Sunny und der König von Hollywood - Nick Living - E-Book

Sunny und der König von Hollywood E-Book

Nick Living

0,0

Beschreibung

Kennt Ihr den König von Hollywood oder vielleicht die singenden Hollywoodsterne? Nein? Dann solltet Ihr dieses Buch lesen. Diese royale Ausgabe beinhaltet wieder spannende Stories, die sich ganz sicher auch als Geschenk eignen. Es sind ausgewählte Geschichten, verrückte Begebenheiten, aber auch so manche nachdenkliche Story, in welcher sich vielleicht Groß und Klein wiederfinden mag. Kindergeschichten oder nicht, diese Stories sind für jedermann! Also, kommt ganz einfach mit ins Land der Illusionen, in die Welt der Märchen, in Sunnys geheimnisvolles Königreich und lasst Euch so richtig verzaubern vom Märchenerzähler von Hollywood!

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 344

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Eine kleine Weihnachtsgeschichte

Das Attentat

Das Wunderbad

Der schwarze Schleier

Das Zauber-Osternest

Die Olympischen Spiele in Los Angeles

Die verrückte Rutsche vom McCadden Place

Der Schokoladenweihnachtsmann

Bills Traum

Die Gefühle

Interviews

Das merkwürdige Hotel

Die kleine Petroleumlampe

Der Helikopterflug

Der Weihnachtswürfel

Der irre Seifenspender

Die Streichholzschachtel: 1. Joss

Die Streichholzschachtel: 2. Der grüne Diamant

Der Märchenerzähler von Hollywood: Der fremde Märchenerzähler

Der Märchenerzähler von Hollywood: Die Entdeckung

Der Märchenerzähler von Hollywood: Die Rettung

Mrs. Simms auf Abwegen

Auf Streife

Das Geheimnis der Mami

Die Detektei - I: Der Schatz im Pazifik

Die Detektei - II: Die alte Vase

Pflanzentod

Der Ring des Papas

Purzelbäume

Ein kleines Lied für Jim

Pillen

Der Schlüsselanhänger

Internetbetrüger

Der Weihnachtsteddybär

Stadt der Engel

Der Weihnachtsbriefkasten

Das Croissant

Der Chor der Hollywoodsterne 1: Der kleine Koala Bo

Der Chor der Hollywoodsterne 2: Das Fest

Der König von Hollywood

Das Geheimnis vom Elrita Drive

Eine kleine Weihnachtsgeschichte

Der kleine Sunny aus Hollywood wusste mal wieder überhaupt nicht, wie es weitergehen sollte. Irgendetwas zwackte genau dort, wo sich seine Lunge befand und irgendwie schien auch der Kopf zu schmerzen. Seit dem Morgen fühlte sich der kleine Junge überdies schwächlich und ihm war ausgesprochen schwindelig, so wie es wirklich noch niemals war. Und ausgerechnet jetzt musste Weihnachten sein! Nein, so sollte es doch gar nicht sein, so konnte doch überhaupt nichts werden? Wieso in Gottes Namen zwickte und zwackte es überall? Seine Mami meinte, dass er sich mal wieder ein wenig mehr um seine Schulaufgaben kümmern sollte und vielleicht das eine oder andere bemerken möge, was da um ihn herum passierte. Wenn man immer nur an sich selbst denkt, sich andauernd um seine eigenen Sorgen dreht, sieht man gar nicht mehr, dass die Welt auch noch etwas anderes beherbergt.

Sunny sah das natürlich ein, doch als er so über einen kleinen Weihnachtmarkt an der „Fountain Ave“ trödelte, kamen die Schmerzen mit unverminderter Härte wieder zurück.

Am Weihnachtsbaum, der in der Dämmerung magisch leuchtete und funkelte, blieb er stehen und beobachtete die vorüberlaufenden Leute. Sie schienen alle irgendein Ziel zu haben, kümmerten sich um ihre Einkäufe und dachten wohl gar nicht daran, wie traurig andere doch waren. Mit Tränen in den Augen setzte er sich auf eine etwas abgelegene Bank und stöhnte laut. Die Weihnachtssongs fand er einfach nur zum Weinen und ansonsten kam ihm die gesamte Welt vor, als sei sie stehengbleiben. Wie konnte denn so etwas nur geschehen? Hatte er vielleicht am Ende gar dieses neumodische Burn-Out-Syndrom? War er vielleicht krank und musste schleunigst ins Krankenhaus?

