Das Lied der Morrigan - Marion Wiesler - E-Book

Das Lied der Morrigan E-Book

Marion Wiesler

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Beschreibung

Ich bin Morrigan, Druidin, Schwester Rabe, Hüterin der Schlacht und der Natur. Ich wusste, Feuer regnen zu lassen, in Schlachten zu siegen. Ich wusste, der Erde Kraft zu geben, auf dass sie wieder erblühe. Ich wusste, den Raben zu rufen, Zauber zu wirken. Ich wusste, meinem Stamm zu dienen, ihn zu führen. Ich wusste nicht, wie sehr ich hassen konnte – oder lieben.

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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Das Lied der Morrigan
Historische Fantasy
Marion Wiesler
Copyright © 2024 Marion Wiesler
All rights reserved.Marion Wieslerc/o DoppelhoferElz 678182 Puch bei Weizmarionwiesler.atCover: Veronika TantonISBN: 978-3-903560-08-6
Drei Schwestern wie eine, gefiederte Seelen.
Drei Schwestern, geboren zu fliegen,
geboren zu kämpfen.
PROLOG
Mondlos war die Nacht, doch sternenklar. Endlos weit streckte sich das Meer, dunkel wie der Himmel. Am Ufer einer kargen Insel elf Schiffe, von eisigen Wellen umtanzt.Lauter noch als die Brandung, die gegen die Felsen schlug, hob sich ein Lied in die Nacht.
Ein Feuer brannte auf dem steinigen Strand, mit Treibholz als Nahrung. Kein Baum wuchs auf dieser Insel, kein Busch oder Strauch. Nur Möwen nisteten hoch in den Felsen, von Zeit zu Zeit verwundert aus dem Schlaf schreckend und einen klagenden Schrei dem Lied hinzufügend.
Rings um das Feuer Menschen, dicht an dicht stehend, beinahe mehr, als die Bucht zu fassen vermochte. Kunstvoll gemusterte Umhänge eng um sich geschlungen, Schwerter an den Gürteln der Männer, Kinder in den Armen der Frauen.
Und das Lied, das aus all ihren Kehlen floss, so klar und schön.
Mit dem Rücken zum Meer, die Füße von der weichenden Flut umspült, standen Druiden, die Arme zum Himmel erhoben. Ein König bei ihnen, ohne goldenen Reif auf der Stirn, ein junger Mann noch, sein Gewand nicht edler als das seines Volkes. Neben ihm drei Mädchen, ihre feuerroten Haare im Schein der Flammen leuchtend. Die Älteste eine junge Frau schon, ihre Augen weiser, als ihr Alter erwarten ließ. Daneben ihre Schwester, an der Grenze zur beginnenden Weiblichkeit, ihr Blick voller Feuer. Und die Jüngste, ein Kind noch, keine sechs Sommer alt, mit Augen riesig und staunend. Jung wie sie waren, so war ihr Platz doch hier, an der Seite des Königs, der Druiden und eines großen, breitschultrigen Kriegers.
Der oberste Druide trat vor. Das Lied verebbte zu einem Summen, doch es verstummte nicht.
»Erneut hat sich das Rad der Gezeiten gedreht, erneut jährt sich der Tag unserer Flucht von Erin, unserer Heimat. Die Götter haben uns wohlbehalten durch Stürme und Flauten geführt, haben uns kostbares Wissen erlangen lassen und unsere Körper gestählt. Lasst uns ihnen Dank geben und mögen sie unsere Weg zurück in die Heimat führen, wenn die Zeit dafür  gekommen ist!«
Mit einer Verbeugung trat ein weiterer Druide hinzu, seine Glatze im Schein der Flammen glänzend, in seinen Händen eine bronzene Schale.
Behutsam entnahm der oberste Druide der Schale ein wenig Erde, hob sie auf ausgestreckter Hand dem Himmel entgegen.
»Gemeinschaft, Volk, Túath der Götter der Künste waren wir in Erin. Heute noch, nach Jahren der Flucht, gibt es keinen unter uns, der nicht weiß, Schönheit zu erzeugen. Immer noch zieren goldene Gürtel unsere Mitte, kunstvolle Ketten unsere Hälse. Und doch, ihr Götter, besitzen wir nichts Wertvolleres, das wir euch opfern könnten, als dies. Erde von Erin, unserer Heimat.«
Das Summen ringsum schwoll an, nahm die Worte des Liedes wieder auf, stetig wiederholend, wie der Klang der Wellen, das Rauschen des Blutes.
»Erin, Heimat, Herzensort. Erin, Heimat, Herzensort.«
Der König trat vor, ließ den Blick über seine Túath schweifen, ließ ihn auf dem Häuflein Erde auf der Hand des Druiden enden. Das Lied wurde wieder zu einem Summen.
»Menschen der Tuatha Dé Dannan, Túath der Götter der Künste, bei der Erde Erins, ich, Nuada, zu eurem Herrscher von den Göttern bestimmt, gelobe euch erneut, ich werde euch heimwärts führen. Schwach waren wir, als man uns vertrieb, doch wir haben gelernt. Jeder Jahrestag unserer Flucht steht auch für ein Jahr, in dem wir unser Wissen und Können vergrößert haben. Stark werden wir sein, noch viel reicher an der Kraft, Zauber zu wirken, als einst.« Er sah zu den drei Mädchen hin, sie strahlten ihn an. »Dank dem Willen und der Hingabe unserer Männer, werden wir im Kampf bestehen, hart erlernte Kunst für uns. Wir werden heimkehren, wir werden Erin erneut zu unserer Heimat machen, geliebte grüne Insel, und dann wird uns niemand mehr von dort vertreiben können, in alle Ewigkeit nicht!«
Das Lied aus hunderten Kehlen erhob sich, wehmutslos nun, sondern voll der Kraft.
Der Druide drehte die Hand, und die Erde, die Erde Erins, rieselte heraus, wurde vom Wind erfasst und über die Wellen getragen.
Am nächsten Morgen, als die Sonne sich über der Insel erhob, hatten die Schiffe bereits wieder die Segel gesetzt. Verlassen lag der Strand da. Nur dort, wo die drei Mädchen gestanden hatten, lagen drei schwarze Federn.
Und in der Mitte, wo jene mit den feurigen Augen ihren Platz gehabt hatte, schob sich ein dünnes Pflänzchen zwischen den Steinen empor.
Kapitel 1
Zehn Schiffe, zehn Feuer. Rauch und Ruß in meiner Nase und Schlamm unter meinen Füßen. Niemandsreich. Nicht mehr das Meer und noch nicht das Land. Ein kurzer Augenblick in der Zeit, wo wir Teil von beidem waren. Kühl leckten die Wellen über meine Zehen, weich war der Sand unter meinen Sohlen. Und in mir Feuer und Kraft.
Kein Zurück mehr. Keine Schiffe mehr, die uns einen Weg von dieser Insel erlaubten. Badb hatte es Nuada geraten. Die Krieger würden härter kämpfen, wenn es keine Möglichkeit zum Rückzug gab.
Badb stand zu meiner Rechten, meine Schwester, die Arme in die Luft erhoben wie ich und Macha zu meiner Linken. Frauen waren wir und mächtig. Seit drei Tagen hielten wir die Nebel um unsere Schiffe herum aufrecht, verbargen unsere Ankunft, hatten ungesehen all unseren Besitz ans Ufer geschafft. Und heute brannten sie. Ein Opferfeuer für die Götter. Ich konnte mich kaum satt trinken an diesem Anblick, der verschlingende Tanz der Flammen auf den Decks, das Knarzen und Krachen der zerberstenden Planken erfüllende Musik.
Hinter mir unsere Túath, Gemeinschaft langer Zeit. Frauen, Krieger, Handwerker, Kinder. Manche weinten. Viele der jüngeren waren auf diesen Schiffen geboren worden. Viele Jahre waren uns diese Schiffe Heimat gewesen. Kein Grund für Tränen. Nun waren wir hier, in unserer wahren Heimat. Erin. Heimgekehrt, unerschütterlich, der Vertreibung zum Trotz.
Zwischen unserer Túath und uns die Druiden, singend, den Göttern zu danken, die Götter zu bitten. Endloser Singsang, übertönt vom Lärm der Schiffe und des Meeres. Sie erfüllten ihre Aufgabe, wir die unsere. Gemeinsam würden wir unsere Túath zum Sieg tragen.
Und vor uns Nuada, schlank, beinahe zierlich. König der Tuatha Dé Dannan. Kein breitleibiger Krieger wie unser Bruder, der Dagda. Dennoch hatte er uns sicher und ruhig durch alle Stürme geführt, seit der Stein von Fál ihn zu unserem Herrscher ernannt hatte. Der Schein der Flammen der Schiffe legte sich inmitten des Nebels wie das Strahlen der Sonne um seinen Umriss, knietief im Meer stehend, immer noch die Fackel in Händen, mit der er vor Stunden die Feuerpfeile der Bogenschützen in Brand gesetzt hatte. Seiner Haltung war nicht anzusehen, ob er Freude oder Trauer empfand. Doch was kümmerte es, was geschah, war, was geschehen musste.
Das erste Schiff brach entzwei, versank in einem mächtigen Strudel, in einem Getöse aus berstendem Holz und brechenden Wellen. Wie das Heulen des Windes schwoll eine Mischung aus Wehklagen und Jubel hinter uns an.
Badb warf mir einen Blick zu, ihr Haar hellrot leuchtend vor Freude.
