Weihnachten auf Schloss Wolfenfels - Uwe Goeritz - E-Book

Weihnachten auf Schloss Wolfenfels E-Book

Uwe Goeritz

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Beschreibung

Weihnachten auf Schloss Wolfenfels Altersfreigabe: ab 16 Jahren Für ihr Leben gern zieht Lissy als lebenslustige Partymaus durch die Clubs ihrer Stadt. Sie ist Single und einer Affäre nie abgeneigt, doch durch einen fatalen Fehler ihrerseits kommt sie dabei einem Klatschreporter in die Quere, der ihre hilflose Situation gnadenlos ausnutzt. Obwohl sie daran keine Schuld trifft, ruft ihr Verhalten ihre Verwandtschaft auf den Plan. Eigentlich ist Lissy eine Gräfin, aber mit ihrer stocksteifen Familie verbindet sie nur ihr Name und die regelmäßigen finanziellen Zuwendungen, die ihr den exklusiven Lebensstil finanzieren. Als allerdings ihr Großvater ihr damit droht, den Geldhahn abzudrehen, willigt sie notgedrungen ein, das Weihnachtsfest im alten Schloss ihrer Ahnen zu verbringen. Doch Staub und Dekadenz sind so rein gar nicht ihr Ding! Ausbrechen wäre aber mit Enterbung und Armut zu bezahlen! Um nicht völlig in dem verschlafenen Kaff zu versauern, verpflichtet sie ihre Freundin Britta, sich ihr dorthin anzuschließen. Wird es aber trotzdem eine grauenvolle Zeit für sie? Oder besteht noch Hoffnung auf ein Weihnachtswunder? Weitere Informationen finden Sie unter http://romantik.goeritz-netz.de/

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Inhaltsverzeichnis

Anmerkungen und Warnungen

Im Nebel der Nacht

Eine neue Erkenntnis

Schreck am Morgen

Die Leiden der Gräfin von W.

Adelsblut

Von Oben betrachtet!

An dunklen Tagen

Die Stärke einer Frau

Im Dunkel der Erinnerung

Auf dem Weg …

Gegen die Angst

Das rote Pferd

Der Ahnherrin gefolgt?

Am Abend mancher Tage

Nachts sind alle Katzen grau

Freundinnen teilen alles

Stell dich deiner Angst!

Soll ich, oder lieber nicht?

Verdrängt oder verarbeitet?

Auf zum Tanz!

Männer und ihre Leidenschaften

Mit Herz und Verstand?

Skihase voraus!

Eine Sünde wert

Hase und Wolf

Unter Frauen

Mit allen Sinnen

Zweisam oder einsam?

Zwischen Glück und Schmerz

Vertrauen gegen Vertrauen

Burgfräulein für einen Tag?

Einem Geheimnis auf der Spur

Zwei alte Seelen

Dem Paradies so nah

Eine leichte Wahl

Für immer und ewig?

Anmerkungen und Warnungen

Diese Erzählung sollte Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden.

Ausnahmslos alle Beteiligten dieser Geschichte sind erwachsen und über 21 Jahre alt.

Sämtliche Orte, Figuren, Firmen und Ereignisse dieser Erzählung sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, ob lebend oder tot, ist rein zufällig und vom Autor nicht beabsichtigt.

1. Kapitel

Im Nebel der Nacht

Sanft und leise fällt der Schnee aus dicken und grauen Wolken auf die Stadt herunter. Der erste Advent beginnt so, wie er eigentlich nicht schöner sein könnte und die weiße Pracht deckt langsam die grauen Straßen zu.

Die ersten Strahlen der morgendlichen Sonne glitzern auf den Schneekristallen, die sich im Park auf die Büsche und Baumkronen legen und in wenigen Stunden würde wohl dieser erste Schnee von den Schlittenkufen der Kinder zerfahren sein.

Langsam erwachte die Stadt in der Mitte Deutschlands aus der Nacht und die ersten Fahrzeuge ziehen schlitternd ihre Spuren durch den sich schon bald bildenden Matsch auf den Hauptstraßen.

Das Quietschen eines dieser Autos weckte eine junge Frau aus dem Schlafe auf und für einen Augenblick rätselte sie, wo sie sich momentan befand.

