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Wie weit wirst du gehen für die wahre Liebe? „Aus lauter Liebe zu dir“ von Annegrit Arens jetzt als eBook. Sie ist die Schöne, er das Biest – und doch knistert es zwischen ihnen. Johannes ist vernarrt in Juliane: Sie ist eine Powerfrau, schön, erfolgreich, selbstbewusst. Und sie mag Johannes, doch eine Beziehung? Niemals! Schließlich hat er ein paar Kilos zu viel auf den Rippen und auch den Ehering an seinem Finger kann Juliane nicht ignorieren. Das geht leider auch Johannes so, also legt er den Ring ab, wird Chef einer Software-Firma und trainiert sich einen Traumkörper an. Welche Frau könnte da widerstehen? Juliane nicht – ihr Interesse erwacht: Vielleicht ist Johannes doch der Richtige … Doch kann der neue Traummann halten, was er verspricht? Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Aus lauter Liebe zu dir“ von Annegrit Arens.
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Seitenzahl: 491
Über dieses Buch:
Sie ist die Schöne, er das Biest – und doch knistert es zwischen ihnen.
Johannes ist vernarrt in Juliane: Sie ist eine Powerfrau, schön, erfolgreich, selbstbewusst. Und sie mag Johannes, doch eine Beziehung? Niemals! Schließlich hat er ein paar Kilos zu viel auf den Rippen und auch den Ehering an seinem Finger kann Juliane nicht ignorieren.
Das geht leider auch Johannes so, also legt er den Ring ab, wird Chef einer Software-Firma und trainiert sich einen Traumkörper an. Welche Frau könnte da widerstehen? Juliane nicht – ihr Interesse erwacht: Vielleicht ist Johannes doch der Richtige … Doch kann der neue Traummann halten, was er verspricht?
Über die Autorin:
Annegrit Arens hat Psychologie, Männer und das Leben in all seiner Vielfalt studiert und wird deshalb von der Presse immer wieder zur Beziehungsexpertin gekürt. Seit 1993 schreibt die Kölner Bestsellerautorin Romane, Kurzgeschichten und Drehbücher. Fünf ihrer Werke wurden für die ARD und das ZDF verfilmt.
Annegrit Arens veröffentlichte bei dotbooks bereits folgende Romane: »Der Therapeut auf meiner Couch«, »Die Macht der Küchenfee«, »Die Schokoladenkönigin«, »Die helle Seite der Nacht«, »Ich liebe alle meine Männer«, »Wenn die Liebe Falten wirft«, »Bella Rosa«, »Weit weg ist ganz nah«, »Der etwas andere Himmel«, »Der geteilte Liebhaber«, »Wer hat Hänsel wachgeküsst«, »Venus trifft Mars«, »Süße Zitronen«, »Karrieregeflüster«, »Wer liebt schon seinen Ehemann?«, »Suche Hose, biete Rock«, »Kussecht muss er sein«, »Mittwochsküsse«, »Liebe im Doppelpack«, »Lea lernt fliegen«, »Lea küsst wie keine andere«, »Väter und andere Helden«, »Herz oder Knete«, »Verlieben für Anfänger«, »Liebesgöttin zum halben Preis«, »Schmusekatze auf Abwegen«, »Katzenjammer deluxe«, »Ein Pinguin zum Verlieben«, »Absoluter Affentanz«, »Rosarote Hundstage«, »Die Liebesformel: Ann-Sophie und der Schokoladenmann«, »Die Liebesformel: Anja und der Grüntee-Prinz«, »Die Liebesformel: Tamara und der Mann mit der Peitsche«, »Die Liebesformel: Susan und der Gentleman mit dem Veilchen«, »Die Liebesformel: Antonia und der Mode-Zar« und »Die Liebesformel: Ann-Sophie und il grande amore«.
Die Autorin im Internet: www.annegritarens.de
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eBook-Neuausgabe August 2015
Copyright © der Originalausgabe 2001 Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main
Copyright © der Neuausgabe 2015 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung vom shutterstock/Sandra Cunningham
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH
ISBN 978-3-95824-254-8
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Annegrit Arens
Aus lauter Liebe zu dir
Roman
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Zum Fressen schön
Johannes Hopstein suchte einen Parkplatz, an einem Samstag kurz vor Ladenschluss ein fast schon aussichtsloses Unterfangen. Er tat es trotzdem, heute trieb ihn niemand, niemand wartete auf ihn. Das Wochenende gehörte ihm allein, wenn man von etlichen unter der Woche liegen gebliebenen Extrawünschen der Kundschaft und diesem Einkaufszettel absah. »Sechs frische Eier«, das »frisch« unterstrichen, des Weiteren »100 Gramm Putenbrust, 100 Gramm Corned Beef, eine Gurke, zwei rote Paprika, ein Dutzend Blutorangen und sechs Boskop, Klammer auf, Äpfel, Klammer zu«.
Glaubte Karin ernsthaft, er wüsste nicht, dass es sich bei »Boskop« um eine Apfelsorte handelte? Obendrein um die gesündeste, und wenn sie das sagte, würde es stimmen. Eine der vielen Eigenschaften, die er an seiner Frau schätzte, war ihre Ehrlichkeit.
Er warf einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett und nahm zugleich mit der Zeitanzeige die Schönheit des warm schimmernden Holzes in sich auf. Zirbelholz, er liebte es. Der Stundenzeiger hatte die Drei erreicht, seine Frau musste jede Minute bei ihren Eltern eintreffen, hoffentlich waren ihre Kopfschmerzen mittlerweile verschwunden, sie hatte auch so schon genug am Hals.
Er kreiste nun bereits das dritte Mal um die Apostelkirche, auf dem Platz davor war Markt, etliche Stände wurden schon abgeräumt, wenn er noch etwas bekommen wollte, musste er sich ranhalten. Er hatte vorgehabt, dort rasch diesen Einkaufszettel abzuarbeiten und dann einen Abstecher in die Galerie Habermann zu machen. René Habermann war einer seiner wichtigsten Auftraggeber, dafür musste man auch ab und zu eine solche Vernissage in Kauf nehmen. Ohne Karin an seiner Seite eine noch ärgere Tortur, Johannes hätte liebend gern darauf verzichtet.
Denk dran, du darfst den Habermann auf gar keinen Fall verärgern! Johannes seufzte, seine Frau hatte auch in diesem Punkt Recht. Der da oben schien ihren Handlanger spielen zu wollen, in der geschlossenen Parkreihe vor dem Bazar de Cologne leuchteten Rücklichter auf, er bremste ab, wartete und rangierte wenig später gottergeben in die frei gewordene Lücke. Hinreichend groß für sein Auto, an dem er hing, obwohl es heutzutage eher als schick galt, ein Auto als Gebrauchsgegenstand abzutun und es gegen ein neues Modell auszutauschen, bevor sein Wiederverkaufswert sank oder erste Macken sichtbar wurden. Er stieg aus, verriegelte von Hand, strich einmal fast liebevoll über die dunkelgrüne Lackierung, überquerte die Straße, wollte schon in das bunte Markttreiben eintauchen, als sein Blick auf die Auslage des Cafés an der Ecke schräg gegenüber fiel.
Ein gutes Café, sogar der Baumkuchen und die Pralinen wurden dort noch selbst hergestellt, das galt auch für die Köstlichkeiten aus Marzipan. Der bloße Gedanke ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen, ein gutes Marzipan war pures Glück, das langsam auf der Zunge zerging. Die Freude fürs Auge nicht zu vergessen. Zügigen Schrittes steuerte er das Schaufenster an, er hatte sich nicht geirrt, man hatte umdekoriert, den Mittelpunkt bildete nun ein Marzipanschwein von der Größe eines echten Ferkels. Was für ein profanes Wort für ein Gebilde von solch hinreißender Schönheit, dachte er und ertappte sich bei der Vorstellung, wie er genüsslich seine Zähne in diese rosige Hinterbacke grub und dann ohne zu kauen der Süße ihren Lauf ließ, bis die frohe Botschaft sich überall in seinem Körper breit machte. Ein Körper, das war sein nächster Gedanke, den er – wenn es nach Karin ging – an diesem Wochenende um wenigstens ein Kilo erleichtern sollte. Mit sauren Äpfeln, magerem Aufschnitt, Rohkost ... ihn schauderte.
Wie von magischen Fäden gezogen griff er nach dem altmodischen Türgriff, ein nicht weniger altmodisches Klingeln untermalte seinen Eintritt, die Kleine hinter der Kuchentheke lächelte ihn wie den alten Bekannten an, der er war.
