Wikingerwelten Band II - Rainer W. Grimm - E-Book

Wikingerwelten Band II E-Book

Rainer W. Grimm

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Beschreibung

„Wikingerwelten Band II“ ist die Fortsetzung einer Sammlung von historischen Begebenheiten und bedeutenden Ereignissen aus der Welt der Wikinger, die durch die Phantasie des Autors noch einmal zum Leben erweckt werden. Erzählt wird die Geschichte einer Fehde zweier Sippen in Dänemark, von einem frechen Skalden am Hofe des Norwegerkönigs, von der schönen Schwedin Sigrid und dem unglücklichen Harald Gudrödsson und auch von der Leichenfeier eines Warägerkönigs. Die Geschichte der Vinlandfahrten des Thorfinn Karlsefni Thordarsson und der Freydis Eriksdottir, sowie von dem Riesen Loki, der in Asgard unter den Göttern lebte.

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Buch

„Wikingerwelten Band II“ ist die Fortsetzung einer Sammlung von historischen Begebenheiten und bedeutenden Ereignissen aus der Welt der Wikinger, die durch die Phantasie des Autors noch einmal zum Leben erweckt werden.

Erzählt wird die Geschichte einer Fehde zweier Sippen in Dänemark, von einem frechen Skalden am Hofe des Norwegerkönigs, von der schönen Schwedin Sigrid und dem unglücklichen Harald Gudrödsson und auch von der Leichenfeier eines Warägerkönigs. Die Geschichte der Vinlandfahrten des Thorfinn Karlsefni Thordarsson und der Freydis Eriksdottir, sowie von dem Riesen Loki, der in Asgard unter den Göttern lebte.

 

Der Autor

Rainer W. Grimm wurde 1964 in Gelsenkirchen geboren und lebt auch heute noch mit seiner Familie und seinen beiden Katzen im Ruhrgebiet. Erst mit fünfunddreißig Jahren entdeckte der gelernte Handwerker die Liebe zur Schriftstellerei.

Als unabhängiger Autor veröffentlicht er seitdem seine Bücher. Mit den beiden Bänden der Saga von Sigurd Svensson sowie den drei Bänden der Saga von Erik Sigurdsson erschien seine große Wikingersaga. Des Weiteren veröffentlichte der Autor den Roman „Pakt der Barbaren“ und bisher drei Bände der Kurzgeschichtensammlung „Wikingerwelten“. Mit dem Wikingerroman „Der Skalde“ und dem zweiten Band „Odins Wille“ schrieb er eine weitere Wikingersaga.

Inhaltsverzeichnis

1. Ein dänischer Zwist

2. Vom Skalden Hallfred

3. Wie Thor seinen Hammer zurück bekam

4. Die Vinlandfahrt des Thorfinn und der Gudridur

5. Harald und die schöne Sigrid

6. Loki und der gute Baldr

7. Der Araber und der Seekönig

8. Freydis

1. Ein dänischer Zwist

Im warägischen1 Meer, nicht weit der Küste Götlands gelegen, lebte und herrschte ein Jarl2 namens Veseti mit seiner Sippe auf der Insel Bornholm. Er war ohne Zweifel ein reicher Mann und zählte mehrere Höfe auf der Insel zu seinem Besitz. Viele Menschen in den Dörfern und viele Bauern waren ihm untertan und abgabepflichtig. Jarl Veseti hatte ein Weib namens Hildigunn, und diese gebar ihm drei Kinder. Der älteste Sohn hieß Bui und wurde der Dicke genannt, der andere hörte auf den Namen Sigurd.

Und eine Tochter hatten sie, Thorgunn geheißen.

Jarl Veseti war ein glühender Asenanbeter3 und stand daher bei dem neuen Dänenkönig Sven Gabelbart in hohem Ansehen. Die Gesinnung des Jarls von Bornholm gegenüber dem früheren König Harald Blauzahn war sehr abweisend und unfreundlich gewesen, seit dieser dem Christengott huldigte. Und Jarl Veseti war heilfroh, dass nun in Dänemark, nachdem Sven seinen Vater Harald vom Thron gestürzt hatte, wieder ein König regierte, der den alten Göttern opferte.

