Aurelia - In himmlischer Mission - Uwe Goeritz - E-Book

Aurelia - In himmlischer Mission E-Book

Uwe Goeritz

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Beschreibung

"Aurelia - In himmlischer Mission" Altersempfehlung: ab 16 Jahre "Ein Urlaub wäre schön", denkt sich Aurelia. Der Engel der Liebe ist nach der Geburt ihrer Tochter im Ruhestand, aber so hatte sie sich das Leben als Mutter nicht vorgestellt. Da kommt es ihr gerade recht, dass Lilith ihr die Tochter für zwei Wochen abnimmt und auch noch ein idyllisches Landhotel empfiehlt. Ziemlich schnell kommt Aurelia aber dahinter, dass diese freundliche Geste der Dämonin einen kleinen Haken hat. Sie muss die Liebe wieder in sich selbst finden und auch die Verbindung zwischen Franz und Lisa kitten. Dazu kommt allerdings, dass ihre Fähigkeiten ein klein wenig eingerostet sind. Es beginnt eine neue himmlische Mission, die eine ganz neue Erfahrung für sie wird. Weitere Informationen finden Sie unter http://romantik.goeritz-netz.de/

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Inhaltsverzeichnis

Aurelia - In himmlischer Mission

Eine leise Bitte

Urlaub von der Windel

Erinnerungen

Falle im Bergidyll?

Suchende Augen

Ein Engel oder ein Prinz!

Erholung pur

Dämonentanz

Ablenkungen

Wie Romeo und Julia?

Die billigste Alternative?

Das glorreiche Dutzend

Hofleben

Vom Glück, eine Sau zu sein

Notrufe

Hilfe in der Not

Ohne Ausweg?

Engelsschwingen

Eine Nixe

In Momenten puren Glücks

Aliens

Ein freier Tag

Freundinnen

Wo findet man das Glück?

Seltsame Dinge geschehen!

Gedankenspiele

Die Chance einer Möglichkeit

Neue Wege

Vorbereitung ist alles!

Herzstolpern

Doch keine Verräterin?!

Notfallplan B

Am Ziel?

Flügel um Flügel

Send me an Angel?

Vom Glück, ein Engel zu sein

Aurelia - In himmlischer Mission

„Ein Urlaub wäre schön“, denkt sich Aurelia. Der Engel der Liebe ist nach der Geburt ihrer Tochter im Ruhestand, aber so hatte sie sich das Leben als Mutter nicht vorgestellt. Da kommt es ihr gerade recht, dass Lilith ihr die Tochter für zwei Wochen abnimmt und auch noch ein idyllisches Landhotel empfiehlt.

Ziemlich schnell kommt Aurelia aber dahinter, dass diese freundliche Geste der Dämonin einen kleinen Haken hat. Sie muss die Liebe wieder in sich selbst finden und auch die Verbindung zwischen Franz und Lisa kitten. Dazu kommt allerdings, dass ihre Fähigkeiten ein klein wenig eingerostet sind. Es beginnt eine neue himmlische Mission, die eine ganz neue Erfahrung für sie wird.

Sämtliche Figuren, Firmen und Ereignisse dieser Erzählung sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, ob lebend oder tot, ist rein zufällig und vom Autor nicht beabsichtigt.

1. Kapitel

Eine leise Bitte

Lisa stand am Fenster und sah auf die Blumenwiese hinab, die im letzten Licht des Tages vor dem Haus zu sehen war. Durch das geöffnete Fenster kam der Duft der Almwiese zu ihr herein, den sie so sehr liebte. Sie war zwanzig Jahre alt und half dem Vater in der Wirtschaft, die oberhalb des Dorfes an einem Hang lag und von Einheimischen und Urlaubern gut besucht wurde. Auch fünf Zimmer hatte die Wirtschaft, von denen jetzt im Mai aber nur zwei gebucht waren. Trotzdem gab es jeden Tag Arbeit bis zum Umfallen, denn außer ihr und Anton hatte der Vater keinerlei Hilfskräfte und auch noch einen Stall mit ein paar Kühen und Schweinen zu bewirtschaften.

