Dämonen küssen besser - Evelyne Amara - E-Book

Dämonen küssen besser E-Book

Evelyne Amara

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Beschreibung

Humorvolle Fantasy-Romance-Reihe

Nach langem Warten kann die Hexe Vivien endlich in ihr Traumhaus einziehen. Von da an nimmt ihr Leben turbulente Wendungen.
Leider sind die Gerüchte wahr: Es spukt hier und zwar gewaltig! Der Geist entpuppt sich als ein höllisch attraktiver, arroganter Typ, der die Unverschämtheit besitzt, sie als Hausbesetzerin anzusehen. Auch scheint er kein gewöhnlicher Geist zu sein, sondern ein anderes magisches Wesen. Jedenfalls ist ihm nicht über den Weg zu trauen, und er hat eine eigene Agenda, bei der sie ihm im Weg stehen könnte. Wenn er nur nicht so verdammt anziehend wäre ...
Zudem hat es noch jemand auf ihr Leben abgesehen. Ausgerechnet, als sie Angriffen von verschiedenen Seiten ausgesetzt ist, verfügt sie nicht über ihre Hexenkräfte ...

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Epilog

Scarlett Draven

Evelyne Amara

Dämonen küssen besser

Crazy Magic Serie

Band 4

Impressum

Copyright November 2017 Scarlett Draven

Coverabbildung: Subbotina / Shotshop.com

Coverdesign: Scarlett Draven

[email protected]

[email protected]

www.Evelyne-Amara.com

Scarlett Draven

c/o Autorenservice Gorischek

8101 Gratkorn

Österreich

Kapitel 1

Vivien

Endlich! Endlich ziehe ich in mein Traumhaus ein! Jahrelang habe ich darauf gewartet, denn bereits als Kind habe ich mich heimlich hierher geschlichen. Viel Zeit habe ich damals im zu diesem Grundstück gehörenden Garten verbracht und geträumt, eines Tages hier wohnen zu können.

Es soll darin spuken, und nicht nur mein Cousin Aidan denkt, ich wäre wahnsinnig, es erworben zu haben, doch dafür habe ich es echt günstig bekommen. Aber das ist nichts, was eine ordentliche Geisteraustreibung und etwas pinke Farbe nicht beseitigen können. Ich werde mir hier mein eigenes, gemütliches Nest erschaffen.

Es hat zuvor einem Biber-Wandler gehört, der es geerbt hat. Ich habe keine Ahnung, wessen Eigentum es davor gewesen war, aber es ist schon lange unbewohnt.

Bisher hatte es niemand aus Elephant Butte kaufen wollen, weil es doch etwas düster aussieht. Aber das ist deren Pech. Diese Wandler sind so verdammt abergläubisch und schreckhaft. Die Leute von Elephant Butte sind ohnehin ein eigenartiges Volk. Und das sage ich als eine Frau, deren Oberhexe eine marihuanasüchtige Rapperin ist ...

Viel Zeug besitze ich nicht, da ich viel von meinem Krempel habe verkaufen müssen, um mir das Haus leisten zu können. Trotzdem habe ich Schulden dafür aufnehmen müssen, aber ich bereue nichts, als ich mit meinem ersten Umzugskarton von vierzehn das Haus betrete.

Es riecht ein wenig muffig, weil es lange nicht mehr gelüftet worden ist. Also reiße ich erst mal die Fenster auf. Warm genug ist es draußen, sodass das kein Problem darstellt.

Meine Kartons stelle ich erst mal im Flur ab. Mein Besen macht Urlaub auf Hawaii, und mein Vertrauter ist im Knast, sodass ich die erste Zeit hier allein verbringen werde. Der Vertraute ist das Tier oder ein anderes magisches Wesen, das zu einer Hexe gehört und sie bei ihren magischen Aufgaben unterstützt. Nur dummerweise ist mir derzeit meine Hexenkraft weggenommen worden, weil mein Kater unter Mordverdacht steht und man sich nicht sicher ist, ob ich etwas damit zu tun haben könnte.

