2,99 €
Hütet euch vor dem Schrecken unter der Erde! Wenn ich mich unter die Erde begebe, in eine Tiefpassage oder auf eine U-Bahnstation, fühle ich mich beklommen. In der U-Bahn irren meine Augen während der Fahrt über die anscheinend so kahlen und nüchternen Tunnelwände. Ich weiß, was sich dahinter verbergen kann. Ich bete, dass so etwas nicht noch einmal geschehen wird, dass das was damals geschah, verhängnisvolle Ausnahme war. Aber Zweifel nagen an mir, und meine Ängste stehen wieder auf. Ich habe sie kennengelernt, die Satansbrut, die Kreaturen der Finsternis, die im Leib der Erde wohnen. Die scheußlichste Ausgeburt der Hölle, die die Welt je sah. Mitten in Manhattan geschah es, im Herzen der Weltstadt New York. Seit jenen Tagen ist meine Seele vom Entsetzen gezeichnet. Eine weiße Strähne zieht sich durch mein Haar, das nun schon vor der Zeit grau wird. Ich muss mich zusammennehmen, wann immer ich mich im U-Bahnnetz befinde. Aber es lässt sich nicht vermeiden, dass ich es aufsuche, denn es gehört zu meinen Berufspflichten, es zu kontrollieren und zu überwachen. So will ich denn die Geschichte jener Tage aufzeichnen. Ich hoffe, dass ich mir dabei das Grauen von der Seele schreiben kann, das noch immer in mir nachwirkt.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2014
Massaker in der U-Bahn
erscheint bei Earl Warren, 63533 Mainhausen, Humboldtstr. 76
www.earl-warren.de
© Copyright 2013 aller Textbeiträge by Earl Warren
Cover © Copyright: wabookCover
E-Book-Erstellung: Earl Warren
Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur nach schriftlicher Genehmigung durch den Autor gestattet.
Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse und genannten Personen sind fiktiv.
Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.
Massaker in der U-Bahn
EARL WARREN
Horror-Roman
Prolog:
Hütet euch vor dem Schrecken unter der Erde!
Wenn ich mich unter die Erde begebe, in eine Tiefpassage oder auf eine U-Bahnstation, fühle ich mich beklommen. In der U-Bahn irren meine Augen während der Fahrt über die anscheinend so kahlen und nüchternen Tunnelwände.
Ich weiß, was sich dahinter verbergen kann. Ich bete, dass so etwas nicht noch einmal geschehen wird, dass das was damals geschah, verhängnisvolle Ausnahme war. Aber Zweifel nagen an mir, und meine Ängste stehen wieder auf.
Ich habe sie kennengelernt, die Satansbrut, die Kreaturen der Finsternis, die im Leib der Erde wohnen. Die scheußlichste Ausgeburt der Hölle, die die Welt je sah.
Mitten in Manhattan geschah es, im Herzen der Weltstadt New York. Seit jenen Tagen ist meine Seele vom Entsetzen gezeichnet. Eine weiße Strähne zieht sich durch mein Haar, das nun schon vor der Zeit grau wird. Ich muss mich zusammennehmen, wann immer ich mich im U-Bahnnetz befinde. Aber es lässt sich nicht vermeiden, dass ich es aufsuche, denn es gehört zu meinen Berufspflichten, es zu kontrollieren und zu überwachen.
So will ich denn die Geschichte jener Tage aufzeichnen. Ich hoffe, dass ich mir dabei das Grauen von der Seele schreiben kann, das noch immer in mir nachwirkt.
1. Kapitel
Am 12. Januar fuhr der Zugführer Frank Norton mit seinem U-Bahnzug Fulton 1448 die Strecke vom Battery Place zum Central Park. Norton war mit sich und seinem Job zufrieden. An diesem Tag hatte alles reibungslos geklappt.
Er schaute durch die breite Sicherheitsscheibe auf die Strecke vor sich. Drei Gleise verliefen nebeneinander in dem breiten Tunnel. Rechts und links huschten langgezogene Reklameplakate vorbei.
Der Zugführer warf einen Blick auf das Kontrollpult mit den vielen Lämpchen und Skalen. Im Bruchteil einer Sekunde sah er, dass alles in Ordnung war. Nach zwölf Jahren als Zugführer hatte Frank Norton eine fast automatenhafte Routine und einen Instinkt für seinen Zug entwickelt.