»Alles beginnt mit dem Ende«, sagte sie. »Wir sind heimgekehrt, Morrigan!«
Ich erwiderte ihr Lächeln und sah zu Macha hinüber, der jüngsten von uns Schwestern. Ihre Arme zitterten leicht, ihr Haar dunkel vor Anstrengung.
»Nicht mehr lange«, sagte ich. »Bald braucht es den Nebel nicht mehr.«
Sie nickte, ohne mich anzusehen, all ihre Aufmerksamkeit darauf gerichtet, den Zauber aufrechtzuhalten.
Nuada wandte sich zu uns um und ich sah Tränen in seinen Augen. Helle Linien malten sie in seine rußbestaubten Wangen. Er lächelte.
Wärme kroch meine Kehle empor und ich hob den Kopf, ließ den Wind Nebel und Asche auf mein Gesicht legen wie Tau auf den Morgen.
Ein Schrei löste sich aus meinem Mund, ein Schrei purer Freude.
Ich liebte dieses Land. Ich liebte mein Volk, meine Túath. Ich würde sie mit meinen Schwestern in die Unsterblichkeit führen.
Als die Schiffe versenkt und die Nebel aufgelöst waren, kamen sie auch schon angelaufen. Mutter hatte uns oft von ihnen erzählt, von den Formoren, jener Túath, die uns aus Erin vertrieben hatte. Mächtig seien sie, mit Zauberkräften anders als die unseren, doch nicht weniger gefährlich.
Es sah eher erbärmlich aus, was da auf uns zugelaufen kam. Eine große Schar Menschen, ja. Wesen eher. Arme wie Baumstämme, aber allesamt hässlich und verunstaltet. Derbe Gesichter, kleine Augen.
»Es sind keine Formoren«, sagte Nuada. »Es sind Fir-Bolg.«
Wie eine Welle des Meeres breitete sich sein Wort unter den Unseren aus, weitergegeben von Krieger zu Krieger, die näher an uns heranrückten, allen voran unser Bruder, der Dagda, dessen Kraft die der anderen übertraf.
Auch von den Fir-Bolg hatte Mutter uns erzählt. Sie waren damals, in dem Großen Krieg, ebenso wie wir von den Formoren von der Insel gescheucht worden. Doch sie waren zurückgekommen. Vor uns. Das war ärgerlich. Nun mussten wir nicht nur gegen die Formoren kämpfen.
»Sie müssen durch die Luft geritten sein!«, riefen einige der hässlichen Männer, als sie zögernd in sicherer Entfernung stehenblieben.
»Vielleicht sind sie durchs Meer geschwommen?«
»Vielleicht sind es Götter!«
Hatten die verbrannten Schiffe also noch eine andere Wirkung, als unseren Rückzug zu verhindern. Sollten sie uns für Götter halten, es würde es einfach machen, die Herrschaft zu übernehmen.
Ein Erkennen ging durch die Bewohner der Insel.
»Es ist Nuada«, riefen sie. »Nuada ist auch zurückgekehrt!«
»Wer herrscht nun über euch?«, fragte Nuada laut. »Lasst nach eurem König schicken, auf dass wir miteinander sprechen.«
Unruhe breitete sich unter den Bewohnern der Insel aus, wir sahen einige Männer davonlaufen – wohl, um rasch den Herrscher zu holen. Der Rest hielt weiterhin sicheren Abstand zu uns. Tuschelte. Warf scheue Blicke auf unsere Túath.
»Miteinander sprechen?«, sagte der Dagda erstaunt. »Es wäre einfacher, die Waffen sprechen zu lassen, solange sie noch so verwundert über unsere Ankunft sind.«
Nuada schüttelte den Kopf. »Sie wurden von den Formoren vertrieben wie wir. Sie sind zurückgekehrt und haben entweder den alten Feind besiegt oder sich mit ihm ausgesöhnt. Es wird besser sein, sich friedlich mit ihnen zu einigen, als sinnlos unsere Männer im Kampf zu opfern.«
Ich warf Badb einen Blick zu, die Augenbrauen hochgezogen. Sie war Hüterin der Vorsehung, doch sie zuckte nur die Schultern.
Die Druiden hatten sich um Nuada geschart, stimmten ihm zu. Wir Tuatha Dé waren nie eine Túath des Krieges gewesen, egal, wie sehr wir versucht hatten, das seit unserer Flucht zu ändern.
In mir jedoch brannte noch das Feuer der Schiffe. Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn wir diese Meute an unförmigen Wesen mit unseren Kriegern überrannt hätten. Wir hatten mit einem Kampf gerechnet, sobald die Nebel sanken. Wenn auch gegen die Formoren. Aber Nuada war König. Er bestimmte. Er und die Druiden.
Ich sah Badb an, dass sie dasselbe dachte. Jetzt wäre es einfach. Einen ersten Sieg. Unserer Túath zeigen, dass wir unsere Heimat zurückerobern würden. Auch wenn diese Schar hier am Strand nur ein kleiner Teil der Túath der Fir-Bolg war. Es wäre ein Zeichen.
»Wie gut, dass Nuada verhandeln will«, sagte Macha. Sie war blass von der Anstrengung der letzten Tage. »Ich würde es nicht gerne sehen, wenn unsere ersten Krieger fallen würden, ehe sie auch nur eine Nacht auf Erin verbracht hatten.«
Natürlich dachte sie so. Sie war Hüterin der Menschen.
Aber vielleicht hatte sie recht. Sollte der erste Eindruck, den Erin von uns hatte, der von aufgerissener Erde sein? Wir wollten das Land gedeihen lassen, nicht sogleich als Schlachtfeld zerfurchen.
Doch ich hasste es zu warten. Noch wogten das Meer und die Tage der zaubertätigen Arbeit durch mein Blut. Ich wollte nicht hier herumstehen und darauf warten, dass der Herrscher der Fir-Bolg sich an den Strand begab. Wer wusste, wie lange das dauerte.
Ich nickte Badb zu und zog mich zurück, hinter einen der algenverklebten Felsen, die im Niemandsreich aus dem Sand ragten. Wir waren in Erin angekommen, in unserer Heimat. Ich wollte sie sehen, diese Heimat. Das Land, das ich als Kind verlassen hatte. Das Land, dessen Hüterin ich nun war.
Für Macha, Badb und den Dagda änderte sich mit unserer Ankunft nichts an ihren Aufgaben, doch für mich schon. Ich war Hüterin des Sprachlosen – der Pflanzen und der Tiere. Jahrelang hatte ich für das Wohl unserer Schiffe auf dem Meer gesorgt, für das Wohlwollen der Meerestiere uns gegenüber. Es gab keine Schiffe mehr. Nur ein Land, das mir unbekannt war, Schatten kindlicher Erinnerung.
Ungesehen wandelte ich mich in den Raben und breitete meine Flügel aus. Ich schloss die Augen, fühlte den Wind unter meinen Schwingen, das Rascheln meines Gefieders. Glückseligkeit. Hoch hob ich mich in die Luft. Auf der einen Seite das endlose Meer, über das wir gekommen waren, blau und voll salzigem Duft. Auf der anderen Erin, grün und üppig, verlockend wie eine Umarmung. Irgendwo unter den Bäumen und Wiesen jene Hügel, in denen die Unsterblichen lebten. Unser wahres Ziel.
Mutter war eine von ihnen gewesen, ehe sie sich für die Sterblichkeit entschied, der Liebe wegen. Sie hatte uns prophezeit, dass wir, ihre Kinder, nicht weiter altern würden, sobald wir Erin betraten. Jahrelang war unsere Heimat ein schwankendes Schiff gewesen, jeden Tag an einem anderen Ort, wenn wir nicht für einige Monde in fremden Orten ankerten, damit wir unser Wissen vergrößern konnten. Und hier nun, eine Heimat für alle Ewigkeit.
Ich ließ mich hinabfallen, taumelte um mich selbst, breitete die Flügel wieder aus und ließ mich vom Wind emporheben. Mild schien die Sonne durch graue Wolken, das Wasser der Flüsse glitzerte. Zwei Rehe hoben erstaunt den Kopf, als ich knapp an ihnen vorbeiflog. Es duftete nach regennassem Gras, nach einer anderen Art von Weite als auf dem Meer. Blumen in der Wiese ergaben ein Muster, dessen Sprache mir unbekannt war. Vögel sangen mir halb vergessene Lieder. Meine Erinnerungen wollten in die Melodie einstimmen, doch mein Rabenschnabel ließ nur ein Krächzen zu. Der Wind frischte auf, trug mich höher. Es war ein schönes Land, dessen Hüterin ich nun war, und ich würde jeden Winkel davon erforschen. Am liebsten gleich. Doch ich musste zurück zu den anderen. Ich konnte unser neues Leben kaum erwarten.
Von den Feuern ringsum brannte nur noch das unsere. Glutnester die anderen, schlafende Menschen um sie herum im Sand. Wachen, die als kaum wahrnehmbare Schatten um alle herum-gingen. Doch wir waren noch wach. Nuada, der Dagda, die Druiden und wir Schwestern. Das Tosen der Wellen gegen das Ufer, laut in der Stille der Nacht.
»Wir sollten eine Schlacht meiden«, sagte Diancecht, oberster der Druiden.
»Wir hätten vorhin schon kämpfen sollen«, sagte Badb. »Unserer Túath ein Zeichen setzen, einen ersten Sieg gegen diesen Haufen verunstalteter Wesen.«
»Selbst wenn wir gesiegt hätten, so wären Krieger gestorben«, sagte Nuada. »Unsere Zahl an Kampfgeübten ist nicht so groß, dass ich viele Verluste hinnehmen will. Wir brauchen unsere Männer noch gegen die Formoren.«
Ich bohrte meine Zehen in den Sand. Es war nichts Schlechtes, zu sterben. In der Anderswelt wiedergeboren zu werden.
