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Die Namen auf der Wanderkarte klingen nach Schwarzwaldmärchen, als tauchten zwischen Wurzelwerk, Geröll und blankem Fels gleich Wilhelm Hauffs Kohlenmunk-Peter oder der Schatzhauser aus dem "Kalten Herz" auf: Schattenmühle und Räuberschlössle, Glockenhalde und Eisbärenhöhle, Rümmelesteg und Tannegg-Ruine, Rappenfelsen und Eichwäldle. Unterwegs in Deutschlands ursprünglichster Wildflußlandschaft. Wo Biber und Wildkatze sich gute Nacht sagen: die Wutachschlucht im Südschwarzwald. Eine Wanderung mit dem Wutachranger durch Deutschlands grünen Grand Canyon. Mit Kurzinformationen für Wanderer und ausführlichem Infoteil zu Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen und Campingplätzen in der Umgebung der Schlucht sowie Basiswissen zu Flora und Fauna. - Illustriertes eBook mit zahlreichen Fotos. Auch als Taschenbuch erhältlich.
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Inhaltsverzeichnis
Grand Canyon auf badische Art
Kai Althoetmar
Durch die Wutachschlucht im Südschwarzwald
Impressum:
Titel des Buches: „Grand Canyon auf badische Art. Durch die Wutachschlucht im Südschwarzwald“.
Erscheinungsjahr: 2018.
Inhaltlich Verantwortlich:
Edition Kultour
Kai Althoetmar
Am Heiden Weyher 2
53902 Bad Münstereifel
Deutschland
Text: © Kai Althoetmar.
Titelfoto: Amselfels/Wutachschlucht. Foto: Kai Althoetmar.
Verlag und Autor folgen der bis 1996 allgemeingültigen und bewährten deutschen Rechtschreibung.
Die Recherchen zu diesem Buch erfolgten eigenfinanziert und ohne Zuwendungen oder Vergünstigungen Dritter.
Südöstlicher Schwarzwald und Schweiz. Karte: Wikimedia, CC BY-SA 3.0.
Deutschlands grüner Grand Canyon
Durch die Wutachschlucht im Südschwarzwald
Neulich war wieder so ein Tag, an dem der Ranger Martin Schwenninger ins Wechselbad der Gefühle tauchte. Erst die Euphorie: Ein Bekannter wollte in der Nähe des Örtchens Boll unweit der Schlucht einen Luchs gesehen haben. Ein Luchsrevier in der Wutachschlucht? Das wäre eine kleine Sensation gewesen. Aber dann die Zerknirschung: Die Begegnung mit dem Pinselohr war schon Tage her. Der Mann hatte Schwenninger erst informiert, als er ihn im Wirtshaus traf. „Zu spät, da hatten wir keine Chance mehr“, hadert Schwenninger. Immer wieder mal taucht der Luchs im Schwarzwald auf. Mit der wissenschaftlichen Beobachtung sei es eine Krux. „Für ein gescheites Tiermonitoring fehlt leider die Zeit“, bedauert Schwenninger. Es gebe nur die Arbeit der Ehrenamtlichen, immerhin. „Aber belastbares Material ist das nicht.“
Eine andere Spur, die auf Lynx lynx deutete, das einzelgängerische Phantom der Wälder, erwies sich als falsche Fährte. Im Burgwald war Schwenninger im Winter auf den Kadaver eines Rehs gestoßen. Das Tier war im Tiefschnee gerissen worden. Schnell war der Luchs im Verdacht. Schwenninger rekonstruierte den Riß gemeinsam mit einem rumänischen Jäger. Heraus kam: „Es waren mehrere Füchse, die das Reh erlegt hatten.“ Wieder nur Fehlalarm.
Alle Wege führen zum Fluß. Foto: Kai Althoetmar.
Heute ist Schwenninger nicht dem Luchs auf der Spur. Der Forstwirt hat wie jeden Dienstagvormittag im Sommer die Mission, ein Trüppchen Schwarzwaldtouristen heil durch die wilde Schlucht zu schleusen. Schwenninger, Jahrgang 1957, wirkt mit Outdoor-Outfit, Mecki-Haarschnitt und seiner drahtigen Erscheinung zehn Jahre jünger, als er ist. Seit 2004 nennt er die Schlucht sein Revier, als Wutachranger ist er Förster, Führer und Aufseher, ein Faktotum, in der Region bekannt wie ein bunter Hund. Schwenninger koordiniert die Ehrenamtlichen von Schwarzwaldverein und Bergwacht, öffnet Wanderern den Blick für Bachforellen und Wasseramseln, läßt für Wanderfalken und Kolkraben an den Felswänden Anflugbahnen freiholzen und wirft ein Auge darauf, daß in dem Naturschutzgebiet kein Partyvolk wild zeltet, Frauchens Liebling nicht die Rehe hetzt und kein testosterongesteuerter Mountainbiker durch die Wildrabatten prescht.
