Western Legenden 51: Der sprechende Draht - Dietmar Kuegler - E-Book

Western Legenden 51: Der sprechende Draht E-Book

Dietmar Kuegler

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Beschreibung

Indian-Sparks, ein Händler im Indianerland Colorados, weiß, dass er die neue Zeit nicht aufhalten kann. Seine Welt wird sich wie die der Indianer verändern. Die Telegrafenlinie wird konsequent durch das Land der Arapaho gezogen. Indian-Sparks ahnt, dass es Krieg geben wird. Die Männer, die den sprechenden Draht bauen, versuchen, die Indianer zu vernichten, und greifen Indian-Sparks an.Manche Pioniere kommen als Siedler, andere als brutale Eroberer. Aber immer gibt es Menschen, die gerecht denken und handeln.

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Western Legenden

In dieser Reihe bisher erschienen

9001 Werner J. Egli Delgado, der Apache

9002 Alfred Wallon Keine Chance für Chato

9003 Mark L. Wood Die Gefangene der Apachen

9004 Werner J. Egli Wie Wölfe aus den Bergen

9005 Dietmar Kuegler Tombstone

9006 Werner J. Egli Der Pfad zum Sonnenaufgang

9007 Werner J. Egli Die Fährte zwischen Leben und Tod

9008 Werner J. Egli La Vengadora, die Rächerin

9009 Dietmar Kuegler Die Vigilanten von Montana

9010 Thomas Ostwald Blutiges Kansas

9011 R. S. Stone Der Marshal von Cow Springs

9012 Dietmar Kuegler Kriegstrommeln am Mohawk

9013 Andreas Zwengel Die spanische Expedition

9014 Andreas Zwengel Pakt der Rivalen

9015 Andreas Zwengel Schlechte Verlierer

9016 R. S. Stone Aufbruch der Verlorenen

9017 Dietmar Kuegler Der letzte Rebell

9018 R. S. Stone Walkers Rückkehr

9019 Leslie West Das Königreich im Michigansee

9020 R. S. Stone Die Hand am Colt

9021 Dietmar Kuegler San Pedro River

9022 Alex Mann Nur der Fluss war zwischen ihnen

9023 Dietmar Kuegler Alamo - Der Kampf um Texas

9024 Alfred Wallon Das Goliad-Massaker

9025 R. S. Stone Blutiger Winter

9026 R. S. Stone Der Damm von Baxter Ridge

9027 Alex Mann Dreitausend Rinder

9028 R. S. Stone Schwarzes Gold

9029 R. S. Stone Schmutziger Job

9030 Peter Dubina Bronco Canyon

9031 Alfred Wallon Butch Cassidy wird gejagt

9032 Alex Mann Die verlorene Patrouille

9033 Anton Serkalow Blaine Williams - Das Gesetz der Rache

9034 Alfred Wallon Kampf am Schienenstrang

9035 Alex Mann Mexico Marshal

9036 Alex Mann Der Rodeochampion

9037 R. S. Stone Vierzig Tage

9038 Alex Mann Die gejagten Zwei

9039 Peter Dubina Teufel der weißen Berge

9040 Peter Dubina Brennende Lager

9041 Peter Dubina Kampf bis zur letzten Patrone

9042 Dietmar Kuegler Der Scout und der General

9043 Alfred Wallon Der El-Paso-Salzkrieg

9044 Dietmar Kuegler Ein freier Mann

9045 Alex Mann Ein aufrechter Mann

9046 Peter Dubina Gefährliche Fracht

9047 Alex Mann Kalte Fährten

9048 Leslie West Ein Eden für Männer

9049 Alfred Wallon Tod in Montana

9050 Alfred Wallon Das Ende der Fährte

9051 Dietmar Kuegler Der sprechende Draht

9052 U. H. Wilken Blutige Rache

9053 Alex Mann Die fünfte Kugel

9054 Peter Dubina Racheschwur

Dietmar Kuegler

Der sprechende Draht

Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.© 2022 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-672-9

