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Das erfolgreiche Detektiv-Duo Harald Harst und Max Schraut sind in Bangkok einer Bande Flusspiraten auf der Spur und stellen dabei fest, dass eine alte Bekannte wohl hier eine ganze Reihe neuer Verbrechen plant. Aber sie hat nicht mit Harald Harst gerechnet, der selbst aus scheinbar ausweglosen Situationen Schlüsse zieht und kombiniert wie sein berühmter Kollege in England. Selbst, wenn es den Ganoven gelingt, ihn kurzzeitig in ihre Gewalt zu bringen, entkommt er ihnen doch immer wieder. Die Walter-Kabel-Edition bringt Neuausgaben der Harald-Harst-Romane und weiterer Werke heraus.
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Seitenzahl: 46
Walter Kabel
Die Menam-Brüder
Walter-Kabel-Edition
Walter Kabel
Die Menam-Brüder
Harald Harst
Kriminalroman
Edition Corsar D. u. Th. Ostwald
Braunschweig
Impressum
Texte: © 2024 Copyright by Thomas Ostwald
Umschlag: © 2024 Copyright by Thomas Ostwald
Durchgesehen, korrigiert und verantwortlich für den Inhalt:Thomas Ostwald
Am Uhlenbusch 17
38108 Braunschweig
Lehmgelb und träge umgurgelten die Wasser des Menam-Flusses die Bordwände des schwimmenden Fremdenheims der Madame Sarah Pordepierre, bei der Harst und ich in Bangkok, der Hauptstadt des Königreichs Siam, Wohnung genommen hatten. Ringsum lagen andere Wohnschiffe verankert, dazu noch große Bambusflöße, auf denen sich lustige Häuschen erhoben, Kramläden und Werkstätten der einheimischen und chinesischen Kaufleute und Handwerker. Ein seltsames Bild bietet der große Strom, auf dessen beiden Ufern Bangkok sich endlos weit hinzieht mit seinen schmucken Gärten, seinen das Häuser- und Baummeer überragenden 700 buddhistischen Klöstern und Tempeln, darunter einigen Riesenpagoden von ebenso phantastischer wie gefälliger Bauart.
Die Sonne war bereits im Untergehen, näherte sich, von einem gelbroten Hof umgeben, dem Horizont. Gelbroter, feiner Dunst lagerte auch über dem breiten Strom und ließ die Szenerie der tausende und abertausende von Schiffen, Booten, Flößen und plumpen Lastfahrzeugen, teils vor Anker liegend, teils an Pfählen befestigt oder in Bewegung, so unwirklich wie ein traumhaftes Spukbild erscheinen.
Wir saßen auf dem Deck des schwimmenden Pensionats inmitten eines geschickt angelegten Gärtchens an unserem gewöhnlichen Tische an der Backbordreling. Harst war nach den Ereignissen des Vormittags still und insichgekehrt. Ich hatte mehrmals versucht, ein Gespräch anzuknüpfen, musste aber bald einsehen, dass Harald wohl trüben Betrachtungen über unser verspätetes Eingreifen bei dem gegen den goldenen Turm des P’hrabat-Klosters geplanten Anschlag nachhing und störte ihn daher nicht weiter.
Er hatte seinen Korbsessel so gedreht, dass er das nahe Westufer des Menam und die Riesenpagode Wat Tscheng vor sich hatte. Er rauchte langsam, mit Bewegungen wie ein Automat, seine Zigarette und starrte scheinbar interesselos geradeaus in die vielfachen Reihen anderer verankerter Fahrzeuge hinein.
