Moronthor im Reich der Kraken-Schlange: Der Dämonenjäger von Aranaque 103 - Art Norman - E-Book

Moronthor im Reich der Kraken-Schlange: Der Dämonenjäger von Aranaque 103 E-Book

Art Norman

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Beschreibung

Es war ein Ungeheuer, das eigentlich gar nicht auf der Erde existieren dürfte. Es mochte eine Seeschlange aus den alten Mythen und Legenden sein, ein riesiger Krake, dessen Fangarme ganze Schiffe zerstören konnten, ein Nest giftiger, zischender Schlangen, deren Biß unverzüglich tötet. Es war nichts von alledem, und es war etwas von jedem. Eine entsetzliche, gefährliche Mischung. Daß es diese Bestie geben könnte, wollte niemand glauben. Aber es gab einen, der sie herbeibeschwor. Der eine tödliche, mörderische Falle stellen wollte für seinen größten Feind. Und so war das unglaubliche Ungeheuer plötzlich da, und der Schrecken begann. Das Monster, diese gefährliche Mischung aus verschiedenen Bestien, schlug seine Opfer…

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Art Norman

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Inhaltsverzeichnis

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​Moronthor im Reich der Kraken-Schlange: Der Dämonenjäger von Aranaque 103

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COVER STEVE MAYER + William Trost Richards

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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​Moronthor im Reich der Kraken-Schlange: Der Dämonenjäger von Aranaque 103

