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Das Leben scheint, sich endlich zu normalisieren, nachdem Arthur sich von seinen Verletzungen erholt hat. Die beiden genießen die Zweisamkeit in einer einsamen Blockhütte, als Arthur Grace unverhofft einen Heiratsantrag macht. Allerdings sind nicht alle für die Verbindung zwischen dem smarten CEO und seiner Assistentin und dann taucht auch noch ein Geist aus der Vergangenheit auf, der Grace‘ Welt noch einmal gehörig ins Wanken bringt. *** Der finale Band der McNamara-Trilogie
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MCNAMARA DISTILLERY
BUCH DREI
Copyright © 2020 Drucie Anne Taylor
Korrektorat: S.B. Zimmer
Satz & Layout © Julia Dahl
Umschlaggestaltung © Modern Fairy Tale Design
Auflage: 01 / 2023
Alle Rechte, einschließlich das, des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Dies ist eine fiktive Geschichte, Ähnlichkeiten mit lebenden, oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Alle Markennamen, Firmen sowie Warenzeichen gehören den jeweiligen Copyrightinhabern.
Das Leben scheint, sich endlich zu normalisieren, nachdem Arthur sich von seinen Verletzungen erholt hat. Die beiden genießen die Zweisamkeit auf einer einsamen Waldhütte, als Arthur Grace unverhofft einen Heiratsantrag macht. Allerdings sind nicht alle für die Verbindung zwischen dem smarten CEO und seiner Assistentin und dann taucht auch noch ein Geist aus der Vergangenheit auf, der Grace‘ Welt noch einmal gehörig ins Wanken bringt.
* * *
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Epilog
Danksagung
Über die Autorin
Weitere Werke der Autorin
Rechtliches und Uninteressantes
Arthur ist im OP und ich laufe Furchen in den Boden des Warteraums. Nachdem Clint und Miles Ms. Cassidy entwaffnet und unschädlich gemacht hatten, kamen kurz darauf der Krankenwagen und die Cops. Ich muss noch eine Aussage machen, aber da der Notarzt recht schnell feststellte, dass ich unter Schock stehe, haben sich die Polizisten damit einverstanden erklärt, dass ich erst mal zu mir komme. Ich war sowieso nicht in der Lage, einen klaren Satz zu formulieren. Selbst jetzt schweige ich, starre Löcher in die Luft und laufe trotzdem hin und her.
»Ms. Cassidy wurde verhaftet«, höre ich Clint sagen. »Wir wissen noch nichts, Mom.«
Ich drehe mich um und sehe zur Tür. Mit einem knappen Nicken grüße ich die McNamaras.
Arthurs Mutter sieht besorgt aus, aber das sind wir alle, weil er im OP um sein Leben kämpft. Ich war so erleichtert, als man ihn in seinem Büro wiederbeleben konnte, denn ich weiß nicht, was ich ohne ihn tun soll.
»Was ist passiert?«, fragt sie, als sie zu mir kommt.
Kopfschüttelnd wende ich mich ab, schlinge die Arme um meinen Körper und gehe weiter hin und her. Wie ein Tiger im Käfig.
»Grace steht unter Schock, Mom«, mischt sich Clint ein. »Sie war dabei, als er angeschossen wurde.«
»Und du?«, hakt sie nach.
»Grace hatte geistesgegenwärtig Miles‘ Nummer gewählt, ich bin ihm im Aufzug begegnet und dann sind wir gemeinsam in Arthurs Büro gegangen. Wir haben die Schüsse und Grace’ Schreie gehört, zuerst dachten wir, dass sie getroffen wurde, aber dann betraten wir es und haben gesehen, dass Arthur von mehreren Kugeln getroffen wurde«, erzählt er leise, aber ich höre jedes einzelne Wort so laut, dass ich das Gefühl habe, dass er mich anschreit. Die Situation kommt mir so surreal vor. Ich dachte immer, dass so was bloß in Filmen oder Büchern passiert, aber nein, die Realität ist genauso grausam wie manche Fiktion.
»Setz dich, Grace«, sagt Mr. McNamara leise, der seine Hand auf meine Schulter gelegt hat.
Ich sehe ihn an. »Gibt’s Neuigkeiten?«
Er schüttelt den Kopf. »Nein, aber es bringt nichts, wenn Sie Furchen in den Boden laufen.« Er schiebt seine Hand auf meinen Oberarm und führt mich zu einer Sitzreihe.
Unfreiwillig nehme ich Platz. Nervös tippe ich mit dem Fuß auf den Boden.
* * *
Ich bin müde, will aber partout nicht nach Hause fahren, auch wenn die McNamaras versuchen, mich davon zu überzeugen.
»Grace, du musst dich ausruhen«, sagt Clint mit warmer Stimme.
»Ich gehe nicht, bevor ich nicht weiß, wie es ihm geht«, widerspreche ich leise, aber entschieden. Ich will keinesfalls zu Hause sein, wenn sie erfahren, ob Arthur durchkommt oder nicht.
»Dann ruh dich wenigstens aus, du bist seit mehr als vierundzwanzig Stunden auf den Beinen«, hält Clint dagegen.
