Die Schwarze Fledermaus 46: Der Todeskandidat - G.W. Jones - E-Book

Die Schwarze Fledermaus 46: Der Todeskandidat E-Book

G. W. Jones

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Beschreibung

In Chicago wird die Frau eines zum Tode verurteilten und hingerichteten Kriminellen ermordet. Der Tat verdächtigt wird Theodore Slater, der sich mit der Absicht trug, diese Frau zu heiraten. Slater beteuert verzweifelt seine Unschuld, doch er hat kein Alibi. Seine Erklärungen sind unglaubwürdig. Nur Rechtsanwalt Tony Quinn glaubt ihm. Er versucht, Slaters Unschuld zu beweisen und die Hinrichtung zu verhindern. Der tatsächliche Täter muss gefunden werden. Für die Schwarze Fledermaus beginnt ein Wettlauf mit der Zeit.

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Seitenzahl: 162

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DIE SCHWARZE FLEDERMAUSBand 46

In dieser Reihe bisher erschienen:

6001 – Der Anschlag von G. W. Jones

6002 – Der Sarg von G. W. Jones

6003 – Angriff der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6004 – Ein harmloser Fall von Angelika Schröder

6005 – Tote schweigen nicht von Margret Schwekendiek

6006 – Liga der Verdammten von G. W. Jones

6007 – Die Spione von G. W. Jones

6008 – Der Kreuzzug von G. W. Jones

6009 – Der Flammenpfad von G. W. Jones

6010 – Der Sieg der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6011 – Das Trojanische Pferd von G. W. Jones

6012 – Die Spur des Drachen von G. W. Jones

6013 – Das Gesetz der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6014 – Das nasse Grab von G. W. Jones

6015 – Stadt in Angst von G. W. Jones

6016 – Der unsichtbare Tod von G. W. Jones

6017 – Die Stimme der Gerechtigkeit von G. W. Jones

6018 – Die Augen des Blinden von G. W. Jones

6019 – Die Todesmaschine von G. W. Jones

6020 – Schatten des Bösen von G. W. Jones

6021 – Teufel ohne Gesicht von G. W. Jones

6022 – Prophet des Todes von G. W. Jones

6023 – Die Morde der Nazi-Spione von G. W. Jones

6024 – Die siebte Kolonne von G. W. Jones

6025 – Millionen für einen Mörder von G. W. Jones

6026 – Die Killer aus dem U-Boot von G. W. Jones

6027 – Die Vampire von Moosehead von G. W. Jones

6028 – Wächter in Schwarz von G. W. Jones

6029 – Rache aus dem Jenseits von M. S. Jones

6030 – Fabrik des Todes von G. W. Jones

6031 – Auf höchsten Befehl von A. S. Jones

6032 – Die weiße Hexe von G. W. Jones

6033 – Samariter des Todes von G. W. Jones

6034 – Mordgeschäfte von G. W. Jones

6035 – Auf falscher Fährte von G. W. Jones

6036 – Der Mann im Koffer von G. W. Jones

6037 – Bunte Steine von G. W. Jones

6038 – Tödliches Vermächtnis von G. W. Jones

6039 – Verräterische Spuren von G. W. Jones

6040 – Regie des Todes von G. W. Jones

6041 – Wer überlebt, stirbt! von G. W. Jones

6042 – Quinn unter Verdacht von G. W. Jones

6043 – Wölfe jagen im Rudel von G. W. Jones

6044 – Das Versteck am See von G. W. Jones

6045 – Johnny Hampelmann von G. W. Jones

6046 – Der Todeskandidat von G. W. Jones

G. W. Jones

Der Todeskandidat

Aus dem Amerikanischenvon W. Arnemann

Das Abenteuer Der Todeskandidat erschien im August 1947 unter dem Titel Dead Man‘s Plunder in dem amerikanischen Magazin Black Book Detective.

Die Schwarze Fledermaus

Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.© 2022 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Harald GehlenTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogogestaltung: Mark FreierIllustration: Ralph KretschmannSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-046-8

Kapitel 1

Sergeant Lannigan von der Funkstreife drückte noch einmal auf den Klingelknopf. Er konnte es drinnen läuten hören, aber niemand öffnete ihm. Er wandte sich dem kleinen Mann mit den hervortretenden Augen zu, der die Wohnung nebenan bewohnte.

