Heiße Küsse im Advent - Uwe Goeritz - E-Book

Heiße Küsse im Advent E-Book

Uwe Goeritz

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Beschreibung

"Heiße Küsse im Advent" Altersempfehlung: ab 16 Jahre Der Advent ist eine Zeit der Besinnung, der Familie und der Vorfreude, doch für drei junge Frauen wird es ein Zeitraum des Zweifels und der Angst. Ein One-Night-Stand wirbelt das Leben von Conny gründlich durcheinander. Alles, was sie sich bisher erhofft und erträumt hatte, das kommt dadurch auf den Prüfstand. Ihre Freundin Sabine wird durch dieses Ereignis, das sie eigentlich nicht betrifft, zum Nachdenken gebracht. Was lief bisher falsch in ihrem Leben? Für sie kommen ein paar ziemlich heiße Küsse, allerdings verlieben sich beide Frauen offenbar in denselben Mann. Hält ihre Freundschaft das aus? Andrea hingegen ist auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Freund und erlebt die Schattenseite der besinnlichen Jahreszeit, denn auch im Advent ist nicht alles nur hellster Lichterglanz. Alle drei Frauen sind auf der Suche nach der Liebe. Liegt die vielleicht unter dem Weihnachtsbaum? Weitere Informationen finden Sie unter http://romantik.goeritz-netz.de/ Achtung! Diese Erzählung beinhaltet auch Schilderungen von Handlungen, die Sie wegen sexuellen Missbrauchs, Misshandlung von Erwachsenen oder sexualisierte Gewalthandlungen triggern und damit belastend oder retraumatisierend wirken könnten. Die entsprechenden Kapitel sind mit einem CW (Content Warnung) in der Überschrift des Kapitels und im Inhaltsverzeichnis markiert.

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Inhaltsverzeichnis

Anmerkungen und Warnungen (CW)

Der Morgen danach

Ein Schlag zu viel! (CW)

Gut und schlecht zugleich

In Glühweinlaune!

Auf dem Weg!

Notlügen und andere Katastrophen

Falsche Freunde!

Und leise rieselt der Schnee

Zweifel und Zorn

Ganz neue Untersuchungsmethoden

Im Zweifel für die Freundschaft

Kleine Hütte im Schnee

Ordnung im Chaos?

Freunde helfen sich! (CW)

Heiße Tage am See

Unter einer Decke

Die Schwingen der Liebe

Wiederholung ist Schicksal!

Zukunftsgedanken

Test auf Test

Zwei Streifen

Verzweifelte Suche

Freundschaft oder mehr?

Schockierende Erkenntnis

Neue Nacht, neues Glück? (CW)

Kein Vergleich!

Gedanken in der Nacht

Zwei Seelen!

Tage des Zorns und der Liebe (CW)

Drei Frauen allein im Wald

Eine alte Liebe

Noch ein Schock!

Auf Messers Schneide

Bauch und Kopf

Überraschungen zum Fest!

Weihnachten mal anders

Anmerkungen und Warnungen (CW)

Diese Erzählung enthält detaillierte Schilderungen von Sex und sollte daher Jugendlichen unter 16 Jahren nicht zugänglich gemacht werden.

Sämtliche Figuren, Firmen und Ereignisse dieser Erzählung sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, ob lebend oder tot, ist rein zufällig und vom Autor nicht beabsichtigt.

Achtung! Diese Erzählung beinhaltet auch Schilderungen von Handlungen, die Sie wegen sexuellen Missbrauchs, Misshandlung von Erwachsenen oder sexualisierte Gewalthandlungen triggern und damit belastend oder retraumatisierend wirken könnten. Die entsprechenden Kapitel sind mit einem CW (Content Warnung) in der Überschrift des Kapitels und im Inhaltsverzeichnis markiert.