Plötzlich raschelte es neben ihm und ein Weihnachtsmann, derer gerade in diesen Tagen Dutzende in Hollywood unterwegs sein mochten, setzte sich ächzend neben ihn. Sunny fand das überhaupt nicht lustig, wollte er doch viel lieber allein sein und seine trübe Stimmung mit sich und dem Herrn ausmachen. Der Weihnachtsmann schien zunächst gar keine Notiz von ihm zu nehmen und kramte ewig lange in seinem großen dunkelbraunen Jutesack herum. Dann zog er eine feuerrote Feierwehr hervor, hielt sie hoch und lachte laut. „Ha!“, rief er dann, „Da ist sie ja! Toll, nicht?“ Sunny wusste gar nicht, wie er reagieren sollte und drehte sich weg. Der Weihnachtsmann jedoch ließ sich davon nicht beirren, stellte die Feuerwehr neben Sunny und hustete dann recht laut. Instinktiv rutschte Sunny ein wenig von dem vermeintlichen Weihnachtsmann weg, wollte so demonstrieren, dass er einfach nicht gestört werden wollte, und zwar von niemandem, nicht einmal vom Weihnachtsmann, der ja sowieso gar kein echter war. Der Missachtete aber schaute lange zu seinem kleinen unwirschen Nachbarn auf der Bank und sagte dann: „Hast wohl schlechte Laune, was? Aber macht ja nichts. Ich habe gute und irgendwo in der Mitte müssten wir es doch zusammen aushalten, meinst du nicht?“ Sunny war das ganze mehr als unangenehm, und das komische Gerede des Weihnachtsmannes sollte ihn eigentlich zum Schmunzeln veranlassen, aber da war die schlechte Laune, dieses ewige Zwacken am ganzen Leibe, das ihn einfach nicht gutgelaunt sein ließ. Und so gab er sich seinen bohrenden Gefühlen hin und sagte gar nichts. Der Weihnachtsmann aber meinte nur: „Ich sehe, wir verstehen uns blendend. Aber sag mal, wie findest du diesen Weihnachtsbaum dort drüben? Ist der nicht schief und krumm und irgendwie überhaupt nicht schön? Hätten die von der Stadt nicht etwas Besseres dort hinsetzen können? Na ja, die können es eben nicht! Eine Schande, findest du nicht auch?“ Eine Weile blieb es ruhig, nachdem der Weihnachtsmann das gesagt hatte und dann drehte sich Sunny doch noch zu ihm, zog ein vorwurfsvolle Gesucht und meinte zickig: „Das finde ich aber nicht! Ich finde den Baum wunderschön und er sieht auch richtig weihnachtlich aus! Nein, die Stadt hat wirklich einen schönen Weihnachtsbaum dort hingestellt, ja, das finde ich!“ Der Weihnachtsmann schob seine runde Nickelbrille auf die Nase und schaute schweigend zu dem kleinen Sunny neben sich. Dann strich er sich durch seinen langen weißen Bart und sagte leise: „Aha, findest du! Na dann will ich mal nichts sagen!“ Sunny rutschte ein kleines Stückchen an den Weihnachtsmann heran und fand ihn ganz plötzlich gar nicht mehr so albern wie eben noch. Und weil auch seine Laune angesichts des schönen Weihnachtsbaumes wieder etwas besser wurde, sagte er schließlich: „Ja, ich finde das! Aber heute ist alles irgendwie blöd. Es zwickt und zwackt überall, und da kann ich halt nicht lachen. Doch den Baum finde ich schön, und das bleibt auch so!“ Wieder schaute der Weihnachtsmann über seine Nickelbrille und schmunzelte ein wenig, aber nur ein ganz kleines bisschen. Dann meinte er: „Ach mach dir nichts draus. Bei mir zwickt und zwackt es auch manchmal, und glaube mir, ich bin viel älter als du, da zwickt es viel mehr und viel öfter. Aber ich sag mir dann: Ich lebe und ich lebe gern auf dieser einzigartigen Welt. Denn die ist schön, sehr schön sogar. Ich darf die Menschen um mich herum erleben, die Vögel sehen, und auch den Schnee, wenn Winter ist. Und dann darf ich den Weihnachtsbaum sehen, auch, wenn er krumm ist. Aber ich finde es schön. Ich finde gut, dass ich mit dir hier reden kann. Findest du das nicht auch?“ Sunny schaute zu dem Weihnachtsmann da neben sich und fand ihn immer sympathischer. Er wusste ja auch, dass die Welt wirklich wunderbar war und dass er sich an allem freuen konnte, was es so gab. Und das Zwacken, das verging auch mal wieder, das wusste er genau! Ja, und alles um ihn herum, waren das nicht alles irgendwie kleine Wunder? Wunder, die er sehen und erleben konnte, wie er es wollte? Wie er das so dachte, rannen plötzlich dicke Tränen über seine Wangen und er musste sich das Gesicht abwischen. Leider hatte er mal wieder kein Taschentuch dabei, aber der Weihnachtmann konnte aushelfen. Schnell zog er ein Taschentuch hervor und gab es dem schluchzenden Sunny. Der wischte sich damit die Tränen aus dem Gesicht und sagte mit bebender Stimme: „Ja, alles hier sind kleine Wunder, die wir viel zu wenig zur Kenntnis nehmen. Ich glaube du hast recht, Weihnachtsmann. Ich glaube auch, dass ich mehr an all das denken muss, als immer nur an mein Zwacken. Denn es ist so schön, dass ich lebe und all das hier auf Erden sehen kann und auch darf. Ich finde, ich muss mehr DANKE sagen.“ Der Weihnachtsmann schaute den kleinen Jungen da neben sich mit einem großen und einem zwinkernden Auge an und meinte dann: „Ja, wenn du das selbst weißt, dann ist es doch gut. Mehr ist´s ja auch nicht, du musst einfach leben, dann wird es immer gut, glaube mir. Weißt du, dein Papa könnte es dir ebenfalls sagen, denn er weiß das auch, und deine Mami auch und all die vielen Leute die du kennst wissen das, auch deine Lehrerin Mrs. Simms.“ Beim letzten Wort musste er niesen und Sunny lachte aus voller Kehle. Aber dann wurde er wieder ernst, denn woher wusste dieser Weihnachtsmann, der ihn eigentlich gar nicht kannte, wie seine Lehrerin hieß? Das konnte er ja gar nicht wissen. Und wie er so nachdachte, nahm der Weihnachtsmann die feuerrote Feuerwehr und drückte sie Sunny in die Hände. „Hier, das ist jetzt dein Weihnachtsgeschenk! Freu dich dran, es ist nur führ dich!“ Sunny hielt die Feuerwehr in seinen Händen und wusste gar nicht, was er sagen sollte. Eben noch wollte er sich erkundigen, woher er Mrs. Simms kannte und nun? Solch eine Feuerwehr hatte sich Sunny wirklich immer gewünscht und doch nie bekommen. Eigentlich wussten nur sein Papa, und seine Mami von diesem heimlichen Wunsch. Vielleicht hatten die es dem Weihnachtsmann gesagt, aber woher kannten sie ihn nur? Wie ging das alles überhaupt zusammen? Das war schon ziemlich merkwürdig! Sunny konnte sich gar nicht sattsehen an der kleinen Feuerwehr. Er war regelrecht vertieft in das tolle Ding, und als er wieder aufschaute und sich beim Weihnachtsmann bedanken wollte, war der Platz neben ihm leer. Ein wenig irritiert schaute sich der kleine Junge um, wollte schon wieder traurig und mutlos werden, da vernahm er deutlich die warmherzige Stimme des Weihnachtsmannes: „Sei nicht traurig und fürchte dich nicht. Ich bin da, wenn du nur an mich glaubst. Und denk immer dran – nur ja nicht soviel jammern, lebe kleiner Mann, lebe! Denn das Leben ist einzigartig und es ist wunderschön. Frohe Weihnachten Sunny!“ Sunny konnte es nicht glauben, schaute sich nach allen Seiten um, doch da war keiner. Aber diese Stimme, war sie nicht real und gleich neben ihm? Und woher um alles in der Welt kannte dieser sonderbare Weihnachtsmann seinen Namen-was ging hier nur vor? Weil er es sich einfach nicht erklären konnte, wurde er sehr traurig. Aber da, wie aus dem Nichts kam sein Papa hinter dem Weihnachtsbaum hervor und lief zielgerichtet auf seinen kleinen Sohn zu. Die beiden waren überglücklich, sich an diesem wundersamen Ort getroffen zu haben, auf diesem mysteriösen Weihnachtsmarkt der Träume. Sunny erzählte von seinem Erlebnis und auch, dass er an diesem Tage schlecht gelaunt war und gar nicht so optimistisch. Der Papa betrachtete sich seinen kleinen Sohn und meinte dann, dass der Weihnachtsmann schon recht hatte, wenn er meinte, dass man einfach nur leben sollte. Woher er aber Sunnys Namen kannte und von dessen Wunsch wusste, ein Feuerwehrauto zu bekommen, konnte er auch nicht sagen.

