Santas siebente Elfe - Uwe Goeritz - E-Book

Santas siebente Elfe E-Book

Uwe Goeritz

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Beschreibung

Santas siebente Elfe Altersempfehlung: ab 16 Jahren Durch einen selbstverschuldeten Computerfehler wird Svenja, die siebente und jüngste Elfe von Santa Claus, aus ihrem beschaulichen Zuhause in der Arktis gerissen und landet mitten in unserer quirligen und verrückten Welt. Jetzt muss die Elfe versuchen, den Schaden zu begrenzen, eine kniffelige Aufgabe dabei lösen und dann auch noch einen Weg zurück zu ihren Freundinnen finden. Das scheint anfangs nicht sonderlich schwierig, aber dann tritt die Liebe in ihr Leben und verändert zuerst ihre Prioritäten, dann ihre Ansichten und zum Schluss ihr ganzes Leben. Doch hat eine Beziehung zwischen Elfe und Mensch überhaupt eine Zukunft?

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Seitenzahl: 200

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Inhaltsverzeichnis

Anmerkungen und Warnungen

Sommerwind und Schneeglanz

Ein Fehler im System?

Fünfzig Kisten mit Büchern!

Der falsche Code

Zwei Fragen, oder drei!

Eine unartige Elfe

Gute und schlechte Tage

Sommer in der Stadt

Krümelmonster unter sich

Nachtgedanken

Eine Göttin in der Dunkelheit

Im tiefroten Bereich!

(

K)Ein Tag wie jeder andere

Mäuseballett oder Schwanensee?

Nur ein kleiner Buchstabe

Ohne Schweiß kein Preis

Wo ein Wille ist

Zwei Frauen?

Am Abend eines Sommertages

Wozu sind Freunde da?

Die Sache mit Lisa-Marie

Abflug wider Willen

Ein Herz aus Silikon

Vibrationen der Seele

Das Ende der Freundschaft?

Alles anders?

Auf der falschen Liste?

Und wieder von vorn

Neue Zweifel und Ängste

Am falschen Ort?

Mit Herz und Hirn!

Keine Wahl?

Ein Weihnachtswunsch?

Männer und Frauen

Weihnachten zu Hause

Weihnachtsduft und Schneesturm

Anmerkungen und Warnungen

D iese Erzählung sollte Jugendlichen unter 16 Jahren nicht zugänglich gemacht werden.

Ausnahmslos alle Beteiligten dieser Geschichte sind erwachsen und über 21 Jahre alt.

Sämtliche Orte, Figuren, Firmen und Ereignisse dieser Erzählung sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, ob lebend oder tot, ist rein zufällig und vom Autor nicht beabsichtigt.

1. Kapitel

Sommerwind und Schneeglanz

D ie Sonne spiegelte sich auf der weißen Decke aus Schnee und der Wind säuselte leise in den verschneiten Tannen, die neben den Hütten in einem kleinen Wäldchen beieinander standen. Die Tannenbäume waren nicht wirklich sehr hoch, aber schon uralt. Hier oben gab es eigentlich sonst kaum einen Baum und das machte das winzige Gehölz für sie alle so wichtig.

Es war Juli und der einzige Unterschied zwischen den Jahreszeiten war es hier, dass im Sommer die Sonne ständig schien und im Winter sich nur die Finsternis monatelang um diese Hütten legte. Schnee gab es allerdings immer in Unmengen!

Svenja stapfte die freigeschobene Spur entlang, hatte nur einen kurzen Blick für die weiße Pracht und keine Zeit für den eigentlich lauen Sommerwind, wenn man bei -3 Grad von lau reden konnte, denn sie war gedankenverloren auf dem Weg von ihrem Haus zu ihrer Arbeitsstelle.

Sie trug einen dicken Mantel, Stiefel sowie Handschuhe und eine gestrickte Münze verbarg ihre blonde lockige Mähne.

Svenja war jetzt sechshundert Jahre alt und die jüngste der sieben Elfen, die sich um die Angelegenheiten von Santa Claus hier in seinem Hauptquartier kümmerten.

Drüben, in der Produktionsstätte, waren deutlich mehr Elfen beschäftigt und einige davon waren auch deutlich jünger als sie, aber der Weg bis dort hinüber war so unglaublich weit.

