So also sieht der Tod aus, dachte Moronthor.
Der Tod trat auf in der Gestalt eines Druiden vom Silbermond.
Er war weißhaarig und uralt. Er trug eine dunkle Kutte, deren
Kapuze er jetzt zurückgeschlagen hatte. Aus kalten Mordaugen sah er
Moronthor und seine Gefährtin Nicandra Darrell an, die reglos vor
ihm lag. Hellwach, aber durch Magie an jeder Bewegung gehindert.
Sie waren nicht in der Lage, sich zur Wehr zu setzen.
Sie waren dem Tod in die Falle gegangen. Und jetzt war er
gekommen, um zu ernten.
Sie hatten ihn gesucht, um ihn zu besiegen, und nun waren sie
verloren.
Der Tod hatte auch einen Namen.
Coron
– der MÄCHTIGE!
***
Unmißverständlich hatte Coron seinen beiden Gefangenen klar
gemacht, daß niemand ihn daran hindern konnte, sie zu töten oder
Schlimmeres mit ihnen anzustellen. Hilfe hatten sie nicht zu
erwarten. Das Alchimisten-Labor, in dem sie sich befanden, war vom
Rest der Burg abgeschottet worden. Selbst die mißtrauische
Wächter-Druidin Giana hatte keine Möglichkeit, einzugreifen.
Das Amulett funktionierte nicht.
Der Arrayhd-Kristall lag unerreichbar weit in einer Ecke des
Labors.
Die Zeit-Ringe mußten bewegt werden – abgesehen davon, daß
Coron kaum zulassen würde, daß Moronthor Merlins Machtspruch von
Anfang bis Ende aufsagte, um mittels eines der Ringe entweder in
Vergangenheit oder Zukunft zu fliehen.
»Wenn ihr mir wahrheitsgemäß berichtet, aus welcher Zeitepoche
ihr kommt und aus welchem Grund ihr hier aufgetaucht seid, werde
ich euch nur töten«, hatte Coron erklärt. »Solltet ihr euch
verstockt zeigen, habe ich verschiedene Möglichkeiten, euch zu
transformieren.«
Das bedeutete, daß er ihnen eine andere Gestalt oder andere
Wesenzüge anhexen würde – oder beides. Er hatte angedeutet,
Moronthor in ein Reptil verwandeln zu wollen und auch dessen
Aussehen bekannt gegeben.
Ein etwa pferdegroßer Drache von erheblicher Aggressivität!
Und in eben dieser Gestalt war der MÄCHTIGE Coron selbst schon
auffällig geworden, so daß die Druiden mit ziemlicher Sicherheit
eine gewaltige Treibjagd beginnen würden. Nur besaß der MÄCHTIGE
jederzeit die Möglichkeit, sich zurückzuverwandeln. Einmal
transformiert, würden Moronthor und Nicandra diese Chance nicht
haben.
»Warum sollen wir ihn schlau machen, wenn er uns ja ohnehin
umbringt?« fragte Nicandra Darrell mit mühsam erzwungener Ruhe.
»Warum sollen wir ihm verraten, weshalb wir hier sind? Lassen wir
ihn doch einfach dumm sterben!«
»Geschöpfe meiner Art sterben nicht«, sagte Coron
gelassen.
»Da sei dir mal nicht so sicher«, sagte Moronthor. »Ich habe
schon ein paar von deiner Unart ausgelöscht.«
»Ich wüßte davon«, schrie Coron und lachte höhnisch. Moronthor
wartete, bis er wieder verstummte.
»Du kannst nichts davon wissen, weil es in unserer Zeit
geschah, nicht in deiner. Hast du in diesen paar Sekunden schon
wieder vergessen, daß wir aus der Zukunft gekommen sind?«
»Du lügst«, fauchte Coron. »Niemand kann einen MÄCHTIGEN
töten.«
»Das habe ich auch mal geglaubt, bis es mir einige Male
hintereinander doch gelang«, sagte Moronthor trocken. »Möchtest du
der nächste auf meiner Liste sein? Ich nehme noch entsprechende
Wünsche entgegen.«
Im nächsten Moment durchraste ihn ein furchtbarer Schmerz.
