Teufelsasche - Nick Living - E-Book

Teufelsasche E-Book

Nick Living

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Beschreibung

Unklarheiten beherrschen diese Storys. Alles beginnt noch ganz normal, bis sich die Dinge ändern. Vom schwarzen Mann bis zum Ende der Welt ist eine Menge drin! Und plötzlich scheint alles anders und ein Stück weit unerklärlich zu werden. Doch eben diese Unerklärlichkeiten sind jener rote Faden, der sich wie Magie durch alle Geschichten zieht. Und es scheint verrückt, aber in jeder der geschilderten Begebenheiten findet sich der Leser möglicherweise ein winziges Stückchen wieder. Denn die Welt ist niemals gleich. Wie die hier dargestellten Geschichten ist sie spannend und verrückt, will gelebt und erfahren werden und bleibt am Ende doch immer wieder ein Rätsel, unfassbar eben!

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Inhaltsverzeichnis

Alte Hexe

Rache der Vergangenheit

Maisfeld

Schwarzer Mann

Blutige Oblaten

Die H-Bombe

Gespenstischer See

Pestbeulen

Ende der Welt

Tödliche Auszeichnung

Poltergeist

Schwarze Lady

Teufelsasche

Hand des Bösen

Rache

Das Haus zwischen den Felsen

Ängste des Bernie S

.

Blitzschlag

Friedhof

Teuflische Nachbarn

Hotel des Grauens

Der schwarze Tod

Alte Hexe

Seit vielen Jahren lebte der Fürst, Sir Heidolf, schon auf seinem wunderschönen Schloss in den Bergen. Er war schon alt, doch ging er mit der Zeit und hatte sich erst kürzlich eine sündhaft teure Luxuslimousine zugelegt. Die jedoch fraß beinahe sein ganzes Vermögen auf.

Über die Jahre hatte er viele Schätze in seinem alten Schloss angehäuft, die er allerdings nach und nach wieder versetzen musste. Doch der allergrößte Schatz war ohne Zweifel seine Tochter Melanie. Sie zählte achtzehn Jahre und sollte nun verheiratet werden. Und obwohl sich die Zeiten stark verändert hatten, suchte der Fürst seit langem einen passenden Prinzen aus einem fernen Lande, der seiner Tochter ebenbürtig sein sollte. Aber es war schwer, jemanden bei seinen zahlreichen Auslandsaufenthalten zu finden. Die Etikette verbat, dass er sich für seine Tochter auf Brautschau begab. Außerdem wollte er es so geheim wie nur möglich angehen lassen. Eines Tages aber meldete sich ein sehr gut aussehender junger Mann im Schloss. Er gab vor, aus dem fernen Russland zu kommen und ein Prinz zu sein. Als Sir Heidolf von ihm wissen wollte, welchem Königshaus er angehörte, zögerte der junge Mann zunächst mit seiner Antwort. Doch dann klärte er den Fürsten auf, dass er Lord Nikki von Arnulfstein sei und über ein sagenhaftes Vermögen, in Höhe von sage und schreibe 1,3 Milliarden Dollar verfügte.

Dem Fürsten verschlug es beinahe die Sprache, und er fand die Art und Weise, wie auch die Zurückhaltung des vermeintlichen Prinzen sehr anständig. Er wollte ihn deswegen unbedingt als seinen Nachfolger deklarieren. Außerdem wollte er seine Amtsgeschäfte und das Schloss endlich einem Erben übergeben, der auch das Anwesen wieder gehörig auf Vordermann bringen würde. Melanie jedoch, die den Prinzen bereits heimlich beobachtete, wollte ihn nicht. Sie wollte gar nicht erst mit ihrem Vater darüber sprechen, doch der Fürst ließ nicht mit sich reden. Und nachdem er sich den ganzen Tag zurückgezogen hatte, um nachzudenken, unterbreitete er am Nachmittag seiner Tochter schließlich den lang durchdachten Entschluss. Er wollte, dass Melanie diesen jungen Prinzen heiratete. Bis zur Hochzeit sollte er nun als Gast im Schloss weilen. Ihm wurde ein gemütliches Zimmer im Westflügel des Schlosses hergerichtet, in welches er mitsamt seiner Habe, die er sich später nachschicken ließ, einzog. Doch schon eine Woche später war die sprichwörtliche Hölle los. Aufgeregt lief das Personal durch die Gänge des Schlosses, und alle hatten nur ein einziges Thema: der Anwärter auf die Hand der Fürstentochter war tot!

