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1727 entstand im sächsischen Herrnhut auf dem Gut des Grafen Zinzendorf eine Gemeinschaft, die antrat, den christlichen Glauben zu erneuern: die Herrnhuter Brüdergemeine. Hundert Jahre später entstandten die radikalen Reformatoren Missionare nach Südafrika, die dort entlaufene Sklaven und Buschleute um sich scharten und in entlegenen Landstrichen Missionssiedlungen aufbauten. Die Missionare traten an, das Reich Gottes auf Erden zu holen. Der Autor besuchte in Südafrika die alten Missionssiedlungen Wupperthal in den Zederbergen und Elim am Kap Agulhas - und traf auf eine vergangen geglaubte pietistische Welt, in der der Geist Zinzendorfs noch heute lebendig ist. - Illustriertes eBook mit zahlreichen Fotos.
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Inhaltsverzeichnis
Auf der Suche nach Elim
Kai Althoetmar
Bei den Herrnhutern in Südafrika
Impressum:
Titel des Buches: „Auf der Suche nach Elim. Bei den Herrnhutern in Südafrika“.
Erscheinungsjahr: 2019.
Inhaltlich Verantwortlich:
Edition Kultour
Kai Althoetmar
Am Heiden Weyher 2
53902 Bad Münstereifel
Deutschland
Text: © Kai Althoetmar.
Titelfoto: Zederberge, Südafrika. Foto: Heribert Bechen, CC BY-SA 2.0.
Verlag und Autor folgen der bis 1996 allgemeingültigen und bewährten deutschen Rechtschreibung.
Wupperthal liegt wie am Ende der irdischen Welt und sollte Vorposten des Himmels sein. Nicht das Wuppertal im deutschen Bergischen Land, sondern das in einem anderen bergischen Land, das in Südafrikas Zederbergen, zweihundert Kilometer nördlich von Kapstadt. Auf bis zu neunhundert Meter über dem Atlantikspiegel führt die Schotterpiste durch eine Karl-May-Landschaft nach Wupperthal in die schroffen Zederberge. Bald zweihundert Jahre geht die Reise zurück: zu den Anfängen der deutschen Mission in Südafrika. Das von der Außenwelt fast völlig abgeschnittene Wupperthal ist eine Missionssiedlung der Mährischen Kirche von Südafrika, in der das Leben wie anno 1830 spielt. Fast.
Clanwilliam. Ein Provinzstädtchen am Fuße der Zederberge in Südafrikas Westlicher Kapprovinz, ein öder Streckenposten am Rande der Nationalstraße N 7, die von Kapstadt hoch zur namibischen Grenze führt. Vor dem „Spar“-Markt hält ein weißer Isuzu 4.0 Liter. Wie jeden Montag belädt der Fahrer seinen Lkw mit Brot, Obst und anderen Lebensmitteln. Proviant für die Missionssiedlung. Seine Tour von Wupperthal nach Clanwilliam und zurück ist die einzige regelmäßige Mitfahrgelegenheit, um zwischen zwei Welten zu pendeln, zwischen weltlicher Kapprovinz und dem gottesfürchtigen Tal der Missionare, keine siebzig Kilometer und doch scheinbar Welten voneinander entfernt.
Die Teerstraße endet bald, Tempo 20 gebieten die Schilder auf dem Pakhuis-Paß. Den Fahrer mit dem Pepita-Hut schert es nicht. Mit achtzig Sachen und einem Grinsen nimmt er die Paßstraße, die einen grandiosen Blick auf canyonähnliche Felsformationen und das fast menschenleere Tal des Olifants River öffnet. In Höhlen und Felsspalten haben die Khoi-San, die Buschleute Südafrikas, hier vor Jahrtausenden Spuren für die Ewigkeit hinterlassen: Felsmalereien - flüchtende Antilopen, ihre eigenen Trance-Tänze, Elefanten und Nashörner.
Unter den Reifen spritzt Schotter weg. Ein Laster mit Tee und ein vollbesetzter Golf, der Öl verliert, kommen uns entgegen. Hier, sagt der Fahrer, ein burschikoser Farbiger, sei vor Jahren ein Bus aus der Kurve geflogen. „Haben nicht viele überlebt.“ Kein Wunder bei einem Absturz in hundert Meter Tiefe. Ein Schild weist zu einem Grab. Kein Unfallopfer, sondern ein Dichter liegt hier begraben: Louis Leipoldt, Clanwilliams berühmter Poet und Arzt. Seine Asche wurde 1917 in einer Buschmann-Höhle verstreut.
Eselbank-Paß südlich von Wupperthal. Foto: Brita Lomba, CC BY-SA 4.0.
Der Laster durchquert das Bushmans Kloof Private Game Rerserve, ein Mekka für Archäologen und eines für Botaniker, wenn im September das Tal zu einem Blumenozean der Farbenpracht wird, und eines für Vogelkundler. Hundertvierzig Vogelarten gibt es im Reservat, und manches mehr: Springböcke, die murmeltierartigen Klippschliefer, die seltenen Kap-Bergleoparden, gefährliche Puffottern, Schwarze und Grüne Mambas.
Endstation im grünen Tra-Tra-Tal: Wupperthal. Als der deutsche Missionar Johann Gottlieb Leipoldt am 4. Januar 1830 hier ankam, erinnerte ihn die grüne Idylle inmitten der Zederberge an seine Heimat, das Tal der Wupper. Aus Elberfeld, das 1930 mit Barmen zur Stadt Wuppertal verschmolz, kam er im Auftrag der Rheinischen Mission. Wupperthal wurde die erste Missionsstation der rheinischen Gottesleute auf südafrikanischem Boden. Leipoldt blieb bis zu seinem Tod 1872. Erst 1965 endete die Mission, als die Gemeinde sich der Mährischen Kirche anschloß, der Moravian Church of South Africa, dem südafrikanischen Ableger der Herrnhuter Brüdergemeine.
Wupperthal in einer alten Zeichnung von H.C. Knudsen.
Die Zeit der deutschen Missionare ist vorbei. Nur einer kehrte zurück: Karl Schiefer aus Weinstadt bei Stuttgart. 1969 kam er als evangelischer Austauschpfarrer nach Wupperthal. Aus geplanten vier Jahren wurden zehn. Von 1979 bis zu seiner Pensionierung 1989 lebte er nochmals in der Bundesrepublik. „Eine Woche später war ich wieder hier in Wupperthal“, sagt er. Aber er missioniert nicht, sondern arbeitet unbezahlt als Development Officer, als Entwicklungshelfer im Unruhestand, kümmert sich um das überfüllte Schülerheim, um staatliche Entwicklungsgelder und neugierige Besucher. „Fünfhundert Rand“, klagt er, „bekommen wir vom Staat pro Jahr für den Straßenbau - so viel wie jede einfache Farm.“ Zweitausendfünfhundert Menschen, fast alle Farbige, leben in Wupperthal und den umliegenden Weilern ein recht gottgefälliges Leben unter harten Bedingungen: Die kleine Schuhfabrik von anno 1836 ist kaum rentabel, auch die Handschuhmanufaktur gibt nur Arbeit für eine Handvoll Leute, und den kostbaren Rotbuschtee, der im Tal wächst, hat man in der Vergangenheit stets unter Wert an die Teefabrik in Clanwilliam verramschen müssen. Viele Bewohner der weiß verputzten Reetdachhäuser leben von dem, was sie im Garten anpflanzen: Süßkartoffeln, Kohl, Zwiebeln, Mais, Bohnen und Trockenfrüchte.