Coron zeigte sich nicht nur von der humorlosen, sondern auch von
der rachsüchtigen Seite und manipulierte Moronthors Nervenstränge.
Sie jagten Schmerzimpulse in ununterbrochener Folge ins Gehirn, daß
er das Gefühl hatte, in Flammen zu stehen. Nur langsam ebbte der
Schmerz ab.
»Das wird dich lehren, deine Zunge zu zügeln«, bemerkte Coron.
»Konzentriere dich lieber darauf, etwas über deinen Auftrag zu
erzählen, bevor ich dir die Fähigkeit des Sprechens auch noch
nehme.«
Sprechen und Atmen war so ziemlich das einzige, was noch nicht
von der Lähmung berührt wurde – und der Herzschlag. Aber Coron
konnte das jederzeit ändern.
»Wenn du uns stumm machst, transformierst oder tötest, wirst
du nie erfahren, worum es geht. Wir nützen dir nur lebendig«, sagte
der Meister des Übersinnlichen.
Coron grinste.
»Einer von euch nützt mir vielleicht«, sagte er. »Außerdem –
so neugierig bin ich nun auch wieder nicht…«
Moronthors Entschluß stand fest. Was auch immer geschah –
vielleicht gab es doch noch eine winzige Chance, halbwegs heil
davonzukommen.
Und wenn, dann konnte jedes Wort zuviel den Erfolg der Mission
infrage stellen.
CRAAHN… !
Das Psycho-Programm der MÄCHTIGEN!
Sara Blakmoon!
Bei ihrem ersten, damals unfreiwilligen Aufenthalt auf dem
Silbermond, in dessen unbestimmter Vergangenheit sie sich befanden
– in der Gegenwart waren Silbermond und Wunderwelten zerstört – war
der Zauberer Merlin mit dabei gewesen. Er war auf die Zeitlose
gestoßen und hatte Sara Blakmoon gezeugt, seine Druiden-Tochter,
die sich viel später dem Bösen zuwandte.
Moronthor wußte, daß Sara Blakmoon manipuliert worden war, und
zwar auf dem Silbermond selbst. Ein MÄCHTIGER hatte sich
eingeschlichen und wartete auf seine Chance. Er installierte
Stützpunkte auf den Wunderwelten und auf dem Silbermond selbst… und
irgendwann würde die Manipulierung erfolgen. Anfangs würde niemand
etwas davon spüren.
Aber eines Tages kam der Ruck, der Sara Blakmoon die Seiten
wechseln ließ.
Moronthor wußte es definitiv, denn es war geschehen.
Das Psychoprogramm mußte lange vorbereitet worden sein.
Seit Jahrtausenden, seit Jahrhunderttausenden oder vielleicht
gar seit Millionen von Jahren tobte ein erbarmungsloser Kampf um
die Macht im Universum. Die Hölle, die SIPPE DER EWIGEN und die
unheimlichen, unbegreiflichen MÄCHTIGEN befehdeten einander und
waren dabei gleichzeitig auch noch bemüht, die Kräfte des Positiven
zwischen sich zu zerreiben.
Die Zeitlose, Sara Blakmoons Mutter, war einer illegalen
Verbindung zwischen einem MÄCHTIGEN und einem Ewigen entsprossen.
Schon damals hatten beide Seiten gehofft, durch dieses Mischwesen
die Macht an sich bringen zu können. Aber die Zeitlose ging ihren
eigenen Weg zwischen den Fronten. Da faßten die MÄCHTIGEN den Plan,
das Erbteil, das sie irgendwann an ihre Nachkommen weitergeben
würde, in diesen zu verstärken.
War es Zufall, daß die Zeitlose und Merlin sich paarten? Daß
ihr gemeinsames Kind deshalb über ungeheure magische Kräfte
verfügte? Und um ein Gegengewicht zum Erbteil Merlins zu schaffen,
sollte Sara Blakmoon im Sinne der MÄCHTIGEN manipuliert
werden.
Es war geschehen.
Sie, die sich mittlerweile zur heimlichen Herrscherin über die
SIPPE gemausert hatte, stand immer noch im Bann der MÄCHTIGEN.
Verständlich, daß ihr das nicht gefiel. Deshalb hatte sie
Moronthor, der eigentlich ihr Gegner war, gebeten, ihr zu helfen
und dafür zu sorgen, daß CRAAHN nicht stattfand!
