Skandale beim Fußball in Deutschland - Walter Brendel - E-Book

Skandale beim Fußball in Deutschland E-Book

Walter Brendel

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Beschreibung

Fußball - die schönste Nebensache der Welt. Woche für Woche zieht es die vor allem männlichen Zuschauer in die Stadien. Sie erwarten packende Spiele, viele Tore, ein Sieg ihrer Mannschaft und eine friedvolle Atmosphäre. Doch leider nur ein schöner Traum. Der Fußball wird zunehmend beherrscht von Manipulationen und nackter Gewalt. Nicht mehr der "Fußballstar" steht im Mittelpunkt, sondern Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte. Das Ende der Fahnenstange ist nicht absehbar. Beleuchten wir die Chronik von Skandal und Gewalt nun nachfolgend etwas näher. Spiele die verwettet, verpfiffen und gekauft worden, Doping, Schwarzgeld im Amateurfußball, Steuerhinterziehung und Gewalt sowie Skandale in der DFB-Zentrale selbst, bilden die Rahmenhandlung des Buches, was nach Tatsachen gestaltet wurde.

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Seitenzahl: 152

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Walter Brendel

Skandale beim Fußball in Deutschland

Manipulation und Gewalt im deutschen Fußball

- Ein Tatsachenbericht –

Impressum

Texte:             © Copyright by Walter Brendel

Umschlag:      © Copyright by Gunter Pirntke

Verlag:

Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag

Gunter Pirntke

Mühlsdorfer Weg 25

01257 Dresden

[email protected]

Inhalt

Impressum

Verwettete Spiele

Die verpfiffenen Spiele

Prozessverlauf

Gekaufte Spiele

Gewalt im Fußball

Doping im Fußball

Skandale in der Chefetage

Das Geld kam im Umschlag

Fazit des Kapitels

Schlussbemerkungen

Quellen

Fußball - die schönste Nebensache der Welt. Woche für Woche zieht es die vor allem männlichen Zuschauer in die Stadien. Sie erwarten packende Spiele, viele Tore, ein Sieg ihrer Mannschaft und eine friedvolle Atmosphäre. Doch leider nur ein schöner Traum. Der Fußball wird zunehmend beherrscht von Manipulationen und nackter Gewalt. Nicht mehr der „Fußballstar“ steht im Mittelpunkt, sondern Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte. Das Ende der Fahnenstange ist nicht absehbar. Beleuchten wir die Chronik von Skandal und Gewalt nun nachfolgend etwas näher.

Verwettete Spiele

Das Szenario vor dem Eingang erinnerte an ein bedeutsames Fußballspiel oder einen großen Parteitag. Übertragungswagen des Fernsehens säumten die Straße. Das „Stadion“ war diesmal das Bochumer Polizeipräsidium. Wie schon so manches Mal, wenn die bundesweit renommierte Bochumer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftkriminalität Ergebnisse vorgelegt hat, erschien auch am Freitag ein Medi-enaufgebot wie bei einem Länderspiel. In der Tag ging es um Fußball, allerdings um eine dunkle Seite dieses Geschäfts: um Wettbetrug.

In einem Land, in dem damals die beliebteste TV-Show „Wetten das...?" heißt, wundert es eigentlich nicht: Die Deutschen sind vom Wettfieber gepackt, sie stehen den Briten in Sachen Wettleidenschaft kaum nach. Das der derzeitige Wettskandal - der größte Betrugs bislang im europäischen Fußball, 200 Partien stehen unter Manipulationsverdacht - daran etwas ändert, ist kaum zu erwarten. Sportwelten werden immer beliebter, allen voran die Fußballwette. Sie hat dem Klassiker, dem Wetten auf Pferderennen, längst den Rang abgelaufen. Ebenso wird auf Tennis, Formel 1, Eishockey, Boxen oder Skirennen gewettet. Ein Riesengeschäft: Bis zu 3 Milliarden Euro jährlich werden allein hierzulande bei Sportwetten umgesetzt, schätzen Experten.

Dabei bewegen sich die meisten Sport-Zocker in illegalen Sphären. Rechtmäßig kann in Deutschland nur beim staatlich lizenzierten Wettanbieter Oddset über die Lottoannahmestellen und bei Pferderennen getippt werden. Private Sportwetten aber sind in Deutschland verboten. Was keinen zu kümmern scheint.

