Suite ein, um Ivan kein weiteres Mal zu begegnen. Ich wollte diesem Mann aus dem Weg gehen, denn ich wusste, dass wir früher oder später wieder aneinandergeraten würden. Es war besser, wenn wir uns nicht gegenübertraten, damit ich Sergej nicht verärgerte. Ich wusste, dass ich ihm ein Dorn im Auge war. Er hatte mich nie akzeptiert und Dimitri sogar vor meinen Augen Vorwürfe gemacht, warum er keine Russin geheiratet hatte.
Ich verwarf die Erinnerung und stach den Löffel in das Fruchtfleisch der halbierten Grapefruit. Nachdenklich aß ich sie und hoffte, dass man mich heute in Ruhe lassen würde. Sergej interessierte es selten, ob ich beim Frühstück oder Abendessen zugegen war. Bloß bei Anlässen musste ich anwesend sein.
Als es klopfte, zuckte ich zusammen. »Ja?«
Die Tür öffnete sich und niemand Geringeres als Ivan betrat mein Wohnzimmer.
Ich erhob mich von meinem Stuhl und sah ihn fragend an. »Was möchten Sie?«
»Dich zum Frühstück begleiten.«
»Nicht nötig, ich frühstücke hier.«
Eine seiner kantigen, schwarzen Augenbrauen glitt in die Höhe. »Du solltest mit uns frühstücken.«
»Um mir wieder russische Unterhaltungen anzuhören? Ich spreche die Sprache nicht und jeder in diesem Haus ist so unhöflich, sie ständig zu benutzen, wenn ich in der Nähe bin. Ich weiß, welche Geschäfte ihr macht, denn ich war mit einem von euch verheiratet. Mein Mann ist wegen eurer Machenschaften tot!«, herrschte ich ihn an. »Und jetzt verschwinden Sie endlich!«
Ivan sah mich skeptisch an. »Darum geht's hier also, du fühlst dich ausgeschlossen.«
»Verschwinden Sie, Ivan, sonst schreie ich das ganze Haus zusammen!«, drohte ich aufgebracht.
Er lachte bloß und das aus tiefster Kehle. »Tu dir keinen Zwang an.«
»Sie werden zurechtgewiesen, wenn ich meinem Schwiegervater sage, dass Sie mich bedrängen.«
Langsam kam er näher und wirkte dabei wie ein Raubtier, das auf Beutezug war. Ivans Blick verfinsterte sich mit jedem Schritt mehr, den er auf mich zukam. »Du willst mir drohen?«
Instinktiv wich ich zurück, dabei warf ich einen Blick auf den Tisch, um eine Waffe zu entdecken, mit der ich mich notfalls gegen ihn verteidigen könnte.
»Du solltest mir nicht drohen«, raunte er, als er mich plötzlich an den Schultern packte und mit dem Rücken gegen die Wand zwischen den beiden Fenstern schob. »Das könnte dir nicht bekommen.«
Ich erstarrte zur Salzsäule. Mit großen Augen starrte ich Ivan an. »Lassen Sie mich los.«
Seine linke Hand fixierte mich an der Mauer, seine rechte streichelte meine Wange. »So jung, so hübsch und so verdammt dumm.« Er schnalzte mit der Zunge. Er umfasste meine Wangen, sodass meine Lippen ein unfreiwilliges O bildeten. »Wenn du nicht tabu wärst, würde ich dir Manieren beibringen.«
Sein Raunen ging mir durch Mark und Bein, es sorgte sogar dafür, dass mein Körper auf ihn reagierte. Heiße Erregung durchströmte meine Adern, obwohl er äußerst bedrohlich auf mich wirkte.
»Und du solltest deinen kleinen süßen Arsch nach unten schaffen, um mit deinen Schwiegereltern und mir zu frühstücken. Heute sind keine Fremden dabei, was heißt, dass du dich nicht verschleiern musst.«
»Lassen Sie mich los«, bat ich ihn zitternd.
Ivan schüttelte den Kopf. »Sei freundlich, verstanden? Ich will, dass du höflich und zuvorkommend bist, statt diese verbitterte Witwe, die du gerade zur Schau trägst.«
Ich stieß entsetzt die Luft aus.
»Haben wir uns verstanden?«
»Klar und deutlich«, entgegnete ich eingeschüchtert.
»Brav«, meinte er und gab mich frei. »In einer Viertelstunde will ich dich im Esszimmer sehen.«
Ich schluckte und nickte ihm zu, obwohl ich fest entschlossen war, seine Anweisung nicht zu befolgen.
Ivan machte zwei Schritte nach hinten. »In einer Viertelstunde, denk dran, sonst komme ich dich holen, Samara.«
»In Ordnung«, sagte ich leise und er verließ meine Suite. Als er endlich weg war, sank ich gegen die Wand und schloss die Augen. »So ein kranker Irrer«, stieß ich schwer atmend aus. Schließlich kämpfte ich mich auf die Beine und ging ins Schlafzimmer. Das war einer der wenigen Räume, die ich abschließen durfte. Wenn ich mich hier einschließen würde, hätte ich vielleicht meine Ruhe vor ihm. Aber ich wollte nicht feige sein. Ich lief zurück ins Wohnzimmer, setzte mich an den Esstisch und griff nach meiner Kaffeetasse, allerdings zitterte meine Hand so sehr, dass ich das heiße Getränk verschüttete. »Verdammt.« Ich stellte die Tasse ab und atmete tief durch. Meine Gefühle gingen mit mir durch und ich fing an zu weinen. Ich weinte um Dimitri und darum, dass ich ihn für immer verloren hatte.
Die Zeit verging und das Zittern ließ nicht nach, es verschlimmerte sich sogar, als es diesmal klopfte. Ich reagierte nicht, sondern wischte die Tränen von meinen Wangen.
Die Tür öffnete sich und am Klang der schweren Schritte erkannte ich, dass es Ivan war.
»Bitte lassen Sie mich in Ruhe«, bat ich ihn leise und wandte den Blick ab.
»Was ist los?«
»Bitte, Ivan, ich würde … ich brauche …«
Die Schritte verstummten und ich spürte seine Hand auf meiner Schulter. »Was ist los, Samara? Warum zitterst du?«
Ich entzog mich ihm, stand auf und drehte mich zu ihm um. »Herrgott, lassen Sie mich endlich allein!«
Er sah mich überrascht an. »Warum weinst du?«
»Gehen Sie!«, verlangte ich hysterisch.
Ivan machte einen Schritt auf mich zu.
»Was ist hier los?«
Wir schauten beide zur Tür. Katerina stand dort und sah uns beide irritiert an. »Ivan, warum zum Teufel bist du hier drin?«
»Um nach Samara zu sehen, Työtya«, erwiderte er.
»Ist alles in Ordnung, Liebes?«
Hektisch schüttelte ich den Kopf, umrundete Ivan und zog mich ins Schlafzimmer zurück.