Moronthor und der achtarmige Tod: Der Dämonenjäger von Aranaque 297 - Art Norman - E-Book

Moronthor und der achtarmige Tod: Der Dämonenjäger von Aranaque 297 E-Book

Art Norman

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Beschreibung

Tamote, der Schamane, umklammerte den Dolch. Finster starrte er den Mann in der bunten Kleidung an, der ihm mit dem langen, dünnen Messer gegenüberstand. Zwei absolut ungleiche Gegner. Der Mann in der fremdartigen Kleidung besaß die Waffe mit der längeren Reichweite. Aber Tamote konnte auf seinen Zauber zurückgreifen. Und das tat er nun auch. Er rief die Geister der Ahnen zu Hilfe, um den hellhäutigen Fremden zu besiegen. Er spürte, wie die Macht in ihm zu wachsen begann. Er konnte den Fremden töten, vernichten. Blitzschnell riß er den Dolch hoch und griff an. Im gleichen Moment umloderte ihn gleißendes Licht. Aus heiterem Himmel traf ihn ein Blitz, der ihn zu Boden schleuderte. Im nächsten Moment spürte er die Spitze des so schrecklich langen Messers an seinem Hals. Der hellhäutige Fremde brauchte nur ganz leicht zuzudrücken, und Tamote war verloren…

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Art Norman

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Inhaltsverzeichnis

Copyright

Moronthor und der achtarmige Tod: Der Dämonenjäger von Aranaque 297

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COVER STEVE MAYER + William Trost Richards

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Moronthor und der achtarmige Tod: Der Dämonenjäger von Aranaque 297

Art Norman

Tamote, der Schamane, umklammerte den Dolch. Finster starrte er den Mann in der bunten Kleidung an, der ihm mit dem langen, dünnen Messer gegenüberstand.