Diese Situation ist belastend, aber ich will mir nicht die Freude an meinem neuen Heim nehmen lassen. Ich glaube an Frosthauchs Unschuld und dass sich alles als ein Missverständnis herausstellen wird.

Meine wenigen Möbel wurden bereits heute Nacht von meinem Cousin Aidan und einem seiner Kumpels reingeschafft, und ein paar Möbel von irgendeinem Vorbesitzer befinden sich nach wie vor noch im Haus. Dabei sollte es eigentlich leer übergeben werden. Aber solange die gebrauchsfähig sind, ist mir das egal. Notfalls verkaufe oder verschenke ich sie.

Danach haben Aidan und sein Kumpel Byron sich verkrümelt, als wäre dieses Haus der Quell allen Bösen. Als hätten die es nötig, den Gerüchten, die ein paar besoffene Wandler verbreiten, Glauben zu schenken. Dabei wollte ich die beiden zum Essen einladen. Dann kriegen sie eben einen Gutschein für die Pizzeria, den Thailänder oder den Mexikaner.

Ich wäre laut Aidan verrückt, mir das Haus gekauft zu haben ... Der braucht nichts zu sagen. Das ist doch nur der Neid darüber, dass ich hier am Stadtrand mehr meine Ruhe haben werde, als er in seiner Hütte mitten in der Einöde. Sein Haus wird von allen möglichen Leuten und Viechern zu den unmöglichsten Zeiten heimgesucht. Die Gefahr besteht bei mir nicht, weil alle den Gerüchten Glauben schenken und das Haus meiden, als würde sich hier der Hauptsitz der Hölle befinden. Das bedeutet allerdings auch keine Vertreterbesuche und keine Zeugen Jehovas.

In diesem Haus werde ich also wirklich meine Ruhe haben, was mir ganz recht so ist. Zum nächsten Laden ist es zwar ein Stück, aber ich habe ja meine Vespa. Und was ich dort nicht kriege, kann ich online bestellen.

Mal abgesehen von dem düsteren Touch ist das Haus ein absoluter Traum. Mal abgesehen von den Badezimmern sind die Räume recht großzügig bemessen, was ich von meiner Stadtwohnung her nicht kenne.

Die Haustür knallt immer wieder zu, wenn ich einen weiteren Karton hole, obwohl ich keinen Luftzug feststellen kann. Also stelle ich einen Stuhl dorthin, damit sie offenbleibt. Leider ist der Boden so rutschig, dass der Stuhl vom Gewicht der Tür beiseitegeschoben wird. Selbst als ich einen schweren Umzugskarton gegen die Tür stelle, rutscht dieser weg. Wie merkwürdig. Vermutlich war der letzte Bewohner ein Bohnerwachs-Junkie gewesen.

Meine paar Kartons habe ich zum Glück schnell hineingetragen, denn schon fängt es an, zu regnen. Es ist ziemlich bewölkt, und so langsam kommt Wind auf.

Also renne ich im Haus herum, um die offenen Fenster zu schließen. Gelüftet dürfte ich ja inzwischen genug haben. In der Küche falle ich aus dem Fenster, als ich es gerade schließen will, und lande unsanft auf dem Gartenboden. Ich muss wohl zu viel Schwung gehabt haben. Ungeschickt ist mein zweiter Vorname. Das behauptet zumindest Aidan. Dabei braucht der gar nichts zu sagen ...

Im verwilderten Kräuterbeet, das ich als Kind dort angelegt habe – schließlich war ich bereits im Alter von sieben Jahren fest davon überzeugt gewesen, dass dieses Haus mal mir gehören würde – rappele ich mich auf. Leider sind inzwischen auch ein paar Brennnesseln dort gewachsen. Unschöne, juckende Pusteln bilden sich auf meinen nackten Armen und Unterschenkeln.

Unweit vom Fenster liegen etliche Tomaten-Beete, die es schon so lange ich denken kann, dort gibt. Die Pflanzen wachsen und gedeihen wie von Zauberhand und tragen zahlreiche Früchte.

