Auf Bärenspuren - Uwe Goeritz - E-Book

Auf Bärenspuren E-Book

Uwe Goeritz

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Beschreibung

"Auf Bärenspuren" Altersempfehlung: ab 16 Jahre Während um das Jahr 550 vor unserer Zeitrechnung die Bronzezeit im Mittelmeerraum schon zu Ende ging, war nördlich der Alpen eigentlich kaum etwas von diesem Material angekommen. Die dunklen, dichten Wälder sorgten dafür, dass sich die Händler mit diesem Material andere Wege und andere lohnende Handelspartner suchten. Nur ein wichtiger Rohstoff war so gefragt, dass die Händler den beschwerlichen Weg auf sich nahmen: der Bernstein von der Ostsee. Diese Geschichte handelt vom Zusammentreffen dieser unterschiedlichen Kulturen. Der frühen Etrusker die südlich der Alpen schon langsam die Bronzezeit beendeten und die wilden Völker des Nordens, die immer noch in der Steinzeit lebten. Sarosa, eine der Frauen dieser Völker, wird von einem etruskischen Händler geraubt. Sie erlebt die "Zivilisation", die für sie vollkommen unverständlich und neu ist. Zamaso, ihr Mann, macht sich auf den langen Weg sie zu retten. Wird er sie finden? Und wird sie wieder zurück in den Wald gehen? Jetzt, wo sie die Annehmlichkeiten der etruskischen Kultur kennen und lieben gelernt hat? Die weiteren Bücher in dieser Reihe, erschienen im Verlag BoD, sind: "Der Gefolgsmann des Königs" ISBN 978-3-7357-2281-2 (05.08.2014) "In den finsteren Wäldern Sachsens" ISBN 978-3-7357-7982-3 (29.09.2014) "Schicha und der Clan der Bären" ISBN: 978-3-7386-0262-3 (24.11.2014) "Im Zeichen des Löwen" ISBN: 978-3-7347-5911-6 (27.02.2015) "Im Schein der Hexenfeuer" ISBN: 978-3-7347-7925-1 (22.06.2015) "Kaperfahrt gegen die Hanse" ISBN: 978-3-7386-2392-5 (24.08.2015) "Die Bruderschaft des Regenbogens" ISBN: 978-3-7386-5136-2 (23.11.2015) "Die römische Münze" ISBN: 978-3-7392-1843-4 (19.02.2016) "Die Räubermühle" ISBN: 978-3-8482-0893-7 (30.05.2016) "Der russische Dolch" ISBN: 978-3-7412-3828-4 (25.08.2016) "Das Schwert des Gladiators" ISBN: 978-3-7412-9042-8 (29.11.2016) "Frauenwege und Hexenpfade" ISBN: 978-3-7448-3364-6 (27.06.2017) "Die Sklavin des Sarazenen" ISBN: 978-3-7448-5151-0 (26.07.2017) "Die Tochter aus dem Wald" ISBN: 978-3-7448-9330-5 (28.09.2017) "Anna und der Kurfürst" ISBN: 978-3-7448-8200-2 (20.11.2017) "Westwärts auf Drachenbooten" ISBN: 978-3-7460-7871-7 (26.02.2018) "Nur ein Hexenleben..." ISBN: 978-3-7460-7399-6 (24.04.2018) "Sturm über den Stämmen" ISBN: 978-3-7528-7710-6 (23.07.2018) "Die Rache der Barbarin" ISBN: 978-3-7528-4103-9 (01.10.2018) "Im Feuersturm - Grete Minde" ISBN: 978-3-7481-2078-0 (22.02.2019) ...

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Inhaltsverzeichnis

Auf Bärenspuren

Im Stamm des Bären

Pfeilfedern

Erntemond

Neue Wege

Vollmondnächte

Bärenkraft

Viel zu lernen

Brennende Steine

Gäste oder Feinde?

Große Schuld

Ein schmerzlicher Verlust

Die Spur der Bärin

Im Band der Gefühle

Verwirrende Gefühle

Im Zweifel gefangen

Silberne Träume

Der Schutz des Bären

Am wilden Fluss

Opfer für den Wassergeist

Ein Reich des Todes

Gipfelstürmer

Gelbe Steine

Neue Ängste

Alles aus Stein?

Zu spät?

Liebe und Gewalt

Wieder auf der Spur

Verfolgung

Eine Reise zu einem See

Neue Zeiten, neue Welten

Ein Sklavenlos

Herrenfreuden

Handel und Wandel

Gefangen oder frei?

Eigentum oder nicht?

Ein einsames Segel

Im Gefühl des Glücks

Die Heilkraft des Wassers

Auf Messers Schneide

Dinge und Menschen

Mit dem Wind

Sklavenjahre

Frei wie der Wind

Allein unter Männern

Auf den Boden zurückgefallen

Voltumna sei Dank!

Die Hand am Hals

Einfaches Landleben

Die zwei Seiten einer Münze

Winterwind

Im Land der Palmen

Der Schlaf des Bären

Gott und die Welt

Am Ziel einer Reise

Schmerzen des Herzens

Im Banne der Gier

Eine prachtvolle Stadt

Pharaonengold

Sehnsucht nach der Heimat

Ein Mann des Glaubens

Ein Schatz?!

Abschied für immer

Abschied und Neubeginn

Zurück in die Sklaverei?

Ein erster Schritt

Eisige Höhen

Ein Geschenk des Himmels

Unter den Augen Gottes

Ein kleines Glück und große Trauer

Fremder Sohn?

Neue Wege, neue Ideen

Glücklich zusammen

Zeitliche Einordnung der Handlung:

Auf Bärenspuren

W ährend um das Jahr 550 vor unserer Zeitrechnung die Bronzezeit im Mittelmeerraum schon zu Ende ging, war nördlich der Alpen eigentlich kaum etwas von diesem Material angekommen. Die dunklen, dichten Wälder sorgten dafür, dass sich die Händler mit diesem wertvollen Metall andere Wege und andere, lohnende Handelspartner suchten. Nur ein wichtiger Rohstoff war im Süden so gefragt, dass die Händler den beschwerlichen Weg auf sich nahmen: der Bernstein von der Ostseeküste.

Diese Geschichte handelt vom Zusammentreffen dieser unterschiedlichen Kulturen. Auf der einen Seite die frühen Etrusker, die südlich der Alpen schon langsam die Bronzezeit beendeten und auf der anderen Seite die wilden Stämme des Nordens, die immer noch in der Steinzeit lebten. Sarosa, eine der Frauen dieser Stämme, wird von einem etruskischen Händler geraubt.

Sie erlebt die „Zivilisation“, die für sie vollkommen unverständlich und neu ist. Zamaso, ihr Mann, macht sich auf den langen Weg, sie zu retten. Wird er sie finden? Und wird sie wieder mit ihm zurück in den Wald gehen? Jetzt, wo sie die Annehmlichkeiten der etruskischen Kultur kennen und lieben gelernt hat?

Die handelnden Figuren sind zu großen Teilen frei erfunden, aber die historischen Bezüge sind durch archäologische Ausgrabungen, Dokumente, Sagen und Überlieferungen belegt.