Art Norman

Es war ein Ungeheuer, das eigentlich gar nicht auf der Erde existieren dürfte. Es mochte eine Seeschlange aus den alten Mythen und Legenden sein, ein riesiger Krake, dessen Fangarme ganze Schiffe zerstören konnten, ein Nest giftiger, zischender Schlangen, deren Biß unverzüglich tötet.
Es war nichts von alledem, und es war etwas von jedem. Eine entsetzliche, gefährliche Mischung. Daß es diese Bestie geben könnte, wollte niemand glauben.
Aber es gab einen, der sie herbeibeschwor. Der eine tödliche, mörderische Falle stellen wollte für seinen größten Feind. Und so war das unglaubliche Ungeheuer plötzlich da, und der Schrecken begann.
Das Monster, diese gefährliche Mischung aus verschiedenen Bestien, schlug seine Opfer…
***
Er starrte in die düstere Glut. Hier und da züngelten Flammen auf, zischte Feuer über heiße Steine. Manchmal wurden für wenige Sekunden Gesichter in den Flammen und der wabernden Glut sichtbar, verzerrte Fratzen. Da waren Schreie, die niemanden zum Mitleid anregen konnten. Derwische tanzten kreischend und triumphierend um die verlorenen Seelen, die im Seelenfeuer brannten, der Verdammnis anheim gefallen.
Tausend kleine Teufel schürten die Flammen und genossen ihren Sieg.
Der Betrachter kauerte auf einem menschlichen Gerippe, das auf Kniescheiben und Handwurzelknochen gestützt seine Wirbelsäule als Sitzbalken darbot. Der Betrachter las ein Muster aus der Glut und erkannte, was vorgefallen war.
Einer war ausgelöscht worden. Auf eine denkbar primitive Art und Weise.
»Er hat versagt, Astaroth«, sagte der dämonische Betrachter. Er wandte den Kopf und sah den anderen an, der neben ihm über den rötlichen Steinen schwebte. »Konntest du mir keinen Besseren zur Verfügung stellen als jenen, der vorher noch prahlte, er habe niemals versagt und nichts könne sich ihm in den Weg stellen? Ist es deine Absicht, Astaroth, mir solche Versager zur Verfügung zu stellen? Damit du hinterher mit dem Finger auf mich zeigen kannst und sagst: Da seht ihr alle, daß alle seine Vorhaben fehlschlagen? Ich durchschaue dich, Erzdämon.«
Astaroth grinste.
»Ein offenes Wort, Leonardo deAranaque - mir gefällt es nicht, daß du Fürst der Finsternis bist. Es hat mir nie gefallen. Das wissen wir beide, und das wissen auch andere, die dich nicht mögen. Aber du kannst sicher sein, daß ich geschickter vorgehen würde, wenn ich deinem Ansehen schaden wollte.«
Leonardo runzelte die Stirn. Der Dämon, der einmal vor langer Zeit ein Mensch gewesen war, dessen Seele in diesem Höllenfeuer brannte, sah Astaroth durchdringend an. »Du willst mich von meinem Thron verdrängen.«
»Nein«, sagte Astaroth. Er lachte meckernd. »Diesen Ehrgeiz besitze ich nicht. Ich bin einer der Uralten, viel älter als du, und ich besitze Macht. Ich habe viele Fürsten der Finsternis kommen und gehen gesehen. Asmodis, Damon aus der Straße der Götter, Belial, jetzt du… sie verschwinden, aber ich bin immer noch da. Das ist mein Ziel. Kämpft ihr um die Macht -ich schaue zu und lache.«
»Lache nicht zu laut«, warnte der Fürst. »Und bedenke, daß in diesem Fall mein Ziel auch dein Ziel war. Den Einfluß der SIPPE DER EWIGEN einschränken, ihre menschlichen Helfer ausschalten… und der, den du mir aus deinen Legionen gäbest, versagte, ließ sich töten.«
»Er war leichtsinnig. Er konzentrierte sich auf Nebensächlichkeiten statt auf seine Aufgabe. Und er ließ sich mit einem Gegner ein, gegen den bisher noch jeder den Kürzeren gezogen hat - angefangen bei Asmodis. Auch du - und auch ich - konnten bisher nichts gegen ihn ausrichten, Fürst.«
Seine Anrede war sehr vertraulich und respektlos. Leonardo merkte es wohl. Er wußte nur zu gut, wie unsicher sein Thron stand. Die anderen Dämonen, die in ihm einen Emporkömmling sahen, warteten nur darauf, daß er sich Blößen gab, um den Ast abzusägen, den er erklommen hatte. Sie waren gegen ihn, der einmal Mensch gewesen war. Nur einen hatten sie noch mehr gehaßt - Magnus Friedensreich Eysenbeiß, der Lucifuge Rofocale vorübergehend vertrieb. Doch nun war Eysenbeiß tot, und Lucifuge Rofocale war wieder da, stärker und mächtiger denn je.
