Red Rock Ranch 06: Vierzigtausend harte Dollar - Dietmar Kuegler - E-Book

Red Rock Ranch 06: Vierzigtausend harte Dollar E-Book

Dietmar Kuegler

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Beschreibung

Clay Taylor, US-Marshal von Tucson, machen Mörder, Bankräuber und Halunken das Leben schwer. Fast täglich riskiert er sein Leben. Nun muss er vierzigtausend Dollar von Tucson nach Benson transportieren. Doch es hat sich herumgesprochen, dass nur zwei Soldaten den Marshal begleiten.

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In dieser Reihe bisher erschienen

4601  Alfred Wallon Hogans blutige Fährte4602  Dietmar Kuegler Verdurstet!4603  Alfred Wallon Für Carmen durch die Hölle4604  Hal Warner Mike Parkers Flucht4605  Alfred Wallon Gewehre für Delshay4606  Dietmar Kuegler Vierzigtausend harte Dollar4607  Alfred Wallon Das Phoenix-Kartell4608  Alfred Wallon Intrigen in Tucson

Vierzigtausend harte Dollar

Red Rock Ranch

Buch Sechs

Dietmar Kuegler

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

In unserem Shop ist dieser Roman auch als E-Book lieferbar.

Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt. Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.

© 2024 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a,  51570 Windeck

Redaktion: Alfred Wallon

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Vignette: iStock.com/iatsun

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten

ISBN: 978-3-7579-4935-8

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Inhalt

40.000 harte Dollar

Flammenschwert des Schicksals

Dietmar Kuegler

40.000 harte Dollar

Die Hitze lag wie eine glutwabernde Käseglocke über der Stadt, staute sich stickig unter den Häuservorbauten und hing sengend und staubflimmernd über der Mainstreet. Die Adobelehmmauern der spanischen Mission wirkten in der grellen Helligkeit der Sonne so weiß wie erstarrter Schnee. Kein Windhauch durchbrach den Hitzeschleier. Das Land glühte wie eine Ofenplatte.

Aus dem Office der Wells-Fargo-Station trat ein untersetzter Mann mit einer grünen Sonnenblende an der Stirn. Schweigend blickte er über die Mainstreet von Tucson, auf der kein Mensch zu sehen war. Denn es war Mittag. Siesta-Zeit in Tucson.

Der Wells-Fargo-Clerk setzte sich in Bewegung. Er trat aus dem Schatten des Vorbaudaches, verließ den Gehsteig und trat auf die Mainstreet hinaus. Die gleißende Sonne ließ die Falten in seinem Gesicht wie messerscharfe Runen erscheinen. Nach einigen Schritten schon knisterten bereits die feinkörnigen Sandkristalle, die die heiße Luft verfilzten, in den Falten seiner Kleidung.

Der Mann blieb kurz stehen und wischte sich wieder den Schweiß von der Stirn. Er schritt weiter. Aus den Augenwinkeln schaute er zum Wells-Fargo-Office zurück. Sein Chef, der Wells-Fargo-Agent, schlief jetzt. Der Clerk wusste das. Und er dachte daran, dass er auch gern geschlafen hätte, jetzt in dieser Hitze. Aber dann hatte er das Office des US-Marshals schon erreicht. Er betrat den Vorbau. Der Schatten des weit hervorragenden Daches fiel auf ihn. Aber er brachte keine Kühlung. Die ausgetretenen, von Hitze und Staub spröden Holzdielen knarrten leise unter den Schritten.

Der Mann klopfte an die Tür. Dann drückte er die Klinke hinunter und trat ein. Innen war es nicht so heiß wie auf der Straße. Es herrschte Halbdunkel. Der Clerk blinzelte, blieb an der Tür stehen und atmete flach.

Im Raum befanden sich zwei Männer. Der hinter dem breiten Schreibtisch trug einen blinkenden silbernen Stern im Kreis auf der Lederweste. Er erhob sich jetzt und kam um den Schreibtisch herum. Der Marshal stand fast sechs Fuß groß in seinen Stiefeln. Und er stand breitschultrig und wuchtig da und wirkte im Halbdunkel des Raumes, das nur durch einige karge Lichtstreifen, die durch die schmalen Fenster fielen, etwas aufgehellt wurde, kantig und unnatürlich eckig. Sein Gesicht war voll und hatte doch harte und scharf ausgeprägte Linien. Es lag im Schatten der breiten Krempe des Hutes, unter dem volles, dunkelblondes Haar in leichten Wellen bis zum Hemdkragen floss. Clay Taylor, der Marshal, bewegte sich langsam auf den Mann an der Tür zu und verhielt dann etwa drei Schritte vor ihm.

Seitlich der beiden Männer saß auf einem Stuhl ein dritter, der das ältere Ebenbild des Marshals zu sein schien. Nur war er noch wuchtiger, noch breiter und kantiger als dieser, und er wirkte stark und ungeschliffen wie ein Felsblock aus den Gila-Hills. Sein dunkelgebräuntes Gesicht war von Falten zerfurcht und kühn geschnitten. Sein Haar, das in sanften Wellen bis zum Kragen reichte, war eisgrau.

Es war Big John Taylor, Clays Vater. Er blieb sitzen und schaute mit seinen wasserhellen Augen aufmerksam auf den Clerk.

„Was gibt es, Manning?“ Clay Taylor sprach jetzt. „Warum kommen Sie ausgerechnet in der Mittagszeit?“ Seine dunkle Stimme klang erstaunt. Sein Blick erfasste den Mann, der um etwa einen Kopf kleiner war als er, voll.