Seufzend lehne ich mich zurück. »Ich finde keine Ruhe.«
»Es bringt nichts, wenn du umkippst.«
Ich schaue ihn an. »Fährst du nach Hause?«
Daraufhin schüttelt er den Kopf. »Nein, ich werde bei dir und meinen Eltern bleiben.«
»Darf ich mich anlehnen?«
Er nickt mir zu.
Ich lege meinen Kopf an seine Schulter und schließe die Augen, aber finde wirklich keine Ruhe. Meine Gedanken rasen und ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich fühle mich so unglaublich hilflos. Und ich bin so demütig, weil wir wenigstens noch ein paar schöne Tage hatten, bevor das passiert ist. Ms. Cassidy muss völlig durchgedreht sein, sonst wäre sie nicht mit dem Vorhaben, Arthur umzubringen, in der Destillerie aufgetaucht. Ich kann einfach nicht verstehen, wie jemand so weit gehen kann.
»Gibt es schon etwas Neues?«, fragt eine Frau wenig später, weshalb ich die Augen wieder aufschlage.
»Nein, Giana, wir wissen noch nichts«, antwortet Mrs. McNamara.
»Warum ist sie hier?«, wende ich mich flüsternd an Clint.
»Sie waren jahrelang ein Paar«, erwidert er.
»Ja, sie waren eines, sie sind getrennt«, halte ich dagegen.
»Grace, sie haben immer noch Kontakt zueinander, weil sie sich im Guten getrennt haben. Sie sind Freunde.«
Ich schnaube. Es passt mir überhaupt nicht, dass sie hier ist, zumal Arthur und ich ein Paar sind.
Giana sieht mich an und verzieht ihre Lippen zu einem mitleidigen Lächeln. »Hi, Sie müssen Grace sein.« Sie streckt ihre Hand aus, aber ich sehe sie bloß überfordert an, bis Clint mich anstupst.
Ich ergreife sie. »Ja, bin ich.«
»Ich bin Giana Biancchi, Arthurs Ex-Verlobte.«
»Ich weiß, wer Sie sind«, entgegne ich ruhig.
»Danke, dass du mich angerufen hast, Clint«, wendet sie sich an ihn.
»Keine Ursache.«
Daraufhin werfe ich ihm einen Blick zu, doch er zieht die Schultern hoch.
»Sie sehen müde aus, Grace«, meint Giana.
»Ich weiß, ich sitze seit gestern hier und warte auf Neuigkeiten«, lasse ich sie wissen.
»Grace war dabei, als auf Arthur geschossen wurde«, erzählt Clint. »Sie steht unter Schock, deshalb solltest du es ihr nicht übelnehmen.«
»Verstehe«, sagt Giana und setzt sich auf der anderen Seite neben Clint.
Während wir auf Neuigkeiten warten, malt mir mein Kopf die schlimmsten Szenarien aus.
Ich habe furchtbare Angst um Arthur und weiß nicht, ob er überhaupt durchkommt.
* * *
Ich muss eingeschlafen sein, denn ich lehne an Clints Schulter. Blinzelnd schlage ich die Augen auf und schaue mich um. Draußen ist es dunkel. »Gibt’s schon etwas Neues?«, erkundige ich mich heiser.
»Nein, wir warten immer noch auf den Arzt«, antwortet Mr. McNamara. Er hält seine Frau im Arm, die die Lider geschlossen hat.
Jemand betritt den Wartebereich und räuspert sich. »Sind Sie Angehörige von Arthur McNamara?«, möchte er wissen. Zweifellos ist es ein Arzt.
Clint erhebt sich, ich stehe ebenfalls auf. »Ich bin sein Bruder, Clint McNamara. Die Dame hier ist Grace Walker, seine Lebensgefährtin.«
»Verlobte«, mische ich mich geistesgegenwärtig ein, auch wenn es nicht stimmt, aber so erhalte ich wenigstens Informationen.
Alle sehen mich überrascht an, weshalb ich die Hitze in meinen Wangen spüre.
»Er hat mich an Weihnachten gefragt, ob ich seine Frau werden will«, lasse ich sie wissen und werfe zumindest seinen Eltern einen flehenden Blick zu, damit sie dieses Theater mitspielen.
»Ich würde gern aufstehen und Ihnen die Hand reichen, aber Sie sehen, dass ich meine Frau im Arm halte«, wendet sich Joseph McNamara, Arthurs Vater, an den Arzt.
»Mein Name ist Charles Hoskins, ich habe Mr. McNamara operiert.«
»Kommt er durch?«, hake ich nach.
»Mr. McNamaras Zustand ist sehr kritisch, wir mussten ihn mehrmals reanimieren, außerdem mussten wir ihm eine Niere und die Milz entfernen. Seine inneren Blutungen sind gestillt, aber er ist ins Koma gefallen. Wir müssen abwarten, was die Nacht und die kommenden Tage bringen«, erklärt er und mir treten Tränen in die Augen.
»Dann können Sie noch keine Entwarnung geben?«, möchte Clint wissen.
