Die Schwarze Fledermaus 43: Wölfe jagen im Rudel - G.W. Jones - E-Book

Die Schwarze Fledermaus 43: Wölfe jagen im Rudel E-Book

G. W. Jones

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Beschreibung

Ein Reisender übernachtet in Chicago in einem drittklassigen Hotel. Ungewollt wird er Zeuge eines Gesprächs zweier Krimineller, die eine unglaubliche Straftat planen. Er meldet den Vorfall der Polizei, doch man glaubt ihm nicht. Also sucht er Rechtsanwalt Tony Quinn auf. Wenig später wird er ermordet. Tony Quinn nimmt eine Spur aus dem Nichts auf.

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Seitenzahl: 154

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DIE SCHWARZE FLEDERMAUSBand 43

In dieser Reihe bisher erschienen:

6001 – Der Anschlag von G. W. Jones

6002 – Der Sarg von G. W. Jones

6003 – Angriff der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6004 – Ein harmloser Fall von Angelika Schröder

6005 – Tote schweigen nicht von Margret Schwekendiek

6006 – Liga der Verdammten von G. W. Jones

6007 – Die Spione von G. W. Jones

6008 – Der Kreuzzug von G. W. Jones

6009 – Der Flammenpfad von G. W. Jones

6010 – Der Sieg der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6011 – Das Trojanische Pferd von G. W. Jones

6012 – Die Spur des Drachen von G. W. Jones

6013 – Das Gesetz der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6014 – Das nasse Grab von G. W. Jones

6015 – Stadt in Angst von G. W. Jones

6016 – Der unsichtbare Tod von G. W. Jones

6017 – Die Stimme der Gerechtigkeit von G. W. Jones

6018 – Die Augen des Blinden von G. W. Jones

6019 – Die Todesmaschine von G. W. Jones

6020 – Schatten des Bösen von G. W. Jones

6021 – Teufel ohne Gesicht von G. W. Jones

6022 – Prophet des Todes von G. W. Jones

6023 – Die Morde der Nazi-Spione von G. W. Jones

6024 – Die siebte Kolonne von G. W. Jones

6025 – Millionen für einen Mörder von G. W. Jones

6026 – Die Killer aus dem U-Boot von G. W. Jones

6027 – Die Vampire von Moosehead von G. W. Jones

6028 – Wächter in Schwarz von G. W. Jones

6029 – Rache aus dem Jenseits von M. S. Jones

6030 – Fabrik des Todes von G. W. Jones

6031 – Auf höchsten Befehl von A. S. Jones

6032 – Die weiße Hexe von G. W. Jones

6033 – Samariter des Todes von G. W. Jones

6034 – Mordgeschäfte von G. W. Jones

6035 – Auf falscher Fährte von G. W. Jones

6036 – Der Mann im Koffer von G. W. Jones

6037 – Bunte Steine von G. W. Jones

6038 – Tödliches Vermächtnis von G. W. Jones

6039 – Verräterische Spuren von G. W. Jones

6040 – Regie des Todes von G. W. Jones

6041 – Wer überlebt, stirbt! von G. W. Jones

6042 – Quinn unter Verdacht von G. W. Jones

6043 – Wölfe jagen im Rudel von G. W. Jones

6044 – Das Versteck am See von G. W. Jones

6045 – Johnny Hampelmann von G. W. Jones

6046 – Der Todeskandidat von G. W. Jones

G. W. Jones

Wölfe jagen im Rudel

Aus dem Amerikanischenvon W. Arnemann

Das Abenteuer Wölfe jagen im Rudel erschien im Februar 1947 unter dem Titel The Crime to Come in dem amerikanischen Magazin Black Book Detective.

