Fürsten-Roman 2531 - Caroline Thanneck - E-Book

Fürsten-Roman 2531 E-Book

Caroline Thanneck

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

"Ich bin Anwältin - keine Ermittlerin!" Ungläubig schaut Carolin Heller ihren Chef an.
Für dessen Freund, den Fürst von Sternau, soll sie die verschwundenen Hochzeitsdiamanten der Familie wiederfinden. Der Sohn des Fürsten, Prinz Adrian, soll sie angeblich an sich gebracht haben, um den Familienschatz zu Geld zu machen.

Wie passend, dass Prinz Adrians Geburtstag bevorsteht und man noch Personal für das große Fest sucht. So wird Carolin, als Kellnerin getarnt, auf Schloss Sternau eingeschleust, um Prinz Adrian auszuspionieren. Die junge Frau hat keine Wahl - lässt sie sich nicht auf das falsche Spiel ein, verliert sie ihren Job. Doch was zunächst als harmlose kleine Durchsuchung beginnt, gerät außer Kontrolle, als Carolin dem Prinzen viel näherkommt, als sie jemals gedacht hätte ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 127

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Die verschwundenen Hochzeitsdiamanten

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock / miramiska

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5215-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Die verschwundenen Hochzeitsdiamanten

Nichts ist so kostbar wie die wahre Liebe

Von Caroline Thanneck

Ich bin Anwältin – keine Ermittlerin!« Ungläubig schaut Carolin Heller ihren Chef an.

Für dessen Freund, den Fürst von Sternau, soll sie die verschwundenen Hochzeitsdiamanten der Familie wiederfinden. Der Sohn des Fürsten, Prinz Adrian, soll sie angeblich an sich gebracht haben, um den Familienschatz zu Geld zu machen.

Wie passend, dass Prinz Adrians Geburtstag bevorsteht und man noch Personal für das große Fest sucht. So wird Carolin, als Kellnerin getarnt, auf Schloss Sternau eingeschleust, um Prinz Adrian auszuspionieren. Die junge Frau hat keine Wahl – lässt sie sich nicht auf das falsche Spiel ein, verliert sie ihren Job. Doch was zunächst als harmlose kleine Durchsuchung beginnt, gerät außer Kontrolle, als Carolin dem Prinzen viel näherkommt, als sie jemals gedacht hätte …

»Da braut sich etwas zusammen!« Christian Heller deutete zum Himmel.

Bleigraue Wolkenberge schoben sich von Westen über das Ägäische Meer heran. Der Wind hatte bereits aufgefrischt und blähte die beiden Segel des Katamarans. Pfeilschnell schossen sie über das Wasser. Gischt sprühte um die beiden Rümpfe.

Christian hatte Mühe, das Seil festzuhalten, mit dem er die Segel im Griff behielt.

»Ein Sturm zieht auf!«

Sein Begleiter lachte nur. »Wird halb so wild.«

»Bist du sicher?«

»Klar. Ich habe den Wetterdienst überprüft, bevor wir abgelegt haben. Mach dir keine Sorgen, Chris. Abgesehen von einem Regenschauer haben wir nichts zu befürchten. Den halten wir schon aus. Wir sind schließlich nicht aus Zucker.«

»Wenn du meinst.«

Christian vertraute seinem Kommilitonen voll und ganz. Im Gegensatz zu ihm war Nils schon häufig mit dem Katamaran gesegelt. Daheim in Berlin hatte Nils ihm ständig vorgeschwärmt, wie großartig es war, frei wie der Wind über das Meer zu segeln. Angeblich sollte es nichts Schöneres geben. Im Augenblick wünschte sich Christian jedoch weit weg.

Der Wind nahm spürbar zu. Das Zweirumpf-Boot bäumte sich bei jeder Böe auf wie ein bockiges Pferd, sodass sie gegenhalten mussten. Christians Magen stülpte sich um. Sauer stieg es in seiner Kehle auf. Verbissen stemmte er sich in die Seile und beschloss, den Mund geschlossen zu halten. Soweit das Auge reichte, gab es nichts als Wasser. Sie hatten den Katamaran in Santorin gemietet und waren von dort aus gen Westen gesegelt. Anfangs war das Meer so unfassbar blau gewesen, dass sich Christian wie im Himmel gefühlt hatte. Noch niemals zuvor in seinem Leben war er so frei gewesen. Die Meere schien nur darauf zu warten, von ihm entdeckt zu werden.