»Es tut mir leid, das kann ich nicht«, erwidert Dr. Hoskins. »Mr. McNamara erhält im Moment Bluttransfusionen, da er sehr viel Blut verloren hat. Falls jemand von Ihnen null negativ ist, wäre es von Vorteil, wenn Sie sich zum Spenden bereit erklären.« Er räuspert sich. »Wir tun unser Möglichstes, damit es ihm bald besser geht, aber momentan bleibt uns nicht mehr als abzuwarten.«
Ich schnappe nach Luft. »Darf ich ihn sehen?«
»Er braucht Ruhe. Es tut mir leid, aber ich kann Sie heute Nacht nicht zu ihm lassen, Ms. Walker.«
»Bitte«, flehe ich ihn an.
»Glauben Sie mir, ich würde Sie gern zu ihm lassen, aber heute Nacht geht es nicht. Kommen Sie morgen wieder.« Er notiert etwas. »Das hier ist seine Zimmernummer, melden Sie sich am Empfang und man wird Sie zu ihm bringen.«
Ich nicke hektisch, als ich den Zettel entgegennehme. »Danke, Dr. Hoskins.«
»Wir sollten nach Hause fahren und versuchen, ein wenig zu schlafen«, mischt sich Mr. McNamara ein.
»Du hast recht, Dad«, sagt Clint, danach sieht er Dr. Hoskins an. »Danke.« Er reicht ihm die Hand, schüttelt sie.
Ich tue es ihm gleich, danach setze ich mich noch einmal.
»Komm, Grace, wir sollten dich nach Hause bringen.«
Ich schüttle den Kopf. »Ich möchte bleiben, Clint.« Die Tränen fallen auf meine Wangen und laufen sie in feinen Rinnsalen hinab. »Ich kann nicht gehen. Ich habe zu viel Angst, dass er es nicht schafft, wenn ich nicht in seiner Nähe bin.«
»Er wird es schaffen, Arthur ist zäh«, mischt sich seine Mutter ein.
Daraufhin schaue ich zu ihr. »Sind Sie sicher?«
»Eine Mutter spürt so etwas, Ms. Walker.«
Nickend greife ich nach meiner Handtasche und durchsuche sie nach Taschentüchern.
»Soll ich dich nach Hause bringen, Grace?«
Ich sehe hoch und erkenne Miles vor mir. »Wann bist du denn gekommen?«
»Ich war die ganze Zeit hier, aber habe mich im Hintergrund gehalten.« Er schenkt mir ein warmes Lächeln. »Komm, ich bringe dich nach Hause.«
»Es ist wohl das Beste, wenn Grace heute Nacht nicht alleine ist, Miles«, mischt sich Mrs. McNamara ein. »Kommen Sie heute Nacht mit zu uns.«
Kopfschüttelnd erhebe ich mich. »Ich möchte in Arthurs Haus übernachten, dort fühle ich mich ihm nah.«
»Ich werde bei ihr bleiben, damit sie nicht allein ist«, sagt Clint. »Wir sehen uns morgen, Mom, Dad.« Er geht zu ihnen und verabschiedet sich.
»Ich werde ins Hotel fahren. Ruf mich an, wenn du mehr weißt, ja?«, mischt sich Giana ein.
Ich frage mich immer noch, was sie hier will, immerhin hat sich Arthur von ihr getrennt. Aber gut, ich bin die Letzte, dich sich darüber beschweren wird, denn ich habe keine Lust, mich zu streiten.
Jetzt zählt nur Arthur und dass es ihm bald wieder besser geht.
Miles sieht mich erwartungsvoll an, bis Clint an meine Seite kommt. Er hakt mich bei sich ein, danach führen die beiden mich aus dem Wartebereich. Meine Bewegungen sind mechanisch, es kommt mir so vor, als würde mein Körper auf Autopilot agieren. Ich weiß nicht, warum ich Arthur nicht wenigstens kurz sehen durfte. Ja, er braucht Ruhe, aber ich wäre doch nicht mit Fanfaren und Trompeten in sein Krankenzimmer eingefallen.
Als wir die Klinik verlassen, sehe ich mich einem Blitzlichtgewitter ausgesetzt. Ich kneife die Augen zu und verberge mein Gesicht bei Clint.
»Mr. McNamara, wie geht’s Ihrem Bruder? Wird er durchkommen?«, ruft jemand.
»Seien Sie mir nicht böse, wenn ich auf jeglichen Kommentar verzichte«, antwortet Clint ruhig, aber ich spüre, dass sich sein Körper versteift. Es scheint ihm genauso wenig zu passen wie mir, dass die Presse aufgetaucht ist.
»Verraten Sie uns doch bitte, wie sein Zustand ist«, fordert jemand anders laut.
»Kritisch«, entgegnet Clint. »Wir müssen warten, was die Zeit bringt.« Er räuspert sich. »Entschuldigen Sie uns bitte, aber wir sind seit gestern Mittag hier und müde.« Danach dirigiert Miles uns durch die Menge. Es fällt mir schwer, auf den Füßen zu bleiben, aber ich bin erleichtert, als wir das Auto erreichen.