»Wir wissen nicht, ob die Fir-Bolg mit den Formoren Frieden geschlossen haben oder sie besiegt haben«, fuhr der Ehrwürdige Alte fort, der älteste der Druiden. Sein Haar leuchtete weiß im Mondlicht, seine Stimme war leise, abgeschliffen von vielen gelebten Jahren. »Wir haben bewusst für die Rückkehr die Zeit des Jahres gewählt, wo die Formoren ihre heiligen Feste vorbereiten, in der Erwartung, dass viele von ihnen deshalb zögern werden, ihrem Herrscher in einen Kampf zu folgen. Wir haben nicht damit gerechnet, dass auch die Fir-Bolg zurückgekehrt sind, denen solche Feste nichts bedeuten.«
»Vielleicht war es ein Fehler, dass wir davon ausgingen, alles so vorzufinden, wie wir es verlassen haben«, gab Nuada zu.
»Keiner von uns hat ihre Anwesenheit in den Orakeln vorausgesehen. Die Götter haben es uns verschwiegen«, sagte der Druide, der für das Lesen der Orakel zuständig war. Ich warf einen Blick zu Badb.
»Er hat recht«, sagte sie. »Hätte es nicht die Kraft aller Drei Schwestern gebraucht, die Nebel aufrechtzuhalten, hätte eine von uns vorab an Land fliegen können, die Lage auszuforschen.«
»Hätte, könnte, Fehler oder nicht, es ist, wie es ist«, sagte der Dagda. »Aber ich stimme Badb zu, es wäre ein Leichtes gewesen, diese Schar an Fir-Bolg zu besiegen.«
»Und was dann? Ein paar Bauern besiegen, um die Krieger zu erzürnen?« Diancechts Stimme war schneidend wie die Kante einer zerbrochenen Muschel. »Wir müssen unsere Kräfte bewahren. Die Tuatha Dé waren nie eine Túath von Kriegern. Haben die Fir-Bolg mit den Formoren Frieden geschlossen, so sind diese verpflichtet, ihnen als Verbündete beizustehen. Das sind größere Schlachten, als wir erwartet haben. Haben die Fir-Bolg gegen die Formoren gewonnen, spräche das für großes Können auf ihrer Seite, was sie zu noch gefährlicheren Gegner als die Formoren macht.«
»Sie wurden damals noch rascher vertrieben als wir«, sagte ein anderer Druide, sein Gesicht im Licht der Flammen flackernd. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie jetzt gegen die Formoren siegreich waren.«
»Und? Auch wir wurden vertrieben und haben in den Jahren der Flucht alle unser Bestes getan, unser Wissen und Können in möglichst vielen Bereichen zu vergrößern. Warum sollen nicht auch sie sich verbessert haben?«, fragte Nuada.
»Weil sie eine Túath von dumpfsinnigen Fischerleuten waren«, murmelte der Druide, der für die Orakel zuständig war.
»Und wir sind eine Túath, die sich den Göttern der Künste geweiht hat«, sagte der Dagda. »Kaum einer unserer Krieger, der es nicht vorzieht, die Leier zu spielen oder sich lieber mit der Schönheit der Verzierungen seines Schwertes beschäftigt als mit der ermüdenden Arbeit des Kampfes. Trotzdem haben sie es gelernt.«
»Außer du«, sagte ich. »Du und deine Keule. Du kennst kein größeres Vergnügen, als sie zu schwingen.«
»Doch«, sagte der Dagda. »Am Feuer sitzen, den Barden lauschen und Met trinken.«
»Egal«, erhob Nuada das Wort. »Wir werden verhandeln. Vielleicht können wir uns mit ihnen verbünden, gegen die Formoren. So sie sie nicht besiegt haben. Das ist das erste, das wir herausfinden müssen.«
»War für unser Ziel denn nicht immer die Herrschaft über Erin Voraussetzung?«, fragte Macha.
Nuada sah seine Druiden an. Diancecht erhob das Wort. »Für unsere Túath zählt, dass sie hier, in unserer alten Heimat, in Frieden leben können und sie wieder von der Kraft Erins erfüllt werden. Das hat Vorrang, denn die Menschen brauchen nach den Jahren auf der Flucht wieder Beständigkeit und Sicherheit. Dass es mit unserer Rückkehr noch andere Pläne gibt, wissen sie nicht.«
»Und gut, dass sie es nicht wissen«, sagte der Ehrwürdige Alte. »Rasch sind Pläne ausgeplaudert, rasch haben die Falschen davon Wind bekommen. Es ist früh genug, dass sie es erfahren, wenn wir uns sicher sein können, erfolgreich zu sein.«
Alle nickten.
»Die Fir-Bolg sehen mir nicht nach einer Túath aus, die mit Frauen verhandeln mag. Wollt ihr also, dass wir an den Verhandlungen mit ihrem Herrscher teilnehmen?«, fragte Badb.
»Deine Gabe der Vorsehung ist stets willkommen«, sagte der Ehrwürdige Alte.
»Nein«, sagte gleichzeitig Diancecht.
Doch sein Nein war ein eindeutiger Hinweis an mich, begleitet von einem warnenden Blick. Meine Geduld war nicht die größte. Meine Fähigkeit, mich zurückzuhalten, ebenso nicht. Das Blut derer unter den Hügeln wallte wohl in mir am stärksten und die Druiden hatten es in all den Jahren der Ausbildung nicht eindämmen können.
»Ihr mögt dabei sein, wenn wir sie empfangen, doch nicht, wenn die Verhandlungen beginnen, auch wenn eure Stimmen uns fehlen mögen«, sagte Nuada.
»Dann werden wir dafür sorgen, dass unsere Gegner nicht zur Ruhe kommen, sollten die Verhandlungen scheitern«, sagte Badb und lächelte breit.
Kapitel 2
Wir hatten gemeinsam mit den Druiden die Morgenrituale abgehalten. Der Strand hallte wider mit den Gesängen unsere Túath. Unter der Dankbarkeit für die Ankunft war die Unsicherheit spürbar, wie es weitergehen würde.
Die Schar der Fir-Bolg beobachtete uns aufmerksam. Irgendwann meinte ich, das tiefe Brummen einiger ihrer Stimmen zu hören. Unsere Lieder waren mitreißend.
Ich war erfüllt von Ungeduld. Doch der Klang unserer Gebete, vermischt mit dem Tosen der Wellen und begleitet vom Funkeln der Sonne auf dem Wasser, berauschte mich. Als der letzte Ton verklungen war, sank ich auf die Knie, grub meine Hände in den feuchten Sand. Fühlte die Lieder, die das Land gemeinsam mit uns singen würde.
Es dauerte bis zum Mittag, dass ein Streitwagen kam, auf dem ein älterer Mann mit seinem Gilla, dem Wagenführer, stand. Der schmale goldene Reif auf seinem Kopf wies ihn als den Herrscher aus, ein Mann, der wohl einst ein mächtiger Krieger gewesen war, breitschultrig und groß. Aber man sah ihm die Folgen vieler Kämpfe und das Alter an.
Nuada wandte sich leise an uns Schwestern. »Eochaid mac Eirc. Immer noch.«
Die Druiden nickten.
»So seid auch ihr zurückgekehrt«, sagte Eochaid mac Eirc, sobald sein Gilla den Wagen vor uns zum Stillstand gebracht hatte. Hinter ihm ein Trupp Krieger auf ihren Pferden. Hinter uns unsere Krieger, allesamt unberitten, und die große Schar der Männer, Frauen und Kinder. Eochaid ließ den Blick über uns gleiten, ein Lächeln spielte um seine Lippen. »Leider zu spät, hier ist kein Platz mehr für euch.«
»Die Insel ist groß, groß genug, dass wir sie uns teilen, wenn wir die Formoren vertrieben haben«, sagte Nuada ruhig und bestimmt. Im Vergleich zu Eochaid wirkte er wie ein edles Ross neben einem alten Bullen. Er war trotz seiner Zierlichkeit ein guter Krieger, aber mehr noch ein Mann des Geistes.
»Wir haben Frieden mit ihnen geschlossen«, sagte Eochaid.
»So schließt auch mit uns Frieden und wir leben gemeinsam, wie in früherer Zeit.«
»Warum sollten wir? Ihr habt feige die Flucht ergriffen, als man uns als Sklaven zu den Hellenen schickte. Wir haben unsere Sklavenfesseln abgeschüttelt und sind zurückgekehrt. Warum sollten wir uns vor euch beugen?«
»Wir sind große Krieger geworden in den Jahren«, sagte Nuada. »Mächtig genug, uns unseren Platz in unserer alten Heimat zu sichern.«
Eochaid lachte. »Ihr und Krieger! Man braucht ja nur ansehen, wer ihr König ist! Du! Bekannt war dein Name auch früher, aber gewiss nicht als Krieger! Die Schätze eures Königs hast du verwaltet und ehrlich, Goldstückchen zählen während man auf seinem dünnen Hintern sitzt, macht noch lange keinen Krieger aus einem!«
Die Männer rund um ihn brachen in Gelächter aus.