Zwei absolut ungleiche Gegner. Der Mann in der fremdartigen Kleidung besaß die Waffe mit der längeren Reichweite. Aber Tamote konnte auf seinen Zauber zurückgreifen.
Und das tat er nun auch.
Er rief die Geister der Ahnen zu Hilfe, um den hellhäutigen Fremden zu besiegen.
Er spürte, wie die Macht in ihm zu wachsen begann. Er konnte den Fremden töten, vernichten. Blitzschnell riß er den Dolch hoch und griff an.
Im gleichen Moment umloderte ihn gleißendes Licht. Aus heiterem Himmel traf ihn ein Blitz, der ihn zu Boden schleuderte. Im nächsten Moment spürte er die Spitze des so schrecklich langen Messers an seinem Hals. Der hellhäutige Fremde brauchte nur ganz leicht zuzudrücken, und Tamote war verloren…
***
Aber der tödliche Stoß, mit dem der Schamane gerechnet hatte, blieb aus.
Der dicke Mann zog die lange Klinge wieder zurück. Aber immerhin trat er Tamote den Dolch aus der Hand. Die Waffe flog einige Mannslängen weit durch die Luft und blieb im Gras liegen.
»Ich hab's Ihm schon einmal gesagt, wilder Barbar: der einzige, der ungestraft Hand an meinen Diener legen darf, bin ich! Versucht Er’s noch einmal, ihn anzugreifen und zu töten, ziehe ich Ihm das Fell über die Ohren. Hat Er das jetzt endlich verstanden?«
»Von wem redest du, Feuerhaar?« keuchte Tamote. »Von ihm? Sprich so, daß jeder deine Rede auch verstehen kann! Oder bist du ein närrisches kleines Kind?«
Die Brauen des Weißhäutigen senkten sich; die Augen verschwanden fast in dem von wildem rotem Vollbart umwucherten Gesicht und unter dem sich beim Stimrunzeln mitsenkenden dreigespitzten Hut.
»Reize Er mich nicht«, knurrte der dicke Mann. »Ist Er zu dumm, sich meinen Namen zu merken? Ich heiße nicht Feuerhaar, sondern Don Cristofero Fuego del Zamora y Montego!«
»Das kann niemand aussprechen!« protestierte Tamote.
»Ich kann es, also kann Er es auch! Wie lange will Er jetzt noch unnütz auf dem Boden herumliegen? Er stehe auf und schleiche sich zu Seinesgleichen, bevor jemand über Ihn fällt und zu Schaden kommt!«
Er schob die lange, dünne Waffe in die lange, dünne Scheide zurück, die an einem breiten Ledergurt hing, den der Dicke sich schräg von der Schulter herab um den Oberkörper gehängt hatte. Dann wandte er sich um und sah die anderen Indianer an, die ihn, Tamote und den schwarzen Gnom umkreisten.
»Noch jemand, der es versuchen möchte?« fragte er grimmig.
Die Männer hielten Messer und Streitkolben in den Händen. Aber sie wirkten verunsichert. Daß Don Cristofero ihren Zauberer zu Boden geschickt hatte, gab ihnen zu denken. Sie wurden vorsichtig.
Dabei wußte Cristofero nur zu gut, daß es nicht allein ihm selbst zu verdanken war, daß er diese kleine Auseinandersetzung so blitzschnell gewonnen hatte.
Der Gnom war aktiv geworden…
Er hatte ihn für besinnungslos gehalten, für wehrlos. Andernfalls hätte er vielleicht nicht so spontan agiert, hätte die Indianer nicht direkt angegriffen, deren Gefangener er bis vor wenigen Minuten noch gewesen war -und es eigentlich immer noch war!
Unwillkürlich sah er zu dem Verwachsenen hinüber. Der lag nach wie vor unbeweglich am Boden, so, wie die Indianer ihn fallen gelassen hatten, nachdem sie ihn ins Lager geschleppt hatten. Auf den ersten Blick hatte sich an seinem Zustand nichts geändert, aber dann registrierte Don Cristofero, daß der Kleine ihm kaum merklich zuzwinkerte.
Er war also tatsächlich wach!
Erleichtert atmete Cristofero auf. Bis zu dieser Sekunde hatte er gezweifelt, ob nicht doch noch eine andere magische Kraft eingegriffen hatte. Aber jetzt wußte er, daß es der Gnom gewesen war, der ihn gerettet hatte, und daß er sich auf den Kleinen nach wie vor verlassen konnte.
Soweit man bei ihm von ›verlassen‹ reden konnte…
Denn meist hatten seine Zauberkunststücke ungeahnte Nebenwirkungen…
Don Cristofero war schon gespannt, was es diesmal war!