Thorgunn, das junge Weib, wurde vermählt mit Aki, dem Sohn des Jarls der berühmten Jomsburg4 und kein geringerer als Sven, der König der Dänen, der dem jungen Aki wie ein Stiefbruder war, warb für den Burschen von Fünen bei Jarl Veseti um die Hand der schönen Tochter. Der Bornholmer zeigte sich geehrt, denn ein Schwiegersohn, der die Gunst eines Königs hatte, war ihm sehr recht, und so willigte er freudig ein.

Der Sohn des Jarl Palnatoki von Fünen und die Tochter des Jarls von Bornholm hielten bald darauf Hochzeit, und es dauerte nicht lang, da gebar Thorgunn einen Sohn. Doch es zeigte sich bald, dass der Knabe mit Namen Vagn sehr ungestüm und von boshafter Art war. Er prügelte sich viel, zeigte sich ungehorsam und war der Mutter eine große Last. Aki schickte seinen Sohn früh vom Hof, so verbrachte er seine Jugend meist bei der Sippe seines Großvaters Veseti auf Bornholm, und nur selten war er auf Fünen im Haus seines Vaters. Vagn war ein gut aussehender Jüngling, war groß gewachsen und den Burschen seines Alters im Geiste weit voraus. Welches seine große Überheblichkeit noch steigerte.

Nur einer vermochte es, den Knaben zur Räson zu bringen, und das war Bui, der Bruder der Thorgunn. Er schlug dem Vagn hinter die Ohren, wenn es vonnöten war. Aber er lehrte den Neffen auch viel und behandelte ihn schon bald wie einen Mann. Bui war zwar nicht schön, und schweigsam war er noch dazu, aber er war stark und groß von Statur, wie ein Bär, und er hatte einen klugen Verstand. Sein Bruder Sigurd dagegen war ein schöner Mann mit langen, dichten Haaren von blonder Farbe und schönen blauen Augen. Auch er war kräftig gebaut und keineswegs dumm.

Zu jener Zeit herrschte ein Jarl Namens Harald auf der Insel Seeland. Und um allen zu zeigen, was für ein wohlhabender Mann er war, trug dieser Jarl einen Hut, der mit zehn Goldstücken besetzt war. Daher wurde er allerorts nur der Stutz – Harald genannt. Auch Jarl Harald besaß mehrere Höfe auf der Insel, und viele Bauern waren ihm zur Abgabe verpflichtet, sodass sich, obwohl auch König Sven im Herbst seinen Anteil forderte, Jahr für Jahr seine Schatztruhen ein wenig mehr füllten. Er bewohnte einen großen Hof mit dem schönsten Langhaus weit und breit. Sicherlich gab es auf Seeland nur ein schöneres Gebäude, und dies war die Königshalle des Sven Gabelbart in Roskilde.

Das Weib des Seelandjarls hieß Ingibjörg und war von sehr schöner Gestalt, schlank, wohlgeformt und von gutmütigem Wesen. Genauso wie ihre Tochter, die man Tova nannte. Seine Söhne Sigwaldi und Thorkel, der wegen seiner Größe den Beinamen der Hohe trug, waren kräftige Kerle und sehr angesehen bei allen Kriegern und Bauern auf Seeland. Sie waren beide kaum älter als zwanzig Winter und gingen gerne auf Raubfahrt, um sich Ruhm und Ehre zu erkämpfen.