1. Kapitel

Die Umrisse der Reiter zeichneten sich wie scharf konturierte Scherenschnitte gegen den brennenden Horizont ab. Hochgewachsene, athletische Männer, halbnackt, mit bronzefarbener Haut. Das lange Haar bewegte sich leicht im Steppenwind. Einige trugen Federn als Kopfschmuck. Jock Colter zog sein Pferd herum und stieß einen durchdringenden Pfiff aus. Seine Leute schleppten eben einen Telegrafenpfosten zu einem der vorbereiteten Löcher. Frisch geschlagene, entästete und geschälte Stämme, denen ein kräftiger Harzgeruch entströmte. Sie ließen den Pfosten fallen und stürmten zu dem Fuhrwerk zurück. Am Bock des Wagens, der von einem Maultierzehnergespann gezogen wurde, ragte eine Stange hoch, von der fünf Indianerskalps wehten.

„Wirf die Skalps weg!“, schrie Colter.

„Zu spät.“ Der Mann auf dem Bock nahm die Zügel hoch und stieß ein anfeuerndes Gebrüll aus. Die Mulis stemmten sich ins Geschirr.

Die anderen Männer bestiegen ihre Pferde. Der Mann auf dem Bock schrie. „Wartet auf mich!“

Da ritten die Indianer an. Einige schwenkten Lanzen, andere hielten Bogen und Tomahawks in den Fäusten. Nur wenige hatten Gewehre.

Sie ritten aus der Sonne. Die Hufe ihrer stämmigen Pferde wirbelten und trommelten einen dumpfen Wirbel, der vom Wind weit über die Prärie getragen wurde.

Colter und die anderen Männer trieben ihre Pferde zu höherem Tempo an. Der Wagen mit den Telegrafen­pfosten blieb zurück, so sehr der Kutscher auch mit der Peitsche auf das Gespann einprügelte.

Vor Colters Reitern tauchten ebenfalls Indianer auf. Sie begannen kollernde Rufe auszustoßen.

Colter zog sein Pferd herum und wandte sich nach Süden. Er ritt auf das zerklüftete Gelände jenseits der Steppe zu, obwohl er wusste, dass er durch einen Gürtel von Präriehundbauten musste, die zur Todesfalle für sein Pferd werden konnten.

Hinter ihm begannen Schüsse zu krachen. Dann war ein berstendes Geräusch zu vernehmen. Als Colter sich umwandte, sah er, dass der Wagen mit den schweren Pfosten umgestürzt war. Die Maultiere schleiften das Gefährt noch ein Stück weiter und blieben dann stehen. Der Kutscher war vom Bock geschleudert worden. Er erhob sich gerade benommen aus dem hohen Gras. Er taumelte zum Wagen zurück, um sein Gewehr zu holen.

Pfeile waren auf einmal in der Luft. Sie stürzten wie ein Todeshagel herab. Das Geschrei der Indianer wurde lauter.

Colter sah, wie zwei seiner Männer von Tomahawk­hieben aus dem Sattel gefegt wurden. Pferde bäumten sich wiehernd auf. Die Krieger preschten weiter, während die Toten im hohen Gras versanken.

Zwei Indianer jagten hinter Colter her. Er beugte sich weit nach vorn und hämmerte dem Pferd die Absätze in die Weichen. Aber die Krieger holten auf.

Colter drehte sich halb um und feuerte mit seinem Revolver. Eines der Indianerpferde überschlug sich aus vollem Lauf und begrub den Reiter unter sich. Der zweite aber gab nicht auf. Er näherte sich weiter. Colter schoss, verfehlte den Krieger und verlor fast das Gleichgewicht, als sein Pferd strauchelte. Er hielt sich mit Mühe im Sattel, wurde zwangsläufig langsamer und sah den Krieger plötzlich seitlich vor sich. Ein breitschultriger Mann mit mehr als schulterlangem Haar, das Gesicht mit roter Farbe beschmiert. Er führte einen wuchtigen Hieb mit seinem Tomahawk, der nur knapp an Colter vorbeiging.