Die Kräuter, die ich als Kind angepflanzt habe, wachsen und gedeihen nach wie vor. Damals habe ich mich oft aufs Grundstück geschlichen, bevor ich als Erwachsene umgezogen bin. Oregano, Thymian, Kamille, Pfefferminze, Zitronenmelisse, Liebstöckel und noch viel mehr wächst hier. Natürlich gibt es auch viel Wildwachsendes wie Schafgarbe, Disteln und Löwenzahn, der überall seine Wurzeln geschlagen hat. Andere Leute würden die entfernen, aber als Hexe weiß ich um deren Heilkräfte und freue mich, dass ich sie in meinem Garten habe. Auch Brennnesseln haben Heilkräfte. Es ist nur nicht so schön, direkt hineinzufallen. Warum müssen die auch ausgerechnet unterhalb meines Küchenfensters wachsen und warum muss ich ausgerechnet aus diesem Fenster fallen? Hätte ich nicht aus dem Wohnzimmerfenster auf den Löwenzahn fallen können? Heute bin ich besonders ungeschickt.

Zum Glück habe ich den Hausschlüssel in der Tasche meines Jeans-Rocks, denn das Küchenfenster ist zu hoch, um einfach so hineinzusteigen, was es Einbrechern auch schwerer machen sollte.

Ich laufe um das Haus herum und betrete es wieder durch die Haustür.

Im Bad lasse ich Wasser über die Pusteln an meinen Armen und Beinen laufen. Ich trage ja nur den alten, knielangen Jeans-Rock, den ich gebraucht auf eBay erworben habe. Jeans-Röcke sind zwar nicht meine erste Wahl, aber bei warmem Wetter luftiger als eine Jeans und aufgrund der Taschen praktisch.

In der Mitte des Flures führt eine gerade Treppe hinauf in das Obergeschoss. Der Flur erinnert mich ein wenig an den der Adams-Family, nur dass meiner nicht so großzügig ist, was mir reicht, denn so muss ich nicht so viel putzen und streichen.

Als der Makler – der Eigentümer selbst muss schon seit Jahren keinen Fuß mehr hier hineingesetzt haben – mich durch das Haus geführt hat, habe ich mich nur noch mehr in es verliebt. Es wirkt altmodisch und ein wenig verspielt. Moderne Häuser mit ihren geraden Linien wirken auf mich unpersönlich und oft kalt. Meine Stadtwohnung war so gewesen, obwohl ich alles versucht habe, sie aufzupeppen mit bunten Wandbemalungen und ein paar alten Möbeln. Aber ich habe schon immer gewusst, dass das nur ein Übergangsort für mich sein würde, bevor ich irgendwann in dieses Haus ziehen würde. Ich frohlocke, denn mein selbstgewähltes Schicksal hat sich nun endlich erfüllt. Selbst Brennnesseln und ein unfreiwilliger Fenstersturz können mir diesen Tag und meine Freude an diesem Haus nicht verderben.

Ich meine, wir sind Hexen, aber auch wir sind nicht unfehlbar. Die haben alle Angst vor einem Haus. Geht’s denn noch? Nur wegen einer Legende habe ich doch nicht die Hosen voll.

Es kommt schon mal vor, dass ein Geist oder gar mehrere Geister ein Haus besetzen. Aber davon lasse ich mir doch den Traum, der mich fast mein ganzes Leben lang begleitet hat, nicht madig machen. Für diesen Traum habe ich gespart, gearbeitet wie verrückt und Schulden aufgenommen.

Vom Flur aus räume ich fröhlich ein Lied vor mich hin summend die Kartons in die jeweiligen Zimmer. Viel Küchenkram besitze ich nicht, da ich nicht wirklich kochen kann.

Das Haus besitzt zwei Schlafzimmer mit daran angeschlossenen kleinen Badezimmern. Die Wasserrohre und die Stromkabel habe ich austauschen lassen müssen, da sie zu alt gewesen waren. Der Fliesenleger hat gute Arbeit geleistet, denn nun erstrahlen meine Bäder in einem herrlichen Himmelblau.