1. Kapitel

Der Morgen danach

Und wieder neigte sich ein Jahr langsam seinem Ende zu. Es ist November in einer tief verschneiten Stadt, irgendwo in Mitteldeutschland. Für einen Sonntag ist an diesem Morgen auf den Straßen schon richtig viel Verkehr und obwohl der Straßenwinterdienst alles in seiner Macht Stehende tut, um die Wege befahrbar zu halten, kommt es dennoch zu Unfällen. Zwei Autos rutschten auf einer Kreuzung frontal ineinander und der Rettungswagen fährt mit Blaulicht vor, um den verletzten Mann in die Notaufnahme zu bringen.

Die Geräusche der Sirene, einer zufallenden Tür und eiliger Schritte weckten die junge Frau, die in dem Haus, nur einen Schneeballwurf entfernt, im Bett gelegen hatte. Conny öffnete ihre Augen und brauchte einen Moment, um zu begreifen, wo sie sich befand. Es war jedenfalls nicht das Zimmer in ihrer Wohnung. Das Bett neben ihr war zerwühlt und schlagartig setzten sich in ihrem Kopf die Bruchstücke dieser Nacht zusammen.

Was für eine Nacht! Sie lag nackt unter einer dünnen Decke. Am Vorabend waren sie zu zweit in diesem Hotel gelandet, aber wo war der Mann hin, der ihr diese Nacht so unvergleichlich gemacht hatte? Im Bad? Conny richtete sich im Bett auf, strich sich die nach vorn fallenden Haare zurück und lauschte in diesen beginnenden Tag hinein. Nur draußen waren schon Geräusche zu hören, im Zimmer jedoch war Stille. Nein! Der Mann hatte sich davongeschlichen, ohne einen Gruß zu hinterlassen! „Schade!“, sauste es durch ihren Kopf.

Die junge Frau ließ sich im Bett zurücksinken und träumte sich zurück, zum Beginn dieser Nacht. Alles hatte auf dem Weihnachtsmarkt begonnen. Mit zwei Gläsern Glühwein! Aus lauter Langeweile hatte sie am Nachmittag zuvor die Wohnung verlassen, weil ihr langjähriger Freund Frank bei einer Weiterbildung war und noch mindestens eine Woche dort im Süden bleiben würde.

In immer neuen Bildern zeichnete sich ihr Weg bis zu diesem Moment des Erwachens vor ihrem inneren Auge ab. Der Weihnachtsmarkt, die Bar und dann diese braunen Augen, die sie gefesselt hatten und nicht mehr losließen. Da war etwas so warmes und vertrautes darin gewesen und das, wo sie diesen Mann noch nie zuvor gesehen hatte. Groß, stark, schwarzhaarig und unglaublich zärtlich war er gewesen.

In der Bar hatten sie sich einfach gut unterhalten und nichts hatte dabei auch nur im Entferntesten daran denken lassen, das sie nun hier nackt unter dieser dünnen Decke liegen würde. So etwas war ihr noch nie passiert. Einfach so mit einem fremden Mann mitgehen, ein Hotelzimmer nehmen und dann einfach nur wilden, hemmungslosen Sex haben. Mit einem Unbekannten.

Einfach nur ein One-Night-Stand! Sie wusste nichts von ihm, noch nicht mal den Vornamen. Gar nichts, nur, dass er einfach himmlisch küssen konnte. Noch immer schmeckte sie ihn auf ihren Lippen. Träumend sah sie zur Decke hinauf, als ihr die Tragweite dessen so richtig in den Kopf stieg. Sie hatte ihren Freund betrogen!

Erschrocken fuhr sie hoch und setzte sich erneut im Bett auf. Die langen braunen Locken fielen abermals nach vorn, als wollten sie die Schande hinter diesem Vorhang verbergen. Mit beiden Händen schob die Frau ihre zerzauste Mähne nach hinten und sah sich im Zimmer um. Ihre Sachen lagen vor dem Bett auf dem Boden und nun zog es sie in das Bad hinüber. Wollte sie diese Nacht von sich spülen? Das würde nicht gehen! Da konnte sie unter dem Strahl der Dusche noch so lange schrubben!

