Three Hot Gay Stories (Sammelband) - Akira Arenth - E-Book

Three Hot Gay Stories (Sammelband) E-Book

Akira Arenth

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Beschreibung

Three Hot Gay Stories (Sammelband) 3 Schwule Kurzgeschichten Print 334 Seiten inkl. Illustrationen Dies sind drei Geschichten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Story 1 - Headhunter - Gay Wild West Als Erstes lernt ihr John Clayton Ford kennen, einen schwulen Headhunter des Wilden Westens, der zufällig den Auftrag bekommt, einen berüchtigten, jungen Halb-Irokesen zu fangen. Dies wäre nicht sonderlich schwierig für den geübten Kopfgeldjäger, gäbe es bei dem Ganoven Blake »the snake« Devine nicht die Auflage, ihn lebend zum Marshal zu bringen. Wider Erwarten geht Blake Mr. Ford trotzdem relativ schnell in die Falle, doch er treibt ihn mit seiner rebellischen Art und den ständigen Fluchtversuchen beinahe in den Wahnsinn. Blake will nur eines: Entkommen! Und dafür zieht er alle Register ... Story 2 - Wild Bike - Gay 30s Romance Dann erlebt ihr den norwegischen Studenten Stejn, der nach dem Ableben seines Onkels Mikael auf Testamentgeheiß in die Staaten reist, um dessen Hinterlassenschaften zu regeln. Dabei lernt er den abgebrühten Motorrad-Gangleader Logan kennen, der ein ganz besonderes Interesse an dem alten Haus zu haben scheint. Schnell versteht Stejn, dass Logan eine wichtige Rolle im Leben seines Onkels gespielt haben muss, doch viel schwerer wiegen seine eigenen Empfindungen, die der raue Biker in ihm auslöst ... Story 3 - Panthera - Gay Dark Fantasy Zu guter Letzt geht es in den Zirkus des Transgender - Artisten Jordan, der mit seinem Panther Kembah einen letzten Auftritt absolviert, bevor er ihn in ein Auswilderungsprogramm nach Chiang Mai bringen möchte. Die Fernsehshow „Up to date“ macht es ihm möglich, unter der Bedingung, dass er mit seinem ungewöhnlichen Haustier in ihre Sendung kommt, bevor es für immer in die Freiheit entlassen wird. Zusammen mit anderen geladenen Gästen macht er sich auf die Reise, doch kurz vor Myanmar wird diese rüde unterbrochen, als die Triebwerke Feuer fangen und das Flugzeug ins offene Meer stürzt. Nur wenige können sich nach dem furchtbaren Unfall retten und finden sich schließlich in den Ruinen einer Gefängnisinsel wieder. Nun geht es ums blanke Überleben und nebenbei muss Jordan auch noch den Avancen des selbstherrlichen Models Ryan standhalten, bevor dieser sein `kleines Geheimnis` herausfindet ...

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THREE HOT GAY STORIES
INHALT
Story 1 - Head Hunter
Story 2 - Wild Bike
Story 3 - Panthera
Impressum

 

 

 

Akira Arenth

THREE HOT GAY STORIES

Schwule Kurzgeschichten

Sammelband

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

INHALT

 

 

Story 1

Headhunter

Gay Wild West Romance

 

 

Story 2

Wild Bike

30s Gay Romance

 

 

Story 3

Panthera

Gay Fantasy Romance

 

Story 1 - Head Hunter

Ich betrete den Saloon mit einem mulmigen Gefühl im Bauch.

Das Licht der untergehenden Sonne scheint dämmrig durch die vergilbten Fenster und reflektiert sich im Staub der stickigen Luft. Es riecht nach abgestandenem Bier, dreckigen Körpern und verschwitzten Klöten.

Musik läuft, eine Tänzerin gibt ihre Stimme sowie ihre langen Beine zum Besten. Eine eifrige Kellnerin huscht zwischen grimmig dreinblickenden Männern umher und lächelt oberflächlich einstudiert, wenn sie einen Klaps auf den Hintern bekommt.

Man beachtet mich kaum.

Die Herrschaften sind mit sich selbst, ihrem Leid, ihren Problemen, ihrem Glücksspiel beschäftigt, oder einfach nur mit den hüpfenden Titten der Showgirls.

Davon abgesehen sind es auch nicht die Tabak spuckenden Kerle, die mir Krämpfe in der Magengegend verschaffen oder die streitsüchtigen Halsabschneider, die sich bei der Bühne ihrem Saufgelage hingeben. Nein!

Er ist es!

Ich wusste, ich würde ihn hier finden. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob es nicht besser gewesen wäre, einfach die Stadt zu verlassen …

Er lehnt an der Bar, wie all die anderen Kerle, trinkt ein Bier und kaut auf einem Strohhalm herum, während er sich die Auftritte ansieht.

Wie stereotypisch.

Auf den ersten Blick gibt es kaum etwas, das ihn von seinen Mitmenschen unterscheidet, genauso wie mich. Es sind die feinen Dinge, auf die man achten muss: saubere Hände, gepflegte Zähne, eine gute Rasur. Seine Kleidung ist abgetragen, jedoch nicht dreckig und sein geschwungener Hut zieht sich halb in sein Gesicht, als wolle er sich dahinter verstecken.

Ich nähere mich und setze mich nur drei Hocker weiter an die Bar, doch er sieht mich nicht an. Man könnte fast meinen, er zwingt sich selbst, in eine andere Richtung zu schauen, nur um nicht zufällig in meine zu blicken. Er hat mich aber bemerkt, da bin ich mir sicher.

Seine Haltung soll locker wirken, doch wenn man genauer hinsieht, verkrampfen sich seine Finger im Griff des Glases. Seine rechte Schuhspitze tappt unruhig auf dem knarzenden Dielenboden und er beleckt viel zu oft seinen Mund.

Er ist nervös.

Ich spüre, wie der klebrige Brocken in meinem Hals immer größer wird.

