Kerzen für den Teufel. Guatemala. Zur Karwoche im Land der Mayas - Kai Althoetmar - kostenlos E-Book
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Kai Althoetmar

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Beschreibung

Guatemala - Land des ewigen Frühlings, Land der ewigen Diktatur. In der Endphase des Bürgerkriegs durchquert Kai Althoetmar das Land der Mayas während der Semana santa, der turbulenten Karwoche, von Quetzaltenango im Hochland bis zum Urwalddistrikt Petén. Er besteigt den Vulkan Santa Maria, trifft in 3.800 Meter Höhe auf spiritistische Mayas, die dem Teufel opfern, erlebt in der alten Kolonialhauptstadt Antigua die monumentalen Palmsonntagsumzüge und läßt sich fünfzehn Stunden im "Hühnerbus" durch den Urwald auf dem Weg zu den Pyramiden von Tikal durchschütteln. Blutiger Ernst und rasende Komik liegen jederzeit nah beieinander. Ein Himmel- und Hölle-Ritt durch das Land der Mayas. - Illustriertes eBook mit zahlreichen Fotos und Karten.

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Inhaltsverzeichnis

Kerzen für den Teufel

Kai Althoetmar

Kerzen für den Teufel

Guatemala. Zur Karwoche im Land der Mayas

Impressum:

Titel des Buches: „Kerzen für den Teufel. Guatemala. Zur Karwoche im Land der Mayas“.

Erscheinungsjahr: 2019.

Inhaltlich Verantwortlich:

Edition Kultour

Kai Althoetmar

Am Heiden Weyher 2

53902 Bad Münstereifel

Deutschland

Text: © Kai Althoetmar.

Titelfoto: Maya-Frauen, Guatemala. Foto: ebany, CC BY 2.0.

Verlag und Autor folgen der bis 1996 allgemeingültigen und bewährten deutschen Rechtschreibung.

Wer in Guatemala Himmel und Hölle nah sein will, der steigt auf einen Vulkan. Denn dort ist man Gott und den Geistern nahe. Und auch dem „Weltpräsidenten“ - dem Teufel. Aber nur kurz vor Ostern, am Tag des Heiligen Josef, wenn sich katholischer Glaube und indianischer Aberglaube in Nebelwolken und Rauchschwaden verquirlen, wenn für tausend Toyotas gebetet wird und wenn der „Weltpräsident“ etwas zu hören bekommt: nämlich ein paar Chinakracher.

Alles fing so unverdächtig an: Rolando Herrera mußte zum ungefähr fünfzigstenmal in seinem Leben den Vulkan Santa Maria besteigen. Der spuckt nur selten Asche, und den Gipfel in 3.772 Meter Höhe erkraxelt man locker in ein paar Stunden - denn der Fuß des Vulkans liegt schon zweitausend Meter höher als die Wellen des nahen Pazifiks. Rolando ist Direktor einer Spanisch-Sprachschule in Quetzaltenango im Hochland von Guatemala. Alle drei Wochen steigt er mit Sprachschülern aus aller Welt auf das Dach Guatemalas. Nicht um den „Weltpräsidenten“ auf der Vulkanspitze zu treffen, sondern weil eine Vulkanbesteigung im Wochenendprogramm seiner Spanischschule der Renner ist.

Früh um halb sechs lädt uns Rolandos uralter Kleinlaster zu Füßen der Heiligen Maria ab. Der Blick auf den Bergwald und seine Nebelkronen ist unheimlich - imposant. Nur Mike, ein Sprachschüler aus den USA, hatte eine Vorahnung. Oben auf dem Vulkan, da müßten wir ein paar Hühner opfern. Beim Aufstieg flattern uns aber nicht entfleuchte Hühner, sondern Miniatur-Helikopter um die Ohren: schillernd dunkelgrüne Kolibris, die im Flug Nektar aus Blütenkelchen saugen.

Brennholz für die Öfen - Kinder im Hochland bei Cantel. Foto: Kai Althoetmar.

Laufend überholen uns Indios auf der Trampelpiste, sogar Frauen mit Kleinkindern auf dem Buckel. Die Maya-Nachfahren sind die dünne Luft gewohnt. Einer schleppt sogar einen Maissack den Vulkan hoch. Darin sind die Opfer für den „Weltpräsidenten“, wie sich noch herausstellen wird. Gegen Mittag ist die Spitze erreicht. Den Blick auf den nahen Krater verstellen die Wolken. Aber das macht nichts. Unser Blick fällt auf etwas viel Interessanteres: Zwei Indios zelebrieren auf dem Vulkangipfel einen Kult - den Opferkult für den „Weltpräsidenten“ am Tag des Heiligen Josef.

Karte: Vereinte Nationen.