In das Betttuch gehüllt huschte sie auf nackten Sohlen in den Raum hinüber. Diese Dusche war geräumig. Da hätten sicher auch zwei darunter gepasst und ein erneutes „Schade!“, entfuhr ihr bei diesem Gedanken. Das vom Hotel bereitgestellte Duschgel duftete so herrlich und das warme Wasser auf ihrem Körper erinnerte sie viel zu sehr an seine streichelnden Finger auf ihrer heißen Haut.

Irgendetwas stimmte hier doch nicht! Ihr Verstand sagte gerade, dass es falsch gewesen war und ihr Körper rief im selben Moment „Es war so schön! Ich will mehr davon!“

„Es war falsch!“, sagte sie laut vor sich hin, drehte den Wasserstrahl ab und trat aus der Dusche. Mit dem Föhn in der Hand sah sie sich im Spiegel an. Auch, wenn sie nicht verheiratet waren, so war es doch ein Seitensprung gewesen.

Das Ganze wäre sicherlich ihrer Freundin Sabine zuzutrauen gewesen und nicht ihr. Immer schon war sie die Besonnene, die kühle Rechnerin gewesen. Nicht so spontan und sexpositiv, wie die gleich alte Freundin.

Erneut musste sie an Frank denken. Seit mehr als fünf Jahren waren sie nun schon zusammen. Und nun das hier! Wenn die Freundin ihr von so etwas erzählt hatte, dann hatte sie bisher immer den drohenden Zeigefinger erhoben. Da steckte sicher die Erziehung der Mutter noch in ihr drin und gerade deshalb konnte sie im Moment nicht verstehen, warum sie mitgegangen war. Sie hätte doch jederzeit „Nein!“ sagen können.

Mit einem Blick auf das Handy stellte sie fest, dass es schon nach neun Uhr war und sie ja irgendwann auch mal aus dem Zimmer musste, denn sonst würde sie sicherlich für eine weitere Nacht bezahlen müssen.

In ein Duschtuch gewickelt, suchte sie auf Knien ihre Wäsche in dem Raum zusammen. Aber trotz langen Nachsuchens fand sie den Slip nicht. „Verdammt!“, stieß sie aus und legte die Wäsche auf das Bett. Jeans ohne Slip darunter?

Das klang ihr irgendwie zu abartig, aber im Moment würde wohl kein Weg daran vorbeigehen.

Ein letzter verzweifelter Blick umher, dann stieg sie in das erste Hosenbein und anschließend in das zweite. Es fühlte sich so unglaublich seltsam an. Nun schnell den Rest der Wäsche anziehen und raus hier. Mit einem kurzen Blick in ihre Geldbörse überschlug sie, wie viel das Zimmer wohl kosten würde. Es war Ende des Monats und das neue Geld war sicherlich noch nicht gebucht. Der Dispo bis zum Limit ausgereizt. Die EC Karte wäre damit für sie Tabu. Und nur zwei Zwanziger steckten im Notenfach!

Würde das reichen? Vielleicht hatte der Mann schon bezahlt? Vierzig Euro die Nacht war ihr die Sache zwar Wert gewesen, aber im Moment hoffte sie noch auf ihren unbekannten Gentlemen. Conny warf einen letzten Blick in das Zimmer, zog die Tür hinter sich zu und sah zur Treppe hinüber.

Mit dem Schlüssel des Zimmers in der Hand stieg sie zur Lobby hinab und trat an die Rezeption.

Jeder Schritt erinnerte sie dabei daran, dass der Slip fehlte. Warum hatte sie eigentlich nicht eine etwas weitere Hose gekauft? Der harte Stoff der Jeans rieb und zwickte an ihrem, nach dieser Nacht ganz besonders empfindlichen, Schoß.

„Der Herr hat schon bezahlt“, entgegnete die Frau, die ihr den Schlüssel abnahm. Nun fiel Conny ein Stein vom Herzen, denn sie hatte auf einem der Flyer des Hotels gerade die Preise gelesen. Der Mann hatte sich nicht lumpen lassen. „Er hat auch ihr Frühstück mitbezahlt, wenn sie möchten“, sagte die junge Frau und zeigte zum Frühstücksraum hinüber.