Langsam setzte sich Lissy im Bett auf und schaute sich um. Es musste ein Hotelzimmer sein und von der gegenüberliegenden Wand starrte sie ein groteskes Bild an. Das Gemälde war zum Fürchten und sie wollte im Moment lieber nicht wissen, was sich der Künstler dabei wohl gedacht hatte.

Gerade versuchte sie sich an den vergangenen Abend zu erinnern und gleichzeitig den Specht, der unablässig versuchte, sich durch ihre Schädeldecke nach draußen zu arbeiten, aus ihrem Kopf zu bekommen.

Nur langsam realisiert sie, dass sie nackt im Bett saß und sich alleine in diesem Zimmer befand, aber noch immer hatte Lissy keine Erinnerung daran, wie sie in dieses Bett gekommen war.

Den dröhnenden Kopf in die Hände und die Ellenbogen auf die Knie gestützt, versuchte sie auch weiterhin die Finsternis der vergangenen Nacht zu durchdringen, aber nichts fiel ihr dazu ein. Die letzten Fetzen der Erinnerung stammten von der Glühweinbude auf dem Weihnachtsmarkt.

Nur schleppend setzte sich ein Bild nach dem anderen vor ihren inneren Augen zusammen. Ihre Freundin Britta hatte sie versetzt, weil sie Überstunden hatte machen müssen und daher war sie eben einfach alleine losgezogen.

Aber so sehr sie auch versuchte, sich an irgendetwas nach dem Glühweinstand zu erinnern, das letzte Bild war ein Becher mit dem heißen Getränk, den sie an dem Stand getrunken hatte.

Abermals blickte sie sich in dem Raum um.

Das Bett war völlig zerwühlt und vor dem einigermaßen luxuriösen Ruhemöbel lagen ihre gesamten Sachen ziemlich wild auf dem Boden verstreut.

Auf dem Kissen neben ihr lag ein Zettel und sie zog ihn zu sich.

„Danke für die schöne Nacht. Jim“, stand darauf und eine Handynummer war noch dazu gekritzelt.

Sie war also nicht alleine gewesen!

Und offensichtlich hatte ihr geheimnisvoller Begleiter ein ihr angemessenes Hotel gewählt, oder war sie es selbst gewesen, die instinktiv diesen Nobelschuppen vorgeschlagen hatte, dessen Adresse sich ebenfalls auf dem Blatt Notizpapier befand?

Lissy schob sich mühevoll aus dem Bett und schlurfte einfach nackt ins Bad hinüber.

Der Specht in ihrem Kopf gab einfach keine Ruhe und sie stellte sich unter die Brause, die ebenfalls ziemlich luxuriös aussah.

Alles, was sie im Moment brauchte, war vorhanden. Sogar ein ziemlich teures Duschgel gab es und langsam verschwand der nervtötende Vogel aus ihrem Schädel.

Minutenlang ließ sie das Wasser über ihren Körper laufen, bevor sie in der Lage war, sich selbst und ihre Haare zu waschen.

Mit dem Verschwinden des Spechtes stellte sie sich jetzt die Frage, wieso ihr dieser Glühwein eigentlich dermaßen die Beine weggezogen hatte, denn Lissy war sozusagen im Training, da sie fast jeden Abend durch die einschlägigen Bars und Clubs der kleinen Stadt zog.

Allerdings war es eben der erste Glühwein des Jahres gewesen und offensichtlich etwas hochprozentiger, als sie es erwartet hatte.

Oder waren es mehr als einer gewesen und sie konnte sich nur noch an den ersten davon erinnern?

Das flaue Gefühl in ihrem Magen sprach jedenfalls für eine größere Menge Alkohol.

Trotz der allmählich einsetzenden Ernüchterung blieb alles aus der Nacht auch weiterhin im Nebel des Vergessens.

Sie trat aus der Dusche und bemerkte ein paar benutzte Kondome im Eimer des Bades. Ihr mysteriöser Begleiter hatte wenigstens daran gedacht, sie selbst wäre dazu wohl kaum noch in der Lage gewesen. Wohl auch aus diesem Grunde hatte sie sich von zwei Jahren eine Spirale einsetzen lassen.