„Eine Express-Reiter! Eine Nachricht aus Camp Lowell, Marshal!“ Der Mann atmete schwer. Er wich dem prüfenden Blick des Beamten aus. Seine rechte Hand zitterte leicht. Er fingerte ein zusammengefaltetes knallrotes Papier hinter seinem Gürtel hervor und reiche es dem Marshal. „Sie wurde gerade gebracht.“ Er zögerte. „Sie können sich ganz auf mich verlassen, Marshal. Ich werde schweigen wie ein Grab. Ich habe den Text schon wieder vergessen und weiß von nichts, Marshal, von gar nichts!“

Clay Taylor sagte nichts. Er verstand kein Wort. Er nahm dem anderen den offenen Express-Brief aus der Hand und entfaltete ihn. Der Clerk drehte sich wortlos um, öffnete die Tür und trat hinaus. Clay Taylor wollte noch etwas sagen. Doch da war die Tür schon wieder geschlossen, und der Mann eilte die Straße entlang, zurück zu seinem Office.

Der Marshal senkte den Kopf und überflog den Text des roten Briefes. Er rührte sich nicht, atmete nur pfeifend aus den Mundwinkeln und presste seine Lippen grimmig zu einem schmalen Strich zusammen. Dann drehte er sich um und ging zum Schreibtisch zurück.

„Ärger?“ John Taylor beugte sich vor. „Ist etwas passiert?“

Sein Sohn lachte böse. „Bis jetzt noch nicht. Aber es kann noch einiges passieren. Ärger gibt es sowieso!“

„Das verstehe ich nicht!“ John Taylor zuckte mit den Schultern.

Sein Sohn hob den Kopf und blickte ihn voll an. „Auf diesem roten Wisch steht, dass ich in drei Tagen vierzigtausend Dollar von Tucson nach Benson bringen muss!“

„Das ist eine Menge Geld!“ John nickte ernst. „Aber ist das alles?“

„Nein, das ist nicht alles!“ Clay Taylor hämmerte zornig mit der rechten Faust auf die Schreibtischplatte. „Vor einer Woche kam aus Phoenix eine Kiste mit vierzigtausend Dollar. Zum Teufel damit. Jeder weiß, dass wir keinen Tresor hier haben. Das Ding befindet sich hier im Schreibtisch!“ Clay Taylor riss eine Tür auf und deutete auf eine eisenbeschlagene Kiste. „Die Armee sollte die Kiste abholen und weitertransportieren. Jetzt schreibt die Militärverwaltung, dass die Armee im Moment nicht in der Lage ist, die nötige Anzahl von Soldaten für einen Transport zu stellen. Ich soll nach Benson fahren, in drei Tagen, mit der regulären Wells-Fargo-Kutsche. Zwei Soldaten schickt Major McLean mit, als Begleitung. Zwei Soldaten, ha! Wenn die Armee einen Geldtransport durchführt, reiten mindestens fünfzehn Mann mit. Ich fragte mich, was denkt der sich?“

„Dass du ein tüchtiger Marshal bist!“ John Taylor schmunzelte. Dann wurde er wieder ernst. „Musst du die Sache erledigen?“

„Es ist Regierungsgeld!“ Clay Taylor warf den roten Brief auf den Schreibtisch. „Ich bin Regierungsbeamter. Ich muss das Geld transportieren. Ich muss es transportieren, durch fast sechzig Meilen Wüste, mit nur zwei Soldaten Begleitung! Vierzigtausend Dollar. Ebenso gut könnte ich den Teufel am Schwanz ziehen!“

„Kann der Transport nicht geheim gehalten werden? Bis jetzt weiß doch noch niemand, dass du das Geld bei dir hast!“

„Geheim?“ Clay Taylor schürzte wütend die Lippen. „Wenn bis jetzt niemand von dem Geld wusste, der Wells-Fargo-Clerk weiß es jetzt. Er weiß alles, jede Einzelheit. Er wird heute Abend in einen Saloon gehen und nach dem sechsten Whiskey nicht mehr wissen, was er sagt. Spätestens morgen weiß es halb Tucson. Wenn man mir nicht schon hier in meinem Office den Hals durchschneidet, um das Geld aus dem Schreibtisch zu holen, dann werden sich bestimmt einige finden, die es außerhalb der Stadt versuchen! Wir liegen an der Mexiko-Grenze. Hier wimmelt es von Schurken und Gaunern!“

„Ich werde mitfahren, Clay!“ John Taylor erhob sich und stützte seine Fäuste entschlossen auf die Tischplatte.

Sein Sohn schüttelte den Kopf. „Das kommt überhaupt nicht in Frage! Ich werde nicht einen Fahrgast mitnehmen. Ich fahre mit den beiden Soldaten, und sonst niemand. So lautet die Vorschrift!“

John Taylor nickte stumm und wandte sich ab. Mit müden Schritten ging er zum Fenster und blickte auf die sonnenüberflutete Mainstreet hinaus. Sein breiter Rücken verdeckte fast die ganze Scheibe. Die Straße war noch immer leer.

* * *

Die Pferdewechselstation am Rande der staubigen Wüstenstraße schien sich unter dem gewaltigen, wolkenlosen heißen Himmel zu ducken. Die Overlandstraße schlängelte sich wie ein graues Band durch den Sand, machte einen Bogen auf die Station zu und zog sich danach schnurgerade weiter nach Osten, um am Horizont zu verschwinden. Eine hüfthohe Adobemauer umgab das Stationshaus und die Stallgebäude. Der Corral war leer. Müde strich ein Windhauch von Süden über die Weite und trug feinkörnigen Sand mit sich, der leise schmirgelnd um die Ecken der Stationsgebäude strich.

