Liebe Undercover - Uwe Goeritz - E-Book

Liebe Undercover E-Book

Uwe Goeritz

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Beschreibung

"Liebe Undercover" Altersfreigabe: ab 16 Jahren Nie im Leben hätte sich Jolie auf den Plan ihrer Freundin Isa einlassen dürfen. Sie sollte als eine Art von Treuetesterin deren Freund auf einer Dienstreise in Italien überwachen. Was am Anfang vielleicht nur verrückt geklungen hatte, das stellt sich zunehmend als schwierig dar, denn Thomas ist äußerst attraktiv und eigentlich genau das, was Jolie sich von einem Mann erwartet. Kann sie der Versuchung widerstehen, von der verbotenen Frucht zu naschen? Das ehemalige Model steckt schon bald in der Klemme zwischen der Loyalität Isa gegenüber und den eigenen Bedürfnissen nach Nähe und Zärtlichkeit. Weitere Informationen finden Sie unter http://romantik.goeritz-netz.de/

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Seitenzahl: 212

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Inhaltsverzeichnis

Anmerkungen und Warnungen

Sommerregen auf der Haut

Freundinnen

Erinnerungen

Ein Kistenberg

Ring(en) mit Zweifeln

Engel in Reserve

Ideen aus der Verzweiflung

Ein irrer Plan

Zwei Künstlerinnen

Ruhetag am See

Auftrag für eine Göttin

Ein Schloss am Meer

Die Last der Verantwortung

Miss Marple auf der Spur!

Schnecken am Abend

Ein Tag an Meer und Pool

Ein Grund zum Feiern!

Ringlein, du musst wandern!

Die Qual der Gedanken

Auf der Suche nach Sinnlichkeit

Sterne der Gier

Wie vom Blitz getroffen

Der Zauber in ihren Armen!

Abend der Freundschaften

Mit der richtigen Motivation?

Red Desire

Sex und Liebe

Das Grauen am Morgen

Sind die Zweifel zerstreut?

Leben mit der Konsequenz?

Große Pläne

Die (halbe) Wahrheit

Gemeinsame Ziele

Der letzte freie Tag?

Zwei Überraschungen

Am Wendepunkt?

Anmerkungen und Warnungen

Diese Erzählung sollte Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden.

Ausnahmslos alle Beteiligten dieser Geschichte sind erwachsen und über 21 Jahre alt.

Sämtliche Orte, Figuren, Firmen und Ereignisse dieser Erzählung sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, ob lebend oder tot, ist rein zufällig und vom Autor nicht beabsichtigt.

1. Kapitel

Sommerregen auf der Haut

Leiser Sommerregen klopfte sanft gegen das Fenster im Schlafzimmer und holte Isa aus den Träumen dieser Nacht heraus. Es musste noch ziemlich früh am Morgen sein, denn die Sonne hatte noch diese rosa Färbung, die Isa so mochte.

Auch der Wecker verkündete ihr mit den Ziffern in fast derselben Farbe, dass sie eigentlich noch mindestens zwei Stunden hätte schlafen können, doch so sehr sie sich auch bemühte, wieder einzuschlafen, gelang ihr das dennoch nicht.

Daher lauschte sie einfach nur auf den Klang der Regentropfen auf dem Fensterglas, der immer wieder durch die Schlafgeräusche des Mannes neben ihr kurz übertönt wurde.

Isa, die eigentlich auf den Namen Isabell getauft worden war, war jetzt fünfundzwanzig Jahre alt und neben ihr schlief ihr Freund Thomas, der sechs Jahre älter als sie war und den sie jetzt schon über fünf Jahre kannte.

Und seit dieser Zeit liebten sie sich, denn es hatte einfach einen großen Knall gegeben, als sie sich das erste Mal in der Uni gesehen hatten. Eine Woche danach waren sie schon zusammengezogen.

Ihr Zusammentreffen musste wohl Schicksal gewesen sein, denn es war ihr erster Tag in der Universität gewesen und Thomas‘ letzter dort.

