Sunny of Hollywood - Nick Living - E-Book

Sunny of Hollywood E-Book

Nick Living

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Beschreibung

Kennt ihr den kleinen, ziemlich erwachsenen Sunny aus dem sonnigen Hollywood? Immer noch nicht? Aber dann solltet ihr schnellstens dieses Buch lesen. Denn die spannendsten und verrücktesten Abenteuer gibt es nur hier. Alles fängt mit einer total irren Reise an und endet eigentlich nie. Es sind unendliche Geschichten und wenn ihr es wollt, gibt’s bald noch viel mehr davon. Also dann: Auf nach Hollywood und die Gegend kennenlernen, vielleicht noch etwas lernen, aber nichts allzu ernst nehmen! Sunny wartet auf euch und geht mit euch überallhin, wo es Abenteuer gibt!

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Sunny und die Taxifahrt…

Sunny und der Wettkampf

Sunny und der Ort des Grauens

Sunny und der Funkspruch…

Sunny und die Maus vom Leland Way

Sunny und die Uhr

Sunny im Schnee

Sunny und der Geist…

Sunnys Idee

Sunny will fliegen

Sunny und das Licht der Sterne

Sunny und das Himmelsgeschenk

Sunny – Nur ein Stückchen Stoff?

Sunny und der seltsame Pfarrer

Sunny und die weiße Frau von…

Sunnys Erfindung

Sunny und der Krater vom…

Sunny und der König von…

Sunny und der rote Roller

Sunny und der Präsident

Sunny im Magic Castle

Sunny und das Geheimnis vom…

Sunny und der Geisterjäger

Sunny und das Kinderheim… 1

Sunny und das Kinderheim… 2

Sunnys rettende Hollywoodsterne

Sunny und der Traum der Mrs. Snow

Sunny und der Geistersee von…

Sunny und der fliegende Teppich

Sunny und die Flaschenpost

Sunny in Nashville

Sunny und der Weihnachtsstern von…

Sunny und das Geheimnis des…

Sunny und der Weihnachtsdoktor

Sunny und die Taxifahrt nach San José

Sunny war auf dem Schulweg, als es plötzlich laut krachte. Zuerst dachte er, es hätte einen Unfall gegeben, doch dann sah er die Bescherung. Die Kette seines Fahrrades war gerissen und nun konnte er nicht mehr weiterfahren. Der Weg war noch lang und es wollte einfach niemand anhalten, um ihn mitzunehmen. Es war auch kein Wunder, denn um diese Zeit hatten es alle Leute ziemlich eilig, rechtzeitig zu ihrer Arbeit zu kommen. So trottete der arme Sunny die Straße entlang und musste überdies sein defektes Fahrrad schieben. Plötzlich quietschten laut die Bremsen eines Fahrzeuges hinter ihm. Erschrocken fuhr Sunny herum, weil er dachte, er würde einen Autofahrer behindern. Doch es war nur ein Taxi, welches hinter ihm hielt. Der Fahrer hupte laut und rief Sunny zu, er möge doch warten. Und Sunny wartete, denn mittlerweile war ihm schon egal, wie lange er noch bis zur Schule brauchte, er käme ja sowieso zu spät. Der Taxifahrer jedoch bot ihm an, ihn ein Stück mitzunehmen. Natürlich kam das dem kleinen Jungen gerade recht. Während der freundliche Taxifahrer das Fahrrad ins Auto bugsierte, setzte sich Sunny erleichtert auf den Beifahrersitz und wartete. Dass er so bequem zur Schule fahren konnte, hätte er sich wirklich nicht träumen lassen. Da würden die anderen sicher staunen. Der Taxifahrer setzte sich ans Steuer und fragte Sunny, wohin er wollte. Sunny überlegte einen kurzen Moment, wäre wohl viel lieber irgendwo anders hingefahren, doch mit gesenktem Kopf meinte er dann, dass er zur Schule müsste, und das ziemlich fix. Der Taxifahrer lachte und drückte gehörig auf das Gaspedal. Sunny hingegen drückte es in die weichen Lederpolster und mit quietschenden Reifen düste das Fahrzeug davon. Unterwegs flog die Landschaft an Sunny vorüber und er träumte von einem neuen Abenteuer. Gleich jedoch wäre der Traum zu Ende, nämlich dann, wenn er auf dem Schulhof aus dem Fahrzeug stieg. Plötzlich geschah etwas Merkwürdiges: der Taxifahrer lächelte gar nicht mehr, er verwandelte sich vor dem total verblüfften Sunny in einen schwarz gekleideten, streng dreinschauenden Mann, der mehrere Goldketten um seinen Hals geschlungen hatte. Auch das Taxi sah nicht mehr aus wie ein Taxi. Die Scheiben begannen ihre Farbe zu wechseln, sie wurden pechschwarz und man konnte nicht mehr viel von der schönen Landschaft draußen erkennen. Sunny verschlug es die Sprache – was ging hier nur vor? Als er sich wieder ein wenig gefasst hatte und einmal kräftig durchatmete, fragte er den fremden Mann, was das alles zu bedeuten hatte. Doch der brummte nur vor sich hin und es hörte sich beinahe so an, wie: „Wirst Du schon sehen Junge!“ Die Landschaft draußen flog an ihnen vorüber, während es Sunny immer unheimlicher zumute wurde. Plötzlich verlangsamte sich die Schussfahrt wieder und über einen Kieselsteinweg bogen sie in einen wunderschönen Garten. Überall standen bunte Blumen und vor dem Fahrzeug erhob sich ein seltsames Haus. Es hatte viele Türmchen und unheimlich viele Fenster. Außerdem ragten Dutzende Schornsteine in den Himmel und alles sah irgendwie gruselig aus. Der Fahrer stieg aus und öffnete Sunny die Tür. Dabei brummte er: „Wir sind da. Gleich wirst Du abgeholt, bitte warte hier!“ Sunny tat es, wie ihm der Fahrer geheißen hatte und er setzte sich auf eine Hollywoodschaukel, die einsam auf der Wiese stand. Der Fahrer schwang sich in seine schwarze Limousine und düste davon. Es dauerte auch gar nicht mehr lange, da erschien eine schwarz gekleidete ältere Dame. Sie lächelte, sah aber irgendwie sehr traurig aus. Als sie Sunny auf der Hollywoodschaukel erblickte, rief sie schon von weitem: „Das ist aber schön, dass Du mich besuchen kommst. Ich brauche Deinen Rat, und weil Du so bekannt in Hollywood bist, habe ich Dich herbringen lassen. Ich bin Sarah und wer bist Du?“