Colter wehrte den nächsten Schlag mit dem Revolver ab. Der Krieger stieß einen gellenden Laut aus, der ­Colters Pferd zum Scheuen brachte. Im nächsten Moment brach es mit dem rechten Vorderlauf in einen Präriehundbau und wieherte kläglich. Es stürzte. Colter stieß sich geistesgegenwärtig von den Bügeln ab und fiel ins Gras, während sein Pferd sich herumwälzte.

Colter drehte sich auf den Rücken. Er sah den Krieger auf sich zukommen. Der Arapaho stieß dumpfe, heisere, gutturale Schreie aus und beugte sich tief aus dem Sattel, um Colter mit dem Tomahawk erreichen zu können.

Als Colter meinte, von den unbeschlagenen Hufen des Pferdes zertreten zu werden, drückte er ab. Der Tomahawk schwebte bereits über seinem Kopf. Die Kugel traf den Krieger. Er wurde vom Aufprall aus dem Sattel gerissen und war tot, bevor er den Boden berührte.

Colter war sofort auf den Beinen und schnappte die geflochtenen Hanfzügel des Indianerpferdes. Das Tier scheute und tänzelte und versuchte, nach Colter zu beißen. Colter versetzte dem Tier einen Schlag und schwang sich in den Polstersattel.

Hinter sich sah er, dass die anderen Krieger seine Männer umrundet hatten und der Kutscher des Wagens gefangengenommen worden war. Sein Gebrüll hallte Colter nach, als er das Indianerpony mit eisernem Griff vorwärtstrieb. Er ritt in das zerklüftete Gelände hinein, sprengte einen grasigen Hang hinunter in eine staubige Erdfurche und folgte dieser bis zu einer vulkanischen Felsformation, die aussah, als habe eine gewaltige Faust die Erde getroffen und aufgewühlt.

Hinter ihm wurde es still. Als er noch einmal den Kopf wandte, sah er Rauchsäulen über der Prärie aufsteigen.

Er fühlte Kälte in sich.

*

Als die Pfeile auf Bower zuflogen, stieß er ein verzweifeltes Geschrei aus und zerrte an seinen Fesseln, die ihn an den Telegrafenpfosten banden. Einen Sekundenbruchteil später bohrten sich die Pfeile mit saugenden Lauten in das Holz. Drei, vier trafen ihn.

Der Schmerz überwältigte Bower. Er schrie seine Qual hinaus.

Seine Augen füllten sich mit Tränen. Durch den Tränenschleier sah er die Arapaho heranpreschen. Sie hingen fast seitlich neben ihren Pferden. Sie ließen ihre Kriegsrufe hören und schwenkten Fackeln aus Büffelgras.

Einer aber hatte keine Fackel, er hielt die Stange in den Fäusten, die Bower auf dem Bock seines Wagens befestigt hatte, die Stange mit den fünf Indianerskalps. Zwei hatte Bower von Indianern genommen, die er selbst getötet hatte, drei andere hatte er von Indianergräbern gestohlen.

Bower wusste genau, dass er jetzt sterben würde, und er wusste auch, warum er sterben musste. Trotzdem brachten Angst und Schmerz ihn fast um den Verstand. Aber eben nur fast, seine Sinne blieben klar genug, um zu spüren, wie jede Faser seines Körpers vor Schmerzen ächzte.

Jetzt waren die Reiter da. Die Fackeln flogen auf ihn zu. Eine streifte seinen Kopf und hinterließ ein wildes Glühen, dass Bower meinte, sein Schädel werde platzen. Die anderen fielen in die Gras- und Reisigbündel, die die Arapaho zu seinen Füßen aufgehäuft hatten. Sie fingen sofort Feuer.

Bower schrie, bis er irgendwann das Bewusstsein verlor. Die Hölle wartete auf ihn, aber er hatte sie bereits gesehen, bevor seine Sinne aufgaben.

Bowers Pfosten war der erste gewesen. Er stürzte auch als erster um. Ächzend und knarrend neigte er sich zur Seite. Asche, Ruß und glühende Funken sprühten auf. Ein breiter Streifen Prärie geriet in Brand. Aber der Wind kam von Norden und trieb das Feuer auf die zerklüfteten, kahlen Flächen vor den Table Rocks, seitlich des Bijau Basin zu, wo sie in sich zusammensanken.