1. Kapitel

Im Stamm des Bären

D as Wasser warf kleine Wellen, als Sarosa durch den Teich schwamm. Sie war gerade sechzehn Jahre alt geworden und auf Wunsch ihres Vaters vor noch nicht mal einem halben Mond in diesen Stamm gekommen. Hier sollte sie noch in diesem Sommer die Frau des Sohnes des Häuptlings werden und damit die Verbindung zwischen ihren beiden Gruppen festigen. Alleine war sie zu diesem Teich gegangen, der nicht weit von den Hütten entfernt war. Wenn man sich am Ufer auf Zehenspitzen stellen würde, so hätte man die Strohdächer der Hütten sehen können. Es waren ein Dutzend Wohnhäuser mit Stall daran. Genauso wie die, welche sich in ihrem elterlichen Dorf befanden. Zwölf Familien, etwa hundert Menschen. Das Wasser war angenehm kühl an einem sonst eher heißen Sommertag. So glitt sie langsam durch das Gewässer. Mit starken Armzügen zog sie sich danach zum Ufer hinüber, wo sie ihr Kleid abgelegt hatte. Dort stieg sie hinaus und schüttelte das Wasser von ihrem Körper, dann drückte sie die Flüssigkeit aus ihren Haaren und zog sich das Kleid über ihren nackten Körper. Unterwäsche trug man praktischerweise nur im Winter.

Nachdem sie sich ihren Gürtel wieder umgelegt hatte, ging sie zurück zu den Häusern. Ihre Schuhe hatte sie dort zurückgelassen und das Gras der Waldlichtung kitzelte ihre Füße. Auf dem Rückweg musste sie am Feld entlang, das mit reifem, goldenem Korn bestanden war. Dabei ließ sie die Ähren durch die Finger gleiten. Nur noch ein paar Tage Sonne, dann würden sie alle dieses Getreide einbringen und wenn diese Ernte erst mal in dem Speicher war, dann würde sie aus der Hütte des Schamanen, in der sie im Moment noch wohnte, in die Hütte ihres zukünftigen Mannes wechseln. Dann würde sie auch ihren Vater wieder sehen. Der vor ein paar Tagen zurück zu ihrem Stamm gegangen war, um dort ebenfalls für die Ernte zu sorgen. Sarosa löste ein paar Körner aus einer der Ähren und warf sie sich in den Mund. Diese schmeckten gut.

Am Ende des Feldes, getrennt von den anderen Hütten, stand die Behausung des Schamanen. Ein Bärenschädel steckte davor auf einem Pfahl. Der alte Mann saß daneben und schaute in ein kleines Feuer. Vollkommen abwesend sprach er vor sich hin und bemerkte das Mädchen nicht, das direkt vor ihm stand. Im Moment waren sie nicht auf derselben Welt. Der alte, grauhaarige Mann sprach mit seinen Ahnen und befragte sie vermutlich gerade über die Ernte, wie Sarosa aus einigen Wortfetzen deutete, die sie verstehen konnte. Schließlich drehte sie sich zu den anderen Hütten und setzte sich auf einen Stamm. Im Moment gehörte sie noch nicht zum Bärenstamm. Noch war sie eine Tochter des Wolfsstammes. Erst in einigen Tagen würde sich das ändern. Dann würde sie den Wolfszahn ablegen, den sie seit ihrer Geburt an einem Band um den Hals trug. Er würde einer Bärenkralle weichen, so wie sie der Schamane trug.

In Gedanken fragte sie sich, ob sie überhaupt bei der Ernte helfen durfte, sie gehörte ja noch nicht dazu, als der Schamane an sie heran trat und von hinten seine Hand auf ihre Schulter legte. „Du darfst helfen. Morgen beginnen wir“, beantwortete er ihre nur gedachte Frage. Sie nickte und der Mann ging schwankend zu den Hütten hinüber. Auf einen großen Stock gestützt, an dessen oberen Ende ein geschnitzter Bär zu sehen war, brauchte er eine kleine Ewigkeit für die etwa fünfzig Schritte. Das Mädchen stand auf und ging zu der kleinen Schamanenhütte. Daraus holte sie sich den geschnitzten Kamm und setzte sich zurück an das Feuer. Langsam zog sie den aus Knochen gefertigten Kamm durch ihr langes braunes Haar. Nach dem Baden hätte sie das etwas eher machen sollen, denn jetzt, da das Haar schon trocken war, war es etwas schwieriger, die lange Mähne wieder zu bändigen. Aber sie hatte ja jede Menge Zeit dazu. Ein paar kleine Kinder liefen lachend an ihr vorbei, in großem Abstand von der Schamanenhütte, und sie sah ihnen nach. Ihr Blick fiel auf den Kamm. Die Mutter hatte ihn ihr einst geschenkt. Es war ein heulender Wolf darauf abgebildet. Würde sie diesen Kamm auch abgeben müssen? Hoffentlich nicht! Sie liebte dieses schön geschnitzte Stück Knochen.

Sarosa war immer noch nicht fertig mit ihren Haaren, als der Schamane sich neben sie setzte. Der Blick des Mädchens blieb an dem funkelnden Griff im Gürtel des alten Mannes hängen. Dieses kleine Messer war das einzige Stück aus diesem seltsamen Material, das sie jemals gesehen hatte. In ihrem Gürtel steckte ein kleines steinernes Messer mit einem Holzgriff. Es war sehr scharf und diente dazu, die Mahlzeiten zu zerkleinern, die gebraten am Stück vom Feuer kamen. Der alte Mann zog das aufgespießte Stück Fleisch zu sich und hielt das braune, dampfende Stück eines Hasen dem Mädchen vor ihr Gesicht. Sie zog das Messer und schnitt sich ein mundgerechtes Stück ab und schob es sich in den Mund. Kauend sah sie zu, wie der alte Mann das glänzende Messer zog, das die Farbe der Sonne hatte. In dieser Klinge spiegelte sich sogar die Sonne. Er schnitt sich ebenfalls ein Stück Fleisch ab und hielt ihr den Stock wieder hin. „Ruhe dich dann aus. Morgen wirst du schwer arbeiten müssen“, sagte der Mann, nachdem sie zusammen den Hasen aufgegessen hatten.

Die junge Frau nickte und ging zur Hütte hinüber. Es war die einzige, in der keine Tiere lebten. Das Mädchen zog ihre Liege nach vorn und draußen setzte gerade die Dämmerung ein. Der Mann hatte ihr den Rücken zugedreht. Gebeugt saß er vor dem Feuer und warf einen Schatten bis zu ihren Füßen. Schnell löste sie den Gürtel, zog sich das Kleid über den Kopf und legte sich auf ihre Schlafstätte, dann deckte sie sich mit dem Kleid zu. Es würde in der Nacht sicher wieder frisch werden. In dieser Hütte brannte auch kein Feuer, so wie es in den anderen war. Von ihrer Schlafstätte blickte sie zu dem Mann hinüber. Sicher war er schon wieder in einer anderen Welt. Dann fielen ihr die Augen zu.

2. Kapitel

Pfeilfedern

E r hielt den Atem an. Für einen Augenblick verschmolz er mit dem Pfeil und dem Reh, das etwa dreißig Schritte entfernt stand. Zamaso, wie der junge Mann hieß, musste noch warten, bis sein Vater neben ihn lautlos den Bogen ebenfalls spannte. Zwei Pfeile waren sicherer bei solch einem großen Rehbock. Unmerklich hob Zamaso einen Finger am Bogen als Zeichen. Wenn er ihn wieder herabnahm, so würden die beiden Pfeile im selben Moment ihr Ziel finden. Nur noch ein Augenblick, dann schnellte die Sehne nach vorn und schob das tödliche Geschoss durch die kleine Schneise im Wald. Ein leises Surren war das einzige Geräusch, was beim Schuss entstanden war. Zeitgleich, so wie die Pfeile losgeflogen waren, so trafen sie den Bock hinter seinem Vorderbein. Genau am anvisierten Platz. Beide Pfeile trafen das Herz des Tieres und ließen ihm keine Zeit für einen letzten Sprung. Lautlos fiel das Reh zu Boden.