*

Es lag schon einige Jahre zurück, zu der Zeit, als Harald Blauzahn über das Reich regierte. Da hatten die Dänen große Teile von Pommern unter ihre Herrschaft gebracht. Und um diesen Besitz zu halten, schickte der Dänenkönig den Jarl von Fünen mit Namen Palnatoki nach Pommern, dass er die Herrschaft dort gegen den König der Polen sichern sollte. Dieser Palnatoki kam von seinen Besitzungen in Wales, wo er mit der Tochter eines walisischen Jarls gut und reich verheiratet war. So hatte der fünische Großbauer selbst den Titel eines Jarls erhalten. Doch nun war ihm dort sein Weib gestorben, und dem Jarl war der Aufenthalt in Wales verleidet. Er übergab die Herrschaft dem treuen Björn, der der Waliser genannt wurde, und begab sich selbst zurück in seine Heimat nach Dänemark. Die Aufgabe des Königs erfüllte Jarl Palnatoki gern und gewissenhaft.

An der Mündung des Flusses Oder, in einem großen Haff im Gau Jom, stand eine alte pommersche Festung, die Jarl Palnatoki zu einer großen Burg ausbaute. Der Hafen war mit Mauern umgeben und reichte bis weit in das Haff hinaus, sodass dreihundert Schiffe darin ihren Platz fanden. Die große Hafendurchfahrt war mit einem eisernen Tor gesichert, das von zwei Wehrtürmen flankiert war.

Diese Burg wurde nun weithin die Jomsburg genannt, und schnell entstand zu ihren Füßen eine große Handelsstadt, die unter dem Schutz der Wikinger aufblühte. Mehr und mehr Krieger kamen, um sich dem Jomsburgjarl anzuschließen. Jarl Palnatoki stellte nun strenge Regeln auf, denen sich die Krieger zu unterwerfen hatten, und es entstand der Bund der Jomswikinger. Nur die besten Krieger wurden in der Festung im Gau Jom aufgenommen, und in jedem Sommer gingen sie auf Wikingfahrt und mehrten ihren Ruhm und Reichtum. Bald schon waren sie von dem König der Dänen unabhängig, blieben aber in seiner Gefolgschaft, da die meisten Jomswikinger dänischer Herkunft waren. Doch befehlen ließen sie sich von dem Herrscher nichts mehr.

*

Nun schrieben die christlichen Mönche das Jahr 987 n. Chr., und das Eis in den Fjorden war geschwunden, sodass die Schiffe wieder segeln konnten. Es war Frühling geworden, und der Schnee, der noch vor nicht allzu langer Zeit das Land bedeckte, hatte sich nun in die Höhen der Berge zurückgezogen. Auch die weiße Last vom Dach des Langhauses Jarl Haralds auf Seeland war geschmolzen.

„Wir haben entschieden, uns dem Jomsburgjarl anzuschließen“, sprach Sigwaldi, als er und sein Bruder Thorkel vor den Hochstuhl des Stutz–Harald traten.

„Der Ruhm der Wikinger von Jom hallt weit durch den Norden, und es wäre sicherlich ein Gutes, für den Palnatoki zu kämpfen!“

„Wir wollen also den Hof verlassen und Jomswikinger werden“, fügte Thorkel der Hohe hinzu. Da nickte ihr Vater wohlwollend. „Ja, ich glaube auch, dass es für meine Söhne an der Zeit ist, sich im Lande umzusehen! Es gibt noch kein Erbe zu verteilen, denn ich lebe sicher noch eine Weile“, sprach Harald und kratzte sich kichernd seinen leicht ergrauten Bart. „Und drei Herren auf einem Hof, das geht selten gut!“

„Fahrt zur Jomsburg! Aber seid vorsichtig in eurem Handeln, denn König Sven ist nicht gut auf seinen Ziehvater, den Palnatoki, zu sprechen, seit dem Totenmahl für Harald Blauzahn!“

„Es wäre aber gut, würdest du uns Waffen und Nahrung für die Reise stellen“, bat nun Sigwaldi seinen Vater. Da lachte der Stutz – Harald auf und schüttelte sich, dass die Brüder sich erstaunt ansahen. „Oh nein, mein Sohn!“, rief der Jarl spöttisch aus. „So spielt die Flöte nicht! Geht mit leeren Händen oder lasst es!“

Da waren die Brüder nicht wenig überrascht und auch erbost. „So werden wir selbst für das Nötigste sorgen müssen“, sagte Thorkel zornig, aber mit Stolz in seiner Stimme, und Sigwaldi nickte.

