Lovely Sunny - Nick Living - E-Book

Lovely Sunny E-Book

Nick Living

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Beschreibung

Verrückte Abenteuer, spannende Erlebnisse – das alles gibt es hier! Der kleine Knirps - unser lieber Sunny - erlebt mal wieder die tollsten Sachen. Und so wundert es auch nicht, dass er immer wieder in die unglaublichsten Situationen kommt, aus denen es manchmal schwierig scheint, wieder herauszukommen. Aber der mutige Junge meistert wirklich alles. Und in Hollywood, in Los Angeles gibt es eben auch alles! Was es da zum Beispiel mit einer rätselhaften Suppe, einem mysteriösen Ort des Grauens, einem merkwürdigen Funkspruch aus dem Jenseits, mit den unterschiedlichsten Geistern und am Ende auch noch mit dem geheimnisvollen Licht der Sterne auf sich hat, erfahrt Ihr hier drin. Da taucht eine sonderbare Schildkröte auf, eine gespenstische weiße Frau und viele andere schier unfassbare Dinge, die dem aufgeweckten Jungen Kopfzerbrechen bereiten. Doch was wäre eine Welt ohne all diese vielen wundervollen Märchen? Und wenn mal etwas nicht ganz klappt, gibt’s ja auch noch den lieben Gott, und noch jemanden, der in einer silbernen Wolke stets aufpasst, dass dem kleinen Helden auch ja nichts passiert. Tja, da bleibt nur eines übrig – einen zauberhaften Orchideengarten aufsuchen, mit einem Hai kämpfen und eine ergiebige Ölquelle finden … oder ganz einfach nur den lesen, wie es der mutige, heldenhafte Abenteurer immer wieder schafft, durch diese aufregende Welt der geheimnisvollsten Wunder zu gelangen…

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Inhaltsverzeichnis

Die Suppe

Die Quietschente

Die Taxifahrt

Der Wettkampf

Ort des Grauens

Funkspruch aus dem Jenseits

Die Maus

Die Uhr

Im Schnee

Der Geist von Oaklands Creek

Die Idee

Fliegen

Das Licht der Sterne

Das Himmelsgeschenk

Nur ein Stückchen Stoff?