Wett-Shops sind in den vergangenen Jahren wie die Pilze aus dem Boden geschos-sen, die Betreiber vermitteln gegen Provision die Tipps der Spieler an Buchmacher - die wiederum meist im Ausland sitzen. Die Ordnungsbehörden gehen immer wieder gegen Wett-Büros vor, was nicht heißt, dass diese dicht machen. „Die Rechtslage ist kompliziert, ausländische Anbieter etwa berufen sich auf die Dienstleistungsfreiheit der EU, Verfahren können sich lange hinziehen. Viele Wettshop-Betreiber spielen auf Zeit. Oder eröffnen ihren Laden einfach wieder unter einem anderen Namen.

Doch nicht nur Wett-Anbieter, auch Spieler machen sich strafbar. Theoretisch könnte ein Zocker im Wettbüro festgenommen werden. Der Gewinn wäre weg - und es drohten bis zu einem Jahr Gefängnis. Bislang ist allerdings noch kein Spieler verurteilt worden.

Ganz sicher ist dem Spieler sein Gewinn allerdings auch so nicht, das Wert-Büro kann die Auszahlung schlicht verweigern. Der Vertrag, den der Spieler durch die Wette mit dem Anbieter geschlossen hat, verstößt gegen geltendes Recht. Der Gewinn kann deshalb nicht eingeklagt werden.

Ihrer Leidenschaft frönen die meisten Zocker im Internet, an die 3 000 Sportwettsei-ten sollen es sein, die für deutsche Spieler zugänglich sind. Wobei das Wetten auch hier längst nicht legal ist, selbst wenn die Online-Anbieter ihre Firmensitze in Malta, Gibraltar und anderen Steueroasen haben. Wer von Deutschland aus bei einem aus-ländischen Online-Casino spielt, macht sich ebenfalls strafbar.

Gegen einzelne Online-Wettdienste wurden Ordnungsgelder von 250 000 Euro verhängt - mit wenig Effekt. Manche berufen sich auf ihre alten DDR-Lizenzen, andere eben auf ihren Sitz im Ausland. Letztlich haben die Behörden wenig Handhabe. Es werden immer wieder Wege gefunden, auch wenn sie rechtlich problematisch sind, um die Geschäfte weiterzuführen.

Legal oder nicht - die Spieler bleiben am Ball. Zahlreiche Wett-Varianten sind geboten: die Ergebniswette (wer das exakte Ergebnis tippt, gewinnt), die Halbzeit-/End-standwette (nicht der genaue Spielstand, nur die Tendenz muss stimmen), die Kom-binationswette (die Tippreihe mehrerer Spiele muss richtigsein), um nur einige zu nennen. Spannung pur bietet die Live-Wette, bei der während eines laufenden Spieles gesetzt werden kann. Auch auf die kleinsten Spiel-Details kann getippt werden: Wer schießt das erste Tor? Wer kriegt die erste Gelbe Karte? Welche Mannschaft kassiert einen Elfmeter? Dabei wird nicht nur auf heimische Mannschaften gesetzt, sondern ebenso auf Spiele in Österreich, Kroatien, Belgien, der Türkei.

Gerade die vielfältigen Wett-Varianten bringen die Kriminellen auf den Plan. Denn hier lässt sich relativ leicht manipulieren. So wird etwa gewettet, dass in der ersten Halbzeit eine Gelbe Karte gezogen wird - kein großes Problem für den bestochenen Schiedsrichter. Oder man tippt, dass Mannschaft A die erste Ecke kriegt, wofür der gekaufte Verteidiger nur zu Spielanfang einen Ball verstolpern muss. Das Risiko für die Geschmierten ist gering.

Die Wert-Mafia operiert weltweit. „In Europa wird bestochen, in Asien gezockt und in Berlin abkassiert", bringt es Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamtes, auf den Punkt. 15 Festnahmen gab es beim jetzigen Manipulations-Skandal in Deutschland, wie schon im Fall Hoyzer soll auch wieder der in Berlin lebenden Ante Sapina zu den Drahtziehern gehören.

Gezielt suchen die Betrüger-Banden nach Sportlern und Schiedsrichtern, die anfällig sind fürs leicht verdiente (Schmier-)Geld. Oder die erpressbar sind, etwa weil sie selbst Zocker-Schulden haben oder außereheliche Affären. Die Wetten laufen dann vor allem über den asiatischen Markt, hier können die Einsätze unbegrenzt hoch sein. Auch klein portioniert und weltweit verteilt fallen hohe Wetteinsätze nicht auf, da kann auch ein Frühwarnsystem wenig ausrichten. Je nach Quote lassen sich die Einsätze leicht verdoppeln, immense Gewinne erzielen.

