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Während einer Feier findet ein chinesisches Feuerwerk an einem See statt. Doch Harald Harst erkennt im letzten Moment, dass einer der aufsteigenden Papierdrachen eine gefährliche Ladung mit sich führt. Die Ermittlungen von Harald Harst und Max Schraut, den beiden Detektiven aus Berlin, führen zu einem überraschenden Schluss... Wieder einmal sind die beiden berühmten Detektive unterwegs, noch immer auf Java, und werden erneut von einer Verbrecherbande angegriffen, hinter der als Kopf jedoch offenbar eine Frau steht.
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Seitenzahl: 49
Walter Kabel
Die Wahrsagerin von Jorjakara
Walter-Kabel-Edition
Walter Kabel
Die Wahrsagerin von Jorjakara
Harald Harst
Kriminalroman
Edition Corsar D. u. Th. Ostwald
Braunschweig
Impressum
Texte: © 2024 Copyright by Thomas Ostwald
Umschlag:© 2024 Copyright by Thomas Ostwald
Durchgesehen, korrigiert und verantwortlich für den Inhalt:Thomas Ostwald
Am Uhlenbusch 17
38108 Braunschweig
Oft genug sind Harald Harst und ich lediglich durch einen Zufall zu einem neuen Abenteuer, einem neuen „Problem“ gekommen, meist dann auf sehr merkwürdige Art, sobald es sich um einen solchen Zufall handelte.
Am seltsamsten jedenfalls war in dieser Beziehung die Verkettung von Umständen, die uns nach Jorjakara führte, wo wir vom Union-Klub zu einem Herrendiner eingeladen waren, das um 5 Uhr nachmittags begann und dessen letzter Gang etwa um 9 Uhr abends serviert wurde.
Der Großkaufmann van Diemen, der Klubpräsident, hatte dann eine besondere Überraschung vorbereitet; ein Wasserfeuerwerk auf dem kleinen, malerischen See, der mitten in dem ausgedehnten Park des Klubhauses lag.
Der von Palmen umgebene See besaß nun eine besondere Merkwürdigkeit, eine kleine Felseninsel, die schroff aus dem Wasser wie ein halb verfallener Turm aufstieg.
Dicht vor diesem Inselchen war ein Bambusfloß verankert, auf dem die Feuerwerkskörper abgebrannt wurden, die ein Chinese aus Semarang geliefert hatte. Bekanntlich sind gerade die Chinesen im Erfinden neuer Feuerwerkseffekte groß. Lange bevor man in Europa die erste Rakete abbrannte, erfreuten sich die Bewohner Chinas schon an buntsprühenden Feuerrädern, an selbsttätig aufsteigenden Drachen und ähnlichem. Am Ostufer des Sees waren für uns Zuschauer in zwanglosem Durcheinander Bänke und Korbsessel aufgestellt. Van Diemen, ein paar Vorstandsmitglieder, Harst und ich saßen auf einem breiten, ein Stück in den See hinausgebauten Bootssteg.
Der chinesische Pyrotechniker, der Feuerwerkskünstler Lian Schen, brannte das Feuerwerk selbst ab. Ich war überrascht, mehr noch, ich war entzückt von dem, was ich sah. Wie kläglich nahm sich gegenüber diesen eigenartigen Erfindungen Lian Schens doch eine gleiche Vorführung in der Heimat aus! Wie glänzend gelang der Aufstieg einer Riesenrakete, die in fünfzig Meter Höhe einen leuchtenden Schmetterling ausspie, der sich dann graziös auf die Seeoberfläche niederließ und hier als Wasserlibelle zischend und farbige Sterne auswerfend hin und her schoss.
Harst saß rechts von mir. So und so oft rief er mir leise ein „Famos! Großartig!“, oder ähnliches zu.
Jetzt stieg von dem Floß ein gut zwei Meter langer Papierlindwurm auf, in dessen aufgeblähtem Leibe rote Flämmchen strahlten und der aus seinem Schweif wie ein Komet weiße Feuergarben in das nächtliche Dunkel schickte.
