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Das bekannte Berliner Detektiv-Duo Harald Harst und sein Biograf Max Schraut weilen noch auf Java, als sich ein neuer Kriminalfall ereignet, der sie gleich wieder in turbulente Ereignisse verwickelt. Die Töchter eines Holländers wurden von einem berüchtigten Piraten entführt, der auch die beiden Freunde in seine Gewalt bringt... Noch ein Fall für das berühmte Detektiv-Duo Harald Harst und Max Schraut, die als Romanserie unter dem Titel 'Der Detektiv' einst große Erfolge feierte.
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Seitenzahl: 51
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Walter Kabel
Die Uhrkette des Bill Hamilton
Walter-Kabel-Edition
Walter Kabel
Die Uhrkette des Bill Hamilton
Harald Harst
Kriminalroman
Edition Corsar D. u. Th. Ostwald
Braunschweig
Impressum
Texte: © 2024 Copyright by Thomas Ostwald
Umschlag:© 2024 Copyright by Thomas Ostwald
Durchgesehen, korrigiert und verantwortlich für den Inhalt:Thomas Ostwald
Am Uhlenbusch 17
38108 Braunschweig
Der Union-Klub in Semarang hatte zu Ehren des Besuchs meines Freundes sogar die holländische Flagge auf dem niedrigen Turm des Klubgebäudes gehisst.
Harald Harst und ich hatten vom Vorstand eine schriftliche Einladung zu einem Abendessen erhalten und uns dazu auf Anraten unseres liebenswürdigen Wirtes und Landsmannes, des Kriminalinspektors August Schliepner, in Smoking und Lackschuhe geworfen.
Der Klub ist ziemlich international. Alles, was in Semarang von Herren irgendwie mit zur ‚Gesellschaft‘ gerechnet zu werden wünscht, gehört ihm an. Das Klubhaus ist das frühere, der Neuzeit entsprechend umgebaute Schloss der einstigen Fürsten von Semarang.
Etwa achtzig Herren saßen an der hufeisenförmigen Tafel. Harst hatte seinen Platz rechts neben dem Klubpräsidenten, dem holländischen Großkaufmann van Diemen. Ich saß ihm gegenüber zwischen zwei anderen Vorstandsmitgliedern. Die Unterhaltung war von Anfang an lebhaft und ungezwungen. Auf der früheren Estrade für den Thronsessel des Radschas konzertierte die Kapelle des in Semarang stationierten Kolonial-Infanterieregiments hinter einer Wand von jungen Palmen. Die Weine waren vorzüglich, die Speisenfolge hätte jedem Welthotel Ehre gemacht.
Der Klubpräsident hatte soeben einem meiner Nachbarn gegenüber seiner Verwunderung über das Fehlen eines der Klubmitglieder namens Melprove Ausdruck gegeben, so dass der Herr zu meiner Linken sich verpflichtet fühlte, mir zu erklären, Armand Melprove sei der reichste Mann der Stadt und der glückliche Vater zweier reizender Töchter, die leider nur allzu stolz auf die Millionen ihres Erzeugers und deshalb wenig zugängliche Damen wären.
Mein anderer Nachbar beugte sich vor und meinte jetzt: „Glücklicher Vater? Glücklich? Ich möchte das bezweifeln. Melprove läuft seit acht Tagen mit einem Gesicht umher, das recht wenig heiter aussieht. Ihm muss irgendetwas zugestoßen sein. Heute glänzt er hier auch wieder durch Abwesenheit, obwohl er doch mit zum Vorstand gehört und gerade auf seine Veranlassung dieses Festessen zu Ehren Ihres Freundes veranstaltet worden ist.“ Ich merkte, dass Harst genau hinhorchte, was wir sprachen. Auch der Präsident van Diemen hatte wohl einiges von den letzten Sätzen verstanden und sagte nun: „In der Tat, Melprove ist mir seit einiger Zeit ein wahres Rätsel! Ich habe es noch nie erlebt, dass ein frischer, blühender Mann in so wenigen Tagen förmlich dahinschwindet. Was ist nur aus ihm geworden! Ein reines Skelett mit blassem Leidensgesicht. Melprove muss irgendeinen geheimen Kummer oder ein schweres körperliches Leiden haben! Er selbst behauptet ja, ihm fehle nichts. Aber – er lügt! Und dass er selbst mich, seinen besten Freund, zu täuschen sucht, kränkt mich sehr.“
„Am merkwürdigsten ist jedenfalls, dass er heute hier nicht erschienen ist“, meinte der Herr links von mir.