Nicht nur von Wert-Anbietern, auch vonseiten des Sports wird vermehrt die Abschaf-fung des staatlichen Wettmonopols gefordert. So hat sich nun auch Franz Becken-bauer in den Kreis der Befürworter für die Öffnung des Sportwettenmarktes für private Anbieter eingereiht: „Man sollte den Markt für seriöse, lizenzierte Anbieter öffnen", sagte er in einem Interview. „Legale Anbieter setzen Limits für Einsätze und Höchstgewinne. Um mitzuspielen, muss man sich ausweisen. So herrscht mehr Transparenz."

Betrug ist allerdings nicht die einzige Schattenseite des Wettens. Wo gezockt wird, ist auch die Sucht nicht weit, bis zu 300 000 Betroffene soll es nach Schätzung des Fachverbands Glücksspielsucht bundesweitgeben. Noch sind es die Automaten, denen die meisten Spielsüchtigen verfallen. Doch auch Sportwetten stehen weit oben.

Die klassischen Zocker sind dabei junge Männer. „Das Mitfiebern macht Sport wetten so reizvoll", weiß Diplompädagogin Lena Zielke, die im Cafe „Beispiellos“ in Berlin Kreuzberg, einer Einrichtung der Caritas, Spielsüchtige berät, „Zudem handelt es sich hier um Spiele mit relativem Kompetenzanteil, das heißt, die Spieler glauben, durch ihr Fachwissen, zum Beispiel über Fußball, die Wetten einschätzen zu können."

Bei einer Sportwette wird auf das Eintreffen eines bestimmten Sportergebnisses gesetzt. Wie viel man gewinnen kann, bestimmt die Quote. Sie ist der Faktor, mit dem der Einsatz des Wett-Teilnehmers bei Gewinn multipliziert wird. Ist die Quote zum Beispiel 2,3 und hat der Spieler 10 Euro gesetzt, hat er 23 Euro gewonnen. Festgelegt wird die Quote vom Buchmacher, wofür er viele Umstände abwägt. Bei einer Fußball-Wette sind das etwa die Motivation der Mannschaft, in welcher Form die Spieler sind, die Ergebnisse bisheriger Spiele und Ähnliches. Danach legt er die Wahrscheinlichkeit jedes möglichen Spielausgangs fest, also beispielsweise Sieg: 40 Prozent, Unentschieden: 35 Prozent, Niederlage: 25 Prozent. Nach diesen Prozentwerten berechnet er dann nach einer speziellen Formel die Quote.

Eine international arbeitende Bande soll nun in insgesamt neun europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, Fußballspiele manipuliert haben, um auf diese Weise Wettgewinne in zweistelliger Millionenhöhe zu erzielen. Wie die Ermittler bekannt gaben, wird den Tätern zur Last gelegt, „sich zumindest seit Beginn des Jahres 2009 zusammengeschlossen zu haben, um auf Sportler, Trainer, Schiedsrichter, und Offizielle aus hochrangigen europäischen Ligen dahingehend einzuwirken, gegen unterschiedlich hohe Entgelte Ausgänge von Fußballspielen im Interesse der Täter zu beeinflussen“. Der Schwerpunkt der Ermittlungen verfolge den Vorwurf gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, sagte Staatsanwalt Andreas Bachmann, der die Ermittlungen leitet. „Teilweise geht es auch um Verabredung zum Verbrechen.“

Der Staatsanwaltschaft sind bisher etwa zweihundert Begegnungen im In- und Ausland aufgefallen, bei denen konkret der Verdacht besteht, dass es zu versuchten und vollendeten Manipulations- oder Betrugshandlungen gekommen ist. Der Arm des Verbrechens reicht offenbar bis in die bedeutendsten Klubwettbewerbe des europäischen Fußballs. So sollen mindestens drei Spiele der Champions League betroffen sein und sogar zwölf Partien der in dieser Saison neu eingeführten Europa League.