Ich rieche sein ungewöhnlich blumiges Rasierwasser und werde hart. Die Spitze seines Flanellhemdes würde über meine Finger streifen, wenn ich meinen Arm ausstrecke. Ich kann mich kaum zusammenreißen, ihn nicht einfach zu mir herüberzuziehen.

Ich verzehre mich nach ihm. Nach seinen Augen, die er zu feinen Schlitzen zusammenzog, als ich ihn aufs Bett schmiss, seinen vollen Lippen, die so inbrünstig meinen Namen riefen, als ich mich in ihn stieß, seinen Händen, die mir durch die Haare fuhren, seinen Hüften, die wie zu einem leisen Tanz auf meinem Schoß kreisten und seinen Zähnen, die sich in meinem Hals verbissen, als ich ihn kommen ließ ...

Sobald wir fertig waren, packte er seine Sachen zusammen und verließ, ohne sich umzudrehen, wortlos das gemietete Zimmer.

Gut, wir hatten auch vorher nicht viel miteinander gesprochen. Eigentlich kam ich nur in den Saloon, so wie heute, und sein Blick blieb beim Vorbeischauen einfach ein paar Sekunden zu lange an meinen Augen haften. Doch dieser Bruchteil eines Moments reichte, damit ich es wagte, ein Zimmer im Dachgeschoss des Hauses zu mieten und ihm beim Vorbeigehen die Nummer neben sein Bierglas zu legen. Keine zehn Minuten später klopfte er an meiner Tür und ich zog ihn in den stickigen Raum.

Jetzt ignoriert er mich, als wären wir uns niemals vorher begegnet.

Es ist immer dasselbe.

Niemand von uns wagt es, länger als einige Stunden neben einem anderen Mann zu liegen, denn es ist einfach zu gefährlich. Wenn sie uns entdecken, lynchen sie uns auf offener Straße und kein Passant hätte den Willen oder den Mut einzuschreiten.

Ich bin schon einmal nur knapp davongekommen. In Leesbreak, einer Rinderstadt wie viele andere hier, küsste ich mich voller Leidenschaft mit einem jungen, blonden Cowboy namens Jesse Bidwell in einer Seitengasse. Dort wurden wir von einem betrunkenen Raufbold gesehen. Er posaunte es die ganze Straße entlang, doch zum Glück glaubte ihm niemand, da er im Suff auch den Sheriff der Unzucht mit einer Kuh bezichtigte.

Jesse verschwand noch in derselben Nacht, und auch wenn sie mich nicht töteten, wurde ich trotzdem wie ein Aussätziger behandelt. Männer gaben mir nicht mehr die Hand und Frauen, die wenigen, die es in den Städten gab, schauten mich nicht einmal mit dem Allerwertesten an. Also ritt ich weiter.

„Whisky?“, frage ich zögernd und schnippe mir lächelnd gegen den Hut, um ihn zu grüßen. Vielleicht würde die Angespanntheit von ihm abfallen, wenn er etwas Härteres trinkt.

Er blickt sich um und vergewissert sich, dass niemand Notiz von uns nimmt. Dann erst lehnt er sich zu mir herüber.

„Sprich mich nicht an! Wir kennen uns nicht, verstanden? Ich konnte ja nicht wissen, dass du schon einen Ruf weghast. Ich will nicht mit dir gesehen werden!“

Damit dreht er sich wieder zur Bühne und pfeift der Sängerin zu, um ihre halbherzigen Versuche anzufeuern, das Publikum zu begeistern.

Mein Herz schnürt sich zu.

Natürlich … kein Mann bei Verstand würde jemals länger als eine Nacht mit mir zusammenbleiben. Gerade jetzt, wo es schon Gerüchte um meine Vorlieben gibt. Wann lerne ich es endlich? Warum akzeptiere ich es nicht einfach und erspare mir den immer wiederkehrenden Kummer, den neue Hoffnungen mit sich bringen?

„Scheiße!!!“

Da sitzt man in aller Seelenruhe Kaffee schlürfend im Staub, mitten im Nirgendwo, denkt an nichts Böses, genießt die aufgehende Sonne und plötzlich klatscht einem der Wind so einen dämlichen Wisch in die Fresse.

Es ist ein Steckbrief.

Womit habe ich das verdient? Mir früh morgens schon die lädierten Verbrechervisagen von irgendwelchen Galgenvögeln ansehen zu müssen?

Mühselig ziehe ich das Papier von meinem Gesicht, knülle es zusammen, ohne wirklich drauf zu sehen, und tupfe damit mein eh schon speckiges Bandana[Fußnote 1] ab. Ich grummele wütend, nachdem ich bemerke, dass sogar meine Wildlederhose in den Genuss des braunen Heißgetränks gekommen ist, und wische mir grob mit dem Zettel die Flecken breit.

Auch nicht besser. Jetzt sind sie so groß wie Arizona und keinen Deut heller als vorher. Na ja, zum Glück ist die Hose dunkel.

Ich habe es ein einziges Mal mit sandfarbenen Chaps aus Ziegenleder probiert und ein Vermögen dafür ausgegeben. Nach drei Tagen sah ich bereits aus wie eine verdammte Kuh! Keiner der Flecken ging je wieder raus, denn ich habe natürlich null Ahnung von der Entfernung spezifischer Textilverunreinigungen und schleppte die eingetrockneten Kleckse noch stundenlang mit mir herum, bevor ich sie mit Wasser und Steinen herauszureiben versuchte.

Schlussendlich war sie dermaßen rissig, dass ich sie grob zerschnitt und seitdem stolzer Besitzer sehr teurer Lappen bin.

Den nassen Papierknödel schmeiße ich in den Dreck und spucke ihm hinterher, als er sich mit Windeshilfe schwerlich von dannen zu machen versucht.

Was für ein beschissener Morgen!

Ich rappele mich auf, um noch ein paar Kaffeebohnen aus der zerbeulten Dose in meiner Satteltasche zu holen. Doch was mir entgegen gähnt, ist hämische Leere.

Erzürnt laufe ich dem dämlichen Zettel hinterher, der sich schon beinahe fröhlich verpisst hat, und trete auf ihn ein. Erst als er zerrissen am Boden klebt, beruhige ich mich und rücke meinen Mantel zurecht.