Auch als er die Frau vor sich auf der Strecke sah, reagierte er automatisch. Er trat auf die Übersetzungsbremse und sprang auf. Die stählernen Räder rutschten kreischend und funkensprühend über die Schienen. Frank Nortons Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt. Würde er den Zug noch rechtzeitig zum Stehen bringen?
Die fünf U-Bahnwagen wogen zusammen hundertneunzig Tonnen. Sieblieben nicht einfach stehen, wenn man die Bremse antippte. Das Gesetz der Massenbeschleunigung trieb sie voran.
Frank Norton wusste, dass in den U-Bahnwagen jetzt die Fahrgäste durcheinander flogen wie die Kegel nach einem Neunerwurf. Aber er hatte keine Zeit, sich umzudrehen.
Der U-Bahnzug wurde langsamer, näherte sich aber immer noch viel zu schnell der Frau. In diesen Sekundenbruchteilen konnte Frank Norton mehr denken und erkennen, als er für möglich gehalten hätte.
Er sah die Frau genau. Sie war jung, schön und schlank. Ihr rotes Haar fiel über die Schultern. Sie trug einen lindgrünen Popelinemantel, hatte die Hände in den Taschen und wirkte ganz ruhig.
Gefasst und ohne Angst sah sie dem lärmenden, auf sie zukommenden Zug entgegen. Seine beiden grellenScheinwerfer mussten sie blenden, aber sie blinzelte nicht einmal. Jetzt, dachte Frank Norton, jetzt! Die Frau stand direkt vor dem Zug. Einen Meter vor ihr kam er zum Stehen. Frank Nortons Knie zitterten. Aber die rothaarige Fremde verzog keine Miene. Sie lächelte nun sogar.
Der Zorn stieg in Frank Norton auf, ein Zorn, der ihn zum Rasenden machte. Er schaltete den Fahrstrom ab und drückte den Knopf, der die Seitentür des Führerstandes öffnete, sprang aus dem Zug, auf den Schotter des Gleisbettes, und stürzte zu der Rothaarigen hin.
„Du dumme Gans!" brüllte Norton. „Wenn du dich umbringen willst, dann nimm gefälligst Tabletten oder spring von einem Wolkenkratzer. Aber laß mich und meinen Zug aus dem Spiel. Was fällt dir ein?"
Nortons Stimme hallte in dem Tunnel wider. Das metallische Kreischen der Räder war verstummt. In der Ferne sah man ganz klein die Lichter eines entgegenkommenden Zugs.
Frank Norton wollte die stumm lächelnde Frau an den Schultern packen und schütteln. Aber seine Hände gingen durch ihren Körper hindurch wie durch einen Nebelstreifen. Der Zugführer riß die Augen auf.
Wieder griff er nach der Frau, seine Hand stieß gegen ihre Brust. Aber die Hand drang durch sie hindurch.
Das war zuviel für Norton. Er taumelte zurück, stieß mit dem Rücken gegen die Vorderfront des Zuges. Er starrte die rothaarige Frau an.
Sie bewegte die Lippen, aber Frank Norton hörte nur ein Wispern, kein verständliches Wort. Aus den U-Bahnwagen drang nun wüstes Geschrei und Geschimpfe.
Die Fahrgäste konnten die Wagen nicht verlassen, weil die Türen geschlossen waren. Spiro Gonzales, der Zugbegleiter, stieg aus. Er rieb sich die linke Kopfseite, wo rasch eine Beule wuchs.
„Was ist los, Frank, zum Teufel? Ich hätte mir fast den Schädel eingeschlagen. Wer ist das da? Eine gottverdammte Selbstmörderin?"
Frank Norton brachte kein Wort heraus. Die rothaarige Frau drehte sich halb um, winkte ihm und Gonzales zu, ihr zu folgen, und sie bewegte sich davon. Sie ging nicht, denn ihre Füße berührten den Boden nicht.
Es war, als schwebe oder als gleite sie über den Boden. Das Brausen des herankommenden Gegenzuges kam näher. Er raste vorbei. Seine Räder dröhnten und verdrängten die Luft.
Der Zugführer des Gegenzuges starrte zu der Frau, dem Zugführer und dem Zugbegleiter hinüber. Aus den Fenstern der hell erleuchteten graugelben Wagen blickten die Gesichter der Fahrgäste.