„Kaffee und Croissant? Warum nicht?“, sauste es durch Connys Kopf. Für einen Moment war die fehlende Unterwäsche vergessen und sie lief die fünf Meter in den Raum hinüber.

Der Kaffee war wirklich ausgezeichnet und mit dem Blick auf den verschneiten Garten des Hotels ließ es sich so herrlich genießen. Sogar ein geschmückter Weihnachtsbaum stand dort draußen und mit diesem Baum kam erneut die Erinnerung an den Beginn des Abends zurück. Der Ausflug zum Weihnachtsmarkt.

Nur für ein paar Stunden hatte sie Ablenkung gesucht, weil Frank nun mal auch am Wochenende auf seiner Weiterbildung war. Trotzdem hätte das nie passieren dürfen. Niemals! Unter keinen Umständen! Und jetzt?

Sie musste es Frank sagen. Unbedingt!

Aber nicht am Telefon. Und nun rang in ihr die Pflicht zur Mitteilung damit, dass es außer ihr niemand wusste. Sollte sie einfach den Mund halten und es verschweigen? Das wäre sicher Sabines Ratschlag gewesen, aber sie konnte das nicht. Es fühlte sich falsch an und das war es wohl auch. Oder etwa nicht?

Conny tunkte das Croissant in den Kaffee und spürte, wie ihre Ohren rot wurden. Die Hitze stieg ihr in den Kopf. So eine einfache Bewegung und sie war sofort wieder daran erinnert, was in dieser Nacht geschehen war. Sie würde das niemals Geheimhalten können.

2. Kapitel

Ein Schlag zu viel! (CW)

Andrea lief die Straße entlang und eigentlich wusste sie nicht, wohin sie wollte. Nur eines wusste sie, sie musste fort! Fort von ihrem Freund. Das schmerzende Auge verdeckte eine Sonnenbrille, die sie sonst am frühen Tag nicht brauchte, aber sie wollte niemanden erzählen, was in dieser Nacht vorgefallen war. Viel zu sehr schämte sie sich dafür. Und gleichzeitig war sie auch noch zornig, dass sie so lange Zeit bei ihm geblieben war.

Es war der Morgen des ersten Advents und die junge Frau war viel zu verwirrt, um einen klaren Gedanken in ihrem Kopf behalten zu können. Wohin nun? Die Kälte des Wintertages zog durch den dünnen Mantel, den sie sich auf der Flucht gegriffen hatte. Nur die Handtasche und der Mantel waren ihr noch geblieben. Für mehr hatte die Zeit nicht gereicht, als Theo am Morgen von ihr abgelassen hatte und im Bad verschwunden war.

Überstürzt war diese Flucht gewesen, aber sie hatte es nicht mehr ausgehalten. Bisher hatte er sie immer nur angeschrien und sie hatte, bis zum Abend zuvor, fast immer Mitleid mit ihm gehabt.

Was war nur geschehen? Der Freund hatte seinen Job verloren und das hatte ihn offensichtlich ziemlich aufgeregt. Und bisher hatte sie da irgendwie immer Verständnis dafür aufgebracht, obwohl es für sein Verhalten schon lange nichts zu verstehen gab. Bislang hatte sie sich immer zurückgenommen, um ihn nicht weiter zu provozieren, doch der Schlag war ein Schlag zu viel gewesen!

Nur noch die Angst steckte in ihr. Und kein Ausweg in Sicht. Zumindest nicht so lange, wie sie hier Kopflos durch den Schnee lief.

Abrupt stoppte sie und sah sich um. Wohin konnte sie sich wenden? Schnell kontrollierte sie ihren restlichen Besitz. Ein paar Euromünzen waren in der Manteltasche. Das würde nicht lange reichen. Die Brieftasche hatte sie vergessen. Nur der Ausweis und das Handy waren in der Handtasche. „Mist!“, stöhnte sie auf, aber zurückgehen wollte sie nicht.