„Ganz recht“. nickte van Diemen. „Er hat mir erst vor einer Stunde einen Brief geschickt, dass er sich nicht ganz wohl fühle. Daraufhin rief ich ihn telefonisch an. Sein Hausmeister erklärte, Mynheer Melprove läge bereits im Bett. Ob er wirklich krank sein mag? Ich bin seinetwegen sehr in Sorge. Er ist sonst eine so heitere, offene Natur.“ Dieses Gespräch fand während der ersten Gänge statt. Nach dem Souper wurde der Eiskaffee in den anderen Klubräumen eingenommen. Van Diemen wollte uns jetzt das ganze Haus zeigen, in dem noch viele kostbare Antiquitäten sich befanden. So gelangten wir drei denn auch in das Vorstandszimmer, das im ältesten Flügel des Schlosses lag und holzgetäfelte Wände besaß, deren kunstvolle Schnitzereien Harsts ehrliches Entzücken hervorriefen.
Dieser Raum, im ersten Stock gelegen, hatte drei Fenster, die nach dem Park hinausgingen. Sie standen weit offen. Da die alte Radschaburg teilweise auf einer schroffen Felsgruppe erbaut war, fielen gerade unter diesen Fenstern Mauer und Felswand dreißig Meter tief senkrecht ab.
Wir standen an dem einen Fenster und blickten über die Parkbäume auf das tief unter uns in der Ebene liegende Semarang hinab. Zur Linken glänzte das Meer im Lichte des soeben aufgetauchten Mondes.
Da – wir drei fuhren herum – da plötzlich hinter uns eine tiefe Stimme:
„Guten Abend, meine Herren …“
An der Tür stand ein graubärtiger, auffallend blasser Mann in einem dunkelgrauen, gestreiften Flanellanzug.
„Melprove, Du?“, rief Diemen erstaunt.
Armand Melprove legte mit seltsam müder Handbewegung den Zeigefinger auf die Lippen. Dann schaltete er das Licht aus, sagte nun erst wieder: „Schließe die Fenster, Diemen, schnell! Es geht um mein Leben!“
Wir halfen und zogen im Dunkeln die Vorhänge vor.
Jetzt flammte eine der Stehlampen mit grünem Glasschirm auf einem Seitentischchen auf. Melprove hatte sie angedreht, kam nun auf uns zu, stellte sich vor und sagte zu Harst: „Ich habe Sie hier erwartet. Ich hoffte, dass Diemen Ihnen das Haus zeigen würde. Wenn Sie mir nicht helfen, Herr Harst, bin ich in kurzem ein Bettler. Aber – ob Sie mir werden helfen können, ist sehr die Frage. Das, was mich seit acht Tagen bedrückt, ist mehr, als ein einzelner Mensch seelisch und körperlich zu ertragen vermag. Ich bin bereits halb verrückt, halb krank vor Angst und vor stetem Grübeln, wie ich mich und meine Kinder, meine Töchter, retten könnte. Heute habe ich nun alles auf eine Karte gesetzt! Wenn es herauskommt, dass ich mit Ihnen gesprochen habe, bin ich vielleicht schon morgen ein toter Mann und meine Kinder Sklavinnen irgendeines reichen malaiischen Schuftes.“
Harst verbeugte sich. „Ich helfe Ihnen, Mynheer Melprove. Setzen wir uns. Und dann erzählen Sie.“
Melprove trocknete sich den Schweiß von der Stirn.
„Ja – ja, ich werde mich Ihnen anvertrauen“, sagte er hastig. „Nur darf außer Ihnen dreien, meine Herren, keine Menschenseele erfahren, dass ich heute hier im Klubgebäude war. Ich habe die Tür verschlossen. Wir wollen auch ganz leise sprechen. Ich fürchte überall Spione – überall, selbst in meinem Bungalow. Ich habe Beweise, dass ich auf Schritt und Tritt überwacht werde, auch daheim. Es ist entsetzlich! Es ist, als ob eine Schar unsichtbarer Feinde mich umgibt…“
„Nehmen wir Platz!“, mahnte Harst. „Und fassen Sie Mut, Mynheer Melprove! Es gibt ja keine Geister. Und mit Leuten, die sich als solche aufspielen, bin ich noch stets fertig geworden.“