Wäre sie damals nicht eine Woche vor der ersten Vorlesung in die Hochschule gegangen, um sich alles anzusehen, dann wären sie sich vielleicht nie begegnet! Und auch an jenem Tage war dieser wundervolle Sommerregen gefallen.

Schmunzelnd dachte sie daran zurück, wie sie händchenhaltend durch den warmen Regenguss gelaufen waren. Sie hatten nur Augen füreinander gehabt und waren dann völlig durchnässt lachend in das kleine Café gehuscht.

Herrlich war es gewesen, als er ihr die feuchten Haare aus dem Gesicht gestrichen hatte. Diese Berührung hatte ihr Herz vollends entflammt und das Feuer brannte noch immer! Das konnte kein Ozean löschen!

Und noch weiter dachte sie zurück, denn schon als Kind hatte sie dieses Gefühl der sommerlichen Tropfen auf der Haut so gemocht.

Bei der Großmutter war sie dann auf dem Dorfe immer nackt durch deren Garten gelaufen und hatte dieses Streicheln auf der Haut genossen.

Ach! Sommer, Sonne, Urlaub und warmes Wasser auf der nackten Haut! Das war einfach nur himmlisch gewesen!

Und jetzt streichelte sie mit ihren Blicken den Mann neben sich. Thomas war gutaussehend, klug, witzig und für einen Unternehmensberater auch noch wirklich gut in Form.

Momentan lag die Decke nur über seinem Unterkörper und gab ihr damit die breite Brust zum Anlehnen preis. In der Hitze der Nacht hatte er auf die Schlafanzugjacke verzichtet und seine entblößte Haut glänzte so schön im ersten Tageslicht.

Dieses Angebot musste jetzt unbedingt genutzt werden und da war es ihr im Augenblick völlig egal, dass sie ihn damit sicherlich wecken würde.

Und selbstverständlich dauerte es nur Sekunden, bis Thomas erwachte, nachdem sie ihren Kopf auf seinen Brustkorb gelegt hatte, um seinem Herzschlag zu lauschen.

„Guten Morgen, meine Schöne“, flüsterte er.

Sie hob ihm ihren Mund entgegen und wie so oft fanden sich ihre Lippen zu einem morgendlichen Kuss.

So ein wundervolles Ritual war das geworden, dass sie schon fast die Zeit davor vergessen hatte.

An jedem Morgen mit einem Kuss geweckt zu werden, oder ihn, wie am heutigen Tage, im Bett zu erhalten, war etwas, was sie sich eventuell ihr ganzes Leben lang bereits gewünscht hatte und was allerdings erst mit Thomas eingetreten war.

Alle anderen Freunde zuvor waren da anders gewesen. Nicht so einfühlsam und rücksichtsvoll.

Sie genoss den zauberhaften Kuss und da sie ja noch viel Zeit hatte, erfreute sie sich auch an den Streicheleinheiten ihres Freundes auf ihrer heiß werdenden Haut.

Konnte man ein größeres Glück finden? Wohl kaum! Das prickelte gerade so schön durch ihren Leib und fühlte sich an, wie Regentropfen von innen!

Und da war es nur noch das Sahnehäubchen darauf, dass Thomas ein so leidenschaftlicher und ausdauernder Liebhaber war.

Streichelnd befreite er sie vom Nachthemd, Isa ließ sich ins Gefühl fallen und genoss stöhnend vor Verlangen seine Zuwendungen.

Eine wundervolle Stunde später eilten sie zusammen ins Badezimmer, wo sie sich gegenseitig unter der Dusche abseiften.

Wieder war es diese Empfindung des warmen Wassers auf ihrer noch so empfindlichen Haut, das ihr eine neue wohlige Gänsehaut brachte.

Ein Tag mit Morgensex und einem Orgasmus vor dem Frühstück war einfach nur das Paradies auf Erden!

Jetzt musste sich Thomas allerdings beeilen, aber dafür war es gerade nicht wirklich hilfreich, dass er nach dem Duschen dieses atemberaubende Parfüm benutzte.

Wohl um sie damit zu quälen, denn das sagte ihr sein Gesichtsausdruck so ziemlich unmissverständlich.