Doch dann war das laue Lüftchen stärker und stärker geworden. Inzwischen peitschte es ihnen mitsamt der Gischt gehörig um die Ohren! Zum Glück hielt ihn der dunkelblaue Neoprenanzug warm, auf dem sein bester Freund bestanden hatte. Eine Rettungsweste hatte er auch angelegt. Es konnte ihnen also gar nichts passieren. Zumindest hoffte er das.

Sein Freund hatte die Navigation übernommen. Christian kannte sich in diesen Gewässern nicht aus und hatte längst die Orientierung verloren. Er hatte keine Ahnung, wie weit es bis zum Festland war. Anfangs hatten sie noch zahlreiche andere Wasserfahrzeuge gesehen: Fischerboote, Kreuzfahrtschiffe und mehr Yachten, als er auf die Schnelle zählen konnte.

Nun waren sie allein. Das war kein gutes Zeichen, oder?

»Wo sind die anderen Schiffe abgeblieben?« Christian musste seine Stimme heben, um das Tosen des Sturms zu übertönen. »Haben sie einen sicheren Hafen angesteuert? Oder sind wir hier abseits von allen Schifffahrtsrouten?«

»Woher soll ich das wissen? Hast du etwa Angst?«

»Geheuer ist es mir wirklich nicht.«

»Nun mach dir mal nicht ins Hemd wegen dem bisschen Wind.«

»Der Wind macht mir keine Sorgen, aber das da!«

Christian deutete nach vorn, wo gerade eine verästelte, silbrige Ader vom Himmel herabraste. Ein Blitz! Wenige Wimpernschläge später rumpelte der Donner heran.

Nils zuckte nun doch zusammen.

»Ein Gewitter!«, rief er. »Davon haben sie im Wetterbericht nichts gesagt. Machen wir, dass wir hier wegkommen!«

»Bin dabei. Glaubst du, wir schaffen es zurück zum Hafen, ehe das Unwetter hier ist?«

»Werden wir sehen.«

Diese wenig ermutigende Antwort veranlasste Christian, den Sitz seiner Rettungsweste zu überprüfen und den Gurt noch ein wenig strammer zu ziehen.

Sein Begleiter lachte nur. »Vergiss nicht: Unser Katamaran trägt den Namen Zeus. Der Göttervater soll liebend gern mit Blitzen geschossen haben. Wenn uns also einer trifft, schießen wir einfach zurück!«

»Womit denn?«, murmelte Christian.

Wieder schien eine silbrige Klinge den Himmel zu teilen. Diesmal klang der Donner lauter – und folgte auch schneller. Hastig nahm Christian das Seil auf und leitete mit seinem Freund die Wende ein. Längst schon klebten ihm die Haare feucht am Kopf, und Meerwasser brannte in seinen Augen.

Nach ihrem bestandenen BWL-Abschluss an der Uni hatten Nils und er beschlossen, sich einen Urlaub zu gönnen. Die langen Monate des Lernens hatten ihnen allerhand abverlangt: schlaflose Nächte und blankliegende Nerven. Sie brauchten dringend Erholung, ehe sie im Herbst ihre erste Arbeitsstelle antraten. Nach einigem Hin und Her war ihre Wahl auf Griechenland gefallen. Schönes Wetter, interessante Strände und ein schier endloses Meer für ausgedehnte Segeltouren. Es war ein perfekter Plan gewesen. Allerdings hatten sie nicht mit einem Unwetter gerechnet, das sie auf hoher See einholte.

In Christians Magen bildete sich ein Knoten.

»Wir müssen die Segel am Wind halten, sonst kippen wir um!«, rief Nils und stemmte sich in die Seile.

»Das schaffe ich nicht!« Christian zerrte und zog.