Man fand ihn leblos in seinem Bett liegend, und in seiner Brust steckte ein Dolch. Das fatale an der Angelegenheit aber war, dass dieser Dolch ausgerechnet dem Fürsten selbst gehörte. Er war eine Trophäe, die sich seit dreihundert Jahren von Generation zu Generation weiter vererbte. Der Fürst war vollkommen außer sich und plapperte den ganzen Morgen lang nur wirres Zeug. Als ihn schließlich Kommissar Spencer von der Kripo verhörte, redete sich der Fürst um Kopf und Kragen. Nervös und ängstlich gab er zu, dass es sich um seinen eigenen Dolch handelte und das er am Abend noch im Zimmer des jungen Prinzen war, um mit ihm zu sprechen. Bei diesem Gespräch überschrieb der Prinz dem Fürsten sogleich eine größere Geldsumme, damit die Hochzeit und alle sonstigen Auslagen beglichen werden konnten. Zudem sollte die Fürstentochter Melanie sofort einen Betrag, von mehreren Millionen Dollar erhalten, damit sie vorm Altar auch wirklich „Ja“ sagte. Daüberdies das Schloss des Fürsten dringend renovierungsbedürftig war und auch schon Personal entlassen werden musste, weil das Geld ausging, hatte er nun auch ein Motiv. Spencer vermutete, dass die vermeintlichen Mühen des Fürsten, der Tochter Melanie einen Mann zu versorgen, nur einen einzigen Sinn hatten, nämlich den, einen reichen Mann zu finden, um sich dann an seinem Geld zu bedienen. Dennoch passte das alles nicht so recht zusammen. Denn es wäre ja viel zu offensichtlich, wenn sich der Fürst am Geld eines Ermordeten labte. Außerdem war die Fürstentochter noch nicht einmal mit dem Prinzen verheiratet. Es wäre doch viel besser, wenn der Geldgeber am Leben bliebe und irgendwann eines natürlichen Todes starb, während das Schloss auf Vordermann gebracht wurde. Nein, der Tod des jungen Prinzen musste einen völlig anderen Hintergrund haben. Hatte vielleicht Melanie selbst? Doch warum hätte sie das tun sollen? Sie wäre ja reich verheiratet worden und würde im Falle einer Trennung auf keinen Fall verarmen. Auch diese Vermutung schob Spencer schnellstens beiseite. In diesem Schloss musste es irgendein Geheimnis geben. Als der Dolch auf Fingerspuren untersucht wurde, fanden sich keine darauf. Hatte sie der Täter bereits abgewischt? Dem Kommissar fiel jedoch eine schwarz gekleidete Zimmerfrau auf. Sie war die einzige, die trotz des wirren Durcheinanders im Schloss schweigend durch die Gänge schlich. Sie war schon alt und ihr Gesicht zeigte tiefe Falten. Spencer beobachtete sie genau. Doch sie schien das zu bemerken und fragte ihn: „Ich sehe, dass Sie mich immerzu beobachten. Haben Sie vielleicht schon einen bestimmten Verdacht?“ Spencer war professionell genug um zu wissen, dass er dieser Frau die Wahrheit sagen musste. Wenn er flunkerte oder ihr etwas vormachen wollte, würde sie es sofort bemerken. Er gab zu, dass er darüber nachdachte, wie sie zu dieser Sache stünde. Die Kammerfrau senkte den Kopf und sprach leise ein Gebet. Dann schaute sie den Kommissar nachdenklich an und munkelte: „Ich muss Sie enttäuschen. Ich habe den jungen Herrn nicht erstochen. Doch ich weiß von einem Geheimnis, welches wie ein Fluch über diesem Schlosse liegt. Vor dreihundert Jahren wurde auf dem Schloss schon einmal jemand ermordet. Es war eine Kräuterhexe, deren Name mir leider unbekannt ist. Sie lebte lange hier. Doch bevor sie auf dem Scheiterhaufen verbrannte, sprach sie einen bösen Fluch. Ihre Überreste wurden auf dem alten Friedhof, der sich einst hier befand, beerdigt. Doch wenig später wurde der Friedhof eingeebnet. Nichts sollte mehr an die alte Kräuterhexe erinnern.“