»Professor Moronthor«, stieß Leonardo hervor und spie aus. Flammen sprühten auf, wo sein Speichel das Gestein berührte. »Auch seine Zeit wird kommen, Astaroth.«
Der Erzdämon lachte höhnisch.
»Und wer will ihn töten? Du?«
»Vielleicht«, sagte Leonardo. »Spotte du nur, Alter. Es wird die Zeit kommen, da der Spott dir vergeht.«
»Oh, darauf warte ich schon seit über hunderttausend Jahren«, sagte Astaroth. »Du wirst mich sicher darüber informieren, sobald du Moronthor erschlagen hast. Nun aber muß ich dich mit deinen Regierungsgeschäften allein lassen, mein Fürst - auch auf mich warten Aufgaben. Solltest du wieder einen Hilfsdämon aus meinen zahlreichen Legionen für deine Zwecke beanspruchen wollen, so stehe ich gern zu Diensten - nur setze ihn nicht auch auf Moronthor an. Ich verliere so ungern Dämonen mit seltenen Fähigkeiten.«
Er verschwand, ehe Leonardo ihn zum Bleiben auffordern konnte.
Der Fürst der Finsternis ballte die Fäuste. Sicher war der Gelbäugige mit einer sehr seltenen Fähigkeit ausgestattet gewesen - mit seinen Augen vermochte er Laserstrahlen zu verschießen. Und es verdroß Leonardo kaum weniger als Astaroth, daß dieser Dämon ausgelöscht worden war. Aber warum hatte er sich auch mit Professor Moronthor eingelassen? Es war allein die Schuld des Laser-Dämon, daß er nun nicht mehr existierte. Er hätte Moronthor aus dem Weg gehen sollen. Auseinandersetzungen mit dem Meister des Übersinnlichen waren eine ganz besondere Kunst.
Es mißfiel dem Fürsten, daß Astaroth sich so respektlos zeigte. So wie heute hatte er sich noch nie gebärdet. So unbotmäßig… die Art, wie er Leonardo ›Fürst‹ nannte, war der reinste Hohn.
Aber Leonardo konnte es nicht riskieren, sich mit dem Erzdämon offen anzulegen. Noch nicht. Selbst hier in den Schwefelklüften, wo jeder des anderen Teufel war, hatte Astaroth zu viele Verbündete. Und das gerade dann, wenn es gegen Leonardo ging.
Wenn er Astaroth in die Schranken weisen wollte, dann nur durch die Hintertür. Mit Tricks und Intrigen. Leonardo hatte selbst den Ruf eines Meisters der Intrigen, aber dieser Ruf war angeschlagen - sein einstiger Berater Eysenbeiß war ihm in diesen Dingen noch über gewesen. Und Astaroth war einer der ganz uralten; es gab wahrscheinlich keinen Trick, den er nicht durchschaute.
Und jetzt lauert er darauf, daß ich mich in meinem heißen Zorn auf Moronthor stürze, nur um Astaroth zu beweisen, daß ich doch mit diesem Menschlein fertig werde, dachte Leonardo grimmig. Aber den Gefallen, Alter, tue ich dir nicht…
Aber dennoch - er hatte Moronthor längere Zeit nicht beachtet, hatte ihn schalten und walten lassen. Es war an der Zeit, ihm zumindest einen Dämpfer zu versetzen. Ihn einmal mehr in eine Falle zu locken. Es war nicht sicher, ob er diese Falle nicht auch sprengte, aber solange er mit sich selbst und dem Kampf ums Überleben beschäftigt war, konnte er sich nicht um andere Dinge kümmern. Solange er beschäftigt war, konnten die Dämonen und Teufel der Hölle ungestört Seelenfang betreiben und Sterbliche ins Unglück stürzen.
Aber es mußte eine Art und Weise sein, die bei einem Fehlschlag Leonardo keinen Schaden zufügte. Er mußte jemanden oder etwas auf Moronthor hetzen, der oder das nicht unmittelbar aus den Kreisen der Hölle entstammte.
Ich hätte da eine Idee, sagte die Stimme aus dem Amulett munter.
***
»Du schon wieder!« knirschte Leonardo deAranaque. »Verschwinde aus meinem Leben. Ich hasse dich!«
Wie undankbar, spottete die lautlose Stimme in seinem Kopf. Ich kann dir helfen. Laß mich nur machen.
»Eines Tages werde ich dich vernichten! Ich verbiete dir, etwas ohne meine Zustimmung zu tun - und die wirst du nie erhalten! Schweig und schwinde dahin; ich kann mich selbst um meine Belange kümmern!«
Er hörte das lautlose Gelächter, und sekundenlang drängte sich ein Gesicht in sein Bewußtsein - kein richtiges Gesicht, nur eine silberne Maske. Dann verblaßte der Eindruck wieder.