Carol Baldwin

Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.© 2022 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Harald GehlenTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogogestaltung: Mark FreierIllustration: Ralph KretschmannSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-043-7

Kapitel 1

Er sah ziemlich klein und schmächtig aus. Sein Name war William Wilkerson, und jedermann nannte ihn ­Willie, wenigstens in der Kleinstadt, aus der er kam. Hier in Chicago bemerkte man ihn überhaupt nicht. Er kannte niemanden. Er hätte den Chef, der ihn hierher gesandt hatte, um einige wichtige Ersatzteile für die Fabrik zu kaufen, verfluchen können, wenn er ein Mann gewesen wäre, dem das Fluchen lag. Willie Wilkerson mochte Chicago nicht, hatte es noch nie gemocht.

Im Augenblick mochte er es weniger denn je. Er hatte bereits vier Dollar für Taxifahrten ausgegeben, indem er auf der Suche nach einem Zimmer von einem Hotel zum anderen gefahren war, und immer noch hatte er keins gefunden. Es war schon beinahe neun Uhr abends, und langsam begann er zu fürchten, dass er die Nacht auf einer Parkbank verbringen müsse. Seine beiden Koffer wurden immer schwerer. Er war die ganze Nacht und den ganzen Tag mit der Eisenbahn gefahren und hatte nicht geschlafen. Er konnte im Zug nie schlafen. Willie war todmüde und begann zu verzweifeln.

Wieder schleppte er seine Koffer aus einer Hotelhalle und brauchte zehn Minuten, sich ein Taxi herbei­zuwinken. Diesmal erwischte er einen mitfühlenden Fahrer. Nach seiner Lizenz, die am Armaturenbrett hing, hieß der Mann Constantinos Spireglios. Willie war immer bemüht, sich die Namen von Taxifahrern zu ­merken, für den Fall, dass ihn einmal ein Polizist danach fragen sollte.

„Pech gehabt, was, Chef?“ Der Fahrer wackelte mit dem Kopf. „Hier müssen Sie ein Zimmer ein paar Tage vorausbestellen. Wohin denn?“

„Ich weiß nicht.“ Willie war froh, endlich jemanden zu haben, der ihm zuhörte. „Ich habe nicht die leiseste Idee. Jetzt war ich schon in sieben Hotels, und nirgends war ein Zimmer frei. Wissen Sie vielleicht, wo ich eins finden kann? Ich stelle keine besonderen Ansprüche, wenn es nur sauber und ruhig ist.“

Der Fahrer strich sich übers Kinn. „Das ist ziemlich viel verlangt in dieser Stadt. Besonders, was die Ruhe betrifft. Aber ich wüsste etwas in der hundertzweiten Straße. Das kennen nicht viele. Sie haben dort hauptsächlich Dauergäste sowie eine Pension. Neulich habe ich zwei Leute hingebracht, und sie unterhielten sich darüber. Als Taxifahrer muss man ja die Ohren offenhalten. Ich hörte sie sagen, dass dort immer ein Zimmer zu kriegen wäre. Wollen Sie es riskieren?“

„Ja, natürlich“, erwiderte Willie. „Ich tue alles, nur um ein Zimmer zu kriegen.“

*

Etwa fünfunddreißig Minuten später stand Willie mit seinem Gepäck auf dem Bürgersteig vor dem Wilton-Hotel. Es war ein schmaler Bau, aber ziemlich hoch, vielleicht fünfzehn oder sechzehn Stockwerke.

Willie war nicht besonders davon beeindruckt, aber wenn er ein Zimmer bekommen konnte und ein Bett darin, in dem er schlafen konnte, so hätte er es im Augenblick höher geschätzt als das Waldorf Astoria. Er zahlte den Fahrer, fügte in einer Anwandlung von Großzügigkeit einen halben Dollar Trinkgeld hinzu und schleppte seine Koffer in die Hotelhalle.

Der Empfang, der ihm bereitet wurde, war nicht ermutigend, das Hotel schien nicht einmal Pagen zu besitzen. Ein gelangweilter Empfangsportier blätterte im Gästebuch.