Peter Limacher, Leiter der Disziplinarabteilung der Europäischen Fußball-Union (Uefa), sprach in Bochum vom „bisher größten Skandal dieser Art im europäischen Fußball“. Darüber, ob Spiele der aktuellen Wettbewerbe wiederholt werden müssen, wollte Limacher „nicht spekulieren“. Der Uefa-Funktionär zeigte sich zufrieden über den Verlauf der Ermittlungen und über die Zusammenarbeit mit den Behörden, aber auch „zutiefst betroffen über das Ausmaß abgesprochener Spielmanipulationen internationaler Banden“.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte am 19. November 2009 mitgeteilt, das Frühwarnsystem des DFB und der Uefa für die Überwachung des Wettmarktes habe keine Beweise für etwaige Spielmanipulationen geliefert. Die Uefa hatte die Nationalverbände vor dem Termin in Bochum nicht informiert. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind auch vier Partien der zweiten Bundesliga, drei Spiele der dritten Liga und achtzehn Begegnungen der Regionalliga betroffen. Außerdem sind Profispiele aus der Türkei, der Schweiz, Belgien, Kroatien, Slowenien Ungarn, Bosnien und Österreich Gegenstand der Ermittlungen. Näheres wollte die Staatsanwaltschaft nicht sagen, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden.

Gegen zwei deutsche Klubs liegen nach Medienberichten konkrete Verdachtsmomente vor, gegen den VfL Osnabrück und den SSV Ulm. Nach Informationen der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sollen Profis des Zweitliga-Absteigers VfL Osnabrück in die Affäre verstrickt sein. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt demnach einen 34-jährigen Mann aus Lohne, zwei Begegnungen des VfL in der vergangenen Zweitliga-Saison mit Hilfe von Osnabrücker Spielern manipuliert zu haben. Der Mann soll bereits verhaftet worden sein - wie mehr als ein Dutzend weiterer Verdächtiger, gegen die nach Angaben der Behörde Haftbefehle vollstreckt wurden.

Angeblich geht es um die beiden Auswärtsspiele der Niedersachsen beim FC Augsburg (0:3) am 17. April 2009 und beim 1. FC Nürnberg (0:2) am 13. Mai. Der 34-Jährige hatte, so die Staatsanwaltschaft, hohe Summen auf die beiden Partien gesetzt und sich dabei auf eine Tordifferenz festgelegt, die dann tatsächlich eintrat. Aus abgehörten Telefonaten der Polizei Bochum gehe hervor, dass der Verdächtige Kontakt zu mindestens einem VfL-Spieler aufgenommen habe. „Wenn das stimmt, wäre das eine Katastrophe - das könnte dann ein Grund für den Abstieg gewesen sein“, sagte der Osnabrücker Vereinspräsident Dirk Rasch. Die Ulmer sollen über ein Privatspiel gegen Fenerbahce Istanbul verwickelt sein. Im Zuge der mutmaßlichen Betrügereien seien zehn Millionen Euro ausgezahlt worden, „aber das ist wohl nur die Spitze des Eisbergs“.

In der Pressemitteilung heißt es: „Seit etwa einem Jahr wird unter der Leitung der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität durch das KK 21 - Dienst-stelle zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität - des Polizeipräsidiums Bochum gegen eine international agierende Bande wegen des Verdachts der fortgesetzten gewerbsmäßigen Begehung von Betrugsstraftaten ermittelt. Der Tätergruppierung wird zur Last gelegt, sich zumindest seit Beginn des Jahres 2009 zusammengeschlossen zu haben, um auf Sportler, Trainer, Schiedsrichter und Offizielle aus hochrangigen europäischen Fußballligen gegen unterschiedlich hohe Entgelte dahingehend einzuwirken, Ausgänge von Fußballspielen im Interesse der Täter zu beeinflussen. Für den Fall der Bereitschaft zu Spielmanipulationen setzten die Führungspersonen auf verschiedenen Wegen hohe Bargeldbeträge auf entsprechende Spielaus-gänge bei europäischen und asiatischen Wettanbietern. In Unkenntnis der vorher verabredeten Manipulationen zahlten die jeweiligen Wettveranstalter neben dem Einsatz auch die betrügerisch erlangten Gewinnsummen an die Mitglieder der Bande aus. Auf diese Weise erlangte die Täterorganisation Wettgewinne in Höhe von mehreren Millionen Euro.“

In Deutschland wären davon 4 Spiele der 2. Bundesliga, 3 Spiele der 3. Liga, 18 Spiele der Regionalligen, 5 Spiele der Oberligen und 2 Spiele U19 betroffen. Am 19.11.2009 wurden auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bochum 15 Haftbefehle im Inland vollstreckt und mehr als 50 Durchsuchungsbeschlüsse in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, 5 der Schweiz, Österreich und Großbritannien vollzogen. Zudem erfolgten zwei weitere Festnahmen in der Schweiz durch die dortigen Behörden. In Deutschland lagen die Schwerpunkte der Festnahmen in Berlin, Nürnberg und dem Ruhrgebiet.