Ihre eigenen Untertanen konnte sie damit nicht beauftragen.
Zum einen hätten jene dann herausgefunden, wer ihre Herrscherin
wirklich war, und zum anderen hätte die Aufdeckung ihrer Verbindung
zu den MÄCHTIGEN ihr Todesurteil bedeutet.
So blieb nur ein Gegner.
Professor Moronthor.
Er hatte zugestimmt, des gemeinsamen Interesses wegen. Er
hatte allerdings nicht vor, CRAAHN völlig zu verhindern. Denn das
würde ein Zeitparadoxon bedeuten und zu vieles ungeschehen machen,
was bereits Geschichte war. Wahrscheinlich würde darüber das
Raum-Zeit-Gefüge des Universums zerbrechen. Dieses Risiko wollte
Moronthor nicht eingehen, auch wenn Sara Blakmoon behauptete, es
wäre vernachlässigbar gering, weil die Veränderungen sich in einer
anderen Dimensionsebene abspielten, nämlich in der des
Silbermondes. Aber Moronthor traute den Berechnungen nicht. Zu viel
der Wirkung würde in das Universum der Menschen übergreifen.
Er hatte statt dessen vor, das Psychoprogramm nur ein wenig zu
verändern – so, daß es nach abermals einer gewissen Zeitspanne Sara
Blakmoon auf die Weite der positiven Kräfte »zurückholte«.
Aber so oder so mußte er dazu erst einmal an die Quelle
heran.
Der Ewige Omikron hatte im Auftrag seines ERHABENEN – Sara
Blakmoons – Moronthor und Nicandra an jenen Punkt in der anderen
Dimension gebracht, wo sich das System der Wunderwelten einst
befunden hatte.
Und mit Merlins Vergangenheitsringen waren die beiden dann
»zurückgesprungen«. Sie mußten ziemlich »blind« reisen, weil genaue
Jahreszahlen nicht bekannt waren. Sie konnten nur hoffen, die
richtige Epoche zu erwischen. Schafften sie es nicht, mußten sie
eben experimentieren, bis es klappte.
Omikron selbst ahnte nicht, mit welchem brisanten Auftrag
seine Passagiere unterwegs waren…
War es Zufall oder nicht? Moronthor und Nicandra hatten
tatsächlich die wahrscheinlich richtige Zeit erreicht. Zwei Druiden
hatten sie im Regen aufgespürt und in Corons Burg geholt. Es
handelte sich um eines der unzähligen Organhäuser, in denen die
Druiden wohnten, nur befand es sich nicht in einer der Städte,
sondern in der Einsamkeit. Hier experimentierte der Wissenschaftler
Coron und versuchte, das Wachstum von Organhäusern zu verändern und
andere, brisantere Dinge zu tun – brisant genug, daß der Hohe Lord
ihm die Wächter-Druidin Giana als Assistentin zugeteilt hatte, die
ihn bewachen sollte. Der Druide Tal dagegen war ein »normaler«
wissenschaftlicher Assistent.
Die beiden ahnten nicht, wer Coron in Wirklichkeit war.
Auch Moronthor und Nicandra hatten es erst begriffen, als
Coron sich ihnen zu erkennen gab. Wie er herausgefunden hatte, daß
sie aus der Zukunft kamen, wußten sie nicht. Aber er hatte sie
unter dem Vorwand, ihnen seine Forschungsergebnisse zu zeigen, in
sein Labor gelockt, und dort schlug die Falle dann zu.
Jetzt waren sie in seiner Gewalt.
So nah am Ziel – und doch so weit davon entfernt wie
nie!
»Nun denn«, sagte Coron. »Ihr wollt es nicht anders – also
fangen wir an…«
***
»Die Sache stinkt«, behauptete die Druidin Giana.
In ihren schockgrünen Augen funkelte es. Sie ging im kleinen
Salon hin und her wie ein gereizter Tiger in seinem Käfig. Der
weiße Overall, der ihren Körper wie eine zweite Haut umschloß,
knisterte bei jeder Bewegung. Winzige Fünkchen sprangen auf. Gianas
Unruhe lud den unzerreißbaren Stoff statisch auf – ein äußerst
seltenes Phänomen, das von Tal mit geradezu wissenschaftlichem
Interesse bemerkt wurde.