In den nächsten Tagen rüsteten sie ein Schiff aus und nahmen fast fünfzig Männer an Bord. So verließen sie den Hof des Vaters und die Insel Seeland. Sie segelten nach Südosten und erreichten bald die Insel Bornholm. Dort zogen sie ihr Schiff auf den Strand, stürmten in das Landesinnere, und der erste Hof, der auf ihrem Wege lag, fiel den Seekriegern von Seeland zum Opfer. Es war ein Gehöft des Jarls Veseti, das sie zerstörten und beraubten.

Die meisten Knechte, sowie der Bauer und seine Söhne, wurden erschlagen, und den Mägden auf dem Hof bewiesen sie ihre Manneskraft, ließen ihnen aber ihr Leben.

Dann nahmen sie das Vieh des Jarls und trieben es zu ihrem Schiff. Dort entfachten sie ein großes Feuer und aßen sich erst einmal satt. Auch vergaßen sie nicht, Odin und den anderen Göttern eine Kuh zu opfern, auf dass sie den Seefahrern ihr Heil geben mochten. Anschließend bestiegen sie ihren Großsegler und verließen Bornholm.

Bald darauf erreichten sie die Küste von Pommern und segelten durch die enge Fahrrinne zwischen den Inseln Usedom und Wollin, die in das große Haff führte. Hier ließen sie die Riemen zu Wasser, denn der Wind hatte abgeflaut, und mit kräftigen Ruderschlägen trieben sie die Schnigge5 voran. So fuhren sie in die Mündung der Oder ein und erreichten alsbald die Jomsburg. Vor dem großen eisernen Tor, das die Durchfahrt in den Kriegshafen der Burg versperrte, es gab auch noch einen offenen Handelshafen, brachten sie ihr Schiff zum Stehen.

„Mein Name ist Jarl Sigwaldi von Seeland, und dies ist mein Bruder Thorkel, den man den Hohen nennt!“, rief Sigwaldi zum Wehrturm hinauf. „Lasst uns ein, wir wollen zu Jarl Palnatoki!“ Da lachte der Krieger auf dem Turm und verschwand kopfschüttelnd.

Wenig später erschien der Mann wieder auf dem Turm und mit ihm mehrere Krieger. Es waren Jarl Palnatoki und die führenden Jarle der Burg, die sich sofort über die Brüstung lehnten und auf die Schnigge hinab sahen.

„Ich bin der Jomsburgjarl Palnatoki! Wer seid ihr und was wollt ihr hier?“

„Wir sind die Söhne des Jarls Harald von Seeland, den man auch Stutz – Harald nennt“, erwiderten die beiden Männer, die am Vordersteven ihres Schiffes standen. Sie nannten noch einmal ihre Namen, und Sigwaldi sprach: „Wir sind gekommen, uns deiner Kriegerschar anzuschließen und uns deinem Befehl zu unterwerfen!“

„Eure Namen sind mir wohl bekannt“, antwortete der Herr der Burg und wandte sich zu seinen Jarlen, um sich mit ihnen zu bereden. So wurde dann endlich das große eiserne Tor geöffnet, und die Schnigge ruderte durch die Pforte des Festungshafens und suchte sich einen Platz, um das Schiff anzulegen. Bald darauf führte man die Besatzung in eine große Halle, wo die Männer sich einer ersten Prüfung unterzogen. Auch Jarl Sigwaldi und Jarl Thorkel mussten den Fragen der führenden Jomswikinger Rede und Antwort stehen. Erst dann entschieden die Männer, wer bleiben durfte und wer die Burg wieder verlassen musste.

