Die Schwarze Fledermaus 45: Johnny Hampelmann - G.W. Jones - E-Book

Die Schwarze Fledermaus 45: Johnny Hampelmann E-Book

G. W. Jones

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Beschreibung

Ein nervöser Mann prophezeit Silk Kirby, Mitarbeiter der Rechtsanwaltskanzlei Quinn, Mordanschläge auf verschiedene Personen. Kirby unterrichtet seinen Chef. Als sich die Voraussagen des Sonderlings bewahrheiten, gilt es, weitere Morde zu verhindern.

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DIE SCHWARZE FLEDERMAUSBand 45

In dieser Reihe bisher erschienen:

6001 – Der Anschlag von G. W. Jones

6002 – Der Sarg von G. W. Jones

6003 – Angriff der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6004 – Ein harmloser Fall von Angelika Schröder

6005 – Tote schweigen nicht von Margret Schwekendiek

6006 – Liga der Verdammten von G. W. Jones

6007 – Die Spione von G. W. Jones

6008 – Der Kreuzzug von G. W. Jones

6009 – Der Flammenpfad von G. W. Jones

6010 – Der Sieg der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6011 – Das Trojanische Pferd von G. W. Jones

6012 – Die Spur des Drachen von G. W. Jones

6013 – Das Gesetz der Schwarzen Fledermaus von G. W. Jones

6014 – Das nasse Grab von G. W. Jones

6015 – Stadt in Angst von G. W. Jones

6016 – Der unsichtbare Tod von G. W. Jones

6017 – Die Stimme der Gerechtigkeit von G. W. Jones

6018 – Die Augen des Blinden von G. W. Jones

6019 – Die Todesmaschine von G. W. Jones

6020 – Schatten des Bösen von G. W. Jones

6021 – Teufel ohne Gesicht von G. W. Jones

6022 – Prophet des Todes von G. W. Jones

6023 – Die Morde der Nazi-Spione von G. W. Jones

6024 – Die siebte Kolonne von G. W. Jones

6025 – Millionen für einen Mörder von G. W. Jones

6026 – Die Killer aus dem U-Boot von G. W. Jones

6027 – Die Vampire von Moosehead von G. W. Jones

6028 – Wächter in Schwarz von G. W. Jones

6029 – Rache aus dem Jenseits von M. S. Jones

6030 – Fabrik des Todes von G. W. Jones

6031 – Auf höchsten Befehl von A. S. Jones

6032 – Die weiße Hexe von G. W. Jones

6033 – Samariter des Todes von G. W. Jones

6034 – Mordgeschäfte von G. W. Jones

6035 – Auf falscher Fährte von G. W. Jones

6036 – Der Mann im Koffer von G. W. Jones

6037 – Bunte Steine von G. W. Jones

6038 – Tödliches Vermächtnis von G. W. Jones

6039 – Verräterische Spuren von G. W. Jones

6040 – Regie des Todes von G. W. Jones

6041 – Wer überlebt, stirbt! von G. W. Jones

6042 – Quinn unter Verdacht von G. W. Jones

6043 – Wölfe jagen im Rudel von G. W. Jones

6044 – Das Versteck am See von G. W. Jones

6045 – Johnny Hampelmann von G. W. Jones

6046 – Der Todeskandidat von G. W. Jones

G. W. Jones

Johnny Hampelmann

Aus dem Amerikanischenvon W. Arnemann

Das Abenteuer Johnny Hampelmann erschien im Juni 1947 unter dem Titel The Murder Prophet in dem amerikanischen Magazin Black Book Detective.

Silk Kirby

Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.© 2022 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Harald GehlenTitelbild: Rudolf Sieber-LonatiUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogogestaltung: Mark FreierIllustration: Ralph KretschmannSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-045-1

Kapitel 1

Um elf Uhr nachts war das Chatham-Gebäude nichts als ein einsamer Turm in der großen Stadt. Das geräumige, mit Marmor getäfelte Foyer war nur schwach beleuchtet. Die Aufzugkabinen befanden sich in Ruhestellung. Nur eine einzige, eine automatische Kabine, die ausschließlich vom Personal benutzt wurde, war betriebsbereit. Der Zigarettenstand wirkte einsam und verlassen.