McDurst lacht mich aus. Das Wiehern meines schwarzen Pferdes schallt höhnisch in meinen Ohren und beschämt mich beinahe. Er kennt es nicht, dass ich mich wegen derartiger Kleinigkeiten aufrege und findet es daher scheinbar äußerst belustigend.

Ich werde ihn heute ohne Schabracke[Fußnote 2] reiten! Mal gucken, ob er dann immer noch lacht, dieser dämliche Gaul.

Normalerweise bin ich ein ruhiger und durchaus besonnener Mensch, aber wenn ich meinen Kaffee nicht bekomme, dann bedauere ich jeden, der mit mir zu tun haben muss.

Ich atme tief durch und lasse mich zurück auf die Erde plumpsen. Der Staub haftet an den nassen Flecken meiner Kleidung und wird sie bald wieder austrocknen.

Zum Glück habe ich wenigstens noch etwas Wasser in der Lederflasche, doch gegen meinen aromatischen Kaffee wirkt das so einladend wie Hundepisse. Trotzdem, ich habe Durst, also überwinde ich mich und löse den Korkpfropfen.

Bevor ich die harte Rinderhaut ansetze, um die letzten, abgestandenen Tropfen meine Kehle hinunterrinnen zu lassen, entdecke ich einen hartnäckigen Fetzen des Papiers untertänig an meinem Schuh kleben. Ich verdrehe die Augen und grummle in mich hinein. Nachdem ich geschluckt habe, ziehe ich mir das anhängliche Papierstück vom Fuß.

„Muss ich dich erst verbrennen, du elendiges -“ Ich stocke, als ich ›sechstausend Dollar Belohnung‹ lese. Das grob skizzierte Gesicht darüber ist an der Oberlippe abgerissen, doch ich erblicke ein glattes Kinn mit schwungvollen Lippen und einen schmalen Kiefer.

Die Person auf dem Bild kann nach dem, was ich erkenne, nicht allzu hässlich sein, was an sich schon eine Seltenheit ist. Noch mehr verwundert mich, dass der typische Nachsatz: tot oder lebendig fehlt, und stattdessen fett unterstrichen ›lebendig‹ auf dem Aushang steht.

Vielleicht eine entflohene Ehefrau?

Ich blicke mich um und suche nach weiteren Überresten des Banditengesuches, den ich vorhin so unbedacht in der Prärie verteilt habe. Doch ich finde nichts mehr, bis auf ein letztes Stück der oberen Hälfte, mit dem ersten Teil des vielsagenden Namens: „Bla…“

Wie bezeichnend! So-und-so hätte kaum hilfreicher sein können.

Sei es drum, McDurst benötigt dringend neue Hufeisen und ich könnte eine Nacht im Saloon vertragen. Ein Spielchen Faro oder Poker vielleicht … ja, das würde mir gefallen.

Ich streiche mir die sandfarbenen Haare zurück und setze meinen geliebten, wenn auch schon ziemlich lädierten Hut auf, um meine nackenlangen Strähnen hinter den Ohren zu behalten.

Der Steckbrief stammt sicher aus der nächstgrößeren Stadt. Ein halber Tagesritt, dann würde ich sie erreichen, meine Vorräte auffüllen und beim Sheriff nachfragen. Der erkennt die Reste bestimmt und kann mir mehr Informationen als dieses nichtssagende Bla geben.

 

„John Clayton Ford! Was treibt Euch alten Haudegen in die Stadt?“

Der hagere Mann lugt schmatzend über einen Papierstapel hinweg und erhebt sich dann vom Stuhl, während er mich mit seinen Kautabak verfärbten Zähnen angrinst.

„Sheriff Earp, ich wusste gar nicht, dass Sie noch im Dienst sind?“, entgegne ich freundlich und begrüße ihn mit einem Handschlag. „Die wievielte Amtsperiode ist das? Die dritte?“

„Ich bin im neunten Jahr, da habt Ihr Recht, aber einer muss es ja machen! Die Deputys … nun ja, sagen wir einfach, die guten Anwärter halten sich trotz der Gehaltserhöhung für den Marshal in Grenzen.“ Er deutet mit einem Kopfnicken zum Stapel auf seinem Schreibtisch. „Das Böse schläft aber leider nie und zurzeit ist es wacher denn je. Wollt Ihr uns nicht einmal wieder zur Hand gehen?“

„Genau deswegen bin ich hier. Ich habe die ungewöhnlich hohe Belohnung gesehen und erhoffe mir von Euch Informationen zu diesem Aushang hier.“ Ich grinse etwas schief und ziehe die übriggebliebenen beiden Fetzen des Plakates aus meiner Manteltasche, welche ich ihm unter die Nase halte.

Etwas ungläubig starrt Earp auf den labbrigen Rest in meiner Hand und lacht.

„Was habt Ihr denn damit gemacht? Es nach dem Pissen zum energischen Abwischen benutzt? Das sieht die Kirche aber gar nicht gerne.“

Ich verdrehe die Augen und schnalze pikiert mit der Zunge.

„Es ist mir in den letzten Kaffee geflogen, danach war ich etwas ungehalten und habe es zerrissen.“

Da prustet er los. „Na zum Glück habt Ihr nicht drauf geschossen!“, lacht er erneut und hält sich den Gürtel. „Wisst Ihr ...“, er bekommt sich kaum noch ein, „... für Papiermord gibt es eine Nacht in der Zelle.“ Dann wiehert er noch lauter und stützt sich am Tisch ab.

Ungemein fröhlicher Typ ... trotz seines undankbaren Berufes.

„Wenn Ihr fertig seid, könntet Ihr es Euch dann mal genauer ansehen? Ich will ja nicht drängeln, aber ...“

„Eure Zeit ist kostbar, ja ja.“ Er wischt sich eine Träne aus dem Gesicht und wirft einen flüchtigen Blick auf den Fetzen der oberen Hälfte. Dann dreht er sich um und nimmt eines der Blätter vom druckfrischen Stapel.

