Angst bei der Arbeit - Angst um die Arbeit - Rainer Gross - E-Book

Angst bei der Arbeit - Angst um die Arbeit E-Book

Rainer Gross

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Beschreibung

Burnout und Depression sind inzwischen weit verbreitete Phänomene in der Arbeitswelt. Doch meist geht ihnen eine lange Geschichte voraus - eine Geschichte der Angst. Viele Menschen sorgen sich, den ständig wachsenden Anforderungen, der Beschleunigung und Optimierung, dem Druck an allen Fronten nicht mehr gewachsen zu sein. Sie haben Angst vor dem Scheitern, vor Exklusion, sozialem Abstieg, vor Kündigung. Oft fällt es schwer, zwischen äußeren Belastungsfaktoren und individuellen Befindlichkeiten zu unterscheiden. Rainer Gross analysiert die verschiedenen Formen der Angst in der Arbeitswelt und hilft Betroffenen, die Fähigkeit zur Selbstreflexion zu stärken. Was sind innere Muster, die diesen Ängsten zugrunde liegen, was hat es z. B. mit dem Zwang zum Erfolg auf sich? Warum können sich manche Menschen gegen Überforderung besser wehren als andere, und welche Rolle spielt dabei die Resilienz? Anhand von Fallbeispielen und eines Praxisteils bietet das Buch Betroffenen auch bewährte Hilfestellungen, z.B. zur Selbststeuerungsfähigkeit, zur Achtsamkeit und Empathie. Dennoch, so Rainer Gross, sei am Ende die Frage erlaubt: Reicht es wirklich, unser Verhalten zu ändern, oder braucht es auch eine andere Arbeitswelt?

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Seitenzahl: 341

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Gross

Angst bei der Arbeit – Angst um die Arbeit

Verlag Hans Huber

Ratgeber Psychologie

Rainer Gross

Angst bei der Arbeit – Angst um die Arbeit

Psychische Belastungen im Berufsleben

Verlag Hans Huber

Lektorat: Dr. Mathilde Fischer, Wiesbaden

Herstellung: Adrian Susin

Umschlaggestaltung: Gesine Beson

Druckvorstufe: Claudia Wild, Konstanz

Druck und buchbinderische Verarbeitung: Finidr, s. r. o., Cěský Těšín

Printed in Czech Republic

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Anregungen und Zuschriften bitte an:

Verlag Hans Huber

Lektorat Psychologie

Länggass-Strasse 76

CH-3000 Bern 9

Tel: 0041 (0)31 300 4500

Fax: 0041 (0)31 300 4593

[email protected]

www.verlag-hanshuber.com

1. Auflage 2015

© 2015 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-456-95401-1)

(E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-456-75401-7)