„Und Sie sind ganz sicher, dass Sie da drin Stimmen gehört haben und später dann einen Schrei? Ich trete höchst ungern Türen ein, wenn es nicht absolut sein muss, und zufällig ist im Augenblick der Hausmeister nicht da, von dem ich mir den Schlüssel verschaffen könnte.“

Der Kleine nickte heftig. „Ich habe Stimmen gehört. Die von Mistress Titus und die eines Mannes. Ich habe gerade Radio gehört, die Kriminalserie, wissen Sie, und als ich abschaltete, hörte ich den Schrei. Nur einmal.“

„Brach er ganz plötzlich ab?“, fragte Lannigan.

„Ja“, erwiderte der Kleine eifrig. „Ich lauschte noch eine Weile, und als ich nichts mehr hörte, rief ich die Polizei.“

Sergeant Lannigan sah seinen Kollegen vielsagend an, trat einen Schritt zurück und warf sich gegen die Tür, mit erheblicher Wucht übrigens, denn Sergeant Lannigan wog gut und gern seine hundertzehn Kilo. Er prallte wie ein Gummiball von der Tür ab. Lannigan gab seinem Kollegen ein Zeichen, und dann warfen sie sich mit vereinter Kraft dagegen.

Schließlich splitterte die Füllung. Lannigan griff mit der Hand durch das entstandene Loch, um das Schnappschloss von innen aufzudrücken, und in diesem Augenblick sah er die Leiche des blonden Mädchens auf dem Boden. Lannigan verschwendete keine Sekunde. Während er den Schnapper zurückzog, sah er, dass der Riegel des Sicherheitsschlosses und die Kette nicht vorgelegt waren. Dann stürmte er in den Wohnraum.

Es handelte sich um eine große, teure Wohnung, die zweifellos von einem Innenarchitekten eingerichtet worden war, der bei der Auswahl des Mobiliars mehr auf Form und Linie geachtet hatte als auf wohnliche Wärme und Atmosphäre.

Lannigan griff nach dem Handgelenk des Mädchens, um den Pulsschlag zu fühlen, spürte ihn jedoch nicht mehr. Er sah die brutalen Würgemale am Hals, einem schönen Hals übrigens. Mrs Phyllis Titus war etwa dreißig Jahre alt gewesen, eine kühle Blondine und selbst im Tode noch schön.

Sie trug ein leichtes Gabardinekostüm, das ihre schlanke, hochgewachsene Erscheinung gut kleidete. Ein ungewöhnlich großer Diamantring und ein mit Brillanten besetzter Ehering glitzerten am Ringfinger ihrer linken Hand. Am Handgelenk trug sie eine mit Juwelen besetzte Armbanduhr, und die weiße Bluse unter ihrer Kostümjacke wurde am Hals von einer Diamantbrosche zusammengehalten. Um einen Raubmord an ihr schien es sich also nicht zu handeln.

„Mike“, sagte Lannigan, „bleib hier stehen und rühr nichts an!“

Dann trat er ans Telefon und wählte.

„Sergeant Lannigan, Funkstreife neunzehnter Bezirk“, meldete er sich. „Bitte, die Mordkommission!“

Nach dem Anruf begann Lannigan, den kleinen Mann von nebenan zu verhören, dessen Augen jetzt noch stärker hervorgetreten waren. Ja, so gab er zu, Mistress Titus hatte manchmal Herrenbesuch gehabt. Warum auch nicht? Sie war Witwe, jung und zweifellos sehr hübsch. Nein, er hatte nicht die leiseste Ahnung, woher sie das Geld bekam, um eine teure Wohnung wie diese zu unterhalten, und er schätzte, dass sie etwa vierhundert Dollar pro Monat kostete. Mrs Titus wohnte schon seit drei Jahren hier. Sie war eine ruhige Mieterin. Nie hatte es bei ihr Streit oder Lärm gegeben, bis auf heute Abend.

Eine halbe Stunde später traf Kommissar McGrath mit der Mordkommission ein. McGrath war nicht besonders groß, verbreitete jedoch eine Aura von Energie und Tatkraft um sich.

Er berührte die Leiche nicht, sondern sah sie vielleicht drei Minuten lang unverwandt an. Dann wandte er sich zu Lannigan um.