Der seltsame Pfarrer

Die weiße Frau

Die Erfindung

Der Krater

Der König

Abenteuer in Dubai

Der Geist von Wao Chung

Die total verrückte Leuchtreklame

Das Atelier

Der Großvater

Eier mit Schinken

Die Hymne

Der Tempel

Der fremde Junge

Der Geist vom Theater

Der fliegende Bus

Die Heilquelle

Die Runen

Der Lift des Todes

Der verrückte Film

Der traurige Stern

Die seltsame Tür

Die Kraft des Mondes

Der verwurzelte Stern

Die Chronik

Der 4. Juli

Der Schmetterling

Das Praktikum

Die Lederjacke

Das geheimnisvolle Nordlicht

Das achte Weltwunder

Der Geist aus der Vergangenheit

Der weiße Fluss

Die Superklasse

Die Flugreise

Die Weihnachtsstiefel

Die alte Kiste

Der Wetterballon

Das Moped

Der Zwilling

Universal-City

Der verhexte Teleprompter

Im Radio

Die Schildkröte

Die gestohlene Straße

Die Zauberwürstchenbude

Der liebe Gott

Der Orchideengarten

Der Hai

Die Ölquelle

Die Suppe

Seit Tagen hatte der kleine Sunny aus Hollywood Magenschmerzen und konnte einfach nichts mehr essen. Seine Mami bekam schon Angst, ihr Sohn könnte sich irgendeine schwere Erkrankung eingehandelt haben. Doch der Arzt konnte nichts dergleichen feststellen. Stattdessen erkundigte er sich bei Sunny, ob der eventuell große Sorgen habe und deswegen nichts mehr essen konnte. Sunny wusste es nicht, konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es so sein sollte. Und so blieb er eben erst einmal einige Tage daheim, um herauszufinden, woran es lag. Die Mami flößte ihm literweise Hühnerbrühe ein und gab ihm leichte Kost. Doch all das half nichts. Sunny hatte einfach keinen Appetit mehr. Eines Morgens weckte ihn die Mami schon ziemlich früh und wollte mit ihm spazieren gehen. Die frische Morgenluft und der unbeschwerte neue Tag wirkten manchmal Wunder. Die beiden liefen los und Sunny fühlte sich einfach wunderbar. Nur der Appetit – der wollte sich nicht einstellen. Traurig lief die Mami neben ihm her und wusste nicht, was sie noch tun sollte. Schließlich gingen sie wieder heim, aber Sunny wollte noch ein wenig an der Luft bleiben. Er hatte auf einmal große Lust, noch ein wenig durch den nahen Wald zu spazieren. Die Mami meinte, dass er gegen Mittag wieder daheim sein sollte. „Mach ich!“, rief Sunny und rannte los. Als er durch das Wäldchen lief, kam ihm plötzlich eine alte Frau entgegen. Sie humpelte ein wenig und hielt sich an einem Gehstock fest. Immer wieder stolperte sie über die hervorstehenden Baumwurzeln und Sunny ging ein wenig zur Seite, um ihr nicht den Weg zu versperren. Er wollte sie schon fragen, ob er ihr helfen könnte, da blieb sie unverrichteter Dinge stehen und sprach mit zittriger Stimme: „Na Junge, so allein des Weges? Warum bist Du denn nicht in der Schule?“ Sunny war ein wenig verlegen und wusste im ersten Moment gar nicht, was er antworten sollte. Doch dann lächelte er und meinte: „Ja, ich muss ein paar Tage daheimbleiben, weil ich andauernd Bauchschmerzen habe und nichts essen kann.“ Die Alte musterte den Jungen von oben bis unten und schüttelte dann ihren Kopf. Schließlich sagte sie: „So wie Du aussiehst, könntest Du ein ganzes Huhn vertragen. Warum also solltest Du nichts essen können? Hast Du Sorgen?“ Sunny zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht!“, rief er dann und setzte sich auf einen Baumstumpf. Die Alte setzte sich neben ihn und kicherte. „Ach… wenn Du keine Sorgen hast, dann kannst Du auch essen. Aber manchmal liegt uns etwas schwer im Magen, was wir zuerst gar nicht so ernst nehmen. Doch es belastet uns und macht uns große Bauchschmerzen. Da ist es gut, wenn wir uns auf unsere innere Kraft besinnen.“. Sunny starrte die Alte verdutzt an. Er hatte sich doch stets auf seine inneren Kräfte besonnen. Und welche Probleme sollte er schon haben, von denen er nichts wusste… war es sein Papa, der nicht bei ihm war oder die Schule vielleicht? Er konnte sich das nicht erklären, aber er fühlte irgendwie schwach. Die Alte schaute zum Himmel empor und dann zu Sunny. Schließlich sagte sie: „Tja, das ist ja das Problem. Wir sind manchmal schwach und wissen nicht wieso. Aber tröste Dich Junge… das geht jedem Menschen so. Man kann eben nicht immer stark sein, so etwas gibt es einfach nicht. Nur müssen wir schnell wieder sehen, dass wir unsere inneren Kräfte mobilisieren, damit wir wieder stark sind und unser Leben meistern, welches uns Gott gegeben hat.“. Sunny wusste das nur zu gut und er fragte die Alte, wie er das tun könnte. Die Alte lachte kurz und sagte dann: „Du musst Dir eine Suppe kochen. Eine Suppe aus alledem, was Dir am Herzen liegt. Dabei sollst Du kein Tier schlachten… nein… besinne Dich auf Dich und auf Deine innere Kraft. Dann wirst Du wissen, was in die Suppe kommt! Am besten ist, Du nimmst einen alten Topf, der Euch immer gut genug war. Dann füllst Du ihn mit Deinen heißen Tränen und mit Deinem Kummer, der Dich bewegt. Als Beilage verwendest Du Deine Träume, die Du mit hineingibst. Und wenn Du die Suppe abschmecken willst, gebe das hinein, was Dir sonst noch am allerliebsten ist. Hast Du alles im Topf, dann rühre einmal kräftig um, dann esse die Suppe mit dem Menschen, der Dir am liebsten ist. Und Du wirst es spüren, dass es Dir gleich wieder besser geht. Aber bedenke, dass Du bei alledem, was Du da anrührst, Deine Augen geschlossen hältst, sonst funktioniert es nicht!“ Dann meinte die Alte noch, dass sie nun weiter gehen müsste. Umständlich zupfte sie sich ihre Kleider zurecht und humpelte davon. Schließlich verschwand sie zwischen den Bäumen und Sunny hatte noch so viele Fragen. Wie sollte er das alles in den einen Topf bekommen? Und was wäre, wenn er etwas vergessen würde? Er wollte der Alten nachlaufen, doch er sah sie nirgends mehr. Doch aus der Ferne vernahm er eine leise Stimme: „Du wirst allein wissen, was richtig ist. Vertrau nur immer auf Dich selbst, dann geht’s auch!“ Und Sunny spürte, dass er es schaffen könnte. Er wollte sofort nach Hause, um die Suppe anzurühren. Die Mami wartete schon auf ihren Sohn und fragte ihn, was sie ihm zu essen zubereiten könnte. Sunny wollte aber an diesem Tag sein eigenes Rezept ausprobieren. Er bat die Mami, im Wohnzimmer auf ihn zu warten. Er würde sie dann schon rufen, wenn er alles fertig hatte. Die Mami wunderte sich über den ungekannten Tatendrang ihres Sohnes. Ging es ihm nicht eigentlich viel zu schlecht? Und hatte er nicht fürchterliche Bauchschmerzen? Egal, sie setzte sich ins Wohnzimmer und schaute sich eine Illustrierte an. Unterdessen holte Sunny den alten Suppentopf hervor, den die Mami einst von der Großmutter geschenkt bekam. Der Topf war schon ziemlich arg ramponiert und sah auch gar nicht mehr schön aus. Aber die Mami hatte schon mit ihm gekocht und für Sunnys Suppe musste er ausreichen! Plötzlich kamen Sunny die Erinnerungen an damals und drohten ihn zu übermannen. Er hielt den alten Topf in der Hand und schloss seine Augen. In Gedanken sah er die Großmutter, wie sie den alten Topf von ihrem bisschen Geld gekauft hatte. Sie hatte damals all seine Lieblingsgerichte in dem Topf gekocht. Und es hatte immer geschmeckt. Sunny spürte, wie ihm dicke Tränen über die Wangen rollten. All diese Tränen tropften in den alten Topf hinein. Er weinte und weinte und irgendwann hatte sich der Topf bis zur Hälfte gefüllt. Sunny wollte sich die Augen wischen, doch da fielen ihm die Worte der alten Frau ein… Halte bei allem, was Du kochst, stets die Augen geschlossen… und er presste die Augenlieder fest zusammen. Plötzlich sah er all seine großen Träume vor sich. Er sah seine Hollywoodsterne und all die vielen guten Taten, die er bereits geleistet hatte. Damals hatte er einem kleinen Mädchen das Leben gerettet und war immer für die anderen da. Und er liebte seine Mami so sehr, dass er es kaum beschreiben konnte. Noch immer hielt er seine Augen geschlossen und er tastete nach einem Rührgerät. Er fand einen Rührlöffel, den die Mami immer beim Kochen verwendet hatte. Er hielt den Löffel fest in seinen Händen und drückte ihn ganz fest an sein Herz. Er wollte sich bedanken, dass seine liebe Mami stets die köstlichsten Speisen gezaubert hatte, ganz ohne Murren und so, als wäre das die normalste Sache der Welt. Und er sprach ein leises „Danke“ zu dem Kochlöffel, bevor er damit die Suppe umrührte. Nun brauchte er die Suppe nur noch abzuschmecken. Dazu zog er einen kleinen Hollywoodstern, den er immer bei sich trug aus seiner Hosentasche. Er legte ihn in den Topf und rührte emsig weiter. Sollte die Suppe nun fertig sein? Ob er seine Augen wieder öffnen durfte? Er hatte noch ein altes Foto von seinem Papa in der Hosentasche und auch das gab er in die Suppe. Er liebte seinen Papa nämlich sehr, auch, wenn der im Himmel war und nicht bei ihm sein konnte. Noch einmal atmete er tief ein und öffnete dann seine Augen. Vor ihm brodelte es in dem kleinen alten Topf. Und er wunderte sich, denn er hatte den Topf gar nicht auf den Herd gestellt. Mit dem Kochlöffel probierte er ein wenig von der Suppe. Sie schmeckte tatsächlich wunderbar und war wirklich sehr gut gewürzt. Er deckte den Tisch und rief schließlich seine Mami in die Küche. Die machte riesengroße Augen, weil ihr kleiner Sohn solch eine wohlschmeckende Suppe gekocht hatte. Das hatte sie ihm zwar gar nicht zugetraut, doch insgeheim wusste sie, dass er es konnte. Und Sunny staunte, dass er plötzlich wieder essen konnte. Er hatte wahrhaftig wieder Appetit, und zwar einen riesengroßen! In der heißen Suppe schwammen unzählige, winzig kleine Hollywoodsterne und Sunny war so unendlich glücklich, dass man es gar nicht beschreiben konnte. Er war so glücklich, dass er sich nach dem Essen sogar ein Liedchen pfiff. Und als er später das Geschirr abspülte, bedankte sich die Mami für das köstliche Essen. Vielmehr aber interessierte sie, ob er wieder Appetit hätte, denn immerhin hatte er ja die Suppe aufgegessen und nicht dabei gemurrt oder gejammert. Sunny nickte und meinte, dass es ihm so richtig gut geschmeckt hatte. Die Mami wollte wissen, woher er dieses tolle Rezept hatte. Sunny erklärte ihr, dass er es von einer alten Frau hatte, die er im Wäldchen traf. Die Zutaten aber kamen von ihm selbst. Es war alles das, was er liebte und was er immer bei sich hatte. Die Mami musste weinen, als sie das hörte. Ihr kleiner Sohn war wieder gesund und konnte endlich wieder essen. Und Sunny nannte die Suppe nach seinen geliebten Hollywoodsternen… Sternensuppe! Die alte Frau sah er nie wieder und das Foto von seinem Papa, welches er zum Abschmecken in die Sternensuppe gegeben hatte, fand sich seltsamerweise in seiner Hosentasche wieder. Und all seine Liebe, die ebenfalls in der Suppe war, blieb für immer in seinem Herzen. Nun wusste er endlich, was er für seinen Appetit brauchte - es waren all jene Dinge, die jeder Mensch zum Leben brauchte. Es waren die Zutaten, die jeder in sich trug und die nichts kosteten… Liebe, Tränen und Träume… und manchmal auch die wunderschönen Hollywoodsterne, aus denen so manche unglaublichen Träume gemacht sind…

Die Quietschente

Kommissar Spencer wusste einfach nicht mehr weiter. Ein mysteriöser Mordfall ließ ihm keine Ruhe, weil man den Täter nicht finden konnte. Manchmal schien man ihm schon dicht auf den Fersen zu sein, doch dann verloren sich die Spuren und alles ging auf Anfang zurück.

