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Der letzte Teil der Change-Reihe! (Diesmal der wirklich allerletzte!) Ein Vermisster, zwei Hochzeiten, drei gestresste Syndikatsbosse, vier Babys und ein scheinbar perfekter Mord – Sam und Dylan wissen einmal mehr nicht, wo das Licht am Ende des Tunnels sein könnte. Die Ruhe, nach der sie sich so sehr sehnen. Die Antworten auf Fragen, die sie eigentlich nicht stellen wollen. Zum Glück haben sie ihr Rudel, Freunde, Verbündete, ihr großartiges Team … Und all die Liebe, die sie füreinander empfinden. Ca. 74.000 Wörter Im normalen Taschenbuchformat hätte diese Geschichte knapp 374 Seiten. Dies ist der neunte Teil der Change for …-Reihe. Es ist zum Verständnis empfehlenswert, die vorherigen Teile in der chronologischen Reihenfolge gelesen zu haben. Bisher erschienen : Change for a kill Change for obsession Change for madness Change for cruelty Change for desire Change for love Change for evil Change for sinfulness
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Der letzte Teil der Change-Reihe!
(Diesmal der wirklich allerletzte!)
Ein Vermisster, zwei Hochzeiten, drei gestresste Syndikatsbosse, vier Babys und ein scheinbar perfekter Mord – Sam und Dylan wissen einmal mehr nicht, wo das Licht am Ende des Tunnels sein könnte. Die Ruhe, nach der sie sich so sehr sehnen. Die Antworten auf Fragen, die sie eigentlich nicht stellen wollen. Zum Glück haben sie ihr Rudel, Freunde, Verbündete, ihr großartiges Team … Und all die Liebe, die sie füreinander empfinden.
Ca. 74.000 Wörter
Im normalen Taschenbuchformat hätte diese Geschichte knapp 374 Seiten.
Dies ist der neunte Teil der Change for …-Reihe. Es ist zum Verständnis empfehlenswert, die vorherigen Teile in der chronologischen Reihenfolge gelesen zu haben.
Bisher erschienen :
Change for a kill
Change for obsession
Change for madness
Change for cruelty
Change for desire
Change for love
Change for evil
Change for sinfulness
Leise pfeifend schlenderte er durch den Raum.
Er hatte getan, was er konnte. Was er für richtig und gut hielt. Eine Entscheidung hatte zur nächsten geführt. Eine Handlung hatte die nächste erzwungen.
Nicht alles war so gelaufen, wie es wünschenswert gewesen wäre. Ja, an manchen Stellen hatte er versagt. Doch er war sich zumindest treu geblieben. Dies war seine Geschichte. Sein Vermächtnis. Eines Tages würde Sammy das verstehen.
Ach, wie sehr er ihn liebte …
Er berührte noch ein letztes Mal die schwere Stahlkiste. Andere würden dafür sorgen, dass sie dorthin gelangte, wo sie benötigt wurde. Ohne Fingerabdrücke, DNA, die allerkleinste Epithelzelle, die ihn verraten könnte. Sam musste begreifen, wie die Dinge zusammenhingen. Schritt für Schritt. Und er würde es begreifen. Schließlich war er ein äußerst kluger Junge und der ganze Stolz seines Vaters.
„Mein Sohn …“, sagte er leise und verließ lächelnd den Raum. Wenn es irgendetwas gab, worauf er wirklich stolz war, dann war es das. Sams Vater zu sein war sein wahrhaftiges Vermächtnis an diese Welt.
„Da oben ist er.“
Samuel nickte, er hatte den kleinen Jungen ebenfalls bereits erblickt. Notfalleinsätze wie diese waren extrem selten. Für gewöhnlich kam die Feuerwehr ohne Hilfe zurecht, wenn eine Person oder ein Tier sich irgendwo hinaufbegab und den Rückweg nicht mehr schaffte. In diesem Fall war ein winziger Gorillawandlerjunge von gerade einmal vier Jahren von einer Gruppe jugendlicher Kojotenwandler gejagt und in Todesangst versetzt worden, bis er sich auf das Dach eines alten Kirchturms gerettet hatte. Leider stammte das Gebäude aus der Zeit vor der Stunde Null und es war seither dem Verfall preisgegeben worden. Wann immer der Kleine sich bewegte, prasselten Dachschindeln in die Tiefe. So konnte er nichts weiter tun, als sich am metallenen Kreuz festzuklammern, das noch nicht durchgerostet war, und jämmerlich zu weinen, weil er nach Hause zu seiner Mama wollte.
Die Kirchturmspitze befand sich außer Reichweite der Drehleiter, und auch die Eltern des Kleinen konnten nicht helfen – sie waren viel zu schwer in ihrer Wandlergestalt, um zu ihrem Sohn zu gelangen. Darum hatte die Feuerwehr um Hilfe gebeten, weil ein Vogelwandler wie Samuel Möglichkeiten besaß, die ein Säugetier eben nicht mitbrachte. Leider war Brian nicht vor Ort, um mit anzupacken. Der Junge wog in Wandlergestalt ungefähr fünfzehn Kilogramm. Zu zweit hätten sie immerhin einen kontrollierten Absturz mit ihm hinlegen können, in die Arme der Eltern hinein. Das wäre natürlich riskant und lediglich die letzte Maßnahme, aber es wäre eine Option gewesen, die sie nun nicht hatten – für Samuel allein war das Gorillajunge viel zu schwer, er würde ihn in Adlergestalt nicht bewegen können und ihn schlimmstenfalls mit seinen Klauen verletzen.
„Er ist völlig verängstigt“, sagte Rylee, die Einsatzleiterin. Die Luchswandlerin wies zu dem Kind hinauf, das weit über ihren Köpfen schluchzte und wimmerte. „Er kann nicht mal mit den Zehen wackeln, ohne dass akute Absturzgefahr besteht. Du kannst auf keinen Fall direkt zu ihm, Sam. Sonst kracht ihr gemeinsam durchs Dach. Wenn du dich da drüben auf den geborstenen Balken hockst, also in menschlicher Gestalt, sollte es sicher genug für euch beide sein. Du musst erst einmal mit ihm reden und ihm klarmachen, dass wir alle für ihn da sind.“
„Geht klar.“ Samuel nickte grimmig. Dylan, der ihn hergefahren hatte, klopfte ihm aufmunternd auf die Schultern. Er konnte nichts weiter tun, als hier unten zu warten und ihm Aufstiegshilfe geben, damit Samuel Kräfte sparen konnte. Dutzende Feuerwehrleute beobachteten ihn, einige misstrauisch, die meisten hingegen freundlich oder zumindest neutral – mittlerweile war er bekannt genug bei den Shonnamer Einsatzkräften, er wurde nicht mehr von sämtlichen Seiten dafür angefeindet, dass er ein Vogelwandler war.
Rasch wandelte er sich und schlug kräftig mit den Flügeln, sobald Dylan ihn in die Luft emporgeworfen hatte. Er kreiste ein wenig, um den Aufwind zu nutzen und sich ein Bild von oben zu machen, wie zerstört die alte Kirche wirklich war. Es war desillusionierend – das Bauwerk schien allein dank göttlicher Gnade zu stehen, mit Physik war das nicht mehr zu erklären. Rylee hatte mit dem geborstenen Balken, der etwa eine Mannslänge von dem Jungen entfernt war, bereits den bestmöglichen und stabilsten Lande- und Verwandlungspunkt ausfindig gemacht.