Dann war der Zug vorbei. Norton und Gonzales spürten den Fahrtwind. Natürlich hielt der Gegenzug nicht an. Aber der Zugführer würde über Funk Meldung machen.
Die rothaarige Frau erreichte die Mündung eines stillgelegten Seitentunnels. Hier blieb sie einen Moment stehen und winkte Frank Norton und Spiro Gonzales noch einmal zu. Ihr Gesicht zeigte jetzt einen verzweifelten Ausdruck, eine stumme Klage und eine Hoffnungslosigkeit, die ins Herz schnitt.
Langsam verschwand sie im Tunnel. Ein Seufzer erklang, so leise, dass die beiden Männer nicht wussten, ob sie ihn gehört oder sich nur eingebildet hatten.
„Da soll mich doch dieser und jener holen", sagte Spiro Gonzales. „War das - die Geisterfrau?"
„Sie muss es gewesen sein", antwortete Norton, dessen Knie zitterten. „Ich habe das die ganze Zeit für dummes Gerede gehalten, aber jetzt..."
Seine Stimme erstarb. Einige Augenblicke schwiegen die beiden Männer. Deutlich hörte man nun die Stimmen der empörten Fahrgäste in den U-Bahnwagen. Sie klopften an die Fenster und hämmerten mit den Fäusten gegen die Wände. Die New Yorker waren kein besonders geduldiges Volk.
„Ich habe sie angefasst", sagte der Zugführer. „Es war, als wenn du in die Luft fasst. Ein Geist. Sie ist ein Geist."
„Die Geisterfrau", sagte der Zugbegleiter und legte Norton die Hand auf die Schulter. „Komm, Frank, wir müssen weiter, wir werfen sonst den ganzen Fahrplan über den Haufen, und das Stellwerk und die Zentrale werden uns Dampf machen."
Norton schüttelte seine Hand ab. Er mochte Gonzales nicht, weil er ein Puertoricaner war. Nur der Schrecken hatte ihn seine Abneigung für kurze Zeit vergessen lassen.
„Du brauchst mir nicht zu sagen, was ich zu tun habe", sagte Norton, während er sich dem Zug zuwandte. „Ich bin der Zugführer, verdammt noch mal."
Die beiden Männer stiegen in den Führerstand ein. In dem schmalen Gang davor drängten sich Leute. Männer klopften an die verschlossene Tür. Sie beschimpften den Fahrer und den Begleiter als Mutterschänder und Schweinehunde und wollten wissen, warum der Zug hielt, denn die Fahrgäste hatten die Geisterfrau nicht sehen können.
Frank Nortons Hände zitterten. Er warf einen wütenden Blick auf die Gesichter vor der Tür.
„Sag dieser Bande, dass wir wegen einer Selbstmörderin eine Notbremsung machen mussten, Spiro", ordnete er an. „Die Frau ist mit dem Leben davongekommen und in einen Seitentunnel geflüchtet. Sorg dafür, dass diese Kerle sich wieder auf ihre Plätze setzen und dass es Ruhe gibt."
„Klar, Frank, mache ich. Du mußt der Fahrdienst-Leitzentrale Meldung machen. Die TA-Polizei muss sich um die Geisterfrau kümmern. Das geht nicht mit rechten Dingen zu."
„Du merkst aber auch alles. Du bist ein ganz Schlauer, man merkt doch, dass du die Abendschule besucht hast. Mir brauchst du nicht zu erzählen, was ich tun muss, das habe ich dir gerade eben gesagt. Scher dich in deine Kabine."
Spiro Gonzales bedachte den Zugführer mit einem langen Blick. Wortlos ging er dann durch die Verbindungstür zwischen Führerstand und Begleiterkabine.
Es hatte schon Fälle gegeben, in denen Zugbegleiter von Halbstarken und Betrunkenen zusammengeschlagen und die Kabinen verwüstet worden waren. Deshalb hatte die Tür zum Abteil mit den Fahrgästen außen keine Klinke. Die Leute umringten die Kabine mit dem bruchsicheren Glas. Sie klopften dagegen und schrieen wirr durcheinander.
Gonzales schaltete den Lautsprecher ein und beugte sich zu dem am Tisch befestigten Mikrofon.