Aus der Tür des Stationshauses trat jetzt ein Mann. Er war untersetzt und hatte breite, etwas gebeugte Schultern. Sein Gesicht war von der Wüstensonne tief gebräunt, von Hunderten von Falten und Narben zerschnitten, so dass es wirkte wie das Holz eines zerfressenen Türrahmens. Das Haar des Mannes war weiß.

Die drei Männer, die im Warteraum der Station an einem Tisch saßen, pokerten. Sie bewegten sich kaum. Nur manchmal klirrten einige Dollarstücke auf der Tischplatte, und einer der Männer murmelte einige knappe Worte. Virgil Tucker, der Stationer, dachte über die Nachricht nach, die er vorhin bekommen hatte. Er dachte an vieles. Und sein Kopf war voll von Dingen, von denen er noch vor einer Stunde nicht einmal geträumt hätte. Die flimmernde Hitze schien er nicht wahrzunehmen. Er saß nur da und dachte nach.

Nach einer Stunde etwa erhob er sich und betrat den Warteraum der Station. Hier war es kühler. Der Stationer fröstelte plötzlich. Er fühlte, wie seine Handflächen feucht wurden. Dann stand er am Tisch der drei Männer. Es hatte sich nichts verändert. Sie pokerten noch immer, hielten die Karten in den Händen, hatten Silberdollars auf der alkoholzerfressenen Tischplatte vor sich liegen und nippten ab und zu an den dickwandigen, mit rotem Bourbon-Whiskey gefüllten Gläsern. Und sie konnten lange pokern, tagelang, nächtelang. Es schien ihnen niemals langweilig zu werden. Tucker wusste das. Und so wunderte er sich nicht mehr.

Der Stationer stand da, und die Konturen vor seinen Blicken verschwammen. Sein Hals schien eng zu werden, ein beklemmendes Gefühl legte sich um seine Brust. Er atmete geräuschvoll. Seine Kehle war trocken und heiß wie eine Ofenplatte.

Einer der Männer blickte auf. „Willst du irgendwas, Virg? Sag schon, was du willst?“

Die raue Stimme riss den Stationer aus seinen Gedanken. Er zuckte zusammen. Er krallte die großen, schwieligen Hände fest ineinander und befeuchtete mit der Zungenspitze die Lippen. Seine Stimme war schleppend und zögernd, sie klang rau: „Wollt ihr ein paar tausend Dollar verdienen?“

Die Männer hielten im Spiel inne und lehnten sich zurück. Ihre Augen wurden schmal. Der Stationer sprach plötzlich. Er redete hastig und versprach sich oft. „Ich meine, ich denke, ich kenne euch ja, nicht wahr? Ihr sitzt oft bei mir, sehr oft!“ Er zögerte wieder. Er beugte sich vor und atmete geräuschvoll. Seine Hände stützten sich auf die Tischplatte. „Ihr verdient euer Geld ja nicht mit Hühnerzüchten. Ich brauche Partner, versteht ihr? Partner wie euch! Dann springen ein paar tausend Dollar für euch ’raus!“

Die Männer schwiegen. Sie beobachteten den Stationer prüfend, und sie sahen, dass es ihm ernst war.

„Wieviel insgesamt?“ Der älteste der drei Männer legte seine Karten versteckt auf den Tisch.

„Vierzigtausend!“, murmelte Virgil Tucker. Er befeuchtete wieder mit der Zungenspitze seine Lippen. Aber seine Mundhöhle brannte. Er hatte keinen Speichel. Sein Hals schmerzte leicht. Er atmete pfeifend. Seine Blicke flackerten.

Die drei Männer schauten sich kurz an. „Wo?“, fragte der älteste.

„Hier!“ Der Stationer zog sich einen Stuhl heran. Er ließ sich nieder. „Hier auf der Station. Ein Transport. Nur ein Marshal und zwei Soldaten. In drei Tagen. Wir brauchen nur hier zu warten. Mehr nicht. Ganz einfach!“

Seine Stimme klang jetzt hell vor Erregung, und er sprach wieder hastig und tastete dabei mit seinen Händen zitternd über die Tischplatte. Seine Unterlippe bebte leise. „Darauf habe ich gewartet. Ich will ’raus hier, ’raus aus diesem Land, versteht ihr? Ich will weg! Rund um die Station ist nur die Wüste, und in der Wüste die Apachen und anderes Gesindel. Jeden Tag muss man damit rechnen, eine Kugel in den Bauch zu bekommen. Ich will endlich meine Ruhe! Ich bin zu alt, viel zu alt. Sechzig Jahre bin ich. Das ist verdammt viel in diesem Land. Mir ist es zu wenig. Ich will noch älter werden. Aber nicht in diesem Land. Ich will 'raus. In eine Stadt. Nach Phoenix vielleicht, oder vielleicht auch in die Oststaaten. Man braucht in jedem Fall Geld dazu, versteht ihr? Es wird einem nichts geschenkt! Man braucht viel Geld. Vierzigtausend Dollar sind viel Geld, und wenn ihr mir die Hälfte lasst, habe ich zwanzigtausend Dollar. Das ist auch noch viel Geld, sehr viel Geld für einen alten Mann wie mich. Damit kann ich schon etwas anfangen!“

Die Männer nickten. Sie warfen sich wieder kurze Blick zu. „Ist es das, was du von dem Kurier-Reiter erfahren hast?“, fragte einer.