Samuel ließ sich dort nieder, von den panischen Blicken des kleinen Jungen begleitet, und wandelte sich.
„Hallo Mailo“, sagte er sanft und lächelte ihm zu. „Ich bin Sam. Deine Mom und dein Dad schicken mich.“
Anhaltendes Wimmern war die einzige Antwort. Mailo klammerte sich noch enger an das Metallkreuz, sichtlich auf der Suche nach einem Fluchtweg.
„Ich bin Polizist, Mailo. Deine Mom sagt, du magst Polizisten.“ Samuel hielt seinen Ausweis hoch. Leider trug er keine Uniform, die hätte womöglich geholfen, um Vertrauen zu schaffen. Immerhin stockte das Heulen für einen Moment und Mailo starrte ihn aus großen Augen an. „Du machst das richtig gut. Halt dich schön weiter fest, Mailo, ja? Das war sehr klug von dir, dich vor den bösen Kojoten in Sicherheit zu bringen. Du bist ein kluger, tapferer Junge.“
„Ich will meine Mommy“, quengelte der Kleine.
„Deine Mom kann nicht zu dir kommen. Das Haus ist leider sehr kaputt. Aber schau, die vielen Leute da unten. Sie arbeiten ganz hart, dich sicher nach Hause zu bringen.“ Er wies in die Tiefe, wo die Feuerwehrleute in fiebriger Hast Schutt forträumten, um Raum für ein Sprungtuch zu schaffen. Praktischerweise hatten sie mehrere Bären in ihren Rängen, die in beiden Wandelgestalten schwere Lasten bewegen konnten. „Du kannst ganz ruhig sein, Mailo. Wir machen alles bereit für dich. Die bösen Kojoten können dir auch nichts mehr tun. Wir haben sie verhaftet.“ Das stimmte nicht wirklich, ihre Namen und Adressen waren allerdings erfasst worden. Sie würden sicherlich Sozialarbeit dafür ableisten müssen, dass sie ein Kind in Lebensgefahr gebracht hatten, und ihre Familien würden für diesen Rettungseinsatz zur Kasse gebeten werden. Man konnte ziemlich sicher sein, dass sie in Zukunft einen Bogen um Mailo machen würden. Der Kleine konnte ja nun nichts dafür und soweit Samuel sehen konnte, waren die Kojoten durchaus erschrocken, welche Folgen ihre Tat hatten. Zu viel Testosteron, Gruppenzwang, der Drang, sich zu beweisen, zu wenig Zukunftsperspektiven – der übliche Cocktail, der zu den üblichen Problemen geführt hatte.
„Mom! Dad!“, schrie Mailo verzweifelt.
„Wir sind hier, Schatz! Hör auf den Polizisten, er hilft dir!“, brüllte der Vater.
„Du hast genau eine Aufgabe, Mailo.“ Samuel nickte aufmunternd. „Du hältst dich weiter fest, so gut du kannst.“ Er seufzte innerlich, weil ihm die Einsatzleiterin zuwinkte. „Ich muss für einen winzigen Moment nach unten. Du zählst, so weit du kannst. Du kannst schon zählen, oder?“
„Ich zähle bis zehn!“ Für einen Moment war Mailo ein stolzes Kleinkind, das es kaum erwarten konnte, bis es endlich in die Schule gehen durfte.
„Toll, wow! Du zählst bis zehn, aber ohne Finger. Nur im Kopf. Mit den Fingern hältst du dich fest. Wenn ich länger brauche, zählst du einfach noch mal von vorn.“ Als er sicher war, dass Mailo ihn verstanden hatte, verwandelte sich Samuel und ließ sich in die Tiefe stürzen. Den entscheidenden Sekundenbruchteil vor dem Aufschlag wandelte er sich zurück und wandte sich Rylee zu.
„Wir sind nicht sicher, ob wir das Tuch in den richtigen Winkel bekommen. Könntest du den Jungen irgendwie in ein Geschirr packen und in Adlergestalt runterbringen?“
„Nur als allerletzte Maßnahme“, entgegnete Samuel. „Mein Limit liegt als Adler bei fünf Kilo. Mailo ist dreimal so schwer. Als Äffchen wäre er kompakter, in menschlicher Gestalt könnte ich ihn unmöglich händeln, er ist ungefähr einen Meter groß. Aber ja, wenn uns keine andere Wahl bleibt, werde ich ihn packen und vom Kreuz wegreißen und so kontrolliert wie möglich abstürzen lassen.“
Um sie herum wurde Buschwerk ausgerissen, das wild vor sich hinwucherte und die Einsatzkräfte behinderte. Einer der Bären schlug in Tiergestalt eine niedrige Mauer ein, mehrere Helfer räumten sofort den Schutt beiseite. In der Nähe standen die Eltern des Kleinen und klammerten sich mit Tränen in den Augen aneinander. Die Mutter hielt ein Stoffpüppchen an sich gedrückt, etwas Selbstgenähtes aus Filz und Stoff.
„Ist das Mailos Spielzeug?“, fragte Samuel.
„Ja.“ Zögerlich wandten die Eltern sich ihm zu, obwohl ihre Augen ununterbrochen nach oben zurückwanderten, wo ihr Kind um sein Leben kämpfen musste.
„Geben Sie es mir. Ich bringe es ihm, es tröstet ihn sicherlich und sorgt für etwas Entspannung.“
„Bringen Sie ihn zu uns“, flehte die Mutter und reichte ihm das Püppchen an. Samuel reichte es an Dylan weiter, der zu ihm gekommen war, von Staub und Dreck überzogen, die Hände aufgeschrammt von den Hilfsarbeiten.
„Gib Rylee bitte meine Handynummer, ich will den Jungen nicht noch einmal allein lassen, okay?“
„Geht klar. Sorry, ich hatte nicht mitbekommen, dass sie dich runtergeholt hat.“ Dylan nahm ihn hoch, als Samuel sich wieder verwandelte, half ihm, das Püppchen in den Schnabel zu nehmen, und warf ihn erneut hoch in die Luft. Es wurde bereits ein wenig anstrengend. Mehrfaches Wandeln kostete Kraft, doch noch war in der Hinsicht alles gut.
Er kehrte zu Mailo zurück, landete neben ihm, reichte ihm das Püppchen. Dann flatterte er weiter zu seinem Balken, wo er wieder menschliche Gestalt annahm.
„Wie oft hast du bis zehn gezählt?“, fragte er.
„Vier Mal! Und dann noch bis sieben.“ Der Junge presste die Puppe mit einer Hand an sich. Es war in Ordnung, er saß stabil dort auf der Kirchturmspitze.
„Du bist ja prima, das hast du wirklich toll gemacht! Erzähl mal, Mailo, du gehst in den Kindergarten, ja? Was hast du denn da alles gelernt, außer zählen?“
„Ich kann ein M schreiben.“
„Das ist mein Lieblingsbuchstabe. Malst du auch gerne?“
„Ja.“
„Was malst du denn so?“
„Sterne.“
„Du magst Sterne? Die finde ich auch toll. Und was magst du noch?“
„Äpfel.“
Mailos Stimmchen zitterte. Seine Fingerknöchel waren weiß, so fest umklammerte er seinen wackligen Halt, und das Püppchen wäre längst erstickt, wenn es ein Lebewesen wäre. Samuel betrachtete die Lage unten. Es war noch lange nicht so weit. Leider war Mailo im Moment nicht fähig, komplexe Unterhaltungen mit ihm zu führen und sich auf diese Weise abzulenken.