Der Katamaran steuerte einen Zickzackkurs, bis sein Freund eingriff und ihm half. Christian wollte noch etwas sagen, doch in diesem Augenblick fauchte eine Böe heran. Der rechte Rumpf des Katamarans schnellte aus dem Wasser, und Christian hatte alle Hände voll zu tun, um nicht über Bord zu fallen. Würgend klammerte er sich fest und sah seinen Freund grinsen.

»Wenn du die Fische füttern musst, dann bitte mit dem Wind!«, riet Nils ihm.

Christian winkte nur matt ab.

Sein Freund spähte umher, schien das Festland zu suchen, aber noch war der Horizont ihr einziger Anhaltspunkt.

»Wenn wir zurück sind, sehen wir zu, dass wir in trockene Klamotten kommen. Ich will heute Abend unbedingt diesen abgefahrenen Club testen. Dort sollen die hübschesten Mädchen der ganzen Insel zu finden sein.«

»Wenn wir je wieder an Land kommen«, ächzte Christian.

»Sei nicht so ein Pessimist. Bis zum Hafen sind es nur noch ein paar Kilometer. Nicht mehr als zehn, würde ich sagen.«

»Das ist eine Ewigkeit.«

»Bei dem Wind sind wir im Nu zurück. Pass auf: Du hältst schneller ein Mädchen im Arm, als du dich umdrehen kannst!«

»Schön wär’s ja.« Christian presste die Lippen zusammen.

Seit einer großen Enttäuschung hatte es für ihn nur noch sein Studium gegeben. Er hatte sich mit dem Lernen davon abgelenkt, dass sich seine Freundin in einen Doktoranden verliebt und ihn verlassen hatte. Das war seinen Noten zugutegekommen und hatte ihm einen besseren Abschluss verschafft, als er je zu hoffen gewagt hatte, aber der Preis dafür war hoch gewesen. Seine Tage und Nächte waren so einsam, dass er manchmal kaum noch wusste, wie seine Stimme klang.

Sein bester Freund schien diese Sorgen nicht zu teilen. Im Gegensatz zu ihm war Nils kontaktfreudig und hatte keine Schwierigkeiten, jemanden kennenzulernen. Schüchternheit kannte er nicht.

Nils schien seine Gedanken zu erraten, denn er zwinkerte ihm verschwörerisch zu.

»Bald sind wir wieder auf Santorin. Dann können wir uns einen schönen Abend machen. Wir werden …«

Der Rest seiner Worte ging in einem Schrei unter, als eine heftige Sturmbö den Katamaran erfasste und wie einen Spielball umkippte, bevor sie eingreifen konnten.

Ehe Christian wusste, wie ihm geschah, wurde er durch die Luft gewirbelt und stürzte rücklings vom Boot! Das Wasser schlug über ihm zusammen. Oben und unten vermischten sich zu einem strudelnden Durcheinander. Hart wurde die Luft aus seinen Lungen gepresst. Die Rettungsweste verlieh ihm Auftrieb, aber ehe sein Kopf die Wasseroberfläche durchstoßen konnte, schlug ihm krachend etwas auf den Schädel.

Der Bootsrumpf!

Sterne flammten vor seinen Augen auf. Ein wilder Schmerz explodierte in seinem Kopf und raubte ihm fast den Verstand. Jäh wurde ihm klar, dass sie es niemals zurück zum Hafen schaffen würden. Sie waren verloren. Irgendwo weit draußen auf dem Meer, wo kein Mensch sie jemals finden würde.

Das war’s für mich, wirbelte es durch seinen Kopf. Dann versank er in einem Strudel aus abgrundtiefer Schwärze.

***

In der Berliner Anwaltskanzlei Schwartze & Partner ging es normalerweise so ruhig zu, dass man das Knacken der Bücherregale unter den Stapeln von juristischer Fachliteratur hören konnte. An diesem Nachmittag jedoch füllten lebhafte Stimmen die Räume. Mehrere bunte Luftballons säumten den Eingang. Auf jedem stand ein Buchstabe. Zusammen ergaben sie die Worte: ALLES GUTE FÜR DAS BABY!