Die Indios, beide um die vierzig, beide in ärmliches Räuberzivil gewandet, haben auf der Vulkanspitze ein Lagerfeuerchen entzündet. Der eine hebt beschwörend die Hände und murmelt wie in Trance allerlei Beschwörungsformeln, der andere hockt mit seiner Pudelmütze andächtig daneben. Wir rücken näher und lauschen andächtig mit. Der Zeremonienmeister ist auf den Berg gestiegen - nicht als Prophet, sondern als Bittsteller. Er wirft Kerzen ins Feuer, die roten für Gott, den der Christen, die schwarzen für den „Presidente del mundo“, den „Weltpräsidenten“, den er mit bebender Stimme anruft. Der „Weltpräsident“ ist der Teufel, erzählt uns Rolando, der um die Vermischung von Christentum und Geisterglaube in seinem Land weiß.

Geisterbeschwörung auf dem Vulkan. Foto: Kai Althoetmar.

Die Guatemalteken, zur Hälfte katholisch, zu einem Drittel mittlerweile evangelisch-freikirchlich, sind stockfromm, der Papst ist den Katholiken ein Heiliger, Maria die unbefleckte Empfängnis, und die Ostertage sind sakrosankt. Die Semana santa steht an, die Heilige Woche, die Karwoche. Aber die blutige Christenmission der spanischen Konquistadoren im sechzehnten Jahrhundert hat nie die alten Bräuche und den Geisterglauben der Indios, der Ureinwohner im Maya-Land Guatemala, ganz auslöschen können. Viele Mayas haben sich ihre eigene Religion gebraut: einen Mix aus Katholizismus und Aberglaube. Viele sind in die Fänge evangelikaler Sekten aus den USA geraten, deren Klatsch- und Entrückungsgottesdienste Karl Marx’ Wort vom „Opium des Volkes“ Aktualität verleihen. Der merkwürdige Bergpriester blättert in einem Gebetbuch, klappt es wieder zu, ruft eine halbe Hundertschaft Heiliger an und spricht auf Spanisch das „Vater unser“ und das „Gegrüßet seist Du, Maria“.

Der Mann mit der Pudelmütze entpuppt sich als eine Art guatemaltekischer Nikolaus. In seinem Maissack hat er die Geschenke für Gott und den Teufel hochgeschleppt: Fleisch, Schnaps, Zigaretten und Kerzen. Alles, was zischt und qualmt. Wie ein Meßdiener reicht er seinem Priester die Brandopfer dar. Im Feuer landet ein Brocken Fleisch - um den Teufel, die Inkarnation alles Fleischlichen, gnädig zu stimmen. Als nächstes gehen die Zigaretten, Marke „Rubios“, in Flammen auf. Weil der „Weltpräsident“ offenbar eine Schwäche für Hochprozentiges hat, landet auch der Schnaps aus dem Flachmann im Feuer. Doch zuerst nimmt er selbst noch einen Schluck.

Weiter geht es mit der Austreibung böser Geister. Wie bei uns zu Silvester. Ein lautes Knallen erschreckt uns. Ein paar Sträucher in der Umgebung scheinen zu explodieren. Fängt die Heilige Maria zu spucken an? Nein, der Vulkanpriester hat eine Ladung Chinakracher im Gestrüpp gezündet. Die Vulkanspitze ist jetzt geisterfreie Zone. Der „Weltpräsident“ ist nicht erschienen. Es ist Zeit, Gott anzurufen. Ein paar rote Kerzen - ab in die Flammen! - stellen den Kontakt her. Unser Vulkanmann hat einen langen Wunschzettel. Pathetisch wirft er die Arme hoch. Jetzt fordert er Quetzal. Es geht um viel Geld. Erst bittet er den Allmächtigen um 1.000 Quetzal. „Heute noch, großer Gott, oder morgen.“ Er redet sich in Rage. Jetzt will er auf einmal Milliarden Quetzal. Denn er habe doch so viele Kerzen geopfert. Wie viele eigentlich? Frage an den Pudelmützen-Meßdiener. Aber der weiß es auch nicht. Macht nichts, jetzt verlangt der Bergpriester Häuser, für sich und seine Familie. Und Autobusse - aber nur die billigen camionetas, die alten Klapperkisten. Und noch mehr: Gott solle auch Toyotas und ein paar Karossen mit dem Stern spendieren. Dann zündet der Zeremoniar sich eine Zigarette an. Allmählich können wir das Lachen nur noch schwer unterdrücken. Aber die beiden Indios nehmen uns anscheinend gar nicht wahr. Es folgen weitere Fürbitten. Für den Meßdiener: Auch ihn möge der Herr mit vielen Toyotas und Quetzal segnen. Schließlich habe er doch stets sein Haus reingehalten.

Felder im Hochland um Quetzaltenango.

---ENDE DER LESEPROBE---