Nur mit Mühe konnte sie die Augen offen halten, denn auch an diesem Tag war sie nun schon seit 5:00 Uhr in der Früh auf den Beinen. Und das war mehr wie siebzehn Stunden her, wie der Wecker auf ihrem Nachttisch ihr in großen, roten Zahlen anzeigte. Gähnend löste sie den blonden Zopf und kämmte schon fast in Trance, immer noch am Fenster stehend, ihre Haare. Vielleicht war der Vater nur zu geizig, sich eine weitere Magd zu nehmen, vielleicht fand er aber auch keine, weil der alte Griesgram wegen seines Jähzorns im ganzen Dorf verschrien war. Einzig der Anton hielt es noch mit ihm aus, aber der ältere Knecht half auch nur Stundenweise im Stall und auf dem Feld aus. Für die schwereren Aufgaben.

Allerdings kamen die Leute gern in die Schänke, weil das Bier, welches der Vater nach einem Geheimrezept im Keller braute, das Beste der ganzen Umgebung war. Das Beste der Welt, wie einer der Urlauber vor ein paar Tagen bewundernd festgestellt hatte. Trinken wollten alle bei ihm. Arbeiten eher keiner. Abgesehen von Anton! Und von ihr, aber welche Wahl hatte sie schon?

Müde und ausgelaugt streifte sie sich das obligatorische Dirndlkleid ab und schlurfte im Unterhemd zur Dusche in das angrenzende Bad. Ihr Zimmer war wie eine dieser Ferienwohnungen eingerichtet. Bad, Kochnische und Bett auf knapp 15 Quadratmetern. Nicht viel, aber es reichte ihr aus, zumal sie ja sowieso nur nachts in dieses Zimmer kam.

Es war eine Urlaubergegend und die Herberge lag günstig am Schnittpunkt von Rad-, Wander- und Skipfaden. Praktisch das ganze Jahr war hier was los.

Das Unterhemd landete im Wäschekorb und das warme Wasser aus der Dusche hüllte ihren Körper ein. Ein Duschgel mit dem Duft von Wiesenblumen verstärkte dieses Wohlgefühl nur noch. Lisa konnte schon ihr Bett nach sich rufen hören.

Abgetrocknet und im Schlafanzug lief sie zurück zu ihrem Bett. Fast schon schlafend ging sie die Aufgaben des nächsten Tages durch. Gästewechseltag! Da war besonders viel zu tun! Sie setzte sich auf die Kante ihre Bettes und tastete mit geschlossenen Augen nach dem Schalter der kleinen Nachttischlampe, als ein Geräusch sie aufschreckte. Es klang, wie das Kratzen einer Maus! Hatte sich einer der Nager in ihr Zimmer geschlichen?

Sie war hier im zweiten Stock! Wie hätte es da eine der Mäuse schaffen können? Nun war sie wieder wach! Genauer lauschte sie und das Geräusch schien von draußen zu kommen. Kletterte da gerade solch ein pelziger Räuber die hölzerne Fassade herauf? Das Fenster stand noch sperrangelweit offen!

Mit einem Satz war die junge Frau die zwei Meter zum Fenster gesprungen. In der Finsternis würde sie den Nager zwar nicht sehen, aber sie konnte die hölzernen Fensterläden schließen. Wo war eigentlich Kasimir, der große schwarze Kater, wenn man ihn brauchte? Lisa zog am Seil und die beiden Flügel begannen sich zu schließen, stoppten aber kurz darauf, weil sie auf einen Widerstand stießen.

„Hallo Lisa!“ Das Wispern kam von unten und die Frau sah hinab. Nur ein paar handbreit von sich entfernt sah sie das Gesicht von Franz, einem jungen Mann aus dem Dorf, der unterhalb ihres Fensters, in schwindelerregender Höhe, auf der klapprigen Leiter stand.