Die Fliesen habe ich als Sonderposten ergattern können. Sie gehören zwar zur alten Kollektion, aber die neue Mode gefällt mir ohnehin nicht. Fliesen mag ich am liebsten schlicht, denn man weiß nie, ob sie einem sonst nach ein paar Jahren noch gefallen. Accessoires oder Gardinen sind viel leichter auszutauschen, zumal die heutzutage die Fliesen einfach auf die alten draufkleben. Da wird ja mein Badezimmer immer kleiner ...

Ich putze eines der Badezimmer, lege Handtücher bereit und beziehe mein Bett. Dann räume ich meine Nagellack-Sammlung aus dem Karton. Das waren einige der wenigen Sachen, die ich nicht übers Herz gebracht habe, zu verkaufen. Sorgfältig räume ich sie in die dazugehörigen Organizer, die ich in meiner Kommoden-Schublade aufbewahre, damit sie vor Licht geschützt sind. Auch habe ich eine etwas kleinere Sammlung von Parfüm-Miniaturen. Ich stelle mir eine meiner Lieblingsfarben, Bahama Mama von Essie, bereit, die ich mal im Sonderangebot bekommen habe.

Dann gehe ich runter und schalte meinen Laptop an, der auf dem Küchentisch steht.

Während dieser hochfährt, gönne ich mir einen Cappuccino, natürlich den aus dem Pulver, denn eine Espresso-Maschine besitze ich nicht. Dann gebe ich rasch mein Passwort ein und mache mir ein Sandwich mit Schinken und Salat. Dazu esse ich noch ein paar gesalzene Gurkenscheiben.

Während ich esse, überlege ich, ob ich die Küche nicht in einem freundlichen, hellen Gelb streichen sollte. Die Fliesen sind hellgrau, was dem Raum zusammen mit der weißen Tapete einen recht kühlen Eindruck verleiht. Ein paar pflegeleichte Pflanzen könnte ich mir auch noch beschaffen. Ich denke an einen Farn und für das Wohnzimmer wäre ein Benjamin nicht schlecht. Ich muss zugeben, dass ich mich ohne meinen Kater und meinen Besen bisweilen etwas einsam fühle. Es ist einfach ungewohnt. Hoffentlich ist Frosthauch bald wieder da.

Ich bin mit dem Essen fertig, räume das Geschirr in die Geschirrspülmaschine und setze mich an meinen Laptop. Ich öffne mein Schreibprogramm, um an dem Manuskript weiterzuarbeiten, mit dem ich vor meinem Umzug begonnen habe. Die Unterbrechung hat mir gar nicht gepasst, aber es ging nicht anders. Zuvor hatte ich eine Wohnung in einer Stadt etwa dreißig Meilen entfernt gemietet gehabt. Dort habe ich einige Jahre lang gewohnt, daher kennen mich die Bewohner von Elephant Butte noch nicht, obwohl meine Familie aus dem unweit davon liegenden Kensington stammt.

Die Hexenclans leben meist nicht direkt in den Orten, sondern besitzen Häuser irgendwo in der Einöde. Mit meiner Stadtwohnung war ich in der Hexengemeinde ein schwarzes Schaf gewesen, aber da von meiner näheren Verwandtschaft ohnehin keiner mehr lebt, außer meine Mutter und die das als Menschenfrau ohnehin anders sieht, spielt das keine Rolle für mich.

Die andere bucklige Verwandtschaft, mal abgesehen von meinem Cousin Aidan, hat sich bisher kaum um mich geschert, da ich als nicht besonders magisch begabt gelte und daher wohl uninteressant für sie und viele andere Hexen bin.

Ich konzentriere mich auf meine Arbeit und schreibe ein paar Stunden lang. Ungefähr alle zwei Stunden mache ich eine kurze Kaffee- und Pinkelpause. Nach etwa sechs Stunden reicht es mir für heute, denn auch wenn der Roman fertig werden muss, so will ich noch was am Haus machen.

Ich schalte mir meinen MP3-Player an und beginne mit dem, was ich schon so lange vorgehabt hatte: Ich streiche den Flur in einem hellen Roséton.

