Lea küsst wie keine andere - Annegrit Arens - E-Book
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Lea küsst wie keine andere E-Book

Annegrit Arens

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Beschreibung

So leicht und beschwingt wie ein Abend mit Freunden: „Lea küsst wie keine andere“ von Annegrit Arens jetzt als eBook bei dotbooks. Lea führt ein glückliches Leben – und nun ist sie auch noch das los, was ihr zunehmend auf die Nerven ging: ihren Ehemann! Der Nachteil daran: Jetzt muss sie sich alleinum ihre vier anstrengenden Söhne kümmern. Beruf, Haushalt, das alltägliche Chaos … eins bleibt da garantiert auf der Strecke – sie selbst! Denn wie soll Lea in dem ganzen Stress noch einen neuen Mann finden, der nicht schmutzt, wenig lärmt und einfach nur seine primären Aufgaben erfüllt? Die Lösung: Ihre Liebhaber dürfen nur über Nacht bleiben, höchstens noch zum Frühstück … Doch was, wenn ein Mann länger bleiben will? Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Lea küsst wie keine andere“ von Annegrit Arens. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag. JETZT BILLIGER KAUFEN – überall, wo es gute eBooks gibt!

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Seitenzahl: 316

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Über dieses Buch:

Lea führt ein glückliches Leben – und nun ist sie auch noch das los, was ihr zunehmend auf die Nerven ging: ihren Ehemann!

Der Nachteil daran: Jetzt muss sie sich alleinum ihre vier anstrengenden Söhne kümmern. Beruf, Haushalt, das alltägliche Chaos … eins bleibt da garantiert auf der Strecke – sie selbst! Denn wie soll Lea in dem ganzen Stress noch einen neuen Mann finden, der nicht schmutzt, wenig lärmt und einfach nur seine primären Aufgaben erfüllt? Die Lösung: Ihre Liebhaber dürfen nur über Nacht bleiben, höchstens noch zum Frühstück … Doch was, wenn ein Mann länger bleiben will?

Über die Autorin:

Annegrit Arens hat Psychologie, Männer und das Leben in all seiner Vielfalt studiert und wird deshalb von der Presse immer wieder zur Beziehungsexpertin gekürt. Seit 1993 schreibt die Kölner Bestsellerautorin Romane, Kurzgeschichten und Drehbücher. Fünf ihrer Werke wurden für die ARD und das ZDF verfilmt.

Annegrit Arens veröffentlichte bei dotbooks bereits folgende Romane: »Der Therapeut auf meiner Couch«, »Die Macht der Küchenfee«, »Aus lauter Liebe zu dir«, »Die Schokoladenkönigin«, »Die helle Seite der Nacht«, »Ich liebe alle meine Männer«, »Wenn die Liebe Falten wirft«, »Bella Rosa«, »Weit weg ist ganz nah«, »Der etwas andere Himmel«, »Der geteilte Liebhaber«, »Wer hat Hänsel wachgeküsst«, »Venus trifft Mars«, »Süße Zitronen«, »Karrieregeflüster«, »Wer liebt schon seinen Ehemann?«, »Suche Hose, biete Rock«, »Kussecht muss er sein«, »Mittwochsküsse«, »Liebe im Doppelpack«, »Lea lernt fliegen«, »Väter und andere Helden«, »Herz oder Knete«, »Verlieben für Anfänger«, »Liebesgöttin zum halben Preis«, »Schmusekatze auf Abwegen«, »Katzenjammer deluxe«, »Ein Pinguin zum Verlieben«, »Absoluter Affentanz«, »Rosarote Hundstage«, »Die Liebesformel: Ann-Sophie und der Schokoladenmann«, »Die Liebesformel: Anja und der Grüntee-Prinz«, »Die Liebesformel: Tamara und der Mann mit der Peitsche«, »Die Liebesformel: Susan und der Gentleman mit dem Veilchen«, »Die Liebesformel: Antonia und der Mode-Zar« und »Die Liebesformel: Ann-Sophie und il grande amore«.

Die Autorin im Internet: www.annegritarens.de

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eBook-Neuausgabe Juli 2016

Dieses Buch erschien bereits 1996 unter dem Titel »Mom schafft das mit links« bei Scherz Verlag, Bern, München, Wien

Copyright © der Originalausgabe 1996 by Scherz Verlag, Bern, München, Wien

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Forewer

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-680-5

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Lea küsst wie keine andere« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

***

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blog.dotbooks.de/

Annegrit Arens

Lea küsst wie keine andere

Roman

dotbooks.

Kapitel 1 Heirate die bloß nicht

»Alle Männer ab zum Händewaschen.«

Ich halte die Tür auf. Heute genügt ein einziger Appell, und alle vier kommen angestürmt. Unser Bad ist ein schmaler Schlauch, der Rückstau ist vorprogrammiert.

Mit meinem Mutterblick, der gefürchtet ist, versuche ich, das Gerangel abzublocken. Wir haben nämlich einen Gast.

»Ich auch?«, fragt der, denn er ist auch ein Mann, und zwar einer, der dieses Waschritual richtig aufschäumen läßt, aber nicht mit Seife.

Ich drehe mich zu ihm um. Er plinkert vergnügt. Frauen haben Angst vor Fältchen um die Augen; ihm stehen sie verflixt gut. In mir regt sich was. Wenn nur die Kids nicht um uns herumwuseln würden.

Aber sie sind da, quicklebendig und nicht zu überhören, und eigentlich habe ich an diesem Sonntagnachmittag überhaupt keinen Grund zu mosern. Eben waren wir im Park, mit ihm; sie haben sich vorbildlich aufgeführt. Keiner hat sich ein Knie aufgeschrammt, und es gab auch kein Wutgebrüll. Bloß ein paar Kletten auf seinem Kaschmirpulli. Aber wie sollte Maxi das ahnen, unseren Jeansjacken taten seine Wurfgeschosse nichts. Der Mann mit den Wahnsinnsaugen klaubte sie stumm ab, und wir übersahen großzügig die herausgezogenen Fäden. Ein netter Zug von ihm, finde ich, und bestimmt nicht der einzige.