Trotzdem begann Gianas Unrast auch auf ihn
überzugreifen.
»Kannst du dich eigentlich nicht mal zwei Minuten lang still
hinsetzen?« fuhr er sie an. »Wenn uns schon die Nacht verdorben
worden ist durch das Auftauchen dieser beiden Fremden, mußt du
nicht auch noch dafür sorgen, daß mir die letzten Nerven
reißen…«
»Die sind doch bei dir aus Stahl!« behauptete Giana. Sie zwang
sich, stehen zu bleiben, und lehnte sich an den offenen Kamin, in
dem das Feuer allmählich erlosch. »Da stimmt was nicht. Coron war
nie so vertrauensselig, daß er Fremden sein Labor zeigte! Coron hat
auch nie eingegriffen, wenn ich Besucher in die Mangel genommen
habe, um herauszufinden, was sie wirklich hier wollen… und diesmal
war er gerade so, als wolle er mir den Mund verbieten und müsse die
beiden Fremden praktisch vor mir retten…«
»Verstehen kann ich’s«, sagte Tal. »Wenn ich an ihrer Stelle
gewesen wäre, hätte ich mir deine Verhörtaktik schon lange vorher
verbeten.«
»Coron hat uns belauscht«, fuhr Giana fort. »Warum? Es paßt
nicht zu ihm. Er ist ein verbissener, besessener Forscher. Ja,
besessen. Ihn dazu zu bringen, zwischendurch mal eine Pause
einzulegen, dazu gehört schon etwas. Und immerhin hat ihm keiner
erzählt, daß wir Besuch mitgebracht hatten. Das hat er von selbst
gemerkt. Wie, wenn es an seinen Experimenten hing?«
»Du meinst, daß er die beiden vielleicht erwartet hat?«
»Ich weiß nicht genau, was ich meine«, murmelte Giana. »Aber
etwas stimmt nicht. Coron verhält sich nicht normal.«
»Normal war er nie. Welcher normale Druide käme auf die Idee,
ein Organhaus so zu manipulieren, daß es zum widernatürlichen
Riesenwachstum übergeht und daraus dieses Gebäude, diese Burg,
entsteht? Nur der Palast-Tempel in der Hauptstadt ist damit noch
vergleichbar, 8 und der besteht nicht nur aus einem Organhaus,
sondern aus mehreren, die miteinander verschmolzen worden
sind…«
»Wenn wir davon ausgehen, daß Corons sonstiges Verhalten als
›normal‹ apostrophiert werden kann«, holte Giana etwas weiter aus,
»dann verhält er sich jetzt unnormal.«
»In einem Satz: Sonst ist er schon verrückt, aber jetzt ist er
total verrückt«, grinste Tal.
»Du brauchst es nicht ins Lächerliche zu ziehen.« Giana hatte
ihre nervöse Wanderung durch das Zimmer wieder aufgenommen. »Mir
ist es verdammt ernst. Ich glaube, die beiden Fremden sind in
Gefahr.«
»Du siehst Gespenster«, widersprach Tal. »Gefahr? Was für eine
Gefahr? Vom wem sollte sie ausgehen? Von Coron? Der kann keiner
Fliege etwas zuleide tun…«
»Sei da mal nicht so sicher«, erwiderte Giana. »Du bist etwa
fünftausend Jahre jünger als ich. Ich habe schon unmöglichere Dinge
erlebt. Vielleicht ist Coron übergeschnappt. Ich weiß es nicht.
Aber ich werde jetzt in sein Labor gehen und nach dem Rechten
sehen. Ich will wissen, was er mit den beiden Fremden wirklich
vorhat. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er ihnen nur das Labor
zeigt.«
»Ich komme mit«, bot Tal an.
»Du bleibst hier«, sagte Giana. »Wenn da unten nämlich etwas
nicht stimmt, kann es sein, daß ich auch Schwierigkeiten bekomme.