Mit dem Föhn trat sie vor den Spiegel und sah sich an. Sie war jetzt vierundzwanzig Jahre alt und lebte vom Geld, welches ihr der Vater regelmäßig mehr als großzügig überwies. Wenn man so wollte, dann hatte sie noch nicht einen Tag in ihrem Leben wirklich gearbeitet und deshalb war es wohl auf für sie so befremdlich gewesen, dass Britta sie einfach so versetzt hatte.

Britta war ein Jahr jünger als sie und eigentlich ihre einzige Freundin. Alle anderen, mit denen sie gelegentlich von einer Party zur anderen zog, waren höchstens Bekannte. Oder auch nur Gestalten, die sich von ihr aushalten ließen.

Während der Föhn ihre langen blonden Haare trocknete, zählte sie aus der Entfernung die Kondome nach. Da lagen vier Stück im Eimer! Wenigstens davon musste sie doch aber was gemerkt haben.

Vielleicht sollte sie später mal diesen Jim anrufen und fragen, was in dieser Nacht so gelaufen war.

Oder war das zu blöd?

Jim hatte sich ja mit dem Zettel für die tolle Nacht bedankt. Es wäre nur schöner gewesen, wenn sie sich auch daran erinnern könnte!

Totaler Filmriss! Wann war ihr dies das letzte Mal passiert? Es musste Jahre her sein. Das war, bevor sie zur notorischen Partygängerin geworden war.

Der Föhn hatte seine Aufgabe erledigt und Lissy ging nach nebenan.

Auf dem Rückweg zum Bett sammelte sie ihre Sachen auf. Einzig der Slip war nicht auffindbar. Hatte sich Jim ein Souvenir mitgenommen? Es schien so zu sein, denn alles danach suchen brachte kein Ergebnis.

Sie zog sich an, warf noch einen letzten Blick im Zimmer umher, steckte Jims Zettel in die Handtasche und verließ den Raum.

Im besten Falle hatte ihr mysteriöser Kavalier sogar noch die Zimmerrechnung übernommen, aber die Frau an der Rezeption präsentierte ihr einfach nur wortlos die Rechnung.

Der Betrag war vierstellig geworden, aber Lissy zahlte, ohne mit der Wimper zu zucken.

Wenig später war sie auf der Straße, zog den Mantel enger um ihre Schultern und stapfte durch den Schnee. Sie hätte sich ein Taxi nehmen können, aber die kalte Winterluft war jetzt genau das, was ihr den noch immer umnebelten Verstand ein wenig klarer machen konnte.

Die Buden des Weihnachtsmarktes waren noch geschlossen, aber sie schlenderte trotzdem über den Platz, doch auch dieser letzte Versuch brachte keine neuen Erkenntnisse in ihren Kopf.

Es war nicht weit von hier bis zum Hotel. Nur der Park lag noch dazwischen und gerade dankte sie ihrem unbekannten Begleiter, dass er sie nicht dort auf einer der Bänke genommen und danach liegengelassen hatte.

Die Kälte der frostigen Nacht hätte sie dann womöglich nicht überlebt.

Momentan drang dieser Frost durch den Mantel und zog unter dem Rock an den Beinen nach oben.

Schneller ging sie den wohlbekannten Weg zu ihrer Wohnung, die sich im Penthaus im obersten Stock des Hauses am Rande der Innenstadt befand.

Der Concierge würde ihr sicher ein Frühstück bereiten können und eine Kopfschmerztablette hatte Giovanni sicherlich auch noch für sie.

2. Kapitel

Eine neue Erkenntnis

Schlendernd bewegte sich Britta durch den kleinen Stadtpark. Nur hier hatte sich der weiße Schnee des ersten Advents noch gehalten. Überall sonst hatte er bereits eine schmutzig graue Farbe angenommen.

Ihre kleinen schwarzen Knöchelstiefel hinterließen ihre Spuren, als sie den Weg abkürzen wollte und für ein paar Schritte durch den tieferen Schnee eilte.

Es war Dienstag, sie hatte ihren freien Tag und der zweite Advent mit seinem stressigen verkaufsoffenen Sonntag lag mittlerweile auch schon hinter ihr.

Sie hatte gute Laune, weil sie noch einen Termin bei ihrer Friseuse bekommen hatte. So kurz vor dem Fest glich das beinahe einem Lottogewinn, aber vor dem Weihnachtsfest, dass sie abermals mit ihren Eltern verleben würde, musste sie sich unbedingt noch die Haare machen lassen.