Jetzt streckt er mir seine Hände hin. Kräftig sind sie und behaart. In meinem Bauch flattern Schmetterlinge. Ich kann mir gut vorstellen, wie es wäre …

»Du darfst auch«, sage ich und befehle meinen erbsengrünen Augen, den drei kargen Worten erotischen Glanz zu geben. Die Kids bremsen unser Spiel. Die Kids sind vier Jungen, Baby bis Teeny, zusammen geben wir eine Kleingruppe ab. Diese Menge »Kind« haben wir bei Fabian, der ist nun vierzehn, natürlich noch nicht angepeilt. Nach ihm kam sechs Jahre nichts, aber dann folgte »Maxi«. Der Name paßt zu seinen obercoolen Sprüchen, deshalb nennen wir ihn auch schon mal »Pfiffikus«. Demnächst wird er acht. Nummer drei ist ein Träumerle, richtig heißt er Jonas. Er ist vier, und wenn er nicht höllisch aufpaßt, steckt mein wilder »Mini« alias »Lucas« ihn eines Tages in die Tasche, obwohl der gerade erst laufen lernt.

Trotzdem: Der Blitz hat bei mir eingeschlagen, wenigstens ein bißchen. Und der Mann bleibt auch nicht cool dabei.

Eine Rauferei am Waschbecken holt mich auf den Teppich zurück.

»Arschloch!«

Das »r« rollt perfekt, ich halte meine Kinder zu deutlichem Sprechen an. Diesmal wäre ich für ein bißchen Nuscheln dankbar gewesen.

»Was ist los, ihr Rabauken?« Ich packe mir den achtjährigen »Arschloch«-Rufer und zwänge ihn ein, hinten ich und vor ihm das Waschbecken. Die wütend drauflos schrubbende Nagelbürste macht ihm klar: Sie meint es ernst, die aufgeräumte Stimme ist nur Tarnung.

Dann schnappe ich mir den nächsten, das ist Jonas. Kaum sieht er die angeschäumte Seife in meiner Hand, da stellt er die Sirene an. Dieses Höllengebrüll ist ihm angeboren, Hunde und Katzen gehen bei diesen Tönen stiften. Ich bin solo, ich muß das wegstecken können, ich allein.

»Was ist los?« Mit dem Absatz kicke ich gegen das Türblatt. Maxi ist als erstes Seifenopfer bereits entflohen, nie macht er eine Tür zu. Das ist übrigens auch so ein Erziehungsdefizit: Bei uns sind sogar Klogänge öffentlich. Ich rede mir den Mund fransig, aber sie nicken nur und pinkeln weiter »open house«.

Zwischen Schniefen und Toben finde ich dann heraus, daß ich schuld bin an dem Gebrüll. Ich habe die Bärchenseife von Jonas für Maxi benutzt. »Die hat Omi Liesel nur für mich gekauft, ganz allein für mich, und du…« Seine Stimme will sich schon wieder in die gefährliche Tonlage hochschrauben, da bremse ich schnell per Notlüge: »Pscht, macht nichts, ich habe noch eine, genau die gleiche, die schenk ich dir.« Ich schicke einen Stoßseufzer zum Himmel, daß der Drogeriemarkt noch so ein pinkrosa Exemplar vorrätig hat.

Dann fällt mir die Drahtbürste, aus der ich gerade den Haarfilz meines Ältesten puhle, ins Becken. Nicht daß mich unser Gast, wenn er mal aufs Klo will, für eine Schlampe hält.

»Heirate die bloß nicht. Da hast du nix mehr zu lachen. Jeden Tag Zähne putzen und so, die guckt sogar nach.« Das ist mein Zweitgeborener, der mit der trennscharfen Aussprache, er rächt sich.

Mauseloch, wo bist du? Das hört sich ja glatt so an, als ob ich mir mit Gewalt einen neuen Ehemann an Land ziehen wollte. Am liebsten würde ich gar nicht mehr rauskommen aus dem Bad.

ich komme dann doch heraus und weiche seinem Blick aus. Das fällt mir nicht einmal schwer, denn ständig turnt eines der Kids auf mir herum. Fabian, das ist mein Teeny, nutzt die Chance zu einem Gespräch von Mann zu Mann. Es geht um Menüs und Dateifenster, mein Großer ist total abgehoben, seit mein Ex ihm zu Weihnachten diesen Computer geschenkt hat. Unser Gast scheint zu wissen, worum es geht. Ich hab null Ahnung.

Die Stimmung krampft jedenfalls, und ich bin draußen aus dem Spiel. Alles für die Katz! Den Babysitter vorgestern für zehn Mark die Stunde hätte ich mir sparen können, und die irre teuren Fogal-Strümpfe auch. Die sind vorhin auf dem Spielplatz meinem Auftritt als jugendlich schaukelnde Mutter zum Opfer gefallen.

»Du hast nette Kinder«, tröstet er mich zum Abschied und küßt mich sanft auf die Wange. Aber ich habe nichts davon, ich fühle mich einfach mies. Da muß einer ja schon ernsthaft einen an der Waffel haben, wenn er sich auf dieses Tohuwabohu mit einer alleinerziehenden Vierfachmutter einläßt. Das hat so ein Supertyp doch gar nicht nötig.

»Der heiratet dich bestimmt nicht«, ätzt Maxi, kaum daß die Tür zu ist. Er hat mir die heimtückische Roßkur mit der Nagelbürste noch immer nicht verziehen. Dreiundzwanzigdreiviertel Stunden am Tag ist er ein sensibler und liebenswerter Junge. Die verbleibende Viertelstunde flippt er. Warum ausgerechnet heute um sechs?

Am nächsten Morgen, ich habe noch Lockenwickler im Haar, gibt ein Bote Blumen und ein Paket für mich ab. Prompt zieht das komische Gefühl wieder durch meine Weichteile, und der Verlust der Sechzig-Mark-Strümpfe läßt mich plötzlich total kalt.

»Das ist ein Hahnenkamm«, erklärt Maxi fachmännisch, als ich das Cellophanpapier von der Sumpfpflanze schäle.

»Na und?« Mißtrauisch beäuge ich meinen Sohn, dessen Botanikkenntnisse ähnlich perfekt sind wie seine Artikulation.