„Kennen Sie sie?“, fragte er den Beamten. „Vermutlich nicht, weil sie in letzter Zeit bemüht war, nicht in der Öffentlichkeit hervorzutreten. Aber denken Sie einmal zurück, dann werden Sie sich erinnern, dass ihr Gesicht einmal in allen Zeitungen erschien. Damals war sie gerade Witwe geworden. Ihr Mann war Joe Titus.“

„Jetzt soll doch …“, sagte Lannigan. „Wissen Sie, ich habe dauernd darüber nachgedacht, wo ich sie schon einmal gesehen habe.“

McGrath schob sich den Hut ins Genick. „Aber damit wir uns richtig verstehen, Sergeant“, fuhr er fort, „Phyllis Titus wusste nie, dass ihr Mann ein Gangster und Mörder war. Sie erfuhr das erst, als ich ihn verhaftete und er dann auf dem elektrischen Stuhl endete. Er ist vor etwa drei Jahren in der Todeszelle von Sing-Sing gestorben. Jetzt scheint die Sache ihr Nachspiel zu haben.“

Während die Fingerabdruckexperten ihre Arbeit begannen und der Gerichtsarzt die Leiche untersuchte, begann McGrath mit seinen Ermittlungen. Er hatte in bemerkenswert kurzer Zeit eine ganze Menge in Erfahrung gebracht. Dann telefonierte er um Unterstützung und drängte anschließend ein halbes Dutzend Detektivsergeanten und Leutnants in das Schlafzimmer.

„Folgendes wissen wir“, sagte er. „Phyllis Titus wurde vom Pförtner gesehen, als sie das Haus betrat. Sie befand sich in Begleitung eines Mannes, mit dem er sie schon früher gesehen hatte. Der Pförtner sah, wie sie aus einer Taxe ausstiegen, dem Wagen einer Taxigesellschaft, die ihren Standplatz in der Nähe des Grand ­Central hat. Sie hatte kein Gepäck und war nicht für eine Reise gekleidet. Daraus folgt, dass sie und ihr Begleiter in der Nähe von Grand Central in die Taxe gestiegen sind. Sergeant Brady, nehmen Sie sich fünf Leute, und stellen Sie Erkundigungen an. Ich möchte den Fahrer der Taxe sprechen.“

Brady salutierte und eilte hinaus. McGrath hob ein Briefchen Streichhölzer auf, das er gefunden hatte. Die Klappe war grellviolett bedruckt und enthielt die Reklame des Club Restaurant, eines Lokals in der Nähe der Grand-Central-Station.

Er warf Leutnant Anderson das Päckchen hin.

„Andy“, sagte er, „gehen Sie mit zwei Leuten dorthin. Im Wohnzimmer finden Sie ein paar gute Aufnahmen der Ermordeten. Nehmen Sie sich die beste davon und sehen Sie nach, ob sie in dem Restaurant jemand identifizieren kann. In erster Linie interessiert mich allerdings der Mann, der sich in ihrer Begleitung befand.“

Anderson machte sich sofort auf den Weg.

Jetzt hob McGrath vorsichtig einen halb gerauchten Zigarrenstummel auf. Auf der Bauchbinde stand Flora y Ca. Als alter Zigarrenraucher sah McGrath sofort, dass es sich um eine teure Zigarre handelte. Das Mundstück war noch feucht.

„Diesen Zündholzbrief habe ich in der Handtasche der Ermordeten gefunden“, sagte McGrath. „Sie rauchte ziemlich stark, das sieht man an ihren Fingern, folglich muss sie die Streichhölzer noch nicht lange haben. Deshalb wollte ich, dass in dem Restaurant nachgesehen wurde. Jetzt haben wir hier eine Zigarre. Ich habe fest­gestellt, dass die Aschenbecher in einen Abfallkorb neben dem Schreibtisch im Wohnzimmer geleert worden sind. Wahrscheinlich ganz mechanisch. Sie wissen ja, wie Frauen da sind.“

„Ja, natürlich, Kommissar“, sagte Inspektor ­Cummings. „Aber eine Zigarre ist schließlich eine Zigarre. Millionen werden jeden Tag geraucht.“

McGrath drehte den Stummel zwischen den Fingern.