Jenseits der Straße beobachteten zwei Männer das Gebäude mit großem Interesse. Besonders interessierten sie sich für ein Fenster im sechzehnten Stockwerk. Es war das einzige Bürofenster auf der Straßenseite, das beleuchtet war.

Die beiden Männer bildeten ein seltsames Paar, soweit man das in dem dunklen Eingang, in den sie sich zurückgezogen hatten, erkennen konnte. Der eine war stämmig, hatte einen dicken Hals, eine breite Stirn und hervorstehende kleine Augen. Der andere war höchstens einen Meter zweiundsechzig groß und wie ein Geck gekleidet. Er trug auf Hochglanz polierte braune Schuhe, und seinen Fingernägeln sah man an, dass er sie regelmäßig maniküren ließ. Die Krempe seines grauen Hutes war tief in die Stirn gezogen. Seine Lippen waren schmal und zusammengepresst.

Jeder Beobachter hätte auf den ersten Blick erkannt, dass von den beiden der kleinere der weitaus gefährlichere war.

„Nun“, sagte er und trat einen Schritt vor, „jetzt wird es Zeit, anzufangen. Bist du soweit?“

„Hm“, murrte der andere. „Ich bin schon lange soweit. Gehen wir!“

Sie überquerten die Straße und gingen auf das Gebäude zu, das sie beobachtet hatten, und der Kleinere sah sich um. Er gab dem anderen mit einer ruckartigen Kopf­bewegung ein Zeichen. Der Größere trat an die verschlossene Foyertür. Er fummelte mit einem Schlüssel herum, schloss die Tür auf und öffnete sie. Beide rannten hinein und verschlossen die Tür schnell wieder. Sie gingen auf die Lifttür zu, drückten den Knopf und warteten ungeduldig, bis die Kabine herunterkam.

Als die beleuchtete Kabine hinter der Tür auftauchte, griff der größere von beiden in die Hüfttasche und nahm einen Totschläger heraus. Er balancierte ihn in der Hand und stellte sich dann neben die Tür. Er wartete. Die Tür öffnete sich nicht. Niemand war in der Kabine.

Der Kleinere nickte, schob die Tür auf, und beide Männer stiegen ein. Dann drückte der Geck auf einen Knopf. Der Lift stieg leise aufwärts und hielt erst an, als sie das sechzehnte Stockwerk erreicht hatten. Wieder holte der Große seinen Totschläger heraus, aber auch hier gab es niemanden, gegen den er ihn hätte einsetzen können.

„Das ist ja das reinste Kinderspiel“, sagte er. „Viel einfacher, als ich es mir gedacht hatte. Langsam bekomme ich Lust, dieses Ding jemandem über den Schädel zu schlagen. Meinst du, dass uns der Bursche Schwierigkeiten machen wird?“

Der Kleinere lehnte sich gegen die Wand der Lift­kabine. Er zündete sich eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. Dann meinte er mit wohltönender Stimme: „Du wirst diese Regungen hübsch unterdrücken. Gewalt wird nur angewendet, wenn man uns dazu zwingt. Deine Aufgabe ist es, ihn festzuhalten, sonst gar nichts. Und nicht so fest, dass du irgendwelche Spuren hinterlässt. Hände weg von seinem Gesicht und seinem Hals. Nur die Arme festhalten. Vergiss das nicht!“

Der Kleinere schob die Zigarette in den Mundwinkel. Er griff in die Tasche und holte ein kleines Kunstlederetui heraus. Er klappte den Deckel auf, und seine Augen funkelten, als er die Injektionsspritze und die dazugehörige Nadel sah. Daneben befanden sich in dem Etui noch zwei kleine Glasampullen. Er nahm eine der Ampullen und brach die Spitze ab, wobei ein winziger Glassplitter auf den Boden fiel.

„Heb das auf!“, befahl er dem Größeren.

Während sein Begleiter nach der winzigen Glasscherbe zu suchen begann, schob er die Nadel der Spritze in die Ampulle und füllte sie mit der farblosen Flüssigkeit. Er steckte die leere Ampulle wieder in das Etui, schob es in die Tasche und behielt die Spritze in der Hand.