Ich steige ein, rutsche hinter den Fahrersitz und schnalle mich an. Seufzend lehne ich den Kopf an das kühle Fenster, schließe die Augen und hoffe, dass ich morgen in der Gewissheit aufwache, einen schlechten Traum gehabt zu haben.
Ist das vielleicht ein zu großer Wunsch?
* * *
Miles hatte mich heute früh zur Polizei gebracht, wo ich meine Aussage gemacht habe, danach hatte er mich ins Krankenhaus gefahren und bis zur Intensivstation begleitet. Da er kein Angehöriger von Arthur, sondern sein Leibwächter ist, durfte er die Station nicht betreten. Er hat im Wartebereich Platz genommen, während ich mich am Empfang gemeldet habe, damit ich zu Arthur darf. Nun stehe ich mit einem der Intensivpfleger vor dem Zimmer und atme tief durch, weil ich Angst vor dem Anblick habe, der sich mir zweifellos bieten wird.
»Möchten Sie nicht zu ihm gehen?«, erkundigt er sich.
»Doch«, erwidere ich und lege meine zitternde Hand an die Klinke. Ich betrete den Raum und schnappe nach Luft. Arthurs Oberkörper ist nackt, in seinen Armen stecken ein Zugang für die Medikamente und einer für die Bluttransfusion. Er wurde intubiert und das sonore Piepen des EKG-Monitors bestätigt mir, dass er noch lebt. Verhalten trete ich näher und setze mich in den Stuhl, der neben dem Bett steht.
»Hey«, grüße ich ihn leise.
Vielleicht kann er mich ja hören. Vorsichtig lege ich meine Hand auf seine, schließe sie um seine Finger.
»Ich habe denen erzählt, dass wir verlobt sind, damit ich zu dir darf«, erkläre ich heiser und versuche, die Tränen weg zu blinzeln.
»Du hättest diese Frau nicht verklagen dürfen, dann wäre das vermutlich nie passiert.« Ich räuspere mich. »Aber ich verstehe, dass du es tun musstest, um dich zur Wehr zu setzen.« Ich schlucke, versuche so, den Kloß, der gegen meinen Kehlkopf drückt, herunterzuschlucken. »Du musst mir den Gefallen tun und aufwachen, hörst du? Ich will mit dir alt werden, Arthur McNamara.« Ich ziehe die Nase hoch. »Unbedingt sogar.«
Gedankenverloren streichle ich mit dem Daumen seine Finger und fahre zusammen, als sie unter meiner Hand zucken. Mein Blick fixiert sich darauf, aber dann halten sie still. Ich habe mal gelesen, dass es normal ist, dass die Muskeln hin und wieder zucken, weshalb ich mir im Moment keine Hoffnung darauf mache, dass er schnell wieder aufwachen wird.
Scheiße, wir hätten in Deckung gehen müssen.
Ich verstehe nicht, warum er es nicht wie ich gemacht und Miles oder den Sicherheitsdienst angerufen hat, ohne dass sie es mitbekommt, aber vermutlich hatte er gar keine Gelegenheit dazu. Ich bin bloß froh, dass ich noch einmal in sein Büro gegangen bin, um nach ihm zu sehen, sonst wäre die Sache vermutlich ganz anders ausgegangen. Mrs. Holloway hat Urlaub, sodass Arthur alleine war. Vermutlich wäre er gestorben, wenn ich mich nicht noch mal in die Chefetage begeben hätte. Eigentlich hatte ich ihm vorspielen wollen, dass ich total genervt bin, aber das hatte sich erledigt, als ich Ms. Cassidy mit der Pistole sah. Im Nachhinein kommt einem ein so dummer Streich total lächerlich vor.
Ich habe letzte Nacht kaum geschlafen und weiß auch nicht, wie ich überhaupt zur Ruhe gekommen binl. Meine letzte Erinnerung ist, dass ich mit einem Kissen in den Armen vor dem brennenden Kamin saß, aber heute Morgen in Arthurs Bett aufgewacht bin, ohne jenes Zierkissen losgelassen zu haben. Clint wollte mich zum Frühstücken bewegen, aber nach einem halben Bagel bekam ich keinen weiteren Bissen hinunter. Dafür trank ich umso mehr Kaffee. Dennoch hatte sich Clint damit zufriedengegeben, weil ich nicht lange diskutieren wollte, und ihn irgendwann auf Durchzug geschaltet habe.
Seufzend erzähle ich Arthur, was derzeit los ist, auch dass Clint in die Destillerie gefahren ist, um nach dem Rechten zu sehen. Er übernimmt jetzt seine Vertretung, damit der Laden läuft, bis Arthur wieder arbeiten kann.
»Ich liebe dich, Arthur McNamara«, sage ich leise und hauche einen Kuss auf seine Finger, die ich vorsichtig in meine genommen habe.