Als sie den Blick hob, befand sich vor ihr ein Café, das zu dieser frühen Stunde schon geöffnet hatte. Ihr Atem flog als weiße Fahne zum Himmel und der Frost zwickte ihr in die Nase. „Erst mal schnell aus der Kälte raus!“, sagte sie sich selbst. Dort drin konnte sie dann nachdenken und für einen Kaffee würde das Geld wohl gerade so reichen. Wie gehetzt betrat sie den Raum und sah sich schnell um. Nur eine einzige Frau befand sich in dem Raum und trotzdem wagte Andrea es kaum, die schützende Sonnenbrille abzunehmen.

Sie setzte sich in die Ecke und die Bedienung kam zu ihr herüber. „Einen Kaffee!“, sagte sie und versuchte dabei, die andere Frau nicht anzusehen. Die Hand vor ihrem Auge würde vielleicht den blauen Fleck verdecken. Die Bedienung ging zu ihrem Tresen zurück. Unmittelbar darauf erhob sich Andrea und lief nach hinten, wo sich die Toilette befand.

Bei einem Blick in den Spiegel erschrak sie fast, denn das tiefe Blau um ihr Auge sagte mehr, als sie sich selbst eingestanden hatte. Bisher hatte es nur geschmerzt, aber nun schwoll das Auge langsam zu. Damit stand definitiv fest, was sie bisher vielleicht noch nicht wirklich wahrhaben wollte: Zu Theo wollte sie nie wieder zurück! Aber wohin sonst? Schnell wusch sie sich das Gesicht und trocknete sich die Tränen ab.

Als sie immer noch ratlos zu ihrem Platz zurückging, stand der Kaffee schon dort. Sich an der Tasse wärmend dachte sie nach, denn sie musste ihre Gedanken klären, um zu einem brauchbaren Einfall zu kommen. War sie hier sicher? Zumindest würde Theo sie hier wohl kaum finden.

Das Handy klingelte und sie zuckte zusammen. Schnell drückte sie seinen Anruf fort und schaltet das Telefon danach aus. Die Frau vom Tresen kam zu ihr herüber und fragte „Alles gut bei dir?“ Was sollte sie antworten? Das blaue Auge sagte vermutlich mehr, als sie erzählen konnte. Andrea schüttelte den Kopf. „Warte mal!“, sagte die Bedienung und ging zum Tresen zurück. Einen Moment später kam sie mit einem Zettel zurück. „Das ist die Nummer von einem Frauenhaus! Wenn du Hilfe brauchst!“ Konnte das die Rettung sein? Sie war es! Dankbar nickte Andrea und fragte „Kann ich mal von dir aus anrufen?“

Die Frau zog ihr Handy aus der Hosentasche und legte es neben das von Andrea. Aufmunternd nickte sie ihr zu. „Dein Kaffee geht auf mich!“, sagte sie noch und ging zurück. Ein paar andere Gäste betraten das Café und Andrea drehte sich so, dass die Wand ihr Auge verdeckte.

Mit zitternden Fingern wählte Andrea die Nummer vom Zettel. Es klingelte zwei Mal, dann meldete sich eine Frauenstimme „Hallo? Kann ich dir helfen?“ „Ja!“ „Wo bist du?“ „In einem Café. Aber ich weiß nicht, wie es heißt!“ Fragend blickte sie zum Tresen und die Bedienung nannte den Namen, den Andrea wiederholte. „Bleibe dort. Ich komme vorbei.“ „Danke dir!“

Das Display erlosch und die Bedienung kam zurück und fragte „Möchtest du was essen?“ „Ich habe nicht viel Geld!“ „Das spielt keine Rolle! Ich helfe dir gern!“ Wenige Augenblicke später hatte Andrea einen Teller mit Brötchen, Butter und Käse vor sich stehen. Auch der Kaffee wurde von der Bedienung nachgeschenkt. „Wie heiß du?“ „Andrea. Und du?“ „Rebekka!“, die Frau gab ihr die Hand und Andrea sagte noch einmal „Danke!“ Dann schob sie das Telefon zurück zu Rebekka, die es wieder in ihre Hosentasche steckte.