„Die verteilen sie momentan überall in den Städten. Ist in aller Munde der Bengel.“

„Bengel?“ Nun bin ich doch etwas irritiert und nehme den Aushang entgegen.

Die Lippen erkenne ich sofort wieder. Auch wenn es nur eine grobe Zeichnung ist, sieht man die ungewöhnlich filigranen, aber doch eindeutig indigenen Züge eines sehr jungen Mannes. Der Zeichner schien verliebt gewesen zu sein, als er das Phantombild malte.

„Blake Devine?“ Hübsches Bürschchen ...

„Blake ›the Snake‹ Devine! Ganz genau.“ Das Gesicht des Sheriffs verfinstert sich.

„Warum Snake?“

„Weil er genauso verschlagen ist wie eine Schlange und lügt, sobald er den Mund aufmacht.“ Er spuckt abwertend seinen Kautabak in eine Schale auf den Boden. „Diebstahl, Erpressung und sogar Mord lastet man ihm an. Noch nicht einmal volljährig und schon sieben Male hinter Gittern, doch immer wieder konnte er entkommen.“

„Und warum dann lebend? Hört sich für mich so an, als gehörte der Junge dringend übers Knie gelegt und exekutiert. In der Reihenfolge, natürlich.“

„Mein Reden, aber da gibt es ein Problem.“

Er schaut mich wie ein Wiederkäuer schmatzend an und wartet ernsthaft darauf, dass ich nachfrage.

„Das da wäre?“

„Er ist der Sohn von MarshalButch Horn“, enthüllt er übermäßig betont.

„Der Sohn eines Marshal? Nehmt mich doch nicht auf den Arm, Earp. Habt Ihr Euch die Zeichnung nur ein einziges Mal angesehen? Der Junge ist eine Rothaut, das erkennt man doch selbst bei dem schwarz-weißem Papier auf den ersten Blick!“

„Halb.“

„Halb?“

„Halb! Ihr wisst, wie die Marshals mit den Colonels zusammenarbeiten. Die US-Army zieht seit Jahren eine blutige Schneise durch die Lebensräume der Indianerstämme und natürlich nehmen sie sich die ein oder andere weibliche Trophäe mit.“

„Ihr wollt damit sagen, dass der Bursche ein Mestize[Fußnote 3] ist?“

Das verwundert mich. Zwar ist es nicht ungewöhnlich, dass die Pilger und Kolonialisten regelmäßig Gefangene vergewaltigen, doch dass die Erzeugnisse daraus nicht verkauft oder getötet werden, ist absolut unüblich.

„Ganz genau. Seine Mutter war eine Mohawk. Sie muss Butch wirklich gefallen haben, denn sie brachte das Kind unter seinem Dach, in Wichita zur Welt und durfte es dort sogar einige Zeit aufziehen. Doch dann, eines Tages, der Junge war gerade fünf Jahre alt, verschwand sie spurlos und ließ ihn zurück.“

„Eine Frau vom Stamm der Irokesen hätte ihr Kind doch niemals zurückgelassen. Außerdem, warum heißt er dann Devine?“

Earp zieht resignierend Rotz durch die Nase und spuckt erneut in den Kübel.

„Glaubt Ihr etwa, ein Marshal würde seinen eigenen, guten Namen einem Halbblut geben? Devine ist ein Schandname. Er bedeutet ›der Religiöse‹, was in Anbetracht der Abstammung des Jungen als Volksverrat betrachtet werden darf. Außerdem, wer weiß schon, was damals passiert ist. Die einen sagen so, die anderen anders. Vielleicht ist auch bei den Rothäuten ein Halbblut nichts wert? Oder Butch hat sie schlichtweg kaltgemacht und es keinem erzählt.“

Man kann mich nicht unbedingt als Indianerfreund bezeichnen, doch die unmenschliche Art, wie die meisten Weißen die Ureinwohner dieses Landes behandeln, ist mir zuwider.

Leben und leben lassen. So lautet mein Kredo und dabei ist es mir völlig gleich, welche Hautfarbe der Mensch hat.

„Was ist mit dem Jungen geschehen, nachdem seine Mutter fort war?“

„Na was wohl? Er hat sich aus dem Staub gemacht, sobald er konnte. Mit zehn oder elf Jahren. Seitdem lebt er, wo es ihm gerade passt. Hat auch einige Indianerstämme abgeklappert, aber die wollten ihn nicht. Ich habe gehört, er versuchte es sogar im Norden bei den Seneca, doch die haben ihn auch nicht verstanden.“ Dabei lacht der Sheriff schadenfroh.

„Und der Marshal will nun seinen verlorenen Sohn zurück? Normalerweise kümmern die sich doch einen Dreck um ihre Bastarde.“ Die Geschichte ergibt für mich keinen Sinn.

„Nur weil er ihn lebendig wiederhaben will, heißt das ja nicht zwingend, dass er ihn sonderlich leiden kann. Aber sein Spross zieht fast so viel negative Aufmerksamkeit auf sich, wie Billy the Kid, also fühlt sich der Marshal wohl berufen, die Sache ins Reine zu bringen. Immerhin ist er für ihn verantwortlich. Kann ja auch sein, er braucht ihn noch.“

Ich seufze schwer und reibe mir den Nasenrücken.

„Ja. Möglicherweise kann er für die Verhandlungen mit den Indianern von Nutzen sein, wer weiß. Aus reiner Nächstenliebe wird ihn dieser Butch sicher nicht lebend zurückhaben wollen, aber was soll‘s. Kann mir ja egal sein, aber es macht die Sache deutlich schwieriger. Leichen versuchen weder zu fliehen, noch einen im Schlaf zu erstechen. Bei Lebenden hat man keine ruhige Minute.“

Earp lacht erneut.

„Dafür riechen sie besser.“

 

„Raus hier! Sofort!!!“

„Immer mit der Ruhe, alter Mann.“

Spielerisch hält der schwarzhaarige Junge dem Banker von Little Mokoha einen Revolver an den Schädel und grinst breit, während er seine geraden Zähne beleckt.