Es war kaum die Hälfte der Krieger im Gefolge der Haraldssöhne, die die Jomswikinger für würdig hielten, in ihre Reihen zu treten. Die anderen Männer zogen beleidigt von dannen.

Jetzt erst wurden Jarl Sigwaldi von Seeland und sein Bruder Thorkel der Hohe sowie auch die ausgewählten Männer ihrer Besatzung auf Herz und Nieren geprüft, bis man sie endlich alle feierlich in den Bund der Jomswikinger aufnahm.

*

Groß war der Zorn des Jarl Veseti von Bornholm, als er von dem Überfall der Seeländer auf sein Gehöft erfuhr. Sofort riefen seine Söhne Bui und Sigurd nach Vergeltung und wollten an dem Stutz – Harald und seiner Sippe Rache nehmen und diesen Gewalt antun. Doch der Jarl hielt seine Söhne zurück und verbot ihnen jedwede Erwiderung der Feindseligkeiten.

Alsbald bestieg Jarl Veseti ein Schiff und begab sich an den Hof König Sven Gabelbarts, um sich zu beschweren und des Königs Hilfe in dieser Angelegenheit zu erbitten. Bevor es zu einer Fehde der Sippen komme, die sicher Viele das Leben kosten würde, sollte der König für Recht und Ordnung sorgen. Der junge Herrscher sicherte dies dem Jarl Veseti zu und gab ihm den Befehl, derweil Ruhe zu bewahren. Zufrieden segelte der Bornholmer auf seine Insel zurück. König Sven aber schickte einen Boten auf den Hof Jarl Haralds, und dieser folgte dem Befehl und erschien in Roskilde.

„Ruchlos war die Tat, die deine Söhne begingen“, warf der König dem Stutz – Harald vor. „Es gefällt mir in keiner Weise, wenn sich die Jarle meines Reiches gegenseitig berauben! Sind die Länder unserer Feinde nicht groß genug, um dort auf Wikingfahrt zu gehen?“

König Sven war sichtlich erzürnt, doch Jarl Harald blieb ruhig und kalt wie ein Fisch. „Meine Söhne leben nicht mehr auf meinem Hof“, erwiderte er. „So geht es mich nichts an, was sie treiben!“

Diese Worte gefielen dem König keineswegs, doch saß er so lange noch nicht auf dem Thron, als dass seine Herrschaft endgültig gesichert war. So konnte er nur wenig tun, wollte er sich den Stutz – Harald nicht zum Feinde machen. Schließlich war das Königshaus von Dänemark auf die Steuergelder seiner Untertanen angewiesen, wollte und konnte auch nicht darauf verzichten. Außerdem war in unruhigen Zeiten ein Bürgerkrieg nach einem Zwist schnell entbrannt.

„Bist du bereit, für die Tat deiner Söhne Buße zu zahlen und den Schaden zu ersetzen?“ fragte der König fordernd und mit übler Laune.

„Nein, das bin ich nicht“, kam ohne Zögern die Antwort.

„Ich habe von dem Raubzug keinen Vorteil. Warum soll ich also dafür büßen?“

Sven Gabelbart erhob sich langsam von seinem Hochstuhl. „Beschwere dich nicht, wenn es dir nun schlecht ergeht, denn den Veseti dürstet es nach Rache“, sprach der König erbost über den Geiz des Jarls. „Erbitte keine Hilfe von mir, wenn der Tag der Vergeltung kommt!“

„Da brauchst du keine Furcht zu haben, mein König! Der Bornholmer und seine Brut ängstigen mich nicht“, sprach er kühn. „Sollen sie nur kommen, unsere Schwerter sind bereit! Tyr weiß Recht und Unrecht gut zu unterscheiden, und er wird uns den Sieg bringen!“

So verließ der Stutz – Harald den Königshof, und es war zu keiner guten Einigung gekommen.

