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Ein sehr trauriger Fall auf Java nimmt unsere Freunde Harald Harst und Max Schraut in Beschlag. Und schon bald stellt es sich heraus, dass hinter der unglücklichen Liebesgeschichte viel mehr steckt, als anfangs zu vermuten war! Harst und Schraut in einem neuen Fall... Ein weiterer Fall aus der einst sehr erfolgreichen Serie 'Der Detektiv' innerhalb unserer Reihe mit Werken von Walter Kabel. Es erscheinen hier Harald-Harst-Geschichten und Abenteuergeschichten.
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Seitenzahl: 49
Walter Kabel
Doktor Satanas
Walter-Kabel-Edition
Walter Kabel
Doktor Satanas
Harald Harst
Kriminalroman
Edition Corsar D. u. Th. Ostwald
Braunschweig
Impressum
Texte: © 2024 Copyright by Thomas Ostwald
Umschlag: © 2024 Copyright by Thomas Ostwald
Durchgesehen, korrigiert und verantwortlich für den Inhalt:Thomas Ostwald
Am Uhlenbusch 17
38108 Braunschweig
Baron van Zeerten, der Polizeirat und Bezirkschef der Kriminalpolizei der niederländisch-indischen Hauptstadt Batavia auf der Insel Java, winkte uns schon von weitem zu.
Wir befanden uns auf der Veranda des prächtigen Bungalows (Wohnhaus) des Großkaufmanns van Wreeden. Über uns rauschten die Kronen riesiger Palmen, und vor uns auf dem Rasenplatz sprühte eine Riesenfontäne ihre vom Abendwind zur Seite gedrückte, in Millionen von Tröpfchen zerstobene Wassersäule fast bis zu unserem Tische hin, an dem nur der Hausherr, Harst und ich saßen.
Der Baron eilte die Verandatreppe trotz seiner massigen Gestalt leichtfüßig empor, drückte uns jetzt die Hände, begann sofort:
„Ich komme mit einer großen Bitte, lieber Harst. Vor einer halben Stunde teilte mir Kriminalinspektor Schliepner aus Semarang telefonisch mit, dass dort offenbar ein Kapitalverbrechen, ein Mord mit gleichzeitiger Beseitigung der Leiche verübt worden ist. Er fügte hinzu, er wüsste, dass jetzt gerade hier in Batavia der berühmteste Detektiv aller Zeiten …“
Harst hielt sich lachend die Ohren zu.
„Hören Sie auf, Baron! Ich hätte Ihnen derart faustdicke Schmeicheleien nicht zugetraut!“, meinte er gutgelaunt. „Um aber Ihre Angelegenheit schnell und nach Ihrem Wunsche vorläufig aus der Welt zu schaffen: ich hatte ohnedies die Absicht, mir Semarang anzusehen, und bin daher gern bereit, Sie sofort zum Bahnhof zu begleiten.“
So begann unser tragisches Abenteuer mit der schönen javanischen Prinzessin Shorikindio von Surakarta. Eigentlich war sie keine Prinzessin mehr, seit sie den holländischen Bezirksarzt Dr. Drygaarden vor drei Jahren geheiratet hatte.
Alle Welt hatte sich gewundert, als Ihre Hoheit gerade den wahrlich nicht reizvollen Doktor Drygaarden erhört hatte, nachdem sie bereits von ganz anderen Bewerbern, sowohl was Stellung, als Äußeres anbetraf, umschwärmt worden war. Galt sie doch als die feingebildetste und liebreizendste der eingeborenen Damen Javas. Ihr Vater hatte seiner Zeit schon als Jüngling den Holländern sein Fürstentum gegen eine jährliche Abfindungssumme überlassen und auf jede Selbständigkeit verzichten müssen. Titel und Rang sowie sein Stammschloss in der Hauptstadt Surakarta waren ihm geblieben, ebenso eine Anzahl Vorrechte, die Holland jedem der nunmehr länderlosen Fürsten seiner Sunda-Kolonien gewährt hatte.