Und es schien ziemlich komisch zu sein, dass es ausgerechnet der Inspektor war, der schließlich die Ermittlungen einstellen wollte… Es war an jenem Morgen, als der kleine Sunny aus Hollywood mit seinem Fahrrad zur Schule fuhr und an nichts anderes dachte, als seiner Lehrerin mal wieder einen neuen Streich zu spielen. Als er sich mit Joe, seinem Freund auf dem Schulweg traf, diskutierten sie angeregt, wie sie Mrs. Simms an diesem Tage erschrecken konnten. Da entdeckte Sunny eine kleine gelbe Quietschente. Sie lag einfach so am Straßenrand und schien wohl niemandem zu gehören. Außerdem trug sie eine rote Schleife um den Hals und sah einfach nur komisch aus. Sunny hob sie auf und sagte zu Joe, dass er nun wüsste, wie er Mrs. Simms erschrecken könnte. Er wollte die Quietschente auf Mrs. Simms Stuhl vor dem Lehrerpult legen. Und zwar unter das Kissen, welches sie sich stets auf den Stuhl legte, um bequemer zu sitzen. Joe fand die Idee einfach genial. Und so schlichen sich die beiden noch vor Unterrichtsbeginn ins Klassenzimmer und schoben die Ente unter Mrs. Simms Sitzkissen. Als die Klasse dann ins Zimmer kam und schließlich auch Mrs. Simms in den Raum stürmte, hielten es die beiden Jungen kaum aus vor lauter Spannung. Und es kam genau so, wie sie es sich dachten… gerade hatte sich Mrs. Simms strickte Ruhe im Klassenzimmer erbeten, als sie sich auch schon auf die Quietschente setzte. Das laute Geräusch ließ die arme Lehrerin sofort wieder von ihrem Sitzplatz aufspringen, und wie ein aufgerecktes Huhn durch die Klasse hüpfen. Als sie die Quietschente unter ihrem Kissen bemerkte, schimpfte und fluchte sie so entsetzlich, dass den Schülern beinahe das Lachen verging. Sie nahm die Ente und warf sie wutentbrannt aus dem offen stehenden Fenster. Sunny schaute aus dem Fenster und sah nur noch, wie ein stadtbekannter Rowdy vorüberkam und sich die Ente in die Tasche steckte. „Wer weiß, was der mit dem albernen Ding macht…“, dachte er sich nur und Mrs. Simms gab den Schülern an diesem Tage besonders schwere Hausaufgaben auf. Nach der Schule fuhren die beiden Übeltäter sofort nach Hause, denn sie mussten sehr viele Aufgaben für die Schule erledigen. Sunnys Mami hatte den Fernseher eingeschaltet und schaute sich eine spannende Sendung an. Gerade wurde von einem Toten berichtet, der am Nachmittag in der Selma- Street gefunden wurde. Inspektor Spencer sprach von dem zweiten Verbrechen, welches die Stadt erschütterte. Und er sah gar nicht gut aus, als er das berichtete. Denn man hatte ja noch nicht einmal eine Spur vom Täter des ersten Falles. Als man das Bild des Toten zeigte, zuckte Sunny zusammen. War das nicht der stadtbekannte Rowdy, der am Morgen die Quietschente vor der Schule aufgehoben hatte? Aber wieso war er jetzt tot? Sunny ließ das Ganze einfach keine Ruhe und rief Joe an, um sich mit ihm zu treffen. Die beiden fuhren zur Polizeistation, um mit Inspektor Spencer zu sprechen. Der konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass ausgerechnet zwei freche Jungen, die obendrein auch noch zur Schule gingen, einen Mordfall lösen würden. Doch er hörte sich die Fragen der beiden Jungen geduldig an, wollte sich jedoch auf keine nähere Diskussion einlassen. Sunny fragte auch, wo man den Toten gefunden hatte. Der Inspektor verstand zwar die Frage nicht, meinte aber, dass der junge Mann in der Badewanne gefunden wurde. Ein Freund hatte ihn angeblich gefunden. Die beiden Jungen erfuhren, dass auch der erste Tote in der Badewanne gefunden wurde. Gefunden wurde der von seiner Schwester. Es waren also unterschiedliche Personen, welche die Toten gefunden hatten. Somit schieden die als Täter aus. Sunny bedankte sich bei dem Inspektor und versprach hoch und heilig, keine Eigenmächtigkeiten in den beiden Fällen zu unternehmen. Der Inspektor schaute den beiden recht misstrauisch hinterher, als sie die Polizeistation verließen und zu ihren Fahrrädern liefen. Sie mussten erst einmal beratschlagen, was sie nun tun sollten. Sollten sie überhaupt etwas unternehmen? Sunny meinte, dass es möglicherweise eine Verbindung zwischen beiden Fällen gab. Denn immerhin waren beide tot in ihrer Badewanne gefunden worden. Und der Rowdy, der an diesem Tage gefunden wurde, hatte die Quietschente, welche Mrs. Simms aus dem Fenster geworfen hatte, an sich genommen. Sollte am Ende gar… aber das war ja unmöglich. Nein, das konnte einfach nicht sein, die Ente war doch nur aus Gummi. Joe wollte noch einmal zurück, wollte nach der Ente fragen. Doch als er den Inspektor auf die vermeintliche Quietschente ansprach, wusste der nicht, wovon die Rede war und hüllte sich in tiefes Schweigen. Angeblich hätte man eine solche Quietschente nirgends finden könne, auch nicht in den Badewannen der Opfer. Für Sunny stand es felsenfest, dass diese sonderbare Ente irgendetwas mit dem Tod der beiden Männer zu tun haben musste. Er erinnerte sich, dass er die Ente neben der Straße gefunden hatte. War da nicht der Friedhof? Joe schlug vor, sofort dorthin zu fahren. Vielleicht fand man dort ja irgendeine Spur. Die beiden radelten los und erreichten schließlich das Friedhofsgelände. Still und einsam lag die Anlage in der Dämmerung. Nebelschwaden zogen gespenstisch über die schweigenden Grabanlagen. Sollten sie wirklich über den Friedhof laufen, um nach einer Quietschente zu suchen? Sunny wollte das unbedingt, denn es gab einfach keinen anderen Weg. Die beiden schoben ihre Fahrräder, als sie die zahlreichen Wege zwischen den Grabstellen entlangliefen. Doch sie fanden nichts, dass irgendwie verdächtig aussah. Plötzlich blieb Sunny stehen. „Schau mal!“, zischte er zu Joe, „Da vorn… ist das nicht eine solche Ente?“ Joe versuchte, irgendetwas zu erkennen. Und auch er hatte den Eindruck, dass auf der Wiese neben einem Grabstein eine solche Quietschente lag. Vorsichtig näherten sie sich der Ente. In angemessenem Abstand blieben sie stehen. Sollten sie diese Ente wirklich mitnehmen? Sunny bückte sich, um die Ente aufzuheben. Auch sie trug eine rote Schleife, wie die Ente, die sie am Morgen gefunden hatten. Seltsam. Wer band diesen Enten denn solche roten Schleifen um? Sollte diese kleine Gummiente wirklich etwas mit den Mordfällen zu tun haben? Je länger sich die beiden das kleine Entchen betrachteten, desto weniger glaubten sie an eine Verbindung. Als die beiden an einem kleinen Teich, der liebevoll in die Anlage eingebettet war, vorüberkamen, warf Sunny die Ente in hohem Bogen ins Wasser. Enttäuscht wollten die beiden den Friedhof wieder verlassen, da begann das Wasser des Teiches plötzlich heftig aufzuschäumen. Irgendetwas planschte da mächtig im Wasser herum. Die beiden schauten sich um und konnten nicht glauben, was sie da sahen. Über dem Wasser schwebte eine grausige Gestalt. Sie leuchtete wie eine Fackel und ihr Gesicht glich eher dem eines furchterregenden Monsters als dem eines Menschen. Die Gestalt schrie plötzlich laut auf und Joe, der sich bereits am Ufer des Teiches befand, wäre beinahe vor Schreck ins Wasser geplumpst. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich an einem Busch festhalten, da griff eine riesige schwarze Hand nach ihm. Sunny, der nun auch zum Teich gekommen war, packte seinen Freund am Kragen und zog ihn vom Ufer fort. Die grässliche Hand griff ins Leere und die Gestalt schrie wie am Spieß. Die beiden Jungen schnappten ihre Fahrräder und rasten voller Angst zum Friedhofstor. Davor blieben sie jedoch wieder stehen und warteten. Niemand war ihnen gefolgt. Offenbar konnte diese schreckliche Gestalt das Wasser nicht verlassen. Sollten sie wirklich noch einmal umkehren, um nachzusehen? Ihre grenzenlose Neugierde zwang sie, zurückzufahren. Doch diesmal wollten sie sich hinter einem Busch verstecken, um die Lage aus der Ferne zu sondieren. Als sie sich in der Nähe des Teiches befanden, konnten sie die Gestalt nirgends mehr entdecken. Stattdessen bemerkte Sunny die Quietschente, die einsam und verlassen auf der Oberfläche des Teiches umher schipperte. Nun wussten sie es also ganz genau… die Quietschente war in Wirklichkeit gar keine Ente. Sie war ein böser Geist, der die beiden Männer ermordet hatte. Aber warum hatte er das getan? Und warum die Maskerade mit der Ente? Warum griff er sich seine Opfer nicht bei Nacht in deren Häusern? Zugegebenermaßen war das schon ziemlich sonderbar. Nachdenklich fuhren die beiden Detektive nach Hause und Sunny lag noch lange wach. Von seinem Bettchen aus starrte er durchs offene Fenster zum Vollmond hinauf, der wie ein riesiger Ball über der Dunkelheit thronte. Ihm ging die sonderbare Geschichte einfach nicht mehr aus dem Kopf. So etwas konnte er dem Inspektor niemals erzählen. Der würde ihn glatt für verrückt halten. Aber er musste es ihm sagen. Am nächsten Morgen fuhren die beiden schnurstracks zur Polizeistation, um den Inspektor über ihre neusten Erkenntnisse zu informieren. Doch als sie nach dem Inspektor fragten, konnte man ihn nirgends finden. Offenbar hatte er an diesem Tage seinen Dienst noch gar nicht angetreten. War er vielleicht erkrankt? Man schickte eine Streife zu seinem Haus, um nach ihm zu suchen. Aber auch dort fand man ihn nicht. Er schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Als die Streifenpolizisten zur Wache zurückkehrten, berichteten sie von Dutzenden roten Schleifen, die vor der Eingangstür seines Hauses herumlagen. Sie hatten eine Schleife dabei und Sunny erkannte sie sofort. Es war die gleiche Schleife, welche auch die Quietschente um ihren Hals trug. Sollte das wirklich nur ein Zufall sein? Schweigend verließen die beiden die Polizeistation und fuhren zum Teich auf dem Friedhof. Still und einsam schwamm da noch immer die Quietschente auf dem Wasser und die beiden Jungen setzten sich nachdenklich ans Ufer. Lange starrten sie auf die Wasseroberfläche und wussten nicht, was sie davon halten sollten. Neben dem Teich befanden sich einige Grabstellen. Sunny schaute zu den Gräbern und entdeckte etwas sehr seltsames. Er stand auf, um die in Schreibschrift verfasste Inschrift eines weißen Marmorsteines zu lesen: „Hier liegt unser kleines, so sehr geliebtes Töchterchen. Sie wurde ermordet und liebte so sehr ihre kleine Lieblings-Quietschente mit der roten Schleife. Die beiden Mörder wurden nie gefunden…“. Sunny musste sich ins Gras setzen, zu sehr erschütterte ihn das, was da stand. Als er den Namen der Kleinen las, wusste er plötzlich, wer die Toten, die man in ihren Badewannen fand, wirklich waren. Und er ahnte, wo sich der Inspektor vermutlich gerade aufhielt. Über der großen Inschrift hatte man den Namen in kleinen goldenen Lettern eingraviert- das tote Mädchen hieß Amanda Spencer. Das also musste die kleine Tochter des Inspektors sein, die er wohl allein großzog, denn auch seine Frau lag in diesem Grab. Sie starb vor vielen Jahren an einer schweren Krankheit. Offensichtlich hatte Spencer die Mörder seiner Tochter gefunden und sich daraufhin in die Geisterente verwandelt, um die Täter für ihre furchtbare Tat zu bestrafen. Sunny wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und Joe schaute noch immer auf die dunkle Wasseroberfläche des Teiches. Dort schwamm die kleine Quietschente mit der roten Schleife und schwieg…