Mit diesem Duft konnte ihm alles passieren!

Isa stand neben ihm, inhalierte gierig seinen Wohlgeruch und ihre Knie wurden dabei weich! Das war die reinste Folter!

„Ich liebe dich, mein Herz!“, sagte Thomas und wandte sich zum Gehen, aber so einfach wollte sie ihn jetzt nicht aus ihren Fängen lassen.

Seine Gegenwehr war mehr als halbherzig und das Handtuch, welches er sich zuvor nur locker um die Hüften geschlungen hatte, hielt ihren Ansturm auch nur einen Atemzug lang vom ersehnten Objekt ihrer Begierde ab.

Als sich eine weitere halbe Stunde später dann doch die Wohnzimmertür hinter Thomas schloss und sie, immer noch ziemlich selig lächelnd, auf dem Bett saß, zumindest zeigte ihr das gerade der Spiegel in der Tür des Schlafzimmerschrankes, hatte der Regen aufgehört und ein Regenbogen zog sich vor dem Fenster in den Himmel.

So ähnlich musste sich wohl Eva damals im Paradies gefühlt haben.

Zumindest bevor sie von der verbotenen Furcht gekostet hatte.

Ein erneuter Blick auf den Wecker trieb sie augenblicklich zur Eile an, denn an diesem Tag musste sie ihrer Freundin Ramona bis mittags in deren kleiner Kaffeestube aushelfen.

Geschwind warf sie sich die Sachen über, ordnete das Haar noch einmal vor dem Spiegel im Flur und hatte immer noch diesen Gesichtsausdruck, der hoffentlich noch eine Weile halten würde.

Zu Fuß eilte sie davon und lief in den morgendlichen Trubel des Berufsverkehres hinein.

Unzählige Menschen waren auf dem Weg zu ihren täglichen Verrichtungen und es dauerte auch nicht lange, da bog sie in die kleine Gasse ab, an deren Ende bereits die Tische auf den noch feucht glänzenden Gehweg geschoben worden waren.

Das Café lag in der Nähe der Universität und oft saßen auch einige Studentinnen darin. Das war dann immer so eine Erinnerung an das, was sie selbst vor Jahren gemacht hatte.

Und Ramona hatte sie genau in diesem Kaffeehaus kennengelernt, allerdings noch bevor die Freundin es übernommen hatte.

„Hi, Isa“, begrüßte die Freundin sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

„Ich bin Mittag bestimmt wieder da. Ich muss nur mit meiner Tochter zum Arzt“, erklärte Ramona, als müsse sie sich dafür entschuldigen, nicht selbst die Arbeit zu machen.

Isa nickte nur und schaute sich um. Noch waren alle Plätze leer, aber es würde wohl nicht mehr lange dauern, bis die bequemen Sessel in der Sonne draußen die ersten Gäste anziehen würden.

Studieren im herrlichsten Sonnenschein, mit heißem Kaffee oder einem leckeren Eis machte doch viel mehr Spaß! Das war schon damals so gewesen.

Ramona eilte davon und Isa schaltete die Kaffeemaschine ein. Die war von der Freundin bereits ausreichend bestückt und wartete nur darauf, die ersten Heißgetränke zuzubereiten und daher war der erste Testlauf des Tages natürlich auch erfolgreich.

Mit der Tasse lehnte sich Isa an den Tresen und erblickte ihr eigenes Spiegelbild hinter der Bar.

Genau an dieser Stelle hatte sie von Thomas einst ihren ersten Kuss bekommen und im Moment spürte sie seine Lippen erneut auf den ihren.

Das Lächeln ihres Spiegelbildes sprach wohl gerade Bände!

2. Kapitel

Freundinnen

Verschlafen setzte sich Jolie in ihrem Bett auf und ihr Blick fiel auf eine Wand aus Kisten und Kartons. Erst am Tage zuvor hatten sie diese Wohnung bezogen und nach dem Aufbau der Möbel waren sie irgendwann mitten in der Nacht einfach nur erschöpft ins Bett gefallen.