„Ja, aber nicht diese Art. Ich rauche auch Zigarren, viel zu viele sogar. Ich kenne alle Sorten. Diese hier nicht. Cummings, nehmen Sie diese Bauchbinde, stellen Sie fest, von welcher Firma diese Zigarren hergestellt oder importiert und wo sie verkauft werden. Das ist eine Menge Arbeit und führt vielleicht zu nichts, aber wir müssen das erfahren. Nehmen Sie sich zwölf Leute dazu.“

Zwei Sergeanten gab McGrath Anweisung, jeden einzelnen Bewohner des großen Miethauses zu verhören.

„Ich möchte ganz genaue Beschreibungen von allen Männern, mit denen sie in Verbindung stand“, erklärte er. „Besonders interessiert mich ein Mann von einem Meter fünfundsiebzig Größe mit Schultern wie ein Athlet. Der Pförtner kennt ihn und sagt, er könne ihn sofort identifizieren, wenn man ihn ihm gegenüberstellt. Also an die Arbeit.“

Die Leute von der Fingerabdruckabteilung kamen herein.

„Eine ganze Menge Abdrücke, Kommissar, wie üblich“, sagte einer von ihnen. „Hauptsächlich die der Ermordeten und die eines Dienstmädchens, das jeden Tag kommt. Mit den anderen ist nichts anzufangen. Sie sind alle verschmiert.“

McGrath seufzte. „Wenn man mit Fingerabdrücken nur so viel anfangen könnte, wie die meisten Leute glauben. Okay, Sie können gehen. Wo ist denn der Gerichtsarzt?“

Der Beamte wurde gerufen. „Die Todeszeit scheint schon ohne meine Untersuchung ziemlich genau festzustehen“, erklärte er. „Und zwar war es der Zeitpunkt, als die Frau schrie am Ende des Kriminalhörspiels des Senders WBCX. Nach Untersuchung der Leiche kann ich diese Zeit als Zeit des Eintritts ihres Todes bestätigen. Sie brauchen vermutlich keine Autopsie, Kommissar. Sie ist von einem Mann mit kräftigen Händen erwürgt worden. Druckstellen deuten darauf hin, dass der Mörder sich mit dem Knie gegen ihre Brust gestemmt hat, um sie auf den Boden zu drücken.“

„Danke, Doc!“ McGrath machte sich Notizen. „Fertigen Sie trotzdem noch einen Bericht an.“

Jetzt hatten sich die Fotografen der Leiche angenommen.

McGrath ließ sich in sein Büro zurückfahren. Bald würden die ersten Berichte hereinkommen, und es war seine Aufgabe, sich aus diesen Berichten ein zusammenhängendes Bild zu machen.

Tatsächlich ging es bald los. Sergeant Brady hatte die Taxe gefunden, die Mrs Titus und ihren Begleiter nach Hause gebracht hatte.

„Wenn Sie mir wieder einen solchen Auftrag geben“, sagte Brady lachend, „ist die Frau hoffentlich auch so hübsch. Der Fahrer muss sie mit den Augen förmlich verschlungen haben. Sie befand sich in Begleitung eines Mannes, aber der Fahrer hat ihn kaum beachtet. Er soll vielleicht ein Meter achtzig oder etwas kleiner, schlank und gut gekleidet sein, schmales Gesicht und keinen Bart haben. Er trug einen grauen Hut mit ringsum aufgebogener Krempe.“

„Bringen Sie den Fahrer her!“, befahl McGrath. „Wir brauchen ihn für die Identifizierung.“

Anschließend meldete sich Sergeant Anderson. Er hatte festgestellt, dass Mrs Titus und ein Mann, offensichtlich derselbe, den der Taxifahrer beschrieben hatte, im Club-Restaurant zu Abend gegessen hatten und gegen 20.45 Uhr dort weggegangen waren. Anderson wollte den Kellner mitbringen, der sie bedient hatte und überzeugt war, den Mann wiederzuerkennen.

McGrath überlegte. Mrs Titus hatte mit dem Mörder zu Abend gegessen, war in einer Taxe mit ihm zu ihrer Wohnung gefahren und dort um Punkt neun Uhr erwürgt worden, gerade als das Kriminalhörspiel zu Ende war. Der Mörder hatte also die Tat kurz nach dem Betreten der Wohnung begangen.