Der Stationer nickte. „Sie meldeten, dass ein Transport kommt, begleitet von einem Marshal und zwei Soldaten. Ich soll gute Pferde bereithalten!“

„Bist du sicher, dass alles stimmt?“

„Warum nicht?“ Virgil Tucker zog sich die Whiskey-Flasche heran und entkorkte sie. Er setzte sie an die Lippen und trank einen großen Schluck. Er stellte sie hin, und seine Fäuste öffneten und schlossen sich unruhig. „Sicher stimmt es! Es ist ja immer so. Nur kommen sonst nur Soldaten. Ein Dutzend begleitet einen Wagen mit dem Geld. Sie kommen, wechseln die Pferde und kommen auf dem Rückweg wieder vorbei. Diesmal ist es anders!“

„Warum teilt man dir das alles so genau mit? Ist das üblich?“ Die drei Männer blickten den Alten misstrauisch an.

Der Stationer zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich nicht. Ich muss nur immer aufpassen, ehe ein Transport kommt. Die Gegend beobachten und die Station leerhalten, wenn der Wagen hier eintrifft. Keine Fremden. Warum sollte man mich nicht ausführlich benachrichtigen? Ich bin immer ein ehrlicher Mann gewesen, immer! Und das will was heißen, in diesem Land!“ Sein Gesicht war bleich. Seine Hände krallten sich nervös um die Tischkante. Die drei anderen lachten jetzt krächzend.

* * *

Es waren fünf. So hager wie Wölfe. Gekleidet wie Cowboys waren sie, und sie waren unrasiert und ungepflegt und passten genau zur Arizona-Cargo des hinterhältigen Geschäftemachers Prewitt Westham, aus der sie jetzt kamen und ihre Pferde vom Querholm vor dem Gebäude lösten. Sie schwangen sich in die Sättel und ritten auf die Mainstreet zu.

Als sie am Marshal Office vorbeiritten und die Mainstreet nach Süden überquerten, sahen sie Clay Taylor mit seinem Vater auf dem Vorbau des Gebäudes stehen. Sie schauten nach vorn. Clay Taylor hatte den Eindruck, dass die Männer jetzt schneller ritten. Aber er war sich nicht sicher. Die Sonnenstrahlen blendeten ihn. Er schloss die Augen zu schmalen Schlitzen und trat noch etwas weiter in den Schatten des Vorbaudaches zurück.

„Ehemalige Cowboys von Harris!“, knirschte John Taylor heiser. „Einige von der Sorte, die ein ehrlicher Rancher erst gar nicht in seine Mannschaft aufnehmen würde!“

„Seit wann ist Arthur Harris ein ehrlicher Rancher?“ Clay Taylor hakte die Daumen hinter den breiten, schwerledernen Waffengurt, der sich patronengespickt um seine Hüften wand und am rechten Oberschenkel ein offenes Lederholster mit einem 45er Peacemaker-Colt hielt. „Aber sein Ranchboss ist in Ordnung. Er hat die Burschen vor zwei Wochen ’rausgeworfen. Seitdem sind sie sehr oft hier. Sie lungern nur in der Stadt herum und scheinen auf irgendetwas zu warten. Sie suchen keine neue Arbeit!“

John spuckte grimmig aus. Zwischen seinen Zähnen knirschte der feinkörnige Sand, den der leichte Wind von der Wüste her mit sich trug. „Solche Leute suchen nie Arbeit. Was die suchen, sieht ganz anders aus. Für eine entsprechende Summe würden die sich selbst erschießen. Männer dieser schlimmen Sorte sind das!“

„Revolverschwinger!“ Clay Taylor schüttelte den Kopf. „Sie scheinen Geld zu brauchen. Sie spielen oft. Es gefällt mir nicht, dass sie hier sind, aber ich kann sie nicht davonjagen. Gestern Abend hatten sie den Wells-Fargo-Clerk bei sich. Sie kamen aus Ed Madisons Saloon. Der Clerk konnte kaum noch laufen und war so voll mit Whiskey, dass er bestimmt explodiert wäre, wenn man ihm ein Streichholz vor den Mund gehalten hätte. Die fünf Burschen schleiften ihn mit zur Arizona-Cargo. Dort werden sie ihn weiter mit Fusel vollgepumpt haben, bis er genug erzählt hat. Was dann bei Prewitt ausgeheckt wurde, kann man sich an zehn Fingern abzählen!“

John verschränkte die Arme vor der Brust. „Du glaubst, dass sie dich überfallen wollen?“

Clay überflog die menschenleere Mainstreet mit einem Blick. „Du kannst doch rechnen, Pa! Seit einer Woche sind die Burschen ununterbrochen hier. Gestern Abend waren sie mit dem Clerk zusammen, und gerade heute, einen Tag, bevor ich den Transport durchführe, verlassen sie die Stadt! Das passt mir alles zu gut zusammen. Es ist mir zu glatt, verstehst du? Und dann haben diese Burschen Gesichter, die verdammt gut hinter solide Eisengitter passen würden. Sie gehören zu den Männern, denen man am besten mit gespanntem Revolver in der Faust gegenübertritt, ehe man ihnen die Hand gibt. Und genau das werde ich tun. Ich werde morgen während der Fahrt einen gespannten Revolver auf dem Schoß liegen haben!“

„Kann ich wirklich nichts tun?“

„Kaum!“ Clay Taylor nickte schwer. „Es wäre aber gut, wenn du hierbleiben würdest, bis ich wieder zurückkomme. Fahren muss ich allein. Es wird schon alles glattgehen!“

John Taylor knurrte unzufrieden. „Ist das Geld noch immer in deinem Office?“

„Ich habe letzte Nacht darauf gesessen und kaum geschlafen. Wenn das Zeug nicht bald wegkommt, werde ich verrückt. Gut, dass der Transport schon morgen ist!“

Clay Taylor stieß sich vom Vorbau ab und ging auf die Mainstreet. Mit weiten Schritten überquerte er sie und betrat den Gehsteig. Dann stand er vor Albert Schusters Werkstatt. John Taylor blieb am Marshal Office zurück.

