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Sie ist Frankreichs wohl berühmteste Königin - Marie Antoinette: Glamour-Girl und Mode-Ikone, die letzte Monarchin Frankreichs. Sie wurde vergöttert und verteufelt. Ihr Hang zum Luxus ist legendär und wird ihr während der Revolution zum Verhängnis. Sie wurde vergöttert und verteufelt. Doch Marie Antoinette war zugleich Königin, Gemahlin Ludwig XVI., Mutter von vier Kindern und Geliebte des Axels von Fersen. 230 Jahre nach seiner Errichtung erlangt Marie-Antoinettes Hameau, (zu Deutsch Städtchen oder Weiler) seine alte Pracht. Marie Antoinette sah diesen Ort als Platz ihrer Selbstverwirklichung. Das Buch zeichnet ein einfühlsames, vielseitiges Porträt der französischen Königin, die sich vor der erbarmungslosen Hofetikette in ihr privates Reich zurückzog und dafür letztendlich mit dem Leben bezahlte.
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Seitenzahl: 111
Walter Brendel
Im goldenen Käfig gefangen
Texte: © Copyright by Walter Brendel
Umschlag: © Copyright by Walter Brendel
Verlag:
Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag
Gunter Pirntke
Mühlsdorfer Weg 25
01257 Dresden
Sie ist Frankreichs wohl berühmteste Königin - Marie Antoinette: Glamour-Girl und Mode-Ikone. Die letzte Monarchin Frankreichs: Marie Antoinette. Sie wurde vergöttert und verteufelt. Ihr Hang zum Luxus ist legendär und wird ihr während der Revolution zum Verhängnis. Doch Marie Antoinette war zugleich Königin, Mutter, Geliebte. Hameau, zu Deutsch Städtchen oder Weiler, war ihr Lieblingsdomizil, Marie Antoinette sah diesen Ort als Platz der Selbstverwirklichung, wo sie sich vor der erbarmungslosen Hofetikette in ihr privates Reich zurückzog und dafür letztendlich mit dem Leben bezahlte.Geboren als österreichische Erzherzogin, zwangsverheiratet mit Ludwig XVI., geköpft von Revolutionären: Über das teilweise skurrile Andenken an die französische Königin. In der Conciergerie auf der Île de la Cité, dem ältesten Teil von Paris, musste sie ihre letzten Tage verbringen. Dort also, wo einst der mittelalterliche Königspalast stand, hat sie die letzten 77 Tage ihres Lebens verbrachte, bevor sie am 16. Oktober 1793 auf der Place de la Révolution hingerichtet wurde.
Dieses dunkle, feuchte halb unterirdische Verlies war einst nicht nur das Zent-rum des Museums der französischen Revolutionsgeschichte, sondern auch eine Pilgerstätte. Viele Besucher standen hier geduldig Schlange vor jenem hölzernen Gitter, durch das man einen kurzen Blick in diese trostlose Zelle erhaschen konnte. Dort schien sie tatsächlich zu sitzen. Auf einem einfachen Holzstuhl, vor einem Tisch mit einem Kruzifix, das Gesicht vom Betrachter abgewandt, bewacht von einem Gendarm, der sie selbst in der dramatischen Intimität dieses kalten Lochs keine Sekunde aus den Augen ließ. Kein Wunder, hatte sie doch bis zuletzt mehrfach, wenn auch vergeblich, versucht, mithilfe ihrer letzten Verbündeten und Freunde dieser Zelle und ihrem Tod auf dem Schafott zu entkommen. Diese Inszenierung, so unbeholfen sie auch ausgeführt war, sie funktionierte - vielleicht gerade deswegen: Man begann unweigerlich zu flüstern, näherte sich diesem Fenster, so als wolle man sie nicht in der Andacht stören. Denn es schien, als sei sie ins Gebet vertieft, eine Bibel in der Hand.