Der Besitzer der Kanzlei hatte die Babyparty widerstrebend gestattet, weil sich eine junge Kollegin in den Mutterschutz verabschiedete. Aber erst nach Feierabend, hatte er betont.

Frederik Schwartze verabscheute jedes Abweichen von seiner gewohnten Routine. Er leitete die Kanzlei seit dreißig Jahren und blieb oft bis spät in die Nacht, um zu arbeiten. Unter den Kollegen wurde gemunkelt, er würde sogar hier schlafen, aber das hatte noch niemand überprüft. Tatsache war jedoch, dass er ein zartgrün verpacktes Päckchen vorbeigebracht hatte und dann sogleich wieder in seinem Büro verschwunden war. Die Bowle hatte er ebenso verschmäht wie ein Stück von dem Kirschkuchen, den Carolin selbst gebacken hatte.

Carolin Heller hatte das Fest für ihre Kollegin Wiebke organisiert. Als Anwältin verstärkte sie seit zwei Jahren das Team der Kanzlei. Wiebke war einige Monate vor ihr gekommen und hatte sie anfangs unter ihre Fittiche genommen. Sie waren Freundinnen geworden.

»Auspacken! Auspacken!«, intonierte Gisela Birkner, die Anwaltsgehilfin und gute Seele der Kanzlei.

»Ja! Auspacken!«, fielen die Kollegen ein.

Wiebke fügte sich lächelnd und löste das Papier von dem Geschenkpaket auf ihrem Schreibtisch. Darunter kam eine Babyschale für ihr Auto zum Vorschein.

»Oh, ihr seid ja verrückt! Der ist großartig! Vielen, vielen Dank! Und … was ist denn das? Ein Gutschein?«

»Für den Wellnesstempel um die Ecke«, erklärte Carolin. »Dort kannst du dich richtig verwöhnen lassen, ehe das Baby kommt: Massage, Maniküre, Pediküre – das ganze Programm.«

»Wie herrlich! Ich danke euch allen sehr.« Wiebke umarmte zuerst Gisela, dann Felix, den Referendar, der daraufhin dunkelrote Ohren bekam. Anschließend Mark und Bertram und schließlich Carolin. Mit ihrem kugelrunden Babybauch war das alles andere als einfach. Schließlich blickte sie mit einem wehmütigen Lächeln in die Runde. »Ich werde euch vermissen.«

»Wir dich auch«, erwiderte Carolin, »aber du kannst uns ja jederzeit besuchen. Das erwarten wir sogar.«

»Und wenn du schon mal da bist, kannst du auch ein paar Schreibarbeiten erledigen«, fiel Bertram ein.

»Das würde dir gefallen, was?« Wiebke schüttelte die blonden Haare. »Daraus wird nichts. In den nächsten Monaten gibt es für mich nur das Baby. Ich freue mich so unsagbar darauf, eine Zeit lang daheim zu bleiben und Mutter zu sein.«

»Vergiss uns nur nicht ganz. Wir wollen dich nämlich wieder zurückhaben, sobald das Kleine aus dem Gröbsten raus ist.« Darin waren sich die Kollegen einig. Sie wandten sich dem Büfett zu, das Carolin in einer Ecke aufgebaut hatte. Carolin vergewisserte sich, dass alles bereitstand.

Ihre Freundin gesellte sich zu ihr und stieß hörbar den Atem aus.

»Ihr werdet mir wirklich fehlen.«

»Du uns auch, aber wir sind ja nicht aus der Welt. Außerdem wird dein kleiner Schatz bestimmt dafür sorgen, dass dir nicht langweilig wird.«

»Das glaube ich auch. Mein Mann kann es kaum erwarten, dass das Baby da ist. Er spricht schon von einem zweiten Kind. Ich habe ihm gesagt, wenn er die geschwollenen Füße und die Rückenschmerzen auf sich nimmt, geht das klar.«

»Oh, davon war er nicht begeistert, oder?«

»Im Gegenteil. Er liest alles, was ihm über Babys und Schwangerschaften in die Finger fällt. Ich glaube, er würde das Baby liebend gern austragen, wenn das nur möglich wäre.«