Spencer wusste nicht so genau, ob er der alten Kammerfrau glauben sollte oder nicht. Immerhin hatte er sich schon einige skurrile Aussagen zu diesem Fall anhören müssen. Doch von einem alten Friedhof hatte bisher noch niemand gesprochen. Er ließ sich die alten Baupläne des Schlosses zeigen und stellte fest, dass es im Jahre 1703 tatsächlich eine solche Baumaßnahme gab. Außerdem war deutlich sichtbar, dass sich zuvor an dieser Stelle ein Friedhof befand. Er wollte mehr über diese seltsame Kräuterhexe erfahren. Doch die Informationen waren spärlich. Niemand wusste so genau, ob sie überhaupt gelebt hatte, geschweige ihre Gebeine einst auf dem Friedhof begraben lagen. So musste sich Spencer allein auf die Suche begeben. Er untersuchte die alten Schlossmauern und durchsuchte die alten Katakomben, die sich unter dem Schloss befanden. Lange fand er nichts, doch eines Abends entdeckte er ein altes schmiedeeisernes Kreuz, welches verrostet und teilweise von Schutt bedeckt in einer Ecke lag. Mühsam zog er es unter dem Geröll hervor und befreite es von dem darauf befindlichen Schmutz. Er fand eine Inschrift, einen Namen, der in das Metall eingearbeitet war. Doch die Schrift war einfach nicht mehr richtig zu erkennen. Mit viel Fantasie glaubte er den Namen „Lina Essex“ zu entziffern. Doch ob es sich bei dieser Dame um die sagenhafte Kräuterhexe handelte, wusste er nicht. Noch einmal befragte er die Zimmerfrau. Doch die gab nochmals vor, den Namen der Hexe nicht zu wissen. Und so nahm sich Spencer vor, selbst eine Nacht in den Katakomben zu verbringen. Zwar glaubte er eher nicht an überirdische Mächte, an Hexen und böse Zauber. Doch ein seltsames Gefühl veranlasste ihn, diese letzte Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Dazu holte er sich die Geisterseherin Liane Hartford ins Schloss. Ihr eilte der Ruf voraus, sie spürte sogar die schwächsten Erdstrahlen auf und könnte gute und bösartige Geister sehen. Miss Hartford war eine junge, sehr gut aussehende Frau, die eigentlich mitten im Leben zu stehen schien. So wunderte sich der Kommissar, dass sich diese Dame mit Zauberei und Geistern befasste. Doch Miss Hartford beruhigte ihn. Sie meinte, dass sie lediglich die Energie spürte, die von diversen Objekten ausging, mehr nicht. Sie sagte, dass zu ihrer Tätigkeit keine große Zauberei und schon gar keine übernatürliche Hexerei gehörten. Gemeinsam schritten sie die alten verwitterten Steintreppen ins Kellergewölbe hinab. In dem Raum, wo der Kommissar das eiserne Kreuz gefunden hatte, stellten sie ihre Liegestühle auf und richteten sich für die Nacht ein. Außerdem hatte sie etliche elektronische Gräte mitgebracht, die sie an den rauen Felswänden platzierte. Sie schloss die Geräte an einen merkwürdigen Oszillographen an, von dem sie meinte, er würde die Energiestrahlen messen und schließlich auch aufzeichnen. Eher misstrauisch beobachtete Spencer die Aktivitäten der Seherin. Draußen tobte unterdessen ein heftiges Gewitter und das eindringende Regenwasser lief an den Felswänden hinunter. Es war kalt und feucht und sehr unbehaglich. Doch die beiden harrten eisern in dieser halbdunklen Einsamkeit der Katakomben aus. Bis Mitternacht verging die Zeit recht schnell. Miss Hartford saß vor ihrem Oszillographen und wertete die Kurven aus. Schließlich drehte sie sich zu Spencer um und meinte, dass sie noch nichts bemerkt habe, was auf eine erhöhte Energie oder auf eine Geistererscheinung hindeutete. Spencer rollte mit seinen Augen und stöhnte.