* * *
Silvester verbrachte ich bei Arthur im Krankenhaus, weil mir nicht danach zumute war, feiernd ins neue Jahr zu rutschen. Und seither vergehen die Tage wie in Zeitlupe. Arthur ist über den Berg, wir warten darauf, dass er aufwacht, aber er lässt auf sich warten. Ich gehe arbeiten, inzwischen nur noch halbtags, damit ich die meiste Zeit des Tages bei ihm sein kann. Meist wechsle ich mich mit seinen Eltern ab, damit er nicht alleine ist. Bloß nachts muss ich nach Hause, weil man mich mehr oder weniger hinauskomplementiert. Noch immer liegt er auf der Intensivstation, die Schmerzmittel werden langsam reduziert, und er kann wieder selbstständig atmen. Allein das hielten wir alle für einen großen Fortschritt, denn es stand wirklich schlecht um ihn. Im Moment will ich noch nicht aufhören, täglich für ihn zu beten.
Wenn es wirklich einen Gott gibt, hoffe ich, dass er meine Gebete erhört und Arthur noch nicht zu sich holt.
Seine Eltern sind vor ein paar Minuten gegangen, Clint wollte später zu mir stoßen und ich sehe Arthur einfach nur an. Meine Hand liegt auf seiner, mit dem Daumen streichle ich ihn, wie ich es immer tue, wenn ich bei ihm sitze. Ich fühle mich so verdammt hilflos und hoffe, dass Ms. Cassidy für ihre Tat im Gefängnis schmoren wird. Inzwischen ist mir egal, dass sie Mutter ist, das Kind ist bei jedem anderen besser aufgehoben, als bei einer so desolaten Persönlichkeit wie ihr. Ich kann ihre Tat nicht verstehen, trotz allem hatte Arthur ihr ein Vermögen angeboten, damit sie uns verschont, aber sie schoss lieber auf uns. Ich traue mich kaum in sein Büro und Clint kommt meistens zu mir, wenn ich meine Aufgaben erledigt habe, weil ich Herzrasen bekomme, sobald ich daran denke, es betreten zu müssen. Beim ersten Mal wurde mir sogar schwarz vor Augen und kaum hatte ich den Raum betreten, war ich umgekippt.
Das hektische Piepen des EKG-Monitors zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Irritiert sehe ich dorthin, dann zu Arthur. Draußen ist es schon längst dunkel und die Besuchszeit ist bald vorbei, weshalb ich hoffe, dass es nichts Schlimmes ist. Ich ertrage keine weitere Nacht des Bangens.
Er gibt ein schmerzerfülltes Stöhnen von sich.
Tränen treten in meine Augen. »Arthur?«, frage ich besorgt.
Wieder stöhnt er und ich sehe, dass seine Augenlider zucken. Ich nehme seine Hand vorsichtig in meine, dann spüre ich es: Er drückt zu. Und auf einmal schlägt er die Augen auf. Sein Blick zuckt hin und her und sein Herz pocht schneller.
»Hey«, sage ich leise. »Keine Angst.«
Er schaut mich an und sein Herzschlag wird ruhiger. »Grace«, erwidert er heiser.
Die Tränen treten über und ich schließe kurz die Lider, trotzdem fallen sie. »Ich hatte solche Angst um dich.«
»Was …«
»Ms. Cassidy hat auf dich geschossen«, erkläre ich schniefend. »Ich dachte, ich hätte dich verloren.«
Seine Mundwinkel zucken, bevor er seine Lippen zu einem schmalen Lächeln verzieht. Damit sie nicht rissig werden, habe ich ihm täglich Lippenpflege aufgetragen, was er im wachen Zustand sicher niemals zugelassen hätte. Er entzieht mir seine Hand und schließt sie um meine.
»Ich liebe dich«, wispere ich, erhebe mich und hauche einen Kuss auf seine Wange.
»Dich auch«, erwidert er angestrengt.
»Du musst nichts sagen.« Ich hebe meine linke Hand an seine Wange und streichle ihn sanft. »Ich hatte wirklich Angst um dich.«
Die Tür geht auf. »Ms. Walker, die Besuchszeit ist jeden Moment vorbei.«
Ich schaue zur Krankenschwester. »Können Sie keine Ausnahme machen? Er ist gerade aufgewacht.«
Daraufhin schüttelt sie den Kopf. »Tut mir leid, aber das geht nicht.«
»Aber sein Bruder wollte noch kommen«, widerspreche ich.
Die Schwester kommt näher und schenkt Arthur ein Lächeln. »Es ist schön, dass Sie aufgewacht sind, Mr. McNamara, aber leider muss Ihre Verlobte Sie nun alleine lassen.«
Arthur sieht mich irritiert an.
»Das erkläre ich dir morgen«, flüstere ich ihm zu, erhebe mich und hauche einen Kuss auf seine Lippen.
»Bleib«, sagt er leise.
»Ich darf nicht.«
»Ich … kaufe den … Laden, wenn … nötig«, erwidert er heiser und schwerfällig.
Ich schüttle den Kopf. »Nein, ich komme morgen früh wieder her, jetzt kommt sicher noch ein Arzt, um dich zu untersuchen.«
»Ich gebe Ihnen noch fünf Minuten und hole Dr. Hoskins«, sagt sie und lässt uns allein.
»Hey, ich bin gerade … Wow«, stößt Clint aus.
»Das ist ja ein Kommen und Gehen hier«, stelle ich lächelnd fest.