„Wir wollen doch in diesem wunderschönen Etablissement keine Sauerei anrichten, oder? Hier.“ Er wirft dem Angestellten einen Leinensack durch die Gitter über den Tresen und schnippt mit seinen feingliedrigen Fingern. „Vollmachen!“

„Ist ja gut, ist ja gut“, stammelt der untersetzte Mann und öffnet mit dem Schlüssel den Safe.

Blake kaut weiter auf seinem Strohhalm und schaut sich ruhig um.

Die Frau in dem blauen Kleid kauert wimmernd in der Ecke, so wie er es ihr befohlen hat. Zwei Männer hocken daneben und halten die Hände hinter dem Kopf.

„Höher die Pfötchen, sodass ich sie sehen kann“, ruft er mit seiner jugendlichen Stimme herüber, doch der Größere der beiden Kerle schnaubt nur.

„Das wird dir noch leidtun Snake! Du kannst nicht ewig entkommen, und wenn sie dich kriegen, wirst du für all das büßen.“

Blake schielt zu dem Banker und vergewissert sich, dass dieser seinen Tresor leert. Erst dann dreht er sich zu dem vorlauten Typ in der Ecke und rotzt ihm seinen Halm vor die Füße.

„Man kann mich nicht kriegen! Selbst wenn sie mich kurze Zeit festhalten können, bin ich wie Sand in ihren Händen und verkrümel mich unter ihren Fingern! Ich bin unaufhaltbar!“

Der junge Halbindio lacht ein wenig wahnsinnig und nimmt dann seinen Leinenbeutel entgegen.

„Was ist das denn? Der ist ja noch fast leer! Stopf da gefälligst so viel rein, wie es geht, oder willst du, dass ich nächste Woche wieder auf deinem Abtreter stehe? Ich hab einen ausschweifenden Lebensstil.“

Er klatscht dem Angestellten schwungvoll seinen Sack ins Gesicht, sodass der sein Gleichgewicht verliert und laut krachend nach hinten gegen die Zähltische fällt. Blake lacht lauthals und braucht einige Sekunden, um sich zu beruhigen.

„Du solltest weniger auf deinem Arsch sitzen Alter, dann würdest du auch ...“ In diesem Moment bemerkt er, dass der Mann unbeweglich am Boden liegen bleibt. „Hallo? Hey! Du elender, fauler Fettsack, jetzt ist keine Zeit für ein Schläfchen! Bist du taub? Aufwachen!!!“ Er tritt gegen den Tresen und schlägt auf die Gitter. „Ich baller dir deinen letzten Rest Hirn raus, wenn du nicht sofort aufstehst, hörst du?“

„Er hat sich das Genick gebrochen!“, schreit die Frau plötzlich auf, die vom Boden aus hinter den Tresen blicken kann und gesehen hat, wie der Mann mit dem Nacken auf die Tischkante aufgeschlagen ist.

„So eine Scheiße!“

Blake flucht und haut erneut auf den Schalter. Sein hager gefüllter Geldbeutel liegt neben dem Toten, im abgesicherten Bereich des Raumes, wird langsam mit der sich ausbreitenden Blutlache von dessen Kopf kontaminiert und kein anderer arbeitet in dieser Bank.

Kurzentschlossen versucht er, sich in die Durchgabe zu zwängen, danach zu angeln, doch obwohl er recht schlank ist, scheint sie zu eng zu sein, was er erst bemerkt, als er schon über dem Holz liegt.

„Verfluchte Rattenpisse!“ Er steckt fest. „So ein stinkender Haufen Dingoscheiße!!!“

Plötzlich springen die beiden Männer auf und rennen auf den über dem Tresen eingeklemmten Banditen zu.

Blake fährt herum, soweit es ihm möglich ist, und schießt blindlings durch die Gitter nach hinten, als sich der Große zwischen seine Beine schiebt und ihn an der Hüfte packt.

„Los, halt ihn fest!“, brüllt der Mann dem anderen Zivilisten zu, während er den Räuber aus der Durchgabe zieht.

„Hah! Jetzt haben wir dich, Bürschchen!“ Der zweite schlägt ihm gegen den Arm, sodass die Pistole aus seiner Hand fällt. Sie hebeln ihn aus der Luke und drücken ihn zu Boden.

„So schnell kanns gehen, Snake!“, lacht der Größere, setzt sich auf ihn und verknotet ihm die Arme mit einem der Absperrseile. „Auf dich ist ein hübsches Sümmchen ausgesetzt! Wer hätte gedacht, dass ich das kassiere?“

Der Andere mischt sich ein: „He, das war nicht allein dein Verdienst! Mir steht die Hälfte zu!“

„Du würdest noch immer in der Ecke hocken und auf seinen zappelnden Arsch glotzen, wenn ich nicht vorangeprescht wäre!“

Blake nutzt die Sekunde ihrer Unachtsamkeit, wuchtet sich unter dem Gewicht des Großen herum, ruckt nach oben und rammt seine Stirn mit voller Wucht gegen dessen Nase. Er hört das Splittern des Knochens und windet sich heraus, sobald der Ältere aufheulend sein Gesicht hält.

Die Fesseln sind nicht sonderlich gut geschnürt. So schafft es Blake, eine Hand zu befreien, in seinen Stiefel zu fassen und unbemerkt ein Messer hervorzuziehen. Der kleinere Mann stürzt sich auf ihn, doch mit einer blitzschnellen Bewegung zieht Blake seine Hand hoch und die Waffe bleibt in die Brust des Angreifers stecken. Dieser fällt augenblicklich zur Seite und röchelt, Blut spuckend.

Blake scheint zuerst völlig perplex zu sein, doch dann lacht er und rappelt sich auf.

„Ihr solltet weniger quatschen, wenn ihr mich fangen wollt!“

Er streift die lockeren Fesseln ab, schnappt sich seine Waffe vom Boden und richtet sie auf die beiden Männer.