Eigentlich wollte sie nicht zu ihrer Mutter, denn sie wusste bereits jetzt, dass es wieder nur Vorwürfe geben würde.

Jedes Mal war es bisher dasselbe.

Es würde damit beginnen, dass sie als ausgebildete Goldschmiedemeisterin nur als Verkäuferin in einem Schmuckladen tätig war, würde danach dazu weiterführen, dass sie noch immer nicht verheiratet war, was folglich in die Vorhaltung münden würde, dass sie der Mutter noch keinen Enkel geschenkt hatte.

Am liebsten würde sie mit ihrer Freundin Lissy feiern, aber das konnte sie dem Vater nicht antun.

Vor knapp einem Jahr hatte sie die Freundin kennengelernt und seitdem waren sie sehr oft zusammen ausgegangen.

Lissy hatte keine Mutter mehr und daher wohl auch keine dieser lästigen Ermahnungen zu erdulden!

Am letzten Sonntag war Lissy sogar das erste Mal bei ihr in der Wohnung gewesen und sie hatten zusammen Kaffee getrunken.

Jetzt hatte sie den Laden erreicht, schob die Tür auf und trat in den mollig warmen Raum ein.

„Hallo Britta. Du musst dich noch einen Augenblick gedulden! Gleich habe ich Zeit für dich!“, begrüßte sie ihre Friseuse Carola.

„Kein Problem, schön, dass du mich noch drangenommen hast!“, entgegnete sie.

Beide nickten sich zu, Britta hängte ihren Mantel an die Garderobe und setzte sich in einen der Sessel im Wartebereich.

„Möchten sie eine Tasse Kaffee?“, fragte eine von Carolas Praktikantinnen und Britta nahm das Angebot gern an.

Wenig später hatte sie ihren Kaffee vor sich stehen, wärmte sich daran die kalten Hände und sah zu, wie Carola einer etwas älteren Frau die Haare in die Lockenwickler drehte und sich dabei angeregt mit ihr unterhielt.

Es ging um irgendwelchen Klatsch aus dem Adel, Britta hörte einfach nicht hin und wandte ihr Gesicht zur Seite.

Mit dem Blick durch das große Fenster auf die Straße hinaus seufzte sie, denn ihr gegenüber hing momentan die Werbung für Babynahrung und dieses bunte Plakat mit dem lächelnden Säugling schien ihr wie ein Fingerzeig auf das zu sein, was ihr zum Weihnachtsfest mal wieder bevorstand.

Erst vor ein paar Wochen war sie dreiundzwanzig geworden und die Mutter hatte ihr beim Gratulieren ziemlich unverblümt mitgeteilt, dass sie in ihrem Alter schon lange Mama gewesen war.

Was konnte sie denn dafür, dass die mit achtzehn geheiratet hatte und fast sofort mit ihr schwanger geworden war?

Damals waren es noch andere Zeiten gewesen!

Heutzutage heiratete man nicht so schnell! Und für ein Kind war auch noch viel Zeit!

„Britta! Jetzt kannst du!“, rief Carola und riss sie damit aus den unnützen Grübeleien heraus.

Die Praktikantin holte die leere Tasse und unmittelbar darauf lag Britta in dem Stuhl und Carola wusch ihr die langen braunen Haare, die ihr ganzer Stolz waren. Deswegen ließ sie sich normalerweise auch nur die Spitzen schneiden, aber die Mutter mochte sie lieber gelockt und darum unterzog sie sich hier gerade dieser in ihren Augen unnötigen Prozedur.

Sie trug ihre Mähne lieber als Pferdeschwanz zusammengebunden, aber in der Form würde noch ein weiterer Vorwurf bei der Feier dazukommen.

„Kind! Wie siehst du denn aus? So findest du nie einen Mann!“, hörte sie die Mutter schon rufen.

Selbst die Ausbildung zur Goldschmiedemeisterin war bei der Mutter nur dadurch wohlwollend aufgenommen worden, weil Britta ihr einen exklusiven Ring entworfen hatte, den sie danach voller Stolz allen ihren Freundinnen gezeigt hatte.