Das Ausräumen der Umzugskartons war dann wohl das, was jetzt notwendig werden würde, denn selbst die Kleidung für diesen Tag steckte da irgendwo drin.

Zum Glück hatte ihre Freundin Tina alle Kartons mit einem dicken Filzstift beschriftet und war beim Stapeln so umsichtig gewesen, dass alle mit dieser Aufschrift zu ihr standen.

Dummerweise war die Umzugskiste mit der Beschriftung »Jolies Wäsche« ganz unten im Stapel gelandet.

Zuletzt verladen hieß ja schließlich auch zuerst ausgeladen und darum würde jetzt ihre erste Tätigkeit darin bestehen, die Kartons umzuschichten.

Oder sollte sie einfach die Sachen des Tages zuvor wieder anziehen? Die lagen zusammengeknüllt in einem Haufen vor dem Bett, vermischt mit denen von Tina, die leise im Bett neben ihr schnarchte.

Die dunkelhaarige Freundin hatte ebenfalls einfach im T-Shirt und Slip geschlafen und sah auch in dieser Aufmachung so unglaublich heiß aus.

Vor lauter Anstrengung hatten sie am Abend so schnell geschlafen, dass der sonst obligatorische Gute-Nacht-Kuss ausgefallen war.

Mehr als drei Jahre waren sie beide jetzt schon ein Paar, aber das hier war die erste gemeinsame Wohnung, die sie auch wirklich zusammen gemietet und bezogen hatten. Bisher hatten sie nur Zimmer oder Apartments auf Zeit gehabt, meist in kleinen Hotels oder Pensionen.

Ihr Job als Model und der von Tina als Fotografin passten bislang perfekt zusammen, ließ aber für gemeinsame tägliche Normalität keinen Raum. Das würde sich ab jetzt vermutlich ändern, denn Tina hatte einen Lehrstuhl an der Akademie bekommen und setzte sich damit gewissermaßen zur Ruhe.

Professorin mit noch nicht mal dreißig, das hatte sich die Freundin in dieser Form wohl vor ein paar Jahren auch nicht träumen lassen.

Jolies eigenen Jobs würden ebenfalls erst mal eine Weile ruhen.

Sinnierend strich sie sich die ins Gesicht gefallene fuchsrote Mähne hinters Ohr und sah den Kistenberg an. Wo kam das ganze Zeugs bloß alles her? Hatten sie nicht bis vor ein paar Tagen eigentlich noch aus einem Koffer gelebt? Zumindest hatte sich das immer so angefühlt!

An den meisten der Umzugskisten stand »Tina« dran. Die ältere Freundin hatte Teile ihres Mobiliars in einem Lager untergestellt und jetzt würde wohl der Moment kommen, wo all diese bisher verwahrten Schätze ihren Platz in dieser Wohnung finden würden. Womit sich damit auch ein nicht unerheblicher Teil von Tinas Vergangenheit vor ihr ausbreiten würde.

Was da wohl für Geheimnisse und Erkenntnisse noch darin schlummerten?

Damit war es vermutlich aber eher die Neugier, die sie momentan aus dem Bett zog und nicht so sehr die Suche nach den Sachen, aber noch bevor sie sich vom Lager schleichen konnte, erwachte Tina.

„Dieses Bild würde ich gern festhalten“, flüsterte Tina und richtete sich auf.

Mit einer liebevollen Bewegung strich sie ihr eine vorwitzige Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Du hast doch schon so viele Fotos von mir gemacht“, entgegnete Jolie ihr.

„Und jedes davon ist immer anders“, säuselte ihr die Freundin ins Ohr.

„Wir sollten erst mal diesen Berg da bewältigen“, erklärte Jolie und zeigte auf die Kistenwand, die bis auf Schulterhöhe aufgestapelt war.

Tina seufzte und beugte sich näher an Jolies Ohr heran.

„Mon Coeur, mon Amour“, flüsterte sie danach.

Sofort waren die Erinnerungen an die Zeit in Paris wieder wach.