Ein dünner, beißender, grauschwarzer Dunst wehte über die Steppe. Es vergingen fast zwei Stunden. Die Arapaho hatten sich auf eine Anhöhe zurückgezogen, von der aus alle brennenden Pfähle zu beobachten gewesen waren.

Einer der Krieger sagte: „Sie werden so schnell nicht wiederkehren.“

„Die weißen Männer kehren immer zurück“, sagte ein anderer. „Es gibt so viele davon, wie es Ameisen gibt.“

„Dann werden wir sie auch töten.“

„Hast du je versucht, alle Ameisen zu töten?“

„Die weißen Männer werden wir töten“, sagte der erste entschlossen. „Sie kommen und stehlen unser Land. Sie kommen und bestehlen sogar unsere Toten, und sie töten Frauen und junge Männer, die friedlich ihres Weges ziehen. Aber wenn sie wirklich kommen, werden sie zuerst ihre Freunde finden, die unsere Leute gemordet und unsere heiligen Stätten geschändet haben.“

„Wir haben unsere Leute gerächt“, sagte der andere Krieger. „Sie werden sich an uns rächen wollen.“

Seine Züge spiegelten Melancholie wider.

„Lass sie nur kommen. Wir zeigen ihnen, wer Herr in diesem Land ist. Hoffentlich bringen sie genügend Pfähle mit, um sie daran verbrennen zu können.“

Der andere antwortete nicht mehr. Er zog sein Pony herum. Hinter ihnen war die heiße Luft mit Rauch gesättigt, jetzt strich ihm der Wind ins Gesicht. Er war herb und klar.

Die Krieger ritten nordostwärts. Hinter ihnen tauchten die Aasvögel am weiten Himmel auf. Sie fanden nicht mehr viel.

*

Indian-Sparks zog die Zügel an und hob den Kopf. Er nahm Witterung auf wie ein Wolf.

„Die Prärie hat gebrannt“, sagte er.

Er war ein großer Mann, schmalhüftig, mit breiten Schultern und muskulösen Armen. Der Kopf war schmal, das Gesicht scharf geschnitten. Es wurde von langem, hellblondem Wikingerhaar eingerahmt. Die schwedische Herkunft war ihm noch immer anzusehen, auch wenn die Steppensonne seine Haut dunkel wie Leder gebrannt hatte und er außer dem breitrandigen Hut ein perlen­besticktes Stirnband um den Kopf trug.

„Es ist gekämpft worden“, sagte die Frau neben ihm. „Es hat Tote gegeben.“

„Glaubst du wirklich?“ Sparks trieb das Maultier­gespann wieder an. Die Frau war groß, schlank und kräftig, dabei grazil und geschmeidig. Ihre Haut hatte einen leichten Bronzeton. Das blauschwarze Haar war in der Mitte gescheitelt und reichte bis fast zu ihren Brüsten. Sie war eine reinblütige Arapaho und hieß Sunflower. Sie trug ein schlichtes Kleid aus fein gegerbtem Hirschleder mit etwas Perlenbesatz.

„Die weißen Männer waren böse“, sagte Sunflower: „Du hast die Rauchsignale gesehen.“

„Ich bin seit über dreißig Jahren hier“, antwortete Sparks. „Aber manchmal verstehe ich die Zeichen immer noch nicht.“

„Dafür hast du mich“, sagte sie.

„Nur dafür.“

„Wofür sonst?“ Sie lächelte. Ihr Name passte zu ihr, wie er wieder einmal feststellte. Sie war wie eine Sonnenblume. In ihren Augen lag das Leuchten des Himmels.

„Jemand ist getötet worden“, sagte sie. „Dafür sind die weißen Männer getötet worden.“

„Es wird zu viel getötet“, sagte Sparks. „Dieses Land ist zum Leben da, nicht zum Sterben. Das Land hat alles, was das Leben gut machen kann. Aber es ist voller Hass, Angst, Tod und Gewalt.“

Er lenkte den Frachtwagen mit den klappernden Töpfen an beiden Seiten über eine Anhöhe. In der Ferne sah er verkohlte Telegrafenmasten. Einige standen noch. Vier oder fünf waren umgestürzt. Die Aasvögel waren längst abgezogen.