Fast hätte Lisa aufgeschrien, konnte sich aber gerade noch die Hand vor den Mund schlagen. „Was machst du denn hier?“, fragte sie leise. „Fensterln!“, kam die freche Antwort aus der Dämmerung. Der junge Mann gefiel ihr schon ganz gut und da der Vater sie eigentlich nie aus dem Haus ließ, außer zum Gottesdienst am Sonntag, war es eher, als wenn sie hier eine Nonne im Kloster war.

Dabei war sie zwanzig! Kurz zögerte sie, dann sagte sie „Komm hoch! Aber leise!“ Franz kletterte die letzten fünf Sprossen der Leiter mit solch einer Geschwindigkeit, dass Lisa ihn schon die fünf Meter wieder hinabstürzen sah.

Endlich stand der Mann in ihrem Zimmer. Für einen Moment lauschte Lisa, ob das Eindringen des Mannes unbemerkt geblieben war, denn schließlich wohnte der Vater im Zimmer nebenan. Aber alles blieb ruhig und nun wurde es endlich Zeit für den ersten Kuss.

Als sich ihre Lippen fanden, da gingen ihre Gedanken auf eine Reise. Wann war sie eigentlich das letzte Mal mit einem Mann zusammen gewesen? Vor mehr als drei Jahren auf der Berufsschule! Das war viel zu lange her und der Kuss war einfach nur der Himmel. Noch bevor sie überhaupt reagieren konnte, schoben sich seine Hände auch schon unter ihre Schlafanzugjacke. Das Gehirn schaltete auf Autopilot und die Hormone übernahmen die Kontrolle!

Wie in einem Rausch rissen sie sich gegenseitig die Kleidung vom Leib, was bei Lisa sehr schnell ging, da die Schlafanzughose automatisch ihren Weg zum Boden suchte, nachdem Franz durch seine forsche Art den Gummi zerrissen hatte. Noch ein letzter kurzer Blitz des Verstanden. „Was mache ich hier?“ Ruth, ihre Freundin aus dem Internat, hätte wohl gesagt „Du bist rollig und untervögelt!“ doch dann verschwand dieser Gedanke in den Tiefen ihrer Seele.

Einfach nur fallen lassen. Jetzt und hier! Der Franz war schon ein fescher Kerl und gefiel ihr auch ganz gut. Jetzt konnte er beweisen, ob er auch noch andere Qualitäten hatte.

Im nach hinten auf das Bett fallen, riss sie die Nachttischlampe zu Boden. Der Knall musste wohl im ganzen Haus zu hören gewesen sein. Das Licht brannte noch, aber es dauerte keine fünf Sekunden, dann klopfte es an der Tür und der Vater rief „Lisa? Geht es dir gut?“ „Ja Vater. Alles gut. Nur die Lampe.“ Sie hörte wie der Mann die Klinke drückte.

„Schnell! Du musst fort!“, flüsterte sie Franz in dessen Ohr, der sie daraufhin entgeistert ansah. So kurz vor dem Ziel so abrupt gestoppt. Einen Moment zögerte er noch, über sie gebeugt. Dann rief der Vater von draußen „Wirklich? Und was ist das für eine Leiter?“ Nun hatte auch Franz den Ernst der Situation erkannt. Nackt lief er zum Fenster und Lisa sammelte seine Sachen hinter ihm her auf. Ein letzter Kuss, dann flog die Tür mit einem Knall auf. Lisa fuhr herum und der Vater sauste an ihr vorbei.

Franz tauchte am Fenster ab und der Vater schimpfte ihm hinterher, dann lief er aus dem Zimmer und kam sofort mit der Schrotflinte zurück. „Vater! Nein!“ Lisa konnte im letzten Augenblick die Waffe zur Seite schlagen. Ein donnernder Schuss hallte durch die Nacht.