ISBN 978-3-456-85401-4

Inhaltsverzeichnis
Titelei
Einleitung
1. Stress, Ängste und die Folgen
Was sind Stress, Sorgen, Ängste und Angsterkrankungen?
Die Stressskala
Gängige Stressmodelle
Wirtschaftliche Rezession und psychische Gesundheit
Das Phänomen Angst
Die Biologie der Angst
Die Psychologie der Angst
Angst als gelerntes Fehlverhalten
Was sagt die Psychoanalyse zur Angst?
Arbeit und Angst
Die zweite Ratte oder: Mehr Stress durch fehlende Kontrolle
Wie wird die Angst zur Angststörung?
Panikattacken – die Explosion der Angst
Die generalisierte Angststörung: «Ich war schon immer so …»
Die schambesetzten Phobien
Die Therapeuten unterscheiden zwei Arten von sozialer Phobie:
Workaholic: Süchtig, aber dafür bewundert?
Psychopathen: Auch zu wenig Angst kann zu Problemen führen …
Resilienz und Salutogenese: Die subjektive Verarbeitung von Stress und Angst
Was ist Resilienz?
Sichere Bindung/Selbstwirksamkeit: Was fördert die Resilienz besonders?
Widerstandsfähig durch Verdrängung?
Salutogenese
Sinnstiftung durch Arbeit
«Held der Arbeit» oder Kranker? Burnout vs. Depression
Krankheitsverlauf bei Burnout
Leiden an äußeren Belastungsfaktoren und das Selbstbild der Betroffenen
«Nichtdia­gnose» Burnout
Burnout: Ursachen und Präventionsprogramme
Arbeitsbedingungen gestern und heute
«Diese Gesellschaft an sich macht krank» – Erschöpfungszustände im 19. Jahrhundert
Uns geht’s ja noch gut – das Beispiel Foxconn, China
2. Unsere Arbeitswelt heute
Die neue Arbeitswelt und ihre Belastungen
Technische Beschleunigung
Beschleunigung des sozialen Wandels
Beschleunigung unseres Lebenstempos
Beschleunigung auch nach Dienstschluss?
Die neuen Kreativen
Sehnsucht nach Wertschätzung
Unsere Beziehung zur Welt: Resonanz oder Entfremdung?
Die Sehnsucht nach Resonanz
Verschwimmende Grenzen zwischen Arbeitswelt und Privatleben
Schönheit
Fitness: Optimierung des Körpers für private und/oder berufliche Zwecke?
Von den Wirkungen und Nebenwirkungen des Laufens I
Von den Wirkungen und Nebenwirkungen des Laufens II
Arbeit und Privatleben – Überlastung hier wie dort?
Smile or die: Rhetorik vs. Realität
«Gefühlsingenieure» – Die Rolle der Arbeitspsychologie
Wenn uns das Lachen im Kino im Halse steckenbleibt …
Gnadenlos positiv: Die Rhetorik des Prinzips «Pseudo»
Wie reagiert das Team auf Anforderungen und Leitbilder?
Negative Emotionen am Arbeitsplatz verbieten?
Alle haben Angst – Warum unterschiedliche Ängste trotzdem zu Entsolidarisierung und Vereinzelung führen
Opfer – auf allen Ebenen
Wer hat Angst wovor?
Ängste ganz oben
Statusangst oder: Die Ängste der Mittelschicht
Exklusionsangst oder: Die Ängste unten
Die Angst der «Alten»
Die Angst vorm permanenten Prekariat: Die Ängste der Jungen
3. Arbeitsbezogene Ängste: Äußere und innere Ursachen
Äußere Belastungsfaktoren im Inneren unserer Psyche – wie werden sie verarbeitet?
Stabile Identität – heute schwer zu erreichen
4. Was tun? Verhaltensänderung oder Änderung der Verhältnisse?
Was könnte/sollte sich auf gesellschaftlicher Ebene ändern?
Arbeitszeitverkürzung und die Gründe für ihre Nichteinführung
Was Umsteiger und Aussteiger berichten
Was können die Betroffenen selbst tun – Reaktionen von Reaktanz bis Achtsamkeit
Was heißt «Abschalten»?
Stressreduktion durch Achtsamkeit
Professionelle Angebote: Wie können Beratung und Psychotherapie helfen?
Wie und wodurch kann Psychotherapie helfen?
Psychotherapie als Optimierungsagentur und Reparaturwerkstätte
Durch Selbstreflexion zum «Parlament der Emotionen»
Autonomie und Beziehung: Psychotherapie als Arbeit an der Nahtstelle innen/außen
Therapieziel Balance
Anerkennung der Abhängigkeit
Leiten heißt oft Leiden: Was wünschen sich Mitarbeiter vom Chef, was wünscht sich der Leiter von ihnen?
Schlussbemerkung
Anhang
Selbsttest: Wie widerstandsfähig bin ich?
Bibliografie
Anmerkungen

Einleitung

Der Anlass, dieses Buch zu schrei­ben, war – wie bei mir immer – ein persönlicher, ein subjektives Unbehagen an meiner eigenen Arbeitssituation: Ich bin seit dreiunddreißig Jahren Psychiater und seit fast dreißig Jahren Psychotherapeut und Psychoanalytiker, leite seit zwanzig Jahren eine Abteilung für Akutpsychiatrie. Dreißig Jahre lang war ich mit meiner Arbeitssituation derart zufrieden, dass ich mich auch nach acht bis zehn Stunden Arbeit pro Tag kaum angestrengt, geschweige denn überanstrengt fühlte. Dementsprechend wenig Verständnis konnte ich auch für die Klagen mancher Kollegen über ihre Erschöpfung aufbringen: Das Jammern solle man eher den Patienten überlassen, so meine Botschaft. (Ich habe dies hoffentlich nicht offen gesagt – indirekt aber so ausgedrückt. Die Kollegen werden es wohl gespürt haben.)