Dann muß hier jemand sein, der unverzüglich den Hohen Lord
unterrichtet. Ihn persönlich, Tal, verstehst du?«
»Schwierigkeiten? Du bist ja verrückt. Was für
Schwierigkeiten?«
»Tal…«
Durchdringend sah sie ihn an und ihre Stimme bekam einen
beschwörenden Klang. »Tu einmal in deinem Leben, worum ich dich
bitte, und stelle keine dummen Fragen. Tu es einfach. Wenn ich in
einer halben Stunde nicht wieder hier in diesem Zimmer vor dir
stehe, dann versetzt du dich unverzüglich in die Hauptstadt und
erstattest dem Hohen Lord Bericht. Bitte, Tal… ich bin überzeugt,
daß es wichtig ist!«
»Wenn’s dich glücklich macht…«, murmelte er lustlos.
Er lächelte.
Sie erwiderte sein Lächeln. Dann konzentrierte sie sich auf
Corons Labor in den Tiefen der Organburg, machte die entscheidende
Bewegung und verschwand im zeitlosen Sprung, der sie in der
gleichen Sekunde am Ziel ankommen lassen sollte.
***
Moronthor spürte, wie Panik in ihm aufstieg. Es mußte doch
irgend eine Möglichkeit geben, diesen wahnsinnigen Dämon
aufzuhalten!
Der MÄCHTIGE wandte sich ab und schlurfte wie ein alter Mann
zu den Tischen und Regalen, die mit Tiegeln und Töpfen, Glaskolben
und sonstigen Behältern übersät waren, in denen allerlei
Flüssigkeiten und Substanzen dampften und brodelten. Corons Hände
schwebten eine Weile suchend über den Gefäßen, als müsse er
nachdenken. Dann stieß seine Linke wie ein Habicht herab und
ergriff eine Art großes Reagenzglas, das mit einem Korken
verschlossen war.
Immer wieder versuchte Moronthor, die Lähmung zu überwinden.
Aber es gelang weder ihm noch Nicandra. Es gab keine Chance, sich
zu bewegen und dem Verhängnis entgegenzuwirken. Selbst mit
Druiden-Kraft ausgestattet, hätten sie nichts unternehmen können.
Um im zeitlosen Sprung zu flüchten, war eine körperliche Bewegung
erforderlich.
Der Dämonische grinste. Er öffnete das Glas – und schüttete
den Inhalt über Moronthor aus! Gleichzeitig schrie er düster
klingende Zauberworte.
Die MÄCHTIGEN trugen ihre Artbezeichnung nicht ganz zu
Unrecht.
Wozu ein »normaler« Zauberer, selbst ein Dämon aus den
Höllentiefen, gründliche Vorbereitungen hätte treffen müssen, wozu
er ein kompliziertes Ritual benötigt hätte – Coron schaffte es mit
dieser stinkenden, grünen Flüssigkeit und seinem einmal
erklingenden Zauberspruch. Die Flüssigkeit zerstäubte wie durch
Geisterhand so, daß sie Moronthors ganzen Körper besprühte, von den
Fußsohlen bis zu den Haarspitzen, und nicht ein einziges Tröpfchen
ging daneben.
Die Luft schien zu flimmern.
Eine Urgewalt packte zu. Moronthor hörte Nicandra neben sich
entsetzt aufschreien. Unsichtbare Riesenfäuste hielten seinen
Körper im Griff, zerrten und preßten, verformten und veränderten
ihn. Die Proportionen verschoben sich. Die Toga platzte auf, die
Sandalen sprangen von seinen sich verformenden Füßen. Die
Transformation ging innerhalb einer halben Minute vonstatten. Und
Moronthor war froh, daß er das grauenhafte Geschehen nicht im
Spiegel betrachten mußte.
Nicandra war gezwungen, es live zu sehen.
Ihr entsetzter Schrei ging über in ein unterdrücktes Stöhnen.
Moronthor kauerte auf dem Boden, aber sein Kopf befand sich jetzt
in ungefähr einem Meter Höhe. Wieder versuchte er alle Kräfte zu
mobilisieren, und ganz langsam schaffte er es, sich gegen die
Lähmung anzustemmen. Er wandte den Kopf und sah an sich
entlang.
Coron hatte seine Drohung wahrgemacht.
Er hatte Moronthor in ein etwa pferdegroßes Drachen-Ungeheuer
verwandelt, das mitten in seinem Alchimisten-Labor lag…
***