Mit einem Seitenblick nach unten sah sie, wie sich der nackte Rücken von Franz im Mondlicht schnell von der Hütte fortbewegte. „Dieser Saulump!“ Der Vater schimpfte und sendete noch einen bleihaltigen Gruß dem fliehenden Mann hinterher, doch Franz war nun schon viel zu weit entfernt, als dass ihm die Schrotladung des Vaters gefährlich werden konnte.

„Und du, zieh dir etwas an!“, brummte der Vater und stapfte zornig aus dem Zimmer.

Schnell war die Schlafanzugjacke wieder übergezogen und der Schaden an der Tür betrachtet. Das ganze Schloss war herausgebrochen. Seufzend schob Lisa die Tür zu, legte sich in ihr Bett und träumte für einen Moment, was gerade hätte passieren können. „Mist!“, entfuhr es ihr. Sie legte sich zurück, drückte auf die Taste des Radios und schaltete den Schlummermodus ein.

Ihr Lieblingslied erklang. Real Life mit „Send me an Angel“ und sie summte mit. Das Lied im Ohr schlief sie schließlich ein und hoffte wenigstens auf einen schönen Traum.

2. Kapitel

Urlaub von der Windel

Summend wiegte Aurelia ihre Tochter im Arm. Endlich hatte sie zu weinen aufgehört und war eingeschlafen. Sicherlich vor Erschöpfung und Aurelia war nahe dran, es ihr gleichzutun. Vorsichtig legte sie das Baby in der Wiege ab, wendete sich zum Sessel und sah aus dem Augenwinkel, wie mitten im Zimmer eine Art von Wirbelsturm zu toben begann. Entspannt ließ sie sich in den Sessel fallen, zog sich eine Zeitung vom Tisch und sagte leise „Hatte ich dir nicht gesagt, dass du klingeln sollst, wenn du zu Besuch kommst?“ Ohne die Antwort abzuwarten, schlug sie die Zeitung auf und begann zu lesen.

Aus dem Zentrum des Wirbels schälte sich eine wunderschöne Frau in einem schwarzen, knappen Lederkleid. „Soll ich nach draußen gehen und dann klingeln?“, fragte sie und wendete sich der Wiege zu. „Nicht nötig Mutter. Und lass Sofie in Ruhe. Sie ist gerade eingeschlafen!“, entgegnete Aurelia und legte ihre Füße hoch. Die andere Frau stoppte auf dem Weg zur Wiege und kam zum Sofa. Sie setzte sich und schlug die Beine übereinander. „Schicke Stiefel“, sagte Aurelia und die Frau entgegnete „Die habe ich aus Italien. Da war ich gerade im Urlaub.“ „Schön für dich Lilith!“, entgegnete Aurelia genervt und legte die Zeitung zurück. „Und wie geht es dir?“, fragte Lilith.

„Prima! Es könnte mir nicht besser gehen!“, entgegnete Aurelia leise und gepresst. Zornig funkelte sie die Mutter an. „Sofie bekommt gerade Zähnchen. Ich versuche sie abzustillen. Die Brüste tun mir weh und sie hat keine Nacht in der letzten Woche durchgeschlafen“, begann sie, holte Luft und setzte fort „Damit habe ich auch kaum geschlafen und gestern sicherheitshalber alle Spiegel zugehängt. Daria ist seit einem Monat mit meiner Schwester zum Fotoshooting auf den Malediven und gerade jetzt hätte ich meine Partnerin so dringend gebraucht. Noch Fragen, wie es mir geht?“, beendete Aurelia ihren Spruch und ließ ihren Kopf nach vorn sinken. „Und Babykotze habe ich auch noch auf dem Hemd!“, setzte sie leise hinzu.