Man hatte das Werk absichtlich etwas weiter vom Hauptquartier entfernt errichtet, damit der Rauch aus dem großen Schornstein nicht die Rentiere im Stall ärgern würde, denn ein hustendes Ren konnte leicht die ganze weihnachtliche Mission gefährden.

Die letzten drei Wochen hatte Svenja Ferien gehabt, aber ab heute musste sie wieder ihre Aufgaben übernehmen.

Ihr täglicher Weg war nicht weit, schon so oft war sie hier entlang gegangen, aber heute war alles anders, und zwar nicht nur, weil der Urlaub zu Ende war, sondern auch, und das war viel schlimmer, da ab diesem Tage ein neues Computersystem ihr die Arbeit erleichtern sollte.

Ihre Obliegenheit im Hauptquartier war es, die Listen für das bald folgende Weihnachtsfest zu kontrollieren und in ihrer Verantwortung lag es damit, zu entscheiden, welches Kind brav gewesen war und welches nicht, aber sie hatte die Vermutung, dass diese Aufgabe mit dem neuen Computer erst einmal zu einer viel komplizierteren Arbeit führen würde, als mit den alten Büchern, die sie seit Jahrhunderten führte und kontrollierte.

Seufzend betrat sie das Haus, klopfte sich den Schnee von den Stiefeln, hängte den Mantel an den Haken im Flur und schob halb neugierig, halb skeptisch die Tür ihres Arbeitszimmers auf.

Der bisher so vertraute riesengroße Bücherschrank war verschwunden und dafür hatte man die ganze Wand mit mehreren Monitoren bestückt.

Ein einziges Stück Papier gab es noch in diesem Raum und das war die Anleitung des neuen Programmes, die mit den Worten »viel Glück« endete.

Das war wohl ziemlich bezeichnend dafür, was sie beim Einschalten erwarten konnte!

„Immer dieser neumodische Kram“, seufzte sie, legte das Blatt zurück auf den Schreibtisch und besah sich die Konstruktion, während sie sich die Mütze vom Kopf streifte und ihre Haare aufschüttelte, die durch die Wollmütze etwas zusammengedrückt waren.

Noch einmal und jetzt viel intensiver las sich Svenja die kurze Anleitung durch.

Wenn das wirklich alles so problemlos funktionieren würde, wie es da geschrieben stand, dann wäre das wirklich eine große Erleichterung.

Wenn!

Sie legte den Zettel abermals zurück, schaute auf den großen roten Einschaltknopf und legte den Finger darauf.

Svenja schloss die Augen, atmete tief durch und betätigte den Knopf.

Ein leises Brummen ertönte und sie öffnete vorsichtig ein Auge.

Der linke Monitor begann zu blinken, dann liefen Zahlenkolonnen in unglaublich schneller Folge von oben nach unten über den Bildschirm, gefolgt von noch mehr Namen in den verschiedensten Farben.

Das ging alles so schnell, dass sie gar nicht mit den Augen folgen, geschweige denn irgendetwas davon lesen konnte, was da über den Monitor flimmerte.

Danach sortierten sich die Namen in den jeweiligen Farben auf den anderen Monitoren, auf denen es immer mehr Einträge wurden.

Kindernamen in roten Schrift, in grüner und in blauer waren da zu sehen.

Die in der roten Farbe waren eindeutig die wenigsten und laut Anleitung sollten das die Namen derjenigen Kinder sein, die in diesem Jahr ganz sichere Kandidaten dafür waren, am Weihnachtsfest ohne Geschenk zu bleiben.

Die in blauer Schrift genannten standen noch auf der Kippe und die grünen Namen waren bisher nicht negativ aufgefallen.

So weit, so gut, wenn das denn wirklich stimmte!

Damit war es jetzt erst mal Zeit für eine schöne Tasse heiße Schokolade und dabei konnten sich die Namen ja noch jeweils anordnen.

Ihre Aufgabe wäre es dann später, bei den blauen Namen zu entscheiden, ob sie auf die eine Liste oder die andere wandern mussten und ob der Weihnachtsmann ihnen damit ein Geschenk unter den Baum legen sollte, oder es lieber ließ.

Das schien nicht so schwer zu sein, wenn man der Technik vertrauen würde!

Sie ließ den Computer brummen und ging zur Küche hinüber, um sich ein warmes Getränk zu holen.