Er grient, wahrscheinlich weiß er selbst nicht warum; auch der Wortschatz eines Drittkläßlers hat schließlich seine Grenzen. Die anderen drei gucken bei ihm ab und platzen heraus. Was um alles in der Welt ist so komisch an einem geschenkten Hahnenkamm? Oder soll das eine Anspielung sein?

Mein Windelsohn hat sich derweil das Päckchen gegrabscht und zerfetzt Papier. »Ma-ma-da-da.« Vier Schachteln Katzenzungen purzeln heraus, und von jetzt auf gleich kann ich mitlachen.

»Früher hat mein Lieblingsonkel mir immer Katzenzungen mitgebracht. Das war das Größte«, habe ich meinem Kavalier gestern anvertraut, als wir ein bißchen in seiner und meiner Familienkiste stocherten. Er hat sich erinnert und meinen süßen Kleinmädchentraum auf den Weg gebracht. Ein symbolischer Akt, soviel steht fest.

»Nur Schokolade.«

Drei lange Gesichter, sie verstehen nichts. Als wenn es auf die Kakaomasse ankäme, da sorgen die Omas schon für Nachschub. Aber Katzenzungen …!

Ich hänge mich ans Telefon. Die Sekretärin meldet sich. »Ich verbinde.«

Seine Stimme klingt, als wenn er nicht allein wäre. Vermutlich hört die halbe Redaktion mit, und es gibt etwas zu hören. Nämlich lautstarkes Fighten um die eben noch geschmähten Katzenzungen. Vorn auf den Kartons sind Miezen aufgedruckt, ein Bild ist kaputt, deshalb.

»Das kaputte ist von Jonas.«

»Gar nicht wahr.«

Maxi scheint seine verrückten fünf Minuten für den Vormittag genommen zu haben, und mein Teeny, dem Schokolade egal ist, aber Erziehung nicht, wenn er damit seine Brüder triezen kann, bestimmt die Wahl der Waffen.

»Ich scheure dir eine, wenn du das Lügen nicht drangibst.«

»Au! Mama …«

»Ich ruf dich später noch mal an. Danke jedenfalls.« Überstürzt lege ich den Hörer auf und habe Mordgedanken.

»Ma-ma-da-da.«

Der Tonfall ist anders als eben, die Ursache auch. Lucas, der Kleinste, hat es geschafft, an die Katzenzungen und damit ans Ledersofa zu kommen. Seine Patschhände sind überall, schokobraun auf saharabeige …

»Und ihr steht dämlich daneben und guckt zu. Kann ich euch nicht mal eine Minute den Rücken kehren?«

»Hast du ja gar nicht. Lucas stand genau in deiner Schußlinie.«

»Mußt du immer das letzte Wort haben?«

Trotzdem, es stimmt. Ich habe hingeguckt und nichts gesehen, nur den Supertyp vor meinem geistigen Auge, den ich vor drei Sekunden vergrault habe. Ich?

»Schiet!«

»Uns verbietest du zu fluchen.«

Das stimmt auch. Kinder haben manchmal eine fatale Ehrlichkeit drauf.

Ich bewaffne mich mit Schwamm und Seifenlauge und fange an, verbissen zu reiben, immer hübsch von außen nach innen, damit keine Kränze Zurückbleiben, wenigstens keine sichtbaren. Hätte der Supertyp nicht wenigstens weiße Schokolade schicken können? Weiß doch jeder, der ein bißchen was von Kindern versteht, daß die nicht so saut.

Kapitel 2 Sein Bild an meiner Wand

Es gibt Tage, da haut mich ein Fliegenbein um.

Heute ist so ein Tag. Das Gefühl ist in mir drin, noch bevor ich in meinem Kopf auseinandergeklaubt habe: Jonas muß aufs Klo, und der Futzi hat Durst.

Ich weiß nicht, ob es irgendeinen verborgenen Schaltknopf gibt, der diesen Notruf auslöst. Der Tag hat eintausendvierhundertvierzig Minuten. Davon besetzt Jonas im Schnitt fünf für »Putz mir den Pop ab!« Auf meinen durstigen Mini-Sohn entfallen schätzungsweise weitere dreißig Minuten an meiner Brust, das genügt, denn er hat einen kräftigen Zug am Leib. Rest eintausendvierhundertfünf. Warum also beide gleichzeitig?

Ich war nie gut in Mathe, aber daß hier die Wahrscheinlichkeitsrechnung außer Kraft gesetzt wird, sagt mir mein gesunder Menschenverstand.

»Mama!«

»Ma-ma-ma!«

Einmal weinerlich und einmal morgenmunter, ich darf mir aussuchen, wer zuerst drankommt. Ich denke an die neue Matratze und entscheide mich für Jonas. Eigentlich kann Jonas das mit der Toilette schon sehr gut alleine, aber er ist ein Träumerle und wird erst so richtig wach, wenn ich ihn im Kindergarten abgebe.

Ich dümple also aus meinem Bett hoch und meide den Morgengruß meines Art-déco-Spiegels gegenüber. Heute besser nicht.

Vom Kinderzimmer zum Klo sind es nicht einmal drei Meter. Aber mit neunzehn Kilo auf dem Arm rangiere ich umständlicher als ein Zweitonner. Über die lose Fußleiste stolpere ich. Der Nagel rechts außen fehlt schon seit ein paar Wochen, das Metall steht hoch, aber irgendwie habe ich mich daran gewöhnt.

Mein Sohn reagiert nur auf den Stolperer und strullert los. Der Deckel ist noch unten und sein Höschen oben. Die Matte erwischt er auch.

»Kannst du nicht einmal aufpassen? In deinem Alter.«

Das Tief, mit dem ich wach geworden bin, galoppiert mit mir davon. Ich finde mich gräßlich. Tun kann ich nichts dagegen.

Jonas’ Augen werden riesig, aber er sagt nichts. Er steht nur da in seinem See und wartet, während ich zerbröckle.

Gestern abend bei der Gutenachtgeschichte war ich noch »hip-hop«. Das ist eine echte Huldigung, auch wenn es sich komisch anhört. Mein Twen-Sohn schleppt die neuesten Superlative an, und die Kleinen kopieren sie brav. »Geil« ist noch beliebter, aber da powern meine Killerzellen kontra, wenn Sie wissen, was ich meine.

Und heute abend, wie wird Jonas mich da nennen?