»Und neben dir stehen Weiber«, fuhr Eochaid fort. »Das passt zu dir! Dich hinter dem Kittel eines Weibes verstecken. Wir Fir-Bolg, wir sind wahre Krieger. Wir nehmen nicht unsere Huren mit zu Verhandlungen.«
Ich wollte aufbegehren, doch Badb legte ihre Hand auf meinen Arm und schüttelte den Kopf.
»Lass sie nur, Morrigan. Wozu Worte verlieren, wenn Taten lauter sprechen.«
»Wir hätten gleich angreifen sollen«, brummte der Dagda.
»Du wirst noch sehen, wen du da beleidigst«, sagte Nuada. »So wählt ihr also den Kampf?«
»Ja!«, rief Eochaid und alle Fir-Bolg reckten ihre Arme in die Luft und brüllten begeistert.
»Dann sei es so«, sagte Nuada.
Dafür hätten wir nicht eine Nacht lang warten müssen.
Die Druiden beider Völker bestimmten den Tag der Schlacht, indem sie die Stäbe dazu warfen.
»In drei Tagen«, sagte Diancecht. »In drei Tagen hier an der Küste. Wählt eure besten Krieger, auf dass eure Niederlage zumindest ehrenvoll sei.«
»Üb du dich schon mal wieder im Goldstücke zählen, denn ihr werdet uns Abgaben leisten müssen, wenn wir euch und eure Hurenweiber zermalmt haben!«
Badbs Augen blitzten, als Eochaid dies sagte.
Eochaids Krieger zogen sich zu den Vorbereitungen nach Tara zurück, Ort so vieler Geschichten meiner Kindheit. Wir folgten ihnen, ungesehen. Badb, Macha und ich, begleitet von einem Trupp Krieger.
Dunkel nur erinnerte ich mich an Tara. Hier hatte ich die ersten Jahre meines Lebens verbracht. Wenig jedoch, das mir aus dieser Zeit im Gedächtnis geblieben war. Hier hatte Mutter uns an eine ihrer Mägde übergeben. Sie selbst hatte an der Seite der Krieger gekämpft, genau so, wie wir es nun taten, mit unserer Zauberkraft und der Macht unserer Stimmen. Ich hatte wütend getobt, als sie uns verließ, während Badb unberührt von ihrem Abschied wirkte. Unsere Ziehmutter trug noch lange die Narben, die meine Fingernägel in ihrem Gesicht hinterlassen hatten, als sie mich fest an sich presste, damit ich Mutter nicht nachlief.
Wir schlugen etwas entfernt der Siedlung unser Lager auf. Die Grabhügel Taras ragten kaum über die Einfriedung des Heiligen Bezirks empor. Ich erinnerte mich an den Blick, den man von ihren Kuppen aus über das weite Land hatte. Andere Erinnerungen stiegen hoch. Die Große Halle. Der Weg der Helden zwischen den Erdwällen, der zum Versammlungsplatz führte. Der Doppelgraben um die Zwillingshügel, den Badb und ich liebend gerne hinauf und hinunterliefen, wenn wir Fangen spielten. Und nun lebten diese verunstalteten Fir-Bolg dort. Nicht mehr lange.
Die Krieger formten einen Kreis um uns. Wir aßen von den Vorräten, getrockneten Fisch und etwas Brot, das wir noch aus Findian mitgenommen hatten, inzwischen hart wie Stein. Wir schwiegen. Macha wirkte müde von den Anstrengungen der letzten Tage. Badb hatte das leise Schmunzeln im Gesicht, das mir verriet, dass sie sich ausmalte, was sie Eochaid am liebsten antäte. Ich kaute an dem harten Brot und wartete, dass endlich die Sonne unterging. Dann, im Dunkel der Nacht, würden wir den Fir-Bolg zeigen, wie sehr sie sich in uns täuschten.
Drei Nächte und Tage hindurch brachten wir die Fir-Bolg um Schlaf und Ruhe. Ich ließ Feuer regnen, Macha beschwor eisige Nebel und Badb ließ Blut vom Himmel stürzen. Badb liebte Blut so wie ich Feuer. Stets waren zwei von uns dabei, den Zauber aufrecht zu erhalten, um die Fir-Bolg an Schlaf zu hindern und in Angst zu versetzen, während die dritte sich stärkte und ruhte, so wie unsere Krieger am Ufer, die sich mit Hilfe unserer Druiden für den Kampf bereiteten.
Trotzdem lehnten die Fir-Bolg Nuadas erneutes Friedensangebot ab. Wir hätten wirklich gleich kämpfen können, statt all die Tage zu warten. Mochten diese Tage unseren Kriegern Zeit gegeben haben, sich darauf vorzubereiten, nun gegen einen anderen Gegner als die Formoren zu kämpfen, so hatten auch die Fir-Bolg ihre Vorbereitungen treffen können.
Zwei Schlachten gab es. Zwei Schlachten, in denen wir Schwestern neben den Kriegsherren standen. Unsere Schreie gaben den Unseren Mut und versetzen die Fir-Bolg in Schrecken, hallten von den Hügeln ringsum wider, übertönten in meinen Ohren die Schmerzenslaute der Sterbenden. Macha stand an Nuadas Seite, Badb an der des Dagda, und ich dazwischen. In Gestalt eines alten Weibes sprang ich immer wieder von Krieger zu Krieger, versprach ihnen den Sieg, wenn sie nur standhaft und mutig blieben, denn es waren stets die Mütter und Großmütter, die es schafften, ihre Söhne und Enkel zum Durchhalten anzutreiben. Ich verachtete jene, die wimmernd kauerten, von der Angst der Schlacht übermannt. Doch wenn sie sich wieder erhoben, angestachelt von meinen Worten, liebte ich sie umso mehr. Tapfer zu kämpfen, ruhmreich zu sterben, galt auch bei den Tuatha Dé viel, obwohl unsere Túath sich dem Wissen und den Künsten mehr verschrieben hatte als der rohen Körperkraft.
Ich liebte den Schlachtenduft von Eisen und Blut. Er hatte stets Gutes verheißen, in jener letzten Zeit vor unserer Flucht, war eine der wenigen ganz klaren Erinnerungen an meine Kindheit in Erin. Ich sah Badbs Augen strahlen. Es war ein guter Geruch, zumindest in unseren Nasen.
Die erste Schlacht endete am Abend, als die Sonne unterging, die zweite begann am Morgen, sobald die Sonne sich erhob. Sie tobte rings um uns wie vor kurzem die Wellen um unsere Schiffe im Sturm. Der Dagda mähte die Feinde mit seiner Keule nieder, Nuada mit seinem Schwert aus Gorias, dessen Treffer stets tödlich waren. Mein ganzer Körper war erfüllt mit dem Rausch der Schlacht, dem Rasen meines Herzens, dem Dröhnen der Schwerter und meiner Stimme. Wie ein eigenes Wesen war so eine Schlacht. Mit seinem eigenen Herzschlag, seiner Kraft und seinem Klang. Sich diesem Wesen hinzugeben, war wie eine Vereinigung mit einem Mann. Voller Leidenschaft. Ohne störende Gedanken. Unendlich erfüllend. Durchaus auch schmerzhaft.
Die Abenddämmerung zog herauf. Bald würde die Dunkelheit auch diese Schlacht beenden. Noch war nicht abzusehen, wer den Sieg davontragen würde, die grobschlächtigen Fir-Bolg oder wir, die Túath der Künste. Morgen vielleicht schon. Unsere Aussichten standen gut.
Gerade, als auf beiden Seiten die Hornbläser dazu ansetzten, das Ende des Tages zu verkünden, da die Sonne hinter der Erdenkante verschwand, schaffte es ein feindlicher Krieger an Nuadas Schwert vorbei und schlug ihm mit einem triumphierenden Schrei den Arm ab. Macha stand neben Nuada, ihr Kampfgeschrei erstickte in ihrer Kehle. Sein Blut spritzte auf sie, rot wie unser Haar, und verschmolz mit dem Rot ihres Kleides. Sie brachte ihn in Sicherheit, während der Kampf sein abendliches Ende fand.
Erneut hatte keine der beiden Seiten gesiegt, doch hatten Eochaids Männer wesentlich mehr Verluste erfahren als wir.
Als sich die Nacht herabsenkte, war nur noch das Wimmern der Verletzten und Sterbenden zu hören. Dies war die Zeit, da unsere Ziehmutter stets mit uns über die Schlachtfelder gestrichen war, die Taschen der gefallenen Krieger nach Essbarem und Wertvollem zu durchsuchen. Das war die Zeit gewesen, da wir unsere knurrenden Mägen füllen konnten, Sattheit verspürten. Die beste Zeit des Tages.
Das lag lange hinter uns. Wir hatten Arbeit zu tun. Auf beiden Seiten wurden die Verletzten ins Lager geschleppt. Bei den Fir-Bolg die Toten auf einen Haufen gezerrt. Badb und ich flogen in unserer Vogelgestalt von Sterbendem zu Sterbenden. Es war an uns, die gefallen Krieger in die Anderswelt zu geleiten. Zuviele Tote stets in einer Schlacht, als dass die Druiden diese Aufgabe mit ihren Ritualen erfüllen konnten.
Aus der Luft bemerkte ich den König der Fir-Bolg. Eochaid mac Eirc irrte am Rande des Schlachtfelds umher, in seiner Hand ein Trinkbeutel, aus dem ein letzter Rest Wasser tropfte. Keiner seiner Männer beachtete ihn, jeder beschäftigt, sich um sich selbst oder die Verwundeten zu kümmern. Seine Augen waren rot, seine Haut ebenso. Der Tag war heiß gewesen, der Kampf hart, sein Körper nahe der Erschöpfung. Ich kreiste über ihm, verbarg alle Wasserfässer und Quellen mit einem Zauber vor seinem Blick. Immer weiter entfernte er sich vom Lager. Hinter einem Baum wandelte ich mich in meine menschliche Gestalt, trat ihm entgegen, einen prallen Trinkbeutel in Händen, der nicht mehr als ein Bild eines Zaubers war.