Es dauerte drei Kaffee, bevor eine Frau in das Café trat, sich umsah und zu ihr kam, weil Rebekka zu ihr gezeigt hatte. „Ich bin Saskia. Hatten wir vorhin miteinander telefoniert?“ „Ich glaube ja! Ich bin Andrea. Bist du vom Frauenhaus?“ „Ja!“, entgegnete Saskia, setzte sich zu ihr und begann zu fragen „Mann oder Freund?“ Dabei zeigte sie auf Andreas Auge. „Freund!“ „Möchtest du für eine Weile bei uns unterkommen?“ „Ja!“ „Gib mir dein Handy, damit du nicht in Versuchung kommst, bei ihm anzurufen. Der könnte dich sonst orten!“

Erschrocken schob Andrea das Telefon zu Saskia. „Es ist schon aus!“ „OK! Komm.“ „Viel Glück!“, sagte Rebekka und schob ihr die Münzen zurück, die sie in der Hand hatte und womit sie zahlen wollte. Erneut mit der Sonnenbrille vor den Augen folgte sie der Frau, die nun ihre letzte Hoffnung war.

Nach zwei Dutzend Schritten erreichten sie einen Wagen mit getönten Scheiben, den Saskia in einer Seitenstraße geparkt hatte und mit dem sie zügig durch die Innenstadt fuhren.

Eine halbe Stunde später hielten sie in einem Industriegelände am Stadtrand. „Wir sind da!“, sagte die Frau und schaltete den Motor ab. Andrea hob den Blick und erkannte ein schmuckloses, graues Haus. Unauffällig und ohne Schild.

Zu zweit liefen sie durch den knöcheltiefen Schnee zu einem Hintereingang und von dort aus stiegen sie über eine Treppe in das Obergeschoss. Saskia zeigte ihr darin einen langen Gang mit Türen an beiden Seiten, eine Küche und ein Bad. Nach ein paar Schritten, die seltsam laut in dem Gang klangen, waren sie in einem schlichten Zimmer. Es war zweckmäßig eingerichtet! Bett, Tisch, Schrank und zwei Stühle, auf denen sie Platz nahmen. „Möchtest du darüber reden?“ „Letzte Nacht! Es war furchtbar! Und dann hat er mich geschlagen!“

Bei der Erinnerung an die Gewalt begannen Andreas Tränen zu laufen. Saskia holte ein Packung Taschentücher aus ihrer Jackentasche und Andrea versuchte ihre Tränen fortzuwischen, aber es kamen immer neue dazu. Tröstend strich Saskia ihr über die Wange.

„Wir machen ein Protokoll und ein paar Fotos! Wenn du ihn später mal verklagen willst! Zur Beweissicherung! Keine Sorge, wir machen nur Polaroids. Keine Negative, keine Aufzeichnungen! Nur du entscheidest, ob du sie verwenden möchtest, aber ich bestätige die Echtheit!“ „Machst du so etwas öfter?“ Saskia seufzte, nickte und entgegnete „Ich würde gern auch etwas anderes machen, aber leider ist es oft nötig!“ „Kann ich mich duschen?“ „Ja! Nach den Fotos!“ „Und hast du was zum Anziehen für mich?“

Andrea öffnete den Mantel und zeigte, dass sie nur Unterwäsche darunter trug. „Es musste schnell gehen!“, sagte sie zur Entschuldigung. „Trainingsanzug und Unterwäsche zum Wechseln. Schlafanzug oder Nachthemd?“ „Nachthemd!“ „Wenn du mich was fragen willst, dann wohne ich vorn, im ersten Zimmer neben der Küche! Du kannst jederzeit zu mir kommen! Egal wann! Das hier ist dein sicherer Platz! Hier tut dir niemand etwas. Und wenn du möchtest, dann kannst du heute Nachmittag mit uns Kaffee trinken und Stollen essen!“ „Danke!“, schluchzte Andrea und fiel der anderen Frau um den Hals.

3. Kapitel

Gut und schlecht zugleich

Obwohl Conny nicht wusste wieso, war sie doch auf dem Weg zu Sabine, auch wenn das eigentlich so ziemlich die letzte Person war, mit der sie über diese Nacht reden wollte. Allerdings war es eben Sonntag und der erste Advent! Und mit irgendjemanden musste sie reden, um diese wilde Nacht verarbeiten zu können. Letztendlich hatte sie sich daher für Sabine entschieden.