Das Ergebnis der Befragung der übrigen Hausbewohner war recht spärlich. Mrs Titus schien zurückgezogen gelebt zu haben, wenn auch einige Leute ebenfalls den Mann beschrieben, der für den Kommissar bereits als der Mörder feststand.

Aber keine Spur eines Motivs ließ sich finden, und das bereitete McGrath Kopfzerbrechen. Das Motiv war sehr wichtig, besonders in einem Fall, in dem es keine Augenzeugen gab.

*

Inzwischen waren der Taxifahrer, der Pförtner und der Kellner in einem Zimmer des Polizeihauptquartiers versammelt. Inspektor Cummings meldete sich als letzter. Es war schon gegen Mitternacht, als sein Anruf kam.

„Entweder sind Sie Hellseher, Kommissar“, sagte er, „oder einfach ein Glückspilz. Diese Zigarre, das ist eine Importe. Nicht besonders bekannt, wie Sie schon sagten. Kostet eineinviertel Dollar das Stück. Diese Zigarre war besonders hell, und der Verkaufsleiter der Firma sagte, er sei ziemlich sicher, dass sie von dem Tabakstand in der Lobby des Fidelity-Hauses bestellt wurde.“

„Ah“, brummte McGrath zufrieden, „dann scheinen wir ja vorwärtszukommen.“

„Allerdings“, bejahte Cummings sehr stolz. „Ich habe den Mann gefunden, dem der Stand gehört, und er sagte, er bestellt eine Schachtel pro Woche von dieser Sorte speziell für einen Kunden. Der Betreffende hat ein Büro im neunzehnten Stockwerk des Gebäudes. Die Beschreibung, die der Pförtner gegeben hat, passt auch auf ihn. Wir brauchen also nur zu warten, bis er aufkreuzt.“

„Lassen Sie das Haus von Ihren Leuten umstellen“, befahl McGrath. „Der Mörder trägt sich möglicherweise mit Fluchtgedanken. In diesem Fall wird er vielleicht vorher noch seinem Büro einen kurzen Besuch abstatten, um Geld und Dokumente zu holen. Der Tabakhändler soll sich irgendwo verstecken, damit er den Mann identifizieren kann. Ich komme gleich mit drei anderen Leuten hinüber, die ihn auch gesehen haben.“

McGrath postierte seine Leute und die Zeugen sorgfältig und übergab dann Cummings die Leitung der Aktion, der lange Jahre sein Assistent gewesen und sehr zuverlässig war.

„Ich gehe ins neunzehnte Stockwerk“, erklärte er. „Wenn der Mann aufkreuzen sollte, dann soll mich jemand über das Lift-Telefon anrufen. Ich beauftrage den Liftboy, den Anruf für mich entgegenzunehmen. “

Der Liftfahrer erklärte sich sofort dazu bereit und meinte seinerseits, es könne sich bei dem Gesuchten nur um einen gewissen Theodore Slater, einen Export­kaufmann, handeln, der sein Büro in dem betreffenden Stockwerk hätte. Slater war der einzige Geschäftsmann in dem Gebäude, auf den die Beschreibung passte.

McGrath überlegte schon, ob er sich gewaltsam Zutritt zu dem Büro verschaffen solle, als der Liftmann heiser rief: „Einer von Ihren Leuten ruft gerade an!“

McGrath rannte zur Kabine. „Verstecken Sie sich an der Feuertreppe“, riet er dem Liftfahrer. „Und bleiben Sie dort. Sonst rennen Sie vielleicht in eine Kugel.“

Der Kommissar fuhr hinunter. Im Erdgeschoss angekommen, stand er dem Mann gegenüber, den er für den Mörder von Mrs Titus hielt. Er blickte prüfend auf die Hüfttasche des anderen, um zu sehen, ob dort vielleicht eine Ausbuchtung das Vorhandensein einer Waffe verriet.

„Neunzehn“, sagte der Mann. Dann sah er McGrath argwöhnisch an. „Sind Sie neu hier?“

„Ja, Sir“, erwiderte McGrath. „Sonst bedient mein Vetter den Lift, aber er hatte Blinddarmbeschwerden und musste ins Krankenhaus. Ich vertrete ihn einstweilen. Ziemlich anstrengend, ich mache das neben meinem Beruf.“

Im neunzehnten Stockwerk stieg der Mann aus und ging schnell auf die bewusste Tür zu. Er schloss auf, schaltete das Licht ein und warf die Tür hinter sich zu. McGrath rief den Liftfahrer und ließ sich von ihm einen Universalschlüssel geben.