Ich bin gerade soweit, meine Biestigkeit in den Griff zu bekommen, da gibt es einen Plumps. Das ist »Ma-ma-ma«, ich renne hin und atme auf. Wir müssen nicht in die Klinik, wo wir schon dreimal zum Nähen waren. Eine Geburt ist leichter zu ertragen als dieses verzweifelte Weinen zwischen sterilen Tüchern, die mein »Ich bin ja da« aussperren. Aber mein Sohn rappelt sich schon wieder hoch und brüllt. Mit seiner Morgenmunterkeit ist es allerdings vorbei.

»Spinnt ihr heute alle beide? Könnt ihr nicht mal eine Sekunde …?«

Jonas beginnt zu popeln. Sein Blick sagt, ich bin hier überflüssig. Er ist abgetaucht, das Frühstück ist noch nicht gemacht, und Maxi brüllt von unten: »An meiner Jeans ist der Reißverschluß kaputt.«

»Kannst du nicht einmal leise …«, brülle ich zurück.

Zwei Stunden später ist es leise, sehr leise. Die beiden Großen sind in der Schule, Jonas ist im Kindergarten, und Lucas schläft. Neben der Korridortür steht schon mein Einkaufskorb, heute ist Markttag. Die Seifenspritzer im Bad warten, meine Bügelwäsche türmt sich, ich habe mehr Rollen als ein Burgschauspieler, und zwar täglich; Spielpausen sind nicht vorgesehen.

Ich setze mich hin. Egal, dann gibt es eben Ravioli oder Pizza. Hat es bei meinem Ex doch auch immer gegeben, wenn ich mal nicht da war.

»Papa hat heute für uns gekocht.«

»Dosenravioli oder Tiefkühlpizza?«

Wenn ich das fragte, lachten alle. Ob er mir wohl manchmal meine spitze Zunge übelgenommen hat?

Über dem Sideboard im Wohnzimmer hängt noch immer sein Foto; genaugenommen ist es unser Foto. Ein Meter vierzig mal ein Meter ist es groß, ein Monument, in der Mitte eine idyllische Birke, und wir lehnen beide daran.

In Wirklichkeit war es nur ein Trick. Aus zwei Bildern schnippelte das Fotoatelier Schütz mir eines, eine Montage. Das war in jenem Sommer, als meine Ehe den Bach runterging. Lange Jahre haben unsere Freunde mich in sechzig mal achtzig allein an dem Birkenstamm stehen sehen. Daneben er, mit einer Handbreit Tapete zwischen. Sein Rahmen war genauso groß, die Birke war auch dieselbe, aber er war viel kleiner fotografiert.

»So siehst du mich, immer schon.«

»Blödsinn! Ein Zufall! Du hast anders gestanden als ich.«

Ich habe den Zufall auf dem Bild korrigiert, als ich wußte, es ist zu spät. Warum erst dann?

Jener letzte Sommer kommt mir wieder in den Sinn. Wir fuhren mit Freunden ins Grüne; allein, nur mit unseren Kindern, taten wir das schon lange nicht mehr. Wir beide saßen hinten, dicht an dicht, aber ich wollte ihn nicht berühren und er mich nicht. Die holprigen Straßen der Eifel nahmen darauf keine Rücksicht, wir schafften es nicht.

»Verzeih.«

»Pardon.«

»Entschuldigung.«

Wie war das möglich? Wir waren zu Masken geworden. Dabei gab es keine Stelle seines Körpers, die ich nicht kannte. Er war dabei, als unsere Söhne geboren wurden, damals hat er geweint. Und dann ein »Verzeih«, weil sein Hosenbein gegen mein Strumpfbein drückte. Es tat weh.

Am nächsten Tag gab ich die Fotomontage in Arbeit. Ich wollte meinen Mann nicht klein, auch nicht in der Erinnerung. Er hat es nicht verstanden.

»Was soll der Quatsch? Ist das schon mein Grabstein?«

Einen Monat später habe ich ihm sein Teeservice, sein Bettzeug, das Nötigste eben, hinausgestellt. Einpacken mußte er selbst. Dafür war ich nicht mehr zuständig. Ich hörte ihn klappern. Auch das hat weh getan.

Draußen dämmert es. Die Seifenspritzer im Bad sind noch immer da. In der Küche gammeln zwei Pizzableche im Herd. Ausgerechnet an so einem Tag kommen meine Kollegen. Sie sind alle fünf noch im Schuldienst, sogar auf Lebenszeit. Ich bin nicht mehr dabei, aber wenn wir uns treffen, heiße ich wieder »Schneewittchen«. Den Namen haben mir meine Schüler verpaßt. Damals war ich Anfang Zwanzig, und meine Haare reichten fast bis zur Taille. Mit jedem Kind wurden sie ein bißchen kürzer, das war praktischer so. Heute sind sie kinnlang.

»Was willst du nur mit denen? Die Weiber nietet kein Totengräber mehr um. Typische Pauker«, hatte mein Mann gegiftet.

»Danke, zu der Zunft gehöre ich auch.«

»Nicht richtig, du hast dich rechtzeitig abgeseilt.«

»Das war nicht freiwillig.«

»Na und?« Jochen konnte sie nicht leiden, meine Exkollegen. Heute ist er selbst »ex«, da macht es nichts mehr.

Die Augen meiner Gäste wandern auf der Suche nach einem Gesprächsanzünder. Sie fallen auf das Monumentalfoto. Er an meiner Wand, das löst Befremden aus.

»Ihr seid doch auseinander. Endgültig. Oder?«

Ich nicke.

»Du liebst ihn doch nicht etwa noch?«

Meine Mundwinkel quälen sich nach oben. Was für eine Frage? Fünfzehn Jahre sind kein Pappenstiel. Aber das werde ich denen doch nicht auseinanderklamüsern. Lieber setze ich mir ein Lächeln auf.

»Hast du vergessen, was er euch angetan hat?«

»Trotzdem.«

Sie geben keine Ruhe, sie sind Lehrer, jetzt merke ich es auch.