Sollte das Ganze vielleicht doch der falsche Weg gewesen sein? Aber wie sollte er sich sonst auf die Spuren einer Kräuterhexe begeben, bei welcher er ja nicht einmal wusste, ob es sie überhaupt gab? Gerade fielen ihm die Augen zu, da zischte plötzlich Miss Hartford: „Da, da ist was! Ich sehe es genau! Starke Energiefelder sind im Raum!“

Vielsagend deutete sie mit ihrem Zeigefinger auf eine stark ausschlagende Kurve. Verständnislos beäugte sich Spencer die Kurve und sagte dann gelangweilt: „Na und, das sagt noch gar nichts.“

Doch Miss Hartford schien vollkommen aus dem Häuschen zu sein. Immer wieder deutete sie auf die heftig ausschlagende Kurve und schloss schließlich ihre Augen. Dann flüsterte sie beschwörend: „Wir müssen jetzt ganz still sein, sonst vertreiben wir sie wieder. Sie ist hier. Lina Essex, die Hexe, sie ist es, sie ist hier! Ich sehe sie genau. Sie will uns irgendetwas sagen!“

Der Kommissar hatte längst bereut, sich auf diesen Hokuspokus eingelassen zu haben. Doch er musste diese vollkommen verrückte Nummer jetzt durchstehen und kam da nicht mehr raus. So spielte er einfach mit und erkundigte sich nach dem Aussehen der vermeintlichen Hexe. Doch Miss Hartford schwieg und deutete plötzlich auf die Felswand vor sich. Da flimmerte etwas und der Kommissar traute seinen eigenen Augen nicht mehr. An der Felswand erschien eine alte Frau in langen schwarzen Kleidern und starrte die beiden schweigend an. Sie hielt etwas in der Hand. Es sah aus wie Papierbogen. Miss Hartford näherte sich der Erscheinung und blieb in respektvollem Abstand regungslos stehen. Und selbst Kommissar Spencer starrte wie gebannt auf die fluktuierende Felswand. Noch immer schien er sich nicht damit abgefunden zu haben, dass es zwischen Himmel und Erde wohl doch mehr zu geben schien, als er bislang zu glauben bereit war. Kopfschüttelnd betrachtete er sich die alte Frau und studierte ihr Gesicht. Sollte das wirklich diese Kräuterhexe sein? War das Lina Essex? Er hielt es einfach nicht mehr aus und wollte der Sache auf den Grund gehen. Vorsichtig erhob er sich und wollte sich der Felswand nähern. Doch da blitzte das Bild grell auf und verschwand. Miss Hartford war entsetzt. Laut schrie sie den Kommissar an: „Sind Sie verrückt! Sie haben den Geist nun für immer verjagt und alles war für die Katz!“