„Guter Schuss, Vater“, sagte Zamaso und der ältere Mann nickte „Dein Schuss war genauso gut“, entgegnete der ältere Mann. Zusammen liefen sie hinüber und nahmen das Tier auf. Der Sohn schulterte das schwere Tier, während der Vater Bogen und Pfeile übernahm. Gemeinsam schritten sie durch den Wald, den nicht allzu fernen Hütten entgegen. Dass das Reh sich so nahe an die Menschen gewagt hatte verwunderte Zamaso, gab ihnen aber die Möglichkeit, ein zweites Mal in den Wald zu gehen. In der Hütte übergab er den Bock an seine Mutter, die sich um das Ausnehmen kümmerte. Zamaso zog die Pfeile heraus. Das nahe Treffen hatte einen von ihnen beschädigt. Darum würden sie sich später kümmern. Mit zwei Pfeilen weniger brachen sie sofort wieder auf.

Am Rande des Waldes sah er eine Bewegung. Noch ein Tier? So nahe bei den Hütten? Er zog einen Pfeil und ging einen Schritt nach vorn. Dort lag der kleine Teich am Waldrand, in dem sie oft zur Abkühlung baden gingen. Doch jetzt, mitten am Tage, war da sicher niemand. Vielleicht hatten sich ein paar Gänse dort nieder gelassen. Das gab Federn für Pfeile und einen schmackhaften Braten noch dazu. Vorsichtig setzte er seinen Fuß auf. Die Gänse waren schreckhaft und im Flug kaum zu treffen. Etwas Helles schimmerte durch die Bäume. Immer weiter schlich er vorwärts und er wusste, auch wenn er ihn nicht hörte, dass sein Vater unmittelbar hinter ihm war. Sie jagten immer zu zweit und waren gut aufeinander eingespielt.

Leise legte er den Pfeil ein und spannte den Bogen bei den letzten Schritten vor. Dann erreichte er eine freie Stelle und kniete sich hin. Der Jäger zog den Pfeil zurück und sah den Vater aus dem Augenwinkel dasselbe tun, doch dann ließ der Vater den Pfeil wieder in den Köcher gleiten. Da war keine Gans, die dort im Wasser schwamm, sondern ein Mädchen. Gerade stieg sie aus dem Wasser und wusste nicht, dass sie aus der kurzen Entfernung von nicht einmal zwanzig Schritten beobachtet wurde. Wer war sie? Und was machte sie hier? Am helllichten Tage. Zamaso sah ihr zu, wie sie sich das Wasser vom Körper schüttelte. Sie war sehr schön. Große Brüste, schmale Taille und breite Hüften. Dazu langes braunes Haar, das sie im Moment auswrang. Dann zog sie sich an und verschwand direkt vor ihnen vorbei zum Dorf.

„Wer ist sie?“, fragte Zamaso seinen Vater, der ja alles Wissen musste. Schließlich war er ja der Stammesführer. Die Frau war in Richtung der Hütte des Schamanen verschwunden. „Das ist deine zukünftige Partnerin“, sagte der Vater und drückte auf Zamasos Schulter, als der aufstehen wollte. Dann zeigte er nach oben. Zwei Gänse waren im Anflug und landeten im Wasser. Die beiden Jäger nickten sich zu und kurz darauf hatte jeder eine der Gänse erlegt. Mit dem toten Tier in der Hand sah Zamaso zur Hütte des Schamanen. „Meine Partnerin“, sagte er leise vor sich hin, das hatte ihm der Vater bisher noch nicht erzählt. Vermutlich war sie erst ein paar Tage hier oder sie hatten sich bisher verfehlt. „Schön ist sie und sicher auch stark“, sagte Zamaso und folgte seinem Vater zu den Häusern hinüber. Der junge Jäger war siebzehn Sommer alt und auf dem Weg sah er immer wieder zur Seite, wo sich die Hütte des Schamanen befand. Wer war sie? Zumindest keine aus ihrem Stamm. Dann hätte sie nicht beim Schamanen gewohnt. Das machten sie nur, wenn jemand aus einem anderen Stamm hier in ihre Bärenfamilie geholt wurde.

Als sie an ihm vorbei gegangen war, hatte sie einen Wolfszahn um den Hals gehabt. Daher kam sie sicher vom Wolfsstamm, zu welchem im letzten Jahr seine Schwester gegangen war. Vielleicht versuchten die beiden Stammesführer damit ihre Stämme enger zu verbinden. Wortlos legte er die Gans auf den Tisch in der Hütte, hängte den Bogen weg und trat nach draußen. Wieder sah er zur Hütte des Schamanen. Vielleicht konnte er noch ein paar Blicke von ihr erhaschen. Zamaso ging zum Waldrand und schlich sich an die Hütte des Schamanen an.

Das Mädchen saß am Feuer vor dem Hütteneingang. Sicher keine drei Armlängen vor ihm und hatte ihn offensichtlich nicht bemerkt. Das lange Training im Wald zahlte sich aus! Leise schob er sich noch ein Stück vor. Wenn er jetzt die Hand ausstrecken würde, könnte er ihr Haar berühren, das sie gerade kämmte. Der junge Jäger lauschte auf eine belanglose Unterhaltung zwischen ihr und dem Schamanen. Ihre Stimme klang angenehm und melodisch. Langsam schob sich Zamaso zurück zum Wald. Sein Vater hatte eine gute Wahl getroffen.

Wieder zurück in der elterlichen Hütte fielen ihm die beiden beschädigten Pfeile ein. Daher holte er sie zu sich und begann aus ein paar der Gänsefedern mit seinem Steinmesser, das er immer am Gürtel trug, eine neue Befiederung zu schneiden. Dann löste er die alten Federn und klebte die neuen mit etwas Buchenteer auf. Zur Sicherheit umwickelte er das Ende noch mit Baumbast. Sorgfältig prüfte er seine Arbeit. Da durfte man sich keinen Fehler leisten, sonst flog der Pfeil wer weiß wohin.

Als er seinem Vater den Pfeil hinhielt, fragte er „Wie heißt sie?“ Der Vater wusste, was sein Sohn meinte und antwortete „Sarosa“ und der Sohn wiederholte den Namen, um sich schon mal daran zu gewöhnen. Der Vater prüfte den Pfeil und legte dann seine Hand auf die Schulter des Sohnes. Beide nickten sie sich zu.