»Häng ihn endlich ab. So etwas ist ungesund.«

Als sie alle weg sind und nur noch die leeren Gläser und Flaschen rumstehen, sehe ich ihn an. Hätte dir nicht gefallen, was? Vier Auslesen haben sie gekippt, und einer hat sogar gequalmt. Neben deinem Lieblingssessel liegen Erdnußflips. Die hast du auch immer gemampft, so hastig, irgendwie eklig, trotzdem …

Kapitel 3 Ein Reserveschlüssel kommt zurück

»Sie werden schon bedient?«

»Nein.« Meine Augen grasen die Glasetageren ab und erliegen den Plunderteilchen. Es sind Kunstwerke, die da auf Tortenspitze arrangiert sind. Mit ihren simplen Schwestern vom Bäcker nebenan teilen sie höchstens den Namen. Die Konditorei Fromme gilt in Köln als Institution, und die apricotfarbenen Schachteln verfolgen einen über die Stadtgrenze hinaus.

»Wie schön …«, sagt eine Stimme. Sie kommt aus der Vergangenheit. Es ist Jonathan.

Er reißt mich aus meiner Stachelbeer-Vanillecreme-Orgie. Noch im Rausgehen habe ich reingebissen, mein Mini schafft sowieso kein ganzes Stück. Seit ich unbemannt bin, verkümmert meine Backkunst, und Bocuse will ich auch nicht mehr in die Tasche stecken. Den Kids schmeckt mein »kalter Hund« sowieso besser.

»Oh!« Mehr fällt mir nicht ein.

Die Apricotpäckchen hinter uns stauen.

»Wir stehen im Weg«, sagt er.

»Sorry«, sage ich, aber das ist geschwindelt, weil ich nicht die Spur betrübt bin. Erleichtert halte ich ihm meine Abschiedshand hin. »Also bis dann …«

Seine sauber manikürten Finger schlängeln auf mich zu. Ich habe keine Ahnung, woher die ewigen Trauerränder unter meinen Nägeln kommen. Es muß so etwas wie ein Brandzeichen für alleinerziehende Mütter sein, denn früher war ich auch top.

»So rasch wirst du deinen Zweitmann nicht los.« Er zieht an mir. »Laß uns wenigstens einen Kaffee trinken.«

Das mit dem »Zweitmann« muß ich erklären. Den Titel verlieh er sich selbst, nachdem ich hinter seinen Maßanzügen und silbergrauen Koteletten den Charme des betuchten Fünfzigers entdeckt hatte. Plötzlich fand ich hundert Mark für ein Vier-Gang-Menü, das auf ein normales Salatblatt paßte, gar nicht mehr so hirnrissig. Eigentlich ist Jonathan der beste Freund von meinem Ex, und sein Steuerberater, die beiden liegen auf einer Wellenlänge. Daraus hat sich dann diese Freundschaft entwickelt. Für Jonas, der ein paar Monate später geboren wurde, sprang dabei sogar noch ein spendabler Patenonkel heraus, der auf seine Goldbarren schwor und amerikanische Eagles schenkte, jedes Weihnachten und zum Geburtstag auch, bis wir uns trennten. Jonas ist sauer. Logo. Sein Pate ist mit vier Münzen im Rückstand und mit sich selbst auch. Deshalb sitze ich also jetzt an einem dieser nackten Bistrotische, oben Marmor und unten Schmiedeeisen, und lasse mich abmustern. So wie er das tut, denkt er aber nicht an die Taufurkunde, in der sein Name steht.

Verstohlen wische ich mir über die Mundwinkel. Meine Fingerspitzen kleben auch. Das habe ich von meiner Gier. Plundergebäck mit Aprikosen ißt man nun einmal nicht von der Faust, erst recht nicht, wenn so ein Tete-à-Tete folgt.

»Du siehst verändert aus. Befreit…«, konstatiert Jonathan.

»Bin ich ja auch, gewissermaßen.«

Er griemelt lüstern »Ja, ja«. Seine Augen gehen auf Tauchstation. Ich trage keinen Büstenhalter, ob er das meint? Aber eigentlich steht die Geschichte noch ganz stramm, und durchsichtig ist meine Bluse auch nicht.

»Dein Jochen ist ganz schön aufgeschmissen ohne dich.«

»Er ist nicht mehr mein Jochen.«

»Es stimmt trotzdem. Eine Frau wie dich gibt man nicht auf. Du weißt ja, ich hätte mein letztes Hemd geopfert, um euch wieder zusammenzubringen.«

Weiß ich das? Sicher, er hat ein halbes Dutzend Einladungen springen lassen, auf Spesenrechnung, und einen Dia-abend hat er auch inszeniert. Dias von seinen Kindern, querbett vom Strandkorb bis zum Weihnachtsbaum, und zuletzt haben die beiden Jo-Jo-Väter, Jochen und Jonathan, geweint.

Am Morgen danach kam ein Anruf von Jonathan, dem Friedensstifter, exklusiv für mich. »Wenn du etwas in Sicherheit bringen willst, ich bin für dich da, jederzeit, top secret. Meine Safenummer kennt nicht mal Elfriede, und auch sonst, auf deinen Zweitmann kannst du bauen.«

Ich hatte nichts beiseite zu schaffen, keine Goldbarren und nicht mal Coupons, die ich am Finanzamt und an Jochen vorbeischnippeln konnte. Das machte es mir leicht, meine Moral hochzuhalten, aber das wußte Jonathan natürlich nicht. Nach der Abfuhr war er im Dauerstreß, eigentlich war er ja auch Jochens Freund.

Von Kaffeetasse zu Kaffeetasse redet er nun schon wieder so komisch daher. Er macht mich nervös. Sein Flirtalphabet ist mir nicht mehr geläufig. Meine neuen Freunde sind anders. Befreit? Vielleicht ist doch etwas daran. Quatsch, dummes Zeug.

Durch die gediegene Brillenfassung kesseln mich seine Augen ein. »Mache ich dich nervös?«

»Du mich? So ein Blödsinn! Was macht überhaupt deine Frau?«

»Gut. Bestens. Wie immer. Du kennst sie ja. Zur Zeit betutelt sie unseren Kim. Er hat Krach mit seiner Freundin, der soundsovielten. Aber recht hat er, man sollte das Leben genießen. Und du, was ist mit deinem Liebesieben? Hast du einen Neuen?«

Seine schwiemelige Tonlage hebt das Wort »Liebesieben« wie in Fettdruck heraus. Dreist ist er und genauso klotzig wie sein Siegelring und sein echt goldenes Zigarettenetui vor meiner Nase.