»Guten Tag, Herr Hopstein! Schön, Sie mal wieder zu sehen.«
»Mal ist gut, eigentlich sollte ich einen Bogen um Ihr Café machen, bis ich mindestens fünf Kilo runterhabe. Aber Ihr Schwein hat mich schwach gemacht.«
»Sie müssen ja nicht das ganze Schwein nehmen, Herr Hopstein. Ein Stück davon tut's ja auch. Was hätten Sie denn gern? Noch haben Sie die freie Wahl.«
»Dann nehme ich ein Stück vom Hinterteil, das ist bei richtigen Schweinen am saftigsten, warum soll's bei denen aus Marzipan anders sein.«
Das Mädchen kicherte. Der Chef kam zu Hilfe, um das Kunstwerk mitsamt Tranchierbrett aus der Auslage zu heben, ein blitzendes Messer wurde aus dem hölzernen Messerblock gezogen, senkte sich in die rosige Pracht: »So?«
Johannes nickte und verfolgte fasziniert den Anschnitt, sog den Geruch von Bittermandel ein, genoss auch dieses fast feierlich zu nennende Ritual und freute sich wie ein Kind, als er das ebenfalls naturgetreue Ringelschwänzchen als kostenlose Dreingabe bekam. Nachdem alles sorgfältig verpackt worden war, machte er sich auf den Weg zur Galerie. Die Aussicht, sich dort die Beine in den Bauch stehen zu müssen, war weitaus weniger deprimierend, wenn hinterher solch ein köstliches Trostpflaster auf ihn wartete.
Obwohl heute Samstag und Juliane ihr eigener Herr war, hatte sie seit dem Frühstück vor lauter Arbeit kaum Luft holen können. Genau genommen war schon das Frühstück im Dom-Hotel Bestandteil ihres Jobs gewesen, auch wenn René so tat, als ob er ihr und sich lediglich etwas Gutes tun wollte, bevor die Wogen der heutigen Vernissage über ihm zusammenschlugen. In Wirklichkeit war es ihm wohl vor allem darum gegangen, sein Outfit von ihrem professionellen Auge begutachten zu lassen.
Für einen Mann, der wie René zielsicher den nächsten Publikumsliebling aus einer Vielzahl junger Künstler kreierte, war er erstaunlich unsicher, was die Ästhetik seiner eigenen Erscheinung betraf. Zwar passte alles vom Hemd bis zur Socke perfekt zusammen, ebenso wie die Frisur und die Brille als solche keinen Grund zur Beanstandung gaben, doch es gelang ihm wie vielen seiner Zeitgenossen nicht, eine Harmonie zwischen sich und der jeweiligen Situation herzustellen. Zu sagen: Hier stehe ich, da will ich hin, mit dieser Verpackung schaffe ich's am schnellsten.
Ein Manko, von dem Juliane lebte. Nicht schlecht lebte, wie sie zugeben musste. Im Grunde litt sie auch nicht ernsthaft darunter, regelmäßig einen großen Teil ihrer Wochenenden opfern zu müssen. Unterm Strich war es allemal befriedigender, sich als Verpackungskünstlerin feiern zu lassen, als wie das Gros der Frauen in ihrem Alter den Kehraus der eigenen Brut in die Wege zu leiten und sich zu fragen, ob es vielleicht noch zu einem Halbtagsjob als Hilfskraft wo auch immer reichte. Ihr Ding wäre das jedenfalls nicht.
Ein Resümee, das schlagartig den leisen Anflug von Erschöpfung von ihr abfallen ließ und die nächste Aufgabe in den Mittelpunkt rückte. Als erfolgreiche Stilberaterin – so die offizielle Berufsbezeichnung – war sie praktisch permanent ihre eigene Werbung und verkörperte durch ihr Auftreten die Botschaft, die sie ihrer Kundschaft in Wort und Tat predigte.
Juliane zog die verspiegelte Falttür des über die gesamte Front reichenden Einbauschrankes auf, griff in die bunte Fülle, zog zielsicher ein schlicht wirkendes schwarzes Kleid und eine taillenkurze Jacke in Orange heraus, eine mehr als gewagte Farbe zu ihren rotblonden Haaren und der sehr hellen Haut und deshalb genau richtig. Hingucker einerseits, Understatement andererseits, egal wie voll es sein würde, sie konnte sicher sein, dass niemand sie übersah oder – das andere Extrem – ihr den Vorwurf der Übertreibung machen konnte. Wer bereits ihre Dienste in Anspruch genommen hatte, würde sich in seiner Entscheidung bestätigt fühlen und bei Bedarf erneut auf sie zukommen. Wer sie noch nicht kannte, fragte sich oder seinen Nebenmann unweigerlich: »Wer ist denn das?« und schuf solcherart ebenfalls einen optimalen Nährboden für die frühere oder spätere Inanspruchnahme ihrer Dienste. Sie konnte mit sich zufrieden sein. Sie war es. Sie schenkte sich selbst ein Lächeln, alles stimmte, lediglich beim Griff nach der passenden Handtasche zuckte sie kurz zusammen.
Dieser Nagel! Mein Gott, das sah ja aus, als ob sie an den Nägeln knabberte. Es gab nichts Schlimmeres, eine schreckliche Unart, als Kind hatte sie deshalb von ihrer Mutter Senf auf die Fingerkuppen geschmiert bekommen ...
Erster Schultag, die Schultüte ist fast so groß wie ich, und was drin ist, weiß ich auch schon. Ich darf's nicht wissen, aber meine Neugier ist größer, nach dem »Schlafgut!« von Paps und dem Zusatz »und schnell.!!« von Mama bin ich rasch noch mal aus dem Bett gestiegen, habe vorsichtig am unteren Ende der Tüte den Falz aufgepiddelt und herausgefunden, was sich unter Süßigkeiten und Malstiften verbirgt: genau die Armbanduhr, die ich mir gewünscht habe und die angeblich viel zu teuer ist. Ich bekomme sie doch, das Herz schlägt mir bis zum Hals, Jubel gemischt mit schlechtem Gewissen, und morgens beim Frühstück entdeckt meine Mutter prompt die Mausezähnchen an meinen Nägeln.
Juliane, du hast ja schon wieder ...!«
Wenn sie sauer auf mich ist, nennt sie mich Juliane, sonst heiße ich »Julchen«. Für meinen Vater bin ich immer nur Julchen, ihm verdanke ich bestimmt auch die Uhr. Gegen den Senf auf meinen Fingerkuppen, den man riecht – sogar die Lehrerin ist neben meiner Bank stehen geblieben und hat geschnuppert –, unternimmt er nichts, er hätte sowieso keine Chance gehabt, aber er macht die Blamage trotzdem wett. Heimlich, ich bekomme zusätzlich zu der Schultüte und der Uhr einen neuen Hula-Hoop-Reifen: »Sei nicht sauer auf deine Mama, Julchen, eigentlich hat sie ja Recht!«
Der Abscheu vor Senf war geblieben, eine verspätete Dankbarkeit für ihre Mutter war dazugekommen, manchmal musste man einfach hart gegen sich selbst sein.
***
Keine Stunde später erhielt Juliane in der Galerie Habermann einen weiteren Beweis dafür, was aus Menschen wurde, dir eben diese Härte nicht aufbrachten. Die Beleuchtung war notgedrungen hell, die Exponate ringsum an den hohen weißen Wänden erforderten viel Licht. Punktstrahler, die zugleich mit diesem und jenem Acryl auf Leinwand die Schwächen der geladenen Gäste bloßlegten. Rundrücken, Knickbeine, Speckrollen und Augen, die hektisch zu glänzen begannen, je näher die Besucher in den Dunstkreis von René rückten.
Man hätte meinen können, er selbst wäre der Künstler, sein Anblick stach wohltuend hervor, vermittelte Juliane ein positives Gefühl. Sie hatte wieder einmal gute Arbeit geleistet. Die Gestik war ausgewogen, das Lächeln charmant – ohne anbiedernd zu wirken –, der Anzug betonte den schlanken Wuchs, die neue Brille, die sie für ihn ausgesucht hatte, war das Tüpfelchen auf dem »i«. Sie verlieh ihm einen Hauch »Lagerfeld«, der Apo-Schnauzer war verschwunden, statt Seidenrollis trug René auf ihr Anraten hin vorzugsweise Oberhemden mit Schaltuch, er redete nun auch langsamer, weniger mit Händen und Füßen, gerade in Hinblick auf die Kundschaft von fünfzig aufwärts war das wichtig.
Diese Altersgruppe hatte ab einem bestimmten Einkommen nun mal das größte Interesse an der Verschönerung der eigenen vier Wände mit echten Kunstwerken. Was nicht bedeutete, dass Juliane sich zu Rundrücken & Co besonders hingezogen fühlte, sie musste zum Glück auch keinen Hehl aus ihrer mangelnden Begeisterung machen. Das fiel diesmal in Renés Ressort. Sie beschloss, sich im Hintergrund zu halten, bis die Rede ans Volk vorbei war. Stühle gab es keine, dafür waren einzelne Bistrotische aufgestellt worden, die meisten waren besetzt. Sie steuerte einen freien Platz an, der weder in der Toilettenschneise noch im Einzugsbereich der Bar lag.
»Ist hier noch etwas frei?« Eine Floskel. Ihre Augen suchten den Aushilfskellner, der mit einem Tablett voller Getränke herumging, zoomten es auf sich zu, Sekunden später hielt sie ein Glas Champagner in Händen. Nicht die teuerste Marke, aber immerhin Schampus. René ließ sich nicht lumpen, seitdem sie ihm klargemacht hatte, dass er besser auf Schnittchen und so weiter verzichtete, statt an der Qualität der Getränke zu sparen.