Als Clay die Tür öffnete und in die Werkstatt trat, sah er den untersetzten Büchsenmacher hinter der Ladentheke stehen. Seine Halbglatze war mit Schweißperlen übersät. Er stapelte Munitionsschachteln in ein Regal. Clay Taylor schloss die Tür und trat zur Theke. Albert Schuster wandte sich um. Er grinste erfreut.

„Ich brauche Winchesterpatronen, Albert!“ Clay Taylor legte zwei Silberdollar auf die Theke. „Weichblei. Drei Schachteln. Kaliber 44!“

Der schnurrbärtige, etwas korpulente Mann legte die Munition auf die Theke, strich das Geld ein und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Verdammte Hitze, wie? Aber für dich wird es morgen bestimmt noch heißer, Clay. Ich werde dir die Daumen drücken. Ich denke, du kannst es brauchen!“

Der Marshal schob die Munition in die Tasche und blickte den Büchsenmacher voll an. „Ich verstehe nicht, was du meinst, Albert!“

Der deutschstämmige Mann grinste breit. Er sprach mit hartem Akzent. „Jeder weiß doch Bescheid, Clay. Tad Manning, der Clerk, hat es doch gestern Abend in Madisons Saloon laut erzählt. Du bringst morgen vierzigtausend Dollar nach Benson. Ed hat ihn gleich ’rausgeworfen. Diese Revolverschwinger, die seit ein paar Tagen hier herumlungern, sind dann nachgegangen!“ Schuster lächelte jetzt. „Glaubst du, Clay, ich wäre ein verkappter Postkutschenräuber?“ Er lachte jetzt und wischte sich wieder den Schweiß vom Gesicht.

„Nein, Albert. Das glaube ich nicht!“ Die Stimme Clay Taylors klang eisig.

Schuster wurde sofort ernst. „Habe ich etwas Falsches gesagt, Clay? Es tut mir leid.“

„Nein, Albert!“ Clay Taylor tippte sich an die Hutkrempe. „Du hast genau das Richtige gesagt!“ Er wandte sich ab, ohne Schuster noch eines Blickes zu würdigen.

* * *

Der hagere, unrasierte Mann mit dem knochigen Gesicht schlenderte langsam über den Hof der Pferdewechselstation. Er spuckte den Zigarettenstummel aus und wandte sich um. Schweigend blickte er in den aufziehenden Abend, der die Wüste in eine Farbenpalette zu verwandeln schien, so als habe ein überirdischer Maler seine Farbentöpfe umgeschüttet. Die prächtigfarbenen Schatten verflossen ineinander, von Minute zu Minute bildeten sich neue Farbtöne, Mischungen und Formen. Der Himmel schien zu brennen. Er überzog sich mit flammendem Rot.

Stan Astor bewegte sich auf das Haus zu. Der Wind von der Wüste wurde kühler und erstarb schließlich ganz. Der Mann trat in den Warteraum der Station. Eine Petroleumlampe hing von einem der schenkelstarken Deckenbalken herab und verbreitete einen trüben Schein. Die beiden Männer am Tisch hoben die Köpfe. Sie füllten die Gläser vor sich erneut mit Whiskey und warteten, bis Stan Astor sich gesetzt hatte.

Aus dem Hintergrund des Raums schlurfte Virgil Tucker heran. Im kargen Licht des Raums und dem Zwielicht des Abends hatte sein lederhäutiges, zerfurchtes Gesicht die Farbe von gebranntem Ton angenommen. Er zog sich einen Stuhl heran. Leise scharrten die Stuhlbeine über die ausgetretenen Dielen. Der Stationer ließ sich nieder. Der Schein der Petroleumlampe fiel auf ihn, und es schien jetzt, als sei sein graues Haar von zahlreichen Silberfäden durchzogen. Virgil Tucker hatte seinen Kopf gesenkt. Er sah nicht, wie die drei Männer neben ihm wieder ihre Gläser füllten und an der roten Flüssigkeit nippten. Link Winters mischte mit schlanken Fingern die abgegriffenen Karten.

„Drei Überfälle gab es im letzten Jahr!“ Virgil Tucker schüttelte den Kopf. Er hatte die schwieligen Fäuste geballt und die Lippen bitter geschürzt. Seine Stimme klang krächzend und heiser. „Immer waren es Indianer, Apachen. Sie wollten Pferde stehlen!“ Er stockte wieder. Sein Blick schien ins Leere zu gehen.

Die drei Männer hatten inzwischen ihre Karten aufgenommen. Aus den Augenwinkeln beobachtete Stan Astor den Alten, ehe er einen Silberdollar in die Mitte des Tisches schob. „Zwei Karten!“, murmelte er. Der Alte hörte ihn nicht. Er sah auch nicht, wie Finch Tate zwei Karten von dem Spiel abnahm und zu Astor hinüberschob, der dafür zwei ablegte.