Dann lockerte er die Pistole in der Schulterhalfter, schob den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn leise herum.

Slater befand sich in einem Büro, dessen Tür die Aufschrift Privat trug. McGrath blieb unter der Tür stehen. Slater stopfte Papiere in eine Mappe. Ein Stahlschrank mittlerer Größe stand weit offen.

McGrath hustete.

Slater blickte auf und wurde totenbleich. Eine Hand hatte er in der Mappe. Plötzlich fuhr sie mit einer Automatik heraus. Er schoss zweimal, verfehlte aber beide Male. McGrath schoss nur einmal. Seine Kugel traf ­Slater, worauf dieser die Waffe fallen ließ. Er taumelte zu einem Stuhl und sank hinein. Seine Gesichtszüge waren verzerrt.

„Nur zu“, sagte er. „Schießen Sie doch weiter!“

McGrath ließ seine Dienstplakette sehen. „Keine Angst, im Augenblick werden Sie nur verhaftet.“

Slater schien erstaunt, aber langsam bekam sein Gesicht wieder Farbe.

„Sie sind Polizeibeamter?“, fragte er mit hörbarer Verwunderung.

McGrath hielt ihn mit der Pistole in Schach. Während er mit der anderen Hand wählte, erwiderte er: „Ja, natürlich. Ich bin Kommissar McGrath. Für wen hielten Sie mich denn, etwa für Elvis Presley?“

Die Verbindung kam zustande, und McGrath sprach, ohne den Blick von Slater zu nehmen.

„Tony“, sagte er. „Hier spricht McGrath. Sie entsinnen sich doch des Falles Joe Titus. Es wird Sie interessieren, dass seine Frau ermordet wurde und dass ich den Mörder bereits gefasst habe. Ich werde mit ihm bei Ihnen vorbeikommen, ich schätze, in zwanzig Minuten.“

*

Er war pünktlich und saß genau nach Ablauf der vereinbarten Frist dem Mann, mit dem er telefoniert hatte, in dessen Büro gegenüber. Der Mann war sichtlich ein Blinder. Seine Augen waren tot und starr und von zahlreichen tiefeingefressenen Narben umgeben.

Er war groß und muskulös, hatte dichtes schwarzes Haar, einen scharf geschnittenen Mund und lange schlanke Finger.

Etwas hinter ihm stand ein etwa fünfzigjähriger Mann, aber man konnte sich auch leicht über sein Alter täuschen. Er war beinahe völlig kahlköpfig und keineswegs hübsch, doch man hatte den Eindruck, dass dieser Mann sofort Kontakt zu jedem fand. Er hieß Norton Kirby, war aber fast nur unter seinem Spitznamen Silk bekannt, der ausgezeichnet zu ihm passte. Als er jetzt aus dem ­Zimmer ging, sah man, dass jeder Schritt, den er tat, elegant und flüssig wirkte.

Kommissar McGrath nahm vor dem Schreibtisch Platz. Mit Handschellen an ihn gefesselt war Theodore ­Slater, der jetzt nicht mehr kleinlaut und niedergeschlagen wirkte, sondern aufmerksam und gespannt.

McGrath hatte Bericht erstattet.

Tony Quinn, dessen starre Augen auf eine Stelle an der Wand, etwas links von dem Mann, mit dem er sprach, gerichtet zu sein schienen, sprach mit leiser Stimme: „Wie die Dinge liegen, Mister Slater, spricht alles gegen Sie. Sie geben zu, dass Sie Phyllis Titus gut kannten, dass Sie heute Abend mit ihr zu Abend gegessen, sie anschließend mit einer Taxe nach Hause gebracht und in ihre Wohnung begleitet haben. Sie wurden dabei von einem Kellner, einem Taxifahrer und dem Pförtner ihres Hauses beobachtet. Etwa zehn Minuten, nachdem Sie zuletzt mit Mistress Titus gesehen wurden, ist sie ermordet worden. Welche Erklärung haben Sie für ihren Tod?“

Slater zögerte einen Augenblick, als wäre er unschlüssig.