»Tut mir leid, ich muß los. Schöne Grüße.«

Ich haste ins Freie. Sogar meine Kuchenschachtel lasse ich stehen. Egal, nur weg von diesem Schleimi. Seine Platzteller aus Sterlingsilber müssen mir damals das Gehirn vernebelt haben.

Abends im Bett fällt mir der Reserveschlüssel ein. Ob Jonathan ihn noch immer hat? Er hat. Zuerst höre ich nur die Treppe quietschen und dann ein Flüstern neben meinem Bett. Da bin ich schon halb tot vor Angst. Dann atme ich auf, weil es kein Killer ist, sondern nur er. Bescheuert? Mag sein, aber mein Leben ist mir erst einmal wichtiger als meine Tugend, und daß der beste Freund meines Mannes es darauf abgesehen hat, ist mir spätestens in dieser Sekunde glasklar.

Er senkt sich auf meine Bettkante und klimpert anzüglich mit meinem Schlüssel. »Die hatte ich völlig vergessen, liebste Zweitfrau.«

»Bist du komplett verrückt geworden? Mach, daß du verschwindest.«

»Leise, wir wollen doch nicht die Kinder aufwecken. Laß dir erklären …«

Erklären? Zum Teufel mit ihm! Hoffentlich wacht keins von den Kids auf. Den Patenonkel auf meinem Bett, wie soll ich das erklären?

Sein Siegelring kriecht auf mich zu. Sonst sehe ich nichts, nicht einmal seine Hand, nur den Ring und seine Augäpfel. Es ist tierisch düster. Ich klemme die Bettdecke fest, rechts und links, es ist nur symbolisch. Das Gold schiebt sich näher. Ich rieche sein Rasierwasser und die Pomade, die er sich ins Wellhaar schmiert; es stinkt mir die Nase zu. Wie das Zeug wohl heißt, bestimmt sündhaft teuer. So was wie das hier, das gibt es doch gar nicht in echt, nie.

»Du bist eine leidenschaftliche Frau, ich weiß das. Jochen hat keine Ahnung …«

Die Hand drängt gegen den Stoffwulst, der zwischen ihm und mir ist. Er fingert sich durch. Es wird kalt.

»Ich schreie.«

»Das tust du nicht. Die Kinder.«

Mein Flüstern rastet aus, und ich sehe den Ring wieder, auf der Flucht vor dem Skandal. Seine Worte fliehen auch.

»Niemand zwingt dich. Ich könnte dir nützlich sein. Allen wäre gedient.«

»Deiner Frau auch?«

»Natürlich. Es tut ihr jedesmal weh, sie müßte sich operieren lassen. Das mute ich ihr nicht zu. Und ich bin ein Mann, deshalb …«

»Mein Schlüssel!«

Kapitel 4 Es gibt nur einen Vater

Haben Sie schon mal Kartoffelsäcke geschleppt? Ich auch nicht! Dafür hieve ich aber täglich alles treppauf, was meine Großfamilie so verputzt. Dazu kommen gehfaule, schlafende oder Krabbelkinder.

An diesem Nachmittag habe ich meinen Mini-Sohn im Tragetuch, rechts eine Großpackung Ultra-Pampers, weil da Lokomotiven draufgedruckt sind, und links einen halben Wühltisch Sonderposten Kinderwäsche.

Im Treppenhaus höre ich Kinderstimmen.

Die Gewichte an meinen Armen werden federleicht, meine Wut schießt hoch. Diese kleinen Monster wissen genau, daß sie die Tür nicht aufmachen dürfen. Es gibt genug Verrückte.

»… und die Blümchen, die hat euch bestimmt die Omi mitgebracht?«

»Nö, die großen roten sind immer von Micha.«

»Ah ja. Der hat doch auch neulich dein Rädchen repariert!«

»Der doch nicht. Das war der Matthes.«

Die Windeln knallen auf die Steinstufen, der Rest kommt nach. »Was machst du hier?«

Da sitzt er, mein Ex, auf der Treppe direkt vor meiner Wohnung, und quetscht Jonas aus.

»Das ist mein Haus. Und mein Sohn. Ich sehe nach dem Rechten.«

Meine Hand schießt vor, er zurück. Ob ihm das Spiegelei in der Kupferpfanne eingefallen ist? Mein einziges Wurfgeschoß in fünfzehn Ehejahren, immerhin. Ich klaube aber nur meinen Sohn von der Stufe. »Komm!«

»War das der Papa?«

»Ja.«

Unser Sohn, seiner wie meiner, patscht gegen das Türblatt. Für einen Dreijährigen sind ein paar Pfennigstücke ein Schatz und ein Jahr eine Ewigkeit. So lange ist es jetzt her.

Von draußen bollert es Stakkato. Jonas hüpft erschrocken zurück. »Warum ist der Papa so böse?«

Ich ziehe den kleinen Körper an mich und stülpe meine Zärtlichkeit über ihn. Wie soll ich ihm auch mit Worten erklären, was in zwei Menschen abläuft, die sich auseinanderschneiden? Es blutet.

Damals hat es auch geblutet. Im Kopf und mit der Zunge haben wir den Idealfall geprobt, bis zu jenem Abend.

»Mach, daß der Typ verschwindet.«

»Du hast kein Recht mehr …«

»Raus, oder ich rufe die Polizei. Es ist mein Haus.«

»Ich wohne hier, nur ich. Er ist mein Freund.«

»Hure!«

»Mama, was ist das, eine Hure?« Das hat schon nicht mehr zum Fight gehört, das war Maxi, hinterher. Und nun bekommt das Nachspiel eine Fortsetzung, mit Jonas.

»Hast du Hunger?« frage ich hastig. »Soll ich dir eine Puddingsuppe machen, mit ganz viel Eischnee?«

»Und mit Schokostreuseln.«

»Meinetwegen.« Dann gibt es halt Pudding statt Mittagessen und Streusel als Seelenpflaster obendrauf. Die Kohlrabi kann ich auch morgen noch machen.