Schon immer war Britta mehr handwerklich orientiert gewesen und hatte zum Glück mit dem Vater einen Fürsprecher gehabt. Wenn es nach der Mutter gegangen wäre, dann hätte sie eine Lehre als Bankkauffrau gemacht.

Nach ein paar Minuten saß sie unter der Trockenhaube an der Wand neben der älteren Frau, die in einem dieser Revolverblätter schmökerte.

Bilder von Schauspielern, Adelsgeschichten und allerlei unwahre Sensationsstorys waren darin. Vermutlich entsprachen nicht mal 10 % davon der Wahrheit und auch die Fotos sahen mehr als montiert aus.

„Die Gräfin hier kann sich noch nicht mal Unterwäsche leisten! Es ist eine Schande! Früher hätte es so etwas nicht gegeben!“, bemerkte die Frau hörbar entrüstet und hielt ihr das Schmierblatt hin.

Nur widerwillig und mehr aus Höflichkeit blickte Britta in die Zeitung.

Auf einem Foto war zu sehen, wie eine junge Frau sich über ein Gebüsch beugte, das Kleid war ihr hinten nach oben gerutscht und sie trug keinen Slip darunter.

Britta wollte sich angeekelt davon abwenden, als sie das Bild daneben sah und stutzte.

„Darf ich mal?“, fragte sie, griff nach der Zeitung und zog diese zu sich heran.

Diese Frau kam ihr irgendwie bekannt vor.

„Gräfin von Wolfenfels. Geld wie Heu, aber keine Unterwäsche!“, stand als Überschrift in dicken roten Buchstaben über dem Artikel.

„Die Schwester der zukünftigen Königin von Mafakonien, Elisabeth Amalia, Gräfin von Wolfenfels, hat zwar Geld, um sich über die Gebühr zu betrinken, aber für Unterwäsche reicht es dann nicht mehr!“, las Britta die ersten Zeilen des Berichtes.

Darunter befanden sich noch einige Bilder und die Frau darauf war eindeutig ihre Freundin Lissy. Das musste eine Verwechslung sein.

Lissy hieß doch nur Wolf mit Nachnamen, aber die Bilder waren eindeutig echt. Zu echt, für ihren Geschmack!

Britta sah, wie Lissy in den Park pinkelte, wie sie sich in ein Gesträuch übergab und auf einem Bild war ihr nackter Hintern zu sehen.

Das Foto daneben war extra vergrößert und ohne den schwarzen Jugendschutzbalken hätte man sicherlich tief in ihre Muschi blicken können.

„Ach du Scheiße!“, entfuhr es ihr und sie sprang vom Stuhl auf.

Ziemlich schmerzhaft kollidierte dabei ihr Kopf mit der Trockenhaube und die Beule davon würde vermutlich noch Weihnachten zu sehen sein.

„Ich muss los!“, stieß sie aus und hielt sich den Kopf.

„Und meine Lockenwickler?“, fragte Carola, während Britta schon zu ihrem Mantel eilte.

„Die bringe ich dir dann noch zurück!“, rief sie und rannte mit wehendem Mantel aus dem Geschäft.

Mit der Zeitung in der Hand hetzte sie die Straße entlang zu dem Haus, in dessen oberstem Geschoss sich Lissys Wohnung befand.

Giovanni, der livrierte Concierge, kannte sie schon und ließ sie mit einer freundlichen Begrüßung zum Fahrstuhl durch.

Schnell war der Knopf gedrückt, die Türen schlossen sich und der Lift setzte sich lautlos in Bewegung.

In der Kabine schlug Britta die Zeitung noch einmal auf, doch das war eindeutig Lissy.

Oder hatte sie eine Doppelgängerin?

Das Kleid war jedenfalls ihres! Und der Mantel, der auf einem der Bilder am Boden lag, der gehörte ebenfalls der Freundin! Sie hatte ihn am letzten Sonntag bei ihrem Besuch getragen!

3. Kapitel

Schreck am Morgen

Ein stürmisches Klingeln riss Lissy aus ihrem Schlaf. Mit einem Blick auf den Wecker stellte sie fest, dass es gerade mal kurz vor zehn Uhr war und sie damit noch nicht mal fünf Stunden im Bett lag!