Die Taxifahrt

Snny war auf dem Schulweg, als es plötzlich laut krachte. Zuerst dachte er, es hätte einen Unfall gegeben, doch dann sah er die Bescherung. Die Kette seines Fahrrades war gerissen und nun konnte er nicht mehr weiterfahren. Der Weg war noch lang und es wollte einfach niemand anhalten, um ihn mitzunehmen. Es war auch kein Wunder, denn um diese Zeit hatten es alle Leute ziemlich eilig, rechtzeitig zu ihrer Arbeit zu kommen. So trottete der arme Sunny die Straße entlang und musste überdies sein defektes Fahrrad schieben. Plötzlich quietschten laut die Bremsen eines Fahrzeuges hinter ihm. Erschrocken fuhr Sunny herum, weil er dachte, er würde einen Autofahrer behindern. Doch es war nur ein Taxi, welches hinter ihm hielt. Der Fahrer hupte laut und rief Sunny zu, er möge doch warten. Und Sunny wartete, denn mittlerweile war ihm schon egal, wie lange er noch bis zur Schule brauchte- er käme ja sowieso zu spät. Der Taxifahrer jedoch bot ihm an, ihn ein Stück mitzunehmen. Natürlich kam das dem kleinen Jungen gerade recht. Während der freundliche Taxifahrer das Fahrrad ins Auto bugsierte, setzte sich Sunny erleichtert auf den Beifahrersitz und wartete. Dass er so bequem zur Schule fahren konnte, hätte er sich wirklich nicht träumen lassen. Da würden die anderen sicher staunen. Der Taxifahrer setzte sich ans Steuer und fragte Sunny, wohin er wollte. Sunny überlegte einen kurzen Moment, wäre wohl viel lieber irgendwo anders hingefahren, doch mit gesenktem Kopf meinte er dann, dass er zur Schule müsste… und das ziemlich fix. Der Taxifahrer lachte und drückte gehörig auf das Gaspedal. Sunny hingegen drückte es in die weichen Lederpolster und mit quietschenden Reifen düste das Fahrzeug davon. Unterwegs flog die Landschaft an Sunny vorüber und er träumte von einem neuen Abenteuer. Gleich jedoch wäre der Traum zu Ende, nämlich dann, wenn er auf dem Schulhof aus dem Fahrzeug stieg. Plötzlich geschah etwas Merkwürdiges… der Taxifahrer lächelte gar nicht mehr, er verwandelte sich vor dem total verblüfften Sunny in einen schwarz gekleideten, streng dreinschauenden Mann, der mehrere Goldketten um seinen Hals geschlungen hatte. Auch das Taxi sah nicht mehr aus wie ein Taxi. Die Scheiben begannen ihre Farbe zu wechseln, sie wurden pechschwarz und man konnte nicht mehr viel von der schönen Landschaft draußen erkennen. Sunny verschlug es die Sprache – was ging hier nur vor? Als er sich wieder ein wenig gefasst hatte und einmal kräftig durchatmete, fragte er den fremden Mann, was das alles zu bedeuten hatte. Doch der brummte nur vor sich hin und es hörte sich beinahe so an, wie: „Wirst Du schon sehen Junge!“ Die Landschaft draußen flog an ihnen vorüber, während es Sunny immer unheimlicher zumute wurde. Plötzlich verlangsamte sich die Schussfahrt wieder und über einen Kieselsteinweg bogen sie in einen wunderschönen Garten. Überall standen bunte Blumen und vor dem Fahrzeug erhob sich ein seltsames Haus. Es hatte viele Türmchen und unheimlich viele Fenster. Außerdem ragten Dutzende Schornsteine in den Himmel und alles sah irgendwie gruselig aus. Der Fahrer stieg aus und öffnete Sunny die Tür. Dabei brummte er: „Wir sind da. Gleich wirst Du abgeholt, bitte warte hier!“ Sunny tat es, wie ihm der Fahrer geheißen hatte und er setzte sich auf eine Hollywoodschaukel, die einsam auf der Wiese stand. Der Fahrer schwang sich in seine schwarze Limousine und düste davon. Es dauerte auch gar nicht mehr lange, da erschien eine schwarz gekleidete ältere Dame. Sie lächelte, sah aber irgendwie sehr traurig aus. Als sie Sunny auf der Hollywoodschaukel erblickte, rief sie schon von weitem: „Das ist aber schön, dass Du mich besuchen kommst. Ich brauche Deinen Rat, und weil Du so bekannt in Hollywood bist, habe ich Dich herbringen lassen. Ich bin Sarah und wer bist Du?“ Sunny stellte sich ebenfalls vor und wunderte sich sehr, dass die alte Dame so nett zu ihm war. Eigentlich wollte er ja gar nicht hierher, aber wenn er schon mal da war und die fremde Frau, da vor ihm auch so lieb war, konnte er ruhig noch ein bisschen bleiben. Er sprang von der Hollywoodschaukel und Sarah streichelte ihm übers Haar. Dann sagte sie: „Komm, wie müssen nun in den Keller.“: Sunny konnte sich noch immer nicht vorstellen, was das zu bedeuten hatte. Aber er folgte Sarah in das merkwürdige Haus. „Willkommen in meinem Reich!“, rief Sarah plötzlich und klatschte in die Hände. Da erschien ein Butler in der Tür und trug ein silbernes Tablett mit zwei wunderschön bemalten Porzellantassen auf der Hand. „Möchtest Du einen Tee?“, erkundigte sich Sarah bei Sunny. Der hatte gar nichts dagegen einzuwenden und der Butler reichte ihm eine der Tassen. Der Tee schmeckte köstlich, und weil ihm die Tasse zu heiß war, stellte er sie schnell wieder auf das Tablett zurück. Sarah musste grinsen, solch einen kecken Jungen hatte sie wohl schon lange nicht mehr in diesem seltsamen Hause zu Gast. Schließlich meinte sie, dass sie nun in den Keller gehen sollten. Brav folgte Sunny der geheimnisvollen Dame, denn er kannte sich ja in diesem Haus nicht aus. Durch eine seltsame Tür gelangten sie nach unten. Es war stockdunkel in den modrigen Kellergängen und Sarah meinte, dass sie nun auf dem Weg in den Abgrund seien. Sunny war es wahrlich gar nicht mehr wohl bei dem Gedanken, möglicherweise gleich in der Hölle zu landen. Plötzlich standen sie erneut vor einer Tür. „Hinter dieser Tür treibt ein böser Unhold sein Unwesen“, tuschelte Sarah, „Ich habe große Angst vor ihm.“ Vorsichtig öffnete sie die hölzerne Tür und dahinter sah es noch schauriger aus, als es sich Sunny bereits versuchte vorzustellen. Überall hingen Spinnweben und es war eisig kalt. Sunny schüttelte es und Sarah nahm ihren Schleier, um ihn Sunny über die Schultern zu legen. An den Seiten des feuchten Ganges steckten Fackeln, die ein düsteres Licht verbreiteten. Aber immerhin sah man noch, wohin man trat. Schließlich rückte Sarah mit der ganzen Wahrheit heraus. „Der Unhold hat meine Seele gestohlen und nun weiß ich nicht mehr, wer ich wirklich bin. Nur meinen Namen weiß ich noch.“. Sunny hatte alles Mögliche erwartet, nur das nicht. Wie sollte er dieser Sarah nur behilflich sein? Ihre Seele konnte er doch unmöglich finden. Doch zur Beantwortung dieser Frage blieb keine Zeit, denn hinter einem Felsenvorsprung lauerte bereits das Böse… in einer großen Felsengrotte lauerte bereits der Unhold, der eher einem Grizzlybär mit einer riesigen Schnauze glich. Zähnefletschend hockte er am Tisch und trank etwas aus einem großen silbernen Becher. Als er die beiden Eindringlinge erblickte, wurde er furchtbar zornig und brüllte: „Ha! Dass Ihr Euch überhaupt hier hereinwagt! Ich werde Euch zeigen, wer hier das Sagen hat!