Er sah Hoffnung in mir, als er mich entdeckte, klammerte sich an mich, versuchte verzweifelt, den nicht vorhandenen Beutel zu fassen. Er roch nach Schweiß und baldigem Tod. Ich wurde zum Raben und  riss mit meinen Krallen seine Kehle auf. 
Ich brachte seinen goldenen Stirnreif zu den Druiden. Die Zufriedenheit, den Herrscher der Feinde getötet zu haben, wog meine Erschöpfung auf.
Sein Bruder, längst nicht so kriegsgeübt wie Eochaid, kam am nächsten Morgen in unser Lager. Er war der neue Herrscher der Fir-Bolg, sogleich von den Druiden seines Stammes dazu erwählt. Ein kriegsführender Stamm brauchte einen lebenden Herrscher. Er verlangte, die Kämpfe einzustellen, bis sein Bruder begraben wäre. Und dann, fuhr er fort, berufe er sich auf das göttliche Gesetz des Zweikampfs. Der Herrscher der Fir-Bolg gegen den Herrscher der Tuatha Dé.
Ein kluger Schlachtzug ihrer Druiden. So viel Klugheit hätte ich diesen verunstalteten Wesen gar nicht zugetraut.
Der Dagda sah zu Nuada hinüber, der auf seinem Lager aus Fellen unter dem Einfluss betäubender Kräuter schlief und mit verbundenem Armstumpf gegen das Wundfieber kämpfte, bewacht von Diancecht, dem Druiden, und dessen Schülern.
Nuada war unser König. Der Zweikampf war gefordert worden, ehe er starb oder wir einen anderen erwählen konnten. So verlangte das Gesetz es, dass keiner statt ihm kämpfen konnte.
»Es ist Nuada nicht möglich zu kämpfen«, sagte der Dagda. »Wir bieten euch an, mit uns Frieden zu schließen, so wie in alten Zeiten wieder Seite an Seite in Erin zu leben. Steigt darauf ein oder unsere Hüterinnen der Schlacht werden die Fir-Bolg nicht nur drei Tage, sondern mondelang von Schlaf und Genesung abhalten. Es brauchte nur eine von ihnen, um Eochaid zu töten, und viele werden ihm folgen.« Der Dagda wirkte noch größer und mächtiger, als er ohnehin war, als er das sagte.
Meine Schwestern und ich sahen den neuen Herrscher der Fir-Bolg an. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Der kurze Augenblick des Triumphs, dass er Nuada in einem Zweikampf besiegen würde, wich einem Blick des Schreckens, als er uns selbstsicher lächeln sah.
Am dritten Tag ergaben die Fir-Bolg sich uns und wir schlossen Frieden. Die Fir-Bolg und wir, die Tuatha Dé Dannan, die Túath der Götter der Künste.
Doch unsere Arbeit war noch nicht getan.
Wir waren Hüterinnen der Schlacht und es gab noch viele Tote des Kampfes sicher in die Anderswelt zu geleiten. Nicht in Form unserer Menschengestalt, sondern als Krähe, Rabe und Elster.
Ich liebte es, in den Kriegern vor der Schlacht das Feuer des Todesmutes zu entzünden. Badb liebte den Duft von Blut. Macha mochte die Zeit danach am liebsten, wenn sie den Männern nahe sein konnte am Weg in die Anderswelt.
»Wir sind die Hüterinnen der Tuatha Dé«, sagte Macha zufrieden, als wir uns nach getaner Arbeit ausruhten. »Auf ewig werden wir ihrem Wohlergehen dienen.«
»Wir werden erfüllen, was die Druiden für die Tuatha Dé bestimmt haben«, sagte ich. »Wir werden ihnen zur Unsterblichkeit verhelfen.«
»Geben die Götter, dass wir in dieser Aufgabe nicht versagen«, sagte Badb.
Der Klang der Vorsehung in ihrer Stimme ließ mich schaudern.
Kapitel 3
Die Fir-Bolg hatten wir besiegt. Sie zogen sich in den Westen der Insel zurück. Rituale wurden vollzogen, den Frieden mit ihnen den Göttern zu bekunden. Kinder als Geiseln ausgetauscht und im Beisein aller geschworen, einander stets unbehelligt zu lassen. Nun ging es nach Tara, dem Sitz der Herrscher. Von weitem hatte ich den Ort meiner Kindheit bereits vor der Schlacht wiedergesehen, aber ich war gespannt, was sich verändert hatte seit unserer Flucht. Welche Erinnerungen der Ort in mir wecken würde.
Noch ehe wir in Tara ankamen, schickten die Formoren einen Boten, der Verhandlungen forderte. Die Fir-Bolg hatten Abmachungen mit den Formoren gehabt. Nun galt es, ob und wie wir diese erfüllen würden.
Tagelang saßen sie im Heiligen Wald um Tara. Unsere Druiden, deren Druiden, deren Herrscher und Nuada, bleich und fiebergebeutelt. Doch niemand erwog, unseren König abzusetzen. Er hatte uns nach Erin geführt. Er teilte unseren Traum, auf ewig in Erin zu leben. Diancecht, der Druide, verfügte über starke Heilmittel, um ihn verhandlungsfähig zu halten. Und der Dagda war stets an seiner Seite, vertraut mit den Wünschen Nuadas wie ein Bruder.
Ich hielt mich fern. Diancecht hatte recht gehabt, als er mich nicht bei den Verhandlungen mit den Fir-Bolg dabei haben wollte. Ich hasste Verhandlungen. Dieses Herumgeschwänzel um Befindlichkeiten, um Wünsche und Forderungen. Es war mir unverständlich, warum man nicht einfach klar sagen konnte, was man wollte und bereit war zu geben. Ich half meiner Túath nicht, wenn ich dabeisaß und meine Ungeduld aus mir herausbrach.
Ich hatte anderes zu tun, das möglichst rasch begonnen werden sollte. Es hatte Schlachten gegeben. Es galt, die Erde, auf der Blut geflossen war, wieder zu versöhnen. Ein Gleichgewicht herzustellen zwischen der Zerstörung und dem erneuten Erblühen und Erstarken von Tieren und Pflanzen. Es brachte auch mich wieder zur Ruhe, nach dem Rausch und der Erregung des Schlachtfeldes, wenn ich erste Grashalme aus der blutgetränkten Erde sprießen ließ. Je mehr Blut, desto üppiger das Grün.
Nicht nur dort, wo wir gegen die Fir-Bolg gekämpft hatten, stärkte ich das Land mit meiner Kraft.. Es gab noch alte Wunden rund um Tara. Niemand der Formoren oder Fir-Bolg hatte sich bemüßigt gefühlt, das Land nach dem Großen Krieg zu heilen. Auch hier wandelte ich die Gefühle von Angst, Hass und Schmerz in die Kraft eines Neuanfangs. Mochten unser Ziel auch die Hügel der Unsterblichen sein, wir würden eine Weile hier leben, bis wir Zugänge zu den Hügeln fanden. Es lebte sich besser in einem Land, das nicht an alten Wunden litt.
Während der Verhandlungen schliefen wir in Zelten rund um Tara. Noch hatten wir uns den Ort nicht zu eigen gemacht. Kurz war ich mit meinen Schwestern dort gewesen, hatte mit ihnen einen Blick auf die Halle unserer Kindheit geworfen, auf die Grabhügeln des Heiligen Bezirks und den Markt außerhalb. Alles schien so viel kleiner als damals. Die Halle duster und heruntergekommen, wo sie in meiner Erinnerung doch voller bunter Wandbehänge war, hell im Schein der Fackeln leuchtend. Die Grabhügeln, für das Kind Morrigan riesige Gebilde, niedrig, von Gestrüpp und Dornen umwuchert. Nur der Markt schien größer, doch meine Erinnerung an ihn stammte aus der Zeit der Schlachten, als nur zwei oder drei Bauern hier wagten, ihre Waren auszubreiten. Dies war ein anderes Tara als jenes, in dem Badb und ich mit unserer Mutter gelebt hatten. Das Haus gleich neben dem Heiligen Bezirk, wo wir aufgewachsen waren, gab es nicht mehr. Nur verkohlte Reste zeugten noch davon. An den Brand erinnerte ich mich, am Tag der Niederlage der Tuatha Dé, am Tag unserer Flucht. Unsere Ziehmutter war darin umgekommen.
Macha hatte für uns in dem Zelt ein Lager aus Stroh und Fellen gerichtet. Es war bequem, bequemer als die harten Bohlen des Schiffes. Dennoch fehlte mir das Schaukeln der Wellen.
Als ich von einem Erkundungsflug über das Umland zurückkehrte, wirkte das Lager voll bunter Zeltplanen wie eine Blumenwiese. Stolz erfüllte mich. Die Tuatha Dé widmeten auch dem Aussehen eines übergangsmäßigen Unterstandes Beachtung. Jeder Stoff, den die Frauen herstellten, war kunstvoll. Bunt. Gemustert. Selbst die ärmste Bäuerin würde stets Pflanzen finden, ihre Wolle zu färben. Ein großer Unterschied zu den bleichen, ungefärbten Zelten der Formoren.