Ich blätterte im Bangkok-Rekorder, der in englischer und siamesischer Sprache erscheinenden Zeitung. Es war die heutige Abendausgabe, und natürlich stand ein spaltenlanger Artikel darin über den Raub der acht Edelsteine aus dem Baldachin der Buddha-Statue des P’hrabat. Ebenso natürlich waren auch wir beide erwähnt. Zum Trost hatte ich da soeben gelesen:
„Fraglos wäre man über die Diebe noch jetzt völlig im Unklaren, wenn nicht der berühmte Liebhaberdetektiv Harald Harst und sein Freund und Privatsekretär Schraut diesen Anschlag auf Grund sehr scharfsinniger Kombinationen schon im voraus geahnt hätten. Sie haben wenigstens zwei der Diebe noch unschädlich machen können. Dass diese etwas rätselhafte, als blendend schön bekannte Miss Eugenie Malcapier entkommen ist, darf man Harald Harst nicht irgendwie verargen. Er soll ja auch unserem Polizeichef Walker gegenüber erklärt haben, er würde versuchen, der Verbrecherin die acht Edelsteine wieder abzujagen. Wenn ein Mann von der überragenden Intelligenz eines Harst derartiges verspricht, dürfte Eugenie Malcapier sehr bald die Zelle irgendeines Gefängnisses näher kennen lernen…“
So stand unter anderem im Bangkok-Rekorder zu lesen. Auch Harst hatte den Artikel überflogen und dazu nur geäußert:
„Der Zeitungsschreiber unterschätzt die Malcapier. Frauen, die die Verbrecherlaufbahn betreten, sind weit gefährlichere Gegner als ein Dutzend Männer. Gewiss, ich werde nicht eher ruhen, bis die Edelsteine wieder den Baldachin des P’hrabat zieren. Aber leicht wird dieses Stück Arbeit nicht sein.“
Harst murmelte jetzt plötzlich einige Worte vor sich hin. Ich ließ die Zeitung sinken.
„Wünschtest Du etwas?“, fragte ich.
„Nein. Ich habe nur soeben beobachtet, wie ein neues Wohnboot verankert wurde. Es gab dabei Zank mit den Nachbarn, die sich durch den Neuling wohl beengt fühlten. Übrigens legte auch vorhin ein Nachen an unserer Schiffstreppe an. Es war einer der hiesigen ‚schwimmenden Dienstmänner‘, wenn man so sagen will. Auf der Ruderbank vor ihm lag ein Brief, mit einem Stein beschwert. Ah, da kommt Madame Pordepierre! Sie trägt einen Brief in der Hand. Es dürfte der sein, den der Dienstmann brachte.“
Die kleine, lebhafte Französin, die Harst etwa so behandelte, als ob er der König von Siam in eigener Person wäre, flötete schon von weitem:
„Ein Schreiben für Sie, Herr Harst, unter ‚Eilt sehr!‘ Da , bitte. Wann wünschen Sie übrigens zu Abend zu speisen? Ich habe da einen Reispudding für Sie hergestellt, dessen Rezept ich niemandem verrate — niemandem!“
Ihr Wortschwall ebbte erst ab, als Harst den Briefbogen aus dem Umschlag zog und zu lesen begann. Sie flüsterte mir noch zu: „Ich kann mich gar nicht darüber beruhigen, dass mein Landsmann Trimal mit zu den Dieben gehörte!“, und eilte davon.
Harsts Augenbrauen hatten sich einander genähert. Auf seiner Stirn bildeten sich die bekannten drei Falten. „Frechheit!“, sagte er jetzt halblaut und reichte mir den Brief. „Da, lies! Von Eugenie Malcapier - eine Kampfansage, mehr noch, ein Befehl, dass wir Siam schleunigst verlassen sollen.“
Der Brief, feinstes chinesische Büttenpapier mit gelben Flocken und eingepresstem Muster aus farbigen Seidenfäden, duftete scharf nach Patschuli. Ein seltsamer Geschmack, gerade dieses süßlich-widerliche Parfüm zu benutzen! Die Handschrift war groß, steil und schmucklos. Die Grundstriche liefen dick aus. Schon diese Schrift verriet Energie und Rücksichtslosigkeit. Der Umschlag trug die Adresse: Harald Harst, Pensionat Pordepierre, Westufer 18. Die Ufer des Menam sind nämlich zur Erleichterung der Postbestellung in Abschnitte von je 100 Meter Länge eingeteilt.
Der Inhalt lautete:
‚Bangkok, 5. Februar 19…
Harald Harst!