„Ihr singt bestimmt ganz viel im Kindergarten, nicht wahr?“, fragte er und überdachte verzweifelt, welche Kinderlieder er so kannte. Es waren deutlich mehr geworden, seit Erika die meiste Zeit in Brookdarn lebte, und für Levin, dem Babyjungen von Daniel und Eva, war ebenfalls bereits eine Menge gesungen worden. Es half, die eigenen Nerven zu beruhigen, wenn man sang, während man ein dauerbrüllendes Baby umhertrug, das aufgrund schmerzhafter Koliken gefühlt keine Minute schlief. Der Kleine hatte sich mittlerweile gut gemacht und war eine zumeist zufriedene Wonnekugel. Er schlief oft genug nachts fünf, sechs Stunden durch, hatte tagsüber zwei längere Schlafphasen und wenn er wach war, lachte er gerne, griff nach Gegenständen, stopfte sich alles in den Mund, das er erreichen konnte.
Mailo winselte lediglich, darum begann Samuel den erstbesten Kinderreim zu singen, der ihm einfiel:
„A wise old owl lived in an oak >>> Eine weise alte Eule lebte in einer Eiche
The more he saw, the less he spoke >>> Je mehr sie sah, desto weniger sprach sie
The less he spoke the more he heard. >>> Je weniger sie sprach, desto mehr hörte sie
Why can’t we all be like that wise old bird?” >>> Warum können wir nicht alle wie dieser weise alte Vogel sein?
Mailo blickte ihn großäugig an. Als Samuel den Reim wiederholte, fiel er mit dünnem Stimmchen ein: „The less he spoke, the more he heard…“
Es war ein uralter Kinderreim, der wahrscheinlich aus dem 19. Jahrhundert stammte. Die Melodie war einfach und man konnte es stundenlang vor sich hinsingen, wenn es sein musste. Es fühlte sich sehr, sehr surreal an, auf einem brüchigen Dach zu hocken, sich in verrenkter Körperhaltung festzuklammern und mit einem fremden Jungen gemeinsam von weisen alten Eulen zu singen, damit der Kleine nicht die Nerven verlor und sich schön weiter festhielt. Unter ihnen wurde in fiebernder Eile das Sprungtuch ausgebreitet, während Schindeln vom Dach rutschten und den Helfern um die Ohren flogen. Zum Glück besaßen Bärenwandler ausgesprochen harte Dickschädel. Samuel sang noch lauter, um Mailo davon abzulenken, dass die alte Kirche Stück für Stück unter ihnen zusammenzubrechen drohte.
„A wise old owl lived in an oak…”
Sein Handy vibrierte. Er blickte nach unten. Dylan gab ihm energische Handzeichen. Es war soweit. Jetzt oder nie. Grimmig nickte er ihm zu und unterbrach den Gesang.
„Mailo, ich schau mir noch mal die Lage von oben an“, sagte er und lächelte freundlich, bevor er sich verwandelte und in Adlergestalt nach oben stieg. Das vertraute Ziehen in den Muskeln zeigte ihm, dass er zu überanstrengen drohte, wenn er sich noch häufiger verwandelte. Leider war genau das der Plan.
Er ließ sich von einem Aufwind steil nach oben tragen, bevor er in den Sturzflug überging. Das Timing war entscheidend! Andernfalls würde er durch das Dach krachen und den Jungen mit in den Tod reißen.
Ein komplexes Szenario stand exakt vor seinem inneren Auge und er befolgte es präzise, auf seine Fähigkeiten vertrauend: Er raste auf den Jungen zu, der den Mund zu einem stummen Schrei aufriss und vor Angst vollständig erstarrte. Krallte sich mit beiden Fußklauen in die Jacke des Kindes, mittig am Rücken. Brachte die Flügel nach oben, auf Schulterhöhe hin, noch während er sich im Restschwung seines Sturzflugs befand. Verwandelte sich. Riss den Jungen brutal vom Kreuz fort. Trat mit dem rechten Fuß gegen das Kreuz, um Mailo und sich selbst vom Dach fortzukatapultieren, während sie bereits abstürzten. Drehte sich mit dem Kind im Arm, erhaschte den Blick auf das Sprungtuch. Warf Mailo wie einen Ball von sich, genau mittig auf das Tuch zielend – und verwandelte sich im letzten Moment zurück in einen Adler, bevor es zu spät war, um den Absturz noch verhindern zu können.
Heftig mit den Flügeln schlagend entkam er der verfluchten Schwerkraft, gewann pumpend an Höhe, auch wenn es wirklich hart war, weil sein vollkommen überanstrengter Körper ihm fast den Dienst verweigerte. Während Mailo sicher im Tuch landete, schraubte er sich in die Höhe, bis er wieder volle Kontrolle besaß, und setzte dann zur Landung an. Am liebsten wäre er jetzt einfach in Vogelgestalt sitzen geblieben, doch ihm war klar, dass er etwas Unterstützung benötigte, und die konnte man ihm in menschlicher Gestalt so viel leichter geben. Also verwandelte er sich noch einmal – und blieb völlig erschöpft am Boden liegen.
Sekunden später saß Dylan neben ihm und eine kräftige Pferdewandlerin in Sanitäteruniform erschien aus dem Nichts, um seine Vitalwerte zu prüfen.
„Der Junge ist unverletzt. Bildschöne Aktion“, sagte Dylan ernst und musterte ihn scharf.
„Unglaublich irre, diese Aktion. Schön, aber irre. Deine Werte sind kacke. Du bekommst eine Glukoseinfusion.“ Die Sanitäterin pfiff einen der Bären heran. „Leg ihn auf die Trage. Mitnehmen muss ich ihn nicht, bloß mal kurz päppeln. Stella! Mach eine Glucose klar!“ Ihre Kollegin, die mit Mailos Checkup gerade fertig geworden war, nickte ihr zu. Der Junge lag heulend in den Armen seiner Eltern, die ihn fest an sich drückten. Genau dafür hatte sich das Ganze gelohnt. Ausruhen konnte man hinterher.
Samuel wurde beinahe sanft auf eine Trage gelegt und hatte schneller eine Infusionsnadel in der Armbeuge, als er blinzeln oder protestieren konnte. Nicht, dass er protestieren wollte. Einfach still daliegen und die gute Frau machen lassen. Sie wusste, was sie tun musste, damit er rasch wieder auf die Beine kam.
„Die Teenies, die das hier verschuldet haben, durften alles mitansehen“, erzählte Dylan im Plauderton. „Die ärgern hoffentlich so schnell keine Kleinkinder mehr. Das wird sehr teuer, selbst auf mehrere Familien aufgeteilt, und es hätte auf tausend verschiedene Arten schiefgehen können.“
„Ist es aber nicht“, murmelte Samuel. Flüssigkeit strömte kalt in seine Adern. Beinahe sofort ging es ihm besser.
