Das Armband der Lady Melville - Walter Kabel - E-Book

Das Armband der Lady Melville E-Book

Walter Kabel

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Wieder einmal treffen Harald Harst und Max Schraut auf ihren ewigen Gegner, den Schwerverbrecher James Palmerson. Aber der lässt sich nicht einfach fassen...Walter Kabel gilt noch heute vielen Kennern als einer der wenigen Schriftsteller der Dreißiger Jahre, dessen Werke noch immer lesenswert sind. Unsere Walter-Kabel-Edition soll helfen, sein Werk wieder zu entdecken.

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Seitenzahl: 53

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Walter Kabel

Das Armband der Lady Melville

Walter-Kabel-Edition

Walter Kabel

Das Armband der Lady Melville

Harald Harst

Kriminalroman

Edition Corsar D. u. Th. Ostwald

Braunschweig

Impressum

Texte: © 2024 Copyright by Thomas Ostwald

Umschlag:© 2024 Copyright by Thomas Ostwald

Durchgesehen, korrigiert und verantwortlich für den Inhalt:Thomas Ostwald

Am Uhlenbusch 17

38108 Braunschweig

[email protected]

Frau Thora Torstensen war überglücklich! Nun hatte sie auch die beiden seit Tagen leerstehenden Zimmer wieder vermietet. Und dazu noch an so solide Herren gesetzten Alters, einen englischen Ingenieur und einen Wiener Geschäftsreisenden, die beide gleich für eine Woche vorausbezahlt hatten.

Frau Torstensen lief hurtig wie ein Wiesel in die Küche und teilte ihrer Köchin Ulla die frohe Botschaft mit. »Ulla - soeben bin ich auch Busleys Zimmer wieder losgeworden. Der Herr zieht sofort ein. Es ist ein Engländer namens Percy Haberton, Ingenieur.«

Ulla, die mit Frau Torstensen noch die besseren Zeiten durchgemacht hatte, als der Major Torstensen noch lebte, brummte etwas wie »Alle Engländer können mir gestohlen bleiben!«, vor sich hin.

»Ulla, Ulla!«, meinte da die Frau Major. »Sie müssen doch den anderen Engländern nicht unterschiedslos nachtragen, was der Busley uns für Unruhe und Laufereien bereitet hat!«

»Na — ein Mensch, der hier in ein anständiges Haus kommt, plötzlich an Schlagfluss stirbt und von dem sich dann herausstellt, dass er fraglos unter falscher Flagge segelte, der sicherlich ganz anders hieß und der begraben wurde, ohne dass sich auch nur ein einziger Verwandter hier in Kopenhagen meldete, so ein Mensch ist ein Spitzbube oder Mörder gewesen, nichts anderes!«

»Unsinn! Reden Sie nur nicht derartiges vor anderen, Ulla! Er kannte keine Seele hier in Kopenhagen der Macdonald Busley! Jetzt aber an die Arbeit, Ulla! Um ½ 5 Uhr wollte der Ingenieur Haberton mit seinem Koffer kommen. Geben Sie nur das Tablett mit dem Kaffee für den ulkigen, den Wiener her. Ich stell’ es ihm ins Zimmer. Er muss ja gleich mit dem Bad fertig sein.«

Der ulkige Wiener nannte sich hier Josef Greiner und stand zurzeit auf dem Rande der gefüllten Wanne in ein Badelaken gehüllt hoch ausgereckt da und lauschte in die Ventilationsklappe hinein, die sich vom Badezimmer nach der Küche durch die Mauer hindurch zog.

Als es für Herrn Greiner nichts mehr zu spionieren gab, beendete er seine Toilette, ließ das Wasser aus der Wanne ablaufen und - rieb sich zufrieden lächelnd die Hände. Dann nahm er aus einem mitgebrachten Holzkästchen allerlei seltsame Dinge heraus, stellte sich vor den Spiegel und begann, sein bartloses Gesicht mit der Geschicklichkeit eines routinierten Schauspielers zu verändern.

Als er aus der Wanne gestiegen, hatte er lediglich Ähnlichkeit mit mir selbst gehabt, mit Max Schraut, dem Freunde und Privatsekretär des einigermaßen bekannten Liebhaberdetektivs Harald Harst.