„Ich lieb es, wenn du mir was Französisches sagst“, entgegnete Jolie, und zwar mit solch einem seltsamen Akzent, dass sie beide in schallendes Gelächter ausbrachen.

„Ok, duschen, anziehen und danach Frühstück?“, fragte Tina, nachdem sie sich die Tränen vom Gesicht gewischt hatte.

„Ich hätte dich zwar gern zuvor vernascht, aber die Arbeit geht leider vor!“, setzte Tina mit einem Seufzen hinzu.

„Also machen wir es genau in dieser Reihenfolge“, antwortete Jolie mit einem Stöhnen, denn auch sie wäre jetzt liebend gern über die Freundin hergefallen, aber der Verstand sprach gerade da dagegen.

Sie schluckte die aufsteigende Gier herunter, sprang aus dem Bett und rannte zum Badezimmer hinüber.

Unterwegs flog das T-Shirt in Richtung des Stapels von Kartons, der Slip folgte unverzüglich.

Tina brauchte für dieselbe Strecke ungewöhnlich lange, aber die Freundin hatte zwei Handtücher mitgebracht, denn Jolie hatte in der Eile nicht daran gedacht, dass die noch in irgendeiner der Kisten gesteckt hatten.

Nackt unter der Dusche stehend konnten sie allerdings beide nicht mehr ihre Finger voneinander lassen. Schön war es und dauerte auch gar nicht lange, bis sie gegenseitig ihre Lust gestillt hatten.

Nach dem gemeinsamen duschen und nachdem sie beide die Kisten mit ihren Sachen gefunden und freigelegt hatten, stellte Tina fest, dass der Kühlschrank selbstverständlich komplett leer und die Kaffeemaschine noch irgendwo verpackt war.

„Ich kenne da ein Café, wo es die besten Croissants der ganzen Stadt gibt“, erklärte Jolie und dachte wieder an das kleine Bistro, das sie damals immer besucht hatte, bevor sie ihr Kunststudium abgebrochen hatte, um Model zu werden.

„Na, dann lass uns dorthin gehen, damit wir uns vor dieser Aufgabe noch etwas stärken können“, antwortete Tina und warf sich eines der Sommerkleider über, das ihr so perfekt stand.

„Und das Café ist auch noch unmittelbar neben der Uni!“, setzte Jolie hinzu, die sich auch eines der Kleider aus ihrer Kiste angelte.

Es war zwar nicht gebügelt, aber hier war es ja kein Modelljob, für den sie vorsprechen wollte und mit Tina an ihrer Seite wäre sie auch im schlabbrigen Trainingsanzug nach draußen gegangen.

Gemeinsam schlenderten sie den Weg am Park entlang und auch das war ein Platz gewesen, an dem sie sich früher gern aufgehalten hatte.

Wenn diese Bänke dort reden könnten, dann würde sie einigen davon wohl den Mund verbieten müssen, denn das war noch zu einer Zeit gewesen, als sie auch Männer gedatet hatte und in ihrer Studienzeit hatte sie es mitunter ziemlich laut krachen lassen.

Momentan lagen einige Frauen im Bikini auf den Decken und lasen in ihren Büchern. Es war nicht klar, ob es Studentinnen waren, aber es war anzunehmen, denn die Uni lag praktisch in Sichtweite von dem kleinen Teich in der Mitte des Parks.

Sie beide spazierten händchenhaltend weiter und ein paar junge Männer pfiffen ihnen hinterher. In diesem bezaubernden Kleid galten die Pfiffe sicherlich auch Tina, denn die Freundin war wirklich eine Augenweide und die sonnengebräunte Haut stand in einem wirklich verlockenden Kontrast zu dem hellen Kleid.

Aus irgendeinem Grunde hatte sie damals beschlossen, hinter der Kamera zu bleiben, obwohl sie wohl auch davor eine große Zukunft gehabt hätte. Vermutlich eine größere, als ihre eigene.

Endlich erreichten sie das Bistro und nahmen auf zwei Korbstühlen an einem Tisch vor dem Café Platz. Ein Sonnenschirm war über ihnen aufgespannt und der angenehme Wind vom nahen Fluss sorgte für zusätzliche Abkühlung.