„Wenn ich schon die Scheine nicht kriege, dann will ich doch zumindest meinem Ruf gerecht werden.“

„Nein!“, brüllt die Frau aus der Ecke unvermittelt, sodass Blake erschrocken zusammen zuckt.

„Sie haben ein Faible für überraschende Schreieinlagen, was Lady?“ Dann hält er den Lauf des Revolvers auf sie. „Vielleicht sollte ich mit Ihnen anfangen?“

Doch da stürzt sich der größere Mann mit blutüberströmtem Gesicht auf Blake und versucht ihm die Waffe zu entreißen. Er reagiert zu spät, fällt zu Boden, ringt mit dem deutlich stärkeren Cowboy, bis sich direkt neben seinem Kopf ein tödlicher Schuss löst.

„Verdammt!“

Blake krümmt sich unter dem stechenden Schmerz zusammen, starrt zur Decke, während er seine schrill pfeifenden Ohren hält.

Er schiebt den leblosen Körper des Kerls von sich herunter und hört das inzwischen hysterische Schreien der Frau nur noch gedämpft. Er will raus. Nur noch raus.

Hektisch stützt er sich wankend auf seine Knie und verstaut den Revolver. Sein Gleichgewicht ist gestört, er stolpert zum Ausgang der Bank und stürzt aus der Tür, vor der auch noch mit einem anderen Mann zusammenstößt.

Das Pfeifen in seinen Ohren schmerzt höllisch. Er blinzelt gegen die Nachmittagssonne, um das Gesicht über ihm zu erkennen, doch im selben Augenblick knallt ihm ein dumpfer Gegenstand auf den Kopf.

Blake verliert das Bewusstsein.

Was für ein Scheißtag.

 

 

 

Als er langsam zu sich kommt, spürt Blake, wie sich die Fesseln in sein Fleisch schneiden.

„Aaaauuuaaahhh ... mein Schädel“, stöhnt er kehlig und dreht sich aus der Rückenlage auf die Seite, während er mit den Augen gegen den grellen Lichtschein des Feuers ankämpft.

„Sieh einer an. Schön, dass du endlich wach wirst.“

Er versucht sich zu erheben, doch sein von Prellungen übersäter Körper gehorcht ihm nicht und die Seile verhindern jede schnelle Bewegung. Nur langsam gewöhnen sich seine Augen an den Schein des Lagerfeuers und er erkennt mich zu seiner Linken.

„Du ...? Du bist doch der … der mir im Weg stand?“, keucht er angestrengt.

„Ich stand dir im Weg? Oh, Verzeihung. Aber ich glaube, ich stand genau richtig. Du bist mir ja buchstäblich in die Hände gefallen, wie ein betrunkenes Schulmädchen.“

Ich lehne mich zu ihm rüber, hebe sein Kinn an und mustere erneut sein fein geschnittenes Gesicht. Seine Nase ist schmaler als bei den typischen Ureinwohnern, sein Teint etwas heller, doch seine vollen, langen Haare und die dunklen Augen verraten sein gemischtes Blut sehr eindeutig.

Gott, was für ein verflucht hübscher Bengel …

Die Zeichnung wird ihm gar nicht gerecht. Unter anderen Umständen hätte ich diesen Bastard nur zu gern in meinem Bett und würde ihn in die höchsten Ebenen der Lust bringen.

Seine vollen Lippen zittern leicht, als ich mit meinem Finger gedankenversunken darüber fahre. Seine Augen funkeln mich aus feindlichen Schlitzen an und trotz der Fesselung wirkt er so unberechenbar und angriffslustig wie ein wilder Hund.

„Du hast ein bisschen was abgekriegt, wie mir scheint. Siehst du doppelt?“

Blake reißt seinen schwankenden Kopf aus meiner Hand und spuckt mir ins Gesicht.

„Nimm deine verdammten Griffel weg, Opa! Weißt du nicht, wer ich bin?“ Seine Aussprache ist noch immer brüchig. Offensichtlich hat sein Kopf unter meinem Schlag mehr gelitten, als ich dachte.

Ich wische den Rotz von meiner Wange, trockne sie gelassen mit dem Bandana und ignoriere seine Frage.

„Einmal lass ich dir das durchgehen, Kleiner. Aber glaub mir, wenn ich dir sage, dass ich sehr unfreundlich werden kann, wenn man mir keinen Respekt entgegenbringt! Also benimm dich und mach keine Faxen!“

Man sieht förmlich, wie es dem jungen Halbindio vor Wut aus den Ohren qualmt. Doch bevor er draufloswettern kann, stopfe ich ihm mein speckiges Halstuch in den Mund und verschnüre es auf seinem Hinterkopf.

„Nimms mir nicht übel, aber ich hab keine Lust auf einen motzenden Halbstarken.“

Er flucht gedämpft in den Knebel, windet sich wie eine Raupe hin und her, doch er kommt keinen Zentimeter weit. Ich habe ihm nicht nur die Hände verschnürt, sondern auch die Oberschenkel und Füße. Nicht dass er mich nachts mit einer Beinschere erstickt … man weiß ja nie.

Über dem Feuer hängt ein Kessel mit Eintopf. In der letzten Stadt konnte ich meine Vorräte auffüllen und dann hat es gerade mal zwei Tage gedauert, bis ich den Jungen fand. Er war nicht sehr vorsichtig, vertraute auf seinen üblen Ruf und verwischte kaum seine Spuren. Für mich war es also ein Leichtes ihn aufzuspüren, doch dass es so leicht werden würde, ihn zu fangen, hätte ich mir niemals träumen lassen. Er muss ein ziemlicher Schwachkopf sein.

Als er merkt, dass sich meine Seile bei seinem Gezappel nur immer enger ziehen, beruhigt er sich langsam und liegt still.

Nun scheint er zu bocken … wie niedlich.

Kaum zu glauben, dass er in der Bank drei tote Männer und eine völlig verstörte Frau hinterlassen hat. Er wirkt doch so eigentlich relativ … harmlos?