Das Amulett, das Leonardo deAranaque unter seinem Gewand trug, vibrierte leicht. Etwas geschah. Der Fürst der Finsternis konnte es nicht verhindern. Im nächsten Moment war es auch schon wieder vorbei.
»Ich hasse dich!« brüllte er.
Durch das Gewand hindurch umklammerte er das Amulett, wollte es zerstören und damit den Geist, der sich darin manifestiert hatte. Aber er brachte es nicht fertig. Irgend etwas, das er nicht verstand, hinderte ihn daran. War es die Logik, die ihm sagte, daß er das Amulett noch gut gebrauchen konnte als eine magische Waffe, die ihm notfalls auch gegen die anderen Höllendämonen Schutz bot? Oder war es etwas, das der verfluchte Zauberer Merlin diesem Amulett einst mitgab, als er es schuf? Oder - war es der Geist selbst, der sich darin befand?
Leonardo konnte es nicht erkennen.
Vor langer Zeit hatte Merlin, der Zauberer von Avalon, sieben Amulette geschaffen. Eines stärker als das Vorgehende, aber erst mit dem siebten war er wirklich zufrieden gewesen.
In grauer Vergangenheit hatte Leonardo deAranaque es besessen. Jetzt gehörte es Professor Moronthor, und Leonardo mußte sich mit dem schwächeren begnügen. Wer die anderen besaß, wußte er nicht, konnte er nur vermuten. Und seines hatte einst Magnus Friedensreich Eysenbeiß besessen.
Den hatte er als seinen Berater in die Hölle geholt, aber Eysenbeiß hatte intrigiert und an ihm vorbei Karriere gemacht. Leonardo hatte Satans Ministerpräsident werden wollen - Eysenbeiß war es geworden. Doch Eysenbeiß hatte den Fehler begangen, einen Pakt mit dem ERHABENEN der SIPPE DER EWIGEN einzugehen, dem Erzfeind der Höllenmächte. So hatte ein Tribunal ihn zum Tode verurteilt trotz seines hohen Amtes, und der Fürst der Finsternis hatte das Urteil liebend gern vollstreckt - und das Amulett an sich genommen, ehe ein anderer es bemerken konnte. Auch er selbst hatte nichts davon gewußt, bis er es bei dem Hingerichteten fand.
Er hatte sich diebisch gefreut, diese magische Superwaffe sein eigen nennen zu können.
Und mit der Zeit hatte er festgestellt, daß Eysenbeiß trotz seiner Hinrichtung nicht tot war, daß er es geschafft hatte, im Augenblick des körperlichen Todes seinen Geist in eben dieses Amulett fließen zu lassen. Und da lauerte er jetzt darauf, trachtete danach, dem Fürsten der Finsternis zu schaden.
Daß er ihm jetzt Hilfe angeboten hatte, hielt Leonardo für einen üblen Trick. Und er wünschte sich, eine Möglichkeit zu finden, auch diesen Rest von Eysenbeiß endgültig zu beseitigen. Erst dann würde er Ruhe haben, wenn sein alter Freund ausgelöscht war.
»Irgendwann«, murmelte er grimmig. »Irgendwann kriege ich dich!«
Aber dann erwachte in ihm die Neugier, was Eysenbeiß getan hatte, der andererseits ja auch Moronthor am liebsten tot gesehen hätte…
***
Das, was einmal Magnus Eysenbeiß ausgemacht hatte, hatte sich erinnert.
An seine Vergangenheit. An sein Amt als Großer der Sekte der Jenseitsmörder, die in einer Parallelwelt ihren Ursprung hatte, in einer anderen Dimension. Dort hatte Leonardo deAranaque ihn einst aufgespürt, als er noch nicht Fürst der Finsternis war, und dort war er auch erstmals mit Professor Moronthor zusammengestoßen. Damals hatte alles seinen Anfang genommen.
Seine besondere Fähigkeit hatte Eysenbeiß behalten, auch nachdem er aus der anderen Dimension zur Erde überwechselte - wenngleich er sie nur noch sehr, sehr selten benutzt hatte. Aber er hatte diese Kraft nie verloren, mit der er im Wahrtraum in die Zukunft greifen und Gegenstände von dort in die Gegenwart holen konnte.
Daran hatte er sich jetzt, als Geist im Amulett, erinnert, und diese Fähigkeit setzte er nun nach langer Zeit wieder ein, verstärkt durch die Kraft des vierten Amuletts, um nicht einen Gegenstand zu holen, sondern ein Wesen.
Eine dämonische Kreatur aus der Zukunft einer Welt, die Eysenbeiß kannte, die für die Menschen der Erde aber nicht mehr als eine Sage war. Zu viel verdrängten sie doch, was sie nicht begriffen, durch ihre Handlungen in andere Dimensionsebenen, aber zerstören konnten sie die alten Dinge nicht.
