Im Schatten des Feuerberges - Uwe Goeritz - E-Book

Im Schatten des Feuerberges E-Book

Uwe Goeritz

0,0

Beschreibung

"Im Schatten des Feuerberges" Altersempfehlung: ab 16 Jahre Im Herbst des Jahres 79 brach überraschend, nach hunderten Jahren trügerischer Ruhe, der Vesuv aus. Unter seinen Aschewolken begrub er die Städte Pompeji, Herculaneum und einige Dörfer. Bei diesem Ausbruch tötete der Vulkan bis zu 5.000 Bewohner in dieser Gegend. Wer waren diese Menschen? Wie lebten, liebten und dachten sie? Was waren ihre Träume und Hoffnungen? Diese Geschichte versucht einen kleinen Einblick in den Alltag der Menschen im römischen Reich und rund um den Vulkan zu vermitteln. Die weiteren Bücher in dieser Reihe, erschienen im Verlag BoD, sind: "Der Gefolgsmann des Königs" ISBN 978-3-7357-2281-2 (05.08.2014) "In den finsteren Wäldern Sachsens" ISBN 978-3-7357-7982-3 (29.09.2014) "Schicha und der Clan der Bären" ISBN: 978-3-7386-0262-3 (24.11.2014) "Im Zeichen des Löwen" ISBN: 978-3-7347-5911-6 (27.02.2015) "Im Schein der Hexenfeuer" ISBN: 978-3-7347-7925-1 (22.06.2015) "Kaperfahrt gegen die Hanse" ISBN: 978-3-7386-2392-5 (24.08.2015) "Die Bruderschaft des Regenbogens" ISBN: 978-3-7386-5136-2 (23.11.2015) "Die römische Münze" ISBN: 978-3-7392-1843-4 (19.02.2016) "Die Räubermühle" ISBN: 978-3-8482-0893-7 (30.05.2016) "Der russische Dolch" ISBN: 978-3-7412-3828-4 (25.08.2016) "Das Schwert des Gladiators" ISBN: 978-3-7412-9042-8 (29.11.2016) "Frauenwege und Hexenpfade" ISBN: 978-3-7448-3364-6 (27.06.2017) "Die Sklavin des Sarazenen" ISBN: 978-3-7448-5151-0 (26.07.2017) "Die Tochter aus dem Wald" ISBN: 978-3-7448-9330-5 (28.09.2017) "Anna und der Kurfürst" ISBN: 978-3-7448-8200-2 (20.11.2017) "Westwärts auf Drachenbooten" ISBN: 978-3-7460-7871-7 (26.02.2018) "Nur ein Hexenleben..." ISBN: 978-3-7460-7399-6 (24.04.2018) "Sturm über den Stämmen" ISBN: 978-3-7528-7710-6 (23.07.2018) "Die Rache der Barbarin" ISBN: 978-3-7528-4103-9 (01.10.2018) "Im Feuersturm - Grete Minde" ISBN: 978-3-7481-2078-0 (22.02.2019) "Rosen hinter Burgmauern" ISBN: 978-3-7347-0321-8 (03.05.2019) Weitere Informationen finden Sie unter www.buch.goeritz-netz.de

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 141

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Im Schatten des Feuerberges

Eine Säule aus Feuer

Am Rande des Waldes

Angegriffen

Freunde?

Das Los der Frauen

Zweifel und Entscheidungen

Rache oder Gnade

Ein weiter Weg

Die weiße Stadt

Neue Aufgaben, große Gewinne

Ein Meer der Möglichkeiten

Reichtum und Armut

Im Ludus

Sklavin oder nicht

Noch einmal kämpfen?

Ein schwerer Verlust

Schmerzen und Schande

Wandel der Gefühle

Ein Treffen unter Freunden

So ein Betrug!?

Ein Zeichen der Götter?

Der Abschied

Noch ein weiter Weg zurück

Gemeinsam leben

Zum Glück gefunden

Der sensationelle Fund

Zeitliche Einordnung der Handlung:

Im Schatten des Feuerberges

Im Herbst des Jahres 79 brach überraschend, nach hunderten Jahren trügerischer Ruhe, der Vesuv aus. Unter seinen Aschewolken begrub er die Städte Pompeji, Herculaneum sowie einige Dörfer. Bei diesem Ausbruch tötete der Vulkan bis zu 5.000 Bewohner in dieser Gegend. Wer waren diese Menschen? Wie lebten, liebten und dachten sie? Was waren ihre Träume und Hoffnungen?

Diese Geschichte versucht einen kleinen Einblick in den Alltag der Menschen im römischen Reich und rund um den Vulkan zu vermitteln.