Und schließlich sagte mit einem gewissen unheimlichen Unterton, den Sunny noch tagelang beschäftigte:

„Ich war´s nicht, sondern ER,der richtige Weihnachtsmann“

Das Attentat

Der kleine Sunny aus Hollywood interessierte sich neuerdings sehr für das Militär. Er wollte zu den „Marines“ und suchte nach allen möglichen und unmöglichen Informationen, die er hierzu nur finden konnte. Er ließ es sich auch nicht mehr ausreden und war doch noch viel zu klein, um bei den Soldaten seinen Dienst tun zu können. Allerdings wusste er genau, wenn er groß wäre, dann würde er auf jeden Fall sein Vaterland bei den „Marines“ verteidigen, ganz bestimmt. Auch seine Mami fand, das er sich das alles noch einmal überlegen möge, immerhin war ja wirklich noch sehr viel Zeit, und es würde sich ganz bestimmt noch sehr viel ereignen, um den kleinen Jungen von einem zu ihm passenden Beruf zu überzeugen.

Es schien jedoch so, als habe sein Schicksal diesen Satz gehört, denn was sich an den folgenden Tagen ereignete, schien tatsächlich Sunnys beruflichen Weg in einer ganz bestimmten Weise vorzuzeichnen.

Wie er eines schönen Tages so über den „Sunset Boulevard“ schlenderte, fiel ihm auf, dass nicht weit von ihm entfernt eine lange schwarze Limousine am Straßenrande hielt. Ein dicker Mann, um den unzählige schwarz gekleidete Bodyguards herumsprangen, stieg aus dem Wagen und lief schnurstracks in ein kleines Gebäude hinein. Sunny fand das interessant, wollte sich die schwarze Limousine genauer ansehen und wollte auch die schwarz gekleideten Leibwächter von der Nähe betrachten.

Als er jedoch vor dem recht unscheinbaren Gebäude stand, war da nichts, außer diesem schwarzen Auto. Die Scheiben waren so dunkel und verspiegelt, dass er nicht in das Innere schauen konnte und von den Bewachern fehlte jede Spur. Neugierig schlich er um das Gebäude herum und stand alsbald vor einem Hintereingang, der natürlich verschlossen war. Auf der kleinen Wiese gleich neben dem Eingang stand eine hölzerne Bank, auf die er sich setzte, um beim Warten ein bisschen in die Sonne zu schauen und vielleicht sogar ein wenig zu träumen. Es war wirklich sehr angenehm und die Sonne schien drückend warm vom Himmel herab. Langsam schwammen kleine weiße Wölkchen am Himmel entlang und Sunny träumte davon, wie er in einer schillernden Uniform durch die Lande zog und schließlich bei den „Marines“ auf einem riesigen Kriegsschiff anheuerte, um das Land zu verteidigen. Wie er so träumte und wieder in den Himmel blinzelte, schien ihm, als wenn sich auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses etwas bewegt hätte. Eigentlich interessierte ihn das nicht, aber irgendetwas in ihm drängte ihn, diese Sache mal ein wenig zu beobachten. Er konnte es sich einfach nicht erklären, aber es war wie eine innere Macht, die ein gewisses Unbehagen in ihm auslöste. Vorsichtig erhob er sich und versteckte sich hinter einem dicken Baum. Und weil er etwas sehen wollte, ohne gleich entdeckt zu werden, holte er einen kleinen Spiegel aus seiner Hosentasche, in welcher sich so allerlei unbekannte Dinge befanden, und hielt ihn neben den Baumstamm. Auf diese Weise konnte er genauestens beobachten, was sich auf dem Dach so tat, ohne dass er gleich bemerkt würde. Plötzlich öffnete sich die Hintertür, die eben noch verschlossen war und der dicke Mann erschien. Hinter ihm liefen die schwarz gekleideten Männer und umringten ihn sofort. Kein Zweifel, Sunny hatte sich nicht geirrt, das musste eine Sicherheitstruppe sein, die den dicken Mann beschützte. Wieder schaute Sunny in den Spiegel, aber da war im Moment keiner. Der Dicke lief über die Wiese und blieb plötzlich stehen, offenbar hatte er Sunny bemerkt und dann tuschelte er etwas zu einem der Männer. Der kam schnurstracks zu Sunny und wollte ihn verjagen, aber da bemerkte der aufgeweckte Junge etwas Längliches auf dem Dach, das genau auf den Dicken und die Männer gerichtet wurde. In diesem Augenblick wusste Sunny, was es war und er rief laut zu den Männern, dass sie sich in Sicherheit bringen sollten, weil man offensichtlich eine Waffe auf sie richtete. Wie von der Tarantel gestochen sprangen die Leibwächter auf der Wiese herum, starrten auf den vermeintlichen Gewehrkolben und zogen ihre Pistolen. Doch auf diese Entfernung zu treffen, schien beinahe unmöglich. Außerdem wurden sie derart von der Sonne geblendet, dass sie das Ziel mit großer Sicherheit verfehlen würden. Da drehte Sunny seinen Spiegel ein ganz klein wenig und spiegelte das grelle Sonnenlicht in die Richtung des Gewehres. Die Person auf dem Dach schien irritiert und zielte immer wieder neu, konnte offenbar nichts erkennen, weil Sunnys Spiegel einfach zu sehr blendete und so verschwand der Gewehrlauf plötzlich. Drei der Männer waren unterdessen losgerannt, um das Dach des gegenüberliegenden Hauses zu stürmen. Als sie oben waren, konnten sie den Täter auf frischer Tat stellen, denn Sunnys Spiegel hatte ihm derart die Augen verblitzt, dass er für einige Minuten, für wertvolle Minuten, nichts mehr sehen konnte. Ohne Gegenwehr ließ er sich festnehmen und konnte der rasch eintreffenden Polizei übergeben werden. Sunny war stolz, denn er hatte soeben jemandem, der sehr wichtig schien, das Leben gerettet.