„Zu Hause viel essen und schlafen!“, kommandierte die Sanitäterin, während sie noch einmal seinen Blutdruck prüfte. „Ja, sieht schon wieder was hübscher aus. Du bist zwar noch jung genug, um den Helden zu spielen, lass dir aber gesagt sein, das wird mit jedem Jahr ein bisschen mühsamer werden. Wenn du die achtzig erreichen willst, solltest du rechtzeitig aufhören und dir gelegentlich mal ein Päuschen gönnen.“
„Ich pass auf, dass er gehorcht.“ Dylan grinste breit, doch er täuschte niemanden, man sah, wie besorgt er war.
„Hey, es ist gut gegangen“, murmelte Samuel. „Der Junge ist heil, ich bin heil, niemand hat Schaden genommen.“
„Eine einzige Verwandlung mehr, und du wärst nicht mehr hoch gekommen, sondern wie ein Stein abgestürzt“, entgegnete Dylan sehr ernst, ohne dabei vorwurfsvoll zu klingen. Es war eine Tatsache, die er gerade äußerte.
„Es ist gut gegangen.“ Samuel umfasste Dylans Hand und drückte sie. Ihnen steckte noch der Stress der letzten Zeit in den Knochen. Das Riesentheater mit den Syndikaten. Alexandros Whitefield war tot, von seinem eigenen Neffen Max in einem Duell getötet. Seine Tochter Artemis hatte sein Syndikat übernommen. Die Morde an Greg Silver und Antonio Baréz waren aufgeklärt, die vielen Beerdigungen geschafft. Daniel und Eva erholten sich nach wie vor von ihren Erlebnissen in New York, wo sie geholfen hatten, einen Verbrecherring auszuheben, der jugendliche Raubtierwandler aus aller Welt in Arenakämpfen bis zum Tod gegeneinander gehetzt hatte. Auch Dave war angeschlagen, seit er seinem leiblichen Vater begegnet war. Harrison Muller war tot, wie mittlerweile aus Mexiko bestätigt wurde, von seiner langjährigen Geliebten und Daves Mutter hingerichtet.
Es war so viel geschehen und so wenig Zeit, das Ganze zu verarbeiten und hinter sich zu lassen. Trotzdem ging das Leben gnadenlos weiter und niemand wartete, ob sie gerade gute Laune und ausreichend geschlafen hatten. Wenn es darum ging, Kleinkinder von einstürzenden Gebäuden zu retten, dann zählten die eigenen Befindlichkeiten halt nichts.
Rylee erschien und grinste auf ihn herab.
„Na, du hast ja schon wieder ein bisschen Farbe um deine schicke Hakennase. Wir haben die bürgermeisterliche Erlaubnis, den Schrotthaufen da abzureißen, bevor noch mehr Menschen in Gefahr geraten. Da sollte definitiv mal die ganze Stadt durchgeräumt werden, ist ja nicht das einzige Gebäude, das eher wankt als steht. Bleibt ruhig noch ein paar Minuten zum Durchschnaufen, aber wenn die Bulldozer hier gleich anrücken, solltet ihr zu eurer eigenen Sicherheit das Gelände verlassen.“
„Nichts lieber als das“, sagte Dylan.
„In gut fünf Minuten ist die Glukose durchgerauscht, dann kannst du deinen Adler einpacken und nach Hause bringen.“ Die Sanitäterin tätschelte Samuel liebevoll die Wange, als wäre er der Vierjährige.
Wie aufs Stichwort kamen Mailos Eltern mit ihrem Sohn im Arm zu ihnen hinüber.
„Danke“, sagte die Mutter, sichtlich mit den Tränen kämpfend. „Danke, dass Sie ihn da runtergeholt haben.“
„Alles gut, es ist mein Job. Hey, Mailo, du warst supertapfer. Und du hast dich festgehalten, genauso, wie du es solltest.“ Er strich dem Jungen lächelnd über den Arm. Der Kleine starrte mit glasigem Blick von ihm fort. Schwer zu sagen, ob er einfach bloß sehr erschöpft oder traumatisiert war. Man konnte damit rechnen, dass er Höhenangst entwickeln würde. Für einen Gorilla war das kein großes Problem, zumal als Großstadtbewohner. Trotzdem hoffte Samuel, dass Mailo unbeschadet davonkommen würde.
Als es auf der Straße hinter ihnen laut wurde, befreite die Sanitäterin ihn von der Infusion und entfernte den Zugang.
„Sollte unser Held noch mal ernsthaft schwächeln, bring ihn in die Notaufnahme“, sagte sie zu Dylan. „Keine Experimente zu Hause mit irgendwelchen Aufputschmitteln. Essen, viel, viel trinken – Wasser, kein Kaffee –, schlafen. Sonst nichts. Oder na ja, Sex ist okay, wenn er beim Einschlafen hilft.“
„Ich sorge persönlich dafür.“
„Das Video ist übrigens schon im Netz“, hörte Samuel einen der Feuerwehrleute sagen. Er lachte zusammen mit seinen Kollegen.
„Welches Video?“, fragte er, während er gemeinsam mit Dylan zurück zum Auto ging. Der verdrehte die Augen, wirkte ein wenig verlegen.
„Nun ja … Du hast so hübsch gesungen. Es gibt anscheinend Aufnahmen von dir, wie du da auf dem Dach hockst wie so ein verkrüppeltes Hühnchen, und laut von der weisen alten Eule singst. Ich fürchte, es ist ziemlich niedlich geworden. Und es könnte sein, dass Rick und Larry und Mike es sehen und dich damit für die nächsten zweihundert Jahre mobben werden.“
„Klar. Weil das ja auch alles total lustig war.“ Samuel schnaufte empört, ließ sich dann auf den Beifahrersitz fallen, schnallte sich an und schloss die Augen. Sollte die Idiotenbande sich halt lustig machen. Wäre er abgestürzt, oder Mailo beim Abwurf schwer verletzt worden, gäbe es jetzt kein spaßiges Video von ihm im Netz, sondern lediglich Entsetzen, Trauer, Wut. Davon hatten sie viel zu viel erlebt, darum gönnte er den anderen die Freude. Sich selbst würde er gleich Schlaf gönnen. Oder vielmehr, sein Körper würde ihn dazu zwingen. Verdammt, er wurde eben doch langsam älter.
Dylan saß auf der Fensterbank und bewachte in Gepardengestalt Sams Schlaf. Er war empfindlicher geworden, das musste er sich zugestehen. Die Angst, Sam zu verlieren, wuchs stetig. Wenn selbst ein Routineeingriff ihn bereits in Panik versetzte, der ihm vor ein paar Monaten nicht mal ein Naserümpfen entlockt hätte … Ach, nun gut. Es war eine sehr spektakuläre Aktion gewesen, wie er den Jungen vom Kreuz gepflückt und sich mehrmals on point gewandelt hatte. Auch davon gab es ein Video im Internet und es war deutlich beliebter als das Ding mit dem Kinderliedchen. Die meisten Leute machten sich auch gar nicht lustig, sondern lobten Sam dafür, dass er alles gab, um den Kleinen zu beruhigen, bis die Rettung losgehen konnte. Wenn man sich in Slow Motion anschaute, wie Sam sich da in der Luft drehte, den Jungen ins Tuch warf und gerade noch rechtzeitig verwandelte … Ja, das war aufregend! Dylan verzichtete darauf, noch einmal auf das Handy zu schauen und nachzusehen, wie viele Likes, Heiratsangebote und „So sehen echte Helden aus!“ inzwischen unter den Videos standen. Larry und Mike hatten jedenfalls versprochen, kein Wort darüber zu verlieren.