„Das ist fast wie im Montmartre, oder sogar besser, wegen dieses Flusses dort!“, begann Tina und zeigte auf den Zufluss des Teiches.

Sofort flogen Jolies Gedanken abermals zu der Stadt der Liebe, in der sie sich damals ineinander verliebt hatten.

Die Bedienung kam aus dem Geschäft und trat zu ihnen.

„Was möchtet ihr?“, fragte sie und Jolie blickte von der Karte auf. Diese Frau kam ihr nur zu bekannt vor.

„Isa? Bist du das?“, fragte sie.

3. Kapitel

Erinnerungen

Diese Sommersprossen auf der Nase der anderen Frau kamen ihr nur zu bekannt vor. „Jolie? Ja, ich bin Isa. Seit wann bist du wieder in der Stadt? Ich habe dich ja schon ewig nicht mehr gesehen?“, entgegnete sie und wäre der anderen Frau beinahe um den Hals gefallen.

„Seit gestern erst“, entgegnete die gleich alte Freundin, sprang vom Stuhl und hatte jetzt ihrerseits die Armen um Isas Hals geschlungen.

Die andere Frau räusperte sich hörbar und Jolie löste die Umklammerung ein Stück.

„Isa, das ist Tina, meine Freundin. Tina, das ist Isa, wir haben damals zusammen studiert“, stellte die Freundin sie gegenseitig vor.

Tina reichte ihr sie Hand und nickte ihr freundlich zu.

„Freundin?“, fragte Tina jetzt.

„Ähm, Partnerin, Geliebte und bis vor ein paar Tagen gelegentlich sogar noch meine Chefin“, erklärte Jolie augenblicklich.

Tina nickte lächelnd.

„Eigentlich müsste ich jetzt sauer sein, dass du nichts von mir gesehen hast, denn ich war bisher ein ziemlich erfolgreiches Model. Oder zumindest dachte ich das bis gerade eben“, äußerte Jolie und ließ sich in den Korbsessel fallen.

„Oh, bitte entschuldige. Ich habe es nicht so mit der Mode“, entgegnete Isa ihr schnell.

Jolie winkte nur ab.

„Also? Was wollt ihr?“, fragte sie noch einmal.

„Zwei Kaffee und zwei Croissants“, antwortete Tina.

„Kommt sofort“, erwiderte Isa und ging zurück an die Maschine.

Während der Kaffee in die beiden Tassen lief, stellte sie alles, was sie sonst noch für das Frühstück brauchen würden, auf das Tablett und beobachtete dabei durch das Fenster die beiden Frauen.

Nicht einmal zwei Jahre hatten sie zusammen studiert, bevor Jolie dann beinahe von einem auf den anderen Tag verschwunden war.

Dieses Gerücht mit dem Model hatte sie bis gerade eben nicht wirklich für bare Münze genommen, aber die andere Frau hatte dem nicht widersprochen.

Selbstverständlich war Jolie schon immer sehr hübsch gewesen, aber mit ihrer Körpergröße von gerade einmal 1,70 war sie einen Zentimeter kleiner, als Isa und weit unter dem, was sie bisher für Models als Standardgröße angenommen hatte.

Die andere Frau sah da viel mehr nach Mannequin aus! Sagte man das heute überhaupt noch so? Mannequin? So hatte es der Vater früher immer gesagt, wenn im Fernsehen mal eine Modeschau zu sehen gewesen war.

Isas Blick ruhte auf den Locken der ehemaligen Freundin und sie dachte zurück. Sie hatten am selben Tag zu studieren begonnen und saßen danach im Hörsaal nebeneinander, aber während für sie mit Thomas eine eher gesittete Zeit begonnen hatte, hatte es Jolie da so richtig krachen lassen.

Von Freitagmittag bis Sonntagabend war sie keine Minute im Wohnheim gewesen.

Mitunter war sie am Sonntag gar nicht in ihr Bett gekommen, sondern direkt von der Party oder dem Bett irgendeines Kerls zum Unterricht gegangen. Und jeden Montag hatte die Freundin dann noch schnell die Hausarbeiten und Seminaraufgaben bei ihr abgeschrieben.