Wir Schwestern hatten einander den ganzen Tag nicht gesehen. Badb war bei den Verhandlungen gewesen. Macha bei den Frauen der gefallenen Krieger. Ich beim Land.
Badb sah müde aus. Und wütend. Sie schlüpfte schweigend aus Gürtel und Überkleid. Ihre Bewegungen waren ruckartig und voller Anspannung.
»Die Stimmung rund um Tara ist schlecht«, sagte Macha. Sie zwirbelte eine Haarsträhne um ihren Finger. Ihr Haar wechselte die Farbe von hellrot zu dunkel, während sie von den Erlebnissen des Tages sprach. Wie meistens saß sie in der Mitte unseres gemeinsamen Bettes, eine übriggebliebene Angewohnheit jener Zeit, da sie noch ein kleines Kind gewesen war. »Alle sind zutiefst erschüttert, dass Nuada seinen Arm verloren hat. Sie sind müde und erschöpft nach der langen Seereise und wollen sich endlich niederlassen. Es ist höchste Zeit, sich um Felder und Rinder zu kümmern, wollen wir im Winter nicht hungern. Keiner versteht, warum es so lange dauert, bis alles geklärt ist. Die Fir-Bolg sind abgezogen und noch immer wird endlos verhandelt.«
»Sie können nicht erwarten, dass es rasch geht«, sagte ich. »Selbst wenn wir nicht mit den Formoren verhandeln müssten, würde es dauern, das Land unter den hohen Kriegern mit ihrem Gefolge aufzuteilen.«
»Ich berichte ja nur, was ich mitbekomme, wenn ich den Frauen Trost zuspreche«, sagte Macha.
»Sie sollten Zuversicht dadurch gewinnen, dass Nuada den Verlust seines Armes überlebt hat«, sagte ich. »Er wird unserer Túath wieder Sicherheit geben, wie er es auch nach jedem Sturm auf dem Meer getan hat.«
Badb schnaubte. Sie schlüpfte mit so viel Wut aus ihren Schuhen, dass sie gegen die Zeltplane flogen.
»Das wird er nicht.« Sie ging zur Öffnung des Zeltes, die Macha bereits für die Nacht geschlossen hatte, und öffnete sie erneut. Tief atmete sie die kühle Nachtluft ein. Flötenspiel war aus einem der Zelte in der Nähe zuhören. Es dauerte, bis sie unsere fragenden Blicke beantwortete. »Sie haben ihn abgesetzt.«
»Was?« Macha riss die Augen auf. »Aber das können sie doch nicht machen! In Falias hat der Stein von Fál ihn doch eindeutig als unseren Herrscher bestimmt, solange er lebt!«
»Ja«, sagte Badb kühl. »Der Stein von Fál hat das bestimmt. Sagen wir. Doch der Stein von Fál hat nichts anderes getan, als geschrien, als Nuada ihn berührte, wie er jedes Mal schreit, wenn ein rechtmäßiger Herrscher ihn berührt. Die Druiden in Falias haben gesagt, er sei Herrscher über die Tuatha Dé bis an sein Lebensende, ehe sie Nuada den Stein übergaben. Die Druiden der Formoren sind der Meinung, dass ein Schrei, der auf Falias ausgestoßen wurde, nicht auf Erin gilt. Und dass ein Herrscher, der nicht mehr kämpfen kann, der nicht im Besitz aller Gliedmaßen ist, nicht weiter Herrscher sein kann.«
»Das klingt durchaus richtig«, sagte ich. »Ein Herrscher, der keinen Zweikampf bestreiten kann, ist rasch besiegt.«
»Haben sie den Stein befragt?«
»Ja, Macha.« Badb hob den Blick in den Giebel des Zeltes, seufzte. »Er schweigt.« Sie schloss die Zeltplane wieder. Draußen schrie ein Käuzchen, ein Krieger im Zelt neben uns fluchte.
»Der Stein schwieg bei jedem. Also haben sie beschlossen, selbst einen König zu bestimmen, wie die Formoren es immer tun. Denn die Túath braucht einen König und auch wir haben erst einen Herrscher durch den Stein von Fál erwählen lassen.«
»Nuada hat so viel für uns getan«, sagte Macha. »Und nun lassen wir ihn im Stich. Es war sein Traum, die Tuatha Dé hier auf Erin anzuführen, ihnen zu ewigem Leben zu verhelfen …«
»Wer ist nun unser König?«, fragte ich. »Der Dagda?«
Badb ging vor uns auf und ab, die Hände zu Fäusten geballt, ihr Haar dunkel vor Wut. »Natürlich wäre der Dagda als Hüter des Wohlstands die rechte Wahl gewesen, er war stets an Nuadas Seite wie ein Bruder, der Túath gegenüber von gleicher Macht. Doch sie haben – ich muss sagen, Macha, mit sie meine ich auch Nuada – dafür gestimmt, dass ein anderer Herrscher wird. Bress. Sohn des Formorenkönigs Elatha und einer Hohen der Unseren, die damals nicht geflohen ist.«
»Das klingt doch vernünftig«, sagte ich. »Eine Gewährleistung für den Frieden zwischen unseren Völkern. Nicht ideal für unsere Ziele, aber ein König alleine macht noch keine Herrschaft aus, egal, ob Formore oder Tuatha Dé.«
Badb sah mich böse an. »Ich sehe nichts Gutes davon kommen.«
»Du siehst selten Gutes«, sagte ich.
»Ich sehe, was ich sehe.«
Ja, sie war die Hüterin der Vorhersehung, aber auch schnell damit, rasche Urteile zu fällen.
»Und was genau siehst du?«, fragte ich.
Sie zuckte die Schultern. »Nichts Genaues. Aber die schattenhaften Bilder geben mir ein schlechtes Gefühl.«
Ich verschränkte die Arme. »Nur ein Gefühl? Hat man uns nicht gelehrt, Gefühlen nur bedingt zu vertrauen? Sie haben Nuada abgesetzt – ein Wunder, dass er das Wundfieber überlebt hat. Wäre er gestorben, hätte es auch eines anderen Herrschers bedurft. Und Nuada herrscht nicht alleine über die Tuatha Dé. Der Dagda, die Druiden, wir – wir sind alle noch da, als Gegengewicht zu diesem Bress.«
»Meine Gefühle täuschen mich selten und du bist gewiss nicht die Rechte, mich dafür zu rügen. Deine Wut ist rascher erregbar als die Brünftigkeit eines Stiers.«
Ich setzte zu einer Antwort an, doch Macha kam mir zuvor.
»Dein Gefühl wird besser werden, wenn erst die Verhandlungen wieder vorbei sind und das Leben einen ruhigen Gang annimmt. Wir sind in unserer alten Heimat!«, sagte Macha, bemüht zuversichtlich. »Davon haben wir doch geträumt, seit man uns vertrieben hat!«
Badb hob eine Augenbraue. »Du warst noch nicht einmal auf der Welt, als man uns vertrieben hat.«
Machas Wangen färbten sich rot. »Du weißt, was ich meine.«
»Dieser Bress wird schon noch sehen, was es bedeutet, König der Tuatha Dé zu sein«, sagte ich.
Badb ließ sich mit einem Seufzen auf unserem Strohlager zurücksinken und drehte sich von uns weg, der Zeltplane zu, als wolle sie schlafen. »Wenn ihr meint.«
Macha und ich warfen einander einen Blick zu. Macha zuckte die Schultern. Ich wollte schon das Öllicht löschen, da hörte ich Stimmen vor dem Zelt.
»Badb?«, fragte die Stimme des Dagda.
»Macha?«, die Nuadas.
Wir sahen einander an. So spät suchten die beiden uns auf? Was war geschehen?
»Einen Augenblick«, rief Badb. Wir schlangen uns unsere Umhänge über die Unterkleider.
Ich öffnete die Plane, die den Eingang verschloss. Draußen, im Dunkel des blassen Mondlichts, standen ohne Fackeln oder Öllampen der Dagda und Nuada – und ein dritter Mann. Erst, als sie in unser Zelt traten, erkannte ich in ihm Bress. Ich hatte den Mann, der nun unser neuer König war, nur einmal gesehen, als die Verhandlungen begannen.
»Verzeiht die späte Störung«, sagte Nuada. Er sprach leise und klang stets müde und erschöpft, seit er seinen Arm verloren hatte.
»Was ist geschehen?«, fragte Badb.
»Steht eine Schlacht bevor?«, fragte ich.
Es war eng im Zelt, der Dagda musste den Kopf einziehen. Die Männer rochen nach dem Feuer der Halle, nach Met und nach Schweiß, Nuada immer noch ungewohnt herb nach den Kräutern, mit denen die Druiden ihn stärkten.
Nuada schüttelte den Kopf. »Keine Schlacht, nein.«
»Sollen wir nicht draußen sprechen?«, sagte ich. Die Enge zu sechst in unserem Zelt war erdrückend.
»Nein«, sagte Bress. Er war noch recht jung, schlank und gutaussehend. Doch seine Augen waren kalt. »Morgen finden die Feierlichkeiten statt, mich zum König der Tuatha Dé zu ernennen. Ich möchte heute nicht Aufsehen erregen. Dies ist etwas, das ich lieber in aller Stille regeln möchte.«
Badb, Macha und ich sahen einander an. Was wollte er in unserem Zelt regeln?
»Nehmt doch Platz«, sagte Macha. »Ich glaube, wir haben noch einen Krug mit Met da.«
»Es braucht keinen Met«, sagte der Dagda. 