„Ich hab’ mir meine Ruhe sauer verdient. Ich hab’ einen Anspruch auf Geld, mit dem ich in Ruhe älter werden und sterben kann!“ Die Stimme des Stationers senkte sich wieder. „Ich will das Geld haben. Ich will aus dem Land, weit weg von hier. Keinen Wüstensand mehr schlucken, kein Schießpulver mehr riechen, keine Schüsse mehr krachen hören. Einfach weg und nicht mehr an alles denken. Ich will morgens aufstehen, ohne mein Gewehr neu laden und meinen Colt umschnallen zu müssen. Ich will wissen, dass ich eines Tages nicht im Wüstensand verscharrt werde. Mit einer Kugel im Herzen und ohne Skalp. Ich will ’raus aus dem Land. Ich bin zu alt!“

Er schwieg wieder. Die drei Männer sagten nichts. Virgil Tucker wartete auch nicht darauf. Er hätte sowieso nichts verstanden, denn er sah und hörte nichts. Er hing nur seinen Gedanken nach. Finch Tate hielt seine Karten mit beiden Händen und brütete dumpf über dem miserablen Blatt in seiner Hand. Vor Stan Astor dagegen stapelten sich die Silberdollar. Link Winters starrte grimmig in seine Karten. Astor grinste breit, als er einen Flush auf den Tisch blätterte und die Dollar aus der Mitte des Tisches zu sich herüberstrich.

„Du spielst falsch, Stan! Du bist ein ganz gemeiner Falschspieler. Das ist verdammt nicht nett uns gegenüber!“

Stan Astor antwortete nicht. Er mischte die Karten schnell und teilte sie aus.

„Du spielst falsch, Stan!“, wiederholte Finch Tate.

„Sicher!“ Stan Astor schob einen Dollar in die Tischmitte. „Natürlich spiele ich falsch. Ihr tut es ja auch. Nur kann ich es besser als ihr beide zusammen!“

„Hast du das nötig? Wo du sowieso besser spielst als wir und morgen Mittag um einige tausend Dollar reicher bist?“ Link Winters blickte den Älteren vorwurfsvoll an. „Das sind meine letzten Dollars, die du da vor dir liegen hast!“

„Geld kann man immer brauchen, Link! Ob es ein paar tausend oder nur ein paar Silberdollar sind, ist dabei egal!“

„Ich brauche viel Geld!“, murmelte Virgil Tucker wieder.

Stan Astor nickte ihm zu. „Morgen ist es ja so weit, Virg. So lange wirst du es schon noch aushalten. Wir werden uns heute Nacht noch einmal gut ausschlafen und morgen auf die Kutsche warten. Wenn wir das Geld haben, werden wir die Kutsche nehmen und mit ihr davonfahren, mit ihr und dem Geld!“

„Ihr macht auch bestimmt mit?“ Der Stationer hob den Kopf. Er schaute die Männer zweifelnd an.

„Glaubst du, wir verzichten auf einen Haufen Dollars?“ Finch Tate lachte meckernd. „Zwanzigtausend für dich, zwanzigtausend für uns. Nur schade, dass wir uns danach ein anderes ruhiges Plätzchen zum Pokern suchen müssen. Auf dieser Station wird es dann sicher kaum noch möglich sein!“ Er lachte wieder. „Aber für den Preis kann man das schon in Kauf nehmen!“

„Wir werden für ein paar Wochen in Mexiko verschwinden!“ Stan Astor legte drei Karten ab und verlangte drei neue. „Das solltest du auch tun, Virg. Dann wächst Gras über die Sache, und danach kannst du dich in aller Stille zurückziehen. Du kannst dir einen schönen weißen Bart wachsen lassen. Niemand wird dich wiedererkennen, Virg!“

„Was soll ich in Mexiko? Ich werde in den Osten reisen und mich dort niederlassen. Vielleicht auch in Kalifornien. In San Francisco. Das Klima soll dort angenehm sein. Jeden Tag soll die Sonne scheinen. Nicht so wie hier, so brütend und stickig. Gutes Farmland soll es dort geben. Vielleicht werde ich mich dort niederlassen!“

Stan Astor nickte stumm. Er legte seine Karten offen auf den Tisch und grinste triumphierend. Seine Hände glitten zum Geld. Da schüttelte Link Winters den Kopf und deckte sein Blatt auf. Es war ein Royal Flush, und das Gesicht Stan Astors verzog sich. Er wandte sich dem Alten zu. „Du kannst es natürlich machen, wie du willst, Virg. Es war nur ein Rat. Es wäre sicherer!“

* * *

Mit Macht zerfetzten die ersten Sonnenstrahlen des frühen Tages die dunstig grauen Nebelschwaden des Morgens. Das Holz der Vorbaudächer glitzerte feucht vom Tau im ersten zaghaften Frühlicht. Die Luft war klar und kühl, gereinigt vom Staub und der Hitze des Tages. Die letzten Nebelschleier lösten sich auf. Der Himmel war von einer zartblauen Tönung überzogen. Langsam stieg am Zenit der Sonnenball auf.

Knarrend schwang das Werkstattor der Schmiede auf. Pablo Valdez, ein riesiger Mexikaner, trat heraus. Er zog die Türflügel ganz herum, bis er sie an den Wänden der Werkstatt festhaken konnte. Er stemmte die Fäuste in die Hüften und blickte über die noch leere Straße. Es war trotz der stärker werdenden Sonnenstrahlen noch kühl. Aber der Mann fröstelte nicht, obwohl er außer der fadenscheinigen Nietenhose nur eine abgewetzte, rußige Lederschürze trug. Nach einigen Minuten wandte der Schmied sich um und ging in seine Werkstatt. Er entfachte das Feuer und zog dann schweigend am Blasebalg. Wenig später klangen die hellen Schläge des Hammers über die Dächer von Tucson.