Die Farbe habe ich mir bereits vor zwei Wochen im Baumarkt erworben. Es ist eher ein helles Altrosa als ein Barbierosa, ein sehr romantischer Farbton, der, wie ich finde, sehr gut zu diesem verträumten, alten Haus passt.

Ich gerate ins Schwärmen, wenn ich nur daran denke, wie ich es mir herrichten werde. Bereits jetzt ist es ein Traum, auch wenn es noch diesen düsteren Touch besitzt. Aber das liegt nur daran, dass es mal einen frischen Anstrich und ein paar luftige Gardinen benötigt. Wie lange träume ich schon davon ...

Frisch gestrichen sieht mein Eingangsbereich gleich viel heller und freundlicher aus. Aidan wird Augen machen, wenn er meinen Flur das nächste Mal sieht. Ich weiß, dass das nicht ganz seine Farbe ist, aber er wird zugeben müssen, dass es wirklich gut aussieht.

Danach gehe ich in die Küche, lege mir zwei Brötchen auf einen Teller, schneide sie auf, beschmiere sie mit Frischkäse und mache mir einen warmen Kakao. Mein Geschirr ist uralt, aber ich liebe einfach den noch gut erhaltenen Fotodruck darauf mit den Palmen, dem Sandstrand und dem Meer. Das Essen lade ich auf ein Tablett und begebe ich mich in das Obergeschoss auf den Balkon. Dort hat Aidan meine beiden Klappstühle und den Klapptisch hingestellt, die ich mal sehr günstig in einem Baumarkt erworben habe. Diese sind aus Holz und haben abnehmbare, smaragdgrüne Kissen.

Mein Tablett stelle ich auf dem kleinen runden Tisch ab. Der Balkon ist eher klein, besitzt aber ein wunderschönes, schmiedeeisernes, verschnörkeltes, schwarzes Geländer, was den romantischen Touch des Hauses unterstreicht. Es ist zwar etwas niedrig, was wohl daran liegt, dass es sehr alt ist und die Leute damals einfach kleiner gewesen waren. Da sieht man wieder, dass zu früheren Zeiten einfach eine bessere Qualität hergestellt worden ist. Heutzutage würde nichts mehr so lange halten. Ich könnte es eigentlich auch altrosa oder hellgrün streichen ...

Aber den romantischen Touch erkenne wohl nur ich, denn Aidan findet das Haus einfach nur düster. Der hatte schon immer eine Neigung dazu gehabt, mir etwas schlechtzureden. Wenn ich mit dem Haus fertig bin, wird es ein Traum in Rosa und Hellgrün mit etwas hellem Blau wie der Morgenhimmel über Elephant Butte oder sagen wir mal Paris sein. Ja, das Blau des Morgenhimmels über Paris hört sich eindeutig besser an als das Blau des Himmels über Elefantenarsch. Was sind die auch zu geizig, das Ortsschild gegen ein neues auszutauschen. Elephant Butt steht dort ... Butte bedeutet Felsvorsprung, Restberg oder Spitzkuppe, aber Butt ist einfach nur der Hintern.

Schade ist nur, dass der Balkon nicht zum Schlafzimmer gehört, sondern zum Wohnzimmer. Aber vielleicht ist das besser so. Wenn man mal Freunde da hat, mit denen man auf dem großzügigen Balkon sitzen möchte, will man die auch nicht alle durchs Schlafzimmer führen müssen.

Man hat von hier aus eine gute Aussicht auf den Garten. Nebenan wohnt jemand, aber das Haus ist recht weit von meinem entfernt, da auch sein Garten recht großzügig angelegt worden ist.

Vielleicht könnte ich diesen Raum als Schreibzimmer verwenden. In meiner alten Wohnung musste ich im Schlafzimmer arbeiten, was nicht gerade ideal war, denn man kann einfach schlechter abschalten, wenn der Laptop auf einem Laptopständer neben dem Bett steht und einen daran erinnert, wie sehr man sich schon hinter dem Zeitplan befindet, weil wieder irgendeine Katastrophe passiert ist.