Wir blieben stehen. So eng voreinander, dass ich den Kopf in den Nacken legen musste, um dem Dagda ins Gesicht zu sehen. Er war ungewohnt ernst.
Ich dachte an die vielen Nächte, die wir mit Nuada und dem Dagda an Bord des Schiffes bei einem Krug Met gesessen hatten, während rings um uns alle in tiefem Schlaf lagen. Wir hatten besprochen, wohin uns die Reise weiter führen sollte, angeregt von Berichten und Hinweisen im letzten Hafen. Wir hatten Lösungen gefunden für Missstimmungen an Bord oder es einfach nur genossen, in der Stille der Nacht dazusitzen und den Wellen zu lauschen.
Die Stimmung nun war eine andere.
Immer noch sprach keiner.
»Also?«, sagte Badb und sah von einem der Männer zum anderen. »Was ist so wichtig, dass es nicht bis zum Morgen warten kann?«
»Wir haben eine Vereinbarung getroffen«, sagte Bress. Seine Finger strichen über den großen goldenen Anhänger, der um seinen Hals hing. Er sah zum Dagda hin, als fordere er ihn auf, weiterzusprechen. Der Dagda starrte ihn nur abwartend an. Auch Nuada schwieg, die Augen auf seinen eingebundenen Armstumpf gerichtet.
»Das ist erfreulich, dass die lange Zeit der Verhandlungen nun also zu einem Ende gekommen ist«, sagte Badb. »Aber doch eigentlich ein Grund, dies groß in der Halle zu verkünden, anstatt sich hier in unser Zelt zu schleichen.«
Bress richtete sich auf. Er sah uns Schwestern eine nach der anderen an. »Diese Vereinbarung betrifft auch euch. Es beginnt nun eine neue Zeit in Tara unter meiner Herrschaft. Eine Zeit, in der eure Zauberei fehl am Platze ist. Bress herrscht durch seine eigene Kraft, nicht durch die von drei zauberfähigen Druidinnen.«
»Viel Erfolg damit«, entschlüpfte mir.
Bress’ Blick traf mich wie ein Messer.
Ich lächelte kalt.
»Ich will nicht abstreiten, dass ihr im Kampf gegen die Fir-Bolg Großes geleistet habt. Deshalb komme ich auch heute zu euch, um diesen … Übergang ruhig und friedlich zu gestalten.«
»Was soll das bedeuten?« Macha sah hilfesuchend zu Nuada.
»Dass wir nicht mehr in der Nähe des Herrschers erwünscht sind«, sagte Badb.
»Unsere Anwesenheit schwächt sein Ansehen, denkt er«, sagte ich.
Bress beachtete unsere Einwürfe nicht. »Ihr zieht euch einfach zurück. Ihr habt Ruhe verdient. Es beginnt nun eine Zeit des Friedens unter meiner Herrschaft, wo ihr Hüterinnen der Schlachten euch ausruhen könnt. Ich besitze meine eigenen Druiden und Hüter für das Land, die mit ihm jeden Tag ihres Lebens vertraut sind, nicht – Fremde, wie ihr. Sucht euch einen Mann, bekommt Kinder, wie es jedem Weib ansteht. Ich will euch gestatten, euch selbst ein Stück Land zu erwählen, so besitzt ihr genug Reichtum, nicht den erstbesten Mann nehmen zu müssen. Ihr mögt auch zu den Festen kommen, doch im Rat der Großen Halle seid ihr nicht erwünscht.«
Ich wollte ihm vor die Füße spucken für seine Herablassung. Was hatten wir mit normalen Weibern zu tun? Wir waren Hüterinnen, seinen Druiden mehr als ebenbürtig. Nicht nur Hüterinnen der Schlacht. Des Landes, der Menschen, der Vorsehung. Mochte er auch Hüter haben, sie mussten Formoren sein, denn keiner unserer Druiden war damals auf Erin zurückgeblieben. Und sie besaßen gewiss nicht unsere Gaben, da Bress ja nichts von Zauberkraft hielt. Wir Schwestern waren mit den Tuatha Dé verbunden wie eine Mutter mit dem Kind in ihrem Leib. Töte die Mutter, töte die Túath.
»Und was, wenn wir drei uns nicht friedlich zurückziehen wollen?«, sagte ich.
Bress schnaubte leise. »Das habe ich beinahe erwartet, dass ihr euch widersetzen würdet. Euch Schwestern geht es wohl nicht um den Frieden eurer Túath, sondern nur um eure  eigene Macht. Anders lässt es sich nicht erklären, wenn ihr darauf besteht, euch weiterhin in die Führung der Túath einzumischen. Ihr habt eure Aufgabe erfüllt, die Tuatha Dé nach Erin zu bringen, nun überlasst das Herrschen einem, der in diesem Land aufgewachsen ist und sich besser auskennt als ihr, die ihr es als Kinder verlassen habt.«
Unsere Aufgabe war viel mehr, als die Tuatha Dé nach Erin zu führen. Ein kurzer Blick zwischen uns Schwestern, dann zu Nuada und dem Dagda. Unser Bruder hob leicht die Augenbrauen, presste die Lippen zusammen.
Wir verstanden die Warnung, nicht durch weiteres Aufbegehren das Geheimnis unseres Plans, die Ordnung der Welt auf den Kopf zu stellen, an Bress zu verraten, und versuchten, ruhig zu bleiben. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie Badb neben mir ihren Flügeln den Rückzug gebot.
»Ihr sollt morgen, wenn ich zum König ernannt werde, einen ehrenhaften Abschied erhalten. Ich will eure Túath ja nicht verärgern, aber ein Abschied muss es sein. Eure Zeit an der Seite des Herrschers ist vorbei.«
Ich setzte an, ihm eine scharfe Antwort zu geben, doch Macha fuhr dazwischen. »Es ist doch nicht so wichtig, Morrigan, ob wir im Rat sind oder nicht. Nuada und der Dagda sind es, und die Druiden, und sie werden uns berichten und unsere Meinung beachten.«
Ich sah die beiden Männer die Köpfe senken.
»Auch ihr wurdet aus dem Rat verbannt?« Ich fühlte die Federn in meinem Rücken sich vor Wut regen. Es fehlte nicht viel, dass ich Bress die Augen aushacken würde.
»Verbannt«, sagte Bress mit einem schalen Lachen. »Welch hartes Wort. Aber nein, so wie ihr sind sie in der Halle willkommen, nur zum Kreis meiner Berater gehören sie nicht.«
»Das lässt du dir gefallen?«, fragte Badb den Dagda.
Er zuckte seine breiten Schultern. Wie ein Bär, der sich auf alle Viere fallen lässt, nachdem er sich zu einem Angriff aufgerichtet hatte. »Es geht um unsere Túath. Es geht um den Frieden. Es ist Zeit, dass die Tuatha Dé nach all den Jahren zur Ruhe kommen und sich ihren Feldern und Tieren widmen können.«
Unsinn. Es war Zeit, dass wir die Herrschaft übernahmen, um mit den Unsterblichen der Hügel verhandeln zu können. Oder sollten wir etwa wie armselige Bittsteller in den Hügeln um Unterschlupf ansuchen? Nein, Morrigan bat nicht, die Tuatha Dé baten nicht – auf gleicher Augenhöhe wollten wir mit den Unsterblichen verhandeln, wir, die Herrscher Erins, sie, die Herrscher der Hügel.
»Jeder König sucht sich die Leute, die er um sich haben will«, sagte Nuada leise. »Es tut mir leid, aber Sreng hat mit seinem Schwerthieb nicht nur meinen Arm und meine Herrschaft genommen, sondern auch eure. Es ist Zeit, sich in Ruhe und Stille dem zu widmen, was nun für unsere Túath wichtig ist.«
Wir schwiegen. In mir kochte es. Schreien wollte ich. Wozu hatten wir gekämpft, wenn wir uns nun geschlagen gaben?
Badbs Hand fasste nach meiner, drückte sie. Fest und befehlend. Ich presste die Lippen zusammen, schluckte all die Worte hinunter, die ich Bress entgegenschleudern wollte.
»Nun, mir soll es recht sein«, sagte Badb schließlich. »Wer uns nicht schätzt, hat unsere Hilfe nicht verdient. Es ist spät. Wenn ihr uns nun zu Bett gehen lassen würdet?«
»Erst noch euer Wort, dass ihr euch ohne Aufsehen aus dem Rat zurückzieht«, sagte Bress. »Ich werde morgen verkünden, dass die Hüterinnen der Schlacht sich zur Ruhe begeben, da nun friedliche Zeiten bevorstehen.«
Wir sahen einander an, seufzten.
»Du hast das Wort der Drei Schwestern. Unserer Túath zuliebe«, sagte Badb.
Bress lächelte. »Dann wünsche ich euch eine gute Nacht.«
Er schritt aus dem Zelt. Nuada und der Dagda wollten ihm folgen, doch Badbs Blick bohrte sich in das Gesicht unseres Bruders. Die beiden Männer wünschten Bress vor dem Zelt eine geruhsame Nacht und kehrten zu uns zurück.