Langsam segelte das Ungetüm heran, fiel dann dicht vor dem Bootssteg ins Wasser und ging in Flammen auf.
Sofort folgte ein zweiter, ganz ähnlicher Drache, nur mit grünen Flämmchen im Inneren. Er flog über uns weg und in die Krone einer Palme hinein, wo er kurz aufflackernd wie der erste verbrannte.
Und ein dritter kam, strich kaum einen Meter über uns hinweg und rief unter den am Ufer sitzenden Herren einige Verwirrung hervor, da er mitten zwischen den Sesseln landete.
Gelächter, laute Rufe, Händeklatschen begleiteten den Feuertod dieses kecken Papieruntiers.
Ich war aufgestanden und hatte die Szene beobachtet, wie die Herren mit ihren Sesseln schleunigst ausgerissen waren.
Da – ein harter Griff an meinem Arm. Gleichzeitig Harsts Stimme – leise, aufgeregt, überstürzt:
„Schraut – eine Teufelei! Vorsicht!“
Dann rief er den anderen vier Herren, die mit uns auf dem Steg saßen, halblaut zu:
„Sollte noch einer dieser Drachen aufsteigen und auf uns zufliegen, so müssen wir schleunigst weg von hier. Ah – da kommt er schon! Fort mit uns – nur fort!“
Und er riss van Diemen hoch, der etwas viel getrunken hatte, rannte ans Ufer, brüllte hier: „Unter die Bäume, meine Herren, – unter die Bäume – und alles sich lang hinwerfen!“
Hätte nicht gerade Harst die warnenden Worte ausgestoßen, würde man sie vielleicht als schlechten Scherz aufgefasst und nicht befolgt haben. So aber rannte alles der nahen Palmenallee zu. Im Nu war das Ufer leer.
Ich stellte mich hinter einen Stamm; ich sah den gelbleuchtenden Drachen heransegeln, sah, wie er sich senkte – wie er gerade auf den Brettersteg fiel.
Ein furchtbarer Krach dann.
Holzstücke flogen umher, Balkenenden sausten durch die Luft. Und der Luftdruck der Explosion warf mich wie einen Ball meterweit rückwärts in ein Gebüsch, wo ich halb betäubt liegen blieb.
Ein ungeheurer Tumult erhob sich jetzt. Alles rief, schrie, fragte wild durcheinander.
Dann eilten Diener mit Fackeln herbei. Ich rappelte mich auf. Van Diemen stürzte auf mich zu.
„Wo ist Harst? Was ist eigentlich passiert?“
Er war leichenblass.
Man umdrängte uns. Immer wieder wollte man von mir wissen, was diese Explosion zu bedeuten hätte, wo Harst geblieben wäre.
„Es kann sich nur um ein Attentat handeln,“ erklärte ich. „Ein sehr raffiniertes Attentat gegen meinen Freund, der jetzt sicher schon dabei ist, der Sache auf den Grund zu gehen.“
Allmählich trat Ruhe ein.
Dann – von der Insel her ein lauter Ruf – Harsts Stimme:
„Schraut, nimm ein Boot, komm hierher!“
Ich riss einem der Diener eine der Harzfackeln aus der Hand und rannte zum völlig zertrümmerten Steg hin, fand auch noch ein unbeschädigtes Boot und trieb es mit den Rudern, nachdem ich die Fackel vorn festgeklemmt hatte, der Insel zu.
Der See war etwa 150 Meter breit. Das Bambusfloß war bald erreicht. Harst stand dort mit triefenden Kleidern, rief mir sofort leise entgegen:
„Das galt uns, mein Alter! Ich ahnte es. Ich sah es voraus. Die ersten drei Drachen waren sozusagen das Einschießen auf das Ziel. Der erste ging zu kurz, zweite zu weit, der dritte traf schon besser, und der vierte sollte uns dann das Lebenslicht ausblasen.“
Ich stieg auf das Floß.
„Komm,“ fügte Harald hinzu, „ich werde Dir etwas zeigen.“
Am anderen Ende des Floßes lagen – der Chinese Lian Schen und sein Gehilfe (es war sein Sohn) gefesselt, geknebelt und bewusstlos da.