„Ein Einzelzimmer mit Bad? Ja, das habe ich. Vierfünfzig den Tag und für eine Woche billiger“, erwiderte er, nachdem Willie seinen Wunsch geäußert hatte.

„Ich werde nur ein paar Tage hier sein. Vielen Dank!“

Er füllte den Meldezettel aus, nahm seinen Schlüssel und trug das Gepäck zu einem altersschwachen Lift, der von einem Mann bedient wurde, der ebenso altersschwach war wie der Lift.

Willie stieg im zwölften Stockwerk aus und suchte sich sein Zimmer. Er schloss die Tür auf und war angenehm überrascht.

Das Zimmer war klein, aber sauber, und das Mobiliar schien bequem, ganz besonders das Bett. Willie setzte sich müde auf die Bettkante, öffnete einen Koffer und nahm einen Schlafanzug, seine Zahnbürste und Zahnpasta heraus. Einen Augenblick spielte er mit dem Gedanken, auf seine abendliche Zahnpflege zu verzichten und einfach die Augen zu schließen und zu schlafen. Dann überwand er sich, stand auf und wusch sich. Als er seine Uhr aufzog, stellte er fest, dass es zweiundzwanzig Uhr fünfundvierzig war.

Er schlüpfte unter die Decke, legte die Hände unter den Kopf und blickte starr zur Zimmerdecke empor. Irgendwo blitzte ein rotes Neonzeichen, und so war die Decke abwechselnd rosa und schwarz gefärbt. Willie seufzte befriedigt und dankte dem Schicksal, das ihm diesen Taxifahrer gesandt hatte.

„Vierfünfzig“, murmelte er schläfrig. „Ich denke, das ist ein bisschen viel, aber man muss sich in Chicago die Ruhe etwas kosten lassen. Ja, selbst wenn ich die Hälfte davon aus der eigenen Tasche bezahlen müsste, wäre es mir das wert. Ahhh …“

Er schloss die Augen und knipste das Licht aus, und dann saß er plötzlich kerzengerade im Bett. Ein ­schwerer Tank war anscheinend gegen die Wand neben seinem Bett gefahren. Drei oder vier Minuten später wusste Willie Wilkerson ziemlich genau, weshalb dieses Hotel weder bekannt noch besonders teuer war. Seine Wände schienen aus Papiermache oder etwas ähnlich Zerbrechlichem zu bestehen. Man konnte alles hören, was im Nebenzimmer vorging, so, als ob es keine Wände gäbe.

Was Willie zuerst gehört hatte, schien eine Whiskyflasche gewesen zu sein, die jemand gegen die Wand geschleudert hatte. Jetzt hörte er Stimmen. Eine davon schien einem recht ärgerlichen Mann zu gehören. Die andere sollte besänftigend klingen. Willie zog sich die Decke über den Kopf und versuchte, sich einzureden, dass er trotz des Lärms schlafen könne.

Aber das war nicht der Fall.

Bald schob er die Decke wieder zurück und lauschte ganz bewusst, während ihm langsam der Wunsch nach Schlaf verging. Der ärgerliche Mann schimpfte immer noch, aber jetzt begann Willie zu verstehen, was ihn ärgerte.

„Und ich sage dir“, schrie der Mann, „die Sache hat einen Haken! Sie muss einen Haken haben!“

„Ruhig!“, warnte die andere Stimme. „Alles ist völlig harmlos. Du bist nur zu betrunken, um das zu kapieren.“

„Harmlos? Wie kann das harmlos sein? Man sagte uns, wir sollen hier unterkriechen. Wochenlang! Mir hängt das Ganze zum Halse heraus. Wir können überhaupt nicht aus dem Haus, nur nachts, und niemand darf uns besuchen. Wir können keinen Dollar ausgeben, und doch verdienen wir Hunderte.“

„Mund halten!“, warnte die andere Stimme. „Wir haben uns beide einverstanden erklärt, diesen Job anzunehmen, und jetzt bleiben wir auch dabei. Ein Vermögen ist damit zu verdienen.“