3. Kapitel

Erntemond

D ie Arbeit war wirklich schwer. Seit ein paar Tagen waren alle Menschen des Dorfes von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf dem Feld. Vom Rande der Fläche trieb sie der Schamane zur Eile an. Immer wieder zeigte er nach oben und schrie „Beeilt euch!“ Die Männer schnitten mit Steinsicheln das Korn, die Mädchen, darunter auch Sarosa, flochten die Ähren zu kleinen Bündeln, die dann die älteren Frauen in die Scheune trugen. Die kleineren Kinder waren in der Mitte des Dorfes und spielten an der Scheune. So hatte mindestens eine der Frauen die Kinder immer im Blick. Die größeren Kinder halfen auf dem Feld. Schon ein paar Tagen eilte Sarosa gebeugt über das Feld. Während die Sonne schien, war sie unten. Erst in der Nacht konnte sie sich aufrichten. Vor Erschöpfung konnte sie nichts essen. So stand sie am frühen Morgen etwas eher auf und aß ein Stück kaltes Fleisch, bevor sie wieder auf das Feld lief.

Trotz der Mühsal wurde auf dem Feld gesungen und gelacht. Das lenkte etwas von der schweren Arbeit ab. Sonst wäre es gar nicht zum Aushalten gewesen. Die beiden Mädchen, die neben ihr arbeiteten, waren ebenfalls in ihrem Alter. Dakira links und Fridona rechts. Eigentlich arbeiteten sie Hand in Hand. Die Griffe waren schon am Abend des ersten Tages wieder so in ihren Gedanken gewesen, dass sie die Ähren ohne zu denken flechten konnte. Schon immer hatte sie auf dem Feld helfen müssen. Zumindest so lange, wie Sarosa zurückdenken konnte. Auch wenn es immer nur ein paar Tage im Jahr waren, hatte sich die schwere Arbeit tief in ihre Erinnerung eingebrannt. Irgendwo vor ihr arbeitete ihr zukünftiger Mann. Ein paar Mal hatte sie ihn in der Zeit schon gesehen. Er war ein Jahr älter als sie und seine Bewegungen waren sehr geschmeidig. Darin zeigte sich der erfolgreiche Jäger, der später sicher mal seine Familie gut ernähren konnte. Sie hatte Glück mit ihm.

Nur ein paar Worte hatte sie bisher mit ihm wechseln können. Noch gehörte sie nicht dazu. Noch wurde sie nur geduldet, auch wenn sich schon eine Art Freundschaft zu den beiden anderen Mädchen aufbaute. Schließlich war ja absehbar, wann sie zum Stamm dazu gehören würde. Dieses Feld musste abgeerntet und das Korn in der Scheune sein, dann war auch sie eine Bärin. Im Moment war sie nur eine Wölfin unter Bären.

Das Feld war sehr groß und schien kein Ende zu nehmen. Nach ein paar Tagen zog sich der Himmel zu und verfinsterte sich. Nun war auch dem letzten klar, warum der Schamane sie so antrieb. Schafften sie es nicht, das ganze Korn vom Feld zu bekommen, so würden sie im Winter Hunger leiden müssen. Doch schneller arbeiten ging einfach nicht. Alle schufteten schon in der höchsten möglichen Geschwindigkeit. Nun wurden die Plätze neu verteilt. Die älteren Frauen gingen nach vorn und die jungen Frauen und Mädchen mussten die Getreidegarben rennend in die Scheune bringend. Es war jedes Mal eine ganz schöne Strecke vom Feld zur Scheune und zurück. Nun sehnte sich Sarosa zurück zu ihrem schmerzenden Rücken, denn das Rennen führte bald dazu, dass ihre Beine brannten und sie von Zeit zu Zeit stolperte.

Aber sie konnte sich keine Blöße geben. Sie gehörte noch nicht dazu und alle Augen schienen ihr zu folgen, auch wenn das sicher nicht so war. Schließlich hatte jeder seine Arbeit und damit gar keine Zeit, ihr hinterher zu sehen. Schon immer hatte sie gut rennen können, doch das hier ging selbst über ihre Kräfte. „Ist das Feld nicht bald leer?“, stöhnte sie und prallte vor der Scheune mit Dakira zusammen. Mit einem Schrei stürzten beide zu Boden, dann rappelten sie sich wieder hoch, rieben sich kurz die schmerzenden Glieder und liefen trotz blauer Flecken und Schmerzen weiter. Die dunklen Wolken über ihnen trieben sie an.

Selbst in der Nacht, im Schlaf, lief sie weiter. Diese war zur Erholung viel zu kurz. Vor dem Einschlafen ging Sarosa kurz in den Teich. Aber sie setzte sich nur in das Wasser. Schwimmen hätte sie vor Erschöpfung schon nicht mehr gekonnt. Das Wasser tat gut und entspannte ihre schmerzenden Muskeln.

Pünktlich mit der Sonne des nächsten Tages, die sich mühsam durch die Wolken kämpfte, liefen sie wieder los. Nun war das Ende schon zu sehen und so mancher schnelle Blick ging nach oben. So manche stumme Frage „Schaffen wir das noch?“, flog zu den immer tiefer fallenden Wolken. Als Sarosa mit dem letzten Kornbündel in die Scheune fiel, setzte draußen ein Gewitter ein, wie sie es noch nie gehört hatte. Dutzende Blitze zuckten hintereinander zum Boden. Ein Donner jagte den nächsten und ging in ein kontinuierliches Grollen über, aus dem man keinen einzelnen Donner mehr heraus hören konnte. Ein Blitz nach dem anderen durchzuckte den Himmel und nachdem alle vom Feld waren, setzte ein Regenguss ein, der alles wegspülen wollte. Doch Sarosa war im falschen Haus! Sie musste aus der Scheune zum Haus des Schamanen!

Ein letzter schneller Lauf, der aber immer noch viel zu langsam war, folgte. Dann war sie in der Hütte des Schamanen, nass bis auf die Haut, und zog sich das Kleid aus. Umständlich drückte Sarosa das Wasser heraus und der Schamane hängte ihr eine Decke um ihre nackten Schultern. „Ruhe dich nun aus“, sagte er zu ihr und drückte sie auf eine der beiden Liegen. Dort sitzend sah das Mädchen in den fast undurchdringlichen Vorhang aus Wasser, der den Eingang der Hütte verschloss. „Gerade noch rechtzeitig“, sagte Sarosa und der Schamane nickte. Die Ernte war in Sicherheit. Trotzdem fror sie und der Mann machte schnell ein Feuer in der Hütte, so dass sie sich wieder erwärmen konnte. Bisher hatte er hier noch nie ein Feuer entfacht und er schien dies auch nur für sie zu machen.

Dankbar hockte sich Sarosa neben die aufzüngelnden Flammen und genoss die wohltuende Wärme. Der Qualm stieg ihr in die Augen, doch das störte sie nicht.

4. Kapitel

Neue Wege

D er alte Mann mochte diese Frau. In seine müden Augen war wieder Glanz gekommen. Die Sommer hatte er schon lange nicht mehr gezählt. Sicher mochten es mehr wie sechzig sein, die er als Schamane nun schon für seinen Stamm da war. Die Aufgeschlossenheit Sarosas erfrischte sein altes Herz und er hätte sich solch eine Tochter oder Enkelin gewünscht. Allerdings hatte er sich als Schamane gegen Kinder entschieden. Umso mehr freute er sich über die Gespräche mit ihr und manchmal stand er in der Nacht einfach nur da und betrachtete ihr schlafendes Gesicht im rötlichen Schein des Feuers.