»Das ist wirklich süß von ihm.«

»Ja, das stimmt. Wer hätte gedacht, dass es einmal so kommt? Ich habe ihn verklagt, weil er mir ins Auto gefahren ist, und jetzt …«

»Jetzt geht ihr gemeinsam durchs Leben. Das ist so romantisch. Ich hoffe, das passiert mir eines Tages auch.«

»Was, dass dir jemand ins Auto fährt?«

»Nein, dass ich dem Mann fürs Leben begegne.«

»Oh, das wird passieren. Ganz sicher. Du darfst nur nicht zulassen, dass die Kanzlei dein Leben bestimmt.«

»Die Kanzlei? Nein, bestimmt nicht. Ich mag meine Arbeit, aber sie ist nicht alles.«

»Das hat unser Chef früher sicherlich auch gedacht, und nun sieh ihn dir an.« Wiebke schaute zu der verschlossenen Bürotür des Anwalts hinüber. »Er lässt dich ständig Überstunden machen, aber es gibt mehr als Arbeit im Leben.«

»Daran erinnert mich mein Bruder auch ständig.«

»Christian? Gut von ihm! Wie geht es ihm denn?«

»Er ist mit seinem besten Freund nach Griechenland geflogen. Zum Wandern, Segeln und Party machen. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge, wenn du mich fragst. Ich habe seit Tagen nichts von ihm gehört.«

»Die beiden lassen es krachen, was?« Ihre Kollegin kniff ein Auge zu.

»Genau das befürchte ich.«

»Mach dir keine Sorgen. Dein Bruder hat seinen Abschluss mit Auszeichnung bestanden und sich die Auszeit mehr als verdient. Ab Herbst hat ihn dann die Arbeitswelt voll im Griff. Er sollte die Zeit bis dahin genießen.«

»Ich bin ja durchaus dafür. Solange er sich nicht in Schwierigkeiten bringt.« Carolin wusste, dass ihr Bruder auf sich aufpassen konnte, aber sie war zwei Jahre älter als er und es gewohnt, auf ihn aufzupassen und sich um ihn zu sorgen. Das ließ sich nicht so einfach abstellen. »Jedenfalls wird er die griechische Sonne genießen, während wir hier das Berliner Regenwetter ertragen und schuften müssen.«

»Sagte sie und nahm sich ein Kaviar-Häppchen«, neckte ihre Kollegin.

Carolin lachte leise und griff gleich noch einmal zu.

»Frau Heller?« Die harsche Männerstimme ließ sie herumwirbeln. Die Tür zum Büro ihres Chefs stand offen. Frederik Schwartze winkte sie zu sich heran.

Carolin fing einen verwunderten Blick ihrer Kollegin auf und hob die Schultern, um zu signalisieren, dass sie nicht wusste, was er von ihr wollte. Dann straffte sie sich und betrat das Arbeitszimmer. Der Raum wurde von einem massiven Schreibtisch aus Kirschholz dominiert. Eine Wand war vollständig mit Bücherregalen bedeckt, in denen sich die Fachliteratur stapelte. An einer anderen hingen die gerahmten Zeugnisse und Abschlüsse des Anwalts.

Frederik Schwartze war ein hagerer Mann, den man nie anders als gut gekleidet sah. Jedes seiner graumelierten Haare lag an seinem Platz. Sein energisch vorgerecktes Kinn verriet, dass er keinen Widerspruch duldete. Er hielt sich stets aufrecht, auch wenn er häufig unter Rückenschmerzen litt. Er schaute Carolin prüfend über den Rand seiner schmalen Brille hinweg an, ehe er sie bat, sich zu setzen.

Sie ließ sich auf der Stuhlkante nieder und strich ihren Rock glatt. Mit einem Mal fühlte sie sich unbehaglich. Etwas hing in der Luft wie ein schlechter Geruch.

Aber was?

Lange musste sie nicht auf die Antwort warten.

»Ich weiß, Sie haben bereits Feierabend«, setzte ihr Chef an, »aber ich muss etwas mit Ihnen besprechen. Sagen Sie, kennen Sie die Familie von Sternau?«