„Und wie viele Leute werden wir umbringen müssen?“, fragte der Betrunkene. „Das will ich wissen. Wie viele Leute legen wir um?“

„Du bist verrückt!“, erwiderte der andere in gereiztem Ton. „Wer hat auch nur ein Sterbenswörtchen vom Umbringen gesagt?“

„Niemand bis jetzt. Aber überleg doch, wir wissen nicht, für wen wir arbeiten. Nur, dass alle Jungs, die etwas von ihrem Handwerk verstehen, eingestellt worden sind. Wir sitzen hier herum und bekommen mehr Kies, als wir damals einnahmen, als wir diese Bank knackten. Glaubst du im Ernst, wir erhalten die Bucks dafür, dass wir nichts tun? Nein, niemals! Da muss doch etwas dahinterstecken. So viel Kies gibt es nur für Mord! Darauf kannst du dich verlassen. Ich habe darin meine Erfahrungen.“

„Und ich sage dir, dass du den Mund halten sollst!“, herrschte der andere ihn an. „Wir haben ausdrücklich Anweisung, nichts zu reden. Was du brauchst, ist ein Spaziergang an der frischen Luft, damit du nüchtern wirst. Ziehe dich an!“

„Okay, okay“, sagte die alkoholische Stimme. „Vielleicht hast du recht. Gehen wir also spazieren, damit wir in der Übung bleiben. Die halbe Nacht Spazierengehen und den ganzen Tag hier pennen, schließlich ist das nicht das Schlechteste.“

*

Willie Wilkerson schwang sich vom Bettrand. Er zitterte, aber er wusste jetzt, was er zu tun hatte. Da war irgendein Verbrechen in Vorbereitung, ein ungewöhnliches Verbrechen sogar, wie es schien, und es war seine Pflicht, die Polizei darüber zu informieren. Und wenn möglich, auch, sich diese beiden Männer anzusehen.

So zog Willie sich in großer Eile wieder an. Seine Müdigkeit war verflogen. Als er sich die Schnürsenkel band, hörte er, wie die Tür des Zimmers nebenan geöffnet wurde und sich dann wieder schloss, und er hörte weiter, wie zwei Paar Füße schnell den Gang hinuntereilten.

Er schloss die Tür auf, drückte sie einen Spalt auf und spähte hinaus. Er konnte immer noch die Schritte hören. Er drehte den Kopf herum. Am Ende des schmalen und schlecht beleuchteten Ganges nahm er die Umrisse der beiden Männer wahr. Er sah nur ihre Rücken. Einer von ihnen war hochgewachsen und muskulös und wirkte von hinten wie ein Athlet.

Der andere war kleiner, ging etwas nach vorn gebeugt und war schlank.

Sie läuteten nicht nach dem Lift, sondern gingen auf die Feuertreppe zu. Unmittelbar darüber befand sich eine rote Notlampe, die die Tür ziemlich gut beleuchtete.

Der Große ging geradewegs hindurch. Der Kleinere blieb stehen, riss ein Streichholz an und hielt die Flamme an eine Zigarette, die er im Mundwinkel hielt. Als die Streichholzflamme ausging, drehte er sich halb um. ­Willie konnte nicht viel von seinem Gesicht wahrnehmen, abgesehen von der Nase. Für einen Mann von seiner geringen Größe hatte er eine erstaunlich große Nase. Sie war lang und schmal und wirkte beinahe wie eine Karikatur.

Dann schloss sich die Tür, und die beiden Männer waren verschwunden.

Willie eilte zum Schrank, schlüpfte in sein Jackett, griff nach seinem Hut, verließ das Zimmer und rannte den Korridor hinunter. Auf halbem Wege blieb er stehen, drehte sich um und lief zurück, nicht zu seinem eigenen Zimmer, sondern zu dem nebenan, in dem sich diese beiden Männer unterhalten hatten.