Alles war gut. Niemand war verletzt. Warum hörte er nicht endlich auf, innerlich zu vibrieren?
Es lag an ihm. Seit Moody Sam beinahe umgebracht hätte, war Dylan empfindsam geworden. Er wollte Sam nicht verlieren. Es würde ihn zerstören, das wusste er. Am liebsten würde er ihn einpacken, mitsamt dem Rudel auf eine einsame Insel ziehen und den Rest seines Lebens damit verbringen, friedlich und langweilig in den Tag hineinzuschlummern. Keine Action, kein Stress, keine Aufregung. Keine Rettungsaktionen und schon dreimal keine Syndikate. Oder Morde. Dylan hatte tatsächlich überhaupt kein Bedürfnis mehr, Mördern nachzujagen. Dass es jemals soweit mit ihm kommen könnte, hätte er sich auch nie träumen lassen. Das, was einst sein Lebenselixier gewesen war, sein Grund, sich jede Nacht auf den neuen Tag zu freuen, worin er wirklich gut war – das wollte er plötzlich nicht mehr.
Weil es nicht nur ihn in Lebensgefahr brachte, sondern sein Rudel, seine Freunde, seinen Geliebten. Immer und immer wieder hatte er erfahren müssen, dass er niemanden beschützen konnte. Weder sich selbst noch irgendjemand anderen. Nicht einmal Rick war sicher, wenn die Zahl der Angreifer übermächtig war. Sogar Roy, ihr Polizeichef, dieser urgewaltige Tiger, konnte überwältigt werden.
Offenkundig brauchte er Urlaub. Ruhe. Zumindest konnten sie auf Letzteres hoffen. Die Syndikate hatten sich neu aufgestellt und die Spannungen der vergangenen Wochen, die für Unruhen und Straßenschlachten gesorgt hatten, waren jetzt erst einmal beigelegt. Sollte kein weiterer wahnsinniger Serienkiller hinter einem Busch hervorspringen, könnte es tatsächlich erst einmal zu Dienst nach Vorschrift, Routine und ein bisschen gepflegte Langeweile kommen. Dylan wagte nicht zu hoffen.
Stattdessen sprang er auf das Bett hinüber und betrachtete seinen Liebsten im Schein der vielen, vielen Kerzen, die er für Sam entzündet hatte. Ihn friedlich, heil und gesund schlafen zu sehen, sollte selbstverständlich sein und sich nicht nach Gnade anfühlen. Genauso fühlte es sich allerdings an, darum war Dylan dankbar.
In Gepardengestalt schmiegte er sich an ihn und schloss seufzend die Augen. So hatten sie es in ihrer Anfangszeit gehalten, als sie sich trotz immenser sexueller Attraktion voneinander fernzuhalten versuchten. Dylan hatte ihm nicht das Herz brechen wollen, hatte sich für unfähig gehalten, mehr als unverbindlichen Sex zuzulassen, sich einem anderen Menschen mit Leib und Seele zu öffnen. Sam hatte ihm das Gegenteil bewiesen. Es machte etwas mit einem, wenn man bedingungslos geliebt wurde, wenn man blind auf diese Liebe vertrauen durfte. Bis heute erschien es ihm als Wunder und er mochte es sehr, sich als Gepard an Sams schlafenden Körper zu schmiegen.
Durchatmen. Entspannen. Nichts war geschehen. Niemand war verletzt. Auch hier in Brookdarn, in ihrem Zuhause, ging es jedem Bewohner gut. Mit etwas Glück würde es morgen genauso aussehen. Ruhe. Frieden. Wohlergehen. Für sie alle. Er wünschte es sich.
Wobei – die Hochzeiten rückten näher. Noch mehr Wunder. Wer hätte geglaubt, dass ein Löwe und eine Schleiereule eine lange, tiefe Liebesbeziehung eingehen konnten, die über wilden Sex hinausreichte? Wer hätte geglaubt, dass Daniel sich Hals über Kopf in eine Nicht-Wandlerin verlieben würde, die dann auch noch bereit war, ihr eigenes Leben, ihre Karriere und ihre Familie zurückzulassen?
Nicht mehr lange, und die Vorbereitungen für die Feiern würden beginnen. Maggies Familie musste untergebracht werden. Freunde und Verwandte beider Paare würden kommen. Dann wären Ruhe und Frieden auch schon wieder Geschichte, und das für mehrere Wochen.
Ach ja. Irgendwas war ja immer …
„Komm her.“ Maggie winkte ungeduldig und ihr Blick bezeugte, dass sie sich auf keine Ausreden einlassen würde. Samuel hatte ein kleines bisschen das Gefühl, zu seiner eigenen Hinrichtung zu schreiten, als er brav zu ihr hinüberging und sich in einen Sessel herabdrücken ließ. Eva, die ihr langes, schwarzes Haar wie üblich zu einem festen Knoten gebunden hatte, sorgte derweil dafür, dass das gesamte restliche Rudel und alle anderen Bewohner und Gäste von Brookdarn rausgescheucht wurden.
Es war Samstag. Esther hatte spontan beschlossen, dass Samuel und Dylan ein paar Überstunden abfeiern sollten, und ihnen strikt verboten, sich heute auf der Arbeit blicken zu lassen. Dasselbe galt auch für Rick. Brian war auf Rufbereitschaft gesetzt, genau wie Larry und Mike. Esther und Dave arbeiteten gemeinsam ein bisschen Papierkram ab, wollten aber gegen Mittag Feierabend machen. Es sei denn, ein Mord oder ungewöhnlicher Todesfall grätschte dazwischen, dann mussten sie wohl oder übel tätig werden. Da sämtliche Voraussetzungen ideal waren, hatte Maggie heute ebenfalls spontan beschlossen, dass es Zeit für das Experiment mit Samuel war. Sie wollte ihn in Trance versetzen und versuchen herauszufinden, woher seine seltsame Blockade rührte, die es für ihn unmöglich machte, den Geruch von Chlorbleiche wahrzunehmen.
Da nichts ungünstiger für eine anständige Trance war, als ein Haufen Kerle, die das Ganze grinsend beobachteten, lachten, lautstark kommentierten, herrschte striktes Zutrittsverbot. Dylan war gerade noch geduldet, solange er sich gut benahm. Eva würde Maggie assistieren, die Musik einsetzen wollte, da Samuel sich dafür in der Vergangenheit empfänglich gezeigt hatte. Empfänglicher jedenfalls als auf Stimmen, die ihm sagten, was er zu tun hatte, bevor er sich in Trance befand.
Dieser Trance-Zustand sollte auf sanfteren Wegen erreicht werden. Kein Starren in die Augen, wie Samuel es selbst schon getan hatte, mit roher Unterwerfung des Willens – einmal hatte er damit einen Grizzlywandler schlafen gelegt. Nicht dass es ihm etwas genutzt hätte, Moody war er dennoch nicht entwischt … Sogar bei Robin hatte er das einmal erfolgreich angewandt, ganz zu Anfang, als Dylan ihn gerade ins Team adoptiert hatte und es darum ging, ihm das Rudelabzeichen in die Haut einzubrennen. Maggie ging da mit ihrer Musik wesentlich professioneller und weniger brutal vor und er vertraute ihr blind. Bei ihr konnte er sich unbesorgt fallen lassen.