Sunny stellte sich ebenfalls vor und wunderte sich sehr, dass die alte Dame so nett zu ihm war. Eigentlich wollte er ja gar nicht hierher, aber wenn er schon mal da war und die fremde Frau, da vor ihm auch so lieb war, konnte er ruhig noch ein bisschen bleiben. Er sprang von der Hollywoodschaukel und Sarah streichelte ihm übers Haar. Dann sagte sie: „Komm, wie müssen nun in den Keller.“

Sunny konnte sich noch immer nicht vorstellen, was das zu bedeuten hatte. Aber er folgte Sarah in das merkwürdige Haus. „Willkommen in meinem Reich!“, rief Sarah plötzlich und klatschte in die Hände. Da erschien ein Butler in der Tür und trug ein silbernes Tablett mit zwei wunderschön bemalten Porzellantassen auf der Hand. „Möchtest Du einen Tee?“, erkundigte sich Sarah bei Sunny. Der hatte gar nichts dagegen einzuwenden und der Butler reichte ihm eine der Tassen. Der Tee schmeckte köstlich, und weil ihm die Tasse zu heiß war, stellte er sie schnell wieder auf das Tablett zurück. Sarah musste grinsen, solch einen kecken Jungen hatte sie wohl schon lange nicht mehr in diesem seltsamen Hause zu Gast. Schließlich meinte sie, dass sie nun in den Keller gehen sollten. Brav folgte Sunny der geheimnisvollen Dame, denn er kannte sich ja in diesem Haus nicht aus. Durch eine seltsame Tür gelangten sie nach unten. Es war stockdunkel in den modrigen Kellergängen und Sarah meinte, dass sie nun auf dem Weg in den Abgrund seien. Sunny war es wahrlich gar nicht mehr wohl bei dem Gedanken, möglicherweise gleich in der Hölle zu landen. Plötzlich standen sie erneut vor einer Tür. „Hinter dieser Tür treibt ein böser Unhold sein Unwesen“, tuschelte Sarah, „Ich habe große Angst vor ihm.“ Vorsichtig öffnete sie die hölzerne Tür und dahinter sah es noch schauriger aus, als es sich Sunny bereits versuchte vorzustellen. Überall hingen Spinnweben und es war eisig kalt. Sunny schüttelte es und Sarah nahm ihren Schleier, um ihn Sunny über die Schultern zu legen. An den Seiten des feuchten Ganges steckten Fackeln, die ein düsteres Licht verbreiteten. Aber immerhin sah man noch, wohin man trat. Schließlich rückte Sarah mit der ganzen Wahrheit heraus. „Der Unhold hat meine Seele gestohlen und nun weiß ich nicht mehr, wer ich wirklich bin. Nur meinen Namen weiß ich noch.“

Sunny hatte alles Mögliche erwartet, nur das nicht. Wie sollte er dieser Sarah nur behilflich sein? Ihre Seele konnte er doch unmöglich finden. Doch zur Beantwortung dieser Frage blieb keine Zeit, denn hinter einem Felsenvorsprung lauerte bereits das Böse; in einer großen Felsengrotte lauerte bereits der Unhold, der eher einem Grizzlybär mit einer riesigen Schnauze glich. Zähnefletschend hockte er am Tisch und trank etwas aus einem großen silbernen Becher. Als er die beiden Eindringlinge erblickte, wurde er furchtbar zornig und brüllte: „Ha! Dass Ihr Euch überhaupt hier hereinwagt! Ich werde Euch zeigen, wer hier das Sagen hat!“