Die handelnden Figuren sind zu großen Teilen frei erfunden, aber die historischen Bezüge sind durch archäologische Ausgrabungen, Dokumente, Sagen und Überlieferungen belegt.

Prolog

Eine Säule aus Feuer

Der Mann stand an das Geländer der Treppe gelehnt und schaute zu der leuchtenden Säule aus Asche und Glut, die schon seit Stunden über dem Vulkan stand. Es war Mitten in der Nacht, aber die Sonne war nach dem Beginn des Ausbruchs sowieso nicht mehr zu sehen gewesen. Blitze zuckten um den Vulkan herum und beleuchteten die verlassene Stadt. Er hatte mit einer Hand den Griff des Schwertes umklammert und hielt eine Fackel in der anderen Hand.

Von hinten rief jemand „Tiberius“, er drehte sich um und sah nach unten. Ein Mann stand am unteren Ende der Treppe, direkt am Strand. Tiberius sah die Fackel des Mannes, die sein Gesicht nur teilweise beleuchtete. Keine zwanzig Schritte trennten die beiden Männer, eigentlich nur die breite Treppe, die im Winkel zum Stand hinab führte. Vielleicht sollte auch er nach unten gehen und sich zum Schlafen in eines der Bootshäuser legen, wo schon viele Frauen und Kinder schliefen. Der Legionär ging die ersten drei Stufen hinunter, als er vom Vulkan ein donnerndes Geräusch hörte.

Er fuhr herum, blickte nach rechts und sah eine leuchtende Wolke aus Staub auf sich zu rasen. „Verschwinde in die Gewölbe“, rief er dem anderen Mann zu und hetzte die Treppe hinab. Doch die Wolke war schneller als er. Mitten auf der unteren Treppe, nur wenige Schritte vor dem Strand, traf sie ihn, hob ihn an und schleuderte ihn in den Sand hinunter. Die Wolke war sehr heiß und hatte den Mann bereits getötet, bevor sie ihn richtig erreicht hatte. In Bruchteilen eines Augenblicks erstarb jedes Leben am Strand. Die Asche der Wolke legte sich wie ein Leichentuch über die verbrannten Knochen der Menschen, die gerade eben noch auf Rettung gehofft hatten.

1. Kapitel

Am Rande des Waldes

Etwa elf Jahre zuvor, irgendwo an der römisch-germanischen Grenze. Der Legionär schaute von seinem Turm auf das Tor herunter, dass von einem Kastell geschützt wurde. Wie jeden Tag zog eine endlose Kolonne von Wagen die Straße entlang. Beladen in jede der beiden Richtungen. Mit Fellen in das Kastell und danach mit den eingetauschten römischen Waren wieder hinaus in das germanische Gebiet dort draußen. Er sah die Kameraden, die unter ihm die Wagen kontrollierten und die Abgaben einzogen. In ein paar Stunden würde er auch wieder dort stehen und die anderen Männer hier oben. So ging das schon fünf Jahre und er hasste dieses furchtbare Wetter hier.

Das ganze Jahr gab es nur Regen und Nebel. Selbst im Sommer war das hier so. Die Feuchte in der Luft ließ die Rüstung schneller rosten, als er sie wieder abreiben konnte. Er ließ seinen Blick über die Wälder auf der anderen Seite der Holzpalisade wandern und umklammerte dabei instinktiv den Griff des Schwertes an seiner Seite. Es war sein wertvollster Besitz und mehr als einmal hatte es sein Leben gerettet. Dieser dichte Wald im Markomannengebiet machte ihm Angst, aber er durfte das nicht zeigen. Dafür war er schon zu lange in der Legion. Seit zehn Jahren diente er nun schon und davon viel zu viele Jahre hier auf diesem Turm.

Ein Geräusch auf der Leiter hinter ihm kündigte den Wachwechsel an. „Tiberius, dein Essen wird kalt!“, rief einer von unten und als sich der Mann umdrehte, erkannte er seinen Freund direkt hinter sich, der gerade auf die Plattform des Turmes stieg. „Ave Carolus. Wieder mal nichts los“, sagte er und drückte seinen Speer dem Freund in die Hand. „Den Göttern sein Dank“, entgegnete Carolus und nahm den Platz an der Palisade ein. Er schaute auf das Land, konnte aber nichts Verdächtiges sehen. Er stammte selbst aus dem Land, dass die Römer Germania magna nannten, und das sich hinter dem Wald befand, aber sein Stamm war viel weiter westlich.