Vorsichtig schob die sie Tür auf und blickte in den Raum. Am Herd stand Ronja, die hier die älteste Mitarbeiterin sowie ihre Ziehmutter und gleichzeitig engste Freundin war.

„Hallo Svenja, willkommen zurück! Wie war dein Urlaub?“, begrüßte Ronja sie.

„Schön und zum Glück hat sich hier nichts verändert“, seufzte Svenja bei dem vertrauten Anblick der älteren Elfe, die mit einem hölzernen Löffel im Kochtopf rührte.

„Das glaubst aber auch nur du! Eigentlich soll die Schokolade da aus dem Automaten kommen!“, erklärte Ronja und zeigte auf einen grauen Kasten in der Ecke.

„Nur mit Not habe ich die Techniker davon abhalten können, den Herd mitzunehmen. Sonst hätten wir nämlich heute nichts zu trinken“, setzte Ronja fort und goss die erste Tasse ein.

„Ich denke mal, du musst da nur den Stecker in die Dose stecken“, entgegnete Svenja und zeigte auf das Kabel, das demonstrativ über dem Gerät hing.

„Finger weg!“, antwortete Ronja und setzte hinzu: „Das hat vorhin geknallt und danach war die ganze Hütte dunkel!“

Svenja schüttelte nur den Kopf und trat zum Herd. Der Kakao duftete herrlich und Ronja goss gerade eine zweite Tasse für sie ein.

„Was macht dein Computer?“, fragte die rothaarige Elfe.

„Weiß ich noch nicht, aber meine Bücher waren mir irgendwie lieber“, antwortete Svenja und nahm den ersten Schluck von diesem wohlschmeckenden Getränk. Damit war jedes Computerupdate erträglich.

„Das wird schon werden“, erwiderte Ronja und streichelte ihr die Wange.

„Muss ja“, stöhnte Svenja, nahm ihre Tasse und ging in ihr Büro zurück.

Die Listen waren jetzt zur Ruhe gekommen und es waren gar nicht mal so viele Namen, aber so ganz sicher war sie sich nicht, ob die Kinder jeweils am richtigen Platz aufgetaucht waren.

Was wäre wohl, wenn da ein Softwarefehler dafür sorgen würde, dass die unartigen Kinder die Geschenke bekamen und die artigen leer ausgingen?

Das musste unbedingt verhindert und diese Listen da überprüft werden, aber wie sollte sie das ohne ihre Bücher kontrollieren?

Svenja seufzte abermals und blickte sich in dem Raum um.

Wie konnte sie das nur herausfinden?

Eventuell wusste Ronja, wo ihre geliebten Bücher gelandet waren.

2. Kapitel

Ein Fehler im System?

S elbstverständlich hatte Ronja gewusst, wohin die Techniker die Bücher gebracht hatten.

Im dunkelsten Zimmer, im hintersten Raum in der untersten Etage des Hauptquartiers lagerten jetzt die Bände, mit denen sie bis vor ein paar Wochen noch entschieden hatte, ob es ein Geschenk gab oder nicht.

Und soeben stieg Svenja mit dem Schlüssel in der Hand die Treppe zu diesem Keller hinab, aber so ganz wohl war ihr bei diesem Weg allerdings nicht, denn hier unten gab es auch viele Mäuse.

Trotz der Tatsache, dass sie hier schon fast sechshundert Jahre mit den grauen Nagern lebte, hatte sie sich noch nicht daran gewöhnt, ihnen zu begegnen und dann auch noch im Dunkeln des nur spärlich beleuchteten Kellergangs.

Zuvor hatte sie in ihrem Büro beschlossen, zur Prüfung der Software aus zwei Büchern jeweils fünf Namen willkürlich auszuwählen und diese dann mit den Anzeigen auf dem Computer zu vergleichen.

Stimmte das bei allen zehn Kindern und war jedes davon auf der richtigen Liste angekommen, dann wollte sie dem neuen Programm vertrauen.

War das Ergebnis nicht korrekt, dann würde der Programmierer wohl noch einmal an den Computer müssen, denn Santa erwartete von ihr, dass sie die richtigen Kinder auswählte.

Es war nicht auszudenken, was wohl geschah, wenn es da zu Fehlern bei der Zuordnung kam.