»Der Champagner prägt sich ein«, hatte sie zu ihm gesagt, »das merkt sich jeder, lappige Schnittchen hingegen gibt es überall, ihr Erinnerungswert ist gleich null und, wenn schon, eher negativ.«
Sogar die Temperatur stimmte, sie nahm einen kräftigen Schluck, genoss das vertraute Kribbeln und hörte schon das Knattern des Mikrophons – gleich war es so weit! –, als ein Knistern unmittelbar neben ihr ihre nach vorn gerichtete Aufmerksamkeit ablenkte. Sie blickte zur Seite, der Mann neben ihr – groß, kräftige Statur, breite Schultern, der Rettungsring an der Taille fiel erst auf den zweiten Blick auf – zog etwas aus seiner Tasche. Sehr behutsam, so als ob es sich um ein zerbrechliches Kleinod handelte, folglich keine Zigaretten und auch kein Paket Papiertaschentücher, das Einwickelpapier kam ihr vage bekannt vor, klaffte nun, enthüllte etwas Rosiges, gleichzeitig begann es sehr intensiv zu duften.
Nach Weihnachten, dachte Juliane, sie assoziierte diesen Duft spontan mit »Apfel, Nuss und Mandelkern«, brennenden Kerzen und bunt bemalten Papptellern, randvoll mit Naschwerk, es war viele Jahre her, seit sie zuletzt auf diese Weise Heiligabend gefeiert hatte. Seitdem ihre Mutter im Heim war und Weihnachten fragte, ob jetzt Ostern sei, flog sie die Feiertage über in den warmen Süden.
»Wollen Sie auch etwas?« Der Fremde, synchron zur Sprechprobe von René. Das Drängen und Schieben nach vorn nahm, falls das überhaupt möglich war, noch zu.
»Wie bitte?«, fragte sie irritiert.
»Es ist das beste Marzipan von ganz Köln.«
»Aber ...«
»Ich bin süchtig danach, ich konnte einfach nicht widerstehen, diese wunderbare Sau hat mich angeblinzelt – eigentlich wollte ich nur rasch zum Markt –, und schon bin ich ihr verfallen. Kosten Sie ruhig, Sie können es sich ja leisten im Gegensatz zu mir. Aber was ist das Leben, wenn man sich alle Wonnen verkneift?«
»Es kommt immer auf das rechte Maß an.«
»Das sagt meine Frau auch immer. Kasteien Sie sich, um so dünn zu bleiben?«
»Ich kasteie mich nicht«, Juliane flüsterte nun, trotzdem war es ihr ein Bedürfnis, diesen Satz noch zu Ende zu bringen, »ich sehe lediglich zu, dass mein Verhalten und meine Optik und eben alles dem jeweiligen Anlass entsprechen.«
»So.« Und eine Weile später: »Sie haben schöne Hände.«
Juliane sah auf ihre Hände, ließ sich buchstäblich von diesen braunen Augen an die Hand nehmen, zuckte zusammen, zog im Reflex den Zeigefinger mit dem auffällig kurzen Nagel ein, dachte an das Glas Löwensenf in ihrem Kühlschrank und an die letzte Nacht, als sie endlos lange wach gelegen hatte, um eine Entscheidung zu treffen. Es lag ihr nicht, sich von den Ereignissen überrollen zu lassen.
Ob sie etwa im Halbschlaf ...?
Sie sah hoch, sah nach vorn, suchte den Blick des eleganten Redners, der im Mittelpunkt stand, obwohl der Star dieses Nachmittags Renés Worten zufolge ein hoffnungsvoller junger Künstler war, dessen Exponate noch bis zum Ende des Monats hier ausgestellt und käuflich zu erwerben waren.
»Natürlich steht Donald Ihnen gleich zu Gesprächen über seine Impressionen in Acryl zur Verfügung«, sagte René gerade, »er signiert auch gerne mit einer persönlichen Widmung. Und nun möchte ich mit Ihnen auf den Erfolg von Donald anstoßen, der meiner bescheidenen Meinung nach schon bald zu den bekanntesten zeitgenössischen Künstlern zählen wird. Salute!«
Juliane hob ihr Glas und wünschte sich, dass René zu ihr hinsähe, es wäre ein Zeichen. Der Kellner verbaute ihr die Sicht, sie wollte ihn schon fortschicken, als der unmögliche Fremde neben ihr »Die Dame möchte Nachschub!« sagte.
»Woher wollen Sie wissen, was ich möchte?«
»Sie haben ein leeres Glas an die Lippen geführt. Sie haben übrigens wirklich schöne Hände. Sie sind überhaupt eine sehr bemerkenswerte Frau.« Sprach's und machte sich mitsamt seinem angebissenen Stück vom Marzipanschwein davon, bevor sie ihm mitteilen konnte, was sie von ihm hielt. Vielleicht war es besser so. Sie hatte noch nie etwas für Marzipan übrig gehabt und für übergewichtige Mittvierziger noch viel weniger.
***
Johannes fuhr nicht sofort heim, obwohl ihm klar war, dass es vernünftiger wäre, die liegen gebliebene Arbeit hinter sich zu bringen und den Rest des Wochenendes zur freien Verfügung zu haben. Wobei dieses »frei« relativ war, denn spätestens wenn Karin anrief und fragte, was er gerade tat, und er daraufhin sagte, dass er schon alles erledigt hätte, würde sie etwas anderes ausgraben.
Nicht etwa, dass sie ihm keine Ruhe gönnte, ganz im Gegenteil. Sie neigte lediglich dazu, auch die Phasen der Entspannung zu reglementieren. Wenn sie etwa seinen Wunsch, einfach mal wieder durch die Stadt zu bummeln, aufgriff, plante sie gleich, was man vorher und hinterher tun könnte. In aller Regel war von der Sache her nichts gegen ihre Vorschläge einzuwenden, trotzdem war Johannes manchmal versucht, dagegenzureden. Ein kindisches Unterfangen, wie er sich im nächsten Moment sagte und dann gewöhnlich nachgab.
Es mochten Überreste dieses kindischen Trotzes sein, die ihn an diesem Spätnachmittag dazu trieben, alle möglichen Umwege zu fahren. Er war eine Ewigkeit lang nicht mehr am Neptunplatz gewesen, als er ein Kind war, hatte seine Mutter ihn hierher zum Einkaufen geschickt, und einmal die Woche waren sie beide im alten Neptunbad schwimmen gewesen. Die Halle düster und imposant zugleich, die violettblauen Glassteine ließen nur gedämpftes Licht durch, das Wasser plätscherte leise, es duftete nach Shampoo und Pflegecremes, auf der hölzernen Empore standen Liegen, aber er hatte die einfachen Stühle an den runden Tischen in der Halle bevorzugt, nur dort durfte man sich stärken. Seine Stärkung befand sich stets in einer Butterbrotdose aus Metall. Darin zwei Doppelscheiben Schwarzbrot mit Butter, dick mit Zucker bestreut, weil er schon immer für sein Leben gern Süßes aß und seine Mutter ihn dafür belohnen wollte, dass er Sport trieb.
Während Johannes die Leute beobachtete, die den Jugendstilbau ansteuerten, glaubte er den Zucker zwischen seinen Zähnen knirschen zu hören. Jemand hupte hinter ihm, er hob entschuldigend die Hand und fuhr weiter, steuerte ebenfalls, ohne weiter nachzudenken, die schmale Seitenstraße an, in der es bereits vor dreißig Jahren so etwas wie den Vorläufer jener Studios gegeben hatte, die heute überall wie Pilze aus dem Boden schossen. Sein Vater hatte energisch darauf gedrängt, dass er seinen Körper ertüchtigte, mit ein paar läppischen Runden Schwimmen gab er sich nicht zufrieden. Es war gut gemeint gewesen und buchstäblich der letzte Versuch. Der Fußballverein hatte bereits ebenso auf Johannes verzichtet wie Alpenverein und Ruderclub, er wollte weder regelmäßig kicken noch kraxeln, noch bei Wind und Wetter über den Rhein schippern. Dem Training mit Hanteln und Rudermaschine hatte er nur um des lieben Friedens willen zugestimmt.
Er fuhr langsamer, jetzt musste gleich der Hauseingang kommen, das Studio hatte halb im Keller gelegen, ständig roch es nach Schweiß, am besten war noch der Traubenzucker gewesen, den er von seiner Mutter als eiserne Reserve mitbekam. Mal mit Vanille-, mal mit Schokogeschmack, rückblickend war es schon ziemlich verrückt, sich für die paar Täfelchen die Seele aus dem Leib gekeucht zu haben Immerhin hatte er damals noch keine Diät gebraucht.
Erneut schauderte es ihn bei dem Gedanken an die Fastenkur, die Karin von ihm erwartete. Obwohl sie sonst kein Blatt vor den Mund nahm, äußerte sie ihre Erwartungen an seine Figur durch die Blume, etwa indem sie ihm aus der Zeitung vorlas, welches Körpergewicht bei welcher Größe die höchste Lebenserwartung verhieß, oder indem sie Pudding mit Süßstoff und Magermilch zubereitete, ihr Arsenal war schier unerschöpflich. Trotzdem legte er seit Monaten Pfund um Pfund zu, angeblich hatte er keinen blassen Schimmer, woher das kam. Lüge! Mit einer Mischung aus schlechtem Gewissen und Genugtuung torpedierte er heimlich alle Bemühungen um seine schlanke Linie und naschte noch mehr als zuvor, den tieferen Grund hätte er nicht zu sagen vermocht.