Wer störte sie denn hier zu so früher Stunde? Eigentlich hätte Giovanni doch jeden Besucher von ihr fernhalten müssen!

Dafür hatte sie sich doch extra so ein exklusives Haus mit Concierge gesucht!

Lissy zog sich das Kissen über den Kopf, aber das langanhaltende Klingeln war auch weiterhin zu hören.

Ignorieren oder aussitzen würde da nicht helfen und wach war sie ja jetzt sowieso.

„Wenn das jetzt nicht wirklich wichtig ist, dann Gnade dir Gott!“, fluchte sie, schleuderte das Kissen wütend davon, stand auf und zog sich den Morgenmantel über.

Gereizt lief sie zur Wohnungstür und riss diese auf.

„Was?“, brüllte sie in den Flur und sah, wie Britta vor ihr regelrecht zusammenzuckte.

„Sage mal, weißt du, wie spät es ist?“, fragte sie etwas weniger zornig und gab den Eingang für die Freundin frei.

Britta eilte an ihr vorbei und entgegnete dabei laut: „Das musst du gesehen haben!“

Sie folgte ihr, einen Augenblick später saßen sie auf der Couch und Britta knallte ihr so ein widerliches Boulevardblatt auf den Tisch.

„Wegen solch einem Dreck weckst du mich?“, entfuhr es Lissy, als Britta die Zeitung aufschlug und auf ein Bild zeigte.

„Das bist du doch? Oder?“, fragte die Freundin.

Lissy blieb die Erwiderung im Halse stecken, sie zog das Blatt zu sich und schaute sich die Abbildungen an.

„So ein verdammter Mist!“, entfuhr es ihr entsetzt.

Nach der Kleidung, die sie auf den Abbildungen trug, war es jener Abend, von dem ihr immer noch der größte Teil fehlte. Diese zehn Bilder hier gaben ihr ein Stück der Erinnerung daran zurück, aber nur dem Foto nach.

Von der Realität fehlten ihr immer noch sämtliche Details dieser Nacht.

„Die haben dich mit einer Gräfin verwechselt!“, bemerkte Britta und deutete auf die Überschrift.

„Ähm, nicht wirklich“, seufzte Lissy.

„Aber da steht: Elisabeth Amalia, Gräfin von Wolfenfels! Dein Name ist doch Lissy Wolf. Oder?“, entgegnete Britta neugierig.

„Beides ist richtig!“, erklärte Lissy und holte für eine Erklärung Luft.

„Mein richtiger Name ist wirklich Elisabeth Amalia, Gräfin von Wolfenfels. Lissy Wolf habe ich mir als Pseudonym zugelegt und auch in meinen Ausweis eintragen lassen. Ich wollte einfach meine Ruhe haben, aber anscheinend hat mich jetzt so ein Reporter von diesem Schmierblatt aufgespürt und diese scheußlichen Bilder gemacht!“

„Du bist eine richtige Gräfin?“, fragte Britta nach.

„Ja! Und meine Schwester Franziska wird demnächst Königin in so einem winzigen Land werden, das kaum einer kennt! Außer wohl dieser Klatschreporter, der mich offenbar erkannt hat!“, stöhnte Lissy und zog ein Porträt aus der Schublade einer kleinen Kommode.

Sie reichte Britta die Aufnahme, die sie zusammen mit ihrer älteren Schwester zeigte.

„Die Ähnlichkeit ist frappierend! Bis auf die Haarfarbe!“, gab ihr die Freundin zurück.

„Ich bin extra in diese Kleinstadt gezogen, damit ich vor diesen Schmeißfliegen meine Ruhe habe!“, erklärte Lissy, lehnte sich zurück und starrte zur Zimmerdecke hinauf.

In ihren Gedanken überschlug sie gerade, wer diese Zeitung wohl gesehen hatte und daraus seine Schlussfolgerungen zog.

Das Resultat ihrer Überlegungen war verheerend!

„Weiß das Königshaus von Mafakonien eigentlich, was ihre zukünftige Verwandtschaft in der Nacht so treibt?“, las Britta den letzten Satz des Artikels laut vor.

Irgendwer würde es lesen und damit war der Anruf ihrer Familie eigentlich jetzt schon vorprogrammiert!