Aus dem Marshal Office trat jetzt Clay Taylor. Einen Augenblick lang blinzelte er in die grellen Sonnenstrahlen. Dann wandte er sich um und stieß einen kurzen Befehl aus. Aus dem Office heraus kamen zwei blau uniformierte Männer. Sie trugen eine eisenbeschlagene Kiste zwischen sich. Dahinter kam John Taylor. Er hatte ein Winchestergewehr in den Händen. Clay Taylor setzte sich jetzt in Bewegung. Seine Rechte lag auf dem Kolben des schweren Peacemaker-Colts im Holster. Er verließ den Vorbau und überquerte die Mainstreet. Die Soldaten folgten ihm. Im Abstand von etwa drei Yards bewegte sich John.

Einige Mexikaner blieben auf der Straße stehen. Sie schauten herüber. In der Schmiede erstarb das Hämmern. Pablo Valdez erschien im Torrahmen und beobachtete die Männer. Clay Taylor betrat den Gehsteig der anderen Straßenseite und schritt zur Wells-Fargo-Agentur. Davor blieb er stehen.

„Stellt die Kiste hin und rührt euch nicht vom Fleck!“, befahl er heiser. Er stieß sich den Hut weiter in den Nacken und betrat das Office. Der Raum war leer. Clay Taylor wandte sich um und verharrte im Türrahmen. Aus dem Stall trat jetzt Bill Shaddle, der Agent.

„Ist alles vorbereitet, Bill?“ Clay Taylor tippte sich kurz an die Hutkrempe.

Shaddle nickte schwer. Er kam langsam näher und warf einen Blick auf die Kiste. „Man sollte nicht meinen, dass vierzigtausend Dollar in so eine kleine Kiste passen!“

Der Marshal nickte schweigend. „Die Kutsche wird pünktlich kommen?“

„Sie kommt meistens pünktlich!“ Bill Shaddle blickte nach Westen. Die Overlandstraße zog sich wie ein graues Band durch die Wüste, die gleich hinter der Stadt begann, und verschwand am Horizont. Die Straße war leer.

Die Sonne stieg immer höher. Es wurde heißer. Die Luft begann zu flimmern. Glühenden Pfeilen gleich stachen die Strahlen auf die Stadt nieder, erhitzten die Luft, trockneten den Tau von den Vorbaudächern und stauten die Sonnenglut in den Straßen.

„Die Kutsche kommt!“ John hob den rechten Arm und deutete nach Westen. Die Köpfe wandten sich. Dann sahen es alle. Eine Staubwolke wanderte durch die flimmernde, heiße Luft. In der Ferne tauchte die Kutsche auf.

Bill Shaddle verschwand wieder im Stall. Die beiden Soldaten nahmen die Geldkiste und setzten sie ein Stück zurück. John Taylor trat auf den Vorbau. Die Kutsche näherte sich in rascher Fahrt. Eine Peitsche knallte. Pferdehufe wirbelten Sand auf, trommelten über den Boden. Wagenräder schleiften kreischend, als der Kutscher die Zügel anzog. Eine Wolke feinen Staubes hüllte für Sekunden die Menschen auf dem Vorbau der Wells-Fargo-Agentur ein. Dann kam die Kutsche schleudernd zum Stehen. Die Pferde standen mit zitternden Flanken im Geschirr. Sie waren abgetrieben und grau vom Staub, genau wie der Kutscher, der sich jetzt auf dem Bock erhob, leicht schwankte und über das rechte Vorderrad abstieg. Er spuckte aus. Sandkörnchen knirschten zwischen seinen Zähnen.

Clay Taylor trat vom Vorbau hinunter auf den Wagen zu. „Haben Sie Fahrgäste?“

Der Kutscher musterte den großen, breitschultrigen Mann mit dem Stern kurz und warf einen Blick auf die Kiste. Dann schüttelte er den Kopf. „Nein! Und wenn ich Sie jetzt sehe, weiß ich auch, warum! Seit Phoenix habe ich keine Fahrgäste mehr gehabt. Warum das so war, hat mir niemand gesagt!“

„Ein Geldtransport! Bis Benson“, murmelte Clay Taylor knapp.

„Ein Geldtransport?“ Der Kutscher kratzte sich am Kopf. Er nahm den Hut ab und schlug sich den Staub aus den Kleidern. „Das gefällt mir nicht. Wo ist die Eskorte?“

„Dort!“ Clay Taylor deutete auf die beiden Soldaten, die jetzt die Kiste zur Kutsche trugen. John öffnete den Schlag. Die Soldaten schoben die Kiste hinein, stellten sie unter eine Sitzbank und stiegen ins Innere der Stage.

„Zwei Soldaten?“ Der Unterkiefer des Kutschers klappte herunter. Er lehnte sich gegen das Vorderrad des Wagens. „Scherzen Sie, Marshal?“ Aber das Gesicht Clay Taylors blieb ernst. Der Kutscher schüttelte den Kopf. Er sah seitlich den Wells-Fargo-Agenten mit einem neuen Gespann aus dem Stall kommen.

„Im Office steht Kaffee!“, rief Bill Shaddle. Der Kutscher nickte stumm und ging an Clay Taylor vorbei. Er verschwand im Innern des Gebäudes. John reichte seinem Sohn die Winchester durch den Wagenschlag, nachdem Clay Taylor eingestiegen war. Der Wagen schwankte leicht. Der Marshal schloss die Tür.