Jetzt aber sah er kampflustig in die Runde, bis sein Blick wieder den Schamanen traf, der ihn mittels Magie anzugreifen versucht hatte. Er hatte es gemerkt, schon an den Zauberworten, die der Indianer hervorgestoßen hatte, um sich der Hilfe seiner Geister zu versichern, und der Gnom auch, der daraufhin eingegriffen und den Indianerzauber blockiert hatte.
Tamote wirkte völlig demoralisiert.
Don Cristofero war schlau genug, ihn jetzt nicht anzusprechen und weiter zu provozieren. Statt dessen schritt er auf den Gnom zu, ging vor dem Schwarzhäutigen in die Knie und hob ihn auf.
Es war ziemlich anstrengend. Cristofero gehörte zwar nicht gerade zu den sieben Schwächsten im Lande, aber sein erhebliches Übergewicht machte ihm bei körperlichen Anstrengungen doch ein wenig zu schaffen. Der Schweiß trat ihm aus den Poren, als er den Gnom mit scheinbarer Leichtigkeit anhob; ein Fliegengewicht war der Kleine schließlich auch nicht unbedingt.
Cristofero bemühte sich, niemandem zu zeigen, wie sehr er sich anstrengte.
Kurz sah er die Rothäute an. Niemand reagierte. Auch nicht, als Cristofero mit seiner lebenden Last losstiefelte. Mitten hinein in das Dorf bis hin zu jenem Zelt, aus dem er Tamote vorhin hatte hervorstürmen sehen.
Er trat in das Zelt und ließ dort den Gnom wieder zu Boden sinken.
»Rühr Er sich bloß nicht«, zischte er ihm zu. »Er ist weiterhin ohne Besinnung, hat Er verstanden?«
Der Gnom zwinkerte wieder.
Cristofero trat wieder ins Freie.
Die Indianer waren ihm gefolgt, und inzwischen hatte sich auch der Rest der Männer hier versammelt. Bei ihnen war auch der fremde Weiße, den Cristofero vorhin am Dorfrand gesehen hatte. Der Mann in der Lederkleidung.
Er glaubte seinen Augen nicht trauen zu dürfen, als er ihn erkannte.
Der andere lächelte spöttisch.
»Wiedersehen macht Freude, Fettwanst«, sagte Robert deDigue.
***
Nicandra Darrell beugte sich über Professor Moronthor. Er lag am Rand der Lichtung am Boden und rührte sich nicht. Ein Mann hatte mit einer Muskete auf ihn geschossen und war dann geflohen, als Nicandra und das Para-Mädchen Eva aufgetaucht waren.
Nicandra hatte den E-Blaster auf ihn abgefeuert, aber der Fremde hatte die betäubende elektrische Energie einfach geschluckt, ohne darauf zu reagieren. Er war verschwunden. Zwecklos, ihm zu folgen; vermutlich kannte er sich hier wesentlich besser aus als die beiden Frauen. Außerdem war es wichtiger, sich um Moronthor zu kümmern. Wenn er schwer verletzt war, mußten sie mit ihm sofort versuchen, aus dem Jahr 1676 in die Gegenwart zurückzukehren, damit er ärztliche Hilfe erhalten konnte.
Falls es überhaupt möglich war. Denn von ihrem Ausgangspunkt im Jahr 1998 kamen sie auch noch nicht sofort in den Genuß ärztlicher Hilfe. Sie mußten ihn nach Tendyke's Home bringen, und ein Arzt mußte dann erst mal zu ihnen kommen.
Das kostete Zeit…
Anfangs waren sie davon ausgegangen, alle Zeit der Welt zu haben.
Es begann ursprünglich damit, daß vor ein paar Jahren Besuch aus der Vergangenheit im Château Aranaque auftauchte, in Moronthors Loire-Schloß.
Einer seiner frühen Vorfahren aus der spanischen Linie der Familie - Don Cristofero Fuego del Zamora y Montego, in Begleitung seines zauberkundigen Dieners, eines schwarzhäutigen, buckligen Gnoms. Der war für die Zeitreise verantwortlich. Er hatte wieder einmal - natürlich vergeblich versucht, im Auftrag seines Herrn Gold zu machen, und wie immer war ihm dieser Zauber ›ausgerutscht‹ und hatte als Nebeneffekt dafür gesorgt, daß die beiden weit in ihre Zukunft geschleudert worden waren. Es hatte längere Zeit gebraucht, um einen Weg zu finden, sie wieder in ihre Epoche zurückkehren zu lassen.
Unglücklicherweise war auch dabei etwas schiefgegangen, und Professor Moronthor und seine Gefährtin Nicandra Darrell waren mit in die Vergangenheit verschlagen worden. Das öffnete einen neuen Zeitkreis.