Damit holte er aus und Sunny glaubte schon, der Unhold wollte ihn und Sarah vernichten. Doch er stieß lediglich einen unverständlichen Zauberspruch aus. Allerdings spürte Sunny plötzlich eine seltsame Starre in seinen Beinen und ihm wurde klar, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. Genauso erging es auch Sarah. So sehr sich die beiden auch anstrengten, sie bekamen keinen Fuß mehr vor den anderen. Sarah, die so etwas wohl schon erwartet hatte, meinte, dass dies der Unhold andauernd mit ihr treiben würde. Und sie konnte nichts tun, denn er hatte ja ihre Seele. Sunny wusste, dass er dringend etwas tun musste. Doch als der Unhold zwischen den Felsenwänden verschwand, standen die beiden ganz allein in diesem eisigkalten Raum und froren. Irgendwie schien es beinahe, als sei Sunnys letztes Stündlein angebrochen. Und er dachte an seine liebe Mami, seinen Papa im Himmel und seine allerbeste Lehrerin Mrs. Simms, die nun vergeblich auf ihn in der Schule wartete. Er musste sich unbedingt etwas einfallen lassen. Doch die Kälte in diesem Felsenraum wurde immer unerträglicher. Möglicherweise wollte der Unhold nun auch seine Seele holen. Sunny zitterte derart, dass irgendetwas aus seiner Hosentasche purzelte. Klimpernd fiel es auf den felsigen Boden und Sunny sah erfreut, dass es sein kleiner Schlüsselanhänger war. Der Schlüsselanhänger war eine exakte Nachbildung eines seiner Hollywoodsterne und Sunny liebte ihn sehr. Der Hollywoodstern lag auf dem Boden und fror wohl genau so entsetzlich wie Sunny. Doch plötzlich fuhr ein greller Lichtstrahl aus der Höhlendecke auf den Stern herab. Und augenblicklich wurde es wärmer. Auch die vermeintliche Lähmung ließ nach und ganz langsam begann Sunny, seine Füße wieder zu bewegen. Auch Sarah, die dieses eigenartige Schauspiel mit angesehen hatte, konnte sich wieder bewegen. Staunend schaute sie zu dem kleinen Hollywoodstern auf dem Boden und sah das wundersame Licht, welches aus der Höhlendecke fiel. Wo kam das nur her? Sie fragte Sunny danach, doch der wusste es auch nicht. Aber war das nicht vollkommen egal? Wichtig war doch nur, dass sie wieder laufen konnten. Und es war warm genug, um den Unhold zu suchen. Sunny hob den Hollywoodstern auf und steckte ihn in seine Hosentasche zurück. Auch das Licht verschwand und die beiden schauten sich in der Höhle um. Plötzlich erschien der Unhold vor ihnen und sah noch furchterregender aus als eben noch. Sunny erschrak fürchterlich, denn der Unhold baute sich bedrohlich vor ihm auf. Dann schrie er aus vollem Halse: „Jetzt hole ich auch Deine Seele! Warts nur ab, gleich gehörst Du mir!“

Sunny hatte endgültig genug. Er stellte sich dem riesigen Unhold in den Weg und rief: „Niemals werde ich Dir gehören. Denn ich bin Sunny aus Hollywood und das hier ist einer meiner Hollywoodsterne!“

Mit diesen Worten holte er den kleinen Stern aus der Hosentasche und streckte ihn dem Unhold mutig entgegen. Der wollte schon laut loslachen, doch da fuhr erneut der grelle Lichtstrahl aus der Höhlendecke auf den Hollywoodstern herab. Der begann hell zu erstrahlen und funkelte wie ein kostbarer Edelstein im Sonnenlicht. Es wurde unerträglich heiß und der Unhold hielt sich schützend eine seiner riesigen Pranken vors Gesicht. Sarah hatte sich ängstlich an die Felsenwand gedrückt und glaubte nicht, was sie da sah. Das Licht des kleinen Hollywoodsternes fuhr zischend auf den Unhold nieder und verbrannte ihm die Augen. Nun konnte er nichts mehr sehen und er irrte ziellos in der Höhle umher. Doch dann fuhr das magische Licht in sein Herz, oder in das, was sich an dieser Stelle befand. Der Unhold schrie laut auf und fiel zu Boden. Plötzlich entwich etwas, das aussah wie ein winzig kleines Engelchen, dem leblosen Leib des Unholdes und flog geradewegs auf Sarah zu. Dort verschwand es und Sarah löste sich von der schroffen Felswand. Freudestrahlend kam sie auf Sunny zu und rief in einem fort: „Meine Seele… sie ist wieder da… ich weiß wieder, wer ich bin… was für ein Wunder!