Es stellte sich heraus, dass es sich bei dem Täter um einen lang gesuchten Killer handelte, der schon seit einigen Tagen sein gefährliches Unwesen in der Gegend trieb. Er konnte seiner gerechten Strafe zugeführt werden. Der dicke Mann war ein reicher Geschäftsmann aus Boston, der wegen dringender Geschäfte nach Hollywood gekommen war. Dem kleinen mutigen Sunny gegenüber zeigte er sich sehr dankbar und wollte ihm einen hohen Geldbetrag überweisen. Sunny aber winkte nur ab, denn das Geld interessierte ihn weniger. Viel wichtiger war ihm, für wenige Minuten ein richtiger Personenschützer gewesen zu sein. Leider durfte er diesen Job nicht ausführen, denn er war wie gesagt einfach noch zu jung dafür. Es gab jedoch noch eine andere Möglichkeit: Er konnte zu einem Lehrgang als Personenschützer für Kinderstars in eine recht begehrte Ausbildungstruppe vermittelt werden. Das war wie ein Lob, wie eine lang ersehnte Anerkennung für den kleinen mutigen Sunny. Nie hätte er es sich träumen lassen, dass er mit einem simplen Spiegel einen solch großen Erfolg einheimste.

Der Geschäftsmann reiste wieder ab und Sunny ging fortan jeden Tag zur Sicherheitstruppe für kleine Hollywood-Stars. Ja, dort fühlte er sich richtig wohl und durfte schon nach wenigen Wochen den ersten Kinderstar aus einer ziemlich bekannten Fernsehserie beschützen. Das war einfach toll und angehende Kinder-Bodyguard wusste nun, was er wirklich wollte; er wollte Personenschützer werden, dies natürlich erst, wenn er groß wäre. Und als er seinen Spiegel zückte und das helle Sonnenlicht in die Baumkrone einer hohen Palme spiegelte, glaubte er einen schwachen Silberstreif am Himmel zu erkennen. Der Silberstreif glitzerte so geheimnisvoll wie all die vielen Hollywoodsterne auf dem „Walk-of-Fame“ und schien wohl zu sagen:

Du schaffst es, kleiner Sunny!

Das Wunderbad

Mrs. Simms, die Lehrerin des kleinen Sunny aus Hollywood, wollte ihr Haus renovieren lassen. Zwar gestaltete sich dieses Vorhaben sehr schwierig, weil die würdige Dame eine ganze Reihe Extrawünsche vorzubringen hatte, doch der Wunsch, ein richtig tolles Haus zu besitzen, spornte sie ungeheuer an. So mussten die Handwerker mal diverse Materialien heranschaffen, dann wieder alles herausreißen, weil es Mrs. Simms dann doch nicht gefiel. Nach ungefähr sechs Monaten harter Arbeit, Dutzenden Nervenzusammenbrüchen und einem Handwerkeraufgebot von dreißig starken Männern war es dann teilweise geschafft. Das gesamte Haus glänzte in einem neuen Schein und selbst der Garten war völlig neu gestaltet. Nur das Badezimmer, welches sich gleich neben Mrs. Simms Schlafzimmer in der ersten Etage befand, schien von alledem unberührt. Einerseits hatte die sonst recht einfallsreiche Lehrerin keine richtige Idee, wie dieses Zimmer wohl mal aussehen mochte, andererseits war der Raum noch gar nicht so abgewirtschaftet, dass er nun eine solche Sanierung nötig hätte. Mrs. Simms allerdings sah das alles ganz anders. Und weil ihr nichts einfiel, erschien sie eines Abends bei dem kleinen Sunny und verwickelte ihn in ein Gespräch. Der Sinn des Ganzen aber bestand einzig und allein darin, dem erfindungsreichen kleinen Jungen eine geniale Idee abzuluchsen, nur, um am Ende das schönste und beste Badezimmer aller Zeiten und natürlich in den Hollywood Hills, wo sie ja lebte, zu besitzen.

Zwar durchschaute Sunny diesen verwegenen Plan, zeigte sich aber dennoch einverstanden. Und deswegen saß er mal wieder Tag und Nacht an seinem Schreitisch oder auf der Terrasse und sann nach einem richtig tollen Badezimmer für seine anspruchsvolle Lehrerin. Eines Tages hatte er die zündende Idee – es sollte ein Badezimmer mit einem automatischen Waschbecken sein, bei welchem man nur sagen musste, was rauskommen sollte, eine vollelektronische Toilette, auf welcher der Lokus schon vor Beginn der Aktion wusste, was er tun sollte und wundersamen bunten Badfliesen, die den Benutzer des Raumes einen freundlichen Gruß zukommen ließen und danach sofort zu singen begannen.