Neulich hatte er Karin im Gegenzug vorgerechnet, wie viel Kalorien man beim Liebesakt verbrannte. Sie war nicht unbedingt prüde, fand es aber offenbar geschmacklos, ein Stück Havannatorte gegen eine Runde Sex aufzurechnen. Bei dem Gedanken an guten Sex begann er zu schlucken, prompt fiel ihm das Stück Marzipan in seiner Tasche wieder ein, er tastete danach, das Knistern führte ihn zu der Frau, die vorhin neben ihm gestanden hatte. Auch keine Freundin vom Naschen, so viel stand fest, eindeutig zu dünn für seinen Geschmack. Wahrscheinlich fühlte sie sich ähnlich unbequem an wie dieses thronartige Gebilde, das Karin klammheimlich an die Stelle seines urgemütlichen Ohrensessels gesetzt hatte und das sie »Geburtstagsüberraschung« nannte. Sein Protest war abgeschmettert worden, sogar sein Neffe Moritz fand den Sitzthron cool. Echt cool, hej!
Immer wenn Moritz das sagte, sah seine Mutter drein, als ob sie gerade in eine Zitrone gebissen hätte. Mit Zitronen kannte Sigrid sich bestens aus, rückblickend kam Johannes die Kindheit seiner zwei Jahre älteren Schwester wie eine Aneinanderreihung von Diäten mit Zitrusfrüchten und bei den Bundesjugendspielen gewonnenen Urkunden vor. Als Junge hatte er möglicherweise ähnlich unter ihr gelitten wie heute Moritz. Moritz war schwer in Ordnung, sein Echt cool, hej! war's ebenfalls, auch wenn sich das garantiert nicht auf eine Vertreterin des weiblichen Geschlechts bezog. Für den Zehnjährigen waren Mädels noch durch die Bank Echt Panne, hej!.
Johannes überlegte, ob die Lady von vorhin Familie hatte. Er entschied dagegen, mal ganz abgesehen von dem fehlenden Ehering – was heutzutage nicht mehr viel zu bedeuten hatte – machte sie nicht den Eindruck, als ob sie viel Zeit am Herd oder in der Waschküche oder beim Pampern des Nachwuchses verbrächte. Nicht mal seine Schwester schaffte es, auch nur annähernd so gepflegt auszusehen. Und obendrein elegant, ohne deshalb übertrieben zu wirken. Raffiniert, ja, das war das passende Wort. Lediglich diese Nägel passten nicht ins Gesamtbild. Sehr kurz, unlackiert, der Nagel des linken Zeigefingers hatte wie abgeknabbert ausgesehen. Aber wieso sollte eine solche Frau an den Nägeln herumbeißen? Es schien sie gefuchst zu haben, dass er ausgerechnet ihre Hände bewunderte, dabei war das nicht gelogen gewesen. Er hatte ihre Hände auf Anhieb gemocht, weil sie nicht »cool« waren. Es musste einen Grund geben, warum sie
Geht dich das etwas an? Johannes musste zugeben, dass es ihn nicht die Bohne anging. Alle Anzeichen sprachen dafür, dass er nur nach einem Vorwand suchte, um dem Plan zu entkommen, den Karin für dieses Wochenende für ihn entworfen hatte. Okay, er hatte keine Lust auf Kaninchenfutter, aber das war noch längst kein Grund, im Nostalgietaumel durch die halbe Stadt zu gurken und von Schwarzbrot mit Zuckerstreuseln zu träumen. Wie wär's, wenn er versuchte, Moritz aus den Fängen seiner Mutter zu befreien?
***
Juliane wusste, dass sie endlich nach vorn gehen und René zu seiner gelungenen Ausstellung gratulieren sollte. So wie alle anderen oder auch nicht ganz wie alle anderen, weil sie beide neben dem Kommerz und der Kunst ja möglicherweise noch eine dritte Größe verband. Ob er ein guter Liebhaber war? Vermutlich schon, seine Handküsse hatten etwas durchaus Elektrisierendes, wenn er dabei sekundenlang die Lippen öffnete und in aller Öffentlichkeit mit der Zungenspitze ihren Handrücken koste oder gar zu der dünnen Haut an der Innenseite ihres Handgelenks abglitt. Andererseits war die Tatsache, dass er überhaupt Handküsse verteilte, eher befremdlich, das galt im Übrigen auch für seinen »Wiener Schmäh«. Dabei war er nicht mal gebürtiger Wiener, sondern kam aus Tirol, diese Information verdankte sie seiner Schwester. Ob sie heute auch dabei war? Der Habermann-Clan ließ, wie es hieß, so rasch keine Gelegenheit aus, persönlich an den Sternstunden von René teilzunehmen.
Juliane überflog die Gesichter der Anwesenden, nickte flüchtig, wenn sie jemanden erkannte, und verspürte leichten Überdruss bei dem Gedanken, sich in die Reihe der Gratulanten einzureihen. Küsschen links, Küsschen rechts, René war voll und ganz in seinem Metier, etliche Handküsse hatte er auch schon appliziert. Einen pro gekauftes Bild, dachte sie und überlegte, was für einen Profit er sich erhoffte, wenn er ihre Hand ...
Ein idiotischer Gedanke, sie verglich gerade Äpfel mit Birnen, trotzdem zog sie es vor, sich noch eine Weile abseits zu halten. Sie nahm sich ein weiteres Glas Champagner und zog sich auf die Empore zurück, von wo man einen guten Blick über das Treiben unten hatte, ohne direkt hineingezogen zu werden. Ameisengewirr, Stimmengesumm, ab und an ein zu schrilles Lachen, lediglich die hohen Wände behielten Contenance, daran änderten auch die auffällig gerahmten Mickymäuse in Acryl nichts. Donald Duck mit dem Lächeln der Mona Lisa und in der Pose von Elvis Presley, der Künstler hatte die Kultfigur des Comics genommen und mit charakteristischen Merkmalen anderer Berühmtheiten dekoriert, gar nicht mal schlecht.
»Gefällt es Ihnen hier oben auch besser?« Stimme neben ihr, der Mann selbst eher klein, unauffällig, wenn sie es nicht besser wüsste, wäre sie nie auf die Idee gekommen, ihn für den Künstler zu halten.
»Sollten Sie nicht unten sein und brav signieren?«
»Ich habe nicht den Eindruck, dass mich jemand vermisst.« Es klang nicht so, als ob es ihm andersherum lieber wäre.
»Heißen Sie wirklich Donald?«
»Nein, aber René findet, dass es besser fürs Marketing ist, wenn ich wie die Figur heiße, die ich ständig verfremde.«
»Tja, von Marketing versteht René wirklich etwas. Und Sie arbeiten also vorzugsweise in Ihrem Atelier in Manhattan?«
»Schön wär's. Soll ich Ihnen mal was verraten? Ich war noch nie in den Staaten.«
»Verstehe, auch nur Verkaufsmasche. Und wo arbeiten Sie wirklich?«
»Für einen Blauen zeige ich es Ihnen.«
War es die Neugier, die Juliane einen Hunderter springen lassen ließ? Eine Laune? Der Wunsch, eine Seite von René Habermann kennen zu lernen, die er nicht selbst preisgab? Gut möglich, jedenfalls folgte sie Donald, der nicht wirklich Donald hieß, zu einer schweren Eisentür neben der Teeküche.
»Ist das nicht der Notausgang?«
»Ja, und gleichzeitig ist es der Eingang zu meinem ...«
»... Atelier?«
»So könnte man es mit etwas gutem Willen nennen.«
»Und wie nennen Sie es?«
»Mein Gefängnis, aber verpetzen Sie mich ja nicht. Seit drei Monaten arbeite ich hier wie verrückt für die Ausstellung und darf erst im Dunkeln über die Feuertreppe raus, weil mich ja sonst jemand erkennen und die PR-Masche platzen lassen könnte. Anfangs fand ich's noch ganz witzig, so à la Spion in geheimer Mission, aber mittlerweile hängt es mir zum Hals raus. Ich bin froh, wenn der Affenzirkus vorbei ist.«
»Und warum besorgt René Ihnen nicht einfach etwas außerhalb, wo niemand Sie mit Kunst in Verbindung bringt?«
»Weil er dann befürchten müsste, dass ich tage- oder wochenlang versumpfe. Wenn ich Geld in die Finger bekomme, ist das so. Arbeiten ist einfach nicht mein Ding, man muss mich buchstäblich dazu treiben und festnageln, und das beherrscht René perfekt.«
»Er wird Sie ja wohl kaum einschließen.«
»Nein, das muss er auch nicht. Er gibt mir nur nicht mehr Geld auf die Hand, als ich für eine Schachtel Zigaretten und einen Espresso brauche, alles andere besorgt er für mich. Natürlich keinen Alk und erst recht keinen Koks. Die große Kohle gibt's erst, wenn die Show hier gelaufen ist und möglichst viele Bilder einen Käufer gefunden haben. Gefallen Ihnen meine Bilder?«
»Ein Bild gefällt mir besonders gut, weil es so schwerelos, so abgehoben ist. Kommen Sie, ich zeige Ihnen, welches ich meine.«
»Okay, dann verschieben wir den Besuch bei mir im Knast auf ein anderes Mal, viel verpasst haben Sie sowieso nicht. Ein Zimmer, Kochnische, Duschbad, die Möbel erinnern mich an das Zeug, das meine Mutter ihren Untermietern reinstellt, nur das Fenster ist größer und die Neonröhre an der Decke heller. Also, welches Bild meinen Sie?«
»Das da.« Juliane zeigte über die Brüstung hinweg und zuckte, als er zu lachen begann, zusammen, zog rasch die Hand zurück.