Meine Arbeitszufriedenheit hat in den letzten Jahren massiv und schmerzlich nachgelassen: Durch steigende Anforderungen, vor allem immensem administrativem Aufwand und die immer schmerzlicheren ökonomischen Einschränkungen im Krankenhaus habe ich innerhalb weniger Jahre erfahren, wie schnell Überforderung zu Gereiztheit, Zynismus und Erschöpfung führen kann.

Dagegenhalten konnte ich nur mit Techniken, die ich seit vielen Jahren meinen Patienten in vergleichbaren Situationen anbiete: Selbstdistanzierung, einen möglichst neutralen Blick auf die eigene innere Not «wie von außen». Auf diese Weise kann eine Differenzierung, eine Trennung der inneren/intrapsychischen von den äußeren Auslösern der Krise beginnen. Noch wichtiger aber war mir immer das gemeinsame Nachdenken mit den Patienten über deren «Krankheitsgewinn»: Was ist der Zweck eines Symptoms, welche anderen (als noch schlimmer fantasierten) Bedrohungen kann ich durch die Aufrechterhaltung des Symptoms vermeiden, kann ich mir ersparen? In meinem eigenen Fall: Was würde denn passieren, wenn ich in der Arbeit etwas «nachlassen» könnte beziehungsweise würde? Würde es überhaupt jemand außer mir selbst bemerken? Wenn aber nicht – was würde das wieder bedeuten? Könnte es mich beruhigen, wenn die Reduktion meiner Leistung überhaupt niemand auffallen würde?

Öffentlich angesprochen habe ich dieses Unbehagen erstmals in einem Referat vor Politikern und Sozialarbeitern: Der dort vorgetragene Text war aber eher eine Polemik als eine Auflistung therapeutischer Strategien – er kam aber überraschend gut an und führte dazu, mich weiter in das Thema zu vertiefen.1

Schnell stellte ich fest: Das Leiden an der Arbeitssituation war nicht nur mein Prob­lem, sondern auch das meiner Patienten und Kollegen.

In der Akutpsychiatrie behandeln wir täglich Menschen, die in akuter Verzweiflung nach einer Kündigung nicht mehr weiter wissen, oft sogar suizidal werden. Viele von ihnen haben Jobs verloren, deren Arbeitsalltag man nur als entsetzlich empfinden kann – trotzdem waren diese Arbeitsplätze das Zentrum ihres sozialen und see­lischen Lebens.

Die Psychotherapie-Patienten in meiner Privatpraxis entstammen meist einer anderen sozioökonomischen Schicht, sind in ihren oft leitenden Positionen ungleich privilegierter, meist zweifelt niemand außer sie selbst an ihrer Kompetenz und an der Sicherheit ihres Jobs. Trotzdem klagen fast alle von ihnen über das Gefühl, nicht mehr zu genügen, überflüssig zu werden, nicht mehr gebraucht zu werden. Immer komplexer werdenden neuen Medien stehen speziell die älteren unter ihnen hilflos gegenüber.

Bei den jüngeren Ärztinnen und Ärzten an unserer Abteilung wiederum konnte ich oft verblüfft feststellen, wie unterschiedlich meine bis zu dreißig Jahre jüngeren Kolleginnen und Kollegen mit ihren Belastungen, mit ihren Ängsten vor Fehlern umgingen: Positiv formuliert, versuchten sie viel früher als meine Generation aktiv gegenzusteuern im Sinne einer ausgeglichenen Work-Life-Balance. Negativ formuliert, so die Meinung vieler älterer Chefärztinnen und Chefärzte, seien die Jungen deutlich weniger bereit zur «Leistung», insbesondere zur Leistung von zahlreichen Nachtdiensten, schon bei relativ geringer Belastung klagten sie über Erschöpfung und Burnout.