Die überaus schwierigen Arbeiten begannen und schon nach vier Wochen war das Badezimmer fertig. Mrs. Simms war überglücklich, doch zuvor wollte Sunny einen Test durchführen, damit beim ersten Einsatz bei seiner Lehrerin auch alles richtig funktionierte. Als er das Zimmer betrat, fächelte auch schon frische Luft, die mit Kamille und anderen Kräutern angereichert war, durch den Raum und die Fliesen begannen ein wundersames Liedchen zu singen. Es hörte sich an wie ein überirdischer Choral und war so lieblich und fein, dass dem kleinen Sunny die Tränen übers Gesicht rollten. Ja, so sollte es sein, und er wusste, dass sich Mrs. Simms sehr über all die vielen ausgefallenen Dinge, diesen unfassbaren Luxus freuen würde. Auf dem Lokus wurde er mit den Worten: „Herzlich Willkommen!“ auf das Freundlichste begrüßt und der Rest erfolgte vollautomatisch. Schließlich trat er ans Waschbecken, und dort erkundigte sich der nützliche Gegenstand erst einmal nach der gewünschten Wasserhärte. Als Sunny weiches Wasser erbat, trat dies aus einer goldenen Armatur wie ein zauberhaft dahinrieselnder Wasserfall aus einer anderen Welt hervor, um die Hände des einfallsreichen Schülers zu benetzen. Das Wasser war mit Duftzusätzen versetzt und während es lief, erklang eine liebliche Melodie aus der Tiefe der Wand. Schließlich und nachdem sich Sunny die Hände sauber gewaschen hatte, schwenkte ein blütenweißes Handtuch aus der Wand, an welche sich Sunny die Hände abtrocknen konnte. Zum Abschluss des Besuches im Badezimmer formten sich die bunten Fliesen noch zu einem Hologramm, welches sich ehrfürchtig vor Sunny verneigte wie ein Diener in Livree und verabschiedete den kleinen Jungen höflich mit den Worten: „Danke für den Besuch, ich habe mich gefreut, bitte komm doch bald wieder“…

Sunny war entzückt, mit einem solch wundervollen Badezimmer hatte nicht einmal er, der ja den Einfall dazu hatte, gerechnet. Damit war das Zimmer abgenommen und Sunny überreichte freudestrahlend seiner Lehrerin am darauffolgenden Tag die Schlüssel zu dem extravaganten Raum.

Mrs. Simms war wirklich hin und hergerissen und besuchte das Badezimmer beinahe stündlich. Die netten Begrüßungen und dieser atemberaubende Duft betörte sie und schon nach einer Woche lud sie den Bürgermeister ein, um das neue Zimmer vorzuführen. Leider hatte sich unterdessen ein bösartiges Computervirus in die komplizierte Elektronik des Zimmers eingeschlichen und die gesamte Anlage total durcheinandergebracht. Als nun der Bürgermeister diesen Ort aufsuchen musste, und er von Mrs. Simms mit den sanftesten Worten auf diesen Gang bestens vorbereitet schien, wurde er von einer rauen, irgendwie nicht so ganz intakten Stimme begrüßt: „Was willst du denn hier?!“ Der Bürgermeister erschrak sich, glaubte jedoch noch nicht an einen Fehler im System und besuchte die Toilette. Dort aber passierte das Gleiche. Ziemlich ruppig wurde er mit den Worten: „Nun mach schon!“ angeherrscht und die Wasserspülung entpuppte sich als ein alles mitreißender Wasserfall. Eigentlich wollte der Bürgermeister ja schnellstens wieder aus dem furchterregenden Raum entfliehen, doch das ließen die Fliesen nicht zu. Denn statt sich zu einem sympathischen Kammerdiner, der als Hologramm erschien, zu formen, verwandelten sie sich in einen aggressiven Shaolin-Krieger, der sich mit einem langen Schwert vor dem armen Mann postierte und laut schrie: „Jetzt bricht dein letztes Stündlein an!“

Der Bürgermeister rief laut um Hilfe, doch wegen der plötzlich einsetzenden Marschmusik, die sein Trommelfell arg strapazierte, konnte ihn niemand hören oder ihm gar zu Hilfe kommen. Und so presste er sich ängstlich an die Wand und harrte der schaurigen Dinge, die da noch kommen mochten. Es war keine wohlduftende Brise, die auf einmal um seine empfindliche Nase fächerte, sondern ein wahrhaft übler Geruch, der durch den Raum waberte und ihm beinahe das Bewusstsein raubte. Mit allerdletzter Kraft kroch er unter der stinkenden Wolke hindurch und sprang mit einem gewagten Satz aus dem wütenden Badezimmer heraus, geradewegs vor Mrs. Simms Füße. Die hatte ihrerseits erfolglos versucht, die Tür aufzubrechen, nachdem sie das laute Treiben im Bad vernommen hatte. Allerdings ohne Erfolg, und als der Bürgermeister durchnässt und weniger gut duftend vor ihr lag, rang sie umständlich nach einer Entschuldigung. Doch der aufgebrachte Mann wollte nichts dergleichen hören, verschwand schimpfend und fluchend aus Mrs. Simms Haus. Nun suchte die Lehrerin wutentbrannt nach einem Schuldigen und fand ihn in ihrem Schüler Sunny. Der wusste gar nicht, wie ihm geschah und startete einen Erklärungsversuch. Doch die aufgebrachte Lehrerin war nicht mehr zu beschwichtigen. Wütend befahl sie Sunny, das Badezimmer umzubauen und kürzte sein stattliches Honorar um 99 Prozent. Der arme Junge wusste nicht, wie er den Schaden wieder gut machen sollte und flehte in der darauf folgenden Nacht seinen Papa an, der mit seiner Silberwolke zu Besuch erschien. Der Papa kratzte sich nachdenklich hinter seinen Ohren und verschwand dann mit der silbernen Wolke in Richtung „Mrs. Simms Haus“. Später meinte er, dass es eine Überraschung sei, die er soeben der geschädigten Lehrerin zugute kommen ließ; und sie sollte am nächsten Morgen ruhig das Zimmer des vermeintlichen Ruins betreten, sie würde begeistert sein. Sunny verließ sich auf seinen Papa, wusste er doch, dass nur er mit so manch wundersamen Geheimnissen die unglaublichsten Dinge entstehen lassen konnte. Und so war es denn auch – am nächsten Morgen betrat die ahnungslose Lehrerin das Bad, welches in goldschimmerndem Glanz erstrahlte. Dabei ertönte eine liebliche Melodie, die genau so swingte, wie es die Lehrerin mochte. Natürlich staunte Mrs. Simms nicht schlecht, hatte sie doch mit einer solch schnellen Widergutmachung durch ihren Schüler wahrlich nicht gerechnet. Auf einem kristallenen Förderband gelangte sie zur Toilette, wo sie mit einem Glas Schampus und den Worten: „Herzlich Willkommen!“ begrüßt wurde. Auch dort bestand alles aus purem Gold und sogar der Lokus selbst war mit derart vielen Edelsteinen besetzt, dass er nur so schillerte. Die Wasserspülung erledigte lautlos ihren Dienst, und dann wurde die würdige Dame zum Waschtisch gefahren. Der war ausladend groß und bestand aus massivem Gold. Aus der Wand rieselten mehrere Wasserfälle aus duftenden Kamillen- und Kräuterextrakten genau auf Mrs. Simms Hände. Zu guter Letzt träufelte sich eine wohltuende Emulsion über ihre Finger und der sanfte Luftstrom, der alles trocknete, ließ die Lehrerin von Südseegefilden und Urlaubsregionen träumen. Die Musik wollte nicht mehr enden und wurde immer angenehmer, und dann formte sich aus den Fliesen ein Hologramm, ein Mann, der so schön war wie der Jüngling, von dem sie stets geträumt hatte. Es war ein Prinz mit einer güldenen Krone, der ihr einen wunderschönen Tag wünschte und ihr mit kristallenen Tränen in den Augen nachwinkte. Ach, war das ein schöner Besuch. So etwas hatte die vollkommen aufgelöste Lehrerin wahrlich noch nie zuvor erlebt. Und weil alles so wundervoll abgelaufen war, eilte sie schließlich zu Sunny und dankte ihm für dieses großartige Badezimmer. Sunny wollte all diesen Dank jedoch nicht, wusste er doch, was wirklich hinter alledem steckte - sie wollte eine zündende Schlagzeile! Doch sie bestand auch auf einer drastischen Anhebung seines Honorars und führte das Badezimmer schließlich dem verdutzten Bürgermeister vor. Der war ihr längst wieder wohlgesonnen und schlug sie für eine Auszeichnung vor, die natürlich auf allen Kanälen Hollywoods gezeigt wurde. Ja, jetzt war die Welt wieder in Ordnung und der kleine Sunny avancierte mal wieder zum Medienstar, weil er seiner Lehrerin so viel Gutes zuteil werden ließ.