Ein zweiter war parallel geöffnet worden, als aus der Gegenwart ein Rettungsversuch durchgeführt wurde; einer von Merlins Zeit-Ringen - der Zukunftsring - wurde in die Vergangenheit geschickt, und mit ihm konnte Moronthor wieder in die Gegenwart zurückkehren, die aus Don Cristoferos Perspektive natürlich die Zukunft war.
Um diesen Kreis wieder zu schließen, hätten Moronthor und Nicandra mit dem Zukunftsring wieder an ihren damaligen Ausgangsort zurückkehren müssen - und mit Hilfe des Gnoms erneut in ihre Zeit zurückkehren. Falls das überhaupt noch möglich war, da sich inzwischen eine Menge anderer Dinge ereignet hatten, die mit in diese Zeitkreise hineinspielten. Und je länger es dauerte, desto komplizierter und schwieriger wurde es.
Ganz abgesehen davon, daß weder der Meister des Übersinnlichen noch seine Gefährtin Lust hatten, sich der Zauberkunst des Gnoms anzuvertrauen. Wer konnte sagen, wo sie dann diesmal landen würden? Vielleicht in einer fernen Zukunft am Ende des Universums, oder so tief in der Vergangenheit, daß sie den Sauriern die Pfötchen schütteln konnten…
Nun aber war Eva aufgetaucht, das Para-Mädchen. Merlins Tochter. Sie sah Merlins Ringe und behauptete sofort, sie sei in der Lage, diese Zeitkreise zu schließen.
Wie das funktionieren sollte, hatte sie nicht gesagt, wußte es scheinbar selbst nicht. Es schien zu einem Teil der Erinnerungen zu gehören, zu denen sie Zugriff bekam, ohne es steuern zu können. Ansonsten besaß sie keine Erinnerung an ihre Vergangenheit. Es war schon erstaunlich, daß sie mehrere Sprachen beherrschte und ihr kulturelle und gesellschaftliche Gepflogenheiten nicht fremd waren. Aber sie kannte nicht einmal ihren Namen. Daß sie Eva genannt wurde, hatte sie einfach akzeptiert, weil sie keinen Grund sah, etwas dagegen einzuwenden.
Scheinbar stellte sie sich ihre Funktion bei der Zeitreise so vor, daß sie als eine Art Katalysator wirkte. Sie brauchte nur dabeizusein, hatte sie gesagt. Es sei nur wichtig, daß die Betroffenen an einem Ort und zu einem Zeitpunkt zusammenkämen, um sich dann wieder zu trennen, und nach der Rückkehr in die Gegenwart sei das Problem der offenen Zeitkreise dann erledigt.
Moronthor und Nicandra blieben mißtrauisch. Sie hatten schon zu viele Zeitreisen hinter sich gebracht, um Paradoxa zu fürchten. Und von denen hatte es in den letzten Jahren schon mehr als genug gegeben.
Dennoch ließen sie sich schließlich auf das Experiment ein.
Robert Tendyke, der in der Vergangenheit zur Zeit des Sonnenkönigs unter dem Namen Robert deDigue mit Don Cristofero zu tun gehabt hatte, nannte ihnen eine Stelle, an der sie zu einem bestimmten Datum auf Don Cristofero und seinen zauberkundigen Begleiter treffen konnten, und sie hatten sich dorthin begeben. Dann waren sie mit dem Vergangenheitsring ins Jahr 1676 zurückgereist.
Zu dieser Zeit befand sich Don Cristofero bereits nicht mehr in Europa. Er war am Hofe des Sonnenkönigs in Ungnade gefallen und hatte es vorgezogen, außer Landes zu gehen - so weit wie möglich fort von Frankreich. Daß es eher eine Ausweisung gewesen war, wußten nur wenige. Er war zu der Kolonie in der Neuen Welt - Amerika - gereist, die in der Gegenwart Louisiana genannt wurde.
Aber dort, wo Moronthor, Nicandra und Eva ihn hätten treffen sollen, hatten sie ihn nicht gefunden. Sie waren in einer Wildnis gelandet, in der ein ihnen völlig unbekannter Mann seine Muskete auf Moronthor abgefeuert hatte, um dann blitzschnell die Flucht zu ergreifen. Eva behauptete, dieser Mann sei kein normaler Mensch gewesen, sondern ein Wer-Wesen.
Aber Werwölfe und andere Verwandlungskünstler zeigten sich doch normalerweise nur bei Dunkelheit, und sie hatten es auch nicht nötig, mit menschlichen Waffen auf ihre Gegner zu schießen.
Nicandra war nicht sicher, was sie davon halten sollte.