Die arme Marie Antoinette, die Geläuterte, die durch das lange Leiden in der Haft von jenem verschwenderischen Party-Girl, das in Versailles hundert rauschende Feste gefeiert hatte, während das Volk hungerte, zu einer demütigen, bescheidenen und verantwortungsbewussten Frau gereift war. Da saß sie nun in ihrer ganzen Einsamkeit wie ein Häufchen Elend: Marie Antoinette bekam den ganzen Zorn des Revolutionsterrors zu spüren. Ihr Schicksal hat sie bis zum Ende in einer Gefasstheit getragen, die ihr niemand zugetraut hätte, obwohl sie keine wirklich juristisch messbare Schuld auf sich geladen hatte, außer jener, die Königin zu sein. Am Ende blieb ihr noch, Haltung einzunehmen. Nicht nur für die Royalisten, sondern für alle, denen dieses Schicksal mit seiner maximalen Fallhöhe ans Herz ging, war dieser Ort heilig. Bis zuletzt gab es hier Menschen, die, um Marie Antoinette zu gedenken, im Vorraum der Zelle Grablichter anzündeten oder ein paar Rosen niederlegten. Der Ort war lebendig, er hatte eine Gegenwart. 2017 endete diese Tradition. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt hat man Marie Antoinette sang- und klanglos verschwinden lassen, die Puppe weggeschafft, die Räume neu eingerichtet und sie von all den Sentimentalitäten bereinigt, die hier so lange wohlgelitten waren. Aber wird man so auch der ganzen Geschichte der Marie Antoinette gerecht? Gehört zu ihr nicht immer beides: die Darstellung der historischen Fakten, aber auch das Zulassen der Emotionen, Projektionen und Rituale, die diese Fakten bis heute auslösen?
Königin Marie Antoinette von Frankreich, 1775, nach Jean-Baptiste André Gautier-Dagoty
Welcher Gesichtspunkt hat Vorrang: jener der Geschichtswissenschaft, unter dem Marie Antoinette vor allem eine historische Figur auf dem Schachbrett der europäischen Machtpolitik ihrer Zeit erscheint? Oder jener des Volks oder jenes Teils von ihm, der diese Frau als eine der großen tragischen Gestalten der Weltgeschichte wahrnimmt und versucht, sie "von innen" zu begreifen?
Sicher ist, dass sich Menschen schon immer nicht allein für den historisch korrekten Zugang interessierten, den ihnen akademische Museumsmacher oder nationale Geschichtsdeuter verordnet haben, sondern zugleich ganz eigene Aneignungsformen entwickelt haben, mit einer ganz eigenen Legitimität "von unten" gewissermaßen. Was ist da "bedeutsamer", was hat da Vorrecht? Es gibt keine Antworten in den Kategorien "wahr" oder "falsch". Es gibt nur Entscheidungen. Für das eine oder das andere. In der Conciergerie hat man sich für mehr Nüchternheit entschieden. Wer war diese Marie Antoinette wirklich? Für ihren öffentlichen Ankläger, den Untersuchungsrichter Antoine Fouquier-Tinville, einen kalter Fanatiker, der wie so viele seiner Mitstreiter bald selbst dem Fallbeil der Revolution zum Opfer fallen sollte, war "l'Autrichienne", wie man sie verächtlich nannte, "die Geißel und Blutsaugerin der Franzosen". So schrieb er es in seine Anklageschrift, die am 14. Oktober 1793 verlesen wurde. Und für das Volk? Sie war wahlweise eine Hure oder eine Heilige, eine Märtyrerin oder eine Sünderin. Je nach Stimmung, Zeitgeist, Epoche. Sie schien als Projektionsfläche zu taugen, immer auch zum gänzlich Entgegengesetzten - und so wurde sie vereinnahmt. Es soll um die Fülle der ganz unterschiedlichen Bilder gehen, die es zu Lebzeiten, erst recht aber nach ihrem Tod von ihr gegeben hat. Wie diese so unglückliche Frau, die sich auch heute, weit über 200 Jahre nach ihrem tragischen Ende, nicht so einfach ins Totenreich der Geschichte verabschieden lässt.
Hinrichtung der Marie Antoinette 1793
Diese Frau war im goldenen Käfig gefangen, seit sie im Alter von vierzehn Jahren mit Ludwig XVI. zwangsverheiratet wurde.