Was niemand ahnen konnte und nur Sunnys Papa wusste, war die Tatsache, dass dieser Zauber einen ganz entschiedenen Pferdefuß hatte:

Er hielt nur drei Wochen…

Der schwarze Schleier

Der kleine Sunny aus Hollywood saß mit seiner Mami am Abendbrottisch und hatte eine Menge zu erzählen. Die Schule, die Straßen seiner Stadt, all das hatte an diesem Abend eine ganz besondere Bedeutung. Denn eine sonderbare Meldung hatte die Leute in Hollywood in Aufregung versetzt. Demnach war ein riesiges Loch in den Hollywood Hills entstanden, und es sah ganz so aus, als wenn die ganze Stadt in dieses Loch gesogen würde. Es gab kein Entkommen, außer, man verließ die Stadt. Und einige der Menschen hatten diesen weitreichenden Entschluss schon in die Tat umgesetzt. Sunny aber wollte bleiben. Und mit ihm taten es die meisten gleich. Sie wollten ihre geliebte Heimatstadt nicht so einfach aufgeben. So viel, zu viel hatten sie hier erlebt und durchgestanden, und alle liebten diese Stadt wie ihr eigenes Leben.

So sannen die Leute, voran der kleine Sunny, nach Möglichkeiten und Auswegen aus dem drohenden Dilemma, das die Stadt wohl versinken würde.

Das Loch hingegen schien unbeeindruckt von alledem zu sein; es wuchs und wuchs und zog die Bäume und nun schon einige unbewohnte Häuser und Grundstücke in sich hinein. Niemand konnte in das Loch schauen, denn es war schwarz und schien der Abgrund an sich zu sein. War das vielleicht die Hölle, das Böse vielleicht, eine Strafe, weil die Menschen zu habgierig und zu böse geworden waren? Niemand wusste das und nicht einmal das Militär vermochte, die Ausweitung des schwarzen Abgrundes aufzuhalten.

Sunny und die Mami hatten schon etliche Taschen gepackt und dachten daran, auch wenn sie es gar nicht wollten, die Stadt in Richtung Osten zu verlassen. Vielleicht sollten sie nach Alabama gehen, nach Arizona, nach Phoenix vielleicht? Doch so richtig schienen all diese Vorstellungen nicht zu fruchten. Und so warteten sie und warteten und sprachen miteinander über all diese vielen Möglichkeiten. Das wichtigste jedoch waren die Gedanken an eine baldige Lösung des schier unlösbar erscheinenden Konfliktes. Sunny wusste gar nicht so recht, ob er überhaupt noch einmal in sein Bettchen gehen sollte, und schon gar nicht, ob er einschlafen konnte. Die Aufregung war einfach zu groß und zu übermächtig. Dennoch verkoch er sich irgendwann in sein Bettchen und blieb doch die halbe Nacht wach. Aus den anderen Zimmern vernahm er leise Geräusche, denn seine Mami packte noch weitere Taschen, die sie dann ins Auto bringen wollte. Es war weit nach Mitternacht, als es endlich still wurde. Doch Sunny bekam noch immer kein Auge zu. Stöhnend kroch er schließlich aus dem Bett und schaute nachdenklich aus dem Fenster. Draußen herrschte eine trügerische Ruhe. Niemand war zu sehnen, doch man spürte die Aufregung hinter den Scheiben. Wie ein Dämon kroch die quälende Ungewissheit durch die Straßen. Und eine einzige bange Frage beherrschte die Stadt - was konnte man nur tun? Ehe sich der kleine Junge wieder tatenlos ins Bett verzog, kletterte er kurzentschlossen aus dem Fenster und lief über die Wiesen und unter den Bäumen bis hin zu diesem großen schwarzen Loch. Es war noch breiter und undurchdringlicher geworden als es noch am Nachmittag war. Schweigend setzte sich Sunny ins kühle Gras und lauschte.

Ein leises Grummeln, welches sich wie ein Rumoren anhörte, das aus der Tiefe der Erde zu kommen schien, drang an seine Ohren. Mit seiner kleinen Taschenlampe, die er stets bei sich trug, leuchtete er in das Loch hinein. Doch er sah nur Schwärze. Es war wirklich ganz rätselhaft, aber nichts schien das Loch erhellen oder durchdringen zu können, es gähnte wie der unheilvolle Rachen eines Monsters vor ihm und wurde größer und breiter. Wieder rutschten knisternd und knackend Bäume und Büsche in das Loch und verschwanden im unergründlichen Schwarz der Tiefe.