Im Stamm war es so üblich geworden, dass ihm die Menschen aus dem Weg gingen und ihn nur aufsuchten, wenn sie ein Problem, eine Frage oder eine Krankheit hatten. Selbst die kleinen Kinder machten einen großen Bogen um ihn und das machte ihn zu einem einsamen Mann, nur wenige Schritte von den anderen entfernt. Da war es gerade so schön, dass er jemanden hatte, mit dem er über alles reden konnte, und der ihm zuhörte. Sarosa war eine gute Zuhörerin und die Fragen, die sie ihm stellte, zeigten ihm, dass sie über seine Worte nachdachte. Jetzt, wo er die junge Frau unter dem Dach seiner Hütte beherbergte, dachte er daran, dass er ja auch bald einen Nachfolger brauchen würde. Jemanden, der sein Wissen weiter gab.

Bestimmt würde er höchstens noch zwanzig Sommer leben, bevor ihn der Bärengeist und die Ahnen zu sich rufen würden. Bisher hatte er noch niemanden gefunden, der da so richtig in Frage gekommen wäre. Zamaso vielleicht, aber der würde als Sohn des Stammesführers in andere Aufgaben hinein wachsen müssen. Mit dem Blick auf Sarosa überlegte er sich, warum nicht auch eine Schamanin sein Wissen weiter in die Zukunft tragen konnte. Warum immer nur Männer? Warum nicht eine Frau!

Bei der Ernte hatte er gesehen, wie sie sich für die anderen im Stamm aufgeopfert hatte und bis zur völligen Erschöpfung gerannt war. Auch das hatte ihm imponiert. Er glaubte daran, dass die Unwetter gewartet hatten, bis sie das letzte Korn in der Scheune hatte. Nun saßen sie schon den dritten Tag in der Hütte, sahen auf den dichten Vorhang aus Regenwasser, der die Hütte verschloss und redeten über alles. Den ersten Tag hatte sie fast durchgeschlafen und er hatte nur daneben gesessen und überlegt. Schon bald würde sie die Partnerin von Zamaso werden. Wenn Zamaso irgendwann mal der Stammesführer werden würde, warum sollte sie dann nicht die Schamanin und Führerin der Ahnen werden? Das konnte die perfekte Partnerschaft werden. Der Mann für die Menschen, die Frau für die Geister. Noch wagte er nicht mit ihr darüber zu reden, sie hatte im Moment anderes zu tun, aber irgendwann würde der Zeitpunkt gekommen sein.

Bis es aber soweit sein würde, konnte er ja mit ihr reden. Der Schamane des Wolfstammes hatte der jungen Frau offensichtlich schon viel beigebracht. Sein Ansehen in dem anderen Stamm war ein anderes, als seines hier. Ein bisschen stimmte ihn das traurig, aber es war sicher der Willen der Ahnen. Doch wie würde er erkennen, wenn die Ahnen einen neuen Weg einschlagen wollten? Vielleicht an dem Wesen von Sarosa? Sicher war es kein Zufall gewesen, das ihn der andere Schamane gebeten hatte, auf Sarosa aufzupassen, während sie sich einen Mond lang auf ihre Partnerschaft vorbereiten würde. Davor musste die junge Frau noch ein paar Reinigungsrituale durchlaufen, aber das Ziel war nicht mehr weit.

Als der Regen weniger wurde, erklärte er ihr das letzte Reinigungsritual. Dabei ging es darum, ihren Körper mit Rauch von allen falschen Geistern zu säubern. Der andere Schamane hatte ihr schon zum Abschied im anderen Stamm dieses Ritual gezeigt. Dort war sie schon in der Schwitzhütte gewesen und als Abschluss des Mondes hier würde sie zum Neumond hier ebenfalls in die Schwitzhütte gehen. Wenn sie diese wieder verlassen würde, so würde auch der Mond zurückkehren und dann würden die letzten Tage bis zum Beginn der Partnerschaft beginnen. Zusammen verließen sie die Siedlung und gingen zum Teich hinüber. Dort bauten sie aus Zweigen die Hütte auf.

Der Schamane begann vor der Hütte ein Feuer zu machen und legte danach große Steine in die Glut. Dann stellte er einen Holzbottich mit Wasser in die Hütte und sagte „Es ist Zeit“, sie legten beide ihren Sachen ab, Sarosa setzte sich in die Hütte hinein, während er mit einer Astgabel und einem Stock die Steine aus der Glut zog und in den Bottich fallen ließ. Danach setzte er sich zu ihr, schlug den Eingang zu und warf eine Handvoll Kräuter in das kochende Wasser. Der Dampf stieg zur Decke der Hütte und trieb ihnen den Schweiß aus dem Körper. Schon bald waren beide rot. „Machst du das öfters?“, fragte sie ihn und er antwortete „An dem Tag, an dem es keinen Mond gibt und er neu geboren wird, sitze ich hier.“ Dabei warf er weitere Kräuter in das Wasser. Der Duft stieg auf und reinigte nun auch den Geist. „Vielleicht bin ich deshalb auch doppelt so alt, wie der älteste der anderen“, sagte er mit einem Schmunzeln. Der Schweiß lief ihm über die Stirn und tropfte von der Nasenspitze.

Als er sah, dass die Frau es kaum noch aushielt, schlug er den Ausgang zurück und zeigte auf den Teich. „Und nun hinein und untertauchen“, sagte er und ließ sie vorangehen. Danach stand auch er auf und sprang hinter ihr in das Wasser, das nur ein paar Schritte vor der Hütte war. Das Wasser war erfrischend kalt nach der Hitze in der Laubhütte.

Nachdem sie wieder an Land standen, zogen sie sich an und gingen langsam wieder zur Schamanenhütte hinüber. Die Schwitzhütte würden sie am nächsten Tag abreißen. Vor seiner Behausung setzten sie sich an das Feuer und er sagte „Nun ist es noch ein halber Mond, bis du Zamasos Partnerin wirst. Wenn der Mond dir seine volle Scheibe am Himmel zeigt, dann ist es so weit“, sie nickte verstehend. Der Mond der Reinigung war vorbei, nun würde der Mond wieder an Kraft gewinnen und der Geist des Bären in ihr ebenfalls.

5. Kapitel

Vollmondnächte

E ndlich war es so weit. Nun war der Tag gekommen, an dem Sarosa in ihren neuen Stamm aufgenommen werden sollte. Am Vortag war ihr Vater eingetroffen und so hatten sie die Nacht zu dritt am Feuer des Schamanen zugebracht. Schlafen hatte keiner von ihnen gekonnt. Ewig hatten sie in das Feuer geschaut. Jeder hatte seinen Gedanken nachgehangen. Sarosa Gedanken flogen hinüber zu der Hütte, wo ihr zukünftiger Mann sicher im Moment auch nicht schlafen konnte. Wenn sie den Kopf drehte, so sah sie im Licht des Vollmondes die Dächer der Hütten. Ein silberner Schein lag über der Wiese. Verträumt spielte sie mit dem Wolfszahn und dachte erst nach ein paar Augenblicken daran, dass sie diesen ja heute das letzte Mal trug. Noch konnte sie sich nicht vorstellen, ihn abzulegen. Er war praktisch ein Teil ihres Körpers. Selbst beim Schwimmen legte sie ihn nicht ab. Das war ihr Schutz! Ihr Vater legte seine Hand auf ihren Arm und nickte ihr zu. Vermutlich hatte er ihren Blick auf den Zahn gesehen.