In all diesen Gesprächen über Arbeitsbelastungen, all den zahlreichen Artikeln, Büchern, Fernsehsendungen der letzten Jahre geht es immer um die gleichen Begriffe: Belastung durch Beschleunigung, Überforderung, Erschöpfung, Depression – und natürlich Burnout. Deutlich seltener hören wir von der diskreteren Vorstufe der Erschöpfung und der allermeisten psychischen Erkrankungen – von der Angst.

Auf Nachfrage berichten viele Betroffene zwar von konkreten und anlassbezogenen Ängsten (vor zu viel Verantwortung, Überforderung durch immer größere Leistungsvorgaben, Angst vor Chefs und deren brutaler Kritik etc.). Diese Ängste können reflektiert werden, sind bewusstseinsfähig, allein das Gespräch da­­rü­ber wirkt oft schon erleichternd. Kaum bewusst aber (und daher auch kaum artikulierbar) sind die dahinterliegenden Ängste vor Kontrollverlust und Ohnmacht (speziell in Belastungssituationen). Letztlich handelt es sich um Ängste vor Autonomieverlusten, Ängste vor der Abhängigkeit von anderen Menschen und von äußeren – unbeeinflussbaren – Vorgaben. Warum können diese Ängste kaum gespürt werden, warum sind sie auch in Therapien so schwer ins Bewusstsein zu holen? Eine meiner Hypothesen dazu lautet, dass jeder Autonomie-Verlust für unser Selbstbild eben höchst bedrohlich ist, weil jedes bewusst erlebte Gefühl der Abhängigkeit uns so sehr beschämt! Das heutige «Erfolgsmodell» des Menschen ist der ra­­tional-autonome, ja emotional fast schon autarke Homo oeconomicus, die allseits flexible und belastbare «Ich-AG». Das bewusste Erleben von Angst ist in diesem Modell nicht vorgesehen, darf keinen Platz haben.

Wenn die Angst aber doch gespürt wird, hören wir fast schon «wie von innen» die Reaktionen einer nur scheinbar mitfühlenden Umwelt: Alles nicht so schlimm – Angst hat doch jeder, das gehört zum Leben, schon der Urmensch und der Säbelzahntiger etc. etc. Wie alle banalen Weisheiten haben auch diese einen Anteil an Wahrheit: Natürlich kommt es da­­rauf an, wie man mit der Angst umgeht – und hier unterscheiden sich einzelne Menschen in sehr hohem Maß! Fast alle scheuen bei ihrem Umgang mit Belastungen und – angstauslösenden – Überlastungen im Arbeitsleben die eine Frage: Warum tue ich mir das eigentlich an? Warum überfordere ich mich so – und das seit Jahren?

Welchen psychischen Zweck könnte das Symptom von Überlastung, ja von Selbstausbeutung bis zum Zusammenbruch haben?

Erst einmal werde ich mich dem Phänomen nach dem klassischen medizinischen Muster annähern: Beschreibung der Symptome und Syndrome, davon ausgehend eine Dia­gnose – doch dann wird es schwierig: Eine grundlegende «Therapie» zum Umgang mit dem heutigen Arbeitsleben bleibt eine vorerst fast unlösbare Aufgabe. Dennoch lohnt es sich, auch über solche unlösbaren therapeutischen Prob­le­­me nachzudenken – weil erst auf diese Weise klar wird, wie viele Aspekte der leidvollen Situation wir in unserem Denken und Fühlen bereits «naturalisiert» haben – also als unabänderlich empfinden – weil wir sie ja auch bisher nie verändert haben. Lassen Sie mich also beginnen im Sinne von Bertolt Brecht: «Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.»