„Kann man diesen Fotografen nicht einfach verklagen? Schließlich hat er doch deine Persönlichkeitsrechte missachtet?“, erkundigte sich Britta.

„Leider nein! Als prominente Person der Öffentlichkeit ist das ziemlich schwierig. Da gibst du einen Teil deiner Persönlichkeit an die Presse ab! Deswegen lebe ich ja hier und nicht in einer der großen Städte! Ich hätte nicht gedacht, dass mich hier einer findet!“, erwiderte Lissy und blickte ihre Freundin an.

„Du hast ja noch die Lockenwickler drin!“, stellte sie jetzt fest.

Britta fasste sich an den Kopf.

„Und eine ziemliche Schmarre hast du da auch noch!“, setzte Lissy hinzu, als Britta sich in die Haare griff und dabei eine kleine Wunde freilegte.

„Ich habe noch irgendwo ein Heftpflaster. Komm mal mit ins Bad!“, erzählte Lissy weiter und erhob sich.

Zusammen betraten sie das Badezimmer, Lissy suchte den Verbandskasten, den Giovanni gut bestückt hatte, und wenig später hatte Britta ein Pflaster auf der Schramme und die Lockenwickler lagen vor ihr auf dem Waschtisch.

„Ich danke dir. Und man kann diesen Jim Hudson wirklich nicht verklagen?“, erkundigte die Freundin sich daraufhin weiter.

Lissy zuckte bei der Nennung des Namens zusammen.

„Wen?“, stieß sie entsetzt aus.

„Na, Jim Hudson, den Fotografen, der diese Bilder gemacht hat?“

Lissy rannte in das Wohnzimmer zurück, riss die Zeitung an sich und las den Namen des Fotoreporters unter den Bildern.

„So eine elende Scheiße!“, brach es laut aus ihr hervor.

Sie drehte sich zum Bad zurück und schaute in die fragenden Augen der Freundin.

„Ich war mit dem in jener Nacht auch noch in der Kiste!“, seufzte Lissy.

Eine Woche zuvor hatte sie versucht, bei ihm anzurufen, aber nur die Mailbox am Telefon gehabt, daher kannte sie den vollständigen Namen des Mannes.

„Wenn du mit dem in der Kiste warst“, begann Britta von der Badtür aus.

Lissy lief es siedend heiß über den Rücken. Sie war nackt im Bett aufgewacht. Was hatte Jim wohl noch für Fotos von ihr gemacht?

„Und du weißt wirklich nichts mehr von dieser Nacht?“, fragte Britta nach und trat zu ihr.

Lissy schüttelte nur den Kopf und ließ sich auf das Sofa fallen.

Sie sah vor sich schon die folgenden Schlagzeilen und die Bilder, die Jim von ihr gemacht haben konnte: nackt im Bett! Die würden dann im Internet oder in einschlägigen Illustrierten auftauchen!

Lissy zog das Handy zu sich und wählte mit zitternden Fingern Jims Nummer.

Dieses Mal kam sofort die Ansage: „Die von ihnen gewählte Nummer ist nicht vergeben!“

Wütend schleuderte sie das Telefon auf den ihr gegenüber stehenden Sessel.

„Wenn mein Vater das liest, dann bin ich geliefert!“, stöhnte Lissy und malte sich schon aus, was als Strafe kommen würde.

Ihre Familie war stocksteif! Jahrhunderte alter Adel! Ein Ausbrechen aus der Tradition war unmöglich und sie war sowieso schon immer das schwarze Schaf gewesen.

Nach diesem Artikel würde man ihr das Fell über die Ohren ziehen!

„Sage mal“, begann Britta und trat zu ihr.

Fragend blickte Lissy die Freundin an.

„Kann es sein, dass dieser Jim dir K.-o.-Tropfen gegeben hat, um deine hilflose Lage auszunutzen?“

„Möglich. Wieso?“, entgegnete Lissy.

„Na, dann wären diese Bilder eine Straftat und du wärst aus dem Schneider“, antwortete die Freundin.

„Nur leider lässt sich das nach fast anderthalb Wochen nicht mehr nachweisen!“, stöhnte Lissy.

Die Annahme der Freundin schien einen wahren Kern zu haben und mit einem Test, ein paar Tage zuvor, hätte sie ihre Unschuld an diesen Bildern sicherlich leicht beweisen können, aber so?