Die Suppe brodelt auf und ich nehme den Topf vom Feuer, um ihn neben mich in den Staub zu stellen. Während ich eine Portion in meine Schale fülle und etwas Brot dazu breche, vernehme ich schmunzelnd, wie sich der junge Gesetzesbrecher langsam zu mir herumdreht.

Ich beginne gemütlich zu essen, doch er starrt mich so eindringlich an, dass es mir beinahe vergeht. Anscheinend ist er aber zu stolz, um mir zu verstehen zu geben, dass er Hunger hat. Angesichts seiner derzeitigen Lage ist es mir ein Rätsel, wie man so stur sein kann. Sein lautes Magenknurren verrät ihn dann obendrein.

„Sag bloß, du hast Hunger?“, frage ich, ohne eine Antwort zu erwarten, und grinse dabei schadenfroh.

Er grummelt wütend und blickt störrisch in eine andere Richtung.

„Normalerweise teile ich mein Essen nicht mit Halunken wie dir. Aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns und du musst lebend ankommen, also werde ich eine Ausnahme machen.“

Ich reibe mir die Hände an meinen Premiumlappen ab und ziehe den Jungen an den Seilen um seine Brust in eine sitzende Position. Ich packe ihn im Nacken und komme ihm recht nahe, was ihm offensichtlich unangenehm ist.

„Solltest du hier herumschreien oder es wagen, mich noch einmal anzuspucken, dann versohle ich dir so dermaßen deinen kleinen Halbindiohintern, dass du die nächsten Tage beim Reiten Rotz und Wasser heulst. Verstanden?“

Er schaut mich trotzig an und rührt sich nicht, doch ich erwarte auch keine Zustimmung. Er ist gewarnt, das ist alles, worum es mir geht. Ich löse den Knoten des Knebels und ziehe ihm den nassen Stoff aus dem Mund. Ein dünner Speichelfaden läuft ihm am Kinn entlang. Auch seine Lippen sind nass und verleiten mich beinahe, darüber zu lecken.

„Du hast wirklich keine Erziehung genossen, oder? In einem solchen Fall sagt man Danke“, schnaufe ich vorwurfsvoll und lege die Stirn mitleidig in Falten.

Er zieht die Augenbrauen zusammen und seinen Mund zu einem schiefen, hämischen Lächeln, als er mit eindeutig spöttischem Unterton antwortet: „Danke … und mit wem habe ich das unfreiwillige Vergnügen?“

„John Clayton Ford und du darfst Mister Ford zu mir sagen, Kleiner.“

„Nenn mich nicht Kleiner, verstanden? Ich bin Bla-“

„Blake the Snake Devine … ich weiß, wie du heißt. Das da drüben ist McDurst und der freundliche Stein hier ist Mister Kiesel. Den hau ich dir über die Rübe, wenn du nicht lernst, mich zu siezen! Also – ich denke, wir haben jetzt alle wichtigen Personen vorgestellt und können essen!“

„Du hast dein Pferd McDurst genannt? Wie kommt man denn auf so einen bescheue-“

-Klonk-

Mister Kiesel zerbröselt in meiner Hand. Anscheinend war er kein Stein, sondern getrocknete Büffelkacke, trotzdem hat er offenbar wehgetan.

„Au!!! Ist ja gut!!!“, flucht der junge Bandit und schüttelt den Kopf. „Hast du mir grad Scheiße über den Schädel gezogen?“

„Ja. Und wo die herkommt, gibt es noch eine Menge mehr. Also, üben wir das mit der Ansprache noch mal. Wie heißt das?“

Blake knirscht mit den Zähnen, während er sich gequetscht wiederholt.

„Warum haben Sie ihrem Gaul so einen … seltsamen Namen gegeben?“

Ich nicke zufrieden und tätschele seinen Kopf, als würde ich einem Karnickel beim Klopfen helfen. „Brav! Geht doch! So will ich dir gerne jede deiner Fragen beantworten, mein unterbelichteter Freund. Ich habe ihn McDurst genannt, weil er säuft wie ein Loch. Ist doch nur logisch. Und jetzt halt die Klappe.“

„Sie sind äußerst simpel gestrickt, hm?“

Ich ignoriere die Frage und hake meinen Fuß in seine Beinfesseln, damit er nicht umfällt. Dann ziehe ich eine zweite Schüssel aus der Tasche und fülle sie mit dem restlichen Eintopf.

„Könnten Sie mir bitte die Hände freimachen, damit ich was essen kann?“, fragt er auf einmal übertrieben gespielt unterwürfig.

Ich hebe die Augenbrauen und schnaufe: „Einen feuchten Dreck werde ich! Du bist schlüpfriger als eine geschälte Kartoffel, da gehe ich ganz sicher kein Risiko ein.“

Er glotzt nur unverständlich.

„Und jetzt soll ich mich von Ihnen füttern lassen, oder wie?“

„Wenn du nicht verhungern willst.“

Ich sehe, wie es in seinem Kopf rattert. Sein Blick wechselt immer wieder zwischen der vollen Schüssel und mir, doch sein kleines Ego scheint es nicht zuzulassen.

„Steck dir dein Essen sonst wohin! Ich lass mich nicht wie ein Kind behandeln! Ich bin der gefürchtetste Bandit westlich de-“ Ich stoppe abrupt seinen Redeschwall, indem ich ihm erneut mein Halstuch ins Maul stopfe.

„Jaaa jaaa ... du bist das schlimmste Kerlchen der ganzen Prärie. Komm wieder runter Kleiner, du hast ja noch nicht mal Bartwuchs.“

„Miff ffwächft ken Barft[Fußnote 4] …!!!“, keift er in den Knebel und wehrt sich nach Leibeskräften.

„Hör auf zu zappeln!“

Dieser Rotzlöffel windet sich besser als ein Wurm im Matsch. Schnell nehme ich zwei meiner Jutesäcke, die ich sonst für Reis und andere Nahrung verwende, und fülle sie mit den herumliegenden Kacke-Steinen. Dann drücke ich ihn rücklings nach unten, setze mich auf ihn und binde sie ihm links und rechts an die Seile, um ihn am Boden zu fixieren.