„Meine Damen und Herren", begann er. „Bitte entschuldigen Sie den Zwischenfall..."
Er gab nun durch, was Frank Norton ihm aufgetragen hatte, und bemühte sich, die aufgebrachten Fahrgäste zu beruhigen. Es wurde merklich stiller in den Wagen.
Frank Norton sprach inzwischen mit der Fahrdienstleitzentrale, mit der jeder Zugführer zu jedem Zeitpunkt über Funk Verbindung aufnehmen konnte. Frank Nortons Hände zitterten immer noch.
Wenn der Schock nicht bald abklang, wollte er den Zug nur noch bis zur Grand Central Station bringen und sich dort ablösen lassen.
*
Der Detektiv Robert Martin fuhr mit der Expressbahn bis Grand Central Station und stieg dort in einen Lokalzug um. Die U-Bahnexpresszüge hielten nur an großen Stationen und wichtigen Knotenpunkten. Die Lokalbahnen aber hielten an jeder Station.
Brian Dougherty, der riesige Ire mit dem gutmütigen Kinderblick, begleitete Robert Martin. Dougherty trug seine dunkelblaue TA-Uniform. Er war schon achtzehn Jahre bei der U-Bahnpolizei, aber immer noch einfacher Polizist.
Viermal hatte man ihn befördert und dann wieder degradiert.
Robert Martin hatte eine andere Karriere hinter sich. Obwohl er erst fünf Jahre der U-Bahnpolizei angehörte, war er schon Detektiv Dritten Grades bei der Sicherheitsabteilung. Er trug Zivil, einen auf Taille gearbeiteten Mantel, gestreifte Hosen und hochhackige Stiefeletten.
Er gab viel auf seine äußere Erscheinung. Unter dem Mantel trug er eine Klubjacke und einen weißen Rollkragenpullover.
Im U-Bahnwagen war die Heizung ausgefallen. In der kalten Luft roch es schal nach Rauch und menschlichen Ausdünstungen, nach nassen Mänteln und Kleidern.
Nur wenige Fahrgäste saßen im Abteil, denn die Rush hour, die Zeit des Berufsverkehrs, hatte noch nicht begonnen.
Es waren noch zwei Minuten bis zur Haltestelle in der 33. Straße. Von dort wollten Robert Martin und Dougherty zu der Stelle gehen, an der die Geisterfrau erschienen war.
Robert wies auf Doughertys Ärmel, den nur ein einsamer Winkel zierte, und fragte: „Was gab es denn diesmal?"
„Das Übliche", sagte der große Ire schulterzuckend. „Ich machte meinen Dienst und fuhr in einem Lokalzug mit. Es war die Spätschicht, kurz nach 23.00 Uhr. Von Zeit zu Zeit patrouillierte ich durch den Zug. Kaum jemand fuhr mit, denn es war Heiligabend."
Robert sagte nichts. Er wusste, dass Dougherty seit ein paar Jahren geschieden war. Deshalb störte es ihn nicht, an Fest-und Feiertagen Dienst zu machen.
„Nach dem Halt in der 68. Straße kam eine Negermammy zu mir gestürzt. Ein Kerl hatte sich in ihrem Abteil in schamverletzender Weise gezeigt und fummelte jetzt an einem Kind herum, das er mit Gewalt festhielt. Ich rannte natürlich gleich hin."
„Und?"
„Da gibt's nicht mehr viel zu berichten. Der Kerl, offensichtlich ein Rauschgiftsüchtiger, zog das Messer, als ich kam, und verletzte das Kind an der linken Wange, gerade als ich es wegriss. Es war ein siebenjähriges Negermädchen. Na ja, der Kerl musste dann fünf Wochen in Gips liegen. Sein rechter Arm war gebrochen und noch so einiges. Der Alte von diesem Rauschgiftsüchtigen ist ein steinreicher Manager. Er machte Wirbel, setzte einen Anwalt auf den Fall an und so weiter. Mir wurde vorgeworfen, ich hätte das Notwehrrecht erheblich überschritten und einen Akt brutaler Körperverletzung im Dienst begangen. Viel konnten mir der Anwalt und der Alte dieses Mistkerls nicht anhaben, obwohl sie alles versuchten. Aber für ein Disziplinarverfahren und für die Degradierung reichte es. So bin ich meine sauer verdienten Streifen losgeworden."