Doch so ganz für die Katz schien das Ganze wohl doch nicht gewesen zu sein. Irgendetwas segelte vor der Felswand zu Boden. Miss Hartford bückte sich und hob es auf. Es waren jene Papierbogen, die die rätselhafte Frau in ihren Händen gehalten hatte. Wie war es nur möglich, dass die Bogen in die Wirklichkeit und damit in die heutige Zeit gelangten? Konnte so etwas wirklich funktionieren oder war das alles nur ein großer Spuk und sinnreich eingefädelt von dieser angeblichen Geisterseherin Miss Hartford? Auf den Bogen war ein undeutlicher und handschriftlich verfasster Text zu sehen. Doch es half nichts, diesen Text an Ort und Stelle zu entziffern. Da sich die ganze Nacht über keinerlei Energieschwankungen mehr zeigten, brachen die beiden schon sehr früh am nächsten Morgen die Untersuchung ab. Spencer bedankte sich bei Miss Hartford und ersuchte sie, Stillschweigen über das Erlebte zu wahren. Dann gab er die Textbogen zur Untersuchung ins Polizeipräsidium. Dort stellte sich heraus, dass die Papierbogen circa dreihundert Jahre alt waren. Und sie gehörten tatsächlich einer Lina Essex, die man als Kräuterhexe verbrannte. Zuvor aber war sie die Ehefrau des Fürsten von Finkenbart. Sie hatte also den alten Sir Finkenbart geehelicht, dem einst dieses Schloss gehörte. Als sie schließlich hinter die heimlichen Liebschaften des Fürsten kam, wusste sie zu viel und hätte wegen ihrer Unbefangenheit dem Fürsten gefährlich werden können. So wurde sie kurzerhand zur Kräuterhexe abgestempelt und musste fortan jahrelang ihr Dasein in den Katakomben des Schlosses fristen. Letztendlich wurde sie in einer Nacht- und Nebelaktion zum Tode verurteilt. Noch vor dem Scheiterhaufen rief sie laut: „Ihr könnt mich zwar töten, doch wird mein Fluch über Euch kommen! Wenn in dreihundert Jahren ein männlicher Nachfahre meines Mörders an dieses Schloss zurückkehrt, um hier als Fürst zu leben, wird er sterben.“

Wenig später verschwand der alte Sir Finkenbart bei einer Wildschweinjagd und wurde nie mehr gefunden. Damit hatte Spencer einen Teil des Geheimnisses gelüftet. Es gab also diese sagenhafte Lina Essex, die beim damaligen Fürsten in Ungnade fiel und umgebracht wurde. Selbst der Dolch, mit welchem der junge Prinz dreihundert Jahre später ermordet wurde, gehörte der alten Fürstin. Sie hatte sich ihn zu Verteidigungszwecken schmieden lassen.

Als der Kommissar den Stammbaum des ermordeten jungen Prinzen genauer studierte, bemerkte er, dass dieser ein direkter Nachfahre des damals verschollenen Fürsten von Finkenbart war. Als er schließlich zum Schloss kam, um irgendwann die Fürstentochter Melanie zu ehelichen, erfüllte sich Linas Fluch auf grausame Weise. Denn es war Sir Finkenbart selbst, der damals den Scheiterhaufen unter seiner Noch-Ehefrau Lina Essex entzündete …

Rache der Vergangenheit

Der Fall war so tragisch wie auch merkwürdig! Irgendein Heckenschütze hatte aus sicherer Entfernung auf einen jungen Mann geschossen, der gerade dabei war, in seinen Wagen einzusteigen. Die Kugel traf ihn glücklicherweise nur an der Schulter. Doch der Täter konnte nicht gefasst werden, obwohl er ziemlich genau beschrieben wurde. Es sollte ein Mann in einer schwarzen Jacke gewesen sein, der auf dem Dach des Gebäudes stand, welches sich gegenüber vom Parkplatz befand. Man fand nur die schwarze Jacke, die seltsamerweise ein Loch in der Herzgegend aufwies. Die Suche gestaltete sich zwar schwierig, doch man fand sehr schnell eine heiße Spur. Die Jacke aber konnte dem Verdächtigen nicht zugeordnet werden. So musste er wieder freigelassen werden. Auch die Kugel, die den jungen Mann beinahe getötet hätte, wies einige Eigenarten auf. Sie stammte aus einem Gewehr, welches schon sehr alt sein musste. Man konnte trotz all dieser stichhaltigen Anhaltspunkte keinen Täter finden. So wurde schließlich der Profiler Conrad Jenkins zur Rate gezogen. Jenkins hatte sich eigentlich schon zur Ruhe gesetzt. Aber in besonders hartnäckigen Angelegenheiten befragte man ihn noch. Jenkins war ein älterer, recht gemütlicher Herr, der es eher langsam anging. Nicht jeder Polizeibeamte fand das so gut. Denn immerhin wollte man schnell die Täter zu fassen bekommen. Es war aber Jenkins Akribie und die Zielstrebigkeit, die ihn dann doch immer wieder auf die richtige Fährte setzten. Jenkins schaute sich auch diesen Tatort genau an. Dann begab er sich auf das Dach des Hochhauses, von welchem der Schuss gefallen war. Er konnte nichts Verdächtiges feststellen. Und er wusste genau, dass der Täter darauf bedacht war, alle seine Spuren zu verwischen. Allerdings machte Jenkins an genau dieser Stelle eine Denkpause. Irgendetwas in ihm veranlasste ihn, in eine andere Richtung zu denken. Es ging gar nicht mehr um eine Spurensuche. Vielmehr ging es um Motive.