Die Kaffeemaschine signalisierte piepsend das Ende des Brühvorgangs und als Isa die Tassen auf das Tablett stellte, überlegte sie, ob das wohl die richtige Ernährung für ein Model sein konnte.

Die Konfitüre war einfach eine Wucht, aber der Zucker darin fiel in Sekundenbruchteilen auf die Hüften herunter.

Mehr als einmal im Monat genehmigte sie sich daher davon lieber nichts, aber Jolie konnte ja selbst entscheiden, ob sie diese Kalorienbombe auf ihr Hörnchen strich.

Zumindest war es eine Sünde wert und damit kannte sich Jolie sicherlich noch aus.

Geschickt balancierte sie das gefüllte Tablett zum Tisch. Das war etwas, was sie damals gelernt hatte, um ihr schmales Geld aufzubessern.

„Bitte schön“, sagte sie und setzte eine Warnung vor der Konfitüre hinzu.

„Ich habe die Jobs erst mal an den Nagel gehängt. Tina wird hier an der Uni eine Professur annehmen und ich spiele dann die Hausfrau!“, entgegnete Jolie und ließ dieses schallende Lachen ertönen, für das sie schon damals überall bekannt gewesen war.

Es schien eine Art von Flashback zu sein und um ein Haar hätte sich Isa zu ihr gesetzt, aber ein anderer Gast wollte bezahlen und erinnerte sie damit an ihre Arbeit.

„Wenn Ramona dann kommt, dann können wir quatschen!“, erzählte sie noch schnell und eilte zu dem anderen Tisch.

Die Arbeit zog sich und es wurde ein sehr langer Vormittag, bis Ramona endlich erschien.

Isa blickte sich zu Jolies Tisch um und nickte der Freundin zu. Jetzt hatte sie Zeit, aber offenbar drängte Tina gerade zum Aufbruch.

„Wir müssen noch alle Kisten auspacken!“, erklärte Jolie.

„Ich kann euch doch dabei helfen und wir können dann über alte Zeiten lästern“, entgegnete Isa.

Die beiden Frauen stimmten nickend zu und das Abkassieren der Freundin war ihre letzte Tätigkeit.

Scherzend, erzählend und lachend machten sie sich auf den Weg zu Tinas Wohnung.

Isa konnte sich den Nachmittag einfach so freinehmen. Es gab schon so einige Vorteile, wenn man selbstständig und Künstlerin war. Die freie Zeiteinteilung gehörte da zweifellos dazu.

Das noch nicht so üppig sprudelnde Geld war eher ein Nachteil und ohne Thomas‘ Gehalt hätte sie sich wohl kaum dieses Appartement leisten können, welches etwas größer als Tinas Wohnung war.

Die Lage und der Schnitt der Räume waren großartig, das Chaos darin allerdings unübersehbar.

Nachdem sich Tina und Jolie einfach nur im T-Shirt und Slip an das Werk gemacht hatten, musste sich Isa ein Trägerhemd von Jolie ausleihen, welches sie danach zusammen mit der kurzen Jeans beim Arbeiten trug, allerdings spannte das Kleidungsstück doch deutlich.

Am liebsten hätte sie es einfach fortgelassen, aber mit Tina in einem Raume traute sie sich das nicht.

Eine Kiste nach der anderen verschwand Tinas Besitz langsam in den Schränken und der Stapel von flach gelegten Kartonagen wuchs neben der Tür an.

„Wann hast du eigentlich festgestellt, dass du auf Frauen stehst?“, fragte Isa schließlich Jolie, als sie es vor lauter Neugier nicht mehr aushielt.

„Ich war das sicherlich schon länger und habe mich bloß nicht getraut, es zu sagen. Erst Tina hat mir geholfen, mich dazu zu bekennen!“, entgegnete die Freundin.