Marie-Antoinette wurde am 2. November 1755 in Wien als Erzherzogin Maria Antonia von Österreich geboren. Sie war das fünfzehntes Kind und letzte Tochter von Kaiser Franz I. von Lothringen und Maria Theresia von Österreich. Die schwere Geburt und das Erdbeben von Lissabon, welches am Tag zuvor stattgefunden hatte, wurden als schlechte Vorzeichen für den weiteren Lebensweg der Erzherzogin gedeutet, zumal deren Taufpaten der König und die Königin von Portugal waren, vertreten durch Maria Antonias Geschwister Joseph (II.) und Maria Anna. Wie die anderen weiblichen Familienmitglieder musste die Erzherzogin schon mit drei Jahren Korsetts tragen, die ihr Atemprobleme bereiteten. Bereits früh zeigte sie einen Hang zur Unruhe. Sie mied oft die Unterrichtsstunden, um sich zu zerstreuen, und zeigte keinerlei Neigung, sich zu konzentrieren oder Aufgaben zu machen. Sie lernte aber Cembalo und Harfe spielen, ihr Gesangslehrer war Christoph Willibald Gluck.
Um die habsburgischen Besitzungen gegen die aggressive Politik Friedrichs II. von Preußen zu sichern, leitete Staatskanzler Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg Mitte der 1750er Jahre das Renversement des alliances: In einer „diplomatischen Revolution“ wurde der jahrhundertealte habsburgisch-französische Gegensatz beendet und ein Defensivbündnis mit Frankreich geschlossen. Um es zu festigen, verband sich das Haus Österreich-Lothringen durch mehrere Heiraten mit den Bourbonen: Von den Kindern des Kaiserpaars wurde 1760 Joseph (II.) mit Isabella von Parma verheiratet, 1765 Leopold (II.) mit Maria Luisa von Spanien, 1768 Maria Carolina mit König Ferdinand IV./III. von Neapel-Sizilien und 1769 Maria Amalia mit Herzog Ferdinand I. von Parma. Im Zuge dieser Heiratspolitik wurde frühzeitig auch eine Vermählung Maria Antonias mit dem Dauphin Ludwig August ins Auge gefasst, die das 1756 geschlossene, aber nach dem verlorenen Siebenjährigen Krieg unbeliebt gewordene Bündnis zwischen Österreich und Frankreich sichern sollte.
1769 ersuchte König Ludwig XV. für seinen Enkel und Erben um die Hand der Erzherzogin. Nachdem der Heiratsvertrag abgeschlossen war, analysierte Maria Theresia die Ausbildung ihrer Tochter und bemerkte gravierende Mängel, also wurde das Mädchen einer erzieherischen Schnellbleiche unterzogen. Auch bestand die sittenstrenge Kaiserinwitwe darauf, dass es bis zur Abreise nach Paris das Schlafgemach mit ihr teilte. Maria Antonias Französischlehrer lobte ihre Freundlichkeit, ihre Intelligenz und ihre Musikalität, jedoch sei sie weitgehend ungebildet. Die Faulheit und insbesondere die Leichtfertigkeit der Prinzessin machten es ihm schwer, sie zu unterrichten. Am 19. April 1770 fand in der Wiener Augustinerkirche die Trauung per procurationem statt. Zwei Tage später verabschiedete sich die Vierzehnjährige von Mutter und Geschwistern und trat mit großem Gefolge die Reise nach Frankreich an. Am 7. Mai erfolgte auf neutralem Gebiet, einer Rheininsel vor Straßburg, die „Übergabe“. Dort wurde das Mädchen von seiner Begleitung getrennt und neu eingekleidet. Aus Maria Antonia wurde Marie-Antoinette. In Straßburg und Zabern war sie Gast von Kardinal Rohan, der sie später in die Halsbandaffäre verwickeln sollte.
Am 16. Mai fand in Versailles die eigentliche Trauung statt. Als Abschluss der Hochzeitsfeierlichkeiten wurde am 30. Mai auf der Place Louis XV (heute Place de la Concorde) in Paris ein Fest für die Bevölkerung veranstaltet. Dabei lösten Feuerwerkskörper eine Panik aus, die zum Tod von 139 Menschen führte.