Der andere schimpfte. Er richtete sich auf. „Ich finde es nicht. Der Teufel soll’s holen.“

„Du musst es aber finden!“, befahl sein Begleiter. „Solche Dinge sind es, die uns die Polizei auf den Hals hetzen. Such nur!“

Der andere knurrte wieder und ging auf Hände und Knie nieder, um methodisch jeden Zoll der Liftkabine abzusuchen. Plötzlich hielt er inne und hob den Kopf wie ein Hund, der eine Fährte gewittert hat. Dann stand er auf.

„Eine Tür hat sich gerade geschlossen“, flüsterte er. „Vielleicht kommt er.“

„Schnapp ihn dir, wenn er in den Aufzug tritt“, sagte der Kleine. „In dem Haus hier sind Wachleute, pass also auf, dass er nicht schreit! Leg ihm die Hand über den Mund, aber nicht zu fest! Man darf nichts davon merken, sonst erlebst du etwas.“

„Okay, okay! Ich werde ihn anfassen, als wäre er aus Porzellan. Da kommt er!“

Die beiden Männer pressten sich an die Wände. Die Lifttür schob sich auf, und der Mann, auf den sie gewartet hatten, ein Mann, dessen Name Harry Pembroke war, trat in die Kabine. Er sah die beiden Männer. Seine Züge verrieten keine Spur von Erregung, bis der größere von den beiden nach ihm griff. Pembroke versuchte, sich seinem Griff zu entziehen, was ihm aber nicht gelang.

Eine große Hand legte sich über seinen Mund. Ein muskulöser Arm umklammerte ihn, presste ihm die Arme an die Seiten, und er wurde in den Lift gezogen. Die beiden Männer zwängten sich neben ihn. Dann schloss der Kleinere die Tür und drückte den Knopf mit der Nummer neunundzwanzig.

Pembroke versuchte, sich zu wehren. Es hatte keinen Sinn. Er verspürte ein erstickendes Gefühl in der Kehle und wusste genau, was das zu bedeuten hatte.

Er wollte ihnen sagen, dass sie ihn loslassen sollten, dass er ein schwaches Herz hatte und dass ihn jede Aufregung töten konnte. Er wollte ihnen sagen, dass sein Geld in der Hüfttasche steckte und dass sie es sich nehmen sollten.

Aber sie machten keinerlei Anstalten, ihn zu durchsuchen. Der Kleinere zog die Injektionsspritze aus der Tasche, musterte sie sorgfältig und näherte sich dann Pembroke. Die Nadel kam Pembroke immer näher.

Das Opfer sah sie. Sein Herz schlug wie wild. So laut, dass er dachte, es würde die ganze Stadt aufwecken. Dann durchzuckte ihn ein brennender Schmerz. Die Spritze begann vor seinen Augen zu verschwimmen. Pembroke erschlaffte. Aber das war nicht die Schlaffheit der Verzweiflung oder des Schreckens. Es war mehr. Er glitt langsam zu Boden.

Der Große knurrte. Pembroke war schwerer, als er angenommen hatte.

„Er ist ohnmächtig geworden“, knurrte er. „Los jetzt!“

Aber der Kleine gab sich damit nicht zufrieden.

„Lass ihn los!“, sagte er. „Vorsichtig!“

Der Aufzug hatte im neunundzwanzigsten Stockwerk gehalten. Der Kleine drückte den Knopf für das sechzehnte Stockwerk, und die Kabine schwebte wieder hinunter. Dann beugte er sich nieder und blickte Pembroke in die Augen. Er fühlte nach seinem Puls, schüttelte langsam den Kopf.

„Ohnmächtig geworden!“ Er blickte auf und sah den Größeren an. „Er ist tot. Wir haben ihn zu Tode erschreckt!“

„Ich werde verrückt! Aber besser können wir es uns ja gar nicht wünschen. Dann brauchst du die Spritze gar nicht.“

„Da hast du recht. Heb ihn auf! Das muss jetzt ganz schnell gehen.“ Der Kleine durchsuchte Pembrokes Taschen und fand ein Schlüsseletui. „Wenn niemand auf dem Gang ist, schließe ich seine Bürotür auf. Du trägst ihn hinein. Wir werden das so hinkriegen, dass der beste Arzt auf der ganzen Welt den Unterschied nicht merkt. Wir haben wirklich Glück gehabt.“

*

Niemand war im sechzehnten Stockwerk zu sehen. In weniger als zwei Minuten war der Transport des Toten aus der Liftkabine in das Büro beendet. Der Große setzte die Leiche in einen Sessel hinter dem massiven Schreibtisch. Sein Begleiter rückte den Toten sorgfältig zurecht und legte ihm dann den Kopf auf den ausgestreckten Arm, dass es wirkte, als wäre er über dem Schreibtisch zusammengebrochen.