Gerade fiel Isa der gemeinsame Urlaub in den ersten Semesterferien wieder ein. Thomas hatte damals einen längeren Auslandsaufenthalt gehabt und statt ihn zu begleiten war sie mit Jolie in die Berge gefahren.

Sie hatten sich damals ein Zimmer in einer Pension geteilt und an einem Abend hatte Jolie sie geküsst und ziemlich intensiv gestreichelt.

Bisher hatte Isa das auf den Alkohol und die Stimmung an diesem Abend geschoben.

Obwohl die Freundin damals jeden anderen Tag bei einem der Kerle gewesen war, waren sie in jener Nacht in der Kiste gelandet, wo Jolie sie so flachgelegt hatte, wie sie es gerade mit diesen Kartons hier machte!

Hatte es Jolie damals mit den Männern nur so übertrieben, um von ihrer Neigung abzulenken?

Gerade wurde es Isa ziemlich warm und das lag nicht an der schweren Arbeit bei sommerlichen Temperaturen, sondern an der Erinnerung an jene Nacht im Hotel!

4. Kapitel

Ein Kistenberg

Die Arbeit ging erstaunlich schnell von der Hand. Eine Kiste nach der anderen wurde ausgepackt und die beiden anderen Frauen kicherten im Nebenraum mitunter wie kleine Kinder.

Sie war zwar nur fünf Jahre älter, als die beiden anderen, aber momentan fühlte sich Tina wie die einzige Erwachsene in dieser Wohnung.

Selbstverständlich hatten sich Jolie und Isa Jahre nicht gesehen und mussten jetzt alle Neuigkeiten der inzwischen vergangenen Zeit austauschen, aber das Kichern fand sie komisch.

Plötzlich verstummte es und das war so auffällig, dass sie in den anderen Raum wechselte und von der Tür zu den beiden hinübersah.

Es war schon irgendwie ein seltsames Bild, wie die beiden verschwitzen Frauen dort standen, aber Isas blutroter Kopf sagte gerade aus, dass da wohl etwas zwischen den beiden passiert war, was zumindest Isa unangenehm war.

„Was ist?“, fragte Tina, um die Sache zu klären.

„Ach nichts“, erwiderte Isa, aber ihr gequälter Gesichtsausdruck passte da irgendwie nicht dazu.

Offenbar bemerkte Isa dennoch, dass sie ihr das nicht glaubte, denn sie wischte sich eine Strähne aus der feuchten Stirn und begann danach zu erklären: „Es ist nur wegen Jolie. Ich habe gerade an unseren ersten gemeinsamen Urlaub gedacht!“

„Und daran, dass ich dich damals vernascht habe“, entgegnete Jolie.

„So etwas, in der Art“, setzte Isa ihrer Freundin entgegen.

„Es war nur diese eine Nacht. Damals habe ich mich noch nicht getraut, offen dazu zu stehen. Tina hat mir da erst den Weg gezeigt!“

„Ich hatte es bis gerade eben dem Alkohol zugeschrieben. War ich damit deine erste Frau?“, entgegnete Isa.

Jolies Schweigen war ihr allerdings wohl Antwort genug gewesen, wodurch Isa offenbar noch mehr Blut in den Kopf stieg.

Isa lächelte etwas komisch und griff nach einer der anderen Kisten.

„Die bitte nicht, da ist meine Fotoausrüstung drin“, erklärte Tina schnell und eilte zu ihr hinüber, um den besonders verpackten und wertvollen Behälter zu retten.

Tina öffnete vorsichtig die Schachtel und Isa blickte ihr über die Schulter.

„Wie viele Kameras hast du denn da drin?“, fragte sie.

Offensichtlich wollte sie damit die verfängliche Situation klären.

„Fünf! Und ein bisschen Zubehör. Was man halt so braucht, wenn man das beruflich macht“, entgegnete sie und zog ihre Lieblingskamera vorsichtig aus der Schaumstoffverpackung in der Box.

„Du bist auch sehr fotogen“, erklärte sie, als sie Isa durch den Sucher betrachtete.

„Ach nein, ich bin völlig verschwitzt!“, antwortete Isa und versuchte sich in Sicherheit zu bringen.