Mein Zimmer bei Frau Torstensen, ich war mittags eingezogen, lag neben dem Balkonzimmer, war nur einfenstrig und besaß eine Verbindungstür nach rechts hin, die durch den Kleiderschrank verstellt war. Wenn ich mein Fenster öffnete, mich hinauslehnte und nach rechts griff, konnte ich bequem das Balkongitter erfassen. Wir hatten das alles genau berechnet, bevor wir bei Frau Torstensen mieteten, wir, denn Ingenieur Percy Haberton war ja kein anderer als Harald Harst, dem sehr viel daran lag, gerade des geheimnisvollen Busley Zimmer zu erhalten, in dem dieser zehn Tage gewohnt und dann am elften Tage morgens an Schlagfluss gestorben war. Ein Arzt hatte Schlagfluss festgestellt. Dann suchte man in London Bekannte oder Verwandte des Verstorbenen zu ermitteln. Man fand niemand, der für den Kaufmann Busley Interesse hatte. Nur die Kopenhagener Polizei und wir gedachten uns mit diesem Manne noch näher zu beschäftigen. Aber — jeder für sich. Für die hiesige Polizei waren wir bereits nach Deutschland abgereist.

Ich trank jetzt an meinem Sofatisch Kaffee und studierte dabei ein paar deutsche Zeitungen, die ich mir heute gekauft hatte. Als »Wiener« durfte ich ohne Verdacht zu erregen deutsche Blätter lesen.

Ich lauschte sehr oft nach dem Flur hin. Harst-Haberton musste ja nun jeden Augenblick hier seinen Einzug halten. Aber es wurde fünf, es wurde halb sieben, er erschien nicht. Da kam die Unruhe und Angst über mich, ihm könnte etwas zugestoßen sein. Ich trat ans Fenster, öffnete es und schaute auf die stille Olfersgade hinab.

Frau Torstensen bewohnte den ganzen ersten Stock des alten Hauses. Gegenüber im Erdgeschoß befanden sich in einem neuen, modernen Mietspalast ein Blumenladen und eine Fleischerei. Meine Blicke wanderten von dem Blütenschmuck des großen Schaufensters, der in diese triste Herbststimmung so gar nicht hineinpasste, ohne besondere Absicht höher. Meine Augen entzifferten ein an der Balustrade einer Loggia angebrachtes, sehr langes und auffallendes Schild: »Fremdenheim 1. Ranges Tilda Olafsen«; gewahrten an den Fenstern rechts davon die dunkle Gestalt eines Menschen; ob Mann oder Weib, war nicht zu erkennen, denn das Zimmer war nicht beleuchtet.

Gleichgültig wollten meine Blicke wieder auf die Straße hinabspähen.

Da wurde in unserem Hause im zweiten Stock gerade über mir im Zimmer bei unverschlossenen Vorhängen offenbar eine elektrische Krone mit mehreren Flammen eingeschaltet. Das wirkte wie ein Scheinwerfer. Die Lichtflut traf das Schild des Fremdenheims 1. Ranges, traf auch die Fenster neben der Loggia.

Einen Moment nur gewahrte ich so die Gestalt drüben deutlicher. Es war nur der Bruchteil einer Sekunde, der meinen Augen gestattete, das seltsame Geschöpf genauer zu mustern. Dann fielen drüben die Vorhänge übereinander.

Ich sage: ein seltsames Geschöpf! Besser kann ich diesen Gesamteindruck nicht bezeichnen. Aus einem unförmigen, dunklen Leibe wuchs ohne Halsansatz ein ungeheurer Kopf hervor, dessen Schädel absolut kahl gewesen sein musste, denn ich hatte ja ein mattes Glänzen bemerkt, wie es schweißigen Kahlköpfen im Lampenlicht eigen ist. Aber es war doch wieder nicht das Glänzen einer menschlichen, haarlosen »Billardkugel« gewesen. Nein wenn es überhaupt ein Mensch war, dann musste es sich um einen Farbigen, oder vielleicht einen Vertreter eines ganz dunkelhäutigen Volkes gehandelt haben. Von dem Gesicht selbst war in mir nur die unklare Erinnerung zurückgeblieben,