Niedergeschlagen stützte sie ihren Kopf in die Hände und versuchte verzweifelt eine Antwort zu finden, die auch ihren Vater zufriedenstellen konnte.

Sie sah das Unheil schon in Riesenschritten auf sich zukommen.

4. Kapitel

Die Leiden der Gräfin von W.

Lissy saß nur ein paar Schritte vor ihr und war ein Häuflein Unglück. Die sonst so lebenslustige und selbstbewusste Frau bot einen erbärmlichen Anblick, aber das war wohl auch natürlich, wenn man an die Tragweite dessen dachte, was ihr widerfahren war.

„Ich bin am Ende!“, seufzte Lissy und schaute hilflos zu ihr herüber.

Dieser Blick schrie nach einer freundschaftlichen Umarmung. Mit zwei Schritten war Britta bei ihr, kniete sich vor den Stuhl und umschlang die Freundin mit beiden Armen.

Sie spürte, wie die ersten Tränen aus Lissys Augen schossen und ein regelrechter Heulkrampf sie durchschüttelte.

„Wer weiß, was der alles auf seinem Film hat“, schluchzte Lissy.

Das war wohl ziemlich naheliegend, wenn man schon alleine die Fotos sah, die er offenbar der Zeitung verkauft hatte. Man mochte sich gar nicht vorstellen, was er noch so alles von der hilflosen Frau auf seiner Kamera festgehalten hatte.

Das Handy begann mit einem Heulton zu klingeln und Lissy zuckte zurück.

Entgeistert starrte sie das Telefon an, aber sie rührte sich nicht.

„Das ist mein Vater!“, stellte sie beinahe unhörbar fest.

Der Klingelton verstummte nicht. Immer wieder war dieser unbeschreibliche Lärm zu hören.

Nach zehn Klingeltönen schwieg dann endlich das Handy, aber es war abzusehen, dass Lissys Vater nicht von seiner Absicht ablassen würde, die Tochter zu erreichen.

Und wirklich begann das Gedröhn erneut, kaum dass es verstummt war.

Dasselbe setzte sich noch dreimal fort, doch ignorieren würde Lissy diese Situation nicht können.

Britta stellte sich gerade vor, es hätte sie selbst in dieser Art erwischt. Die Gänsehaut auf ihrem Rücken war schon alleine bei dem Gedanken daran ziemlich heftig.

Nie im Leben hätte sie sich nach solch einem Bild noch bei der Mutter sehen lassen brauchen!

Wie mochte es da erst Lissy gehen?

Britta holte das immer noch jaulende Telefon und hielt es wortlos der Freundin hin.

Lissys verzweifelten Blick konnte sie natürlich verstehen, aber die Freundin musste an ihr Mobiltelefon gehen, bevor ihr Vater hier auftauchen würde, um sie persönlich zur Rede zu stellen.

Mit zitternden Fingern nahm Lissy das Handy entgegen und drückte auf die Taste.

Aus einem Meter Entfernung konnte Britta mitanhören, wie Lissys Vater ziemlich laut sagte: „Junges Fräulein! Was hast du dir denn dabei gedacht? Du willst deiner Schwester wohl unbedingt eins auswischen? Oder? Du hast dir in deinem Leben ja schon eine Menge dummer Dinge geleistet, aber das hier schlägt alles andere um Längen!“

Der Redefluss des Mannes war ungebrochen und offenbar erwartete er von seiner Tochter gar keine Antwort.

Sicherlich fünf Minuten lang reihte sich eine Beschimpfung an die nächste und in der ganzen Zeit gab Lissy nicht einen Ton von sich.

Die Worte des Mannes hätten in genau derselben Stimmlage und mit dem gleichen Wortlaut auch von ihrer Mutter kommen können, wenn Britta solch ein paar Bilder gehabt hätte.

Zum Abschluss sagte der Mann noch: „Ich erwarte dich hier bei deinem Großvater auf dem Schloss! Solltest du bis zum Sonntag nicht hier sein, dann war dein letzter Scheck auch wirklich dein Letzter! Verstehen wir uns da?“

Die Ruhe darauf war ungewöhnlich und mit einer piepsigen Stimme entfuhr Lissy ein: „Ja!“