“ Damit holte er aus und Sunny glaubte schon, der Unhold wollte ihn und Sarah vernichten. Doch er stieß lediglich einen unverständlichen Zauberspruch aus. Allerdings spürte Sunny plötzlich eine seltsame Starre in seinen Beinen und ihm wurde klar, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. Genauso erging es auch Sarah. So sehr sich die beiden auch anstrengten, sie bekamen keinen Fuß mehr vor den anderen. Sarah, die so etwas wohl schon erwartet hatte, meinte, dass dies der Unhold andauernd mit ihr treiben würde. Und sie konnte nichts tun, denn er hatte ja ihre Seele. Sunny wusste, dass er dringend etwas tun musste. Doch als der Unhold zwischen den Felsenwänden verschwand, standen die beiden ganz allein in diesem eisigkalten Raum und froren. Irgendwie schien es beinahe, als sei Sunnys letztes Stündlein angebrochen. Und er dachte an seine liebe Mami, seinen Papa im Himmel und seine allerbeste Lehrerin Mrs. Simms, die nun vergeblich auf ihn in der Schule wartete. Er musste sich unbedingt etwas einfallen lassen. Doch die Kälte in diesem Felsenraum wurde immer unerträglicher. Möglicherweise wollte der Unhold nun auch seine Seele holen. Sunny zitterte derart, dass irgendetwas aus seiner Hosentasche purzelte. Klimpernd fiel es auf den felsigen Boden und Sunny sah erfreut, dass es sein kleiner Schlüsselanhänger war. Der Schlüsselanhänger war eine exakte Nachbildung eines seiner Hollywoodsterne und Sunny liebte ihn sehr. Der Hollywoodstern lag auf dem Boden und fror wohl genau so entsetzlich wie Sunny. Doch plötzlich fuhr ein greller Lichtstrahl aus der Höhlendecke auf den Stern herab. Und augenblicklich wurde es wärmer. Auch die vermeintliche Lähmung ließ nach und ganz langsam begann Sunny, seine Füße wieder zu bewegen. Auch Sarah, die dieses eigenartige Schauspiel mit angesehen hatte, konnte sich wieder bewegen. Staunend schaute sie zu dem kleinen Hollywoodstern auf dem Boden und sah das wundersame Licht, welches aus der Höhlendecke fiel. Wo kam das nur her? Sie fragte Sunny danach, doch der wusste es auch nicht. Aber war das nicht vollkommen egal? Wichtig war doch nur, dass sie wieder laufen konnten. Und es war warm genug, um den Unhold zu suchen. Sunny hob den Hollywoodstern auf und steckte ihn in seine Hosentasche zurück. Auch das Licht verschwand und die beiden schauten sich in der Höhle um. Plötzlich erschien der Unhold vor ihnen und sah noch furchterregender aus als eben noch. Sunny erschrak fürchterlich, denn der Unhold baute sich bedrohlich vor ihm auf. Dann schrie er aus vollem Halse: „Jetzt hole ich auch Deine Seele! Warts nur ab, gleich gehörst Du mir!“ Sunny hatte endgültig genug. Er stellte sich dem riesigen Unhold in den Weg und rief: „Niemals werde ich Dir gehören. Denn ich bin Sunny aus Hollywood und das hier ist einer meiner Hollywoodsterne…“. Mit diesen Worten holte er den kleinen Stern aus der Hosentasche und streckte ihn dem Unhold mutig entgegen. Der wollte schon laut loslachen, doch da fuhr erneut der grelle Lichtstrahl aus der Höhlendecke auf den Hollywoodstern herab. Der begann hell zu erstrahlen und funkelte wie ein kostbarer Edelstein im Sonnenlicht. Es wurde unerträglich heiß und der Unhold hielt sich schützend eine seiner riesigen Pranken vors Gesicht. Sarah hatte sich ängstlich an die Felsenwand gedrückt und glaubte nicht, was sie da sah. Das Licht des kleinen Hollywoodsternes fuhr zischend auf den Unhold nieder und verbrannte ihm die Augen. Nun konnte er nichts mehr sehen und er irrte ziellos in der Höhle umher. Doch dann fuhr das magische Licht in sein Herz, oder in das, was sich an dieser Stelle befand. Der Unhold schrie laut auf und fiel zu Boden. Plötzlich entwich etwas, das aussah wie ein winzig kleines Engelchen, dem leblosen Leib des Unholdes und flog geradewegs auf Sarah zu. Dort verschwand es und Sarah löste sich von der schroffen Felswand. Freudestrahlend kam sie auf Sunny zu und rief in einem fort: „Meine Seele… sie ist wieder da… ich weiß wieder, wer ich bin… was für ein Wunder!“ Und sie umarmte den kleinen Sunny, der noch immer seinen wunderschönen Hollywoodstern hoch in die Luft reckte. Und noch immer fiel das strahlend helle Licht in die sonst so triste kalte Felsenhöhle. Es verbreitete sich im ganzen Raum und erfasste bald das gesamte Haus. Da öffneten sich alle verschlossenen Türen und die dunklen Kellerhöhlen verwandelten sich in helle, schillernde Schatzkammern, in denen es weder das Böse noch die eisige Kälte gab. Die beiden liefen aus dem Kellergelass in das Haus zurück und nun erblickte Sunny all die vielen wundersamen Räume, die er bis dahin noch nicht sehen konnte, weil es ja so dunkel und kalt war. Sarah war überglücklich und sagte, dass sie dieses Haus selbst eingerichtet hatte. Und sie erzählte dem kleinen Jungen von all den vielen Wundern, die sie in diesem Hause untergebracht hatte. Dann zeigte sie Sunny ein Gewehr. „Schau…“, meinte sie, „Das ist eine echte Winchester. Sie ist sehr berühmt geworden – über all die verrückten Zeiten.“. Natürlich hatte Sunny schon so viel über die Winchester gehört und er kannte ja auch all die vielen Hollywoodfilme, in der die Winchester mit dabei war. Die beiden durchstreiften das ganze Haus und Sunny sah die tausend Fenster, welche er schon von draußen bestaunt hatte. Er sah eine komische Treppe, auf der man über sieben Stufen nach unten, aber auf elf Stufen wieder nach oben gelangte. Und er erblickte schließlich jene Tür, die in den Abgrund führte und vor der Sarah solch eine Angst hatte. Doch nun gab es keinen Abgrund mehr. Sunny hatte mit seinem Hollywoodstern dafür gesorgt, dass eine riesige Schatzkammer hinter dieser geheimnisvollen Türe war. Und Sarah war so glücklich wie wohl seit Jahren nicht mehr. Denn dieser Schatz war nichts anderes, als der schon verschollen geglaubte Familienschatz der Familie. Sie bedankte sich bei Sunny und schenkte ihm die Miniaturnachbildung einer echten Winchester. Sie bestand aus purem Gold und sollte Sunny immer Glück bringen. Dann verabschiedeten sich die beiden und Sarah hatte dicke Tränen in ihren Augen. Sie hatte Mühe, ihre Trauer, den kleinen Jungen wieder fortgehen zu lassen, zu verbergen. Doch es musste sein, denn Sunny musste endlich in die Schule. Draußen im Garten wartete schon das Taxi auf Sunny. Doch wie seltsam- es war nicht mehr schwarz. Es war blütenweiß und selbst der Taxifahrer trug eine strahlend weiße Uniform. Er verneigte sich höflich vor Sunny und öffnete ihm die Wagentür. Sunny ließ sich in die weichen Ledersitze fallen und Sarah stand zwischen all den vielen wunderschönen Blumen und winkte ihm weinend zu. Dann setzte sich der Wagen in Bewegung und schnell verschwand das seltsame Haus in der Ferne. Es dauerte nicht lange, da hielt das weiße Taxi in einer Seitenstraße, gleich neben Sunnys Schule. Der Fahrer öffnete ihm wieder die Tür und wünschte dem kleinen mutigen Jungen alles erdenklich Gute. Dann lief Sunny fröhlich in die Schule und das Taxi fuhr davon. Mrs. Simms hingegen war gar nicht erfreut, dass Sunny zu spät zum Unterricht kam. Doch als er ihr seine merkwürdige Geschichte erzählte, musste sie doch wieder lachen. Sie wusste ja, dass ihr bester Schüler stets eine wirklich gute Ausrede parat hatte. Und weil ohnehin bald wieder Ferien waren, schimpfte sie auch nicht mehr. Als Sunny seine Miniatur-Winchester auf den Tisch legte, staunte sie. Neugierig betrachtete sie sich das kleine Schmuckstück und sagte dann: „Hier, hast Dus schon gesehen… hier steht etwas.“ Und als Sunny genau hinschaute, konnte auch er es lesen. Auf dem Miniaturgewehr stand geschrieben: „Für Sunny – in Liebe, Sarah Winchester.“ Und als Sunny mehr über die sagenumwobene Sarah Winchester erfahren wollte, holte Mrs. Simms ein altes Lexikon aus dem Bücherregal. Was Sunny dann auf den Seiten des Buches erblickte, verschlug ihm wieder einmal gehörig die Sprache. Denn die vermeintliche Sarah war niemand anderes als die Ehefrau des Gewehrfabrikanten William Winchester aus San Jose/Kalifornien. Und das seltsame Haus gab es ebenfalls, es befand sich auch in San Jose und war das berühmte „Winchester-Mystery-House“, in welchem Sarah viele unheimliche Kuriositäten einbauen ließ… bis zu ihrem Tode am 5. September 1922…