Der Verlauf der Wutach. Karte: G-Boll, CC BY-SA 3.0.
Sieben Wandervögel überwiegend vorgerückten Semesters haben sich auf dem Wanderparkplatz in Boll eingefunden, um der wilden Wutach durch den Burgwaldgrund zu folgen, vier Stunden immer ostwärts bis zur Wutachmühle. Ein über Bonndorf fahrender Bus verbindet Start und Ziel direkt.
Staunen mit dem Ranger. Unterwegs in der Schlucht. Foto: Kai Althoetmar.
Die Namen auf der Wanderkarte klingen nach Schwarzwaldmärchen, als tauchten zwischen Wurzelwerk, Geröll und blankem Fels gleich Wilhelm Hauffs Kohlenmunk-Peter oder der Schatzhauser aus dem „Kalten Herz“ auf: Schattenmühle und Räuberschlössle, Glockenhalde und Eisbärenhöhle, Rümmelesteg und Tannegg-Ruine, Rappenfelsen und Eichwäldle.
Die Wutachschlucht im Südschwarzwald ist eine der ursprünglichsten Wildflußlandschaften Deutschlands. Auf der Höhe zwischen Bonndorf und Löffingen gelegen, verläuft sie im Bereich der oberen Wutach nach Osten Richtung Schwäbischer Alb. Ihre eigentliche Quelle liegt im kleinen Feldsee im Feldbergmassiv. Als Seebach fließt sie in den Titisee und tritt als „gute Ach“, als Gutach dort aus, bevor sie sich südlich von Neustadt mit der Haslach zur Wutach, zur „wütenden Ach“ vereinigt. Hinter Aachdorf biegt sie dann in den Hochrhein. Über 33 Kilometer verläuft sie in 60 bis 170 Meter Tiefe in drei Abschnitten. Teils handtuchschmal windet sich für die Schluchtenwanderer der Steig mal links, mal rechts der Wutach entlang.
Bereits 1939 wurde die Schlucht unter dem Namen „Wutachschlucht-Gauchachtal“ als eines der frühesten deutschen Naturschutzgebiete ausgewiesen. 1989 wurde das Schutzgebiet auf 950 Hektar erweitert. Ihre Tier- und Pflanzenwelt ist so artenreich wie ihre Geologie reich an Besonderheiten. Eine Wanderung durch die Schlucht ist eine Reise durch Hunderte Millionen Jahre Erdgeschichte. Gneise und Granit, Buntsandstein und Muschelkalk - der Wildfluß schneidet in seinem Lauf wie in einem Lehrbuch fast alle Gesteinsschichten des deutschen Südwestens an. Für Hobbygeologen wartet die Schlucht mit sieben öffentlichen Klopfplätzen auf.
Geologischer Aufschluß. Wikimedia, CC BY-SA 2.0.
Heute ist der Schluchtpfad Teil des 2008 eröffneten Fernwanderwegs Schluchtensteig, der von Stühlingen nach Wehr durch den Südschwarzwald führt. Seit einigen Jahren wird die Schlucht auch als „Grand Canyon des Schwarzwalds“ beworben. Das Marketing zeigt Wirkung: Mittlerweile besuchen pro Saison rund 100.000 Naturfreunde die Schlucht.
Durch den Wald führt ein Weg zickzack abwärts in die Schlucht. Der erste Halt an einem vorspringenden Hügel schon nach wenigen Minuten. „Da, die Reste einer Ritterburg“, sagt Schwenninger. Ohne den Hinweis würde kaum einer die Überbleibsel von Fundament und Umfassungsmauern, das Konvolut von Geröll und Steinschutt für die Ruine eines alten Rittersitzes halten. Früher habe es hier viele Burgen gegeben, die Ritter hätten vor allem von den Mautstellen gelebt, erzählt der Ranger. Wind und Wetter ließen die Burg erodieren, Risse entstanden, die Festung der Wegelagerer rutschte immer weiter ins Tal, bis sie aufgegeben wurde.
Burgruine der Tannegg-Ritter.