Indian-Sparks schwieg. Er trieb die Mulis zu größerem Tempo an.

*

Irgendwann im Laufe des Spätnachmittags tauchte das Arapaho-Dorf auf. Es lag in einer geschützten Senke. Im Norden gab es einen Baumgürtel, im Osten und Süden einen Creek, der wenig Wasser führte, aber mit einer scharfen Krümmung einen guten Verteidigungsgraben darstellte.

Am Creek spielten Kinder. Struppige Hunde tollten herum. Weit draußen in der Prärie waren junge Krieger zu sehen, die sich mit ihren Pferden Wettrennen lieferten.

Das Lärmen der Kinder und die Stimmen der Frauen klangen Sparks und Sunflower entgegen, als sie in das Lager fuhren. Sie hielten in der Nähe der Feuer an.

Mehrere Frauen drängten sich sofort um den Wagen und befingerten die eisernen Töpfe und Pfannen. Sparks griff in einen Metallbehälter und zog einen Beutel mit Sirupbonbons heraus, die er den Kindern zuwarf, die in der Nähe standen. Sie begannen sich lachend und schreiend darum zu balgen.

„Du warst lange nicht hier, Sparks.“

Sparks drehte sich um und sah den Sprecher. Ein hochgewachsener Indianer, so groß wie er selbst. Bekleidet nur mit Lendenschurz und Mokassins. Auf dem breiten, starken Oberkörper waren die Narben der Sonnentanzzeremonie zu erkennen. Das Haar trug der Mann zu zwei Zöpfen geflochten. Sein Gesicht war breit, mit hohen Wangenknochen, Mund, Kinn und Nase ausgeprägt. Sein Name war Woxuun. Das bedeutete Bär in der Sprache der Arapaho, und wie immer dachte Sparks, dass dieser Name gut zu dem Mann passte.

„Es gibt viele Dörfer am Rande der Wälder und Berge“, antwortete Sparks. „Außerdem muss ich ab und zu Ware im Osten besorgen. Aber zu dir komme ich am liebsten, Woxuun. Nicht nur, weil Sunflower deine Schwester ist.“

„Wir werden rauchen.“ Woxuun begab sich zu einem Tipi und ließ sich davor auf einer Decke nieder. Sparks setzte sich zu ihm, während Sunflower bei den Frauen blieb. Eine von Woxuuns Frauen brachte das Calumet, stopfte es und zündete es an. Sie reichte es erst Woxuun, der die ersten Züge nahm und es an Sparks weitergab.

„Wir haben gekämpft“, sagte Woxuun.

„Ich habe es gesehen“, antwortete Sparks. Er fragte nicht. Er war überzeugt, dass Woxuun ihm von sich aus mehr berichten würde.

„Die Männer sind in unser Land gekommen, ohne uns zu fragen“, sagte Woxuun.

„Das hat nichts zu bedeuten“, sagte Sparks. „Ich bin auch hierhergekommen, ohne zu fragen. Viele weiße Männer wissen gar nicht, dass es Indianer hier gibt, die das Land für sich beanspruchen. Sie sind sehr erstaunt, wenn sie feststellen, dass es bereits Besitzer gibt.“

„Die Erde kann man nicht besitzen wie ein Pferd“, sagte Woxuun. „Die Erde gehört allen. Wenn sie aber wirklich jemandem gehört, dann jenen, die auf ihr geboren wurden. Wir sind es, die hier geboren sind. Nicht die weißen Männer.“

„Diese weißen Männer, von denen du sprichst, wollen nicht hierbleiben“, sagte Sparks: „Sie ziehen einen Draht durch das Land. Es ist der sprechende Draht. Die weißen Männer können damit Nachrichten weitergeben, so wie ihr mit dem Rauch.“

„Sie hätten fragen müssen“, sagte der Häuptling hartnäckig. „Und sie haben zwei unserer Leute getötet.“

„Haben sie gekämpft?“, fragte Sparks.