„Okay“, sagte er dann zu seinem Begleiter und trat zurück. „Das war’s. Lass das Licht brennen. Wenn sie ihn finden, werden sie denken, dass er gerade nach Hause gehen wollte und einen Herzanfall bekam. Es wird so aussehen, als hätte er gerade noch seinen Stuhl erreicht, ehe er starb. Nimm ihm den Hut ab. Leg ihn neben den Stuhl auf den Boden. So! Und jetzt verschwinden wir hier.“

Der Große bewunderte die Vielzahl von gerahmten Fotografien, die an den Wänden hingen. Seine Augen hatten sich geweitet.

„Sag, hast du schon mal so viele dufte Puppen auf einmal gesehen? Das muss ja ein ganz großes Tier gewesen sein, was?“

„Das kann man wohl sagen. Ein Theateragent. Das sind Bilder von den Stars, die für ihn gearbeitet haben. Komm endlich. Bis jetzt haben wir Glück gehabt. Wir wollen es nicht übertreiben.“

„Ja, ich glaube, du hast recht“, erwiderte der Große. „Ganz besonders, wo dies erst Nummer zwei ist.“ Er ging auf die Tür zu.

Der Kleinere zögerte. Er kehrte zum Schreibtisch zurück und zog ein Taschentuch aus der Brusttasche.

„Bleib an der Tür stehen und pass auf!“, befahl er. „Ich werde telefonieren.“

Er wählte mit einem Bleistift. Den Hörer hielt er mit dem Taschentuch in seiner Hand fest. Als sein Gesprächspartner sich meldete, sagte er: „Schon vorbei. War übrigens ganz allein … ja, sein Herz hat nicht mitgemacht. Wir brauchten das Zeug gar nicht. Ja … ja, natürlich, wir haben Glück gehabt. Natürlich sind wir vorsichtig. … Ja, ist gut.“

Er legte auf, wischte den Bleistift mit dem Taschentuch ab und trat dann zu seinem Begleiter. Sie erreichten den Aufzug. Sie fuhren mit dem Lift ins Foyer hinunter und gingen dann hinaus.

Keiner von beiden drehte sich um, als sich die Aufzugstür automatisch hinter ihnen schloss. Keiner von beiden sah den winzigen Glassplitter auf dem sauberen Boden der Kabine aufblitzen. Der Kleine, bei weitem der intelligentere von beiden, dachte überhaupt nicht mehr an die Ampullenspitze. Warum sollte er auch? Ihr Opfer war doch an einem Herzschlaggestorben. Niemand würde nach Spuren suchen.

*

Der schwere Buick bog schnurrend um die Ecke, ging wieder auf geraden Kurs und rollte langsam die ruhige Straße hinunter auf das Haus des Rechtsanwalts Tony Quinn zu.

Am Steuer saß Tony Quinns Freund und Vertrauter. Silk Kirby näherte sich schon den Fünfzig, wenn auch sein Aussehen dieses Alter nicht vermuten ließ. Er war ein schlanker, elastisch wirkender Mann mit einem schmalen Gesicht und intelligenten Augen. Silk kämpfte schon seit Jahren an der Seite von Tony Quinn gegen die Mächte des Verbrechens und der Unterwelt. Er hatte seinen Dienst im Hause des Rechtsanwalts als Butler begonnen, aber im Laufe der Jahre war er für seinen Brotherrn weit mehr als ein Angestellter und Bediensteter geworden. Heute war er der engste Freund und Vertraute von Tony Quinn, einer der wichtigsten Verbündeten des bekannten Anwaltes, der auch als Kriminalist einen ausgezeichneten Ruf hatte.