Jetzt nun war Doktor Drygaarden in seinem Bungalow in Semarang ermordet und seine Leiche beiseite geschafft worden. Niemand wusste, wer die Täter sein könnten, denn es waren offenbar mehrere Personen dabei beteiligt gewesen. Man hatte morgens das Schlafzimmer des Arztes leer gefunden, dafür aber untrügliche Beweise dafür, dass er einem Verbrechen zum Opfer gefallen war. Die Prinzessin, die seit einer Woche zum Besuch bei ihrem Vater in Surakarta geweilt hatte, war sofort nach Semarang zurückgekehrt. Sie war es gewesen, die dem Kriminalinspektor Schliepner, einem geborenen Deutschen, nahe gelegt hatte, Harst durch Baron van Zeerten bitten zu lassen, mit nach Semarang zu kommen. Dies alles erzählte uns Zeerten gleich nach der Abfahrt des Eilzuges in unserem Abteil, wo wir es so bequem wie in einer geräumigen Dampferkabine hatten.
Am folgenden Mittag waren wir in Surakarta. Wir hatten hier 20 Minuten Aufenthalt. Zeerten begrüßte auf dem Bahnsteig einen Offizier der Kolonialarmee, so dass ich nun endlich Gelegenheit fand, Harst nach etwas zu fragen, was mir gestern Abend aufgefallen war.
„Weshalb erklärtest Du dem Baron, Du hättest ohnedies nach Semarang fahren wollen?“, meinte ich. „Das kann doch nur eine kleine Höflichkeitsflunkerei gewesen sein! Bisher war der Name Semarang nie über Deine Lippen gekommen.“
„Höflichkeitsflunkerei? Nein, es war nur eine Ungenauigkeit“, erwiderte er zerstreut.
Wir lehnten am breiten, offenen Fenster unseres Abteils und hatten das interessante Bild eines Bahnhofs mit ausgesprochen internationalem Leben und Treiben dicht vor uns. „Eine Ungenauigkeit insofern, als ich bestimmt hier nach Surakarta gereist wäre und mich etwas näher mit dem Fürsten Madja Draga Bir, dem Vater der Frau Doktor Drygaarden beschäftigt hätte“, fügte Harst hinzu, sehr langsam die Sätze bildend.
Eine Weile schwieg er nun. Dann ganz plötzlich:
„Ah – merkwürdig!“, rief er leise. „Sollte etwa…“
„Was sollte denn? So beende doch den Satz!“, mahnte ich.
„Solltest Du etwa in der Batavia-Post von vor zehn Tagen nicht auch den Artikel über den Fürsten bemerkt haben?“, sagte er darauf. „Ich versprach mich vorhin nur. Ich wollte den Satz mit ‚Solltest Du‘ und nicht mit ‚Sollte etwa‘ beginnen.“
Dies war nun ganz offenbar Schwindel. Ich war überzeugt, dass Harst auf dem Bahnsteig etwas entdeckt hatte, das er mir verheimlichen wollte.
„In dem Artikel, lieber Alter, stand nämlich so allerlei für Feinschmecker, wie wir es sind. Ich durchstöberte bekanntlich vorgestern Abend bei Wreeden einen Stoß Zeitungen, wohlgeordnete Nummern der Batavia-Post. Auch Du nahmst ja die Zeitungen zur Hand. Ist Dir der Artikel wirklich entgangen?“
„Das nicht. Dick genug war ja die Überschrift. Nur weiß ich nicht recht, was diese an sich ja recht spannende Schilderung des Unfalls bei den Tierkämpfen im Palastgarten des Fürsten …“
Da kam der Baron auf uns zu und stellte uns den Major der niederländischen Kolonialarmee, Jan de Bartreux, vor.
Bartreux betrat dann unser Abteil und blieb bei uns. Er gehörte zu der Garnison von Semarang und wollte nach einem achttägigen Urlaub dorthin zurückkehren.
Es war nur natürlich, dass Zeerten das Gespräch sehr bald auf den Mord in Semarang brachte.
„Sie kennen doch Drygaardens Gattin“, meinte er zu Bartreux. „Herr Harst will sich ja mit diesem Kriminalfall näher beschäftigen, und deshalb dürfte es ihm vielleicht angenehm sein, wenn Sie ihm über den Doktor und die Prinzessin nähere Auskunft geben würden. Ich selbst kenne das Paar nur sehr oberflächlich. Einen sympathischen Eindruck hat Drygaarden auf mich nie gemacht. Der Teufel mag wissen, weshalb die Prinzessin diesen ‚schwarzen Satanas‘ geheiratet hat, wie er hier auf Java allgemein heimlich genannt wird, denn öffentlich traut sich niemand, Drygaardens Unwillen hervorzurufen. Er ist ja anscheinend der reinste Raufbold.“