Robert schüttelte den Kopf.
„Musstest du ihn denn so zurichten? Wegen ein paar Zähnen und auch wegen eines gebrochenen Arms hätte niemand etwas gesagt. Aber bei fünf Wochen Krankenhaus wird es wohl etwas mehr gewesen sein."
Dougherty machte ein ehrlich betrübtes Gesicht.
„Ich hatte eigentlich nur vor, ihn zu entwaffnen und auf die Station zu bringen. Aber als ich das Kind sah und es schreien hörte, und dann das Blut, da ist es über mich gekommen. Tja."
Robert sagte nichts mehr. Brian Dougherty war ein ausgezeichneter Polizist und eine Seele von einem Menschen. Er konnte es nicht mit ansehen, wenn Wehrlosen oder Schwächeren Gewalt angetan wurde, dann konnte es vorkommen, dass er durchdrehte.
Robert hätte ihm dann nicht in die Quere kommen mögen, obwohl auch er bestimmt kein Schwächling war. Denn das durfte kein Detektiv der U-Bahnpolizei von New York sein, wenn er am Leben bleiben wollte.
Der Zug hielt nun. Robert Martin und Brian Dougherty stiegen aus, gingen den Bahnsteig entlang und fuhren mit der Rolltreppe zur höher gelegenen Station. Hier, auf der Untergrundebene, gab es die üblichen Geschäfte, Automaten und Zeitungskioske.
Schilder zeigten, zu welchen Straßen man durch die Ausgänge gelangen konnte. Es war schmutzig, kalt und zugig. In einer Ecke drückte sich eine Gruppe von Halbstarken mit Bierdosen in den Händen herum. Sie trugen mit Nieten besetzte Lederjacken und Ketten mit Eisernen Kreuzen und anderen Emblemen um den Hals.
Ein ganz junger, hagerer Mulatte spie aus, als er Brian Doughertys Uniform sah.
„Drecksbulle", sagte er halblaut.
Dougherty hatte es gehört, reagierte aber nicht. Die anderen Halbstarken lachten.
„Mistkerl", grölte einer hinter dem Uniformierten her.
Robert Martin kannte sich auf dieser Station gut aus, Dougherty ebenfalls. Neben einem Blumenstand befand sich eine eiserne Tür mit dickem geriffeltem Glas, in das Drähte eingelassen waren.
>BMT-Linien< stand über der Tür. Und etwas kleiner darunter: >Unbefugten ist der Zutritt verboten<.
Die BMT (Brooklyn Manhattan Transit) war eine der drei New Yorker U-Bahngesellschaften. Robert Martin und Brian Dougherty traten ein und stiegen eine eiserne Treppe hoch.
Oben befand sich das Stellwerk, von dem aus der U-Bahnverkehr in diesem Abschnitt überwacht und geleitet wurde. Von hier aus wurden die Weichen gestellt und die Signale bedient. Robert Martin und Brian Dougherty traten in den großen Raum mit dem Modell des Gleissystems an der Wand und den Kontrollpulten, an denen kleine Lichter in unregelmäßigen Abständen aufflackerten.
Drei Disponenten und der Stellwerksleiter waren an der Arbeit. Der Stellwerksleiter winkte Robert Martin und Brian Dougherty zu sich an den Tisch. Es war ein großer, dicker Mann mit unsauberem Hemd und einer ausgebeulten Jacke. Sein graues Haar brauchte mal wieder einen Friseur. Die Augen in seinem fetten Gesicht waren in Speck eingebettet.
Sie funkelten wie kleine schwarze Jettknöpfe.
„Ah, unsere tüchtige Polizei, wie immer zu spät zur Stelle", sagte er laut. „Hat Richman von der Fahrdienst-Zentrale euch hergeschickt?"
„Allerdings."
„Dann seht mal nach, was auf der Strecke los ist, zum Donnerwetter noch mal! Ständig kursieren Gerüchte von einem rothaarigen Weibsbild, das auf offener Strecke und auch auf den Bahnhöfen auftaucht. Mal ist sie nur ein Schemen, mal Fleisch und Blut. Diese Geisterfrau oder was immer sie ist, bringt uns den ganzen Fahrplan durcheinander. Ihr müsst das abstellen."