Was würde der nächste Tag bringen? Schon oft hatte sie im elterlichen Dorf diesen Zeremonien beigewohnt. Der Schamane hatte diese immer geleitet. Hier würde sie dieser alte Mann neben ihr leiten. Doch es war sicher anders. Bisher wusste sie nichts davon. Noch war sie eben kein Teil des Bärenstammes. Sarosa stand auf und ging zur Hütte. Sie lehnte sich an die Wand des kleinen Hauses und schaute über das abgeerntete Feld. Durch den Mond war es fast taghell. Ihr Vater trat zu ihr. Auch das waren die letzten vertrauten Momente. In ein paar Tagen wären sie beide Fremde. Alles war so seltsam. Warum hatte sie nicht mit jemand in ihrer Siedlung, in ihrem Stamm, verpaart werden können? Da hätte sich nicht so viel für sie geändert. Aber so?

Langsam versank der Mond und es gab einen kurzen Moment der vollkommenen Dunkelheit, bevor am gegenüber liegenden Waldrand mit dem ersten roten Streifen der neue Tag begann. Mit der Sonne stand der Schamane auf und sagte „Gehe dich reinigen!“ Dabei zeigte er auf den Teich, den Sarosa ja schon gut kannte. Sie nickte den beiden Männern zu und lief die paar Schritte über das abgeerntete Feld. Wenig später tauchte sie in den Teich, rieb sich mit Sand ab und wusch sich den Sand vom Körper. Dann stieg sie wieder aus dem Wasser, zog sich an und ging zurück zur Hütte, wo die beiden Männer sie schon erwarteten. Jetzt verneigte sie sich vor dem Schamanen, der sich nun, zum Zeichen seiner offiziellen Funktion, ein Bärenfell um die Schultern gehangen hatte. Jetzt war er der Bär, das Schutztier des gesamten Stammes. Er schwankte nicht mehr, der Mann stand gerade und aufrecht. Die Kraft des Bären durchströmte seinen Körper und seinen Geist.

Zu dritt gingen sie zu den Hütten hinüber, wo Sarosa und ihr Vater außerhalb warten mussten. Der Bär begann auf einem freien Platz zwischen den Hütten zu tanzen. Dabei war nicht ein Fehltritt zu sehen. Der Mann, der vor ein paar Tagen eine Ewigkeit für fünfzig Schritte gebraucht hatte, tanzte mit der Kraft der Jugend. Rasselnd und singend rief er die Ahnen an und alle Bewohner der Hütten, vom Kleinkind bis zum Greis, trafen sich rings um diesen Platz. Eine schmale Stelle war noch frei, vor welche Sarosa und ihr Vater nun standen. Plötzlich blieb der Schamane stehen und verstummte. Von der anderen Seite trat ihr zukünftiger Mann zu ihm und mit einer Handbewegung rief der Bär Sarosa zu sich.

Am Rande des Menschenringes stoppte er sie. Dann trat er zu ihr und nahm ihr den Wolfszahn ab, diesen übergab er danach an ihren Vater. „Lege nun deine Sachen ab“, sagte der Schamane und Sarosa übergab ihren Gürtel, die Schuhe und das Kleid an ihren Vater. Den geliebten Kamm ließ sie in ihrem Haar stecken. Nun erst gab der Schamane ihr den weiteren Weg frei. Nackt und ohne den Schutz des Wolfszahnes betrat sie den zuvor von dem Schamanen gereinigten Platz in der Mitte der Menschen. Sie spürte die Blicke auf ihrem Körper. War das hier immer so? Oder nur mit Angehörigen fremder Stämme? Sarosa wusste es nicht, aber es schien eine Art von Geburtsritual zu sein. So wie ein neugeborenes Kind war sie bloß und schutzlos.

Der Schamane begann um sie herumzutanzen. Dabei rief er den Geist des Bären zu sich. Von der anderen Seite trat der junge Mann zu ihr und stellte sich vor sie. Anschließend umtanzte der Bär sie beide. Wieder stoppte der Schamane und zog eine Bärenkralle an einem Band aus seinem Gürtel. Diese übergab er an Sarosa, die sie sich sofort um den Hals legte. Von nun an stand sie unter dem Schutz des Bärengeistes.

Damit war sie jetzt auch eine Angehörige des Bärenstammes. Es fehlte nur noch die Verpaarung und die würde sicher in ihrer zukünftigen Hütte stattfinden. Schnell blickte sie sich um, ob die Menschen einen Weg freigaben, den sie gehen sollte, doch der Kreis hatte sich vollkommen um sie herum geschlossen. Sollten sie hier, vor aller Augen, verpaart werden? Für einen Moment zuckte sie zurück, dann fügte sie sich in ihr Schicksal. Noch immer tanzte der Bär um sie herum, dann verließ er die Runde und ließ zwei junge Menschen zurück. Der Mann steifte sich ebenfalls die Kleidung ab und zog Sarosa zu Boden. Da immer alle in einer Hütte wohnten, hatte sie schon oft dabei zugesehen, wie es ihre Eltern taten. Aber dabei zuzusehen oder dabei andere zusehen zu lassen, das waren zwei vollkommen verschiedene Sachen.

Hier auf dem Platz, auf dem noch vor ein paar Tagen das Korn gedroschen worden war, lag sie und blickte zum Himmel. Der Mann legte sich auf sie und drückte ihr die Beine auseinander. Ein kurzer Schmerz und die Worte des Schamanen „Es ist vollbracht“, folgten. Dann half ihr Mann ihr auf. Es war also mehr ein symbolischer Akt gewesen, doch an ihrem Bein lief ein dünnes Rinnsal Blut entlang. Schnell wischte sie es sich mit der Hand ab. Ihre zwei Freundinnen brachten ihr neue Sachen, die sie anzog. Mit einem Freudengeheul begrüßte der neue Stamm sie. Nun war sie wirklich eine Bärin.

6. Kapitel

Bärenkraft

H ier war er nun und sah sie an. Nur zwei Schritte entfernt stand sie nackt vor ihm und der Schamane tanzte um sie herum. Sie trug die Kralle des Bären und es war nun nur noch eines zu tun. Der junge Jäger streifte sich seine Kleidung über den Kopf und trat einen Schritt auf sie zu. Die Kreise des Schamanen wurden immer enger, dann verstummte der Mann und gab den Platz für die Verpaarung frei. Zamaso griff um Sarosas Hüfte und legte sie mit dem Rücken auf den harten Fußboden des Dorfplatzes. Hier waren sie nun im Schutze des Bären, den der Schamane für diese Zeremonie gerufen hatte. Jetzt kniete sich Zamaso neben sie und hob die Knie der Frau an, wodurch ihre Fußsohlen wieder auf dem Boden standen. So würde es leichter gehen, hatte es ihm sein Vater erklärt. Dann erhob er sich wieder und bat um die Kraft des Bären. Noch würde die Verpaarung scheitern, doch er spürte schon, wie die Energie des Bären durch seinen Körper zu laufen begann.

Diese Energie konzentrierte sich an einer Stelle und sorgte dafür, dass trotz der vielen Augen, die nun erwartungsvoll auf ihn gerichtet waren, ein nicht unwichtiger Körperteil an Größe zunahm. Dann legte er sich zu Sarosa, gilt auf ihren Bauch und suchte den Widerstand, von dem sein Vater ebenfalls gesprochen hatte. Schließlich fand er ihn und mit einem schnellen Stoß überwand er ihn und glitt in seine Frau. Sarosa zuckte kurz zusammen, sagte aber nichts und schrie auch nicht. Das hätte bestimmt die Zeremonie zerstört. Sie war eine starke, gute Frau und er hatte großes Glück mit ihr. Danach rief der Schamane, dass die Verpaarung vollzogen war und Zamaso stand auf. Schnell half er seiner Frau auf und sie zogen sich gegenseitig an. Anschließend brachte er sie zu seiner Hütte und zeigte ihr alles.