Als nun Jarl Veseti davon erfuhr, dass der Herrscher über das Dänenreich in der Angelegenheit nichts auszurichten vermochte, war er auf das Äußerste erbost. Nun gab er seinen Söhnen freie Hand, und diese rüsteten sofort ihre Schiffe mit mehr als hundert Kriegern aus und segelten nach Seeland.

Dort überfielen die Bornholmer Wikinger drei große Höfe, die der Stutz – Harald sein Eigen nannte, und es waren die reichsten Höfe, die er besaß. Ohne Gnade wüteten nun die Bornholmer, doch sie achteten darauf, dass es auch wirklich das Eigentum des Jarl Harald war, an dem sie sich vergriffen.

Die Krieger und Knechte, die sich den Angreifern zum Kampf entgegenwarfen, wurden allesamt mit den Schwertern niedergehauen. Dann schleppten sie alles von Wert davon, darunter auch zwei Kisten mit Goldstücken und die Festrobe des Jarls. Auch das Vieh und die Sklaven nahmen sie mit sich.

Als die Schniggen die Küste Seelands verließen, stiegen in der ferne dunkle Rauchsäulen in den sonnigen Frühlingshimmel.

Als man nun die Botschaft von dem Überfall in das Langhaus des Stutz – Harald trug, war dieser recht erzürnt, und als er das Unheil mit eigenen Augen sah, wurde er wütend. Dies war ein großer Verlust für den Jarl, und er verlangte eine Entschädigung für den erlittenen Schaden. So schickte Harald einen Boten nach Roskilde, um dem König von der Untat zu berichten. Doch König Sven lachte und schüttete seinen Hohn über dem Jarl aus. „Er wollte nicht auf meine Worte hören. Nun soll er selbst sehen, wie er die Suppe auslöffelt, die er sich eingebrockt hat! Vielleicht ist es ja Tyr selbst, der nun für ihn streitet!“

„Wenn der König nicht Recht sprechen will…“, rief Harald zu seinem Gefolge…, „so werden wir uns selbst holen, was uns zusteht!“ Der Bote hatte die Nachricht des Dänenkönigs in das Langhaus des Jarls gebracht, und dieser hatte alle Männer um sich geschart, die in seiner Knechtschaft standen. „Vergelten wir Gleiches mit Gleichem!“, rief er, und seine Gefolgschaft jubelte ihm zu.

Jetzt sammelte der Stutz – Harald ein Heer um fast das Doppelte an Zahl der Bornholmer, und mit acht Schiffen segelten sie auf Raubfahrt aus.

Drei Höfe des Jarl Veseti mussten nun die Gewalt der Seeländer erleiden, und Harald raffte an Wertvollem zusammen, was er kriegen konnte.

Nun war es wieder der Bornholmer Jarl, der nach der Hilfe des Königs rief. Erneut begab sich Veseti nach Roskilde und trat vor den Gabelbart. „Es wird ein Krieg beginnen zwischen Seeland und Bornholm, wenn du dich nicht dazwischen stellst, König Sven“, sprach Jarl Veseti. „Wenn es dir jetzt nicht gelingt, den Streit zu schlichten, so wird es dir später erst recht nicht gelingen. Das Volk ruft nach Vergeltung!“

„Du hast wohl recht, Veseti“, stimmte der König den Worten des Jarls zu. „Es ist an der Zeit für ein Machtwort! Und es muss Gültigkeit haben, vor allem Volk! In Kürze findet das Isöre – Thing6 statt, auf dem die Jarle des Landes erscheinen“, sagte König Sven. „Auch du wirst dort sein, Jarl Veseti. Und gleiches verlange ich von Jarl Harald. Dann wird es einen Thingspruch geben, dem muss sich der Stutz – Harald unterwerfen!“

*

Es kam die Zeit an der das Thing stattfinden sollte, und alle Jarle fanden sich ein. König Sven war mit fünfzig Schiffen und einem großen Heer erschienen, da er dem Streit der beiden Jarle ein Ende setzen wollte. An dem Strand, an dem ihre Schiffe lagen, hatten sie ein großes Wik7 errichtet, dem sich viele ankommende Jarle anschlossen. Jarl Harald war mit zwanzig Schiffen gekommen und ließ sich nicht weit des königlichen Lagers nieder. Jarl Veseti kam mit nur fünf Schiffen und ohne seine Söhne Bui den Dicken und Sigurd zu dem Thing. Auch schlug er seine Zelte weit entfernt des Lagers von Jarl Harald auf.