Seit vielen hundert Jahren stimmte das schon und da sollte so ein neues Computerprogramm nicht daran schuld sein, dass sie ihren guten Ruf verlor!

Sie schob sich an die verschlossene Kellerraumtür heran, steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn knarrend um.

Langsam öffnete sie die Tür, betätigte den Schalter, das gelbliche und schummrige Licht flammte auf und eine Maus huschte direkt vor ihren Füßen entlang und verschwand in ihrem Mauseloch.

„Das hat mir gerade noch gefehlt“, stöhnte sie und trat vorsichtig ein.

Der Raum war voller Kisten, Kästen und bunter Boxen und es war hier drin dermaßen staubig, dass man ganz vorsichtig atmen musste, um nicht einen schlimmen Staubsturm dadurch auszulösen.

Suchend blickte sie sich um und fragte sich, wo die Männer jetzt ihre Bücher abgestellt hatten.

„Warum hat eigentlich niemand die Kisten beschriftet?“, sagte sie laut zu sich selbst, als sie die kleinen Notizzettel bemerkte, die da jemand aufgeklebt hatte.

Sie las sich den ersten Zettel durch und stöhnte kopfschüttelnd auf. Da hatte wohl einer vom Logistikteam alles ganz akkurat machen wollen und einen sehr seltsamen Zahlencode für die Beschriftung benutzt, den vermutlich nur derjenige kannte, der diese Zettel an den Behältern befestigt hatte.

Vorsichtig zog sie den ersten Pappkarton zu sich und klappte diesen auf, danach den nächsten.

Es dauerte unendlich lange, bis sie begriffen hatte, dass die Nummern mit einem S am Anfang die Kisten aus ihrem Büro markierten.

Danach dauerte es noch ein paar Augenblicke, bis sie die Pappkiste mit der Nummer S01-G-015 gefunden hatte, diese aus dem Regal nahm und ihr der Karton dabei aus der Hand rutschte.

Polternd fiel der Buchstapel in den Raum und Svenja stand hustend in einer Wolke aus Staub.

Zu ihren Füßen lagen die Bücher mit den artigen Kindern, oder zumindest ein Teil davon.

Damit musste dann die Kiste mit S01-B-012 daneben die unartigen Kinder enthalten, wenn man der Logik eines Logistikers trauen durfte.

Sehr viel vorsichtiger zog sie an diesem Kasten, entnahm sich daraus ein Buch und stapelte den Rest der herausgefallenen Bände zurück.

Mit zwei dicken Büchern im Arm verließ sie den Kellerraum und klopfte sich im Gang davor den Schmutz aus dem Kleid, was wiederum zu einer großen Staubwolke führte, aber der Platz war hier größer und damit konnte sich der schwebende Schmutz schneller verteilen und legen.

Noch einmal prüfte sie, ob sie wirklich die richtigen Bände in den Händen hatte, um dann später nicht noch einmal hier nach unten steigen zu müssen, aber es waren zwei der Bücher, die sie jetzt zur Kontrolle brauchte.

Froh, diesem Dreck entkommen zu sein, stieg sie die Treppe wieder hinauf und brachte zuerst den Schlüssel zu Ronja zurück.

„Moment, es ist noch kein Weihnachten“, sagte die Elfenfreundin, als sie wieder gehen wollte und zog ihr danach ein paar Spinnweben aus den Haaren.

„Dankeschön“, entgegnete sie und fuhr zur Sicherheit selbst noch einmal mit der Hand durch ihre Locken.

Die Staubwolke war erneut gewaltig, fiel aber erneut sehr schnell zu Boden.

Jetzt eilte sie in ihr Büro, denn durch die lange Suche im Keller war schon eine geraume Weile vergangen und die Arbeit machte auch der Rechner nicht alleine.

Schließlich saß sie mit den beiden Büchern vor ihrem Computer und suchte zuerst fünf unartige Kinder aus dem Buch, die sie auch alle in der richtigen Aufstellung fand.

Alle fünf Namen standen in roter Schrift auf der Liste und damit war die erste Hälfte der Kontrolle schon mal relativ genau gewesen, wenn man mal davon absah, dass sie nur fünf Namen von einigen Hunderttausenden überprüft hatte.

War das eigentlich wirklich repräsentativ, was sie hier tat?