“ Und sie umarmte den kleinen Sunny, der noch immer seinen wunderschönen Hollywoodstern hoch in die Luft reckte. Und noch immer fiel das strahlend helle Licht in die sonst so triste kalte Felsenhöhle. Es verbreitete sich im ganzen Raum und erfasste bald das gesamte Haus. Da öffneten sich alle verschlossenen Türen und die dunklen Kellerhöhlen verwandelten sich in helle, schillernde Schatzkammern, in denen es weder das Böse noch die eisige Kälte gab. Die beiden liefen aus dem Kellergelass in das Haus zurück und nun erblickte Sunny all die vielen wundersamen Räume, die er bis dahin noch nicht sehen konnte, weil es ja so dunkel und kalt war. Sarah war überglücklich und sagte, dass sie dieses Haus selbst eingerichtet hatte. Und sie erzählte dem kleinen Jungen von all den vielen Wundern, die sie in diesem Hause untergebracht hatte. Dann zeigte sie Sunny ein Gewehr. „Schau“, meinte sie, „Das ist eine echte Winchester. Sie ist sehr berühmt geworden – über all diese verrückten Zeiten.“ Natürlich hatte Sunny schon so viel über die Winchester gehört und er kannte ja auch all die vielen Hollywoodfilme, in der die Winchester mit dabei war. Die beiden durchstreiften das ganze Haus und Sunny sah die tausend Fenster, welche er schon von draußen bestaunt hatte. Er sah eine komische Treppe, auf der man über sieben Stufen nach unten, aber auf elf Stufen wieder nach oben gelangte. Und er erblickte schließlich jene Tür, die in den Abgrund führte und vor der Sarah solch eine Angst hatte. Doch nun gab es keinen Abgrund mehr. Sunny hatte mit seinem Hollywoodstern dafür gesorgt, dass eine riesige Schatzkammer hinter dieser geheimnisvollen Türe war. Und Sarah war so glücklich wie wohl seit Jahren nicht mehr. Denn dieser Schatz war nichts anderes, als der schon verschollen geglaubte Familienschatz der Familie. Sie bedankte sich bei Sunny und schenkte ihm die Miniaturnachbildung einer echten Winchester. Sie bestand aus purem Gold und sollte Sunny immer Glück bringen. Dann verabschiedeten sich die beiden und Sarah hatte dicke Tränen in ihren Augen. Sie hatte Mühe, ihre Trauer, den kleinen Jungen wieder fortgehen zu lassen, zu verbergen. Doch es musste sein, denn Sunny musste endlich in die Schule. Draußen im Garten wartete schon das Taxi auf Sunny. Doch wie seltsam- es war nicht mehr schwarz. Es war blütenweiß und selbst der Taxifahrer trug eine strahlend weiße Uniform. Er verneigte sich höflich vor Sunny und öffnete ihm die Wagentür. Sunny ließ sich in die weichen Ledersitze fallen und Sarah stand zwischen all den vielen wunderschönen Blumen und winkte ihm weinend zu. Dann setzte sich der Wagen in Bewegung und schnell verschwand das seltsame Haus in der Ferne. Es dauerte nicht lange, da hielt das weiße Taxi in einer Seitenstraße, gleich neben Sunnys Schule. Der Fahrer öffnete ihm wieder die Tür und wünschte dem kleinen mutigen Jungen alles erdenklich Gute. Dann lief Sunny fröhlich in die Schule und das Taxi fuhr davon. Mrs. Simms hingegen war gar nicht erfreut, dass Sunny zu spät zum Unterricht kam. Doch als er ihr seine merkwürdige Geschichte erzählte, musste sie doch wieder lachen. Sie wusste ja, dass ihr bester Schüler stets eine wirklich gute Ausrede parat hatte. Und weil ohnehin bald wieder Ferien waren, schimpfte sie auch nicht mehr. Als Sunny seine Miniatur-Winchester auf den Tisch legte, staunte sie. Neugierig betrachtete sie sich das kleine Schmuckstück und sagte dann: „Hier, hast Du´s schon gesehen? Hier steht etwas.“ Und als Sunny genau hinschaute, konnte auch er es lesen. Auf dem Miniaturgewehr stand geschrieben: „Für Sunny. In Liebe, Sarah Winchester.“