Die Bewohner der Hütte trafen nun alle ein und er stellte seiner Frau einen jeden davon vor. Schließlich waren sie nun zwanzig Menschen, zwei Kühe und vier Schafe unter einem Dach und seine Frau musste jeden davon kennen. Dann gingen sie zu den anderen Hütten und auch dort machte er weiter, denn sie war nun Teil des Stammes und musste alle kennenlernen. Das würde zwar ein paar Tage dauern, aber überall wurde sie herzlich begrüßt. Besonders die vier gleichaltrigen noch unverpaarten Mädchen des Dorfes schlossen sie schnell in ihr Herz. Bei der Ernte hatte sie ja schon Seite an Seite gearbeitet. Nun stand Sarosa unter dem Schutz eines jeden Stammesmitgliedes.

Erst in der Abenddämmerung, pünktlich zum Essen, waren sie wieder an ihrer Hütte angelangt, denn die Abstände zwischen den Hütten waren schon etwas größer. Dazwischen lagen noch Ställe, Scheunen und ein paar Brunnen. Schließlich betraten sie die gemeinsame Hütte und er zeigte ihr ihren Platz am Tisch. Auf der Seite der Frauen, ihm direkt gegenüber. Es gab ein besonderes Abendmahl für alle in der Hütte, mit reichlich Fleisch von dem Reh, dass er zusammen mit seinem Vater für diese Feier gejagt hatte. Nachdem der Tisch leer war, ging sich jeder im Brunnen waschen und lief dann zu seiner Schlafstatt. Auch diesmal zeigte er Sarosa ihren Platz. Schnell streiften sie ihre Kleidung ab und hängten sie zum Trocknen an Haken an der Hüttendecke. Langsam brannte das Feuer nieder, sein roter Schein beleuchtete die Schläfer, die dicht an dicht in der Hütte ruhten. Sarosa drückte sich eng an ihn und rieb ihren Körper unter der Decke an seinem.

Die Kraft des Bären erwachte wieder, ohne dass er ihn gerufen hatte. Das fiel offensichtlich auch seiner Frau auf. Sie lächelte ihn an und er fragte „Wollen wir fortsetzen, was wir auf dem Platz begonnen haben?“ Dann nickte sie und schlug die Decke zurück. Dass sie jeder in der Hütte sehen konnte, war normal, daran störte sich niemand. Den schnaufenden Geräuschen nach zu urteilen, tat es sein Vater am anderen Ende der Hütte auch gerade.

Manchmal hatte er die Eltern dabei beobachtet, so wie andere sicher ihn jetzt beobachten würden. Sein Blick glitt über die Frau an seiner Seite, die sich zu ihm rollte. So erleichterte sie ihm, dass er sie überall streicheln und ausgiebig berühren konnte. Dann drückte er sie auf den Rücken und glitt auf ihren Bauch. Im Kuss vereint blieben sie so ein paar Augenblicke liegen, bevor er sich in sie schob. Diesmal offensichtlich, ohne bei ihr Schmerzen auszulösen. Die Bewegungen wurden schneller und er fiel auf sie.

Mit einem Stöhnen verabschiedete sich der Bär und sie schliefen erschöpft nebeneinander ein. Der Ruf einer Kuh weckte die Schläfer wieder und nach einer kurzen Wäsche begann jeder mit seinem Tagwerk. Dabei sah er seine Frau etwas hilflos dazwischen stehen und so gab er sie seiner Mutter an die Hand, wodurch sie von ihr ihren neuen Platz in der Hütte erhielt. Schließlich war seine Mutter, als älteste Frau in dieser Behausung, der Vorstand der Frauen, so wie es sein Vater für die Männer in der Hütte und im Stamm war.

Der tägliche Ablauf folgte. Die Frauen gingen zu den Tieren und die Männer brachen zur Jagd auf, um Fleisch für den bald folgenden Winter zu erjagen, auch wenn der im Moment noch weit entfernt schien.

Zamaso nahm den Köcher von der Wand und prüfte jede einzelne Spitze und die Befiederung sorgfältig. Der Erfolg der ganzen Jagd konnte an einer der mit Baumharz eingeklebten Steinspitzen an dem Pfeil liegen und damit hing das Überleben im Winter davon ab. Also prüfte er lieber zweimal, bevor er das Dutzend Pfeile wieder verstaute und seinem Vater zunickte.

Ein letzter Blick ging zu seiner Frau, die gerade eine Kuh molk. Danach zogen die Männer in den Wald. Nur ein paar ältere blieben zurück. Hier im Wald änderte sich seine Körperhaltung. War er in der Siedlung eher steif und schlaksig, so wurden seine Bewegungen hier im Wald die eines Luchses. Immer auf alles achten und kein Geräusch machen. Viel sehen, nicht gesehen werden. Hier durfte er eigentlich nicht an Sarosa denken und dennoch schob sie sich immer wieder in seine Gedanken.

7. Kapitel

Viel zu lernen

N un gab es wirklich eine Menge zu lernen für Sarosa. Es war schon etwas anderes, ob man als Tochter im Hause wohnte, oder eine Partnerin war. Zusammen mit ihr lebten auch die Geschwister von ihrem Mann und dessen Eltern hier. Die meisten seiner Geschwister waren noch klein. Eine Schwester von ihm hatte sie schon im Jahr zuvor im elterlichen Haus, im Stamme der Wölfe, kennengelernt. Diese Frau war nun mit Sarosas Bruder zusammen. In diesem Jahr würde sie noch ein Kind bekommen, doch das würde Sarosa nicht sehen können, denn sie würde den Stamm der Wölfe sicherlich nie wiedersehen. So war das nun mal. Vielleicht würde Sarosa im nächsten Jahr ja auch schon ein Kind haben. Zumindest taten sie alles dafür, dass es klappen konnte. Ihre tägliche Arbeit bezog sich auf die beiden Kühe, die sie nun schon etliche Tage betreuen musste.

Die Tiere im Haus zu haben, das heizte die ganze Unterkunft. Im Sommer war das nicht so angenehm, im Winter würde es dann sicher besser werden. Fast alles war hier ähnlich wie bei ihrer Mutter. Manche Dinge wurden anders geregelt, aber daran würde sie sich auch noch gewöhnen. Das Seltsamste war aber, das der Schamane hier außerhalb der Siedlung wohnte. In ihrem alten Stamm hatte der Schamane seinen Platz in der Mitte der Hütten. Sarosa hätte sich gewünscht, dass der alte Mann näher an ihr sein würde, denn sie verstand sich gut mit ihm und hatte sich viel mit ihm unterhalten. Jetzt war er doch etwas ferner und sie konnte nicht einfach mal so zu ihm gehen, um seinen Rat einzuholen. In ihrem Dorf legte der Schamane den Zeitpunkt der Aussaat und der Ernte fest. Hier schien es ebenso. Schließlich hatte er ja auch genau das Wetter vorher gesehen.