Im Augenblick freilich bewegten sich Silk Kirbys Gedanken in ganz anderen Regionen als denen des Verbrechens. Er hatte von Tony Quinn einen ganz ­prosaischen Auftrag erhalten. Auf dem Sitz neben ihm stand ein Behälter mit Eiscreme, den er in der Stadt geholt hatte. Er summte vergnügt vor sich hin.

Die Straße war so ruhig wie ein Dorfsträßchen auf dem Lande. Aber das waren um elf Uhr nachts die Straßen in diesem exklusiven Villenviertel immer, obwohl es beinahe im Zentrum von Chicago lag.

Plötzlich riss Silk den Fuß vom Gaspedal und trat hart auf die Bremse. Mitten auf der Straße vor ihm stand ein kleiner Mann, vom Licht der Scheinwerfer grell angestrahlt. Er fuchtelte wild mit den Armen, um Silks Aufmerksamkeit zu erregen. Silk hielt.

Jetzt konnte er ihn deutlicher erkennen. Der Kleine rannte auf den Wagen zu, riss die rechte Tür auf und sprang hinein.

Silk sah jetzt, wie klein und spindeldürr er war und wie stark erregt oder sehr nervös, vielleicht sogar beides. Der Mann wirkte in keiner Weise gefährlich, was vielleicht auf seinen schmächtigen Wuchs zurückzuführen war. Vielleicht lag es auch an dem ernsten Blick seiner Augen.

„Sie haben meinen Wagen wohl für ein Taxi gehalten, Mister?“, fragte Silk. „Das ist ein Irrtum, und ich muss Ihnen sagen, dass Sie mit mir nicht weit fahren können. Noch ein paar Häuser weiter, dann ist die Straße zu Ende, und dort wohne ich.“

„Ja, ja, ich weiß schon.“ Der Kleine gestikulierte erregt mit den Händen. „Ich weiß mehr, als Sie glauben. Ich weiß, dass Sie Silk Kirby sind. Sie sind Angestellter des Rechtsanwalts Tony Quinn, und er hält eine ganze Menge von Ihnen. Ich weiß das schon. Nach allem, was ich von Ihnen gehört habe, scheinen Sie etwas loszuhaben. Aber ich, ich darf mich nicht aufregen. Auf keinen Fall. Ich muss ganz ruhig bleiben. Ich muss vernünftig überlegen. Ruhig bleiben.“

„Dann beruhigen Sie sich doch, in Gottes Namen“, bat Silk. „Ich habe noch nie einen so aufgeregten Menschen wie Sie gesehen. Bleiben Sie doch ruhig sitzen und sagen Sie mir, was das alles bedeuten soll!“

Der Kleine strich sich fahrig übers Kinn. Seine Füße zuckten unterdessen unruhig und klopften auf den Boden. Auch die Schultern konnte er nicht ruhig halten. Er holte tief Luft, stemmte sich mit beiden Händen gegen den Sitz und brachte es sogar fertig, die Beine ruhig zu halten.

Dann begann er zu sprechen, wenn auch mehr zu sich, wie Silk gleich bemerkte.

„Ich muss mich sammeln. So, so ist’s gut. Langsam reden. Langsam denken und ganz ruhig sein. Ich muss meine Gedanken sammeln, ganz ruhig sein. Ich muss ruhig sein.“

Silk fragte sich, ob er den Mann der nächsten Polizeistreife übergeben sollte. Aber dann hörte er ihn endlich vernünftige Worte reden.

„Tut mir leid, Mr Kirby“, sagte der Mann mit völlig veränderter Stimme, und es klang, als bitte er um Entschuldigung. „Ich habe nämlich ein schweres Nervenleiden. Ich muss sehr aufpassen. Jetzt will ich Ihnen auch sagen, warum ich Ihren Wagen angehalten habe. Ich sah, wie Sie aus dem Haus gingen, und wartete, bis Sie zurückkamen.“

„Wenn Sie mich sprechen wollten, warum sind Sie dann nicht ins Haus gekommen?“, erkundigte sich Silk.

„Weil ich … muss ich Ihnen das erklären?“ Schon begannen seine Hände wieder zu flattern.