»Wann ist er aufgewacht?«
»Vor ein paar Minuten«, erwidere ich. »Ich möchte eigentlich noch ein wenig bleiben, aber die Krankenschwester meinte, dass die Besuchszeit gleich vorbei ist.«
Clint zieht die Augenbrauen zusammen, dann wirft er einen Blick auf die Uhr. »Die Besuchszeit ist erst in zwei Stunden vorbei, die kann uns gar nicht rauswerfen.«
»Guten Abend, Mr. McNamara«, sagt Dr. Hoskins, womit wir wieder unterbrochen werden. Er nickt Clint und mir zu.
»Hi«, entgegnet Arthur angestrengt.
Der Arzt geht zu ihm. Er leuchtet ihm in die Augen. »Ihre Pupillen reagieren auf äußere Einflüsse, das ist sehr gut.«
»Hm«, Arthur nickt.
»Dr. Hoskins, warum wurde die Verlobte meines Bruders gebeten, zu gehen? Die Besuchszeit ist doch bis neun Uhr«, wendet Clint sich an ihn.
»Wer hat Sie denn gebeten zu gehen, Ms. Walker?«
»Die Krankenschwester, die Sie im Schlepptau haben«, antworte ich aufrichtig.
Dr. Hoskins wirft ihr einen mahnenden Blick zu. »Schwester Stacy ist neu in der Klinik, wahrscheinlich war es bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber so, dass die Besuchszeit um sieben Uhr endete, aber hier dürfen Sie bis neun bleiben.«
»Das will ich doch meinen«, sagt Clint ernst und ich bin erleichtert, dass ich noch ein wenig bei Arthur bleiben kann.
»Warum fällt es ihm so schwer zu sprechen?«, erkundige ich mich.
»Mr. McNamara lag im Koma und war intubiert, es ist vollkommen normal, dass es ihm schwerfällt, aber meist dauert es nicht lange, bis Komapatienten wieder ohne Anstrengung sprechen können«, erklärt Dr. Hoskins, während er die Monitore kontrolliert, an die Arthur angeschlossen ist. Ebenso wirft er einen Blick auf die Transfusion. »Wenn Sie etwas brauchen, klingeln Sie, Mr. McNamara, dafür liegt die Klingel gleich neben Ihrer linken Hand.«
»Danke«, entgegnet Arthur.
Dr. Hoskins verabschiedet sich mit einem Nicken von Clint und mir.
»Diese Krankenschwester wollte dich rauswerfen?«, hakt Clint nach.
»Na ja, nicht rauswerfen, aber sie wollte mich auch nicht länger bleiben lassen. Ich habe nicht darüber nachgedacht, dass die Besuchszeit noch gar nicht vorbei ist, sonst hätte ich sie darauf hingewiesen«, antworte ich und setze mich wieder zu Arthur.
»Wie geht’s dir, großer Bruder?«
»Hm«, gibt Arthur von sich und macht eine abwinkende Geste, danach tastet er nach meiner Hand und sieht mich an. »Du … siehst müde … aus.«
»Sie hat kaum geschlafen, aber trotzdem gearbeitet und jeden Tag an deinem Bett gesessen«, fährt Clint mir über den Mund, bevor ich überhaupt etwas sagen kann.
Arthur zieht die Augenbrauen zusammen. »Schlaf.«
»Später, wenn ich zu Hause bin.«
»Deine … Wohnung?«
»Bei dir«, erwidere ich und lächle zaghaft. »Ich konnte nicht ständig hier sein und in deinem Haus habe ich mich dir nahe gefühlt.«
Seine Mundwinkel zucken, jedoch sagt er nichts.
»Miles und ich haben sie im Auge behalten, damit sie zwischendurch etwas isst«, erzählt Clint weiter. »Über die Destillerie musst du dir auch keine Gedanken machen, ich habe mich gemeinsam mit Dad um alles gekümmert. Du musst dich erst mal erholen.«
»Okay.« Arthur umschließt sanft meine Finger. Er hat mich nicht einmal aus den Augen gelassen. »Verlobte?«
Ich hole tief Luft. »Ich hätte nicht zu dir gedurft, wenn wir nicht ein wenig geflunkert hätten. Deshalb haben wir deinem Arzt erzählt, dass ich deine Verlobte bin.«
»Mom hat ihr sogar einen ihrer Ringe geliehen, damit die Sache glaubwürdig ist«, mischt sich Clint lachend ein. »Leider geht das nun auch durch die Presse.«
»Egal«, stößt Arthur aus. »Grace?«
Ich sehe in seine dunkelbraunen Augen, von denen ich glaubte, sie nie wieder strahlen zu sehen. »Ja?«
»Heirate … mich.«
»Arthur, das war doch nur eine Notlüge.«
»Heirate mich«, sagt er mühsam, ohne zu stocken, und sieht entschieden an.
»Bald, aber noch nicht jetzt«, erwidere ich.