„So!“, schnaufe ich zufrieden, als er sich nicht mehr rühren kann und klatsche ihm grinsend auf die Wange. „Jetzt kann ich endlich in Ruhe aufessen.“

 

 

 

In unserer ersten gemeinsamen Nacht verhält sich mein Gefangener erstaunlich ruhig. Wahrscheinlich machen ihm sein Knalltrauma und die leichte Gehirnerschütterung noch immer zu schaffen.

Gut, ich lasse ihm auch keine große Möglichkeit zur Bewegung, doch zumindest mein Bandana entferne ich irgendwann wieder aus seinem Mund. Schließlich habe ich nur eins und will es am nächsten Tag um den Hals tragen, bis dahin muss es trocknen.

Kurz vor dem Morgengrauen weckt mich leises Wimmern.

Ich liege mit dem Kopf auf meinem Sattel, eine dicke Decke schützt mich vor der kalten Nachtluft und so bleibe ich dem Banditen stets zugewandt. Langsam öffne ich die Augen und sehe ihn an.

Zittert er?

Normalerweise eskortiere ich ja, wie bereits erwähnt, keine lebenden Menschen, und Köpfe nehmen mit einem kuscheligen Sack an meinem Pferd vorlieb. Ich besitze also überhaupt keine zweite Decke für einen Mitreisenden. Sein Pferd mitsamt dem, was in den Satteltaschen steckte, war natürlich gestohlen. Der Deputy von Little Mokoha beschlagnahmte es und überließ mir nur ein altes Leihpferd für die Überführung, doch an Reiseutensilien legte er nichts drauf.

Als das Quengeln des Jungen unüberhörbar wird, stöhne ich genervt und setze mich auf.

„Was ist los? Ist dir kalt?“, flüstere ich streng.

„Nein“, kommt die jammernde Antwort zurück.

„Was dann?“, frage ich forsch nach, denn sein Gewinsel macht mich wahnsinnig.

„Ich muss pinkeln … ganz dringend!“

Natürlich. Hält der mich für blöd?

„Schon klar! Lass mich raten! Jetzt soll ich dich entfesseln, damit du eben hinter den Busch verschwinden kannst und danach kommst du ganz brav wieder zu mir zurück?“

„Verdammt! Ich meine das ernst! Ich piss mich gleich voll!!!“, faucht er plötzlich.

Ich rutsche ein Stück näher und sehe im fahlen Licht des Mondes Schweißtropfen auf seiner Stirn. Also entweder ist der Bengel ein verdammt guter Lügner oder er sagt die Wahrheit. Eigentlich könnte es mir ja egal sein, aber es fehlt mir gerade noch, dass er stinkt wie ein Iltis.

„Na schön. Warte.“

Ich löse die Sandsäcke von seinem Körper und drehe ihn von mir weg, auf die rechte Seite. Dann lege ich mich hinter ihn und öffne ihm die schwarze Wildlederhose.

„Hey! Wa-was wird das?“, zischt er schockiert.

„Denkst du ernsthaft, ich löse dir in der Dunkelheit deine Fesseln? Wenn du wirklich musst, wird es so gehen. Wenn nicht, ist es nicht dringend!“

Er beißt sich auf die Lippe, als er meinen warmen Atem im Nacken spürt. Die spärliche, feine Behaarung seines Körpers stellt sich auf. Er zuckt, als ich die Knöpfe seiner Unterhose öffne und seinen schlaffen Schwanz aus dem Schlitz hole.

„Los! Lass laufen! Der Berg vor dir geht leicht abwärts, du wirst schon nicht nass.“

Ich würde lügen, wenn ich behaupte, mich hätte diese Situation nicht irgendwie auf eine perfide Art angemacht. Meine Hüfte liegt eng an seinem Hintern und ich bin mit der Nase so nah an seinem zitternden Hals, dass ich den Duft seiner Haut vernehme: rauchig-süßlich, nach Sonne, Tabak und Sandelholz. Exotisch eben, so gar nicht wie ein Weißer.

„Ich … ich kann so nicht“, stammelt er und tut mir fast leid. Trotzdem knurre ich belustigt.

„Was denn? Sag bloß, der böse Snake besitzt Schamgefühle?“ Ich ziehe ein wenig an seinem Geschlechtsteil, fahre mit der anderen Hand unter seinen Körper und drücke sacht auf seinen Unterbauch. „Komm schon ...“

Auf einmal japst er auf und es schießt in einem Schwall aus ihm hervor, als hätte man eine Bierflasche geschüttelt, dann dauert es mehrere Sekunden, bis er sich vollkommen entleert hat.

„Sie … elender ...“, wimmert er und ich kann regelrecht hören, wie sehr er sich schämt.

„Scheint wohl doch dringend gewesen zu sein“, lache ich verschmitzt und verstaue das weiche Ding nach kurzem Abschütteln wieder in seiner langen Unterhose. „Kann ich dich jetzt so liegenlassen oder muss ich dich erneut mit Sandsäcken beschweren?“

Keine Antwort.

„Das heißt für mich nein.“ Ich lache, drehe ihn zurück auf den Rücken und binde ihm die Utensilien wieder an seine Seiten. Er wagt es nicht einmal mehr, mich anzuschauen.

Jetzt lege ich mich nur noch wenige Zentimeter neben ihm, ohne dass sich unsere Körper berühren. Doch so kann ich die warme Decke über uns beide ausbreiten und mein Geist entschwindet grinsend in die Schwärze der Nacht.

 

„Hey! Steh auf Bürschchen!“

Der Junge schläft den Schlaf der Gerechten, so viel ist sicher. Beinahe dachte ich, er wäre tot.

„Los doch! Hoch mit dir, du Lump!“

Ich trete ihm leicht gegen die Schulter, während er sich knurrend zur Seite rollt. Er hat überhaupt nicht gemerkt, dass ich ihn losgebunden habe und sein Körper wieder frei beweglich ist. Nur seine Hände habe ich erneut vor seinem Bauch gefesselt, sodass ich sie an dem alten Gaul festbinden kann.

---ENDE DER LESEPROBE---