Eysenbeiß griff in die Vorbereitungen zu Ragnarök, der Götterdämmerung, und er zog ein schlangenhaftes dämonisches Ungeheuer in die Welt der Menschen der Gegenwart. Er konnte sicher sein, daß Moronthor diese Herausforderung annehmen würde, aber auch, daß selbst die Kraft des siebten Amuletts nicht ausreichen würde, das aus der mythischen Zukunft stammende Ungeheuer zu töten.
Die Aktivität des 4. Amuletts verlosch wieder. Eysenbeiß zog sich in sich zurück, verkapselte sich. Er war erschöpft. Ein solches Ungeheuer aus der Zukunft zu holen, über die Grenzen der Wirklichkeit hinweg, hatte all seine Kraft gekostet. Davon mußte auch er sich erst wieder erholen.
Aber er schlug vielleicht zwei Fliegen mit einer Klappe.
Denn er wußte sehr genau, was er mit dieser Aktion wirklich angerichtet hatte.
Nur von einer anderen Sache -hatte er keine Ahnung…
***
Etwas wurde abermals stärker.
Wiederum war eines der niederen Amulette benutzt worden, und wiederum spiegelte sich die von ihm abgegebene Energie. Das, was gespiegelt wurde, ohne daß die eigentliche Kraft dadurch verringert wurde in ihrer Wirkung, drang bis zu dem WERDENDEN vor, wurde von IHM begierig aufgenommen.
Und abermals wurde ES wieder etwas kräftiger, wurde sich selbst bewußter. Nicht mehr lange, und ES würde endgültig erwachen.
Jedesmal, wenn eines jener Amulette benutzt wurde, half es dem WERDENDEN zu werden. Und niemand ahnte etwas davon - bis auf einen. Er hatte einen der Amulett-Träger gewarnt. Doch jener, Lucifuge Rofocale, hatte über die Warnung gelacht und sie wahrscheinlich längst vergessen. Denn zu viel Zeit war seither vergangen, ohne daß in der Welt des Sichtbaren etwas geschah.
Doch in der Welt des Unsichtbaren wuchs ES.
Jedesmal etwas mehr…
***
In einer Welt, deren Struktur und Inhalt Menschen nur erahnen können, war der Einäugige aufmerksam geworden. Etwas hatte sein Interesse geweckt.
Er verspürte für kurze Zeit eine seltsame Kraft. Sie erinnerte ihn an etwas, doch noch fiel es ihm schwer zu erkennen, woran…
Und er sah, daß aus dem Lager der Dämonischen eine Entität verschwunden war. Verschleppt von der seltsamen Kraft, die ihn an jemanden erinnerte, den er einmal gekannt zu haben glaubte.
Vielleicht zu gut gekannt…
Wer hatte die dämonische Bestie in eine andere Welt geholt, wohin und warum? Und weshalb war gerade diese Kraft benutzt worden?
Der Einäugige war ein Suchender, ein Wanderer auf der Jagd nach Wissen.
»Ich muß meine Späher aussenden, auf daß ich durch ihre Augen sehe«, flüsterte er.
***
Manchmal trieb es Julio Zantos an den San-Juan-Fluß. Nicht dorthin, wohin alle anderen gingen, sondern an den kleinen Wasserfall, hinter dem zwischen schroffen Felsen ein kleiner See lag. Auf kaum einer Karte war er eingezeichnet. Er war einfach zu klein und zu unwichtig. Wichtig war der Toronto-See, der einige Kilometer weiter im Nordosten lag und der vom Rio San Juan gespeist wurde.
Julio war gern hier am Wasserfall. Er genoß das Rauschen des Wassers, das sich aus einer Höhe von etwa vier oder fünf Metern in den kleinen See ergoß, der schon bald darauf wieder zum Fluß wurde, um sich weiter durch die schroffe, karge Landschaft zu schlängeln, die kaum etwas bot. Wenige Pflanzen, wenige Tiere. Ein paar Schlangen und Skorpione, einige Insektenarten gediehen hier in der Hitze. Die Nähe der Bolson de Mapimi machte sich bemerkbar - das Wüstenklima breitete sich aus.
Trotzdem lebten hier ein paar Menschen. Jene, die die hohen Mieten in den Städten nicht mehr bezahlen konnten, weil sie in den Zink-Minen kaum genug zum Leben verdienten. Sie hatten irgendwo ihre Hütten, und von irgend etwas lebten sie und schafften es immer wieder zu überleben, sich zu ernähren und zu kleiden.
Wenn Julio hier am Wasserfall war, vergaß er, daß die Armut der ständige Wegbegleiter fast jedes Menschen in dieser Region war. Es gab kaum Arbeitsplätze, sie waren schlecht bezahlt, und die Kluft zwischen den vielen Armen und den wenigen Reichen wurde immer größer.
Und niemand tat etwas dagegen.
Auch Julio nicht.