Plötzlich fiel der Lichtkegel seiner Lampe auf ein schwarzes Tuch. Es hatte sich in den Zweigen des Baumes, an welchem er lehnte, verfangen und flatterte im leichten Wind wie eine Fahne. Sunny griff nach dem Tuch und zog es herunter. Doch was war das – kaum hatte er das Tuch in seinen Händen, konnte er in das schwarze Loch, das bislang vollkommen undurchdringlich schien, blicken.

Es war, als erleuchtete das Tuch den Höllenschlund und Sunny konnte wunderbar bis zum Grund sehen. Da sah er all die vielen Bäume, die Sträucher und Wiesenbruchstücke, die das Loch bereits verschlungen hatte. Leblos wie auf einem See trieb all das am Grund des Loches umher und wurde auf einmal von einem Sog, der alles in sich aufsaugte, nach unten ins Erdinnere gezogen. Sunny wunderte sich, wie konnte man mithilfe des Tuches in das Loch schauen, wenn es doch sonst nicht funktionierte. Wieder legte er das Tuch vor sich auf die Erde und das Loch wurde schwarz. Er nahm es in die Hand und konnte ins Loch sehen – wirklich sehr sonderbar. Nun trat er ganz nah an das Loch heran, und – welch Wunder – er begann zu schweben. Zusammen mit dem Tuch, das wie ein Segel wirkte, schwebte er über dem Schlund des Loches auf und ab. Was ging hier nur vor? Plötzlich aber zog ihn eine unbekannte Kraft ins Loch hinein. Er konnte gar nichts tun und bereute bereits seinen unüberlegten Entschluss, das Tuch nicht rechtzeitig beiseite gelegt zu haben. Wie ein Pfeil raste er in die Tiefe und nichts hielt ihn mehr auf. Ängstlich starrte der kleine Junge auf die immer näher rückende wabernde Oberfläche des vermeintlichen Sees dort vor ihm. Er sauste genau darauf zu und wurde schließlich von der Oberfläche des Sees, von einer Art blubbernder Materie aufgenommen. Doch so, wie es sich der mutige Junge dachte, kam es nicht – er war nicht im Erdinneren, sondern im Universum, im riesigen unbegreiflichen All! Er raste durch eine Art Tunnel und um ihn herum zuckten bunte Blitze und Myriaden von Farben, die aufflackerten, um gleich wieder zu verlöschen. Ein Farbenspiel ohne Gleichen, doch es machte auch Angst! Denn, wo führte dieser seltsame Tunnel hin, in den Himmel zu den Engeln oder in die Hölle zum Teufel? Mit seinen Händen krampfte sich Sunny an dem schwarzen Tuch fest und schließlich schien seine jähe Reise ein Ende zu haben. Ein riesiger Kessel erschien vor ihm, in welchen er sank. Es war, als wäre er ein Kloß, der ins heiße Wasser eines Topfes eintauchte, doch es war doch ganz anders. Er sank, bis er dicht über einer schwarz glitzernden unübersehbaren Oberfläche zum Stehen kam. Wie ein winzig kleines Luftschiff schwebte er über der endlos scheinenden spiegelglatten Oberfläche und ihm war, als seien Zeit und Raum hier nicht mehr existent. Plötzlich bildeten sich riesige Kugeln vor ihm. Sie drehten sich um einen monströsen lodernden Feuerball mitten im Raum. Sunny starrte staunend und doch voller Panik zu dem unerklärlichen Geschehen, hatte er so etwas ähnliches doch schon einmal irgendwo gesehen. Und dann wusste er es und erschrak fürchterlich – das da vor ihm waren nicht irgendwelche Bälle, nein es war das Sonnensystem, das Weltall, wie er es mit seinem Papa schon einmal durchquert hatte und wie er es in der Schule auch gelernt hatte! In der Mitte die Sonne, dann der Merkur, die Venus, die Erde, der Mars und all die anderen Planeten, die dort kreisten. Aber was sollte er hier? Wieso war er hierher getrieben worden? Welchen Sinn hatte das nur? Da erschien die silberne Wolke seines Papas und Sunny war überglücklich, nicht mehr allein zu sein. Die beiden begrüßten sich wie immer, wenn sie sich trafen, und Sunny musste weinen und fragte den Papa, ob er wieder nach Hause dürfte. Doch sein Papa nickte nur und streichelte seinem kleinen Sohn sacht übers Haar. „Natürlich darfst du wieder heim.“, flüsterte er dann. „Doch zuvor musst du etwas tun.“ Sunny verstand das alles nicht, wollte nicht bleiben in diesem zeitlosen ungastlichen Raum, wo er mit den Sternen spielen konnte wie mit Fußbällen. Aber sein Papa nickte ihm aufmunternd zu und dann sprach er: „Du musst den schwarzen Schleier auf den Planeten legen, der dir am liebsten ist. Dann kannst du wieder zurück.“ Sunny wusste überhaupt nicht, was für einen Sinn das haben sollte, doch er tat, wie ihm sein Papa geheißen hatte. Ganz vorsichtig legte er den Schleier über die Erde, seinen Heimatplaneten, auf dem er so viele schöne Stunden verbringen durfte, wo er ein behütetes friedvolles Leben führen durfte und wo er doch so glücklich war. Welchen Planeten sollte er sonst auch wählen? Ihm blieb nur diese eine Wahl und er war so glücklich als er das tat. Der Papa hatte all das mitverfolgt und schien erleichtert, als das Tuch, dieser sonderbare schwarze Schleier, sich um die Atmosphäre der Erde schmiegte, fast wie ein schützendes Band. Dann sagte er mit beruhigenden Worten: „Du hast deine Wahl getroffen. Du hast die Erde ausgewählt, weil sie dir am liebsten ist. Dieser schwarze Schleier ist der Schleier der Liebe und er ist der Schleier der Träume, denn er zeigt sich nur selten. Der, der ihn findet, kann sich etwas wünschen, und er hat mit seiner Liebe dann die Macht über das, was sich in den nächsten drei Sekunden ereignen wird. Dieser Schleier kennt keine Zeit und er kennt keine Begrenzungen. Er ist einfach da oder eben nicht.“ Sunny verstand all das nicht, er wusste ja nicht einmal, weswegen er hier draußen schwebte, hier draußen in dieser unendlichen Unendlichkeit, in dieser schier leblosen Hemisphäre. Er wollte zurück nach Hause, zurück zu seiner Wiese und in sein geliebtes Hollywood, welches er doch eigentlich retten wollte. Der Papa schloss seine Augen und sagte dann: „Du wirst jetzt wieder nach Hause fliegen, denn du hast soeben die Erde gerettet. Das schwarze Loch, welches du gesehen hast, war eine Zeitverwerfung, eine Art Riss im Raum. Nur dieser schwarze Schleier konnte da noch helfen. Du hast ihn gefunden und hast ihn schützend um die Erde gelegt. Und nun ist alles überstanden, alles ist gerettet, für immer und für ewig.“ Sunny begriff zwar noch immer nicht, wieso ein einziger Schleier die ganze Welt retten konnte, doch was war hier draußen überhaupt noch zu verstehen? Alles schien wie ein unwirklicher Traum. Als der Papa aber dann noch meinte, dass eine schwarze Kraft, die man auf der Erde „Dunkle Materie“ nannte, das Universum drohte zu vernichten, alles zum Anbeginn aller Zeiten zurückbringen wollte, verstand Sunny doch ein ganz klein wenig, was da vor sich ging. Offenbar war die Zeit gekommen, in welcher die „Dunkle Materie“ die Oberhand im Universum gewonnen hatte und nun alles veränderte. Nichts und niemand konnte das noch verhindern, einzig und allein dieses schwarze Tuch, dieser merkwürdige schwarze Schleier, von dem niemand wusste, woher er kam und wie er wirklich funktionierte. Nicht einmal der Papa konnte das erklären. Mit großen Augen schaute Sunny zu seinem Papa und fragte dann leise: „Und was passiert jetzt?“ Der Papa nahm die Hand seines kleinen Sohnes und sagte dann: „Nichts. Du gehst wieder zurück nach Hause.“ Und kaum hatte er das ausgesprochen, setzte sich die Silberwolke auch schon in Bewegung. So schnell sie konnte glitt sie von der rätselhaften schwarzen Oberfläche weg, quer durch den Nebeltopf hinaus ins All und dann zur Erde. Dort landete sie sanft auf der kleinen Wiese in den Hollywood Hills, gleich hinter Sunnys Zuhause. Es war ganz klar, dass der Papa seinen kleinen Sohn noch ins Bettchen brachte, bevor er mit der silbernen Wolke davon flog. Sunny schlief natürlich sofort ein und hatte ganz sonderbare Träume. Doch als er am nächsten Morgen wach wurde, schien alles anders zu sein.