Kapitel 2

Nathaniel

Der Eindringling befindet sich in meinem Haus. Ich schließe Wetten mit mir selbst ab, wie lange es dauern wird, bis sie vor Angst zitternd und schreiend aus dem Haus rennt wie die Frau vor etwa zwanzig Jahren, die so leichtsinnig gewesen war, hier einzuziehen. Die Wandler-Idioten von Elephant Butte hatten das Haus damals an eine nichtsahnende Menschenfrau verkauft. Es war ein Spaß gewesen, sie zu verjagen.

Und jetzt wurde es offenbar wieder verkauft, denn es ist in keinem vermietbaren Zustand. Zumindest habe ich das den Makler während eines Rundganges zu seinem Kollegen sagen hören. Es ist die dritte, die in den beinahe hundert Jahren, während der ich hier festhänge, eingezogen ist. Die meisten sind ja zu feige dazu. Entweder ist sie mutig oder leichtsinnig. Ich vermute beides.

Wie dem auch sei, sie wird bald merken, dass sie einen großen Fehler begangen hat, das Haus zu kaufen. Ob sie überhaupt weiß, dass es hier spukt? Vielleicht ist sie genau wie die andere Frau damals von außerhalb und niemand hat ihr gesagt, dass es sich um ein Spukhaus handelt. Wie dem auch sei, sie wird bald eine unliebsame Überraschung erleben.

Kurz vor ihrem Einzug sind zwei zwielichtige Typen hier aufgetaucht, um ein paar Möbel hineinzuschleppen. Die Möbel werden sie wohl bald wieder herausschleppen dürfen ...

Vielleicht ist sie eine dieser Realistinnen, die sich für so schlau halten und nicht an das Übersinnliche glauben und alle, die das tun, als Spinner ansehen. Mit denen hat man im Allgemeinen am meisten Spaß. Wäre ich ein netter Kerl, so würde sie mir jetzt leidtun ... Aber ich bin kein netter Kerl.

Ich muss zugeben, dass es langweilig ist, beinahe ein Jahrhundert lang an ein Grundstück gebannt worden zu sein. Den zugehörigen Garten kann ich betreten, aber jenseits der Gartenmauer gelange ich nicht, auch wenn meine Magie ein Stück darüber hinaus noch wirksam ist.

Ich bevorzuge es, allein zu leben, aber ich muss sagen, dass ihre Anwesenheit hier doch amüsant werden könnte. Ich werde langsam anfangen und meinen Spaß mit ihr haben, bevor sie vor Angst schreiend hier herausrennt.

Sie besitzt ja fast mehr Nagellacke, als ich niedere Geister habe, die mir dienen. Oder gedient haben, bevor es mich hierher verschlagen hat, denn die anderen sollen keineswegs von meiner Schmach erfahren. Ich habe nur ein paar diskrete Naturgeister um mich geschart. Schließlich muss man irgendwie in Erfahrung bringen, was draußen in der Welt vor sich geht.

Ich hatte das Haus damals unter einer falschen Identität erworben. Irgendwann hat man vermutet, dass ich verstorben sei, denn selbst Wandler leben nicht so lange, und in der Nachbarschaft hatte mich lange niemand mehr gesehen ... Die Stadt hat mich schließlich für tot erklärt und das Haus veräußert, da es mir unmöglich gewesen war, zum Einwohnermeldeamt zu gehen. Der Wandler, der es erworben hatte, ist allerdings sehr bald wieder ausgezogen ...

Mal sehen, wie lange diese Frau durchhält.

Ich frage mich, wann es mir gelingen wird, den Zauber zu brechen, der mich an dieses Haus bindet. Das Haus abzubrennen oder auf eine andere Weise zu zerstören wird mich nicht von diesem Ort befreien, hatte meine Peinigerin damals gesagt. Als hätte sie meine Gedanken lesen können ... Dann wäre ich eben an eine Ruine oder einen Haufen Schutt gebunden, was meine Lage keineswegs verbessern würde. Ich lasse mir von einigen Naturgeistern öfters magische Literatur beschaffen, in der ich hoffe, eine Lösung zu finden. Gelegentlich kommt man doch an Bücher, die lange verschollen gewesen sind und archaische Geheimnisse offenbaren.