Der Wettkampf

Mrs. Simms hatte einen Schulwettbewerb organisiert. Es handelte sich um einen Wettlauf durch die Hollywood Hills. Dabei ging es lediglich darum, wer als Erster ins Ziel kam, auf welche Weise auch immer. Die Strecke wurde von Mrs. Simms Haus bis zu ihrem Lieblingsplatz auf einer Lichtung festgesetzt. Und natürlich sollte danach in der Schülerzeitung berichtet werden. Sunny und Joe hatten sich fest vorgenommen, die Ersten zu sein, und Sunnys Mami glaubte ganz fest an ihren kleinen Sohn. Am Tag des Wettkampfes brannte die Sonne heiß vom Himmel herab und es wurde immer schwüler. Die Schüler waren schon vor Beginn des Wettlaufes ziemlich k.o. und Mrs. Simms wurde mehrfach gebeten, den Wettkampf besser nicht durchzuführen. Doch sie ließ sich nicht umstimmen und so standen die Schüler schließlich in einer Linie vor einem weißen Kreidestrich, gleich neben Mrs. Simms Garage und warteten auf den Startschuss. Mrs. Simms hatte sich eigens dafür eine Schreckschusspistole ausgeliehen und stand nun mit ernster Miene vor den Schülern. Der Schuss erschallte und die Kinder liefen los. Jeder hatte eine Baseballmütze auf dem Kopf und mehrere kleine Wasserflaschen in der Gürteltasche. Noch viel mehr konnten sie nicht mitnehmen, denn es bestand die Gefahr, dass sie zu schwer tragen müssten und das Ziel nicht erreichten. Der Lauf führte über Stock und Stein und obendrein auch noch bergauf. Erst zwischen den Bäumen wurde die Hitze ein klein wenig erträglicher. Sunny und Joe hielten sich tapfer an der ersten Stelle und es sah wirklich so aus, als würden sie als Erste das Ziel erreichen. Plötzlich aber fühlte sich Joe nicht sehr wohl. Offenbar machte ihm die Hitze arg zu schaffen und ihm wurde übel. Außerdem blieb ihm die Luft weg, er stolperte und fiel der Länge nach in das hohe Gras. Doch das war noch nicht alles. Unter dem Gras befand sich ein alter Stollen. Die morsche hölzerne Abdeckung gab unter Joes Aufprall plötzlich nach und er fiel in ein metertiefes dunkles Loch. Sunny, der mit sich selbst zu kämpfen hatte, bemerkte Joes Verschwinden erst ziemlich spät. Und er wunderte sich, dass sein Freund gar nicht mehr hinter ihm herlief. Wo konnte er nur sein? Er blieb stehen und schaute sich um. Zwischen den Bäumen konnte er ihn nicht sehen. Er musste zurücklaufen, um nach ihm zu suchen. In der Zwischenzeit bemerkte er, wie ihn die anderen Schüler überholten. Einer nach dem anderen lief den schmalen Weg zwischen den Bäumen an ihm vorüber. Aber wo blieb Joe? Sunny suchte die Wiesen ab und schließlich hörte er ein leises Rufen. War das Joe und woher kam das nur? Sunny ging der Stimme nach und entdeckte schließlich das Loch in der Wiese. Unten lag Joe und konnte sich nicht mehr rühren. Als er Sunny oben erblickte, rief er ihm zu, dass er schnellstens Hilfe holen sollte. Doch dafür schien es schon zu spät zu sein. Aus einem dicken Rohr über Joe lief Wasser ins Loch. Joe, der nicht aufstehen konnte, lag bereits zur Hälfte im Wasser und es schien, als ob das Wasser immer schneller aus dem Rohr floss. Nun war Eile geboten. Aber wie sollte Sunny dort hinunterkommen? Die anderen Schüler hatten ihn längst überholt, und bis er mit irgendjemandem hierher zurückkehrte, wäre Joe längst ertrunken. Nein, es musste eine andere Lösung geben! Er sah die Bäume, die neben dem Loch standen, und hatte eine Idee. Vielleicht könnte er seine Kleider zerreißen und an den Baum binden. Wenn das ausreichte, könnte er mit seiner eigenen Körperlänge eventuell zu Joe hinunter langen. Joe müsste sich dazu jedoch an seinen Händen festhalten. Und wer würde sie dann aus dem Loch ziehen? Sunny rief nach Joe, doch er erhielt keine Antwort mehr. Sein Freund lag leblos im Wasser und hatte offenbar das Bewusstsein verloren. Unterdessen wurde die Hitze immer unerträglicher. Sunny nahm seine letzte Wasserflasche und trank einen ordentlichen Schluck. Er musste sehr stark sein, denn er durfte nicht auch noch ohnmächtig werden. Schnell zog er sich seine Kleider bis auf die Badehose aus und knotete sie zusammen. Dann band er das eine Ende um den Baum und hielt sich am anderen Ende fest. Vorsichtig versuchte er, sich in das Loch abzuseilen. Doch er kam nicht weit. Auf halber Höhe war Schluss und er musste einsehen, dass er seinem Freund auf diese Weise nicht helfen konnte. Mit letzter Kraft zog er sich wieder nach oben und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Plötzlich bemerkte er eine fremde Frau, die neben dem Baum stand. Sie schaute sehr besorgt und sagte dann: „Was ist passiert? Kann ich Dir helfen?“ Sunny, der noch immer nach Luft schnappte, röchelte, dass sein Freund Joe in das Loch gestürzt sei und dringend Hilfe brauchte, damit er nicht im Wasser ertrank. Die Fremde schaute in das Loch und erschrak fürchterlich, als sie Joe so leblos im Wasser sah. Denn in der Zwischenzeit war Joe bis auf seinen Kopf im Wasser verschwunden. Nun musste es wirklich sehr schnell gehen. Die Fremde hatte seltsamerweise ein langes dickes Seil dabei. Das band sie um den Baumstamm und dann um Sunnys Leib. Schließlich erklärte sie Sunny, dass der sich nun vorsichtig abseilen sollte und dann Joe ganz festhalten möge. Sie würde dann alle beiden heraufziehen. Sunny zweifelte daran, dass die Frau soviel Kraft besaß, um die beiden Jungen heraufzuziehen. Aber jede Idee war besser, als gar nichts zu tun! Und so seilte er sich schleunigst nach unten. Gerade schwappte das Wasser über Joes Mund, da packte Sunny seinen Freund am Kragen. Gleichzeitig zog die Fremde an dem Seil und schaffte es tatsächlich in letzter Sekunde, alle beiden Jungen nach oben zu hieven. Sunny half ein wenig dabei, stemmte sich am Rand des Loches immer ein wenig weiter nach oben. Als die beiden endlich oben waren, holte die Fremde sogar noch eine große Flasche mit kühlem Wasser aus ihrer Tasche, die am Baum lehnte. Das flößte sie Joe ein und streichelte ihm sachte übers Haar. Sunny bemerkte, dass sie Tränen in ihren Augen hatte und er wollte sie trösten. Doch schnell sagte sie: „Ist nicht so schlimm. Es geht schon! Hauptsache ist doch, Ihr beiden seid wohlauf. Ich muss nun gehen. Bring Joe schnellstens zum Arzt. Am besten mit meinem Fahrrad, welches dort am Baume lehnt.“. Sunny entdeckte ihr Fahrrad, welches ihm bis dahin gar nicht aufgefallen war. Er fand das alles sehr seltsam, musste sich aber unbedingt um seinen Freund kümmern. Die Fremde verschwand zwischen den Bäumen und Sunny half dem wieder zur Besinnung gekommenen Joe auf die Beine. Die beiden schafften es gerade so bis zum Fahrrad am Baum. Sunny verfrachte den herumtorkelnden Joe auf den Gepäckträger und band mit dem Seil dessen Arme um sich. Dann fuhr er so schnell es möglich war in die Stadt hinunter. Er brachte Joe zu Dr. Miller, bei dem er selbst oft war. Der kümmerte sich sofort um Joe und auch um Sunny, denn der war ebenfalls längst am Ende seiner Kräfte. Als die beiden wieder zu sich kamen, schauten sie sich verwundert an. Sie hatten den Schülerwettlauf zwar verloren, doch sie lebten und nur das zählte! Die Mami holte beide beim Arzt ab und Joes Papa, der mit ihr gefahren war, nahm seinen Sohn erst einmal in die Arme. Auch die Mami musste weinen, als sie ihren Sohn an ihr Herz drückte. Dass Mrs. Simms so fahrlässig war und diesen unseligen Wettlauf überhaupt durchgeführt hatte… keiner konnte das verstehen. Und glücklicherweise war auch keinem etwas passiert, obwohl es so heiß war. Am Tag der Siegerehrung verhielt sich Mrs. Simms ganz seltsam. Schuldbewusst und mit gesenktem Kopf entschuldigte sie sich bei den Schülern – und bei deren Eltern. Das hatte sie nun wirklich nicht gewollt. Sie versprach, allen Schülern eine Urkunde auszuhändigen, die sie bereits auf einem großen Tisch neben dem Mikrofon deponiert hatte. Auch eine merkwürdige Schatulle lag auf dem Tisch. Mrs. Simms nahm die Schatulle und rief Sunny als Ersten nach vorn. Mit verkniffener Miene heftete sie Sunny eine Ehrennadel an die Brust und sagte dann: „Diese Auszeichnung ist für unseren tapferen Sunny, der Joe, der heute leider nicht hier sein kann, das Leben gerettet hat.“ Sunny jedoch konnte nicht lachen. Eine Weile schaute er in die Menge und nahm dann die Ehrennadel wieder ab. Er legte sie auf den Tisch zurück und sagte mit verhaltener Stimme: „Ich kann diese Auszeichnung nicht annehmen, denn alle Schüler waren mutig und haben diese Auszeichnung verdient. Am meisten aber danke ich der fremden Frau, die mir geholfen hatte, Joe aus dem tiefen Loch zu bergen. Da… da hinten steht sie… vielen Dank!“ Sunny zeigte auf eine Frau, die einsam und allein neben dem Schulgebäude stand. Sie hatte wieder Tränen in den Augen und winkte Sunny traurig zu. Dann verschwand sie, und als sich alle umschauten, um nach der Fremden zu sehen, war sie längst fort. Sunny verstand nicht, warum sie nicht nach vorn gekommen war. Aber er fand sich damit ab und freute sich, dass es Joe von Tag zu Tag immer besser ging. Als er Joe an diesem Tag daheim besuchte, ging es dem schon wieder so gut, dass er aufstehen konnte. Er lief im Zimmer umher und die beiden Jungen unterhielten sich angeregt über diesen verhängnisvollen Wettlauf. Sunny erzählte ihm, wie er ihn aus dem Loch ziehen wollte und wie ganz plötzlich diese fremde Frau erschien. Er berichtete Joe, wie er ihn aufs Fahrrad gepackt hatte und zum Arzt fuhr. Joe konnte sich an gar nichts mehr erinnern. Und er war einfach nur froh, dass er einen solch guten und zuverlässigen Freund hatte. Zusammen blätterten sie in den Fotoalben, die Joe aus dem Regal holte. Er wollte Sunny zeigen, dass er mal bei den Pfadfindern war und schon viele andere gerettet hatte. Plötzlich rief Sunny: „Halt… warte mal… da war etwas…“ Joe wusste nicht, was Sunny gemeint hatte und schaute ihn verständnislos an. Doch Sunny blätterte noch einmal zurück. Denn er hatte die fremde Frau entdeckt, die ihm so sehr geholfen hatte. „Sag mal Joe, kennst Du diese Frau? Das ist nämlich die Frau, die Dir das Leben gerettet hat.“. Joe betrachtete sich das Foto und plötzlich schoss es wie ein Blitz durch seinen Körper. Er hatte Tränen in den Augen und sagte dann: „Das kann gar nicht sein Sunny, diese Frau da auf dem Bild ist meine liebe Mutter, die vor vielen Jahren schon gestorben ist…“