Agnetha, die bei ihnen für die Statistik zuständig war, würde dabei vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber es war ja auch nur für sie selbst, um sicherzugehen.

Damit kamen jetzt als Gegenprobe fünf artige Kinder, deren Namen sie wahllos aus dem dicken Buch heraussuchte.

Einen Eintrag nach dem anderen tippte sie in die Suchabfrage und jedes Mal blinkte der Name in grüner Schrift auf.

Viermal richtig, eigentlich schon neun Mal und sie wollte schon aufhören, aber sie hatte ja für sich selbst zehn Versuche unternehmen wollen.

Svenja tippte »Lisa-Marie« ein, drückte die Taste und der Computer gab ein trötendes Signal von sich.

Sie zuckte erschrocken zusammen, blickte zum Monitor und dort blinkte die Aufschrift „Fehleingabe! Kein Treffer in dieser Liste!“

Dann vielleicht in der mit den Wackelkandidaten, falls in den letzten drei Wochen irgendetwas Sonderbares vorgefallen war, doch abermals maulte der Rechner herum.

„Kann das sein?“, fragte sich Svenja und blickte auf die Buchseite.

„Lisa-Marie, acht Jahre!“, las sie laut vor.

Nächster Test, aber in der roten Liste war der Name definitiv enthalten.

Konnte ein kleines Mädchen innerhalb von nicht einmal einem Monat dermaßen abstürzen?

Wenn Lisa ein Junge und 15 wäre, dann hätte das eventuell sein können, aber so?

War das der Fehler in der Software, den sie befürchtet hatte?

Möglicherweise!

Doch um den letzten Zweifel auszuräumen, musste sie jetzt mehr über die letzten 21 Tage im Leben des Mädchens herausfinden!

Grübelnd stützte Svenja den Kopf in die Hand und blickte auf die Anzeige.

Lisa-Marie stand definitiv auf der roten Liste.

Nur warum?

3. Kapitel

Fünfzig Kisten mit Büchern!

V ermutlich schon seit Stunden, zumindest fühlte es sich so an, starrte Svenja jetzt schon auf dieses Foto.

Lisa-Marie war ein hübsches Mädchen mit rotblonden Haaren, die sie in zwei kleinen Zöpfen links und rechts gebunden hatte. Sie hatte viele Sommersprossen auf der Nase, kleine Grübchen in den Wangen und ein Lächeln, das jedes Herz sofort umfing.

Wie konnte so ein süßer Fratz nur dermaßen negativ auffallen?

Was hatte sie nur in den paar Tagen ungeheuerliches angestellt?

Um das zu ergründen, musste sie sich jetzt erstmal auf die Beschaffung von Informationen machen und da sie dem Computer nicht traute, war damit für sie abermals der Weg in den staubigen Keller vorgezeichnet.

Mit all den Mäusen darin, die wahrscheinlich nur darauf warteten, dass sie da erschien. Und mit dem Chaos, das die Männer beim Einräumen der Kisten unten geschaffen hatten.

In Gedanken hatte sie jetzt das Bild von dem riesigen Kistenstapel wieder im Kopf und niemand wusste, wie die Kiste beschriftet war, in der sich die gesuchte Information befand.

In ihrem alten Büro hätte sie jetzt blind in das Regal gegriffen und das richtige Buch gefunden.

Im Keller konnte das Tage dauern!

Seufzend erhob sie sich von ihrem Stuhl, nahm die beiden Bücher vom Tisch auf und ging zu Ronja, um sich nochmals den Schlüssel zu holen.

Mit der Ausrede, die Bände nach unten bringen zu müssen, erhielt sie den Schlüssel sofort.

Sie musste diese Halbwahrheit benutzen, denn sie wollte nicht mit einer voreiligen Bemerkung alle Rentiere scheu machen.

Wenn die anderen sechs Elfen das Vertrauen in den Computer verloren, nur weil sie daran zweifelte, dann wäre der Schaden vermutlich um ein Vielfaches größer, als wenn sie selbst herausbekam, aus welchen Informationen dieser Rechenknecht die Schlussfolgerung ableitete, das Lisa-Marie ein unartiges Kind war und daher kein Geschenk verdient hatte.

Derselbe Weg, dasselbe dunkle Zimmer mit Kartons und Kisten bis zur Decke und diesem kryptischen Zahlencode, für dessen Entschlüsselung man wohl auch einen Computer brauchte.