Ich setze die Milch auf und lausche nach draußen. Es ist still geworden. Nur Lucas kraucht über die Fliesen und scheppert mit meinem Schneebesen gegen den Schnapp- Hannes. So heißt unser Mülleimer, ab achtzig Liter Fassungsvermögen schiebt der Hersteller seine Produkte getauft über die Ladentheke.

»Mama. Mama, komm mal.«

Jonas steht im Eßzimmer vor unserer Ahnengalerie. Statt Ölschinken in Protzrahmen sind das bei uns nur Fotos, aber die sind komplett, von der Uroma bis zu meinem Jüngsten.

»Der da, ist das auch mein Papa?«

»Ja, siehst du doch.«

»Und das Baby bei ihm auf dem Arm?«

»Das bist du.«

»Der Papa auf dem Bild ist aber nicht böse, oder?«

»Nein, ist er nicht. Bestimmt nicht. Das ist so …«

Es riecht brenzlig. Maxi steht auch schon vor dem Herd und begutachtet die überschäumende Milch.

»Cool.«

»Ist das alles, was dir dazu einfällt?« Ich zerre den Topf von der Platte. Es zischt. »Hättest du nicht mal…?«

»Ich habe Hausaufgaben gemacht. Und überhaupt, das ist doch kein richtiges Essen.«

Als wir endlich am Tisch sitzen, gibt es auch noch Siedewürstchen, Ketchup, Remoulade, Senf, Quetschkartoffeln und Salami-Baguette. Und ich habe mich immer tierisch über meine Schwiegermutter aufgeregt: »Warum druckst du ihnen nicht noch eine Speisekarte?«

Nach zweieinhalb Wienern und einer halben Flasche Ketchup rückt Jonas mit den Familien-News raus. »Mein Papa war da. Der böse, nicht der liebe.« Sein Schmierdaumen kleckst gegen das gerahmte Foto, ein roter Fleck bleibt zurück.

Ich meckere nicht, nicht mal »Ferkel!«.

»Du bist doof. Es gibt nur den einen. Mich hat er eingesperrt.« Maxi ist ein Abziehbild seines Vaters, ein blonder Engel mit Blauaugen, deshalb ist sein Fight besonders erbittert.

Jonas denkt nach. Das dauert bei ihm. »Den will ich dann nicht«, verkündet er endlich. »Ich will einen neuen.«

»Wen denn?«

»Den Papa Bernd von der Jutta, der ist hip-hop.«

»Das geht nicht, du Doof. Der hat doch schon eine Frau und Kinder. Doppelt geht nicht.«

»Und der Matthes, geht der?«

»Schon, aber …«

Ich schiebe einen Riegel vor, der immer zieht. »Kommt, wir gehen an der Ecke ein Spaghetti-Eis essen.« Lieber bin ich mit dreißig Mark dabei, als daß meine Kids jetzt alle Männer verhackstücken, die ihnen so in den Sinn kommen.

»Hurra!«

Ich bin erleichtert. Eine Viertelstunde schlemmen sie friedlich, und das heiße Thema ist vom Tisch.

»Wollt ihr noch ein Eis auf die Faust?«

Der nette Italiener fragt schon gar nicht mehr. Wir sind Stammkunden, als Troß nicht zu übersehen und erzkonservativ. Mindestens eine Saison bleiben wir unserer Lieblingssorte treu. Zitrone für Maxi, Stracciatella für Joni; bei Mann- Vater-Kandidaten ist das schwieriger, da müssen wir uns auf eine Sorte einigen.

»Danke, Mama.«

Ich sammle klebrige Küßchen, aber die gedämpfte Fußnote von Maxi bekomme ich trotzdem mit. »Das ist alles wegen dem schlechten Gewissen. Weil sie uns noch immer keinen neuen Vater besorgt hat.«

»Wir können doch auch Micha nehmen«, schlägt Joni vor.

»Der bringt es nicht. Der schenkt immer nur Grünzeug.«

Ein paar Tage später bekomme ich einen Brief von meinem Exmann. Er findet es bedenklich, in welches Sündenbabel ich unsere unschuldigen Kinder stürze, mit Matthes und Micha und überhaupt. Neulich habe ich seine abgelegte Freundin im Park getroffen. »Sei froh, daß du ihn quitt bist. Im Moment hat er was mit dieser Avon-Tante, aber die betrügt er auch schon wieder, sie ihn auch, ich sage dir …«

Kapitel 5 Die Droge heißt Bewunderung

Um elf Uhr soll die Taufe sein. Anselm wird getauft. Er ist ein Jahr alt, genau wie mein Lucas. Außerdem ist er ein Wunschkind und hat einen Bilderbuchvater, von der Sorte kenne ich ganze drei. Aber Ela hat ihn verdient, sie ist meine Freundin.

Ich rücke das Zifferblatt dicht vor meine kurzsichtigen Augen, es ist die Uhr von meiner Urgroßmutter. Obwohl ich sie nur selten trage, ist das schmale Goldband schon ziemlich brüchig, und die zierlichen Zahlen verblassen auf dem Elfenbeinton darunter.

»Bin ich schick, Mama?«

»Superschick.«

»Du hast ja gar nicht hingeguckt.«

»‘tschuldige.«

Ich sehe ihn an. Ein marineblaues Streifenhörnchen mit runden Backen und ernsten Augen. Dahinter knautscht sich das Bild einer todschicken Mutter, die will ich gleich sein.

Auf der Treppe blockiert mich Maxi. »Kann ich dein Gel?«

»Essen, trinken oder stehlen?« ergänze ich mechanisch. Das verschluderte Verb ist bei Maxi zu Hause, bei mir nicht.

»Hör schon auf, Mama. Kann ich?«

»Meinetwegen. Aber nicht wieder die ganze Tube.«

Ich bin zibbelig. Wer wohl alles kommen wird? Die Brettschneiders wohnen inzwischen irgendwo im Süddeutschen. Bei der Taufe von Esther vor zwei Jahren hatten sie drei Kinder, genau wie wir. Damals war Jochen noch bei uns: »Wer zuerst Nummer vier schafft, kriegt eine Kiste Schampus.«

Ich habe gewonnen. Ob die Bescheid wissen?

Ich ratsche die Cellophanhülle der Strümpfe auf. Der Dior-Schmetterling auf der Ferse bringt es, jeder guckt hin, und auf mich wirkt er auch. Dieses Straßding an meinem Bein ist ein bißchen frivol und sehr überflüssig, Luxus eben. Für Frauen ist so etwas wichtig.