Nur sein helleres Haar unterschied ihn von seinem südländischen Freund. Aber er war das Wetter hier gewohnt und war eher froh, dass er nicht in Ägypten Dienst tun musste. In ihrer Kohorte gab es Menschen aus allen Teilen des römischen Reiches. Alle verstanden sie sich gut miteinander, das mussten sie auch, denn sie mussten sich im Kampf aufeinander verlassen können. Der Zusammenhalt der Einheit bestimmte über ihr Leben oder ihren Tod. Tiberius kletterte hinunter und setzte sich an den Kessel mit der heißen Bohnensuppe.

Bei diesem Wetter kam die gerade richtig. Er schöpfte eine Kelle in seine Schüssel und brach sich ein Stück Brot ab. „Immer dieser Regen“, dachte er missmutig und träumte von seiner Heimat, weit im Süden. Pompeji war seine Geburtsstadt und nun das hier! Ein Nichts mitten im Wald. Ein paar Zelte und Holzhütten. Nur die Therme und das Fahnenheiligtum waren aus Stein. Alles hier war nicht mit der prächtigen Stadt seiner Jugend zu vergleichen. Seit mehr als zehn Jahren diente er ja nun schon in der Legion und seitdem war er auch nicht mehr dort gewesen. Wehmütig dachte er an das blaue, warme Meer und die weißen Häuser.

Alles Geld, das er erhielt, sparte er dafür, dass er später mal eine kleine Wirtschaft dort kaufen konnte. Aber bis dahin würde es noch viele Jahre dauern. Dann wäre er ein ehrbarer Bürger Roms und nicht mehr der arme Junge, der damals vor dem Hunger in die Legion geflüchtet war. Satt war er nun jeden Tag geworden, aber das Leben hatte er sich anders vorgestellt. Hätte er nicht auch in Afrika oder im Süden Galliens Dienst tun können? Die anderen schwärmten immer von diesen Ländern und er saß hier im Wald.

Sorgfältig säuberte er die Schüssel, packte sie weg und griff sich den großen Schild, welcher unten an den Turm gelehnt auf ihn gewartet hatte. Mit einem geübten Griff zog er sich die Rüstung zurecht und begab sich zum Tor. Nun würde er ein paar Stunden dort stehen, bevor er am Abend in die Therme gehen konnte. Da drin war es wenigstens warm. Wenn er schon mal eine der Münzen ausgab, dann für den Aufenthalt in der Therme und mitunter auch für eine der Frauen, die dort ihre Dienste anboten. Ein lächelnder Zug schlich sich um seinen Mund, bevor er wieder durch die Regentropfen aus seinen Träumen gerissen wurde. Jetzt war erst mal Dienst angesagt und der brauchte seine ganze Aufmerksamkeit.

Am Tor angekommen zog er sich den klammen Umhang um die Schultern und stoppte den ersten Wagen. Immer die gleichen Kontrollen und die lange eingeübten Griffe. Auf seine Menschenkenntnis konnte er sich verlassen. Es sah es in den Augen der Menschen, ob sie etwas zu verbergen hatten. In dem Wagen waren aber nur Felle. Er kassierte die Steuer ein und übergab sie an den Beamten, der hinter ihm alles sorgfältig in den Büchern vermerkte. Ordnung musste sein! Jeder Wagen wieder eine neue Abgabe für Rom.

Ein Signalton vom Turm riss Tiberius aus seiner Tätigkeit. Er zog sein Schwert und wendete sich zurück zum Tor, denn das Signal zum Schließen des Tores wurde Tagsüber niemals ohne Not gegeben! Zusammen mit den anderen Legionären eilte er die Straße entlang und machte sich dabei den Weg von den Menschen mit Gewalt frei. Er schlug rechts und links mit dem Griff des Schwertes und dem Schild zu, wen er dabei traf, das war ihm egal. Da nahm er keinerlei Rücksicht. Alle, die jetzt noch draußen waren, die musste sehen, wie sie nun überlebten.

Es waren nur ein dutzend Schritte gewesen, bis Tiberius den Torflügel zuschob. Die andere Seite brauchte ein paar Augenblicke länger. Innerlich fluchte er über die Nachlässigkeit seiner Kameraden, doch dann schwang auch die andere Seite langsam zu. Von außen versuchten zwei Männer noch hindurch zu gelangen, wurden aber von Tiberius zurückgestoßen.

Endlich verschlossen sie das Tor und legten den dicken Balken als Riegel vor. Wenig später kletterte er auf den Turm zu dem Scorpio genannten Pfeilgeschütz, das Carolus gerade in Richtung Wald schwenkte. Die anderen Legionäre aus dem Lager besetzten ebenfalls die Wälle ringsum. Tiberius nahm einen der Pfeile, die an der hinteren Palisadenwand lagen und brachte ihn nach vorn. Zusammen mit Carolus spannten er mit dem Seilzug die Waffe, legten den Pfeil ein und beobachtete den Waldrand.