„Sie haben nicht gekämpft“, sagte Woxuun. „Es waren zwei junge, unerfahrene Männer, die sich den großen Zauber des sprechenden Drahts ansehen wollten. Sie waren neugierig, aber die weißen Männer haben sie hinterrücks erschossen. Einer hat sich ihre Skalps an seinen Wagen gebunden.“ Woxuun nahm die Pfeife wieder und rauchte. Sein Gesicht blieb unbewegt. Er fuhr fort: „Sie haben Schlimmeres getan. Sie haben zwei unserer Toten beraubt.“

„Das ist eine sehr schlimme Sache.“ Sparks nickte. Er sagte nach einer Weile: „Trotzdem solltet ihr bedenken, dass die meisten weißen Männer nichts über euch wissen und aus Dummheit falsch handeln. Wenn sie einen Indianer sehen, haben sie Angst, auch wenn er in friedlicher Absicht kommt. Sie schießen, ohne zu überlegen.“

„Warum sprichst du für diese Männer, Sparks?“

„Ich entschuldige sie nicht“, sagte Sparks. „Aber ich weiß, wie diese Männer denken und fühlen, weil ich ab und zu mit ihnen zusammentreffe. Ich habe mit denen gesprochen, die den Telegrafendraht bauen lassen. Das sind vernünftige Leute, die nicht vorhaben, in Unfrieden mit euch zu leben. Sie wissen, dass euch das Land gehört, dass sie ihren sprechenden Draht nicht bauen lassen können, ohne dass ihr damit einverstanden seid. Sie wissen auch, dass sie Fehler gemacht haben, als sie ihre Leute einfach in euer Land geschickt haben. Sie haben ihre Fehler eingesehen und bieten euch die Freundschaft an. Deshalb haben sie mich gefragt, ob ich mit euch darüber rede.“

„Und du glaubst, dass sie es ehrlich meinen, Sparks?“

„Ich glaube schon“, antwortete Sparks. Er blickte Woxuun ernst an. „Die Männer, die den Telegrafen bauen, sind sicherlich sehr oft Dummköpfe. Aber deren Häuptlinge sind nicht dumm. Sie wissen, dass ihnen der sprechende Draht nur dann etwas nützt, wenn er nicht dauernd von euch durchgeschnitten wird. Diese Männer denken anders als ihr und ich. Sie denken in Dollars und Cents. Für sie bedeutete die Telegrafenlinie eine Menge Geld. Wenn sie ständig Ärger mit euch haben, wird das ein schlechtes Geschäft. Sie wollen den Frieden mit euch, weil es für sie günstig ist. Und für euch kann das ebenfalls günstig sein, weil diese Männer bereit sind, euch dafür etwas zu geben, wenn ihr sie durch euer Land ziehen lasst.“

„Was wollen sie uns geben?“

„Die Regierung ist bereit, eine Agentur zu bauen“, sagte Sparks, „wo ihr regelmäßig alles bekommen könnt, was ihr braucht. Decken, Messer, Werkzeuge, Mehl, Zucker, auch Munition für die Jagd.“

„Pulver und Blei?“ Woxuun wirkte interessiert.

„Auch Pulver und Blei, damit ihr besser für die Büffeljagd ausgerüstet seid.“

„Werden die weißen Männer weiter unsere Toten plündern?“

„Ich glaube, wenn die Häuptlinge der Bauarbeiter etwas davon erfahren hätten, hätten sie ihre Leute bestraft. So habt ihr selbst Rache genommen, und damit sollte der Kampf vorüber sein.“

Woxuun blickte Sparks eine Weile an, während er gleichmäßige Züge aus dem Calumet nahm und Rauchwolken ausstieß. Er sagte: „Wenn ein Mann wie du mir einen Rat gibt, sollte ich gut darüber nachdenken. Du bist mein Freund, Sparks, und der Mann meiner Schwester. Du gehörst zu uns und hast immer mit gerader Zunge gesprochen. Wenn du dabei bist, wenn die weißen Männer mit mir reden wollen, werde ich mit ihnen reden und einen Vertrag mit ihnen schließen.“