Bei den durchgeführten Maßnahmen wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt, dass einer detaillierten Auswertung bedarf, die noch geraume Zeit in Anspruch nehmen wird. Daneben wurden Bargeld und Vermögenswerte in Höhe von mehr als einer Million Euro gesichert. Auch ein Spieler des Fußball-Sechstligisten Würzburger Kickers wurde von der Polizei vorläufig festgenommen. Der Verein erklärte auf seiner Homepage, dass man mit Bestürzung auf die Information aus dem privaten Umfeld des Spielers reagiert habe. Der umgehend suspendierte Akteur sei bereits in einen früheren Wettskandal verwickelt gewesen, erklärte Pressesprecher Peter Neuberger.

Der Spieler habe damals auf Bitten eines asiatischen Wettbetrügers einen anderen Spieler gebeten, bewusst schlecht zu spielen, was dieser aber abgelehnt habe. Er sei zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Diese sei bei seiner Verpflichtung offen diskutiert worden, man habe ihm als Fußballer eine zweite Chance geben wollen. Nach weiteren Informationen sollen zudem Haftbefehle für zwei involvierte Spieler zunächst überprüft, dann aber nicht erlassen worden sein.

Die mutmaßliche Tätergruppe um die festgenommen Drahtzieher aus dem Hoyzer-Skandal (siege dazu unser nächstes Kapitel), Ante und Milan Sapina, soll durch die manipulierten Spiele bei Wetten in Asien und Europa insgesamt mindestens zehn Millionen Euro erschwindelt haben. Die Polizei rechnet aber mit einem noch höheren Schaden. Etwa die Hälfte aller Manipulationsversuche sei erfolgreich gewesen.

"Fußball, Mafia, DFB" - Dieser Schmähgesang ist nicht neu. Seit Jahren äußern Fans in deutschen Stadien damit ihren Unmut über Fehlentscheidung von Schiedsrichtern. Dabei schwingt auch immer ein Stückweit Häme gegenüber dem DFB aus der Hoyzer-Affäre mit. Der DFB-Schiedsrichter narrte Deutschlands Fußballfans im Jahr 2005, in dem er sich vor den Karren der Wettmafia spannen ließ - für 67.000 Euro und einen Plasmafernseher. 23 Spiele wurden damals manipuliert. Der Aufschrei war groß, auch beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Der damalig Präsident Theo Zwanziger ver-sprach harte Strafen und ein Frühwarnsystem. Die heile Fußballwelt schien wieder-hergestellt. Bis eben zum vergangenen 19. November 2009. Das Frühwarnsystem hatte ganz offensichtlich versagt.

Eine peinliche Nummer für den größten und reichsten Einzelsportverband der Welt, der in die laufenden Ermittlungen gar nicht eingebunden war. Mit der Uefa arbeiteten die Behörden seit Juni zusammen, der DFB dagegen wurde nicht informiert. Schon aus diesem Grund hätte sich der DFB mit Mutmaßungen, dass der deutsche Fußball nicht betroffen sei, besser zurückgehalten. Doch es kam noch schlimmer: Der Betrug, so die Ermittler, wurde von Deutschland aus organisiert.

Während bis zu diesem Zeitpunkt, rund 24 Stunden nach Bekanntwerden des Skandals, noch nichts vom DFB zu hören war, reagierte der Verband diesmal ebenso zeitnah wie hektisch. "Wir sind froh, dass die staatlichen Behörden mit hoher Kompetenz und der gebotenen Ernsthaftigkeit allen Verdachtsmomenten nachgehen", so Zwanziger. "Sobald wir wissen, welche Spiele betroffen sind, werden wir der Staatsanwaltschaft alles zur Verfügung stellen."

Dabei sollte sich der DFB nicht nur auf fremde Hilfe verlassen, sondern auch im eigenen Haus für Aufklärung sorgen. Denn nach Informationen soll auch ein Schiedsrichter des DFB bei einem Spiel der Regionalliga Süd im Mai 2009 Schmiergeld von den mutmaßlichen Wettbetrügern kassiert haben. "Die Informationen zu dem Schiedsrichter kann ich nicht bewerten", sagte Zwanziger, der erstaunlich gelassen auf den Skandal reagiert: "Ich verstehe die ganze Aufregung nicht, wenn von 1,4 Millionen Spielen im Jahr 32 untersucht werden." Warum das Frühwarnsystem nicht gegriffen hat, könne er sich nicht erklären: "Wir müssen schauen, warum wir nicht gewarnt worden sind. Aber es ist zu früh zu sagen, dass es versagt hat."