»Ihr habt noch ein Leben lang Zeit, Arthur, setz sie nicht unter Druck«, meint Clint, der sich neben mich gestellt hat. Er legt seine Hand auf meine Schulter, dann tätschelt er sie. »Nicht wahr, Grace?«
Ich blicke hoch zu Clint, anschließend wieder zu Arthur. »Lass uns warten, bis es dir besser geht, damit wir darüber reden können, okay?«
Er nickt kaum merklich. »In … Ordnung.«
Mit dem Stuhl rutsche ich näher zu ihm und lege meinen Kopf auf seinen Oberarm. Dort hat er wenigstens keine Schläuche oder Zugänge stecken, die ich ihm versehentlich herausreißen könnte. »Ich hoffe, du kannst bald nach Hause.«
»Bestimmt und wenn die sich hier querstellen, sorgen wir dafür, dass Arthur mit Auflagen entlassen wird.«
»Auflagen?«, hake ich nach, als ich meine Aufmerksamkeit auf Clint richte.
»Ja, dann richten wir ihm eben ein Krankenzimmer in seinem Haus ein. Ich denke, das wäre auch in deinem Interesse, oder, Arthur?«
Mein Blick fällt wieder auf den Mann meines Herzens.
»Ja, … wäre es.«
Wir erzählen Arthur, was er verpasst hat, welches Datum heute ist und dass seine Eltern ihn auch täglich besucht haben. Eigentlich wiederholen wir alles, was wir ihm schon während der letzten zwei Wochen erzählt haben, als er im Koma lag. Ich bin unglaublich froh, dass er aufgewacht ist. Es hat mir eine Last von den Schultern genommen. Endlich habe ich das Gefühl, wieder atmen zu können.
Jetzt wird hoffentlich alles gut.
* * *
Eine Woche später wurde Arthur entlassen.
Wir sitzen auf der Rückbank seines Mercedes, während Miles uns nach Hause bringt. Arthur hat mich gebeten, bei ihm einzuziehen, jedoch geht mir das zu schnell. Ich streichle seine Hand und betrachte ihn, während er nachdenklich aus dem Fenster schaut. »Alles okay?«, erkundige ich mich.
Arthur sieht mich müde an. Die Physiotherapie hat ihn ausgelaugt, das sieht man ihm an. »Ja, wieso fragst du?«
»Weil es mich interessiert, wie es dir geht«, entgegne ich lächelnd, beuge mich zu ihm und hauche einen Kuss auf seine Lippen. »Freust du dich auf zu Hause?«
»Definitiv, aber weniger auf die Physiotherapie, die noch auf mich zukommt.«
Ich seufze. »Sie soll dir doch nur helfen, weil du so lange bettlägerig warst.«
»Ich weiß, aber lieber würde ich es in meinem Tempo machen, statt auf einen Therapeuten zu hören, der alles peu a peu macht.«
»Man muss aber Schritt für Schritt vorgehen. Das ist ein Marathon und kein Sprint, Arthur«, gebe ich zu bedenken.
»Du hast recht, trotzdem muss es mir nicht gefallen.« Arthur zwinkert mir zu, küsst mich sanft und richtet sich auf. »Erstaunlich, dass es noch mehr geschneit hat.«
»Ja, es hat fast nicht mehr aufgehört. An einem Morgen musste Miles aus dem Fenster klettern und den Gehweg vor dem Haus freischaufeln, weil der Schnee fast vierzig Zentimeter hoch lag und die Haustür blockiert hat.«
Leise lachend schüttelt er den Kopf, doch dann zischt er und verzieht das Gesicht.
»Alles okay?«
»Ja«, knurrt er und hält sich die linke Seite. »Verdammt.«
»Ist wirklich alles in Ordnung?«
»Sieht das so aus?«, herrscht er mich plötzlich so laut an, dass ich zusammenzucke.
Ich atme tief durch. »Nein, deshalb frage ich ja, was los ist, damit ich gegebenenfalls deinen Arzt anrufen kann«, antworte ich um Ruhe bemüht.
»Sei einfach still, Grace!«
Nur nicht aufregen. Ich würde ihm den Hals umdrehen, sollte ich jetzt auch wütend werden, aber ich mache eine Faust in der Tasche. Er ist frustriert, das verstehe ich, und er wird wahnsinnige Schmerzen haben, weshalb ich es ihm nachsehen muss. Sauer werde ich erst, wenn er sich wochenlang so verhalten sollte. Aber gut, ich habe eine eigene Wohnung, ich muss nicht die ganze Zeit bei ihm bleiben, sollte es mich stören, wie er mich behandelt.
Miles fährt auf Arthurs Grundstück, steigt aus und öffnet die hintere Beifahrertür. »Alles in Ordnung, Mr. McNamara?«
»Es geht schon«, erwidert Arthur knurrend.
Ich sehe die Schweißperlen auf seiner Stirn, aber als ich noch einmal seine Hand ergreifen will, zieht er sie weg und steigt schwerfällig aus dem Auto. Miles stützt ihn, als er Halt bei ihm sucht.
Seufzend öffne ich die hintere Fahrertür und schlüpfe aus dem Wagen, danach schubse ich sie zu. Ich gehe an Arthurs andere Seite, um ihm ebenfalls eine Hilfe zu sein, aber er sieht mich vernichtend an.