»Wow! Siehst echt geil aus, Muttchen.«

Diesmal schlucke ich das »geil« bereitwillig. Eine Hymne zerstückelt man nicht, oder?

»Holt Micha uns ab?«

Ich schüttle den Kopf. Micha ist nicht mehr, seine letzten Rosen machen auch schon schlapp. Von einem Dutzend Dates habe ich über die Hälfte abgesagt, wegen Mandelentzündung – »Mama, du sollst nicht Weggehen!« – und Nissen. Bei Jonas hat der Kindergarten sogar eine geschlüpfte Laus entdeckt, aber vielleicht ist die auch nur zu ihm rübergesprungen. Jedenfalls haben die Viecher meinem Lover den Rest gegeben. Die und vier Kinder, das war zuviel.

»Etwa Matthes«, nörgelt mein Teeny. »Bei dem im Auto stinkt es nach Viech.«

Matthes ist Tierarzt und entsorgt mit seinem Kombi, was in der Praxis so anfällt. Die toten Hamster, Katzen und Wellensittiche werden säuberlich in Plastiksäcke verpackt, trotzdem riechen sie.

»Matthes ist nett. Der schneidet Cäsar die Krallen.«

Cäsar ist unser Zwergkaninchen, ein Albino, der vorzugsweise Feldsalat und Hüttenschuhe frißt. Die Kinder lieben ihn trotzdem. Ich nicht.

»Keiner holt uns ab.«

»Müssen wir etwa wieder den Bus nehmen?«

Wieder, das heißt zum zweiten Mal. Unser »Knubbelchen« steht in der Werkstatt. Es sieht böse aus, man muß mit dem Schlimmsten rechnen.

Ich mustere die Babycordhosen der vier und meine eigenen Beine, schmetterlingsbestrumpft und hochhackig. »Wir nehmen ein Taxi.«

Unser Fahrer hat ein Goldsternchen am linken Nasenflügel und einen kessen Igelschnitt. Den Kinderwagen klappt er mir in Null Komma nichts zusammen. Bei mir hakt das verflixte Ding immer, trotz vier Kindern.

»Sind das alles Ihre?«

»Alle vier.«

»Stark.« Seine jungen Augen berühren mich im Rückspiegel. So einem könnte ich glatt ein halbes Dutzend gestehen, mit Wonne.

Jonas hat aufgepaßt. Er lugt durch die Ritze zwischen den Vordersitzen und fragt den Fahrer: »Bist du alt?«

Die Haarspitzen über der Kopfstütze vibrieren. »Ziemlich alt.«

»Die Mama auch. Hundert Jahre oder so.«

Vor mir bebt es heftiger. »Hundert ist gut.«

»Ehrlich?« fragt Jonas. »Dann kannst du sie haben. Wir suchen nämlich einen Neuen.«

Bis Deckstein ist es eine Weltreise, und ich gebe dem netten Typen nicht einmal ein Trinkgeld. Ich traue mich nicht, er könnte ja sonst was denken.

Um die Kirche trubelt es. Es sind bestimmt an die hundert Leute, erkennen kann ich noch keinen. Nicht ohne eines dieser Gestelle auf der Nase, die mein Gesicht halb zudecken und mich, wenn ich dem neuesten Trend gehorche, in eine von tausend Tigerlillys ummodeln. Ohne Brille träumen meine Augen alles sinnlich an. Solange Jochen neben mir war, »da vorn kommen die Cremers«, sah ich klar. Allein bin ich nur noch blind.

Endlich sichte ich einen vertrauten Umriß. Behäbig und im Trachtenlook, das ist Opa Meisen aus Aachen.

Ich drifte auf ihn zu, ich freue mich. »Hallo, wie schön …«

Der ältere Herr freut sich auch. Er kennt mich nicht, aber er wärmt sich an meiner herzlichen Art. Heutzutage ist so etwas selten unter Fremden. Verlegen schwenke ich ab.

»Wer war der Mann?«

»Weiß ich nicht.«

»Warum hast du dann …?«

»Da hinten ist Ela. Avanti.«

»Bist du sicher?«

»Völlig sicher.«

Der knallrote Kinderwagen kann nur meiner Freundin gehören. Er ist ultra-unmodern und eiert. Die Sache ist eineindeutig, trotzdem halte ich mich bedeckt.

»Ist etwas? Du guckst so komisch.«

»Nichts ist. Grüß dich.«

»Sie hat wieder mal keine Augen an. Deshalb.«

Eingeschnappt funkle ich meinen Twen an. Klugscheißer.

»Typisch! Komm, ich lotse dich. Da sind die Brettschneiders.«

Niemand fragt nach Jochen. Es scheint sich herumgesprochen zu haben, bis nach Süddeutschland. Die Messe beginnt, und die Orgel braust in das Halbdämmer mit den flackernden Kerzen. Meine Nase läuft. Jonas ist Weihnachten getauft worden, und mein Mann, der nicht mehr mein Mann ist, hat von den Altarstufen herab unseren Taufspruch vorgelesen, etwas vom Geist der Liebe, es ist nicht fair.

Der Geistliche tritt vor. Seine Stimme ist dünn, er ist schon alt, aber für Gottesdiener gibt es wohl keine Altersgrenze. Für Mütter gibt es die ja auch nicht.

Der Täufling greint. Die fiependen Laute füllen das hohe Gewölbe, die beiden Geschwister greinen hinterher, der Pastor murmelt hilflos dagegen an. Elas Mutterhals über der festlichen Bluse ist voll roter Flecken. Nur der Vater bleibt cool.

»Was hast du für brave Kinder! Wie machst du das nur?«

Wir haben uns vor dem Portal zum Gruppenfoto aufgestellt. Die Sonne scheint. Ich lasse meine Augen losträumen und meine Mundwinkel lächeln.

»Ich habe Glück gehabt.«

Glück? Ich habe gar keine Wahl. Eltern haben vier Arme, ich zwei. Fünfundvierzig Minuten habe ich jetzt als Parademutter meine Brut in Schach gehalten. Der Kraftakt hat sich gelohnt. Ich bin besser gewesen als die mit den vier Armen.