Und als Sunny mehr über die sagenumwobene Sarah Winchester erfahren wollte, holte Mrs. Simms ein altes Lexikon aus dem Bücherregal. Was Sunny dann auf den Seiten des Buches erblickte, verschlug ihm wieder einmal gehörig die Sprache. Denn die vermeintliche Sarah war niemand anderes als die Ehefrau des Gewehrfabrikanten William Winchester aus San Jose/Kalifornien. Und das seltsame Haus gab es ebenfalls, es befand sich auch in San Jose und war das berühmte „Winchester-Mystery-House“, in welchem Sarah viele unheimliche Kuriositäten einbauen ließ, bis zu ihrem Tode am 5. September 1922…

Sunny und der Wettkampf

Mrs. Simms hatte einen Schulwettbewerb organisiert. Es handelte sich um einen Wettlauf durch die Hollywood Hills. Dabei ging es lediglich darum, wer als Erster ins Ziel kam, auf welche Weise auch immer. Die Strecke wurde von Mrs. Simms Haus bis zu ihrem Lieblingsplatz auf einer Lichtung festgesetzt. Und natürlich sollte danach in der Schülerzeitung berichtet werden. Sunny und Joe hatten sich fest vorgenommen, die Ersten zu sein, und Sunnys Mami glaubte ganz fest an ihren kleinen Sohn. Am Tag des Wettkampfes brannte die Sonne heiß vom Himmel herab und es wurde immer schwüler. Die Schüler waren schon vor Beginn des Wettlaufes ziemlich k.o. und Mrs. Simms wurde mehrfach gebeten, den Wettkampf besser nicht durchzuführen. Doch sie ließ sich nicht umstimmen und so standen die Schüler schließlich in einer Linie vor einem weißen Kreidestrich, gleich neben Mrs. Simms Garage und warteten auf den Startschuss. Mrs. Simms hatte sich eigens dafür eine Schreckschusspistole ausgeliehen und stand nun mit ernster Miene vor den Schülern. Der Schuss erschallte und die Kinder liefen los. Jeder hatte eine Baseballmütze auf dem Kopf und mehrere kleine Wasserflaschen in der Gürteltasche. Noch viel mehr konnten sie nicht mitnehmen, denn es bestand die Gefahr, dass sie zu schwer tragen müssten und das Ziel nicht erreichten. Der Lauf führte über Stock und Stein und obendrein auch noch bergauf. Erst zwischen den Bäumen wurde die Hitze ein klein wenig erträglicher. Sunny und Joe hielten sich tapfer an der ersten Stelle und es sah wirklich so aus, als würden sie als Erste das Ziel erreichen. Plötzlich aber fühlte sich Joe nicht sehr wohl. Offenbar machte ihm die Hitze arg zu schaffen und ihm wurde übel. Außerdem blieb ihm die Luft weg, er stolperte und fiel der Länge nach in das hohe Gras. Doch das war noch nicht alles. Unter dem Gras befand sich ein alter Stollen. Die morsche hölzerne Abdeckung gab unter Joes Aufprall plötzlich nach und er fiel in ein metertiefes dunkles Loch. Sunny, der mit sich selbst zu kämpfen hatte, bemerkte Joes Verschwinden erst ziemlich spät. Und er wunderte sich, dass sein Freund gar nicht mehr hinter ihm herlief. Wo konnte er nur sein? Er blieb stehen und schaute sich um. Zwischen den Bäumen konnte er ihn nicht sehen. Er musste zurücklaufen, um nach ihm zu suchen. In der Zwischenzeit bemerkte er, wie ihn die anderen Schüler überholten. Einer nach dem anderen lief den schmalen Weg zwischen den Bäumen an ihm vorüber. Aber wo blieb Joe? Sunny suchte die Wiesen ab und schließlich hörte er ein leises Rufen. War das Joe und woher kam das nur? Sunny ging der Stimme nach und entdeckte schließlich das Loch in der Wiese. Unten lag Joe und konnte sich nicht mehr rühren. Als er Sunny oben erblickte, rief er ihm zu, dass er schnellstens Hilfe holen sollte. Doch dafür schien es schon zu spät zu sein. Aus einem dicken Rohr über Joe lief Wasser ins Loch. Joe, der nicht aufstehen konnte, lag bereits zur Hälfte im Wasser und es schien, als ob das Wasser immer schneller aus dem Rohr floss. Nun war Eile geboten! Aber wie sollte Sunny dort hinunterkommen? Die anderen Schüler hatten ihn längst überholt, und bis er mit irgendjemandem hierher zurückkehrte, wäre Joe längst ertrunken. Nein, es musste eine andere Lösung geben! Er sah die Bäume, die neben dem Loch standen, und hatte eine Idee. Vielleicht könnte er seine Kleider zerreißen und an den Baum binden. Wenn das ausreichte, könnte er mit seiner eigenen Körperlänge eventuell zu Joe hinunter langen. Joe müsste sich dazu jedoch an seinen Händen festhalten. Und wer würde sie dann aus dem Loch ziehen? Sunny rief nach Joe, doch er erhielt keine Antwort mehr. Sein Freund lag leblos im Wasser und hatte offenbar das Bewusstsein verloren. Unterdessen wurde die Hitze immer unerträglicher. Sunny nahm seine letzte Wasserflasche und trank einen ordentlichen Schluck. Er musste sehr stark sein, denn er durfte nicht auch noch ohnmächtig werden. Schnell zog er sich seine Kleider bis auf die Badehose aus und knotete sie zusammen. Dann band er das eine Ende um den Baum und hielt sich am anderen Ende fest. Vorsichtig versuchte er, sich in das Loch abzuseilen. Doch er kam nicht weit. Auf halber Höhe war Schluss und er musste einsehen, dass er seinem Freund auf diese Weise nicht helfen konnte. Mit letzter Kraft zog er sich wieder nach oben und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Plötzlich bemerkte er eine fremde Frau, die neben dem Baum stand. Sie schaute sehr besorgt und sagte dann: „Was ist passiert? Kann ich Dir helfen?“ Sunny, der noch immer nach Luft schnappte, röchelte, dass sein Freund Joe in das Loch gestürzt sei und dringend Hilfe brauchte, damit er nicht im Wasser ertrank. Die Fremde schaute in das Loch und erschrak fürchterlich, als sie Joe so leblos im Wasser sah. Denn in der Zwischenzeit war Joe bis auf seinen Kopf im Wasser verschwunden. Nun musste es wirklich sehr schnell gehen. Die Fremde hatte seltsamerweise ein langes dickes Seil dabei. Das band sie um den Baumstamm und dann um Sunnys Leib. Schließlich erklärte sie Sunny, dass der sich nun vorsichtig abseilen sollte und dann Joe ganz festhalten möge. Sie würde dann alle beiden heraufziehen. Sunny zweifelte daran, dass die Frau so viel Kraft besaß, um die beiden Jungen heraufzuziehen. Aber jede Idee war besser, als gar nichts zu tun! Und so seilte er sich schleunigst nach unten. Gerade schwappte das Wasser über Joes Mund, da packte Sunny seinen Freund am Kragen. Gleichzeitig zog die Fremde an dem Seil und schaffte es tatsächlich in letzter Sekunde, alle beiden Jungen nach oben zu hieven. Sunny half ein wenig dabei, stemmte sich am Rand des Loches immer ein wenig weiter nach oben. Als die beiden endlich oben waren, holte die Fremde sogar noch eine große Flasche mit kühlem Wasser aus ihrer Tasche, die am Baum lehnte. Das flößte sie Joe ein und streichelte ihm sachte übers Haar. Sunny bemerkte, dass sie Tränen in ihren Augen hatte und er wollte sie trösten. Doch schnell sagte sie: „Ist nicht so schlimm. Es geht schon! Hauptsache ist doch, Ihr beiden seid wohlauf. Ich muss nun gehen. Bring Joe schnellstens zum Arzt. Am besten mit meinem Fahrrad, welches dort am Baume lehnt.“