Wer war das Opfer? Wer war dieser angeschossene junge Mann? Könnte er ein Auslöser für diese Tat gewesen sein? Gab es in dessen Familie einen Hinweis, der auf die Schussattacke hinweisen könnte?

Jenkins tappte nach wie vor im Dunkeln und fand wie auch seine ehemaligen Polizeikollegen absolut keinen Anhaltspunkt. Sollte dieser Täter etwa davonkommen? Was wäre, wenn er wieder zuschlagen würde? Gäbe es dann noch mehr Opfer? Vielleicht würde er inmitten der Stadt erneut zuschlagen? Jenkins fand einfach keine Ruhe mehr. Nachts blieb er stundenlang wach und ging in Gedanken die unfassbarsten Szenarien durch. Irgendeine Spur musste es doch geben? Irgendwann befasste man sich tatsächlich damit, den Fall vorerst zu den Akten zu legen. Die zuständige Mordkommission sollte aber weiter arbeiten. Und Jenkins fand noch immer keinen stichhaltigen Hinweis. Er forschte jedoch immer weiter. Es wäre sein erster Fall, bei welchem er versagen würde. Das durfte auf gar keinen Fall geschehen. So zog er eines Nachts los und untersuchte heimlich die Umgebung des Hauses, in welchem der angeschossene junge Mann lebte. Es war ein sehr altes Gebäude, in welchem der Mann wohnte. Und rund um das ehrwürdige Gemäuer erstreckte sich ein wackeliger Gartenzaun. Doch was war das? Im dichten Gebüsch, hinter dem Haus entdeckte Jenkins einen Stein. Mit seiner Taschenlampe leuchtete er hinter den Zaun. Es musste ein Grabstein sein, der dort stand. Plötzlich zog ein heftiges Gewitter auf. Die grellen Blitze erhellten die Gegend und tauchten den Grabstein in ein seltsames Licht. Zwischen den dumpfen Donnerschlägen glaubte Jenkins, eine Stimme zu hören. Zwar verstand er nicht, was die Stimme da sagte, doch er war sich ganz sicher, dass da etwas war. Es begann zu regnen und Jenkins wusste nicht so genau, ob er weiter kundschaften sollte. Doch seine Neugier war so stark, dass er sich durch eine schmale offene Stelle im Gartenzaun zwängte. Es bedurfte schon einiger Anstrengungen, um das dichte Gestrüpp, welches den Grabstein einhüllte zu beseitigen. Als er es schließlich geschafft hatte, richtete er den Lichtkegel seiner Taschenlampe auf die verwitterten Initialen, die einst in den Stein hinein gemeißelt wurden. Er las einen Namen: Jane Andrews, geboren am 8. November 1890, ermordet im Dezember 1916. Jenkins konnte sich keinen Reim darauf machen. Sie war noch so jung, erst 26 Jahre! Da vernahm er wieder diese Stimme. Und nun war sie so deutlich zu hören, dass er sie teilweise recht gut verstehen konnte. Es war eine glockenklare Frauenstimme. Sie flüsterte immer wieder die gleiche Worte: „Töte ihn, töte meinen Mörder.“

Obwohl der Donner des Gewitters ihre Worte in sich verschlang, konnte er sie dennoch gut hören. War das Jane Andrews? War das die hier begrabene junge Frau? Und was hatte das mit diesem jungen Mann zu tun, der