Freudestrahlend kam die Mami in sein Zimmer und verkündete, dass die Welt gerettet sei. Das schwarze Loch in den Hollywood Hills war verschwunden und die Leute konnten bleiben. Sunny weinte vor Freude und von der Straße drangen fröhlicher Gesang und Hochrufe an seine Ohren. Selbst der Bürgermeister verkündete voller Stolz und in allen Medien, dass die Gefahr vorüber sei.

Natürlich hatte ganz Hollywood für Wochen, ja sogar Monate Gesprächsstoff und alle waren glücklich, dass sie weiterleben konnten und nichts Schlimmes passierte.

Sunny allerdings musste immerzu an sein unglaubliches Erlebnis denken, und das schwarze Tuch, dieser seltsame Schleier ging ihm nicht mehr aus dem Sinn. Wieso musste er es um die Erde legen und warum reichte das schon aus, um die Welt zu retten? War es vielleicht die Liebe, die seine wundervolle Welt vor dem Untergang und der „Dunklen Materie“ gerettet hatte? Vielleicht war das genauso unfassbar wie das gesamte Universum überhaupt? Aber sollte er wirklich noch länger darüber nachdenken? Es brachte ja ohnehin nichts, denn wichtig für die Menschen war doch nur, dass sie leben konnten, dass sie weiterleben durften. Etwas Wichtigeres gab es doch nicht. Und das Sunny seine Welt und sein Hollywood genau so liebte wie seine Mami und seinen Papa, war doch ohnehin sonnenklar.

Eines Tages, als seine Mami mal wieder in ihre Agentur nach L.A. fahren wollte, regnete es draußen ziemlich heftig. Schnell zog sie sich ihren Mantel über und verabschiedete sich von ihrem kleinen Sohn. Als sie zum Wagen ging, zog sie etwas aus ihrer Tasche, dass Sunny sehr verwunderte, kannte er es doch von irgendwoher. Es war ein schwarzer Schleier, der dem schwarzen Tuch, welches er einst um die Erde legte, zum Verwechseln ähnelte. Die Mami legte es sich im den Kopf und schaute noch einmal zu Sunny bevor sie abfuhr. Dabei schien es dem kleinen Jungen, als wenn sie ganz sonderbar schaute, ihm war, als wenn sie Tränen auf den Wagen habe. Und als er sich die Augen rieb und danach noch einmal zu ihr sah, war das Tuch nicht mehr da und die Mami winkte so, als sei nichts gewesen…

Das Zauber-Osternest

Der kleine Sunny aus Hollywood hustete, als wenn sein letztes Stündlein angebrochen wäre. Auch in seiner Schule wurden es immer weniger Schüler, die noch zum Unterricht kamen. Selbst Mrs. Simms hievte sich nur noch mit halber Kraft zum Unterricht und es sah ganz so aus, als wenn die Schule früher oder später dicht gemacht würde. Auch Sunnys Mami wurde krank und so lagen alle sterbenskrank daheim im Bett. Doch es kam noch schlimmer, denn bei der schnell grassierenden Krankheit handelte es sich nicht etwa um eine einfache Erkältung, die irgendwann verging, sondern um eine bislang unbekannte und tödlich verlaufende Form der Grippe. Als die ersten drei Menschen starben, wurde der Notstand ausgerufen und die Stadt unter Quarantäne gestellt. Niemand durfte mehr herein und keiner mehr heraus. Die Medikamente wurden mit Boten in spezieller Schutzkleidung zu den Leuten gebracht und es schien, als wenn die Seuche sich immer schneller verbreiten würde. Sunny wurde schwach und schwächer und schon der Gang zur Toilette gestaltete sich wie die Besteigung eines hohen Berges. Alles strengte total an und das Fieber stieg und stieg.