Aber was ich ganz sicher nicht benötige, ist irgendeine Menschenfrau, die hier herumschleicht, neugierig in allen Ecken herumschnüffelt, ihren Ramsch in meinem Haus verteilt und mich bei meinen Plänen stört. Ich liebe es, meine Ruhe zu haben. Und genau diese stört die Frau ganz empfindlich, mag sie auch noch so attraktiv und sexy sein. Wenn ich mir vorstelle, wie sie ihre langen Beine um meine Hüfte schlingt, während ich in sie stoße, könnte ich den Verstand verlieren. Ob ihr langes, dunkles Haar sich so seidig anfühlt, wie es aussieht? Und ihr Duft erst ... Allein dieser lässt mich hart werden.

Aber all das zählt nicht, denn sie ist nichts für mich. Vermutlich fühle ich mich nur so zu ihr hingezogen, weil ich lange keine Frau mehr hatte.

Das Schlimmste von allem ist, dass sie mein Haus rosa streichen will! Das muss sich mal einer vorstellen: Sie will das Haus eines Dämons rosa streichen!

Es ist schon schlimm genug, dass es damals dieser Hexe und ihren zwei Komplizinnen gelungen ist, mich an dieses Haus zu binden, aber wenn die jetzige Teilzeit-Bewohnerin es auch noch rosa streicht, dann wäre ich ganz unten durch bei meinen Mitdämonen, sollte jemand davon erfahren, womit ich rechnen muss. Früher oder später kommt jemand dahinter. Dann wäre ich die Lachnummer für die nächsten dreitausend Jahre und darauf verzichte ich dankend.

Bisher ist es mir gelungen, meinen Aufenthalt hier geheim zu halten. Die werden sich höchstens fragen, wo ich in all der Zeit geblieben bin. Hundert Jahre mögen für Menschen eine lange Zeit sein, doch für uns sind sie das normalerweise nicht, aber wenn man aber an einen Ort gebunden ist, so können hundert Jahre selbst für jemanden wie mich verdammt lang sein.

Wie dem auch sei: Ich werde nicht zulassen, dass sie mein Haus verschandelt! Natürlich habe ich die rosa Farbe sogleich weggezaubert und dafür lasse ich jetzt Blut aus der Zimmerdecke strömen und an den Wänden herablaufen. Natürlich ist das Blut nur eine Illusion, aber eine verdammt gute. Ein böses Lachen entweicht meiner Kehle.

Sie betritt das Wohnzimmer. Sehr schön. Gleich werde ich meinen Spaß haben.

Ihr Blick fällt auf die Decke und Wände. Sie runzelt die Stirn. »Wie sieht’s denn hier aus? Das muss ich dem Makler sagen. So etwas ist ein verborgener Mangel, von dem der Verkäufer hätte wissen müssen. Das sieht für mich aus, als hätte man kurz vor der Besichtigung nochmal darübergestrichen. Wer weiß, wie lange das Dach schon undicht ist. Womöglich kann ich den Kaufpreis damit drücken.«

Sie läuft an mir vorbei, ohne mich zu bemerken. Natürlich befinde ich mich in einer Paralleldimension. Menschen können mich auf diese Weise nicht wahrnehmen.

Ich stoße ein schauerliches Heulen aus, um sie zu erschrecken.

»Ich glaube, eine Dachrinne ist locker, wenn der Wind sich so darin verfängt«, sagt sie zu sich selbst.

Als sie ihr Schlafzimmer betritt, platziere ich böse grinsend einen alten, gelblichen menschlichen Schädel auf ihrem Fensterbrett.