Am französischen Hof fiel die junge und unerfahrene Marie-Antoinette meist negativ auf. Als erste Hofdame wurde ihr die sittenstrenge Madame Noailles zugewiesen, doch Marie-Antoinette fühlte sich von der älteren Dame bevormundet und bezeichnete sie zumeist als Madame l’Étiquette. Der Prinzessin waren die französischen Sitten fremd und sie stützte sich fast ausschließlich auf den österreichischen Botschafter, den Grafen von Mercy-Argenteau. Dieser war ihr von Maria Theresia als Mentor beigegeben und sollte zugleich Maria Theresia auf dem Laufenden halten. So entstand die berühmte Korrespondenz Mercy-Argenteaus, eine wertvolle Chronik des Lebens Marie-Antoinettes von ihrer Heirat 1770 bis zum Tode Maria Theresias im Jahr 1780. In ihren ersten drei Ehejahren stand sie nicht nur unter dem Einfluss von Mercy, sondern auch unter dem von drei unverheirateten Töchtern des Königs – Adélaïde, Madame Victoire und Madame Sophie. Diese benutzten die naive und gutmütige Dauphine für ihre diversen Ränkespiele, die vornehmlich gegen die Mätresse des Königs gerichtet waren, die für die drei Damen eine Persona non grata war.
Beeinflusst durch die sogenannten Tanten hegte Marie-Antoinette eine große Abneigung gegen die Mätresse Ludwigs XV., Madame Dubarry. Obwohl diese viele Verbindungen am Hofe hatte, weigerte sich die Dauphine, mit ihr zu sprechen, und der Dubarry war es nicht gestattet, das Wort an die künftige Königin zu richten. Erst nachdem die Kronprinzessin dem schriftlichen Rat ihrer Mutter folgte, sich bei Hofe anzupassen (den Wunsch des Königs ignorierte sie, was der Hof als Skandal empfand), sprach sie nach zwei Jahren der Dubarry gegenüber die berühmten Worte „Il y a bien du monde aujourd’hui à Versailles“ (Es sind heute viele Leute in Versailles). Das waren die ersten und die letzten Worte, die die Dauphine an Gräfin Dubarry richtete. Nachdem Marie-Antoinette die Prinzessin Lamballe kennengelernt und einen Zirkel eigener Freunde um sich geschart hatte, wandte sie sich langsam vom Einfluss der „Tanten“ ab, was diese ihr mit zunehmender Missgunst dankten. Die Dauphine begann die Möglichkeiten ihrer Stellung auszunutzen und besuchte Bälle oder die Pariser Oper, auch protegierte sie den Komponisten Christoph Willibald Gluck, ihren ehemaligen Gesangslehrer. Eine ihrer Leidenschaften war das Pharo-Spiel, bei dem sie immer wieder große Summen verspielte. Sie gab monatlich etwa 15.000 Livres aus. Ein Großteil der Franzosen hungerte und diese Verschwendung trug nicht zur Beliebtheit Marie-Antoinettes bei.
Die Thronbesteigung des jungen Königspaars nach dem Tod Ludwigs XV. im Mai 1774 wurde enthusiastisch begrüßt. Ihre ersten Schritte brachten Marie-Antoinette aber bereits in offene Konflikte mit der anti-österreichischen Partei. So drängte sie hartnäckig auf die Entlassung des Herzogs von Aiguillon und tat alles, was in ihrer Macht stand, um den früheren Außenminister Choiseul zu berufen, der aufgrund einer Intrige der Madame Dubarry sein Amt hatte aufgeben müssen. Daher hatte sie alle Feinde Choiseuls und der österreichischen Allianz gegen sich. Die Tanten Ludwigs XVI. nannten Marie-Antoinette verächtlich l’Autrichienne, „die Österreicherin“. Dabei handelte es sich um ein Wortspiel, da es im Französischen beinahe wie l’autre chienne („die andere Hündin“) ausgesprochen wird. Ihr legerer Umgang mit der ihr verhassten Hofetikette schockierte viele Höflinge, und ihr Hang zu Vergnügungen ließ sie die Gesellschaft des Bruders des Königs, des späteren Königs Karl X. (1757–1836), und seines jungen und ausschweifenden Zirkels suchen.
Marie-Antoinette gehörte schon in Wien zu den Schülerinnen des von ihr an der Pariser Oper protégierten Christoph Willibald Gluck. In Versailles nahm sie weiter Harfenunterricht bei Philipp Joseph Hinner, ihrem ursprünglich aus Wetzlar stammenden Harfenlehrer („maître de harpe de la reine“). Nach 1760 nahm die Harfenliteratur in Paris deutlich zu. Dies könnte speziell durch ihr Beispiel, unter anderem durch ihre Harfenkonzerte in ihrem Salon, begünstigt worden sein.
Jean-Baptiste André Gautier-Dagoty: Marie-Antoinette spielt die Harfe in ihrem Salon, 1777 (Schloss Versailles)