Doch noch bevor die Dunkelheit einsetzte, kamen die Söhne des Jarl Veseti mit fünfzehn Schiffen, und nicht weit von Jarl Haralds Lager gingen sie an Land. Da sah der Jarl von Seeland, dass Bui der Dicke seine geraubte Festrobe trug, die wie sein Hut mit Goldstücken besetzt war, und er erzürnte sich sehr über diese Frechheit. Mit drei Schiffsbesatzungen, gut bewaffnet und zum Kampf bereit, trat er den Bornholmern in den Weg.

„Du elender Hundsfott!“, rief er dem älteren Sohn des Veseti entgegen. „Du trägst die Robe, die du mir stahlst, am Tag der Versöhnung!“

„Versöhnung?“, lachte da Bui der Dicke auf. „Wir kamen, um der Sache ein Ende zu bereiten. Wenn du den Mut hast, Jarl Harald, ergreife dein Schwert!“

Jetzt wusste Harald, worum es hier ging, und er sah auch, dass die Krieger des Jarl Veseti den Hang hinab kamen. Hatte etwa der König selbst ihn in diese Falle gelockt? Da ließ er das Horn blasen, auf dass all sein Kriegsgefolge zu den Waffen greifen sollte.

Im letzten Moment jedoch, bevor es zur Schlacht kam, trat der König zwischen die Streitenden. „Wer es wagt, am Tage des Thing sein Schwert zu ziehen, der wird sicher nicht mehr den Heimweg antreten“, drohte der König offen, und alle Jarle stellten sich hinter ihren Lehnsherrn, auf dass die Gesetze befolgt würden. Nun mussten sich die Streithähne fügen, wollten sie nicht von den Getreuen des Königs getötet werden.

Bald darauf sammelten sich die Männer auf dem großen Thingplatz, und ein jeder Freie hatte das Recht, sein Anliegen vorzutragen. Angelegenheiten, die Frauen zu beklagen hatten, wurden von Männern vorgetragen, denn den Frauen sowie den Halbfreien war das Sprechen vor dem Thingrat untersagt.

Meist aber entschieden die Jarle über solche, ihrer Meinung nach minder wichtige Angelegenheiten, bereits in ihren Gauen.

Der König traf eine Entscheidung, und die Jarle stimmten ab, ob sie mit dem Spruch einverstanden waren, was oft der Fall war. Keiner wollte sich schließlich den Lehnsherrn zum Feind machen.

Dann trat Jarl Veseti vor und klagte sein Leid. Er berichtete von dem Überfall der Haraldssöhne Sigwaldi und Thorkel und von allen Geschehnissen, die darauf folgten. Als Veseti geendet hatte, ergriff Jarl Harald das Wort und sagte, dass er für die Taten seiner Söhne nicht Verantwortung tragen wolle. Schließlich hatte er keinen Befehl für die Raubfahrt gegeben und auch keinen Nutzen davon. Da begehrte Jarl Veseti auf. „Du bist das Oberhaupt deiner Sippe, und die Strauchdiebe sind von deinem Blut! Es obliegt deiner Macht, deinen Söhnen Einhalt zu gebieten. Doch wenn es dir gleich ist, werden wir noch heute lossegeln, um deine Söhne zu erschlagen!“

Da trat Sigurd, der jüngere Sohn des Jarl Veseti, vor seinen Vater. „Ich kann nicht meine künftigen Schwäger erschlagen, Vater! Zu lang schon schwillt der Streit, der mir meine Liebe nimmt!“