Bei ihren Unterhaltungen hatte er ihr von Sternen und der Sonne erzählt. Der Mann hatte erklärt, dass er jeden Tag den Sonnenaufgang und den Sonnenuntergang beobachtete. Dabei hatte er ihr nur kurz ein paar Markierungen gezeigt, die an seiner Hütte angebracht waren. Jeder andere hätte vielleicht gedacht, das der Eingang nur zufällig immer zur aufgehenden Sonne zeigte, doch sie hatte verstanden, dass diese Hütte absichtlich dort stand und damit auch den ganzen Tag Sonne hatte. Für andere wäre es ein Mysterium, aber sie hatte seine Markierungen verstanden. Es störte sie nur, dass sie eben nicht so oft zu ihm gehen konnte. Aber immer auf dem Weg zum oder vom Baden im Teich machte sie für ein kurzes Gespräch an dieser abgeschiedenen Hütte halt. Dabei konnte sie aber auch nicht verstehen, dass die Kinder der Siedlung solch eine Angst vor ihm hatten.

Vielleicht lag es auch daran, dass sie in ihrem eigenen Stamm praktisch jeden Tag beim Schamanen gewesen war. Seine Hütte und die Hütte von Sarosas Vater grenzten fast aneinander. Nur mit der Sonnenbeobachtung war es dadurch etwas schwieriger, doch der Wolfsschamane beobachtete dafür Mond und Sterne. Dadurch kam er zu denselben Ratschlägen wie dieser Schamane durch die Sonnenbeobachtung. Aber war das ihre Aufgabe? Das war Sache des Schamanen. Es gab hier im Stamm eine klare Teilung aller arbeiten. Der Schamane für den Himmel, die Männer für die Jagd im Wald und die Frauen für Haus und Kinder. Alles war gleich Wichtig. Jeder musste seine Aufgaben erfüllen, um die Gemeinschaft als Ganzes zu stärken.

Zum Glück kam Sarosa mit Zamasos Mutter gut zurecht. Da Zamaso ihr ältester Sohn war, würde er, wenn er sich gut bewährte, irgendwann mal den Stamm führen. Er war kräftig, klug, geschickt und ein sehr guter Jäger, wie er jeden Tag immer wieder bewies. Sie war stolz darauf, seine Partnerin zu sein und irgendwann würde sie dann auch die Frauen des Stammes führen, so wie Zamasos Mutter es bisher tat. So lernte Sarosa vieles durch Zusehen und zuhören.

Das Wichtigste war aber die Gastfreundschaft. In den Wäldern lebten nicht viele Menschen und so war es selbstverständlich, dass man Reisenden und Händlern die Hütten öffnete. Informationen von anderen Stämmen wurden dabei immer mit ausgetauscht. Wer in Frieden kam, der wurde beherbergt. Wer aber mit kriegerischen Absichten kam, der wurde von der Gemeinschaft unter Waffen empfangen.

Die Angehörigen der nächsten Stämme waren aber eher selten hier. Man sah es nicht gern, wenn die anderen Jäger im Wald umherstreiften, den sie selbst für sich brauchten. Alles Wild, alle Beeren und Pilze rund um die Siedlung gehörten ihnen. Deshalb lagen die Häuser der verschiedenen Stämme meist mehr als einen Tagesmarsch auseinander. So konnte man beim Pilze sammeln nicht in den fremden Wald gelangen. Das machte es für Sarosa nicht leichter. Ihre Freunde von früher, die alte Familie, würde sie damit sicher nicht wieder sehen.

Eines Tages, etwas mehr als einen Mond nach der Verpaarung, kamen fremde Händler in die Siedlung. Darunter waren auch zwei große Männer, die sehr dunkel aussahen. Zuerst dachten alle, sie seien nur schmutzig, aber die Farbe ging nicht ab. Die Gruppe wurde von einem großen Mann angeführt, der einen kleinen Bart trug. Die anderen Männer hatte alle kurze Haare und kaum Bartwuchs. Sie sahen mit den kurzen Haaren wie Jäger aus, doch das seltsamste war, dass sie alle Waffen aus dem glänzenden Stein an ihrer Seite führten. Einer der schwarzen Männer war am Arm verletzt und eine der alten Frauen legte ihm einen Kräuterverband an.

Zum Abend wurden sie bewirtet. Der Anführer sprach ihre Sprache und stellte sich mit Laris vor. Er kam aus einem fernen Land, mit einem Blick blieb er aber immer bei seiner Ware, die er in Säcken bei sich hatte. Nach dem Essen fragte der Mann nach dem Teich, wo er baden wollte. Dazu würde er die Säcke unbewacht zurücklassen müssen, doch sie waren ja sein Eigentum.

Sarosa fand nichts daran, ihm und seinen Männer den kleinen Teich zu zeigen. Einige Mädchen schlossen sich an, womit es fünf Männer und fünf Frauen waren, die dann schwimmen gehen wollten. Die jungen Frauen sprangen nackt in das Wasser, wie es bei ihnen üblich war und die Männer zögerten, sich ihnen ebenso anzuschließen. Sie hatte wohl bemerkt, dass der Anführer seine Erregung vor ihr verstecken wollte, doch soweit ging die Gastfreundschaft nun auch wieder nicht. Schließlich hatte sie ja schon einen Partner!

Aus dem Augenwinkel sah sie aber, das Fridona an einem der dunklen Männer herumspielte. Schnell drehte sie sich weg und schwamm zur Mitte des Teiches.

8. Kapitel

Brennende Steine

E r hasste diesen endlosen Wald. Seine Heimat war weit im Süden. Im Vorjahr war er mit zwanzig Männern aufgebrochen. Nun hatte er noch zehn. Doch sie waren endlich reich bepackt auf dem Rückweg. Solange der Pharao diese kleinen, brennenden Steine mit Gold mehr als aufwog, solange lohnte sich der beschwerliche Weg. Schon einmal war er dorthin, an dieses nordische Meer, gezogen und mit vielen Säcken voller Steine zurückgekehrt. Diese Reise noch und er konnte sich zur Ruhe setzen. Dabei war er noch keine vierundzwanzig Sommer alt. Es war ein einträgliches Geschäft, wenn man es überlebte. Und wenn nur nicht dieser dunkle und feuchte Wald wäre. Selbst jetzt zum Ende des Sommers war es hier kalt und es regnete. Die Jahreszeiten sah man nur an der Tageslänge.

Die Einheimischen fürchtete er nicht, denn die hatten oft nur Waffen aus Stein. Seine Gruppe trug Waffen aus Metall. Krankheiten, wilde Tiere und Unfälle hatten die zehn Männer dahingerafft und nur die Hälfte waren sie nun noch. Aber sie mussten sich beeilen. Vor dem Schnee wollte er das Gebirge überwunden haben. Und das war noch weit im Süden. Nur zwei der Nubier waren übrig geblieben. Dieses kalte Wetter hatte die anderen schnell geholt und nur diese zwei, zu denen er gerade sah, die hatten die richtigen Abwehrkräfte gehabt. Mit Absicht hatte er diese Sklaven mitgenommen, da ihre dunkle Hautfarbe auf die Einheimischen immer großen Eindruck machte.

Trotzdem versuchten sie aber immer, den Waldmenschen aus dem Wege zu gehen. Nur wenn es wirklich nicht anders ging, so versuchten sie dort zu handeln oder eine Rast zu machen. Die