Oder den Irrsinn eines ordnungswütigen Elfenmannes!

Aber wenn alles aus ihrem Zimmer mit S anfing, dann fiel schon mal ein großer Teil der Kisten aus der Suche heraus.

Dummerweise hatte jemand wohl Ronjas, Agnethas und ihre Kartons zum selben Zeitpunkt hier nach unten getragen, denn da standen immer mal welche mit A oder R am Anfang dazwischen, was die Suche nicht wirklich erleichterte.

Und wenn man dann davon ausging, dass das B im Namen für die Bösen und das G für die guten Kinder stand, dann mussten die mit I die Informationen darüber enthalten.

Nur davon gab es so unendlich viele!

So groß war ihr das Bücherregal doch nie vorgekommen, dass da so viele Wälzer darin gestanden hatten!

Zwei Stunden später, oder waren es schon drei, standen dann fünfzig Kisten vor ihr auf dem Boden.

Fünfzig!

Das war doch der reinste Aberwitz!

Ungeachtet der Mäuse setzte sie sich auf den Boden, zog seufzend die erste Schachtel zu sich und klappte diese auf.

Lauter Bücher mit Kindern, mit einem A am Anfang des Nachnamens.

Das war es dann schon mal nicht. In der nächsten Kiste waren weniger Bücher drin, weil es nicht so viele mit einem Y gab.

Jemand hatte die Bücher auch noch nicht mal in der richtigen Reihenfolge hier abgestellt.

Svenja schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn.

„So ein Idiot!“, stöhnte sie auf und griff sich den nächsten Karton.

Unendliches Suchen später und in der 48. Kiste fand sie endlich das ersehnte Buch!

Svenja erhob sich, drückte sich den schmerzenden Rücken durch und betrachtete die durch die Nachforschung entstandene Unordnung in dem Raum.

Das würde sie in den nächsten Tagen aufräumen. Oder einfach so liegen lassen!

Sie ging aus dem Raum, knallte die Tür hinter sich zu und stieg die Treppe hinauf.

Es war sonderbar still, das Haus war völlig leer und ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es schon mitten in der Nacht war und dennoch hell, denn für die nächsten Monate gab es hier ja keine Dämmerung oder Dunkelheit mehr.

Mit einer heißen Schokolade und dem Buch setzte sie sich in ihr Büro und begann alles über Lisa-Marie zu ergründen.

In diesem Werk stand praktisch alles drin, was das Mädchen in den acht Jahren seit ihrer Geburt so gemacht hatte.

Und da gab es lediglich Positives.

Sie hatte gute Noten, selten war mal eine 3 dabei gewesen, Lisa ging ins Ballett, hatte dutzende beste Freundinnen und lebte in einer kleinen Stadt in der Mitte Deutschlands, mit Vater, Mutter und Großmutter. Das Mädchen liebte Katzen und Hasen und half sogar gelegentlich in der Nachbarschaft aus.

Nicht ein einziger Eintrag davon würde ausreichen, ihr nicht die gewünschte Puppe zu übergeben!

Der letzte Vermerk war allerdings schon acht Wochen alt. Was war in dieser Zeit nur vorgefallen, wodurch das Mädchen so aus der Bahn geworfen wurde?

Oder hatte der Computer sich einfach nur vertan?

Zweifelnd blickte sie den brummenden grauen Kasten in der Zimmerecke an. Nach was für einem Algorithmus berechnete der eigentlich, welches Kind lieb war und welches nicht?

Sollte sie da bei der Hotline anrufen? Oder versuchen, es selbst zu ergründen?

Zumindest musste sie jetzt erst einmal herausfinden, was in den fehlenden Tagen passiert war, denn nach den Aufzeichnungen in dem Buch hätte man Lisas Bild vorn am Eingang an der Bestentafel befestigen können, als leuchtendes Beispiel für alle anderen Kinder!

Oder ihr Name hätte im goldenen Buch des Weihnachtsmannes gestanden!

Svenja klappte das Notizbuch zu und sah erneut zu dem PC hinüber.

War es möglich, einen Blick hinter die Oberfläche zu werfen, um aufzuklären, was der Computer wusste und sie nicht?

Wo speicherte der nur die Informationen ab und wie kam sie da heran?

Konnte dabei die Hotline helfen?