Mit den Fingern versuchte sie den Fleck zu entfernen, den sie gerade gefunden hatte. „Du brauchst mal Urlaub!“, entgegnete Lilith und stolzierte in ihren hochhackigen Stiefelchen in die Küche. Ein paar Augenblicke später kam sie mit zwei Tassen Cappuccino zum Sofa zurück. „Ja! Urlaub wäre schön!“, sagte Aurelia und nahm die Tasse. Sofie brummte aus der Wiege und Aurelia blickte zu ihr hinüber, aber die Tochter beruhigte sich sofort wieder. „Wenn wenigstens Daria hier wäre, aber die ist ja noch mindestens einen Monat fort. Warum muss diese Fotosession eigentlich acht Wochen dauern?“, fragte Aurelia und trank die Tasse aus. „Und du hast mir von den Freuden des Mütterdaseins vorgeschwärmt!“, setzte sie hinzu und stellte die Tasse zurück auf den Tisch.

Lilith lachte leise. „Ich bin eine Dämonin. Warum hast du mir geglaubt?“ „Du bist aber auch meine Mutter. Warum erzählst du solche Märchen?“ „Ich war“, begann Lilith und Aurelia setzte fort „Ein böses Mädchen! Ich weiß Mutter!“ Lilith seufzte und erhob sich. Fast lautlos ging sie zur Wiege und streichelte Sofie an der Wange. „Sie ist so wunderschön!“, flüsterte Lilith und Aurelia erhob sich von ihrem Platz. „Ja! Das ist sie wirklich!“, stimmte sie ihrer Mutter zu, nachdem auch sie an die Wiege getreten war.

„Wenn nur endlich die Zähnchen da wären!“, seufzte Aurelia. „Zurück zum Urlaub!“, sagte Lilith und setzte fort, „Da du sie ja gerade entwöhnst, könnte ich sie doch auch mal für ein oder zwei Wochen übernehmen? Oder?“ „Wirklich?“, fragte Aurelia zweifelnd. Zu verlockend war diese Aussicht.

„Na klar!“, sagte Lilith und hob die schlafende Sofie aus der Wiege. Aurelia runzelte die Stirn. „Wieso sollte ich mein Kind eigentlich einer Dämonin überlassen, die auch noch als Kindermörderin in die Bücher eingegangen ist?“ „Ich war damals ein böses Mädchen und Sofie ist doch meine Enkelin!“, lenkte Lilith ein und wiegte das Baby im Arm. Das Mädchen wurde wach und Aurelia verdrehte die Augen. „Kannst du sie mal kurz halten? Ich hole das Flächen“, sagte sie und eilte in die Küche.

Als Aurelia ein paar Minuten später mit der warm gemachten Milch zurückkam, da stand Lilith am Fenster und sang dem Säugling etwas in einer seltsamen Sprache vor. Dieses Lied hatte Aurelia noch nie gehört und doch klang es sonderbar vertraut. Da lag etwas Liebevolles und Mütterliches in Liliths Augen und sie war vollkommen in das Lied und in Sofie vertieft. Das Mädchen lachte sogar! Das hatte Aurelia die letzten sieben Tage nicht geschafft.

„Schönes Lied“, sagte sie, als sie die Tochter zurücknahm und ihr die Milch gab. „Ja! Lange her“, entgegnete Lilith mit einem bitteren Unterton. „Diese Sprache kenne ich gar nicht“, sagte Aurelia und sah auf die schmatzende Tochter herab. „Seit mehr als 4.000 Jahren wird das schon nicht mehr gesprochen. Das war altbabylonisch und ich habe es meiner Tochter damals vorgesungen“, seufzte Lilith und Aurelia glaubte, eine Träne auf ihrer Wange herablaufen zu sehen.