Ihr Blick fällt darauf. »Wo kommt denn diese hässliche Deko her? Halloween ist doch schon lange vorbei. Ein weiterer Grund, mich beim Makler zu beschweren. Mir wurde gesagt, dass der Entrümpler alles mitnehmen würde. Aber hier steht wirklich überall noch Krempel herum.«

Ach ja, der Entrümpler ... Der ist nach weniger als einer Viertelstunde geflohen ... Seine Kollegen vor ihm haben noch kürzer durchgehalten. Es wird bestimmt amüsant, anzuhören, wie sich dieser windige Makler windet und zu welchen Ausflüchten er greift, wenn sie ihn damit konfrontiert ... Ich sollte mir wirklich noch ein wenig Zeit lassen mit dem Rausekeln dieser Frau. Sie ist so verdammt amüsant. Natürlich ist das der einzige Grund, warum ich sie noch nicht verjagt habe, denn schließlich hätte ich weitaus fiesere Tricks auf Lager, als die bisher verwendeten. Es hat nichts damit zu tun, dass ich mich so stark zu ihr hingezogen fühle. Überhaupt nichts.

Ich lasse den Totenschädel wieder verschwinden.

»He, wo ist das Ding jetzt hin? Und diese Flecken an den Wänden und der Decke sind auch auf einmal weg. Wie seltsam.« Sie blinzelt, kneift mehrmals die Augen zusammen und zuckt schließlich mit den Achseln. »Ich sehe eindeutig Dinge, die nicht da sind. Das muss an dem ganzen Stress liegen. Ja, ich hatte eindeutig zu viel Stress und zu wenig Schlaf in der letzten Zeit, sonst würde ich ja wohl kaum mit mir selbst reden, nicht wahr?«

Sie verlässt den Raum.

Nathaniel

Während der Nacht versuche ich es mit den üblichen Tricks: Kettengerassel, schauerlichem Geheule und durchscheinende Gestalten und Skelette durchs Zimmer schweben zu lassen. Sie hat sich einfach eine Schlafmaske aufgesetzt und ein paar grüne Ohrstöpsel in die Ohren gestopft und schnarcht lauter, als ich mit den Ketten rasseln kann. Auch als ich sie kitzle, wacht sie nicht auf. Eine auf Gespenst zu machen ist auch nicht mehr das, was es mal war …

Natürlich könnte ich ihr richtigen Schaden zufügen, doch irgendetwas in mir sträubt sich gegen diesen Gedanken. Einer der richtig bösen Dämonen bin ich nicht. Ich will nur meine Ruhe haben und Pläne schmieden, wie ich mich aus dieser misslichen Lage befreien kann. Und eigentlich ist diese Frau ja wirklich süß ... Solange sie mein Haus nicht rosa streicht, hätte ich nicht mal was gegen sie.

Kapitel 3

 

 

Vivien

 

Als ich am nächsten Morgen frisch geduscht mein Tablett die Treppe hinuntertrage, traue ich meinen Augen kaum. Wohin zur Hölle ist mein schöner altrosa Anstrich vom vergangenen Abend verschwunden? Es ist, als hätte ich gar nicht gestrichen.

Jetzt habe ich schon Halluzinationen. Im obigen Wohnzimmer hatte ich gestern auch seltsame Dinge gesehen. Verdammt, das habe ich doch nicht nur alles geträumt oder mir eingebildet.

Jedenfalls ist mein Farbtopf ziemlich leer. Es sieht allerdings auch nicht so aus, als hätte jemand während der Nacht meinen Flur in einer anderen Farbe gestrichen. Nein, die Wände sehen aus, als hätten sie seit vielen Jahren keine Farbe mehr gesehen.

Dafür muss es eine Erklärung geben. Vielleicht ist die Farbe vollständig abgeblättert, weil sie an dieser Wand nicht richtig hält? Es gibt aber keine Spuren abgeblätterter Farbe.

Natürlich bin ich eine Hexe und muss auch das Übernatürliche in Betracht ziehen, aber ich schließe gerne zuvor alle anderen möglichen Ursachen aus. Auch unter uns gibt es viel zu viele Abergläubige.

»Also hast du endlich kapiert, dass es hier spukt«, vernehme ich plötzlich hinter mir eine tiefe, arrogant klingende Männerstimme.

Ich fahre herum.