Sunny entdeckte ihr Fahrrad, welches ihm bis dahin gar nicht aufgefallen war. Er fand das alles sehr seltsam, musste sich aber unbedingt um seinen Freund kümmern. Die Fremde verschwand zwischen den Bäumen und Sunny half dem wieder zur Besinnung gekommenen Joe auf die Beine. Die beiden schafften es gerade so bis zum Fahrrad am Baum. Sunny verfrachte den herumtorkelnden Joe auf den Gepäckträger und band mit dem Seil dessen Arme um sich. Dann fuhr er so schnell es möglich war in die Stadt hinunter. Er brachte Joe zu Dr. Miller, bei dem er selbst oft war. Der kümmerte sich sofort um Joe und auch um Sunny, denn der war ebenfalls längst am Ende seiner Kräfte. Als die beiden wieder zu sich kamen, schauten sie sich verwundert an. Sie hatten den Schülerwettlauf zwar verloren, doch sie lebten und nur das zählte! Die Mami holte beide beim Arzt ab und Joes Papa, der mit ihr gefahren war, nahm seinen Sohn erst einmal in die Arme. Auch die Mami musste weinen, als sie ihren Sohn an ihr Herz drückte. Dass Mrs. Simms so fahrlässig war und diesen unseligen Wettlauf überhaupt durchgeführt hatte, keiner konnte das verstehen. Und glücklicherweise war auch keinem etwas passiert, obwohl es so heiß war. Am Tag der Siegerehrung verhielt sich Mrs. Simms ganz seltsam. Schuldbewusst und mit gesenktem Kopf entschuldigte sie sich bei den Schülern und bei deren Eltern. Das hatte sie nun wirklich nicht gewollt. Sie versprach, allen Schülern eine Urkunde auszuhändigen, die sie bereits auf einem großen Tisch neben dem Mikrofon deponiert hatte. Auch eine merkwürdige Schatulle lag auf dem Tisch. Mrs. Simms nahm die Schatulle und rief Sunny als Ersten nach vorn. Mit verkniffener Miene heftete sie Sunny eine Ehrennadel an die Brust und sagte dann: „Diese Auszeichnung ist für unseren tapferen Sunny, der Joe, der heute leider nicht hier sein kann, das Leben gerettet hat.“

Sunny jedoch konnte nicht lachen. Eine Weile schaute er in die Menge und nahm dann die Ehrennadel wieder ab. Er legte sie auf den Tisch zurück und sagte mit verhaltener Stimme: „Ich kann diese Auszeichnung nicht annehmen, denn alle Schüler waren mutig und haben diese Auszeichnung verdient. Am meisten aber danke ich der fremden Frau, die mir geholfen hatte, Joe aus dem tiefen Loch zu bergen. Da, da hinten steht sie, vielen Dank!“ Sunny zeigte auf eine Frau, die einsam und allein neben dem Schulgebäude stand. Sie hatte wieder Tränen in den Augen und winkte Sunny traurig zu. Dann verschwand sie, und als sich alle umschauten, um nach der Fremden zu sehen, war sie längst fort. Sunny verstand nicht, warum sie nicht nach vorn gekommen war. Aber er fand sich damit ab und freute sich, dass es Joe von Tag zu Tag immer besser ging. Als er Joe an diesem Tag daheim besuchte, ging es dem schon wieder so gut, dass er aufstehen konnte. Er lief im Zimmer umher und die beiden Jungen unterhielten sich angeregt über diesen verhängnisvollen Wettlauf. Sunny erzählte ihm, wie er ihn aus dem Loch ziehen wollte und wie ganz plötzlich diese fremde Frau erschien. Er berichtete Joe, wie er ihn aufs Fahrrad gepackt hatte und zum Arzt fuhr. Joe konnte sich an gar nichts mehr erinnern. Und er war einfach nur froh, dass er einen solch guten und zuverlässigen Freund hatte. Zusammen blätterten sie in den Fotoalben, die Joe aus dem Regal holte. Er wollte Sunny zeigen, dass er mal bei den Pfadfindern war und schon viele andere gerettet hatte. Plötzlich rief Sunny: „Halt, warte mal, da war etwas!“

Joe wusste nicht, was Sunny gemeint hatte und schaute ihn verständnislos an. Doch Sunny blätterte noch einmal zurück. Denn er hatte die fremde Frau entdeckt, die ihm so sehr geholfen hatte. „Sag mal Joe, kennst Du diese Frau? Das ist nämlich die Frau, die Dir das Leben gerettet hat.“

Joe betrachtete sich das Foto und plötzlich schoss es wie ein Blitz durch seinen Körper. Er hatte Tränen in den Augen und sagte dann: „Das kann gar nicht sein Sunny, diese Frau da auf dem Bild ist meine liebe Mutter, die vor vielen Jahren schon gestorben ist…“