Ort des Grauens

Die Luft war voller Geheimnisse und ausgerechnet Mrs. Simms, die sonst so mitteilungsbedürftig erschien, hüllte sich in tiefstes Schweigen. Der kleine Sunny aus Hollywood verstand das nicht und radelte deswegen oft allein durch die Hollywood Hills. Auch an diesem einen Tage war das so. Andauernd grinste Mrs. Simms, was sie sonst eher selten tat, und wenn sie Sunny daraufhin ansprach, verschwand sie schnell und schrieb neue Aufgaben an die Tafel. Was war da nur los? Gleich nach der Schule schwang sich Sunny auf sein Rad und fuhr los. Diesmal schlug er eine neue Route ein, die er bisher noch nicht gefahren war. Vielleicht hätte er das lieber nicht tun sollen, jedenfalls hatte er sich schon nach kurzer Zeit verirrt. Vermutlich lag das daran, dass er ständig über seine Lehrerin nachdachte. Dennoch musste er den Weg nach Hause wiederfinden, um nicht in dieser einsamen Wildnis übernachten zu müssen. Dummerweise hatte er ausgerechnet an diesem Tage sein Handy daheim liegen lassen. So fuhr er eben erst einmal in die Richtung, aus welcher er gekommen war. Doch irgendwie schienen die Bäume hier noch dichter zusammenzustehen und plötzlich gelangte er auf eine Lichtung. Dort standen Dutzende kleine Holzhütten. Die Hütten waren ziemlich verfallen und niemand war zu sehen. Es sah aus, wie ein kleines verlassenes Dorf. Ein leises Rascheln drang an seine Ohren. Es kam aus den Büschen, die rund um das Hüttendorf standen. Sunny verspürte das dringende Bedürfnis, unbedingt weiter zu fahren. Aber er blieb dennoch stehen und schaute sich nach allen Seiten um. Ein leichter Wind frischte auf und verfing sich pfeifend zwischen den Holzbauten. Sunny war gar nicht wohl zumute- vielleicht wurde er längst beobachtet? Plötzlich stand eine Frau in zerlumpter Kleidung vor ihm. Sunny erschrak fürchterlich- wo kam sie nur her? Er hatte sie doch nirgends sehen können. Eigentlich wollte er sofort weiterfahren, doch irgendetwas hielt ihn fest an diesem Ort. Auf einmal zog ein sonderbares Gefühl durch seinen Leib – ihm war plötzlich egal, was geschah. Er konnte es ja sowieso nicht mehr ändern. Außerdem senkte sich schon die Dämmerung über die Lichtung, und bis er heimkäme, würde es längst dunkel sein. Die fremde Frau kam näher und sprach leise: „Was suchst Du denn hier? Du solltest nicht so lange hier auf der Lichtung stehen bleiben. Das kann sehr gefährlich sein, denn es wird gleich dunkel und dann ist es zu spät. Also los… komm mit!“ Sunny wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Wieso drängte diese Frau so darauf, dass er mit ihr gehen sollte? Was wollte sie von ihm? Plötzlich blitzte es zwischen den Büschen. Sunny bekam Angst und folgte der Frau. Die tuschelte noch, dass sie Selma hieß und dass sie gleich in der rettenden Höhle sein würden. Sunny stellte sich ebenfalls vor und flüsterte: „Und ich bin Sunny. Aber wo gehen wir hin?“ Selma entgegnete: „In die kleine Höhle. Wir sind gleich da.“. Die beiden liefen bis zu einem hohen Felsen. Dort drückte Selma an merkwürdig geformten Steinen herum, bis sich die Felsen ein wenig beiseiteschoben und einen winzigen Spalt freigaben. Er war gerade so breit, dass die beiden hindurchpassten. Kaum hatte sich die Felsentür wieder geschlossen, atmete Selma hörbar auf. „Geschafft!“, meinte sie dann. „Weißt Du überhaupt, wo Du hier bist?“ Sunny schüttelte mit dem Kopf und erzählte Selma, dass er sich verfahren hatte. Dabei lehnte er sein Rad an die Felsenwand. Selma meinte mit unheimlichem Blick, dass dies das Dorf der toten Seelen sei und jeder, der sich hierher verirrte, schlechte Karten besäße. Sunny konnte sich das nicht vorstellen, aber Selma drückte wieder auf den leuchtenden Knöpfen herum. Augenblicklich senkten sich zwei große Bildschirme von der Decke herab. Sunny staunte, denn trotz des altertümlichen verfallenen Dorfes schien es in der Höhle eher fortschrittlich und modern zu zugehen. Auf einem der Bildschirme erschien die Lichtung mit dem hölzernen Dorf. Plötzlich schlichen Menschen umher, die lediglich mit Pelzen bekleidet waren. Sie irrten wie geistig abwesend auf dem Platz herum und schienen etwas zu suchen. „Siehst Du das?“, erkundigte sich Selma. Sunny nickte mit dem Kopf und Selma erzählte ihm, dass diese Leute auf der Lichtung lediglich die Seelen der Toten seien, die hier vor vielen Jahren umgekommen sind. Angeblich suchten sie nach Menschenfleisch, und wenn Sunny noch länger dort gestanden hätte, wäre sicherlich Schlimmeres geschehen. Sunny glaubte Selma kein einziges Wort. Aber als er wieder zum Bildschirm schaute, hatten die Leute dort draußen blutverschmierte Gesichter und irgendeinen Kadaver in den Händen. „Offenbar haben sie eine Katze oder ein anderes Tier finden können“, unkte Selma mit düsterer Stimme. Erschrocken beobachtete Sunny das grausige Geschehen auf dem Platz und meinte nur noch: „Das sind ja Kannibalen…“ Selma holte ein Mobiltelefon aus ihrer Jacke und sprach irgendetwas Unverständliches hinein. Dann widmete sie sich wieder ihrem Gast und erzählte ihm noch einige Schauergeschichten über dieses sonderbare Dorf. „Vor vielen Jahren schlug ein Meteorit an dieser Stelle ein und vernichtete die Ansiedlung. Daraufhin veränderten sich die Überlebenden und nahmen kannibalistische Züge an. Sie aßen sich schließlich gegenseitig auf und keiner, der sich hierher verirrte, kam je wieder fort von diesem grausigen Ort. Sunny konnte das beinahe nicht glauben, aber was er eben auf dem Bildschirm sehen musste, schien Selmas Ausführungen zu unterstützen. Allerdings war er einfach zu müde, um sich noch mehr mit diesen Dingen zu beschäftigen. Er wollte ins Bett und Selma schien das zu bemerken. Sie wollte ihm das Zimmer zeigen, in welchem er übernachten konnte. Sunny war erleichtert, dass er nicht mehr hinaus musste und die beiden liefen einen langen Gang entlang, wo sich mehrere Zimmer befanden. Schließlich führte ihn Selma in ein kleines spartanisch eingerichtetes Zimmer und wünschte dem kleinen Jungen eine gute Nacht. Sunny legte sich auf das Bettchen und wollte einschlafen, doch es gelang ihm nicht. Andauernd sah er diese furchtbaren Bestien da draußen und hoffte, dass sie nicht noch in die Höhle kamen. Was konnte diese Menschen nur so verändert haben, dass sie sich so abartig verhielten? Sollte er am nächsten Tag dieser Sache auf den Grund gehen oder doch viel lieber nach Hause radeln? Aber wo befand sich sein Zuhause überhaupt? Vielleicht konnte ihm ja Selma einen Tipp geben? Plötzlich vernahm er lautes Geschrei auf dem Gang vor seinem Zimmer. Was war da los… waren die Bestien nun doch in die Höhle eingedrungen? Sollte er nachsehen? Er sprang aus seinem Bettchen und stellte sich an die Tür. Er hielt sie noch immer verschlossen, lauschte lediglich, was sich da draußen tat. Immer wieder hörte er die Worte: „Schnitt… Schnitt!“ Was hatte das zu bedeuten? Seine Neugierde steigerte sich Zusehens und irgendwann öffnete er die Tür. Doch was er dann sah, konnte er einfach nicht glauben und er erschrak fürchterlich. Vor ihm auf dem Gang stand seine Lehrerin Mrs. Simms und unterhielt sich mit einem jungen Mann. Auch Selma stand dabei und plötzlich erschienen die wilden Bestien, die er auf dem Bildschirm gesehen hatte. Doch die Leute nahmen keinerlei Notiz von ihm und verschwanden in einem der Zimmer auf dem Gang. Was ging hier nur vor? Selma sah irgendwie anders aus – sie hatte eine dunkle Hornbrille auf der Nase und trug einen dicken Notizblock in der Hand. Als Mrs. Simms ihren Schüler erblickte, kam sie freudestrahlend auf ihn zu. „Das hast Du großartig gemacht! Ich bin sehr stolz auf Dich!“, rief sie dann und Sunny wusste noch immer nicht, worum es ging. Selma, die das zu bemerken schien, erklärte es Sunny. „Wir drehen hier einen Horror- Film. Es gibt keine Drehbücher, alles geschieht so, wie es kommt. Und Du warst die Hauptperson. Aber… hat Dir Deine Lehrerin nichts gesagt? Sunny schüttelte den Kopf. Niemand hatte ihm etwas gesagt. Doch Mrs. Simms sagte, dass sie ihm mehrere SMS gesendet hatte. Sie konnte ja nicht wissen, dass ihr Schüler sein Handy daheim liegen gelassen hatte. Als er ihr das sagte, entschuldigte sie sich bei ihm. Sie hätte die Dreharbeiten an diesem Film verschieben müssen. Selma meinte jedoch, dass er großartig war und ein ordentliches Honorar erhalten würde. Mrs. Simms war sehr stolz auf Sunny und wollte gleich mit ihm zu seiner Mami fahren, mit der sie schon telefoniert hatte. Sunnys Müdigkeit war wie weggeblasen und er lief noch einmal durch das hölzerne Dorf. Selma zeigte ihm, dass alles nur Kulisse war und dass absolut nichts echt war. Auch das Blut schmeckte irgendwie nach Himbeersaft. Die Darsteller kamen nun ebenfalls dazu und gratulierten Sunny zu dem erfolgreichen Dreh. Sie meinten, dass er ganz sicher noch viele andere Angebote für weitere Filme erhalten würde. Und Selma, die sich als Regisseurin entpuppte, klopfte Sunny vertrauensvoll auf die Schultern. „Jetzt fahr heim und schlaf erst einmal!“, sagte sie dann und Mrs. Simms holte den Wagenschlüssel aus ihrer Tasche. Zusammen mit ihrem besten Schüler fuhr sie los und lieferte den Jungen bei seiner Mami ab. Die hatte längst erfahren, wie gut er war. Und sie war sehr stolz, denn nun war Sunny auch ein großer Filmstar geworden. Todmüde legte er sich in sein Bettchen und schlief auch sofort ein. Am nächsten Morgen wurde er wie ein Superstar in der Schule empfangen. Alle wollten wissen, wie die Dreharbeiten für diesen neuen Film abgelaufen seien. Sunny berichtete von dem verlassenen Dorf und den Holzhütten, die ja allesamt nur Kulissen waren. Er erzählte von den blutrünstigen Monstern und von dem Meteorit, der angeblich das Dorf unter sich begraben hatte. Und er war der Held, der den Fluch vom Dorfe nahm und die Menschen rettete. Allerdings wurde das erst noch gedreht… ohne ihn. Denn man brauchte seine Anwesenheit nicht mehr, konnte mit vielen Tricks arbeiten. Als der Film fertig war, wurde er natürlich ein Riesenerfolg in Hollywood. Alle wollten Sunny sehen, der ja schon zwei Hollywoodsterne auf dem Walk-of-Fame besaß. Nun war er wieder einmal der Allergrößte und alle liebten ihn. Ja, man schlug ihn sogar für einen dritten Hollywoodstern vor. Sunny weinte vor Freude und seine Mami schaute ganz stolz die Nachrichtensendung an, in welcher ihr kleiner Sohn geehrt wurde. Ja, sie hatte schon einen sehr begabten Sohn. Und immer, wenn sie an den riesigen Plakaten vorüberlief und ihren Sunny dort auf seine wunderschöne Stadt Hollywood schauen sah, erfüllte sie das mit tiefster Freude. Und ihm zu Ehren schrieb sie einen wunderschönen Song, der ebenfalls in den Film eingebaut wurde.