Ob er über ihren ausgefransten Fingernagel ...?
»Das ist komisch oder, besser gesagt, genial.«
Sie entspannte sich, ihre Nägel konnte er doch nicht meinen.
»Was ist genial?«
»Dass Sie auf Anhieb kapiert haben, worum es bei diesem Bild geht. Ich habe es für mich ›flying high‹ getauft, und das kommt ziemlich genau auf Ihre Interpretation hinaus. Es ist abgehoben, Donald hebt in allen Farben ab, alles, was den grünen und gelben, roten und blauen Donald noch hält, sind diese Wollschnüre.«
»Und was passiert, wenn man sie kappt?«
»Dann bekommt René einen Anfall und ich keinen Penny.«
»Gut, dann kaufe ich es eben. Als neue Besitzerin kann ich damit tun und lassen, was ich will. Vielleicht hänge ich es mir aber auch nur an die Wand und stelle mir vor, wie es wäre, wenn Donald abhebt.«
»Hört sich an, als ob Sie selbst gern an seiner Stelle wären.«
»Nein, da irren Sie sich, ich bin sehr fest in diesem Leben verwurzelt, ich bin überhaupt ein sehr disziplinierter Mensch. Ganz anders als Sie, ich genieße es regelrecht, wenn alles nach Plan abläuft, vorausgesetzt ...«
»... es ist Ihr Plan?«
»Vielleicht. Wir sollten zusehen, dass wir zu René kommen, bevor er uns ernsthaft vermisst.« Juliane ging vor, der junge Künstler folgte ihr auf dem Fuß. Das Lachen, mit dem René sie empfing, war einen Touch zu laut und zu herzlich. Weil er argwöhnte, sein Schützling könnte ihr mehr erzählt haben, als ihm lieb war? Mit einem spöttischen Lachen bediente sie sich erneut von dem Tablett, das der Kellner umhertrug. Das vierte Glas Champagner auf nüchternen Magen, vielleicht hätte sie doch ein Stück Marzipan annehmen sollen. Irre Idee, der ganze Typ war irre gewesen, packte mitten auf einer Vernissage ein Stück von einem Marzipanferkel aus. Diese wunderbare Sau hat mich angeblinzelt, und schon bin ich ihr verfallen.
»Darf ich mitlachen?«
Sie sah René an, brauchte einen Augenblick, um auf ihn umzuschalten, schüttelte den Kopf. »Nein, aber du darfst etwas anderes.«
»Nämlich?«
»Einen Punkt an ›flying high‹ pappen. Das ist Bild Nummer elf.«
»Und wer ist der Käufer?«
»Ich.«
Obwohl es ihn freuen sollte, freute er sich nicht. Hinter seiner Stirn arbeitete es sichtlich, er vergaß sogar, wie wenig vorteilhaft dieser »Wiener Schmäh« für ihn war, in den er nun wieder verfiel. Geschäftlich betrachtet, privat auch, ihr war endgültig die Lust vergangen, den Abend in seiner Gesellschaft ausklingen zu lassen. Sie verabschiedete sich, während er in ein weiteres »Küss-die-Hand-gnä'-Frau!« für eine weitere Käuferin abtauchte, auf Französisch.
***
Sigrid hatte Moritz wie immer, seit er das Gymnasium besuchte, von der Schule abgeholt. Er hätte genauso gut allein mit dem Rad fahren können, die ersten Wochen hatte er das auch getan. Mit dem Erfolg, dass sie permanent mit dem Essen auf ihn wartete und zu spät in die Apotheke kam, welche die Basis für jede Menge Wohnkomfort war, für ein neues Auto alle zwei Jahre und für alles das, wodurch sie sich von ihrem jüngeren Bruder unterschied. Johannes würde es nie lernen. Manchmal fürchtete sie, dass ihr einziger Sohn tatsächlich nach ihm kam. Es war besser, wenn die beiden nicht zu viel Zeit miteinander verbrachten, obwohl sie andererseits froh und dankbar für jede Stunde sein musste, die Moritz unter Kontrolle verbrachte. Ihr schwante, dass er hinter ihrem Rücken Dinge tat, die alles andere als wünschenswert waren. Ob sie ihn vielleicht doch wieder im Hort anmelden sollte?
Wenn du das tust, hau ich zu Onkel Johannes ab!
Neben ihr auf dem Beifahrersitz begann Moritz zu zappeln, gleichzeitig spielte er an ihrem neuen CD-Player herum, neulich hatte er es geschafft, ihn so zu programmieren, dass er von allen Scheiben nur noch das letzte Lied spielte. Sie hatte getobt und dann klein beigegeben, weil sie selbst nicht in der Lage war, den ursprünglichen Zustand wieder herbeizuführen. Vielleicht hätte sie sich doch nicht von seinem Vater trennen sollen, aber wer wusste schon vorher, wie schwierig es war, ein Kind allein großzuziehen.
»Moritz, könntest du das bitte lassen!«
»Ich mach doch gar nix.«
Sie überging das, solche Diskussionen führten zu nichts, es gab andere Druckmittel. Bessere. Entzug von Fernsehen, Süßigkeiten, Besuchen bei seinem Onkel. Sie überlegte, ob sie Moritz schon jetzt sagen sollte, dass sie heute Abend ausging? Besser nicht. Stattdessen begann sie aufzuzählen, was sie an diesem Samstagnachmittag von ihm erwartete.
»Dein Essen steht fix und fertig in der Mikrowelle, vergiss nicht wieder den Salat, und danach machst du bitte deine Hausaufgaben, ich möchte nicht noch einmal unterschreiben müssen, dass mein Sohn nur die Hälfte erledigt hat.«
»Was gibt's zum Nachtisch?«
»Obst. Frisches Obst. Davon kannst du dir nehmen, so viel du willst.«
»Ist wenigstens wieder was Ordentliches zu trinken da?«
»Mineralwasser ist das beste Getränk überhaupt. Durstlöschend, kalorienarm, reich an wertvollen Mineralien.«
»Kann ich heute G.Z.s.Z. gucken? Ich hab's mir aufnehmen lassen, weil ich ja unter der Woche nicht gucken durfte. Dabei haben praktisch alle 'ne Eintragung ins Merkheft bekommen, sogar Nadine, und die ist 'ne Streberleiche.«
Einen Augenblick lang war Sigrid gerührt, weil er sich offenbar mal an ihr Verbot gehalten und nicht heimlich geguckt hatte. Dann fiel ihr ein, dass sie das Fernsehkabel kassiert hatte. Und diese Fixierung auf eine Mehrheit, die in den seltensten Fällen existierte, durfte sie ihm auch nicht durchgehen lassen.
»Es spielt keine Rolle, was alle tun. Es kommt darauf an, was du selbst für richtig hältst.«
»Okay, ich finde G.Z.s.Z. echt geil.«
»Kannst du dir bitte endgültig diese Kürzel, die kein Mensch versteht, abgewöhnen.«
»Jeder weiß, dass das ›Gute Zeiten, schlechte Zeiten‹ heißt.«
»Pass auf, ich muss mich wirklich beeilen. Du erledigst jetzt alles, was ich dir gesagt habe, Vokabeln üben inklusive, und dann schauen wir weiter. Spätestens um halb acht bin ich zurück, wir haben heute bis sieben Bereitschaftsdienst.«
»Warum soll ich heute Vokabeln üben, wenn ich erst übermorgen Englisch habe? Bis dahin hab ich sowieso die Hälfte wieder vergessen.«
»Gut, dann siehst du eben kein GSZ.« Sigrid war nicht gewillt, weiter über ein Thema zu diskutieren, dass sie schon tausendmal durchgehechelt hatten.
»Es heißt G.Z.s.Z., außerdem kapier ich nicht, was Vokabeln mit Fernsehen zu tun haben.«
»Nimm es einfach als erzieherische Maßnahme.«
»Johannes sagt immer, dass drohen Scheiße ist.«
»Du kannst ihm ausrichten, dass sein Vokabular in dieselbe Kategorie fällt. Außerdem hat er noch nie den Unterscheid zwischen drohen und konsequent sein begriffen.«
»War das, als Oma und Opa verreist waren und du allein mit ihm zu Hause warst und ihm gesagt hast, er bekäme die ganze Woche lang nur Zitronen und Möhren zu essen, wenn er nicht Staub saugt und so?«
»Er war faul. Stinkfaul. Genauso faul wie du heute. Falls du es vergessen haben solltest, dein Zimmer ist der reinste Saustall und ebenfalls aufzuräumen. So, und jetzt dalli, ich komm nicht mehr mit rein, deinen Hausschlüssel hast du ja hoffentlich dabei?«
Statt einer Antwort zerrte Moritz an der schweren Metallkette, die in seine Hosentasche führte, nun klirrend heraussprang, nur haarscharf das Armaturenbrett verfehlte, sie musste erneut an sich halten. Es war nicht leicht, manchmal hatte sie die Nase gestrichen voll und wünschte alle Kerle zur Hölle. Allen voran ihren Bruder, ihren Ex und gelegentlich auch Moritz. Er war eben auch ein Kerl, zwar noch ein ziemlich kleiner, doch von Tag zu Tag zeigte er deutlicher, wes Geistes Kind er war.