„Mach es dir bequem“, sagte Maggie freundlich und schob ihm einen gepolsterten Hocker unter die Füße. Sie konnte stahlhart und unerbittlich sein, extrem ungeduldig und herrisch. Genauso gut war sie allerdings auch einfühlsam und freundlich und extrem geduldig, wenn es sich als notwendig erwies. Samuel war sich nicht ganz sicher, ob er es beruhigend fand, dass sie einen zarten Umgang mit ihm gerade für richtig erachtete, hinterfragte es aber auch nicht. Stattdessen schloss er die Augen, rutschte hin und her, bis er die perfekte Haltung gefunden hatte. Eva breitete eine Wolldecke über ihm aus. Okay … Zum Glück hatte er ausreichend Kaffee zum Frühstück gehabt und sich gründlich ausgeschlafen, sonst würde er in dieser bequemen Position wegschlummern, bevor er irgendwelche Trancezustände erreicht hatte.
Eva begann, leise und rhythmisch auf ihre Handtrommel zu schlagen. Ein angenehmes Pochen, nicht schneller als sein Herzschlag.
„Lausche auf die Musik und lass deine Gedanken treiben“, sagte Maggie. „Versuch nicht, an etwas Bestimmtes zu denken. Achte bloß darauf, dass es schöne, wohlfühlige Gedanken sind, die du mit auf die Reise nimmst.“
Eine Flöte mischte sich mit ihren hohen, klaren Klängen unter die Trommel. Er mochte es, wenn Maggie auf ihrer Knochenflöte spielte. Es hatte etwas Raues, Urtümliches an sich, irreal und zauberhaft.
Die Musik trug ihn zu den Wolken hinauf. In Adlergestalt flog er einem blutroten Abendhimmel entgegen. Linkerhand erhoben sich Berge, unter ihm befand sich ein See. Ein einzelner Baum stand dort am Ufer, mit ausladender Krone. Samuel kannte diesen Ort. Als Kind war er häufig an diesem See gewesen, wenn er allein sein wollte. Auch der Baum stammte aus seinen Erinnerungen. Das mystische Licht war nicht real, doch das störte nicht weiter.
„Geht es dir gut, Sam?“, erklang Maggies Stimme.
„Hm“, stieß er verzögert hervor. Sein Denken hatte sich verlangsamt, er konnte die Augen nicht öffnen. Es wäre leicht, dagegen anzukämpfen, sich zu zwingen, vollkommen wach zu werden, die Lider wieder aufzureißen. Doch das wollte er gar nicht, darum lauschte er auf den starken Rhythmus der Trommel.
„So ist es richtig, Sam. Ruhig atmen. Du bist vollkommen sicher und kannst dich unbesorgt fallen lassen. Ich werde dich jetzt am Arm berühren.“
Kühle Finger schlossen sich um sein rechtes Handgelenk.
„Schön weiteratmen. Ich zähle jetzt von drei rückwärts. Wenn ich bei eins angekommen bin, lässt du los und vertraust dich der Trance an.“
Diese Worte sorgten für leichten Widerstand. Kontrollverlust. Das war beängstigend, er mochte es nicht. Doch er wusste, Dylan würde über ihn wachen, und er vertraute Maggie. Sie würde sich eher selbst die Augen ausstechen, als ihm absichtlich zu schaden. Darum wehrte er sich nicht und lauschte der Trommel, ebenso wie Maggies Stimme.
„Drei.“ Ein Finger tippte dreimal gegen seinen Arm. „Zwei. Zweimal tippen. „Und eins.“ Einmal tippen. „Du bist nun in tiefer Trance angekommen. Bleib vollkommen entspannt, Sam. Es gibt nichts, was dich beunruhigen kann.“
Das entsprach der Wahrheit. Ihm war angenehm warm und er hatte es behaglich. Nach wie vor kreiste er über dem See, genoss das verzauberte, tiefrote Licht. Es war schön hier, hoffentlich durfte er lange verweilen.
„Erzähl mir von dem, was du gerade siehst“, bat Maggie. Nun, es war kein Geheimnis, also beschrieb Samuel den See, den Baum, die Berge, das leuchtende Rot der untergehenden Sonne.
„Lande bei dem Baum.“
Eine gute Idee. Es würde bald dunkel werden, es wäre nicht klug, da noch weiter zu fliegen. Samuel ließ sich auf einem kleinen Findling nieder, der sich in unmittelbarer Nähe zum Baum befand.
„Verwandle dich und geh zum Baum hinüber.“
Er gehorchte, spürte das vertraue Reißen der Wandlung, marschierte zum Baum. Es war eine Weide, eine Trauerweide mit tief herabhängenden dünnen Zweigen. Vorhin war es noch ein anderer Baum gewesen, doch das spielte keine Rolle. Samuel trat durch den Vorhang aus Zweigen und Blättern und berührte den Stamm. Kühl fühlte sich die glatte Borke unter seinen Händen an.
„Schau nach unten“, erklang Maggies Stimme. „Dort liegt etwas. Du musst es dir anschauen. Was siehst du?“
„Eine Kiste“, flüsterte Samuel.
„Ist sie aus Holz?“
„Nein. Metall.“
„Öffne sie.“
Er erwartete, auf Widerstand zu stoßen, auf ein Schloss, zu dem ihm der Schlüssel fehlte, auf einen Code, den er erst brechen müsste. Doch die Kiste öffnete sich leicht. Als hätte sie nur auf ihn gewartet.
„Es gibt eine Antwort auf die Frage, warum du keine Chlorbleiche mehr riechen kannst“, sagte Maggie. „Siehst du in der Kiste etwas, das dir diese Antwort geben kann?“
Kalte Luft traf ihn unvorbereitet. Samuel blickte auf. Der See und der Baum waren fort, gemeinsam mit dem roten Himmel. Stattdessen befand er sich im Labor seines Vaters. Er erkannte es sofort, die vielen technischen Geräte, die allesamt blinkten und riesige Displays besaßen. Samuel verkrampfte sich. Er durfte nicht hier sein. Sein Vater wollte nicht, dass sich ein Kind an einem solch gefährlichen Ort aufhielt.
„Was hat sich verändert, Sam?“, fragte Maggie. Ihre Stimme beruhigte ihn etwas. Er erzählte, was er sah.
„Ist dein Vater ebenfalls dort?“
„Nein. Er ist … er ist nicht da.“
„Erzähl mir mehr. Was nimmst du wahr?“
„Es riecht scharf und unangenehm hier. Ich mag diese großen Flaschen nicht, in dem Tiere und seltsames Zeug stecken. Etwas rauscht. Ein Kühler. Ich darf nicht hier sein.“
„Siehst du etwas, was dir Angst macht?“
Samuel schaute sich um. Reagenzgläser. Flaschen. Piepende Geräte. Es war befremdlich, aber nicht direkt bedrohlich.