Badbs Augen blitzten sie wütend an. »So lasst ihr euch also vertreiben? Nicht einmal im Rat des Königs sitzt ihr mehr?«
»Es ist erbärmlich«, sagte ich. »Es ist ja wohl klar, dass er keinen der Tuatha Dé in seinen Rat nehmen wird, sondern nur Männer, die mit ihm hier aufgewachsen sind – da können wir uns gleich den Formoren unterwerfen! Wozu haben wir all die Jahre gekämpft und uns in Zauberkraft geübt? Dass wir nun unser Schicksal diesem eitlen Gecken anvertrauen?«
»Es ist das Beste für unsere Túath«, sagte der Dagda. »Einige unserer hohen Krieger sitzen im Rat, zwei unserer Druiden, es ist also nicht so, wie du denkst. Wir sind nicht verbannt, Morrigan, nur nicht mehr verantwortlich.«
Nuada nickte. »Wir haben gerade eine Schlacht gegen die Fir-Bolg geschlagen und viele gute Männer verloren. Sollen wir denn gleich weiterkämpfen? Bress ist unsere Gewährleistung für Frieden, für Wohlstand und Segen für unsere Túath. Ich kann nicht mehr Herrscher sein und er ist mir lieber als ein reiner Formore. Einen der Unseren verweigerten sie zu akzeptieren. Immerhin war seine Mutter eine von uns.«
»Und es gibt uns Zeit, uns unserem wahren Ziel zu widmen«, sagte der Dagda. »Die Herrschaft in Erin war doch immer nur als Zwischenschritt gedacht, ehe wir einen Weg in die Hügel finden. So können wir uns dieser Suche nun mit ganzem Herzen widmen, ohne von den Alltagsbelangen eines Herrschers vereinnahmt zu werden. Es kann auch ein Vorteil sein, dass wir uns nicht darum kümmern müssen, Gerichtstage abzuhalten, für genügend Vorräte zu sorgen und all die anderen Aufgaben, die den Rat beschäftigen.«
Wir schwiegen.
»Di Menschen werden gewiss froh sein, wenn Ruhe einkehrt und sie endlich ihre Höfe besiedeln können«, sagte Macha.
Badb seufzte. »Ich habe immer noch kein gutes Gefühl. Aber so soll es denn wohl so sein.«
Ich verschränkte die Arme. »Wie kleinmütig, seine Macht durch Zauberei bedroht zu sehen. Er mag uns zur Seite schieben wie ein paar lahmenden Kühe, aber er wird mich nicht daran hindern, für meine Túath weiter Zauber zu wirken und das Land zu hüten – oder mich in Schlachten einzumischen, sollte es zu welchen kommen.«
»Du hast ihm dein Wort gegeben«, sagte Nuada und rieb sich seinen Armstumpf. »Das Wort einer Tuatha Dé ist unumstößlich.«
»Wir gaben unser Wort, uns ohne Aufsehen aus dem Rat zurückzuziehen, mehr nicht«, sagte Badb mit einem kleinen Lächeln. Der Dagda erwiderte es, doch Nuada seufzte.
»Es wird hoffentlich zu keinen Schlachten kommen«, sagte er.
»Er kennt uns als Hüterinnen der Schlachten«, sagte ich. »Und meint wohl, als Hüterinnen des Landes sind wir nichts anderes als seine Verwalter, die Beschwerden der Bauern entgegennehmen. Dass wir weit mehr sind, das weiß er nicht, ebenso wenig wie unsere wahren Pläne – das hoffe ich doch?«
Der Dagda nickte. »Es ist kein Wort darüber gefallen.«
»Wie gut, dass du immer darauf bestanden hast, dass nur ganz wenige über diese Pläne wissen«, sagte Macha zu Badb.
»So soll es auch bleiben. Auch wenn es mir nicht gefällt, dass wir nun hinter dem Rücken unseres eigenen Herrschers handeln müssen, wir sollten ihn auf keinen Fall einweihen. Das fehlt noch, dass er dann den Formoren von unseren Plänen berichtet, in die Hügel zu gehen!« Badb schlang ihren Umhang enger um sich.
»Vielleicht ist er ja gar nicht so übel«, sagte Macha. »Ein neuer Anfang ist für jeden schwer. Wie der Dagda sagte: er wird mit dem Herrschen beschäftigt sein, das gibt uns – also, vor allem dir, Nuada – mehr Gelegenheit, uns um unsere wahren Pläne zu kümmern. Das Wichtigste ist doch, dass wir in unserer alten Heimat sind und es den Tuatha Dé Dannan gut geht.«
»Das werden wir ja sehen, ob Bress das erfüllen kann«, sagte ich.
Kapitel 4
Macha weinte bei den Feierlichkeiten am nächsten Tag, als der Druide Diancecht unserem König Nuada den dünnen Goldreif vom Kopf nahm und Bress damit krönte. Wir standen abseits. Am liebsten wäre ich gar nicht dort gewesen. Ich beobachtete die Menschen. Verunsichert wirkten sie, als Bress uns huldvoll verabschiedete. Drei Kühe und drei Pferde gab er uns als Dank für alles, das wir für die Tutha Dé getan hatten. Dazu das Recht, uns ein Stück Land zu suchen, genau wie Nuada und der Dagda und jene Druiden, die nicht mehr im Rat sitzen würden. Der Rat, großteils nun Formoren. Galle würgte in meiner Kehle, als ich ihre Gesichter betrachtete und dann die jener, die nun wie wir abseits standen, obwohl sie bis vor kurzem neben Nuada im Rat gesessen hatten. Ich machte mir Sorgen um diese Insel, wenn ich die Gier in den Augen des neuen Herrschers und seiner Vertrauten sah. Ich würde mich um die Natur kümmern. Bress musste es nicht wissen.
Der Met und die Schweine, die sich über zahlreichen Feuerstellen drehten, halfen zumindest unserer Túath über die Unsicherheit hinweg. Als das Fest in vollem Gang war, zogen wir Schwestern uns in unser Zelt zurück und packten unsere Sachen zusammen.
Wir fanden ein Haus außerhalb von Tara, einen Halbtagesmarsch vom Heiligen Bezirk und dem Markt außerhalb der Umfriedung entfernt. Wir hatten keine Lust, zu nahe an Bress zu leben. Erstaunlich schön war dieses Haus, das wohl einst einem hohen Fir-Bolg gehört hatte. Ein kleines Wäldchen lag dahinter, mit einer Quelle darin. Ein guter Ort für drei wie uns.
Innen sah es aus, als hätten die Bewohner es eben erst verlassen. Nun, es war erst einen Mond her, dass die Fir-Bolg nach Westen aufgebrochen waren. Selbst die Betten hatten sie zurückgelassen.
Einen Mond hatte es leergestanden und keine einzige Spinnwebe. Als hätte jemand sauber gemacht.
Die drei Kühe und drei Pferde brachten wir in dem Stall hinter dem Haus unter. Auch dort war es sauber.
Am ersten Abend saßen wir auf unseren Fellen rund um die Feuerstelle. Wir hatten das Haus und seine Umgebung mit Ritualen geweiht, die Götter uns freundlich gestimmt. Draußen hatten wir in der Dämmerung das Krächzen von Raben und Krähen gehört, das Schnarren von Elstern. Wir hatten einander angelächelt. Die Vögel der Insel hatten uns gefunden.
Wir hatten noch keinen Kessel, um Eintopf zu kochen. Wir aßen Brot und über den Flammen gegartes Fleisch.
Die Schatten in den Ecken des Raumes tanzten unruhig. Ich stieß Badb unauffällig in die Seite. Da waren Augen, die uns beobachteten. Sie nickte und stieß Macha an.
»Meinst du, dort ist etwas?«, fragte Macha leise. »Vielleicht ein Tier? Es sieht zu groß aus für Mäuse.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Es sind Púka«, sagte ich. »Die Druiden haben mir von ihnen erzählt. Ich habe einen von ihnen zur Kammertüre huschen gesehen.«
Ein erstauntes Geräusch kam aus den Schatten.
»Kommt nur heraus«, sagte ich. »Wir tun euch nichts.«
Ein Rascheln in den Schatten, Flüstern.
Ich griff hinter mich, wo der erste selbstgemolkene Krug Milch unserer Kühe stand.
»Wir haben Milch für euch.«
»Milch!«, tönte es ehrfürchtig.
Púka liebten Milch, hatte der Druide mir erzählt. Doch keine Kuh gab welche, die von einem Púka berührt wurde.
Vorsichtig traten drei Männchen ins Licht des Feuers. Sie waren kaum kniehoch. Schwarze, wilde Haare. Der eine hatte ein Hasenohr, der zweite ein Ziegenhorn am Kopf und der dritte stand auf Hundepfoten.
Ich stellte ihnen den Krug hin. Sie nahmen winzige Becher von ihren Gürteln und tauchten sie ein. Wir warteten, bis sie getrunken hatten.
Macha lächelte vor sich hin, wie eine Mutter, die Kindern beim Spielen zusieht. Badb sah mich an und nickte. Ja. Die Götter waren uns wohlgesinnt. Púka waren Wesen des Reichs unter den Hügeln, so wie Leprechauns oder die Far Darrigs. Unser erster Abend, und schon begegneten wir jemandem, der uns den Weg weisen konnte. Wenn wir es klug anstellten.
»Warum ihr uns sehen?«, fragte der mit dem Ziegenhorn, als er drei Becher Milch getrunken hatte. »Menschen uns nicht sehen, wenn wir so sind. Nur wenn so.«
Augenblicklich wandelten sie sich und vor uns standen ein schwarzer Hund, eine schwarze Ziege und ein schwarzes Kaninchen.
Ich lachte, genoss das Prickeln der wachsenden Federn in meinem Rücken und wandelte mich in den Raben.
Badb sah mich tadelnd an. Wir wandelten nicht vor anderen. Aber das galt für Menschen, nicht für Wesen des Reichs unter den Hügeln, deren Hilfe wir gewinnen wollten.