Willie versuchte, die Klinke niederzudrücken. Er war ziemlich sicher, dass er den Schlüssel nicht im Schloss gehört hatte, und er hatte auch recht, denn die Tür öffnete sich leicht. Er trat in das Zimmer. Es war dunkel, denn der Vorhang am einzigen Fenster war vorgezogen. Willie schaltete das Licht an.

Der Raum befand sich in ziemlicher Unordnung. Es schien, als hätten sich die beiden Männer den ganzen Tag über hier aufgehalten. An einer Wand standen zwei offene Koffer. Willie sah in einen davon hinein und hielt die Luft an.

Halb von Kleidungsstücken verdeckt, lag da eine schwere Automatik. Das reichte Willie. Mehr brauchte es nicht.

Jetzt rannte er, so schnell es ging, auf den Lift zu. Als die Kabine auf sein Läuten hin kam, fuhr er damit in die Halle hinunter und rannte nach einem nervösen Blick auf den schläfrigen Portier hinaus.

Draußen hielt das erste Taxi an, dem er winkte. Willie kletterte hinein.

„Polizeipräsidium!“, stieß er aufgeregt hervor.

Die Fahrt war lang. Willie glaubte schon, sie würde überhaupt nicht enden. Schließlich stieg er vor dem imposant wirkenden Gebäude aus, vor dem der Driver das Taxi anhielt.

Willie bezahlte den Fahrer und stürmte dann, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf und in die große Vorhalle hinein. Dort sah er einen Tisch, darüber eine Tafel mit der Aufschrift Information und rannte darauf zu. Ein gelangweilter Sergeant hob fragend die Brauen.

„Es soll ein großes Verbrechen verübt werden!“, keuchte Willie. „Ein sehr großes Verbrechen, von Gangstern mit Pistolen. Sie müssen etwas dagegen unternehmen!“

Der Beamte musterte William Wilkerson einen Moment lang argwöhnisch. Dann grinste er leicht ironisch und sagte, indem er in eine bestimmte Richtung deutete.

„Hier entlang, Mister! Suchen Sie eine Tür mit der Aufschrift Kommissar McGrath!“

Kommissar McGrath war ein stämmiger, vierschrötiger Mann mit einem dichten, eisgrauen, kurz gestutzten Schnurrbart. Er trug weder Jackett noch Weste, und man konnte seine Dienstpistole in der Schulterhalfter sehen. McGrath war nicht besonders phantasiereich, aber ein überaus tüchtiger und erfahrener Polizeibeamter. Er hörte sich Willies Geschichte geduldig an.

„Hören Sie!“, sagte er danach. „Entweder haben Sie eine überaus rege Fantasie, oder Sie haben geträumt. Gangster reden gewöhnlich nicht laut über Verbrechen, die sie noch nicht einmal begangen haben. Sie halten hübsch dicht, bis alles durchgeführt ist, was sie geplant haben. Dann erst prahlen sie damit.“

„Aber einer der Männer war betrunken“, beharrte Willie auf seiner Geschichte, „und ärgerlich obendrein, weil er nicht weiß, was ihm bevorsteht. Er wollte wissen, was für ein Verbrechen er überhaupt begehen soll. Und er sagte, es müsste Mord sein, weil er so viel für sein Nichtstun bezahlt bekäme. Etwas anderes könne gar nicht in Frage kommen.“

Der Kommissar schwieg ein paar Sekunden, dann sagte er: „Nun, auf jeden Fall müssen wir den Dingen nachgehen.“ Er griff zum Hörer des Telefons auf seinem Schreibtisch, wählte eine Nummer und sagte dann: „Hier McGrath. Könnten Sie wohl gleich einmal zu mir herüberkommen, Cummings? ‒ So, ja, Besucher? Nein, bleiben Sie, ich komme zu Ihnen hinüber.“

In Cummings’ Büro herrschte Hochbetrieb. McGrath erkannte den auffallend gekleideten feisten Boxmanager Bert McDonald. In einer Ecke saß Cliff Cordee, seines Zeichens Journalist für Klatschgeschichten, und beobachtete interessiert einen von zwei Polizisten flankierten, schwarzhaarigen Mann, der mit Handschellen gefesselt war.