„Wie alt bist du, Sam?“
„Sechs“, entgegnete er ohne zu zögern. Etwas in ihm zuckte. Er wusste, er war viel älter, ein erwachsener Mann. Sein Vater war schon lange tot. Doch hier und jetzt, in diesem Moment, fühlte sich die Antwort richtig an.
„Alles ist größer als du. Hast du Angst?“
„Nein.“
„Kannst du etwas anfassen?“
Samuel versuchte es, doch er fühlte sich gelähmt und schwach und sehr müde.
„Daddy?“, fragte er mit seltsamer Stimme, die er selbst nicht erkannte.
„Ist dein Vater dort?“ Das war Maggie. Sie achtete auf ihn. Samuel spürte, wie er zu zittern begann.
„Es stinkt grässlich“, sagte er. „Ich will raus.“
„Schön ruhig atmen, Sam. Du bist sicher.“
Nein, das war er nicht. Da war Lärm und dieser entsetzliche Gestank und dann …
Schwärze. Angst. Geschrei.
Sein Herz begann wie wild zu schlagen.
„Mom? MOM!“, schrie er.
„Ganz ruhig, Sam. Hör auf meine Stimme. Ich zähle jetzt von drei aufwärts. Wenn ich bei drei angekommen bin, wachst du auf. Hörst du? Eins.“ Ein Finger tippte gegen seinen Arm. Samuel erschauderte. „Zwei.“ Zweimal tippen. „Drei. Öffne die Augen.“
Er wollte nichts lieber als das. Für einen winzigen Moment war da die Sorge, es könnte ihm nicht gelingen, er könnte für immer in dieser Welt aus Kälte, Angst und Dunkelheit bleiben, verloren, einsam, verlassen. Doch dann öffneten sich seine Lider wie von allein. Dylans Gesicht schwebte über ihm, Maggie befand sich dicht daneben und Eva war direkt hinter ihr.
„Ruhig ein- und ausatmen“, kommandierte Maggie. „Fass ihn jetzt noch nicht an, Dylan. Bist du wieder bei uns?“
„Ja.“ Samuel bewegte sich. Seine Muskeln gehorchten ohne jede Mühe. „Das war … was war das?“
„Eine verschüttete Erinnerung aus deiner frühen Kindheit. Sie wollte offenkundig gefunden werden, denn du bist sehr leicht und schnell zu ihr gelangt. Trotzdem gab es Gründe, warum du sie verdrängt hast, denn du konntest sie nicht vollständig erfassen.“
„Irgendetwas muss damals passiert sein“, murmelte Samuel. Nach wie vor standen die Bilder leuchtend vor seinem inneren Auge. „Etwas, das mit Chlorbleiche zu tun hat. Der Gestand war widerwärtig und hat alles überlagert. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass es Bleiche war, die ich da gerochen habe.“
„Ziemlich sicher, ja. Du hast diese Erinnerung willentlich unterdrückt“, sagte Maggie. „Du wolltest alles vergessen, was damit zusammenhängt, und das hat den Geruch mit eingeschlossen.“
„Hast du irgendetwas anderes außer chemisches Zeug und Apparaten gesehen?“, fragte Dylan und ergriff seine Hand. Samuel schüttelte seufzend den Kopf. „Nein. Ich erinnere mich jedenfalls an nichts anderes als das. Reagenzgläser, Gerätschaften, bizarre Objekte in Glasbehältern. Ich konnte mich nicht bewegen, war müde, durchgefroren, sehr schwach. Möglicherweise war ich krank, hatte Fieber?“
„Durchaus möglich. Es muss ja einen Grund gegeben haben, warum du das strikte väterliche Gebot gebrochen hast“, sagte Maggie. „Wenn du krank und fiebrig mitten in der Nacht aufgewacht bist und nach deinen Eltern gesucht hast, und sie lagen nicht wie erwartet in ihren Betten, dann wärst du auf die Suche nach ihnen gegangen. Zur Not auch im väterlichen Labor.“
„Ich weiß nicht, was mir solche Angst eingejagt hatte. Es war plötzlich alles dunkel und ich wollte zu meiner Mom.“ Samuel schüttelte den Kopf. „Leider lebt niemand mehr, den ich befragen könnte, was damals tatsächlich geschehen ist.“
„Es ist bei Hypnose nie mit absoluter Sicherheit zu sagen, ob die Erinnerung wahrhaftig ist. In diesem Fall habe ich ein gutes Gefühl“, sagte Maggie an Dylan gewandt. „Ich denke, es ist ein frühkindliches Trauma. Etwas ist in Sams Vergangenheit geschehen, was er so gründlich verdrängt hat, dass er deswegen den Geruch von Chlorbleiche ebenfalls nicht mehr wahrnehmen kann. Weil das Trauma eng mit diesem Geruch verbunden ist. Wir können versuchen, da noch weiter in die Tiefe zu forschen und die Erinnerung freizulegen. Es könnte allerdings möglicherweise Schäden verursachen und vielleicht ist es auch gar nicht möglich, eben weil es lange her ist, Kinder solche Dinge anders verarbeiten und manche Wunden niemals heilen können, egal wie viel Zeit verstreicht.“
„Ich werde da auf nichts drängen“, entgegnete Dylan und hob abwehrend die Hände. „Es war wichtig zu wissen, dass nichts Akutes dahintersteckt. Nichts, was Moody verursacht hat. Bei einem uralten Kindheitstrauma … Es ist schlimm genug, aber vielleicht kann es auch noch ein Weilchen verschüttet bleiben.“
„Ich fürchte, ich kann mich nicht auf ewig entziehen“, murmelte Samuel. „Es hängt mit meinem Vater zusammen. Jahrzehntelang war ich überzeugt, er wäre einfach bloß ein berühmter Biochemiker gewesen, jung gestorben, schon ewig tot. Seit ich zum ersten Mal einen Fuß auf das Gebiet von Shonnam gesetzt habe, zieht er sich wie ein roter Faden durch alles das, was uns widerfahren ist. Immer im Hintergrund, wie ein Geruch, den man nicht richtig erfassen kann. Ich habe mich lange davor gedrückt, die Kiste zu öffnen. Es kann nun nicht noch länger gewartet werden.“
„Was meinst du mit rotem Faden?“, fragte Eva interessiert.