Und was sagen die Fans? "Der Wettskandal offenbart, worum es beim Fußball geht: einfach nur noch um Kohle", sagte ein Sprecher der bundesweiten Faninitiative Pro-Fans.

Bühne frei der Heuchelei: Wieder wird der Fußball von einem Wettskandal eingeholt, wieder fallen die Verantwortlichen aus allen Wolken. Natürlich wird jetzt mit aller Macht aufgeklärt und mit Härte gegen die Täter vorgegangen. Mit anderen Worten - es wird sich nicht viel ändern.

Eines vorweg: Es geht in dieser Groß-Affäre nicht zuallererst darum, ob sich ein Simpel aus der fünften Liga ein paar tausend Euro extra dazu verdient hat, indem er in einem Spiel auf Anweisung ein paar Fehlpässe mehr produzierte als sonst. Dass in einem Geschäft, in dem Jahr für Jahr Milliarden auf europäischer Ebene hin und her geschoben werden, auch ein paar kleine Krauter profitieren wollen, ist wirklich keine Sensation. Jedes lukrative Business lockt seine Betrüger an, ob das die Fi-nanzbranche ist oder der Sport.

Dass die 1. Bundesliga von dem Skandal offenbar nicht betroffen ist, könnte womög-lich nur daran liegen, dass die Profis so gut verdienen. Bestechungsgelder anzu-nehmen lohnt sich gar nicht mehr. Stattdessen setzen die Wettpaten logischerweise den Hebel da an, wo das Geld nicht so üppig fließt: In den kleineren Ligen und in den europäischen Spielklassen, die als unterrangig gelten, in Belgien, in Bosnien, in Slowenien.

Der organisierte Fußball baut sich nach wie vor seine Fassaden des schönen, des Völker verbindenden, die Toleranz fördernden Sports. Wenn dieses Gebäude Risse bekommt, ist das Wehklagen groß und die Gemeinde fassungslos. Das haben die Geschehnisse nach der Selbsttötung von Robert Enke mit dem jetzigen Wettskandal gemeinsam.

Fußball und Wetten - das gehört zusammen wie Manfred Kaltz und die Bananenflan-ke. Oddset, Toto, 13er-Wette - alles geduldet, alles offiziell, alles hoch erwünscht.

Der Fußball hat sich das samt und sonders selbst ins Boot geholt und profitiert massiv davon. Das Geld aus den staatlichen Einnahmen aus Lotto und Toto nimmt der Sport liebend gerne an, Sponsoren aus der Wettbranche sind den Vereinen sehr willkommen, aber vor Spielsucht und Betrug, den beiden Schmuddelkindern des Glücksspiels, möchte der Fußball nur allzu gerne die Augen zumachen. Wenn DFB-Präsident Zwanziger jetzt in einem Interview sagt, er sehe die Wettaffäre nicht so arg dramatisch, dann lässt das nichts Gutes für die Aufklärungsarbeit erahnen.

Es gibt noch einen anderen Aspekt bei der ganzen Geschichte: Dass es Spieler im bezahlten und unbezahlten Fußball gibt, die zumindest in der Gefahr stehen, spiel-süchtig zu sein, ist ein offenes Geheimnis. Zocken, Pokern - das ist des Profis zweit-liebste Beschäftigung noch vor der Game-Konsole, scheinbar harmloses Freizeitver-gnügen im Trainingslager. Das Spiel verführt zum Spiel. Manch Profi ist dem erlegen.

Ein Thema in offiziellen Verlautbarungen des DFB ist das bisher nicht gewesen. Beleuchten wir das Frühwarnsystem etwas näher:

Ziel ist, Auffälligkeiten beim Einsatzverhalten im Wettgeschäft festzustellen. Der DFB arbeitet seit dem Hoyzer-Skandal 2005 mit dem Unternehmen Sportradar zusammen. Mehrere hundert Mitarbeiter beobachten unter anderem die Quotenveränderungen der Wettanbieter in bestimmten Zeit-Intervallen. Verändern sich diese auffällig, werden automatisch Warnhinweise versendet. Der Weltverband Fifa hat vor der Weltmeisterschaft 2006 das "Fifa Early Warning System" ins Leben gerufen, um ebenfalls ungewöhnliche Wettvorgänge in allen Wettbewerben zu beobachten.