„Pass auf dich auf, Clay! Pass verdammt gut auf dich auf! Ich werde hier warten.“

Clay Taylor nickte wortlos. Er sah, dass der Kutscher aus der Agentur kam. Er blieb am Wagen stehen und blickte den Marshal voll an. „Ist es eine heiße Sache?“

Clay Taylor zuckte mit den Schultern. „In der Wüste ist es immer heiß!“

Der Kutscher presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. „Also gut, Marshal. Wie Sie meinen!“ Er stieß einen Fluch aus und schwang sich auf den Bock des Wagens. Er nahm die Zügel hoch. Seine rechte Hand umspannte die Peitsche. Auf den Gehsteigen seitlich der Mainstreet standen die Bürger von Tucson.

John Taylor schloss die Augen zu schmalen Schlitzen. Die Sonne blendete ihn. Das Tageslicht wurde immer greller und gleißender. Schweißtropfen perlten auf den Gesichtern der Männer. Der Kutscher hob die Peitsche und ließ sie über den Köpfen der Gespannpferde knallen. Die Tiere schnaubten dumpf. Sie stemmten sich ins Geschirr. Strangketten klirrten, Lederriemen knarrten.

Die Kutsche schwankte leicht und setzte sich in Bewegung. Staub wirbelte unter den Hufen und Rädern auf. Der Kutscher stieß einen schrillen Schrei aus und knallte abermals mit der Peitsche. Der Wagen rollte schneller. Er entfernte sich mit zunehmendem Tempo von der Wells-Fargo-Agentur und bewegte sich auf den Stadtrand zu. Als er die letzten Häuser passierte, war er bereits in voller Fahrt.

John Taylor blickte der Kutsche schweigend nach. Er beobachtete, wie die Stage davonraste und in einer flimmernden Wolke von Staub und Sand in der Ferne verschwand. Als Bill Shaddle knarrend das Stalltor schloss, schreckte das Geräusch ihn auf. Mit schweren Schritten ging er zum Marshal Office hinüber.

* * *

Die drei Männer saßen schweigend in der Kutsche, die in wilder Fahrt dahinraste, oft schwankte und von harten Stößen durchlaufen wurde. Feine Wolken flirrenden Staubes wurden von den wirbelnden Rädern durch die offenen Fenster ins Innere geschleudert.

Clay Taylor zog sich schon bald sein Halstuch vor Mund und Nase. Den beiden Soldaten schien der Staub nichts auszumachen. Draußen flog die Wüste vorbei: Sand, weiter, ebener Sand, durchbrochen von Dünen, die wie erstarrte Wellen die Weite durchschnitten und den Blick abgrenzten. Hoch am Zenit stand die Sonne wie ein funkensprühender, glühender Stahlkern und verlieh dem Himmel die Farbe einer vollreifen, saftigen Frucht. Die Stadt verschwand aus dem Blickfeld der Männer. Aber es schaute sowieso niemand zurück.

Der Kutscher auf dem Bock hatte sich ein Halstuch vors Gesicht gebunden. Wolken von Staub umsprühten ihn. Seine Augen waren zu schmalen Schlitzen geschlossen, um den flirrenden, flimmernden Sandfilm, der unter den hämmernden Hufen der dahinjagenden Gespannpferde aufstob, mit Blicken durchdringen zu können. Der Weg nach Benson führte schnurgerade durch die Wüste. Schon bald tauchten am Rande der Wüstenstraße Gruppen von hohen Bisnaga- und Saguaro-Kakteen auf. Yucca wucherte im Sand, und die hohen Blätter zitterten im leichten Wind wie gespannte Stahlfedern.

In der Kutsche fiel noch immer kein Wort. Die Geldkiste stand unter der Sitzbank zwischen Clay Taylors Füßen. Und der junge Marshal hatte eine durchgeladene Winchester auf den Knien liegen. Die beiden Soldaten saßen ihm gegenüber. Es waren ein Rekrut und ein Corporal. Sie waren noch jung, der Corporal höchstens so alt wie Clay selbst. Er hieß Lane Burt. Clay Taylor traute ihm nicht viel zu. Beide schienen noch zu unerfahren in diesem Land. Er wusste, dass die Verantwortung trotz der beiden allein bei ihm lag und er nicht viel Hilfe von ihnen erwarten konnte. Und es wäre ihm jetzt beinahe lieber gewesen, er wäre ganz allein gefahren. Schweigend warf er ab und zu einen Blick hinaus. Aber die vorbeijagende Wüste blieb leer und still.

* * *

Die fünf Männer gingen weiter in den Schatten der Kakteengruppe zurück. Fats Neven zog seinen Revolver aus der Halfter. Er ließ die Trommel rotieren, indem er den Revolver an seinem linken Arm herunterstrich. Es klickte metallen. Der hagere, unrasierte Mann ließ die Waffe in die Halfter zurückgleiten und nickte den anderen zu. „Erst die Pferde! Dann den Kutscher. Es muss schnell gehen! Dann können wir Taylor und die beiden Blauröcke überrumpeln!“

Die anderen schwiegen. Sie hatten alles genau abgesprochen. Es würde alles glatt gehen, verdammt fein glatt. Und danach würden sie um vierzigtausend Dollar reicher sein. Das war ein Betrag, für den ein Mann schon etwas riskieren konnte.

„Eine Staubwolke!“ Ein junger, hohlwangiger Bursche mit zwei schweren Revolvern im Buscadero-Gurt deutete nach Westen. Er zog sein Pferd tiefer in die Schneise zwischen dichtem Yuccagesträuch und hohen Säulenkakteen. Die Männer sahen es alle. Sie nahmen ihre Waffen hoch. Die Kutsche wurde jetzt sichtbar. Sie raste heran.