Es war ein Glück, dass sie nicht mehr mitbekam, wie Moritz die Abdeckhaube über seinem Mittagessen lupfte, die Nase rümpfte, die gefüllte Fenchelknolle mitsamt Vollkornreis und Salat in die Tageszeitung einwickelte – Vorsicht war die Mutter der Porzellankiste –, alles tief in den Mülleimer drückte und sich dann eine Schüssel randvoll mit Schoko-Flakes füllte. Sein Onkel Johannes versorgte ihn großzügig mit derlei, andernfalls wäre er vermutlich schon verhungert. Seitdem sein Vater ausgezogen war, gab es praktisch nur noch Diätkost, dabei war er genauso dünn wie seine Mutter. Zu dünn, hatte der Schularzt gesagt. Onkel Johannes fand das auch.
Auszeit
René hatte nicht mitbekommen, wie Juliane verschwand. Bei diesem Trubel kein Wunder. Wie meist bei solchen Veranstaltungen wollten sich alle gleichzeitig verabschieden, sein Mund war schon ganz ausgefranst, Küsschen hier und Küsschen da und immer wieder: »Danke, dass Sie kommen konnten!« Seine Top-Kunden waren nicht nur zahlreich erschienen, sondern hatten auch fleißig gekauft, es gab allen Grund zum Feiern, er hatte sogar schon einen Tisch für zwei Personen bestellt. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen! In diesem Fall hätte er beides haben können, wenn Juliane ihm nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Warum? Was war los? Hatte Donald etwa blödes Zeug geschwätzt? Ungeduldig wartete er, bis auch die letzte Kundin verschwunden war, um sich den Künstler vorzuknöpfen, der gerade mit einer Flasche Schampus unter dem Arm in seiner Mansarde verschwinden wollte.
»Stopp, Donald! Wir hätten da noch etwas zu bereden.«
»Lieber morgen, René, ich bin echt ziemlich k. o. Oder wolltest du mich schon auszahlen? Hat ja heute ordentlich in der Kasse geklimpert.«
»Wir haben einen Vertrag bis Ende des Monats, und solange du den nicht restlos erfüllt hast ...«
»Okay, dann horche ich jetzt 'ne Runde an der Matratze, damit ich morgen weiter schaffen kann.«
»Was war mit Juliane?«
»Juliane? Kenn ich nicht.«
»Stell dich nicht dümmer, als du bist.«
»Ach so, du meinst die Rotblonde, die mein flying high gekauft hat?«
»Sie ist zufällig meine Verlobte.«
»Davon hat sie nichts gesagt.«
»Es ist auch noch nicht offiziell. Jedenfalls wäre es mir mehr als unangenehm, wenn du irgendeinen Blödsinn bei ihr verzapft hättest.«
»Wir sind prima miteinander klargekommen.«
»Ich hoffe, du vergisst nicht, wie wichtig es ist, deiner Vita als Donald treu zu bleiben.«
»Wenn sie mit dir verlobt ist, schadet es ja wohl nichts, dass sie meinen richtigen Namen kennt. Sie ist übrigens ziemlich helle.«
»Das kann man von dir umgekehrt nicht unbedingt behaupten. Also, merk es dir für die Zukunft: Juliane ist allein meine Angelegenheit.« René fragte sich, was Donald wohl noch außer seinem richtigen Namen preisgegeben hatte und inwieweit ihm das selbst schaden konnte. Es wurde höchste Zeit, dass er heiratete, das fanden auch seine Mutter und seine Schwester, mit Juliane wären sie einverstanden, jeder wäre das. Juliane war haargenau die richtige Frau zum Heiraten, sie machte nicht nur etwas her, sondern verhieß auch jede Menge Spaß im Bett. Die Art, wie sie auf seine Handküsse der besonderen Art reagierte, war mehr als eindeutig, die Lady war ein Lustpaket und wartete nur darauf, nach allen Regeln der Kunst aufgeschnürt zu werden.
»Ist Ihnen was über die Leber gelaufen, Boss?« Die Kleine vom Empfang, sie sammelte gerade die letzten schmutzigen Gläser ein. Den Aushilfskellner hatte er schon entlohnt und weggeschickt, von seinen anderen festen Mitarbeitern war auch niemand mehr zu sehen, was mit Sicherheit daran lag, dass es für die Teilnahme an derlei Veranstaltungen keine Sondervergütung gab. Umso erfreulicher war es, dass sein jüngstes Pferd im Stall ihm die Treue hielt. Fast noch ein Fohlen, sehr süß, noch etwas unbeholfen, doch das erhöhte den Reiz eher. Ihr Mund war klein, die Lippen fest und fleischig, wenn sie wie jetzt einen Flunsch zog, war man versucht hineinzubeißen. Er hatte sie wie alle seine Mitstreiter persönlich ausgesucht, ihr erster Arbeitstag in der Galerie lag schon über einen Monat zurück, trotzdem könnte er nicht sagen, wie sich dieses vorwitzig unter dem kurzen Top blitzende Bäuchlein anfühlte. Seidig braune Haut, blutjung, warum eigentlich nicht?
»Vergiss den Boss mal für einen Moment, Haserl. Und was meine Leber betrifft, so brauche ich jetzt einfach etwas Gutes zu essen und zu trinken. Wenn du heute Abend noch nichts vorhast, darfst du dich eingeladen fühlen. Sozusagen ein verspätetes Willkommen.«
»Aber ich muss noch die Gläser spülen und ...«
»Montag ist auch noch ein Tag, die Arbeit läuft dir schon nicht davon.« René hatte beschlossen, die Reservierung in einem der besten Lokale Kölns nicht ungenutzt verfallen zu lassen.
***
Sigrid betrat die Apotheke, die ihr ganzer Stolz war, und prallte zurück. Hinter der Theke stand ihr Bruder und bediente. Wegen der Kundin konnte sie ihn schlecht auf der Stelle zum Teufel jagen. Mit einem gepressten »Guten Tag!« stolzierte sie an der Theke vorbei in die Garderobe, die zugleich Aufenthaltsraum und Büro war. Leer, sowohl der Mantel wie auch der persönliche Krimskrams ihrer Angestellten fehlten, sogar ihre Hustentropfen waren verschwunden. Wenige Minuten später teilte Johannes ihr seelenruhig mit, dass er Susi schon mal losgeschickt hatte.
»Hörte sich ja schlimm an, sie gehört dringend in ärztliche Behandlung. Ich habe einfach unseren alten Hausarzt angerufen, der arbeitet, wenn es sein muss, auch samstags, er erwartet sie in seiner Praxis.«
»Das ist ...«
»... ziemlich nett von mir, ich weiß.«
»Es ist dreist, die pure Anmaßung, was willst du überhaupt in meiner Apotheke?«
»Bei dir zu Hause war keiner, es ist auch keiner ans Telefon gegangen, also habe ich in dem hübschen Apothekenkalender geblättert, den du mir zu Weihnachten geschenkt hast, und gesehen, dass du heute Bereitschaft schiebst. Dann versuchst du dein Glück eben auf diesem Weg, habe ich mir gesagt. Und hier bin ich.«
»Glück?«, echote Sigrid.
»Ich meine nicht dich, keine Bange. Ich wollte nur wissen, ob ich dir Moritz abnehmen kann. Er könnte auch bei uns schlafen. Und morgen Mittag besuche ich mit ihm zusammen unsere Eltern, die wissen nämlich bald schon nicht mehr, wie ihr Enkel aussieht.«
Sigrid gab nach. Erstens, weil es im Hinblick auf ihre Verabredung mehr als praktisch war. Zweitens, weil sie nicht die geringste Lust verspürte, ihren einzigen freien Tag in der Woche für den überfälligen Besuch bei ihren Eltern zu verplempern. Seitdem ihr Vater in den Ruhestand getreten war und auch keine Pimpfe mehr auf dem Fußballplatz trainierte, wurden die Mahlzeiten immer opulenter und die Gesprächsthemen immer skurriler, neulich hatte sie sich sogar fragen lassen müssen, ob sie es mit ihrer Diät und dem Laufen nicht übertriebe. Dabei hielt sie sich nur fit, die wenigsten schätzten sie auf Mitte vierzig, dafür musste man etwas tun, das begriff sogar ihre Schwägerin. Karin war der beste Garant dafür, dass Moritz nicht zu sehr über die Stränge schlug, wenn er seinen Onkel besuchte. Unter Karins Obhut würden die Gummibärchen ebenso limitiert werden wie der Konsum von G.Z.s.Z. und ähnlichem Zeug.
***
Die Empfangsdame ließ sich ihr Erstaunen nicht anmerken, als Juliane am Freitagabend kurz vor acht in die Lobby trat, die mehr Ähnlichkeit mit der eines teuren Hotels als mit der Eingangshalle eines Seniorenheims besaß. Die Preise waren dementsprechend, doch das machte nichts, solange sie selbst genug verdiente, um die Differenz aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Hauptsache, es ging ihrer Mutter so gut, wie das unter den gegebenen Umständen nur möglich war. Deren nicht eben üppige Witwenrente war weiß Gott das kleinste Problem.