Schnell drehte sich die Dämonin von ihr fort und nur einen Augenblick später wendete sie sich, strahlend und lächelnd, zurück zu ihr. „Und nun zu deinem Urlaub!“, sagte die Frau und hatte einen Prospekt in der Hand, den sie zuvor nicht gehabt hatte. „Schau mal!“, setzte sie hinzu und hielt das Bild einer idyllischen Landschaft vor Aurelias Gesicht. Berge, grüne Wiesen, ein kleiner Teich und braune Kühe. Dazu ein sehr altes Fachwerkhaus.

„Ja! Schön wäre es!“, seufzte Aurelia und legte sich Sofie über die Schulter. Die Tochter rülpste und wurde von ihr in die Wiege zurückgelegt.

„Du solltest das tun! Ich übernehme Sofie für zwei Wochen und du fährst zur Erholung dort hin!“, legte die Dämonin fest und übergab den vierseitigen Flyer. „Willst du wirklich auf Sofie aufpassen?“, fragte Aurelia nach. Sie wollte die Tochter eigentlich nicht zurücklassen, aber im Moment war eine Erholung bitter nötig. Sogar für einen Engel wie sie. Sie hatte einfach keine Kraft mehr.

Die Bilder waren einfach viel zu verlockend. „Na klar. Mach schon. Irgendein armer, kleiner Teufel wird sich schon als Babysitter finden lassen“, sagte Lilith. Dabei ließ sie ihre langen Eckzähne schelmisch aufblitzen. „Gehe unter die Dusche! Ich packe für dich!“, wies Lilith sie an und Aurelias Widerstand brach in sich zusammen.

Wenig später saß sie auf dem Sofa. Sauber, mit geföhnten Haar und in einen guten Duft gehüllt. Lilith hatte wirklich schon die Tasche gepackt und ein Taxi gerufen. Als es klingelte, sagte Aurelia „Aber ich will meine Tochter in einem Stück wiederhaben. Und ohne Hörner!“ „Versprochen und erhole dich gut!“ Lilith gab ihr einen Kuss und schob Aurelia aus der Wohnung.

Urlaub von der Wickelfront! Auch, wenn es gerade schmerzte, die Tochter hier zu lassen, aber der Urlaub war wirklich nötig.

3. Kapitel

Erinnerungen

Die Leiter lag hinter dem Schuppen. Der Vater hatte sie mit drei Schlössern gesichert. Aber nicht das gab Lisa zu denken, sondern, dass der Vater mit einer Waffe auf einen anderen Menschen losgegangen war. Wenn sie die Waffe nicht hochgerissen hätte, wer weiß, was dann passiert wäre. Lisa schüttelte die Betten auf und strich sich danach eine vorwitzige Haarsträhne hinter das Band, welches ihre Locken eigentlich hinter den Ohren halten sollte. Schon eine ganze Weile putzte sie die Ferienwohnungen, weil die Gäste gerade in die Umgebung zum Wandern gegangen waren. Wann war sie eigentlich das letzte Mal wirklich draußen gewesen? Zum Wandern? Zum Baden? Unendlich lange schien das her zu sein.

Mit dem Eimer trat sie in den Flur, schob den Wagen mit der Wäsche in die Kammer und wischte sich mit der Hand über die Stirn. Eine halbe Stunde hatte sie nun Pause, bevor der Vater den Ausschank öffnen würde und die ersten Gäste ihr Bier haben wollten. Schnell stieg sie hinab, um keinen Augenblick von ihrer Pause zu verpassen.

Mit der Kaffeetasse setzte sie sich in die Küche und sah auf das Bild an der Wand gegenüber. Mutter, Vater, der Bruder und sie. Glücklich sahen sie darauf aus. Alle lächeln dabei den Fotografen an. Lisa erhob sich und nahm das Foto in die Hand. Elf Jahre war das her. Ein Jahr später hatten die Eltern sich getrennt. Was war wohl in diesem Jahr geschehen?