2. Kapitel

Angegriffen

Das Weinen eines Kindes durchbrach die Stille. Fünf Ochsenkarren hatten es nicht mehr durch das Tor geschafft und standen nun, unmittelbar davor, unterhalb des Turmes auf dem Weg. Die beiden Legionäre hatten dafür aber keinen Blick, die Augen auf den Waldrand gerichtet, folgte der Pfeil, der in dem Pfeilgeschütz eingelegt war, ihrem Blick. Die Hand am Auslöser starrte Tiberius mit zusammengekniffenen Augen zu den Bäumen hinüber. War da eine Bewegung zwischen den Stämmen gewesen? Seine Hand zuckte und mit einem Surren flog der Pfeil los. Dieser traf den ersten feindlichen Reiter mitten in die Brust. Über die Entfernung hörten sie keinen Laut, sie sahen nur, wie er nach hinten vom Pferd kippte.

Weitere Reiter verließen den Wald und griffen an, aber eigentlich hatte der Angriff nun schon gar keine Aussicht mehr auf Erfolg. Da das Tor schon zu war, konnten die fremden Reiter eigentlich nur noch verlieren. Jetzt, da die Besatzung des Kastells alarmiert war, war ein Durchbruch vollkommen ausgeschlossen. Mit der geringen Menge an Reitern zumindest. Es mochten nur etwa fünfzig sein, die aus dem Waldrand hervorkamen.

Seltsam war schon, dass sie überhaupt Pferde hatten. Normalerweise griffen die Markomannen zu Fuß an. Diese hier mussten aber irgendwo Pferde erbeutet haben. Umso wichtiger war es auch, diesen Angriff abzuwehren, um kein Beispiel für andere zu erlauben. Pfeil um Pfeil flog den Reitern entgegen und fast jeder davon fand sein Ziel. Diese Pfeilgeschütze waren mächtige Waffen und konnten die Daumendicken Geschosse über große Entfernung zielsicher abschießen. Auf der römischen Seite standen nun schon Pferde mit scharrende Hufen vor dem Tor und die darauf sitzenden Reiter konnten es kaum erwarten, dass sich das Tor vor ihnen öffnete. Es waren germanische Hilfstruppen der Legion, das konnte man aber nicht sehen, da sie die typischen goldglänzenden Masken trugen. Keiner sollte in einem Kampf ihre Emotionen sehen.

Das Tor schwang auf und die Reiter stürmten mit gezogenem Schwert nach draußen. Sie ritten durch die dort wartenden Menschen hindurch und verfolgten die feindlichen Reiter. Einige Karren fielen unten um, einer davon stürzte sogar in den Graben, der das Kastell umgab, und die Menschen auf dem Weg unterhalb des Turmes schrien. Die beiden Reiterabteilungen prallten auf dem Weg aufeinander. Der Lärm des Kampfes brandete zum Turm herauf. Ab jetzt mussten die beiden Legionäre untätig von oben zusehen, doch die römische Reiterei siegte schnell und verfolgte schon bald die letzten fliehenden Markomannen.

Noch eine Weile waren sie am Pfeilgeschütz geblieben, doch nun war kein Feind mehr zu sehen. Daher gab ein Signal für das Kastell Entwarnung. Tiberius ließ die Waffe aber vorsichtshalber gespannt. Man konnte ja nie wissen. Noch immer schrien einige Menschen vom Weg zu ihnen herauf.

Schließlich stieg Carolus hinab und ging zum Platz vor dem Tor. Mit einigen anderen Legionären brachte er die umgestürzten Wagen wieder auf den Weg. Es war schwierig, den einen Wagen wieder aus dem Garben zu bekommen, doch mit vereinten Kräften gelang es ihnen schließlich. Unter einem anderen Wagen war eine junge Frau eingeklemmt. Sie war etwa sechzehn Jahre alt. Der Wagen war ihr auf die Beine gestürzt und hatte ihr dabei beide Unterschenkel gebrochen. Mit zwei Stöcken schiente er ihr die Beine und dann trug Carolus sie auf seinen Armen zu einem Medicus in das Lager hinein.

Durch den Kampf der Reiter waren fünf der Männer, die bei den Wagen geblieben waren, ums Leben gekommen. Drei weitere Menschen waren verletzt worden, darunter auch die junge Frau, um die sich der Medicus nun kümmerte.