»Sie kennen ja den Weg, Frau Oberle. Es könnte allerdings sein, dass Ihre Mutter schon nicht mehr so richtig ansprechbar ist, sie dürfte inzwischen ihr Schlafmittel bekommen haben.«
»Das macht nichts.« Es machte wirklich nichts, dachte Juliane, während sie mit einem freundlichen Nicken weiterging. Ihre Mutter war auch ohne Baldrian oder Valium oder irgendwelche Sedativa nicht mehr richtig ansprechbar, seit dem Tod des Vaters verwandelte sie sich zunehmend in eine Sprechpuppe, die mechanisch Nahrung aufnahm und sich anzog und Worte zu Sätzen formte, die allenfalls den Anschein erweckten, einen Sinn zu ergeben. Sie taten es nicht. Nicht wirklich. Wer im Dezember fragte, ob die Rosen wieder Läuse hätten, lebte nicht mehr wirklich in dieser Welt. Julianes Mutter stand mit Jahreszeiten und Personen auf Kriegsfuß, an schlechten Tagen erkannte sie nicht einmal ihre einzige Tochter. Am schlimmsten war jedoch, wenn sie unvermittelt aus ihrer Lethargie aufschreckte und nach einer Leiter verlangte.
Man muss immer eine Leiter nehmen, sonst ist es lebensgefährlich.
Eine stereotype Redewendung, die regelmäßig in Tränen mündete, bis der zierliche Körper der bald Siebzigjährigen von Kopf bis Fuß zitterte und die Pflegerin ihr etwas zur Beruhigung geben musste. Dann fiel sie wieder in sich zusammen. Bis zum nächsten »Man muss eine Leiter nehmen«. Julianes Vater hatte regelmäßig gelacht, wenn sie das sagte, aber eines Tages hatte er nicht mehr gelacht, weil er so unglücklich von der Kommode abgerutscht und mit dem Kopf aufgeschlagen war, dass er starb. Juliane schüttelte sich, sie fröstelte auch, so als ob sie selbst schon mit einem Bein im Grab stünde. Es musste an diesem Gebäude liegen, in dem alle naselang jemand starb. Und wer nicht starb, vegetierte oft jahrelang vor sich hin, ohne etwas von den freundlichen hellen Räumen, dem Warmwasserbewegungsbad mit Schleuse ins Freie, dem guten Essen und den zahlreichen kulturellen Veranstaltungen zu haben. Da saßen sie dann vor der Bühne, auf der getanzt und rezitiert, gesungen und gezaubert wurde. Etliche nickten ein, den Kopf zur Seite geneigt oder nach vorn auf die Brust gesenkt, ein Speichelfaden tröpfelte aus dem Mundwinkel, Schnarchlaute – keineswegs nur die alten Männer schnarchten – im Wettstreit mit dem offiziellen Programm. Trotzdem versuchte Juliane immer wieder, ihre Mutter zur Teilnahme zu bewegen. Früher war sie sehr interessiert an derlei gewesen.
Juliane ging nun schneller, passierte den Saal, in dem wie jeden Samstagabend um diese Zeit Bingo gespielt wurde. Sie grüßte die Pflegerinnen, die in der hintersten Reihe saßen und ungeduldig darauf warteten, dass endlich ihr eigener Feierabend begann. Man sah es ihnen an, einige waren schon für den Start ins Wochenende geschminkt, lediglich der Nachtdienst musste ausharren. An den großen Saal schloss sich ein kleinerer Aufenthaltsraum an, in dem auch geraucht werden durfte, dann folgten jenseits der doppelten Glastür die Zimmer der Pflegestation, wo alles darauf ausgerichtet war, die Versorgung von Menschen zu erleichtern, die mehr oder weniger hilflos waren. Genau genommen zählte Julianes Mutter dazu, auch wenn ihr körperlicher Zustand recht gut war. Juliane hatte die guten medizinischen Befunde benutzt, um den Verbleib in einer der im Seitenflügel befindlichen Wohnungen durchzusetzen, die mit eigenen Möbeln eingerichtet werden durften, über eine windgeschützte Loggia und sogar eine winzige Küche verfügten.
Ob ihrer Mutter der Unterschied überhaupt auffiel?
Sie klopfte und trat, als sich hinter der geschlossenen Tür nichts rührte, leise ein. Das normale Türschloss war gegen einen Drehknauf ausgewechselt worden, damit die Schwestern jederzeit nachschauen konnten, ob noch alles in Ordnung war. Die Deckenlampe war bereits ausgeschaltet, dafür brannten die Stehlampe mit dem Schirm wie altes Pergament und die beiden Nachttischlämpchen mit den im Lauf der Jahre immer blasser gewordenen Goldtroddeln. Das Einzelbett war das einzige neue Möbelstück, es konnte dank Motor mühelos in der Höhe verstellt werden, was dem Personal nutzte. Zwei kreisrunde Lichtkegel fielen auf das Bett, einer von rechts, einer von links. Eigentlich hätte eine von diesen beiden Nachtleuchten vollauf genügt, doch Juliane hatte sich bei dem Umzug ins Heim nicht entschließen können, das Duo auseinander zu reißen. Sie hatte ihre Mutter gefragt und wie üblich eine Antwort erhalten, die keine war. Mach es, wie du meinst!
Diese Gleichgültigkeit hatte sich sogar auf die Bilder erstreckt, die einst ein ganzes Haus gefüllt hatten und nun zusammengedrängt an den Wänden der zwei ineinander übergehenden Räume hingen. Bilder, die einst sorgfältig auf Tapeten und Wohnzweck abgestimmt waren, im Schlafzimmer hatten Pastelltöne dominiert, in Julianes Kinderzimmer hingen Scherenschnitte mit Märchenmotiven, über dem Sofa die Ahnen und über dem Klavier ein Porträt von Mozart, im Treppenaufgang gepresste Blumen, Landschaften und ihre eigenen ersten Malversuche, das Hochzeitsbild stand auf dem Schreibtisch, die ebenfalls gerahmte Ernennungsurkunde ihres Vaters zum Beamten auf Lebenszeit lag in der Schublade. Wenn sie mich zum Ministerialrat küren, kannst du mich aufhängen, Gertrud, früher nicht!
Er hat es nicht mal bis zum Oberamtmann gebracht, dachte Juliane und fixierte die Urkunde, die nun doch noch einen Platz an der Wand gefunden hatte. Sie hatte einfach alles aufgehängt, vielleicht in der Hoffnung, dass diese Bilder ihre Mutter ein Stück in die Gegenwart zurückholten. Nichts dergleichen war passiert. Einmal allerdings, als die Putzfrau beim Staubwischen ein nicht besonders großes und erst recht nicht wertvolles Bild zu Boden fallen ließ, hatte die Mutter wie früher Juliane dafür zur Verantwortung gezogen.
Ich habe dir tausendmal gesagt, dass du beim Staubwischen aufpassen sollst, Juliane. Du musst immer eine Hand drunterhalten. Und nimm eine Leiter, man muss immer eine Leiter nehmen, dann passiert das nicht ...
Juliane hatte darauf verzichtet, den Sachverhalt klarzustellen, und hastig versprochen, den Schaden wieder gutzumachen. »Ich lasse das Bild sofort neu rahmen!« Genutzt hatte es nicht viel, zuletzt musste wieder die Schwester mit den Tabletten kommen, und Juliane war mit dem Gefühl heimgegangen, erneut alles falsch gemacht zu haben. Wie damals ...
»Mama? Schläfst du schon?«
Keine Antwort. Juliane ging auf das Bett zu, die Bettdecke wölbte sich nur wenig, ihre Mutter war leicht wie ein Floh, immer schon. »Floh«, so hatte der Vater sie manchmal genannt. Sie schlief mit über der Brust gekreuzten Armen, die Beine gerade ausgerichtet, der einzige Ausreißer war ein Zeh, der unten heraussah. Behutsam zog Juliane an dem Laken und stopfte es am Fußende fest, dann zog sie sich einen Hocker heran und setzte sich, streichelte über die Hand, die ihr am nächsten war und auf dem Nachthemd ruhte, das ohne Knitterfalten war. Es war ihr schleierhaft, wie jemand so schlafen konnte. Sie verstand auch nicht, wie ihre Mutter es schaffte, das Leben einerseits an sich vorbeigleiten zu lassen und andererseits stets tipptopp auszusehen.
Die Gewohnheit von Jahrzehnten, die sich eingegraben hatte? Würde sie selbst in dreißig Jahren auch so daliegen? Formvollendet, fast wie tot?
Nun, immerhin hatte sie kein Kind ins Leben gesetzt, das sich dann mit seinem schlechten Gewissen herumplagen musste. Überhaupt gab es keinen Grund, sich Vorwürfe zu machen. Es hätte nichts geändert, wenn sie damals nach dem Abitur noch länger zu Hause geblieben und den Zustand der Mutter weiter vertuscht hätte. Es war ihr gutes Recht gewesen, in München zu studieren. Zwei Jahre lang hatte sie nach dem Tod des Vaters durchgehalten, mehr konnte niemand von ihr verlangen. Trotzdem war es ein Schock gewesen, als noch vor Ablauf des ersten Semesters die Einweisung ihrer Mutter ins Heim erfolgte. Nicht in dieses, es war ein fürchterlicher Bau gewesen, dunkel und abweisend, hier hingegen war alles hell und freundlich. Ihrer Mutter ging es so gut, wie das unter diesen Umständen nur möglich war. Und wenn sie sich nur etwas zusammenrisse, könnte sie sogar noch jede Menge Spaß haben.