Durch den Schnee stapfend dachte sie an die andere Frau. Schon ewig kannten sie sich. Seit der Berufsschule, und das war über zehn Jahre her. Beide hatten sie hier in dieser Stadt im Internat zusammen in einem Zimmer gelebt, weil ihre Familien zu weit entfernt gewohnt hatten. Sabines Eltern auf dem Dorf außerhalb und ihre Mutter mehr als hundert Kilometer weiter, in einer anderen Stadt. Zu weit, um jeden Tag hin- und zurückzufahren.

Connys Gedanken flogen zurück zu dem ersten Tag, an welchen sie mit Sabine zusammengetroffen war. Noch bevor sie beide überhaupt die Taschen ausgepackt hatten, hatte Sabine schon knutschend an einem Jungen gehangen. Und so war es dann auch weiter gegangen. Während sie noch Jungfrau gewesen war, hatte Sabine es richtig krachen lassen. In so mancher Nacht war das Knarren des Bettes der Freundin nicht zu überhören gewesen. Und sie? Es hatte fast zwei Jahre gedauert, bis endlich der erste Freund an einem Wochenende bei ihr über Nacht gewesen war.

Die letzten hundert Meter bis zu Sabines Wohnung. Noch war Zeit, um umzukehren, aber es musste raus und Sabine war die einzige, die heute zu erreichen sein würde. Alle anderen waren sicher bei ihren Familien und es hatte nicht die Zeit, um es am folgenden Montag zu bereden, zumal sie dann im Büro sitzen würden und jeder es hören konnte. Da konnte sie auch gleich einen Aushang am schwarzen Brett in der Firma machen.

Woher nahm sie eigentlich die Sicherheit, dass Sabine zu Hause sein würde? Was konnte sie tun, falls ihr Versuch hier vergebens war? Die Mutter anrufen? Davor schüttelte es sie regelrecht. Mit der Mutter über Sex reden? Niemals! Noch ein paar Schritte, dann stand sie vor der Haustür, drückte den Klingelknopf und ohne Nachfrage ertönte wenig später der Summer. Das war zumindest der Beweis dafür, dass Sabine in ihrer Wohnung war.

Schnell, und fast erleichtert, stieg Conny die Treppe hinauf. Oben hatte Sabine schon die Tür geöffnet und die zerzausten Haare der anderen Frau zeigten deutlich an, dass sie noch nicht sehr lange wach war. Vermutlich hatte sie auch nicht alleine geschlafen. „Ach, du bist es nur“, war die wenig ermutigende Begrüßung durch die Freundin, doch sie gab die Tür frei und wenig später saß Conny auf dem Sofa, während Sabine laut gähnend in ihr Bad schlurfte.

Der Geruch von Bier und kaltem Zigarettenqualm lag in der Luft und Conny riss erst Mal das Fenster auf, um den Gestank aus dem Zimmer zu bekommen. Zwei Gläser standen auf dem Tisch und damit stützte dieses Gedeck ihre Vermutung. Vielleicht hatte Sabine den Abend und die Nacht genauso verbracht, wie auch sie selbst.

Da sich Sabine sehr viel Zeit im Bad ließ, begann Conny damit, das Zimmer aufzuräumen und während sie später die Gläser in die Spülmaschine stellte, kam die Freundin in die Küche. „Du musst es ja nötig haben!“, sagte sie und rubbelte sich mit einem Handtuch durch die rote Mähne.

Sie hatte ihren Schlafanzug gegen eine Jogginghose und ein T-Shirt getauscht, wobei das Shirt eindeutig zeigte, dass sie keine Unterwäsche darunter trug.

Nachdem ihre Haare endlich trocken waren, warf sie das weiße Frotteetuch einfach in die Spüle und verließ wortlos den Raum. Entgeistert über die schlampige Art der anderen Frau, sah Conny der Freundin nach, ließ das Tuch einfach liegen und folgte ihr in die Stube hinüber. Mittlerweile war der Qualm draußen, aber es war auch empfindlich frisch in dem Raum geworden.