»Hör auf, Grace.«
»Ich möchte dir doch bloß helfen.«
»Ich brauche deine Hilfe nicht!«, schreit er mich an, weshalb ich von ihm zurücktrete.
»Okay«, sage ich kleinlaut und folge Miles und ihm langsamen Schrittes ins Haus. Ich weiß, es liegt an seinen Verletzungen, nicht an mir – zumindest rede ich es mir ein.
Miles hilft Arthur zur Couch. »Brauchen Sie noch etwas, Sir?«
»Ein Glas Wasser und die Schmerztabletten.«
Ich greife in meine Handtasche, denn ich war vorhin in der Apotheke, um das Rezept einzulösen. Ich gebe Arthur die drei Röhrchen, anschließend nehme ich im Sessel Platz.
»Wie viele darf ich davon nehmen?«, möchte er wissen.
»Steht drauf«, entgegne ich und weiche seinem Blick aus.
»Guten Tag, Mr. McNamara«, sagt Mrs. Isaacs ergeben. »Ich bin froh, dass Sie wieder auf den Beinen sind.«
»Hallo, Mrs. Isaacs. Würden Sie mir bitte ein Glas Wasser bringen?«, fragt er freundlich, so ganz anders, als er sich mir gegenüber verhält.
»Sicher.«
»Dann werde ich Ihr Gepäck holen«, verkündet Miles und lässt uns alleine.
»Möchten Sie auch ein Getränk, Ms. Walker?«, wendet Mrs. Isaacs sich an mich.
»Ich würde ein Glas Cola nehmen«, antworte ich und lehne mich zurück. In den letzten Wochen habe ich so gut wie gar nicht geschlafen und am liebsten würde ich mich jetzt hinlegen, aber das werde ich nicht, solange Arthur Schmerzen hat.
»Ich bringe Ihnen die Getränke sofort«, sagt Mrs. Isaacs und verlässt den Raum.
»Alles in Ordnung?«, fragt Arthur.
Ich schaue zu ihm, dann nicke ich. »Ja, alles gut.« Ich richte mich wieder auf und ziehe meine Schuhe aus, danach befreie ich mich von meiner Strickjacke.
Mrs. Isaacs kommt zurück, sie stellt unsere Gläser auf den Couchtisch. »Mr. McNamara, ich weiß, das ist vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt, aber haben Sie einen Wunsch fürs Abendessen?«
Er hebt einen Finger, womit er ihr bedeutet zu warten, anschließend nimmt er zwei der Schmerztabletten und trinkt das halbe Glas Wasser leer. »Ich würde mich freuen, wenn Sie gebackenes Hühnchen mit Kartoffelpüree und grünem Spargel zubereiten würden.«
»Sehr gern, Sir.« Sie lächelt ihm zu, danach wendet sie sich ab und lässt uns alleine.
Arthur stellt die Tablettendose auf den Tisch, streift seine Schuhe ab und legt sich auf die Couch. Er atmet tief durch.
»Möchtest du dich nicht lieber ins Bett legen?«, erkundige ich mich vorsichtig.
»Nein, ich bleibe hier, bis die Tabletten wirken, danach setze ich mich ins Büro.«
Ich schnaube. »Du wurdest erst aus dem Krankenhaus entlassen und willst dich schon wieder ins Büro setzen?«
»Es gibt Dinge, die erledigt werden müssen«, hält er entschieden dagegen.
»Für die Destillerie? Dein Vater und dein Bruder haben alles im Griff, Arthur«, gebe ich zu bedenken.
»Ja, Grace, für das Familienunternehmen, das ich in der sechsten Generation leite, wie du weißt«, knurrt er.
»Arthur, du warst schwer verletzt, deine Verletzungen sind immer noch nicht ganz verheilt … Es ist nicht richtig, wenn du dich jetzt schon wieder an den Schreibtisch setzt und arbeitest«, rede ich ruhig auf ihn ein.
Diesmal ist Arthur derjenige, der schnaubt. »Willst du mich etwa bemuttern?«
»Nein, nur verhindern, dass du dich ins Grab bringst!«, antworte ich aufgebracht und erhebe mich. »Arthur, ich habe wochenlang an deinem Bett gesessen und um dich gebangt. Ich hatte Angst, habe Ärzte und Schwestern belogen, in dem ich ihnen sagte, dass wir verlobt sind … Ich habe kaum geschlafen, kaum gegessen und mir verdammt große Sorgen gemacht. Willst du wirklich dein Leben wegwerfen, das die Ärzte in mühevoller Arbeit gerettet haben?«
»Du übertreibst maßlos, Grace.«
Tränen treten in meine Augen. »Gut, dann übertreibe ich eben, sieh selbst zu, wie du gesund wirst.« Ich hebe meine Boots auf, nehme Handtasche und Strickjacke an mich. Ohne ein weiteres Wort von ihm abzuwarten, verlasse ich das Wohnzimmer. In der Eingangshalle ziehe ich meine Boots an, die Wollstrickjacke und den Mantel an, danach lasse ich Arthurs Haus hinter mir.