Ach mein lieber kleiner Sohn Bist nun Filmstar, hast Erfolg Ich bin stolz, was für ein Lohn Bist mein lieber kleiner Sohn Bist für mich ein Schatz aus Gold

Als Sunny eines Tages zusammen mit seiner lieben Mami auf der Terrasse des kleinen Hauses saß, brachte man gerade mal wieder eine neue Meldung in den Nachrichten. Der Sprecher im Radio meinte, dass man in den Hollywood Hills ein verlassenes Dorf entdeckt hätte. Angeblich hätte man Dutzende menschliche Knochen dort finden können. Das Dorf nannte sich „Das Dorf der toten Seelen“ und wurde einst von einem Meteoriteneinschlag total zerstört…

Funkspruch aus dem Jenseits

Der kleine Sunny aus Hollywood hatte ein Funkgerät zum Geburtstag geschenkt bekommen. Und natürlich musste er es sofort ausprobieren. Seine Mami meinte, dass er sich ruhig Zeit damit lassen könnte, doch Sunny war schon aus dem Haus gerannt und stellte sich unmittelbar vor Mrs. Simms Grundstück, um seine Mami daheim anzufunken. Die Mami spielte selbstverständlich mit, denn sie sie wollte ja ihren kleinen Sohn glücklich sehen. Und das Funkgerät funktionierte wunderbar. Es reichte sogar bis zur Schule und Mrs. Simms erlaubte Sunny ausnahmsweise, das Funkgerät mitzubringen. In jeder Pause stand er mit seinem Freund Joe auf dem Schulhof und testete das neue Funkgerät. Plötzlich rauschte das Gerät sehr laut und eine leise Stimme, die unmöglich von Joe herrühren konnte, meldete sich: „Hallo… ich bin Urian… und ich kann Euch hören… ich bin ganz in Eurer Nähe.“ Sunny schaute sich um. Er kannte keinen Schüler, der solch einen ausgefallenen Namen trug. Auch Joe war ein solcher Schüler nicht bekannt. Sunny fragte den fremden Schüler, wo er sich befände. Doch es rauschte nur und der mysteriöse Gesprächspartner meldete sich nicht mehr. Im Unterricht erkundigte sich Sunny bei Mrs. Simms, ob die vielleicht von einem Schüler namens Urian wusste. Doch auch sie schüttelte nur ungläubig mit dem Kopf. Einen solchen Schüler gab es an der Schule nicht. Am Nachmittag fuhren die beiden Jungen mit ihren Rädern durch die Hollywood Hills. Sie wollten möglichst weit nach oben, um auf diese Weise eventuell viele Menschen anfunken zu können. Doch als sie sich ins Gras setzten und Sunny seine Funksprüche losließ, antwortete nur das altbekannte Rauschen. Er versuchte es auf allen möglichen Kanälen und Frequenzen, aber er hatte keinen Erfolg. Lediglich seine Mami meldete sich und meinte, dass sie bereits das Abendessen fertig hätte. Die beiden Jungen waren sehr traurig und wollten wieder heimfahren. Da meldete sich das Funkgerät und der mysteriöse Urian war