Sie hatten diese Wirtschaft von ihrem Großvater übernommen und vermutlich hatten sie sich damit ebenfalls übernommen. Lisa dachte an die Streitereien, die nach dem Einzug in diesem Hause alltäglich geworden waren. Es war offensichtlich, dass die Mutter nicht hier leben wollte. Ihr selbst hatte es hier schon immer gefallen. Die Tiere, die Natur, das Haus. Schon vorher waren sie oft hier gewesen, aber eben nur zum Urlaub und am Wochenende. Ständig hier zu leben, zu arbeiten und die Verantwortung zu tragen, das war für die Mutter irgendwann zu viel geworden.

Noch gut konnte sich Lisa daran erinnern, wie ihr kleiner Bruder Peter in seinem Bett gezittert hatte, wenn die Eltern wieder einmal gestritten hatten. Wenn die Türen knallten und der Vater brüllte, dann war sie zu ihm in das Bett gekrochen und hatte ihn getröstet. Aneinander gekuschelt war die Angst erträglich gewesen. Für sie und ihn.

Er war fünf Jahre jünger als sie und sie vermisste ihn so sehr. Beim Blick auf das Foto rollte eine Träne über ihre Wange. Nach der Scheidung war Peter mit der Mutter in die Stadt gezogen und Lisa hatte ihn danach nie wieder gesehen.

Sie selbst hatte sich entschieden, beim Vater zu bleiben. Schon immer war sie mehr ein Papakind gewesen. Mit ihrem Vater hatte sie immer viel Spaß gehabt. Er hatte sie zum Angeln mitgenommen und zum Fußball. Doch die Scheidung hatte auch ihn tief getroffen. Tiefer, als er es sich wohl selbst eingestehen wollte. Immer verschlossener war der Vater geworden und mit dem griesgrämigen Mann war nun wirklich kein Staat mehr zu machen. Seufzend hängte Lisa das Bild zurück und nahm einen Schluck Kaffee.

Ihr Blick ging durch das Fenster auf den Berg hinaus. So hatte sie sich ihr Leben nicht vorgestellt. Alleine, ohne Freunde und auch sonst war schon lange der Spaß vorbei. Einzig die Tiere des Streichelzoos und die Gäste hielten sie noch hier. Und ein bisschen die Sorge um den Vater. Was würde er ohne sie machen?

Aber reichte Sorge aus, um darauf eine Existenz aufzubauen? Die Mutter hatte in der Stadt einen kleinen Laden übernommen und in der Lehrzeit hatte Lisa sie dort ein paar Mal besucht, aber es waren eher frostige Treffen geblieben. Wenn man so wollte, so waren die Jahre der Lehre eigentlich ein Lichtblick gewesen, wenn auch nicht für die Beziehung zu ihrer Mutter. Sie hatte Freundinnen im Internat gehabt und manchmal bis tief in die Nacht einfach erzählt oder gelacht.

Ein zweites Bild sah sie an. Sie und Ruth, ihre Zimmerkameradin aus dem Wohnheim. Gute Freundinnen waren sie gewesen. Jungs gab es nicht im Internat, aber es gab eben Ruth! In mancher Nacht hatten sie zusammengekuschelt im Bett gelegen, von ihren Träumen erzählt und sich ein Leben ausgemalt, wie es hätte sein können. Manchmal hatten sie sich auch gegenseitig in den Schlaf gestreichelt. Das hatte ihr auch sehr gefallen. Und dann war da Siegfried gewesen, der ihr erster Freund werden sollte.

Viel zu unerfahren war Lisa gewesen. Am zweiten Wochenende hatten sie ihren ersten Sex, der zugegebenermaßen scheußlich gewesen war. Nur einen Monat später war Siegfried dann mit Ruth zusammengekommen. Jetzt leitete er mit der Freundin ein großes Hotel in der Nachbarstadt. Was wäre wohl gewesen, wenn er bei ihr geblieben wäre? Müßige Gedanken!