Seltsamerweise habe ich während der Arbeit an diesem Buch die darin beschriebene Symptomatik höchst intensiv selbst erlebt: Das Thema erschien mir geradezu überwältigend, fast täglich fand ich neue Artikel, Bücher, Interviews, die ich unbedingt noch «einarbeiten» musste. Gleichzeitig erlebte ich ebenfalls fast täglich das bedrückende Gefühl, dass zu diesem Thema ja ohnehin schon alles gesagt sei – ich bestenfalls altbekannte Ergebnisse und Positionen nochmals aufbereiten und zusammenfassen konnte. Mein Grundgefühl war: Hilfe, es wird nie genug (Recherche) sein, gleichzeitig zerrinnt mir das Ergebnis unter den Fingern! Daher wurde ich manchmal schon müde, wenn ich nur daran dachte, welches Arbeitspensum ich mir fürs Wochenende wieder vorgenommen hatte. Am eigenen Fallbeispiel konnte ich so auch die Überschwemmung der Freizeit durch – selbst auferlegte – Arbeit erleben.

Trotzdem bemerkte ich auch, dass es nicht möglich war, den Arbeitsfortgang beliebig zu beschleunigen: Obwohl ich den nahenden Abgabetermin immer drängender spürte, jedes Kapitel, jeder Gedanke brauchte seine Zeit, bis er aus meinem Kopf aufs Papier gelangt war. Auch der (relativ) fleißige und motivierte Arbeiter ist also nur begrenzt beschleunigbar – quod erat demonstrandum!

Ich hoffe, mit diesem Buch alle Leserinnen und Leser zum Weiterdenken anzuregen, zum Nachdenken über einen leidvoll wie auch scheinbar unveränderlich erlebten Zustand der Angst. Ich würde mich freuen, wenn mein Text ein Anstoß zur Selbstreflexion, zur Solidarisierung – und somit auch zur Angstminderung – sein könnte.

1. Stress, Ängste und die Folgen

Was sind Stress, Sorgen, Ängste und Angsterkrankungen?

Der Begriff Stress ist heute mit Sicherheit eines der meistgebrauchten Worte in unserer Alltagssprache. Viele Menschen fühlen sich ständig und überall gestresst – beginnend mit dem Stress bei der Geburt über den Stress des Zweijährigen in der Kinderkrippe, gefolgt vom Schulstress, Prüfungsstress und nach einem langen stressreichen Arbeitsleben dann der Pensionsstress und Altersstress durch die verringerten körperlichen Ressourcen … Kaum vorstellbar, dass der Begriff vor 1936 (vor seiner Erfindung durch Hans Selye) nicht zur Verfügung stand …

Viele haben von den biologischen Grundmechanismen der Stressreaktion gehört, interessierte Mitbürger wissen vom berühmten Säbelzahntiger und der Adrenalin-Ausschüttung. So ist auch jeder fest von der Notwendigkeit eines vernünftigen Stressmanagements überzeugt, versucht sein Leben zu «entstressen», manchmal einfach nichts zu tun und nur vor sich hinzuschauen …

Doch auch dieses Nichtstun scheint heute schon Stress zu erzeugen: Ein Forschungsteam um Timothy Wilson (University of Virginia) zeigte in einer Reihe von Experimenten, «dass viele Personen das Alleinsein mit sich als unangenehm empfinden»2. Die Wissenschaftler baten College-Studenten, 15 Minuten in einem schmucklosen Raum ihren Gedanken nachzuhängen – und sonst nichts zu tun. Anschließend wurden die Studenten befragt, wie sie dieses Alleinsein empfunden hätten. Die Hälfte berichtete, es als unangenehm erlebt zu haben. Dann gaben die Wissenschaftler im zweiten Durchgang den Versuchspersonen die Möglichkeit, sich selbst einen leichten Elektroschock zu verabreichen – wenn ihnen das Nichtstun zu viel wurde, zu viel Stress erzeugte: Während der 15 Minuten entschieden sich 12 von 18 Männern und 6 von 24 Frauen dafür, sich selbst Stromschläge zu verabreichen! Lieber irgendetwas – auch etwas Unangenehmes – selbst aktiv tun, als gar nichts zu machen.

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