Sunny und der Ort des Grauens

Die Luft war voller Geheimnisse und ausgerechnet Mrs. Simms, die sonst so mitteilungsbedürftig erschien, hüllte sich in tiefstes Schweigen. Der kleine Sunny aus Hollywood verstand das nicht und radelte deswegen oft allein durch die Hollywood Hills. Auch an diesem einen Tage war das so. Andauernd grinste Mrs. Simms, was sie sonst eher selten tat, und wenn sie Sunny daraufhin ansprach, verschwand sie schnell und schrieb neue Aufgaben an die Tafel. Was war da nur los? Gleich nach der Schule schwang sich Sunny auf sein Rad und fuhr los. Diesmal schlug er eine neue Route ein, die er bisher noch nicht gefahren war. Vielleicht hätte er das lieber nicht tun sollen, jedenfalls hatte er sich schon nach kurzer Zeit verirrt. Vermutlich lag das daran, dass er ständig über seine Lehrerin nachdachte. Dennoch musste er den Weg nach Hause wiederfinden, um nicht in dieser einsamen Wildnis übernachten zu müssen. Dummerweise hatte er ausgerechnet an diesem Tage sein Handy daheim liegen lassen. So fuhr er eben erst einmal in die Richtung, aus welcher er gekommen war. Doch irgendwie schienen die Bäume hier noch dichter zusammenzustehen und plötzlich gelangte er auf eine Lichtung. Dort standen Dutzende kleine Holzhütten. Die Hütten waren ziemlich verfallen und niemand war zu sehen. Es sah aus, wie ein kleines verlassenes Dorf. Ein leises Rascheln drang an seine Ohren. Es kam aus den Büschen, die rund um das Hüttendorf standen. Sunny verspürte das dringende Bedürfnis, unbedingt weiter zu fahren. Aber er blieb dennoch stehen und schaute sich nach allen Seiten um. Ein leichter Wind frischte auf und verfing sich pfeifend zwischen den Holzbauten. Sunny war gar nicht wohl zumute, vielleicht wurde er längst beobachtet? Plötzlich stand eine Frau in zerlumpter Kleidung vor ihm. Sunny erschrak fürchterlich - wo kam sie nur her? Er hatte sie doch nirgends sehen können. Eigentlich wollte er sofort weiterfahren, doch irgendetwas hielt ihn fest an diesem Ort. Auf einmal zog ein sonderbares Gefühl durch seinen Leib. Ihm war plötzlich egal, was geschah. Er konnte es ja sowieso nicht mehr ändern. Außerdem senkte sich schon die Dämmerung über die Lichtung, und bis er heimkäme, würde es längst dunkel sein. Die fremde Frau kam näher und sprach leise: „Was suchst Du denn hier? Du solltest nicht so lange hier auf der Lichtung stehen bleiben. Das kann sehr gefährlich sein, denn es wird gleich dunkel und dann ist es zu spät. Also los, komm mit!“ Sunny wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Wieso drängte diese Frau so darauf, dass er mit ihr gehen sollte? Was wollte sie von ihm? Plötzlich blitzte es zwischen den Büschen. Sunny bekam Angst und folgte der Frau. Die tuschelte noch, dass sie Selma hieß und dass sie gleich in der rettenden Höhle sein würden. Sunny stellte sich ebenfalls vor und flüsterte: „Und ich bin Sunny. Aber wo gehen wir hin?“ Selma entgegnete: „In die kleine Höhle. Wir sind gleich da.“

Die beiden liefen bis zu einem hohen Felsen. Dort drückte Selma an merkwürdig geformten Steinen herum, bis sich die Felsen ein wenig beiseiteschoben und einen winzigen Spalt freigaben. Er war gerade so breit, dass die beiden hindurchpassten. Kaum hatte sich die Felsentür wieder geschlossen, atmete Selma hörbar auf. „Geschafft!“, meinte sie dann. „Weißt Du überhaupt, wo Du hier bist?“ Sunny schüttelte mit dem Kopf und erzählte Selma, dass er sich verfahren hatte. Dabei lehnte er sein Rad an die Felsenwand. Selma meinte mit unheimlichem Blick, dass dies das Dorf der toten Seelen sei und jeder, der sich hierher verirrte, schlechte Karten besäße. Sunny konnte sich das nicht vorstellen, aber Selma drückte wieder auf den leuchtenden Knöpfen herum. Augenblicklich senkten sich zwei große Bildschirme von der Decke herab. Sunny staunte, denn trotz des altertümlichen verfallenen Dorfes schien es in der Höhle eher fortschrittlich und modern zu zugehen. Auf einem der Bildschirme erschien die Lichtung mit dem hölzernen Dorf. Plötzlich schlichen Menschen umher, die lediglich mit Pelzen bekleidet waren. Sie irrten wie geistig abwesend auf dem Platz herum und schienen etwas zu suchen. „Siehst Du das?“, erkundigte sich Selma. Sunny nickte mit dem Kopf und Selma erzählte ihm, dass diese Leute auf der Lichtung lediglich die Seelen der Toten seien, die hier vor vielen Jahren umgekommen sind. Angeblich suchten sie nach Menschenfleisch, und wenn Sunny noch länger dort gestanden hätte, wäre sicherlich Schlimmeres geschehen. Sunny glaubte Selma kein einziges Wort. Aber als er wieder zum Bildschirm schaute, hatten die Leute dort draußen blutverschmierte Gesichter und irgendeinen Kadaver in den Händen. „Offenbar haben sie eine Katze oder ein anderes Tier finden können“, unkte Selma mit düsterer Stimme. Erschrocken beobachtete Sunny das grausige Geschehen auf dem Platz und meinte nur noch: „Das sind ja Kannibalen!“ Selma holte ein Mobiltelefon aus ihrer Jacke und sprach irgendetwas Unverständliches hinein. Dann widmete sie sich wieder ihrem Gast und erzählte ihm noch einige Schauergeschichten über dieses sonderbare Dorf: „Vor vielen Jahren schlug ein Meteorit an dieser Stelle ein und vernichtete die Ansiedlung. Daraufhin veränderten sich die Überlebenden und nahmen kannibalische Züge an. Sie fraßen sich schließlich gegenseitig auf und keiner, der sich hierher verirrte, kam je wieder fort von diesem grausigen Ort.“