In den ersten Tagen war sie zornig auf Ruth gewesen. Aber nicht so sehr wegen Siegfried, sondern mehr darüber, dass die Freundin nicht mehr so viel Zeit für sie hatte. Dann kam auch noch hinzu, dass sich Siegfried oft heimlich in ihr Zimmer schlich und dann manche Nacht bei Ruth blieb, während sie nur zwei Meter neben ihnen versuchte zu schlafen. So viele Tränen hatte sie in diesen Nächten vergossen. Und nun war sie hier!

Die Pause war zu Ende, wie der Vater gerade lärmend im Flur feststellte. Der letzte Schluck vom Kaffee, dann stand sie auf. Ein kurzer Blick in den Spiegel, schnell das Kleid glattgezogen, dann eilte sie hinaus. Die ersten Zecher hatten sich an ihrem Stammtisch eingefunden.

Das Bier zog ihr die Arme lang. Maßkrüge schleppen! Immer mehr Leute trafen ein und nun musste sie auch noch die Küche übernehmen.

Stunden später lehnte sie kurz an der Rezeption und sah eine neue Reservierung für den nächsten Tag. Da musste sie am Abend noch das Zimmer vorbereiten. Seufzend hob sie den Zettel an. „Aurelia Engel“, las sie laut vor und musste schmunzeln. Das Lied vom Abend mit Franz fiel ihr ein. Ihr Lieblingslied.

„Send me an Angel“, sang sie leise und legte den Zettel zurück. „Lisa! Verdammt noch mal! Wo steckst du?“, polterte der Vater in den Gang. „Trödle nicht! Acht Bier zu Tisch fünf und drei Bratwürste zu Tisch acht!“ Er trieb sie förmlich an. Wie ein Sklaventreiber, nur ohne Peitsche. So hatte sie sich das damals nicht vorgestellt. Gehetzt rannte sie in die Küche.

4. Kapitel

Falle im Bergidyll?

Das Taxi hielt, Aurelia bezahlte und schob die Tür des Fahrzeuges auf. Direkt vor ihr begann ein kleiner, bunter Vogel mit einem Lied, welches er ihr in einer fast ohrenbetäubenden Lautstärke entgegen trällerte. „Na das kann ja heiter werden!“, sagte die Frau und stieg aus dem Wagen. Der Taxifahrer gab ihr die Tasche und schon brummte das Auto zurück in das nahe gelegene Dorf. Zeit zum Orientieren. Der Sänger hielt seinen Schnabel nicht und Aurelia musste zuerst drei Meter von dem Gebüsch fortgehen, damit sie in Ruhe überlegen konnte.

Mit einem Rundumblick betrachtete sie die Gegend. Es sah alles wirklich so aus, wie es der Flyer versprochen hatte. Keines der Bilder war geschönt oder nachbearbeitet worden. Lächelnd schob sie sich die Sonnenbrille in die Haare hinauf. Ein kleiner, schwarzer Kater strich um ihre Beine und Aurelia setzte sich auf eine Bank, die neben der Zufahrt stand. Erst mal einen Augenblick dieses Bild genießen. Aus dieser Entfernung war sogar das Lied des Vogels erträglich.

„Du musst Aurelia sein!“ Hörte sie eine Stimme hinter sich und sie drehte sich um. Eine junge Frau in Tracht stand am Rande der Einfahrt. Sie war sehr hübsch und trug ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Das passte zwar nicht zu der Tracht, aber perfekt zu der jungen Frau.

„Ja! Und wer bist du?“, fragte Aurelia und stand von der Bank auf. „Ich bin Lisa. Meinem Vater gehört die Pension.“ Die Frau kam auf sie zu und gab ihr die Hand. Der Händedruck war kräftig, wie man es auf dem Land wohl auch erwarten konnte. Noch ehe Aurelia zu ihrer Tasche greifen konnte, hatte Lisa sich schon den Griff geschnappt. „Ich bringe dich zu deinem Zimmer.“ Gemeinsam gingen sie den, mit roten Steinchen belegten, Weg zum Haus hinauf.