Und nun saßen sie sich gegenüber und Conny suchte Worte, um zu beginnen. „Also? Was ist los?“, fragte daher Sabine, die vermutlich sah, wie Conny mit sich selber rang. „Ähm“, begann Conny und machte auch sofort wieder eine Pause. Der Sekundenzeiger der Uhr, direkt vor ihr an der Wand, zog eine Runde nach der anderen. War sie nicht hier, um zu reden? Also warum redete sie jetzt nicht einfach?

Noch ein „Ähm“ verließ ihren Mund und Sabine verdrehte schon die Augen. Sichtlich genervt lehnte sie sich zurück, angelte sich die Schachtel Zigaretten vom Beistelltisch und zündete sich eine davon an. Der gerade erst nach draußen gezogene Qualm wurde nun wieder durch frischen Rauch ersetzt.

Ein weiteres Ähm wollte Conny nicht von sich geben, deshalb blickte sie dem Rauch hinterher und vermied es Sabine anzusehen, während sie den Beginn des vorangegangenen Abends zu beschreiben begann.

„Und? Wie war es?“, fragte Sabine, als Conny zum Ende der Geschichte und dem Erwachen im Hotel gekommen war. Jeder andere hätte ihr vermutlich eine Szene gemacht und die Freundin wollte nur wissen, wie es sich angefühlt hatte.

Und nun war sie wieder dort, wo sie am Morgen begonnen hatte. Sie musste die Situation für sich bewerten. Gut oder schlecht. Das war die Frage. Gut und schlecht! Das war die Antwort. Es hatte sich alles so gut angefühlt, zumindest für ihren Bauch. Aber sollte sie das wirklich sagen? Sabine hatte sich vorgebeugt und war begierig, ihre Antwort zu erfahren. „Irgendwie komisch!“ „Komisch gut? Oder komisch schlecht?“, war die Entgegnung von Sabine. Und ihr Gesichtsausdruck besagte auch, dass sie Conny erst wieder aus der Wohnung lassen würde, wenn diese die Frage beantwortet hatte.

„Eigentlich gut!“, stellte Conny fest, ohne dass sie es gewollt hatte. Diese Aussage hatte sich einfach so ihren Weg gebahnt. Hätte sie sich nicht eigentlich schlecht fühlen müssen? Der Kopf legte Einspruch ein! „Ach! Ich weiß auch nicht!“, setzte sie daher nach. „Ja, was denn nun?“, fragte Sabine und lehnte sich zurück. „Irgendwie fühle ich mich schuldig, Frank gegenüber. Andererseits war das der beste Sex meines Lebens!“ „Du musst es ihm ja nicht sagen. Genieße einfach das, was du gehabt hast. Wer weiß schon davon?“ „Ich und du. Und der Fremde!“

„Ich kann schweigen, wie ein Grab“, stellte Sabine fest und lächelte sie an. „Aber ich will alle schmutzigen Details wissen!“, setzte sie noch hinzu, dann erhob sie sich vom Sofa, um in der Küche Kaffee zu kochen.

Die kurzfristige Abwesenheit der Freundin gab Conny ein paar Minuten, um darüber nachzudenken.

Gerade eben hatte sie zugegeben, dass es der beste Sex ihres Lebens gewesen war. Es war irgendwie einfach so aus ihr herausgesprudelt und damit musste es wohl auch die Wahrheit sein. Sabine klapperte in der Küche mit den Tassen und Conny ging immer wieder im Kopf diese Stunden durch.

Was war dabei so anders gewesen, dass sie diese Einschätzung getroffen hatte? Alles! Was konnte sie darüber berichten? Conny legte ihre Hände auf den Bauch und holte sich dieses Gefühl zurück, dieses Kribbeln, genau dort.

Schmetterlinge im Bauch würde man es wohl gemeinhin nennen, aber sie hatte auch Schmetterlinge im Schoß gehabt! Sabine erschien mit einem Tablett. Kaffee und Stollen!

4. Kapitel

In Glühweinlaune!

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