Sunny konnte das beinahe nicht glauben, aber was er eben auf dem Bildschirm sehen musste, schien Selmas Ausführungen zu unterstützen. Allerdings war er einfach zu müde, um sich noch mehr mit diesen Dingen zu beschäftigen. Er wollte ins Bett und Selma schien das zu bemerken. Sie wollte ihm das Zimmer zeigen, in welchem er übernachten konnte. Sunny war erleichtert, dass er nicht mehr hinaus musste und die beiden liefen einen langen Gang entlang, wo sich mehrere Zimmer befanden. Schließlich führte ihn Selma in ein kleines spartanisch eingerichtetes Zimmer und wünschte dem kleinen Jungen eine gute Nacht. Sunny legte sich auf das Bettchen und wollte einschlafen, doch es gelang ihm nicht. Andauernd sah er diese furchtbaren Bestien da draußen und hoffte, dass sie nicht noch in die Höhle kamen. Was konnte diese Menschen nur so verändert haben, dass sie sich so abartig verhielten? Sollte er am nächsten Tag dieser Sache auf den Grund gehen oder doch viel lieber nach Hause radeln? Aber wo befand sich sein Zuhause überhaupt? Vielleicht konnte ihm ja Selma einen Tipp geben? Plötzlich vernahm er lautes Geschrei auf dem Gang vor seinem Zimmer. Was war da los? Waren die Bestien nun doch in die Höhle eingedrungen? Sollte er nachsehen? Er sprang aus seinem Bettchen und stellte sich an die Tür. Er hielt sie noch immer verschlossen, lauschte lediglich, was sich da draußen tat. Immer wieder hörte er die Worte: „Schnitt, Schnitt!“ Was hatte das zu bedeuten? Seine Neugierde steigerte sich Zusehens und irgendwann öffnete er die Tür. Doch was er dann sah, konnte er einfach nicht glauben und er erschrak fürchterlich. Vor ihm auf dem Gang stand seine Lehrerin Mrs. Simms und unterhielt sich mit einem jungen Mann. Auch Selma stand dabei und plötzlich erschienen die wilden Bestien, die er auf dem Bildschirm gesehen hatte. Doch die Leute nahmen keinerlei Notiz von ihm und verschwanden in einem der Zimmer auf dem Gang. Was ging hier nur vor? Selma sah irgendwie anders aus – sie hatte eine dunkle Hornbrille auf der Nase und trug einen dicken Notizblock in der Hand. Als Mrs. Simms ihren Schüler erblickte, kam sie freudestrahlend auf ihn zu. „Das hast Du großartig gemacht! Ich bin sehr stolz auf Dich!“, rief sie dann und Sunny wusste noch immer nicht, worum es ging. Selma, die das zu bemerken schien, erklärte es Sunny. „Wir drehen hier einen Horror-Film. Es gibt keine Drehbücher, alles geschieht so, wie es kommt. Und Du warst die Hauptperson. Aber, hat Dir Deine Lehrerin nichts gesagt?“ Sunny schüttelte den Kopf. Niemand hatte ihm etwas gesagt. Doch Mrs. Simms sagte, dass sie ihm mehrere SMS gesendet hatte. Sie konnte ja nicht wissen, dass ihr Schüler sein Handy daheim liegen gelassen hatte. Als er ihr das sagte, entschuldigte sie sich bei ihm. Sie hätte die Dreharbeiten an diesem Film verschieben müssen. Selma meinte jedoch, dass er großartig war und ein ordentliches Honorar erhalten würde. Mrs. Simms war sehr stolz auf Sunny und wollte gleich mit ihm zu seiner Mami fahren, mit der sie schon telefoniert hatte. Sunnys Müdigkeit war wie weggeblasen und er lief noch einmal durch das hölzerne Dorf. Selma zeigte ihm, dass alles nur Kulisse war und dass absolut nichts echt war. Auch das Blut schmeckte irgendwie nach Himbeersaft. Die Darsteller kamen nun ebenfalls dazu und gratulierten Sunny zu dem erfolgreichen Dreh. Sie meinten, dass er ganz sicher noch viele andere Angebote für weitere Filme erhalten würde. Und Selma, die sich als Regisseurin entpuppte, klopfte Sunny vertrauensvoll auf die Schultern. „Jetzt fahr heim und schlaf erst einmal!“, sagte sie dann und Mrs. Simms holte den Wagenschlüssel aus ihrer Tasche. Zusammen mit ihrem besten Schüler fuhr sie los und lieferte den Jungen bei seiner Mami ab. Die hatte längst erfahren, wie gut er war. Und sie war sehr stolz, denn nun war Sunny auch ein großer Filmstar geworden. Todmüde legte er sich in sein Bettchen und schlief auch sofort ein. Am nächsten Morgen wurde er wie ein Superstar in der Schule empfangen. Alle wollten wissen, wie die Dreharbeiten für diesen neuen Film abgelaufen seien. Sunny berichtete von dem verlassenen Dorf und den Holzhütten, die ja allesamt nur Kulissen waren. Er erzählte von den blutrünstigen Monstern und von dem Meteorit, der angeblich das Dorf unter sich begraben hatte. Und er war der Held, der den Fluch vom Dorfe nahm und die Menschen rettete. Allerdings wurde das erst noch gedreht, ohne ihn. Denn man brauchte seine Anwesenheit nicht mehr, konnte mit vielen Tricks arbeiten. Als der Film fertig war, wurde er natürlich ein Riesenerfolg in Hollywood. Alle wollten Sunny sehen, der ja schon zwei Hollywoodsterne auf dem „Walk-of-Fame“ besaß. Nun war er wieder einmal der Allergrößte und alle liebten ihn. Ja, man schlug ihn sogar für einen dritten Hollywoodstern vor. Sunny weinte vor Freude und seine Mami schaute ganz stolz die Nachrichtensendung an, in welcher ihr kleiner Sohn geehrt wurde. Ja, sie hatte schon einen sehr begabten Sohn. Und immer, wenn sie an den riesigen Plakaten vorüberlief und ihren Sunny dort auf seine wunderschöne Stadt Hollywood schauen sah, erfüllte sie das mit tiefster Freude. Und ihm zu Ehren schrieb sie einen wunderschönen Song, der ebenfalls in den Film eingebaut wurde.

Ach mein lieber kleiner SohnBist nun Filmstar, hast ErfolgIch bin stolz, was für ein LohnBist mein lieber kleiner SohnBist für mich ein Schatz aus Gold