„Nun – mein Vater hat Dylans Mutter vergewaltigt und Tyrell gezeugt, sowie dessen Zwillingsschwester Annika. Von der niemand wusste, weil sie ins Waisenhaus abgeschoben wurde“, begann Samuel. Ein unbehaglicher Blick ging in Richtung Maggie, sie mochte das Thema Annika nicht sonderlich gerne. Niemand mochte es, denn es war zu schmerzlich, sich an sie zu erinnern. „Annika entwickelte als kleines Kind multiple Wandlungsfähigkeiten, sie konnte also diverse Wandlerformen annehmen. Es ist nicht geklärt, ob das für alle Nachkommen unterschiedlicher Wandlereltern unter gegebenen Umständen zutreffen kann. Jedenfalls konnte sie es, und weil sie im Waisenhaus schwer misshandelt wurde, ist sie zur Löwin als Hauptwandlungsform geworden. Es scheint vergleichbar mit dem Werdegang einer multiplen Persönlichkeitsstörung zu sein und befähigt die Betroffenen, sowohl ihre Gestalt als auch ihr Geschlecht zu wechseln. Sie war Ermittlerin im Team, Ricks erste Frau, eine Söldnerin, gewissenlose Mörderin … Na ja, und eben meine Halbschwester.“
„Sams Vater kam wenige Jahre nach der Vergewaltigung zurück und hat meine Mutter vor meinen und Tyrells Augen getötet“, sagte Dylan. „Dieser Mann war der Grund, warum ich eine besondere Beziehung zu Sid habe, warum ich unbedingt Mordermittler werden wollte und warum Brookdarn überhaupt existiert – die Vogelwandlerregierung konnte nie herausfinden, wer der Steinadler war, der den Mord begangen hat, und hat mir und Tyrell viel Geld als Entschädigung gegeben. Genug, um Land zu kaufen und das Haus zu bauen und ein Rudel um uns zu scharen. Dieses abscheuliche Verbrechen hat den Krieg gegen Vogelwandler und Säugetierwandler letztendlich beendet, es hat mich meine Mutter gekostet, und die Basis für alles gelegt, was danach kam.“
„Nun, der Krieg war schon Jahre vorher beendet worden, aber seither arbeiten die Regierungen gut zusammen und der Frieden sickert auch langsam, also sehr, sehr langsam in die Köpfe der Leute ein“, präzisierte Samuel.
„Eigentlich kommst du recht gut mit Sid zurecht, oder irre ich mich?“, fragte Eva. Dylan verzog das Gesicht.
„Mittlerweile geht es halbwegs“, murmelte er. „Ich weiß nicht, ob er im Alter milder geworden ist. Sein Spruch war von jeher, dass Familie das Einzige ist, was ihm heilig ist. Seine eigene Familie wurde vor seinen Augen abgeschlachtet, als er gerade fünfzehn Jahre alt war. Er selbst lag angeschossen und sterbend da, während seine Mutter und seine Geschwister vergewaltigt und getötet wurden, bevor man seinen Vater hinrichtete. Ihn hielt man für ungefährlich. Er hat sich extrem brutal gerächt, ist dabei zunächst in einer Straßengang aufgestiegen und hat sich als Psychopath sehr schnell durchgesetzt. Schon in diesem zarten Alter hat er jeden getötet, der ihm in die Quere kam. Doch nie und unter keinen Umständen hat er sich an den Familien seiner Feinde vergriffen. Musste er diese benutzen, um jemanden gefügig zu machen, hat er strikt darauf geachtet, ihnen nicht zu schaden. Diese Unterscheidung hat er ebenfalls stets skrupellos genutzt. Er hat Tyrell und mich benutzt, wie es ihm gefiel, als unsere Mutter getötet wurde und Sid uns in die Fänge bekam. Er hat abscheuliche Verbrechen begangen, er hat mich gefoltert, vergiftet, als Versuchskaninchen für das Gegenmittel für Invisible Shadow benutzt und riskiert, dass ich getötet werde. Auch mit Sams Leben hat er gespielt, ohne mit der Wimper zu zucken. Und trotzdem hat er stets alles gegeben, auch sein eigenes Leben riskiert, um Tyrell und mich zu beschützen, und sich brutal gerächt, wenn jemand sich an uns zu vergreifen versuchte. Sid ist ein Mann von erstaunlichen Widersprüchen. Seit sich Sam in Shonnam befindet, war ich unglaublich oft dazu gezwungen, mit Sid zu agieren, zumal er auch zu diesem Zeitpunkt seine Macht als Syndikatschef erheblich ausgebaut hat, besonders seit er sich von Moody befreien konnte, der ihn zig Jahre lang gegängelt hatte. Daran, also am Machtausbau Sids, ist auf Umwegen eben wieder Sams Vater beteiligt gewesen.“
„Wie das?“, fragte Eva stirnrunzelnd.
„Mein Vater war ja einerseits Biochemiker“, entgegnete Samuel. „Andererseits hat er sich als Arzt ausgegeben und notleidende Menschen kostenlos betreut. Da hatte er in Shonnam freie Auswahl, die Ghettos sind voll von Verzweifelten. Er hat sie in Wahrheit für seine Experimente ausgenutzt, er wollte vermutlich neue Medikamente für Vogelwandler entwickeln und hat diese an Menschen getestet, die er für minderwertig hielt. Für weitere Experimente hatte er einen Schlangenwandler entführt und gefangen gehalten. Ein Königskobrawandler, mit dessen Gift er unbekannte Ziele verfolgte.“
„Dieser Schlangenwandler konnte entkommen, als Sams Vater nach Shonnam fuhr, um meine Mutter zu töten. Warum genau er diesen Mord überhaupt begehen wollte, konnte nie geklärt werden. Oder wie er es regelmäßig über die Grenze geschafft hat“, sagte Dylan. „Die Schlange ist nacheinander Moody und Sid in die Fänge geraten, konnte dann endgültig entkommen, hat sich biochemische Fachkenntnisse angeeignet und Invisible Shadow entwickelt.“
„Oh! Normalerweise erfährt man ja nicht, wer für eine bestimmte Droge verantwortlich ist“, sagte Eva verblüfft.
„Damit hatte in diesem Fall auch niemand gerechnet. Dieses Dreckszeug wurde gezielt entwickelt, um Rache zu üben. Die Schlange hat den Markt damit überschwemmt, Moody infiziert und diverse hochrangige Vertreter der Syndikate angegriffen.“ Samuel zuckte mit den Schultern. „Hat dir Daniel nie Genaueres erzählt? Er war ja auch infiziert worden.“
„Er vermeidet das Thema“, entgegnete sie. „Ich weiß davon, auch wie es für ihn war, als er in künstliches Koma gesetzt wurde und anschließend so schwer krank war, dass er kaum arbeiten konnte. Diese Zeit hat viel mit ihm angestellt, seine innere Einstellung geändert, was das Leben allgemein bedeutet, wie wichtig oder unwichtig die Arbeit ist im Vergleich zur Familie.“
Maggie streichelte ihr über den Rücken. Daniel und Eva hatten einiges hinter sich gebracht.
„Nun, jedenfalls war es somit indirekt die Schuld von Sammys Vater, dass Invisible auf die Welt losgelassen wurde. Die Schlange wollte Sam als Ersatz töten, sich an Moody rächen, all solche Dinge. Indirekt ist Sams Vater damit auch verantwortlich für die Machtverhältnisse in Shonnam“, fuhr Dylan fort. „Für Moodys Fall, für Sids Aufstieg. Für Lelands Untergang und Alexandros Whitefields Aufstieg zum Syndikatsboss. – Oh. Leland hatte zu Moodys Zeiten den Südwesten von Shonnam gehalten. Die Invisible-Attacke hatte seine Macht zerstört und Moodys Untergang hat ihn mit abstürzen lassen. Alexandros ist von einem winzigen Nebenspieler, der am Rande mitmischen durfte, zu einem Syndikatschef mutiert, war dabei mit einer anderen nebensächlichen Gruppierung fusioniert. Leland hatte nie echte Bedeutung, darum ist das praktisch im Hintergrund abgelaufen, ohne Wellen zu schlagen. Also ja, dieser größenwahnsinnige Wissenschaftler hat uns die Syndikatslandschaft neu dekoriert und letztendlich ist er auch für den Tod von Alexandros und Max verantwortlich, für die Tausenden von entführten Jugendlichen, die in Arenakämpfen verbluten mussten.