Juliane lauschte nach draußen, das Bingo war vorbei, alle kehrten in ihre Apartments zurück, verabschiedeten sich, erzählten noch, spürten der Spannung nach, die ein schmaler Streifen Papier mit fett gesetzten Zahlen darauf in ihnen erzeugt hatte. Was hat er gesagt? Die Sieben? Viele hörten trotz Hörgerät schlecht, die Betreuer – darunter etliche Zivis – mussten die Zahlen oft wiederholen, es machte nichts, weil die alten Leute alle Zeit der Welt hatten.
Juliane zog ihre Hand zurück, verschränkte die Arme, plötzlich war ihr kalt.
»Mach das Fenster zu, wenn du frierst, Julchen.« Tadelnd, trotzdem liebevoll, das lag an dieser Koseform. Julchen. Die Augen nun weit geöffnet, der Körper regte sich nicht, ob sie überhaupt wusste, welches Jahr man schrieb?
»Ja, Mama, ich mache es zu.« Juliane stand auf, zog den Griff der Fenstertür leise auf und drückte ihn dann geräuschvoll zurück. »Ich glaube, ich gehe jetzt besser auch schlafen, Mama.« Eine Formulierung, die vor dreißig Jahren ebenso gepasst hätte wie heute.
»Dann nimm das mit!« Ungeduldig, was vielleicht auch der Schublade des Nachttischs galt, die leicht sperrte, dann mit einem Ruck aufsprang und den Blick auf ein Päckchen freigab. Juliane erkannte das Papier und den Schriftzug des Cafés. Ein gutes Café.
»Ich mag kein Marzipan, Mama.«
»Es ist kein Marzipan. Es ist Baumkuchen.«
»Ich mag auch keinen Kuchen, Mama.«
»Aber dein Vater mag ihn. Man muss ihm den Baumkuchen in ganz viele dünne Scheibchen schneiden, hauchdünn, das sieht nach mehr aus und erspart die Gabel. Dein Vater vergisst immer die Kuchengabel, das weißt du doch.«
Sie sollte das nicht sagen, dachte Juliane. Sie sollte endlich damit aufhören, so zu tun, als ob sie sich noch immer um den Mann kümmern müsste, der vor einem Vierteljahrhundert Opfer genau jener Trägheit geworden war, die sie ihm zeitlebens vorgeworfen hatte. Es war makaber, sinnlos, eine Tortur für sie alle. Es war nichts, worüber man sprechen konnte. Man musste sie ablenken.
»Und wer hat dir den Kuchen mitgebracht? Wer hat dich besucht? Du hast mir gar nicht erzählt, dass du Besuch hattest.«
»Ich weiß nicht. Es spielt keine Rolle, oder?« Und leise, fast unhörbar: »Gib ihn deinem Vater.«
***
René hatte sich Cola zum Essen bestellt, der Oberkellner hatte keine Miene verzogen, in solch einem noblen Schuppen war man vermutlich einiges gewöhnt. Das »Haserl« – mit dieser Anrede lag er immer richtig – hatte gekichert, sich die Hand vor den Mund gehalten und »Dann nehme ich auch Cola« gesagt. Im Verlauf des mehrgängigen Menüs hatten sie noch mehrmals nachbestellt, seine jüngste Angestellte hatte keinen Hehl daraus gemacht, wie toll sie es fand, dass er sich traute, Carpaccio von der Ente, Graved Lachs und Lammrücken in der Kartoffelkruste mit Cola zu paaren.
»Wetten, dass mir das keiner glaubt, wenn ich es einem erzähle.«
»Du sollst es ja auch nicht erzählen, Haserl. Das ist unser Geheimnis, gell?«
»Gell hört sich lustig an. Schön lustig. Sie sind genau so, wie ich mir die Wiener immer vorgestellt habe. Sehr galant, die reinsten Herzensbrecher.«
»Darauf trinken wir auch.« Er hob sein Glas, es amüsierte ihn, die grenzenlose Begeisterung in diesen Augen zu sehen. So jung, so naiv ... »Du bist doch schon achtzehn?«
»Klar, das wissen Sie doch, ich bin kein Baby mehr.«
»Andernfalls würde ich auf der Stelle ein Faible für Babys entwickeln.«
»Sie meinen ...?«
»Ich meine, dass du wunderhübsche Tittchen und den süßesten Bauchnabel der Welt hast.«
»Meinen Sie das ernst? Finden Sie meinen Bauch nicht zu dick?« Sie hielt die Luft an, auch das war rührend. Flugs ließ er seine Hand unter das Tischtuch gleiten und streichelte über die samtige Wölbung.
»Ich schwör's dir, Haserl.«
»Wenn ich abends viel esse, ist es besonders schlimm, dann habe ich eine regelrechte Wampe.«
René bot an, den objektiven Schiedsrichter zu spielen. Bei ihm zu Hause, weil die Gäste hier ja schon mit dem Anblick von Colaflaschen restlos überfordert waren. Sie willigte ein, und er spürte das sattsam bekannte Ziehen, konnte es plötzlich vor Ungeduld kaum noch aushalten, cancelte das Dessert, zahlte und legte ein Tempo vor, bei dem seiner süßen Beute garantiert keine Zeit mehr für einen Rückzieher blieb. Er war heute nicht in der Laune, zweimal einen Korb einzustecken. Ihm war auch nicht danach, jene Regeln einzuhalten, die Juliane ihm eingetrichtert hatte. Manchmal musste er wieder er selbst sein dürfen, heute Abend war er es, redete mit Händen und Füßen und allem, was ihm zur Verfügung stand.
»Das wäre Ihr Preis gewesen, Madame!«, dachte er, als er sich keine halbe Stunde später über den nackten Körper senkte. Die Nacht war noch jung, das Haserl war jung, auf es mit Gebrüll, man musste die Feste feiern, wie sie fielen. Morgen war ein neuer Tag. In einer kurzen Verschnaufpause beschloss er, Juliane gleich nach dem Aufwachen ein paar Blumen zu schicken. Das machte sich immer gut und zeigte ihr, dass er ihr nichts nachtrug.
»Was denkst du gerade?« Ihr Blick war eher noch schwärmerischer geworden.
»Dass du außer den süßesten Tittchen und dem niedlichsten Bäuchlein auch noch die schönsten Klimperwimpern hast. Und jetzt, schlage ich vor, schlafen wir eine Runde.« Ihre Antwort bekam er nicht mehr mit, falls sie überhaupt noch etwas sagte. Er hatte unter anderem die Gabe, in jeder Stellung einzuschlafen, wenn er k. o. war.
***
Johannes klingelte, klingelte nochmals, hörte Klappern und endlich Schritte, offenbar hatte sein Neffe es nicht gerade eilig, die Tür zu öffnen. Das änderte sich allerdings schlagartig, als Moritz sah, wer da stand.
»Geil! Komm rein, Onkel Jo, ich hab schon gedacht, es wäre die Mama.«
»Wenn du das gedacht hast, hätte ich mir an deiner Stelle allerdings erst mal den Milchschnäuzer abgewischt, was mit Schoko muss auch dabei gewesen sein. Schätzungsweise nicht das, was deine Mutter dir zum Essen hingestellt hat.«
»Nö, ganz bestimmt nicht. Würdest du Fenchel essen? Das ist schon als Tee schlimm genug.«
»Da halte ich mich lieber raus, in puncto gesunde Ernährung bin ich wirklich kein Vorbild. Wie wär's, hast du Lust auf ein Wochenende mit einem Grufti? Ich warne dich vor, deine Tante ist nicht da, um uns zu bekochen. Sie hat auch nichts vorgerichtet, weil ich offiziell auf Diät bin.«
»Du meinst, ich darf auf der Stelle mitkommen?«
»Soll so sein, ich komme geradewegs aus der Apotheke.«
»Dann nichts wie los, bevor Mama es sich anders überlegt. Ich muss nur noch rasch meine Sachen holen und nachschauen, ob die Bude clean ist. Hilfst du mir?«
Johannes nickte, es fiel ihm nicht besonders schwer, das Terrain mit den Augen seiner Schwester zu sondieren, das steckte ihm noch in den Knochen. Er empfahl, den Mülleimer zu leeren, weil es daraus verdächtig nach Fenchel roch, fischte selbst eine Packung Kekse zwischen Sofa und Wand hervor und verfolgte die klebrige Spur einer Flasche Limonade von der Diele bis zum Kleiderschrank von Moritz: »Schlechtes Versteck!« Bewaffnet mit dem geliehenen Videoband und Schlafzeug machten sie sich auf den Weg und trafen so pünktlich in Zollstock ein, dass sie noch vor Veronas Welt um elf Uhr das Video mit allen fünf Folgen von Gute Zeiten, schlechte Zeiten anschauen konnten, dazu gab es Gyros und Fritten vom Griechen, Malzbier und für jeden ein dickes Stück Marzipan nebst einem halben Ringelschwänzchen. »Wenn deine Tante uns so sähe, würde sie uns umbringen.«
»Und Mama würde ihr assistieren.«