Oder das dicke Handbuch, das Ronja Stunden zuvor im Aufenthaltsraum unter ein Tischbein gelegt hatte, weil das Möbelstück gekippelt hatte?

Momentan traute sie Büchern mehr, als allem anderen und da auch noch der Kakao alle war, machte sie sich auf den Weg in den Aufenthaltsraum.

Mit dem Handbuch und einer neuen Tasse schöner heißer Schokolade lief sie wenig später zurück in ihr Büro.

Die nächste Stunde verging damit, herauszufinden, wie man an die richtigen Informationen kam. Oder zumindest erst einmal das richtige Kapitel im Handbuch fand, denn das war zwar wundervoll geschrieben, wenn man wusste, wie der PC funktionierte, aber völlig ungeeignet dafür, wie sie arbeitet.

Kopfschüttelnd blätterte sie eine Seite nach der anderen durch, aber das hatte vermutlich einer geschrieben, der sonst nur Bücherkisten beschriftete!

4. Kapitel

Der falsche Code

R ätselnd saß Svenja mit der Anleitung in ihrem Büro und war schon kurz davor, sich die Informationen einfach alle noch einmal selbst zu beschaffen, doch da es mittlerweile kurz vor vier Uhr morgens war, und die Elfen im Informationsbüro sicherlich jetzt alle noch schliefen, gab sie dem Handbuch und damit auch der Rechenmaschine noch eine letzte Chance.

Man musste doch die Hinweise dazu finden können, die da jemand in den PC eingegeben hatte und die dann zu diesem vernichtenden Urteil für das Mädchen gesorgt hatten.

Möglicherweise hatte sich da auch jemand einfach nur vertippt und sich beim Namen verschrieben.

Lisa-Marie, statt Marie-Lisa! Das wäre doch möglich und ihre Aufgabe war es nun mal einfach, die ganzen Sachen zu ergründen!

Auf der letzten Seite des Handbuches gab es ein Stichwortverzeichnis und sie schlug den Begriff Suche nach. Sie suchte nach der Suche für eine Suche! Es war schon verrückt!

Endlich fand sie die Information, blätterte zurück und las auf Seite 256 für sich selbst laut vor: „Für die Suche drücken sie folgende Tastenkombination!“, danach blickte sie auf das Buch und anschließend auf die Tastatur.

Da musste jemand drei Hände haben!

Wie konnte jemand bei klarem Verstand auf so eine Kombination kommen? Strg – Alt – Leertaste – Bild ab – ein großes F und auch noch die Enter Taste!

Kopfschüttelnd blickte Svenja auf ihre Hände und die Tastatur des Computers.

Dazu würde sie Ronja brauchen, denn das konnte keiner ohne fremde Hilfe eingeben. Eventuell war da so etwas wie ein vier Augen Prinzip eingebaut, dass einer alleine nicht an die Informationen kam und daher immer zwei Elfen benötigt wurden, um die erforderlichen Tasten zu drücken.

„Ihr habt doch alle einen Knall!“, schimpfte Svenja laut und warf das Handbuch wütend in die Zimmerecke.

Noch immer blinkte Lisas Name auf der Liste mit den unartigen Kindern und das veranlasste sie jetzt, das Buch noch einmal zu holen und die Seite 256 aufzuschlagen.

Strg – Alt – Leertaste – Bild ab – F – Enter, das musste doch irgendwie hinzubekommen sein!

Zwanzig Versuche später war sie der Verzweiflung nahe. Mit zwei Händen waren die Tasten einfach nicht zu betätigen.

Sollte sie wirklich noch einmal ein paar Stunden warten, bis Ronja da war und die anderen Tasten betätigte?

Warum war das alles nur so kompliziert!

Dieser Rechenknecht sollte ihr doch die Arbeit erleichtern und ihr nicht das Leben schwer machen!

Und mitten in der Nacht war noch nicht mal jemand zum Anschreien da! Höchstens die Hotline!

„Verdammter Mist!“, schimpfte Svenja und versuchte es erneut.

Die letzte Taste, das große F, konnte sie aber nicht erreichen. Egal wie sie die Hände drehte oder die Finger hielt, der Buchstabe war unerreichbar weit entfernt.

Höchstens mit der Nase konnte sie die letzte Taste drücken.

War das die Lösung für ihr Problem?