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Eine Kindheit im Bochum der Nachkriegszeit? Ja, wie war das damals, als es noch Felder, Wiesen und wilde Gärten gab, dort wo sich heute große Wohnkomplexe, umgeben von Asphaltflächen aneinander reihen? Begleiten Sie den Autor auf eine Zeitreise in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts. Zurück in die Zeit des Wiederaufbaus und erleben Sie mit einer Gruppe von Kindern lustige Abenteuer im Stadtteil Wiemelhausen.
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Seitenzahl: 43
Dieses Buch ist meiner lieben Freundin Carola Mehring gewidmet, ohne deren Zutun wahrscheinlich alle diese Geschichten niemals aufgeschrieben worden wären.
Unsere Straße - unser Spielplatz
Fangen spielen und ein warmer Segen
Die Drachenwerkstatt
Der Wettstreit
Das Fliehkraft-Experiment
Eine Rutschpartie
Auf dem Erie-See
Glasauge und Gummihand
Unser erstes Fahrrad
Die Rettungsschwimmerin
Das Kartonklo-Experiment
Die Straße „Am Bleckmannshof“ zweigt links von der „Brenscheder Straße“ ab und führt leicht ansteigend hin zu dem ehemaligen Hof des Bauern „Bleckmann“, der dann später dem „Heimathof“, einem Ledigenheim für Berglehrlinge weichen musste. Heute ist dort eine Senioren-Wohnanlage eingerichtet.
Hier macht die Straße eine 90 Grad Biegung nach rechts und führt weiter in einer nun etwas stärkeren Steigung zur Stiepeler Straße hinauf. Zu unserer Kindheit endete hier „UNSERE GLATTE STRAßE“ abrupt an der Schlaglochpiste „Stiepeler Straße“. Genau an der Straßenecke auf der rechten Seite ist unser Haus. Gegenüber mit der Hausnummer 45 das Haus der Familie Düppe, in dem Frau Finger ein Lebensmittelgeschäft betrieb. Wenn wir nicht gerade auf dem Platz vor Opas Werkstatt oder im Garten dahinter spielten, so waren wir hier spielend unterwegs.
Giselas beste Freundin war Renate Schweinebraten. Für den Nachnamen konnte sie aber nichts, so wie niemand etwas für seinen Nachnamen kann.
Gisela, Renate, Hermann und ich
Renate wohnte mit ihren Eltern, ihrer großen Schwester Doris, dem vielleicht vier Jahre älteren Bruder Rudi und ihrem dreijährigen Bruder Peter im Haus Nummer 34, ein Haus unter unserem.
Auch wenn Renate oft nur mit Gisela zusammenhing, ab und an spielten sie doch mit uns, und dann meistens FANGEN.
Und so kam es auch eines Tages.
Alle waren sie wieder da:
Die Knibbels, Liane, Pedda, Hermann und ich - und natürlich Gisela und Renate. Vor Fingers Lebensmittelgeschäft standen wir zusammen.
FANGEN SPIELEN
Einer musste den Anfang machen, also wurde ausgezählt:
A, U, S, AUS... und so weiter.
Wir waren gerade fertig mit dem Abzählen - Hannes war der Fänger - als Rudi mit dem kleinen Peter an der Hand die Straße herauf kam: „Dürfen wir mit machen?“, rief er schon von weitem.
„Klar, aber wie soll das gehen?“, wollte Hannes wissen. „Der Kleene ist doch noch viel zu kurz. Der kann doch nicht mal richtig laufen.“
„Ach“, meinte Rudi, „das wirst du gleich sehen.“
Er setzte sich den kleinen Peter auf die Schultern und rannte los.
„So, ich bin jetzt das Pferd und Peter muss euch fangen!“
Super Idee, dachten wir, denn fangen wollte wohl keiner so wirklich gerne. Und los ging die Jagd. Nur was das Pferd „Rudi“ nicht bedacht hatte, dass der Reiter „Peter“ seine liebe Mühe und Not hatte sich überhaupt auf dem wilden Zossen zu halten. An ein Fangen, nach uns zu greifen, war da überhaupt nicht zu denken. Auch das Pferd „Rudi“ musste mindestens ein Bein des Reiters festhalten. So holperten und stolperten Ross und Reiter mehr, als dass sie uns verfolgen konnten.
Wir grölten und brüllten vor Lachen und der, der am lautesten quiekte, war der kleine Peter, hoch oben auf Rudis Schulter. Doch mit einem mal verstummte das Quieken. Das Gesicht des Reiters wurde lang und länger und hätte man es aufzeichnen wollen, man hätte eine ganze Rolle Toilettenpapier dafür gebraucht. Nun fing auch das Pferd an, seltsam mit den Augen zu rollen, als wenn es sagen wollte: „Halt, da stimmt doch was nicht?“ Und dann ging alles blitzschnell. Das Pferd packte den Reiter am linken Arm, griff sich mit der rechten Hand Peters Bein und schwenkte ihn im hohen Bogen weit über sich hinweg, wo es dann den Reiter weit von sich auf den Boden setzte. Nun war es für uns alle sichtbar: Eine nasse Spur lief an Rudis Rücken hinunter, vom Kragen bis zum Gürtel. Aber auch an Peters Hose war ein nasser Fleck zu beobachten, der ihm von der kurzen Hose, die Beine hinunter bis in seine Socken lief.
Nun, anscheinend hat das Schaukeln und Hüpfen seines Pferdes in ihm einen gewissen Drang ausgelöst, der durch sein lautes Quieken noch verstärkt, sich nicht mehr unterdrücken ließ. Kurzum: Für die beiden war das REITERSPIEL zu Ende.
Wir allerdings hatten einen zusätzlichen Grund, herzhaft zu lachen.
Wenn der Sommer sich dem Ende zu neigte, wenn die Blätter an den Obstbäumen in Opas Garten sich langsam bunt färbten und das Kornfeld hinter Eickhoffs großem Haus abgemäht war, dann wurde unsere Küche zur „DRACHENWERKSTATT“. Denn ohne Drachen oder Luftvogel, wie andere sagten, konnte man beim Drachen fliegen nun mal nicht mitmachen.
Es wäre ein Leichtes gewesen, sich einen Drachen im Papiergeschäft zu kaufen, aber die gekauften Exemplare waren uns einfach zu popelig. Und –ehrlich gesagtdie waren uns auch zu teuer.
Also, selber bauen, das war die Devise.
Das Werkzeug dafür gab es in jedem guten Haushalt: Küchentisch, Papierschere und einen Küchenpinsel, das war's schon.