Als Carolus wenig später wieder auf dem Turm stand, fragte er seinen Freund „Warum hast du uns nicht geholfen?“ „Die stehen erst unter unserem Schutz, wenn sie hinter der Mauer sind. Davor müssen sie sich selbst kümmern“, antwortete Tiberius. Carolus nickte, er kannte die Auffassung vieler Legionäre, aber so richtig konnte er sich auch nach all der Zeit nicht damit anfreunden. Vielleicht war er immer noch viel zu sehr ein Mensch der Provinz Germanien, als ein Bürger Roms. Die Ablösung kam gerade den Turm herauf und die beiden Freunde stiegen hinab. „Kommst du mit in die Schänke?“, fragte Carolus, aber Tiberius schüttelte seinen Kopf. Carolus kannte seinen Freund von den zehn Jahren des Zusammenlebens aber zu gut. „Komm schon. Ich gebe einen aus“, sagte er und zog seinen Beutel. Der Sold war gerade ausgezahlt worden.

Eigentlich wollte Tiberius zur Therme, doch auch die warme Schänke konnte da ja helfen. Als sie aus ihrem Holzhaus kamen, kehrten gerade die römischen Reiter zurück. Auch bei denen hatte Carolus einen Freund und daher suchte er ihn, doch durch die Masken sahen ja alle gleich aus, schließlich gab er das Suchen auf und ging mit seinem Freund den Weg entlang in die Schänke, um dort auf ihn zu warten. In der aus Holzbalken zusammengebauten Hütte saßen sie schließlich beim Wein und unterhielten sich. Das Feuer wärmte sie ordentlich durch und während Tiberius den leichten Wein der Römer trank, bevorzugte Carolus das etwas stärkere Bier.

Schließlich kamen sie auf den Sold zu sprechen. „Ich spare meinen Sold für später“, begann Tiberius und zeigte den prall gefüllten Beutel. „Hast du da keine Angst, wenn du so viele Münzen mit dir herumträgst?“, fragte Carolus und sein Freund antwortete „Ich vertraue meinem Schwert.“ Die Tür der Schänke öffnete sich und ein paar Männer kamen herein. Carolus erkannte seinen Freund Aldarich und winkte ihn zu sich. Die beiden stießen mit ein paar Krügen Bier an und der Reiter begann zu erzählen „Wir haben sie alle erwischt. Zum Glück wollten sie ihre Pferde nicht im Stich lassen und so konnten wir sie gut verfolgen. Wenn sie zu Fuß geflüchtet wären, so hättet ihr sie fangen müssen.“

Bei dem Gedanken an den finsteren Wald erschauderte Tiberius. Da wollte er nie wieder hin. Im letzten Jahr hatten sie ein paar Männer verfolgen müssen und waren dabei in einen Hinterhalt geraten. Nur mit Mühe hatten er und Carolus überlebt. Im Wald zu kämpfen war nicht so nach ihrem Geschmack. Zu unübersichtlich war dort die Gegend. Schließlich ließ sich auch Tiberius dazu verleiten, den anderen beiden einen Krug Bier auszugeben. Als er den prall gefüllten Beutel öffnete, purzelte eine der goldenen Aureus Münzen heraus und fiel auf den Tisch. Schnell verstaute er die wertvolle Münze wieder. Solch einen Schatz hatte hier außer ihm sicher keiner. Sie entsprach dem Sold eines viertel Jahres und in seinem Beutel sah man noch mehr davon glänzen. „Vielleicht war es doch keine so gute Idee, ständig solch einen Schatz mit sich herumzutragen“, dachte sich Tiberius, bevor er den Beutel wieder gut verwahrte.

3. Kapitel

Freunde?

Carolus fühlte sich irgendwie zu der jungen Frau hingezogen und so besuchte er sie schon am nächsten Morgen. Der Medicus hatte ihm gesagt, dass es sicher mehrere Wochen dauern würde, bis sie wieder laufen konnte. Der Legionär setzte sich an ihre Liege und versuchte mit ihr zu sprechen. Da sie aber einen ihm fremden Akzent hatte, war es doch etwas schwerer. Schließlich versuchten sie beide mehr oder weniger mit Händen und Füßen sich zu verständigen. Ihren Namen hatte er schon einmal verstanden. Sie hieß Borghilde und wenn er sie richtig verstanden hatte, so kam sie vom Ufer eines Meeres, welches sich weit im Norden befand.

Vater und Bruder waren bei dem Angriff am Vortag ums Leben gekommen und nun war sie praktisch ganz alleine auf der Welt. Carolus ließ ihr ein paar Münzen da und versprach ihr, wiederzukommen. Was er dann auch so oft tat, wie er dafür Zeit hatte.