McGrath begrüßte diesen mit einem Grinsen.

„Soso, Stephan Tuzac! Hat Sie jemand mit einer Karte im Ärmel erwischt?“

Tuzac grinste breit zurück. „Sie wissen doch, dass ich niemals falschspiele, Herr Kommissar, sonst hätte ich nie meinen heutigen Ruf als Berufsspieler. Unser Spielchen war nur etwas zu laut!“

Nun wandte sich McGrath dem letzten Besucher seines Inspektors zu.

Vor Cummings’ Schreibtisch stand ein hochgewachsener weißhaariger Mann in einem schwarzen ­Homburg und einem schwarzen Mantel. Unter dem Mantel trug er einen Smoking. Er erklärte dem Inspektor, dass er Roland Manning heiße und seine Geldbörse verloren habe. Er gab eine genaue Beschreibung davon ab.

McGrath sah ihn an und nickte.

„Hallo, Mister Manning! Wie ich sehe, haben Sie Sorgen.“

Roland Manning streckte ihm die Hand hin.

„Oh, Kommissar McGrath! Ja, ich habe meine Geldbörse verloren. Wie mir das nur passieren konnte! Hoffentlich bekomme ich sie wieder.“

„Ich wünsche es Ihnen“, sagte McGrath. „Aber Sie entschuldigen, dass ich Sie jetzt stören muss, Mister Manning. Dieser Herr hier hat eine wichtige Sache zu berichten, der wir unverzüglich nachgehen müssen.“

McGrath blinzelte Manning zu und deutete mit einer Kopfbewegung auf Willie.

William Wilkerson schluckte und beeilte sich, in allen Einzelheiten zu wiederholen, was er dem Kommissar mitgeteilt hatte. Besonders beeindruckt war der Inspektor davon nicht.

Er griff nach dem Telefon und forderte zwei Beamte in Zivil an. Sie kamen unverzüglich, und der Inspektor erteilte ihnen ihren Auftrag.

Sie gingen.

Der Kommissar wies William Wilkerson in einen Raum neben seinem Dienstzimmer und bat ihn, dort zu warten. Willie vertrieb sich die Zeit mit der Lektüre von Zeitschriften, die auf einem Tisch lagen.

Eine volle Stunde verstrich. Dann kam Kommissar McGrath wieder herein. Er sah Willie streng an.

„Hören Sie!“, sagte es. „Dass Sie betrunken sind, will ich ja nicht glauben, ich denke einfach, dass die Großstadt sie verwirrt hat. Gehen Sie jetzt in Ihr Hotel zurück und schlafen Sie sich aus, damit Sie wieder klar werden. Lassen Sie sich ja nicht einfallen, uns noch einmal ein solches Märchen aufzutischen, sonst lasse ich Sie wegen Irreführung der Behörden ein paar Wochen brummen, verstanden?“

„Aber ich sage Ihnen doch ...“, begann Willie verzweifelt.

„Hören Sie endlich mit diesem Unsinn auf!“, schnaubte McGrath gereizt. „Die beiden Beamten haben Ihr Zimmer gefunden und sich das andere angesehen, das Sie beschrieben. Dort schläft ein alter Mann. Er hat es wochenweise gemietet und wohnt schon seit sechs Monaten dort. Pistolen hatte er keine. Er ist harmlos, und er weiß nichts von zwei Gangstern, wie Sie sie beschrieben haben. Wenn Sie das nächste Mal von Gangstern und geplanten Verbrechen träumen, dann erzählen Sie das jemand anderem. Verstanden?“

Willie wollte immer noch protestieren. McGrath gebot ihm jedoch mit einer Handbewegung Schweigen.