Sie berührte Moronthor. Seltsamerweise wies sein Wams weniger Schaden auf, als die Musketenkugel eigentlich hätte hervorrufen müssen. Und da war kein Blut! Nicandra knöpfte hastig Wams und Hemd auf.
Und sah das Amulett.
Erleichtert atmete sie auf.
Die handtellergroße Silberscheibe, die Moronthor unter der Kleidung vor der Brust trug, hatte die Kugel aufgefangen!
Dadurch war die Aufprallwucht auf die gesamte Fläche des Amuletts verteilt worden. Und da die Kugel nicht durchdrang, sondern abprallte, war auch die Kleidung nur wenig beschädigt worden. Allerdings hatte der Schlag Moronthor einen Betäubungsschock verpaßt, ihm die Luft aus den Lungen gepreßt.
Vorsichtig schob Nicandra das Amulett ein wenig zur Seite und sah den Bluterguß darunter. Sie tastete vorsichtig nach den Rippen, konnte aber nicht feststellen, ob sie beschädigt waren oder nicht; sie wollte auch nicht stärker zudrücken, solange Moronthor bewußtlos war und nicht warnend aufschreien konnte, falls der Schmerz ihm einen Bruch signalisierte.
Aber mit gebrochenen Rippen konnte er leben. Eine Schußwunde wäre wesentlich schlimmer gewesen.
»Es gibt Leute, die haben ein geradezu unverschämtes Glück«, sagte Eva leise. »Wenn der Schuß ihn etwas weiter rechts oder links oder tiefer getroffen hätte…«
»Lieber nicht dran denken!« wehrte Nicandra ab. »Bleibst du hier und paßt ein wenig auf ihn auf? Ich schaue mal, ob ich den Schützen nicht doch irgendwo aufspüren kann.«
Sie setzte sich in Bewegung und ging in die Richtung, in die der Fremde verschwunden war.
Eva seufzte.
Plötzlich fühlte sie sich ziemlich allein und verloren.
Warum mußte alles, was anfangs so einfach ausgesehen hatte, immer so furchtbar kompliziert werden?
***
Der Namenlose fragte sich - übrigens nicht zum ersten Mal -, ob sein Herr den Verstand verloren hatte. Wobei eine düstere Stimme seines Unterbewußtseins die Zusatzfrage stellte, ob Don Cristofero überhaupt jemals so etwas wie Verstand besessen hatte, was schließlich die Voraussetzung für ein Verlieren desselben war.
Warum war der Grande nicht einfach davongelaufen, nachdem der Gnom mit seinem Zauber die Fesseln aufgelöst beziehungsweise von Lederriemen in Honig verwandelt hatte? Gut, er hatte sich um den Gnom gekümmert, nachdem dieser durch den magischen Angriff des Indianer-Zauberers verwirrt worden und aus der Deckung gestürzt war, die die Baumkrone ihm vorher mit ihrem Laub gewährt hatte. Don Cristofero hatte versucht, den Gnom zu schützen. Aber dadurch war er nicht wirklich frei geworden. Im Gegenteil, jetzt saßen sie beide fest.
Die Rothäute müßten schon total vertrottelt sein, wenn sie die beiden Fremden wieder aus dem Dorf gehen ließen!
Gerade dieser indianische Hexer hatte doch gestern abend schon versucht, den Namenlosen zu töten. Und jetzt wieder. Beide Male hatte Don Cristofero das durch sein Eingreifen verhindern können. Doch das änderte nichts daran, daß der Schamane nach wie vor des Gnomen Todfeind war.
Dabei hatte der ihm überhaupt nichts getan.
Vielleicht war alles nur ein gewaltiges Mißverständnis.
Daß nun allerdings auch Robert deDigue auf dem Plan erschienen war, gab dem Gnom zu denken. Handelte es sich etwa um ein abgekartetes Spiel? Hatte deDigue, dieser Intrigant, der schon am Hof des Sonnenkönigs gegen Don Cristofero gestänkert und dafür gesorgt hatte, daß dieser das Land verlassen mußte, nun auch die Indianer aufgehetzt?
Nun standen sie draußen und redeten aufeinander ein.
Solange sie reden, dräut keine Gefahr, dachte der Gnom und sah sich im Innern des Zeltes um, ob es da nicht etwas gab, was er zum Zaubern verwenden konnte. Er roch, daß es das Zelt des Schamanen war. Und er sah allerlei seltsame Dinge herumliegen oder an den Zeltstangen hängen. Vertrocknete tote Kleintiere, seltsame, mit merkwürdigen Mustern bestickte Lederbeutel, in denen sich noch seltsamere Dinge befanden, Lederfetzen, die mit Linien, Zeichen, Mustern, Bildern bemalt waren…
Er kannte sich aus.