„Nun, das ist doch eigentlich ganz selbstverständlich.“ Silk zuckte die Achseln. „Ich finde, ein Mann, der mitten auf der Straße einen Veitstanz aufführt, mit den Händen herumfuchtelt und einem anderen vor den Wagen springt, sollte eigentlich erklären, was das zu bedeuten hat. Finden Sie nicht auch?“

„Ja, ja, ich denke schon.“ Das Männchen schien um Fassung zu ringen. „Wissen Sie, das ist nämlich so!“, platzte er plötzlich heraus. „Ich habe Mister Quinn etwas Wichtiges mitzuteilen. Zu ihm konnte ich nicht gehen, denn er hätte mir bestimmt eine Menge Fragen gestellt. Fragen machen mich nervös. Ich vertrage das einfach nicht. Aus dem gleichen Grund konnte ich natürlich auch nicht zur Polizei gehen. Die wären noch schlimmer gewesen.“

„Jetzt hören Sie mal zu!“, erwiderte Silk belehrend. „Mein Chef ist Rechtsanwalt. Als solcher hat er ein Büro, in das die Leute kommen können, um ihm ihre Sorgen vorzutragen. Warum warten Sie nicht bis morgen und sprechen in seinem Büro mit ihm?“

„Zu spät“, sagte der Kleine. „Viel zu spät. Es ist sogar jetzt schon fraglich, ob wir noch genügend Zeit haben. Es geht um Mord, Mister Kirby. Kaltblütigen, geplanten Mord. Nein, ich bin nicht verrückt, wenn auch manche sagen, dass ich es bin. Ich bin nur mit den Nerven ganz herunter. Sehen Sie, wenn ich in diese Sache verwickelt werde, werde ich … wie sagt man … durchdrehen. Ja, das ist der richtige Ausdruck. Durchdrehen.“

Silk lehnte sich zurück. „Also los!“, meinte er. „Sagen Sie mir, was Sie auf dem Herzen haben!“

„Letzte Woche wurde ein gewisser George Andrews, ein bedeutender Arzneimittelfabrikant, tot aufgefunden. Er ist ermordet worden, wenn auch sein Tod scheinbar eine natürliche Ursache hatte. Heute Nacht soll ein gewisser Harry Pembroke getötet werden. Und dann noch andere.“

„Woher wissen Sie das?“, forschte Silk. Er fragte sich, ob er nicht doch einen Verrückten neben sich im Wagen sitzen hatte.

„Das kann ich Ihnen nicht sagen. Das würde mich bestimmt meinen Verstand kosten, wenn nicht mein Leben. Aber es stimmt jedenfalls, Harry Pembroke ist in tödlicher Gefahr. Jemand muss versuchen, ihn zu retten. Ich wollte zur Polizei gehen, aber man hätte mich entweder ausgelacht oder in die Verrücktenzelle gesperrt. Ich weiß schon, dass auch Sie mich für einen Verrückten halten, aber das bin ich nicht. Ich habe gehört, dass Mr Quinn viel verständnisvoller ist als die Polizei und dass Sie als sein Angestellter vielleicht auch so denken wie er. Gehen Sie zu Harry Pembroke und retten Sie sein Leben!“

„Harry Pembroke“, sagte Silk langsam. „Der Theaterproduzent?“

„Ja, genau der“, sagte der Schmächtige eifrig. „Ich sehe schon, dass Sie ein intelligenter Mann sind. Ich bin jetzt froh, dass ich meinen Plan durchgeführt habe und mit Ihnen in Verbindung getreten bin. Harry Pembroke soll sterben. Heute Nacht! Ich … wollte jemand warnen … damals wegen George Andrews, aber ich konnte einfach nicht. Ich weiß, dass meine Nerven ein Verhör nicht aushalten, das wäre sehr gefährlich für mich. Und dann wusste ich es auch nicht bestimmt, das Ganze hätte ja auch ein groß angelegter Schwindel sein können. Bis ich erfuhr, dass George Andrews plötzlich gestorben war.“

„Wer steht außerdem noch auf der Liste?“, erkundigte sich Silk. Er stellte fest, dass er, ganz gegen seinen Willen, anfing, dem zappeligen Kleinen zu glauben. „Und wer sind Sie überhaupt?“

„Ich kann nicht … das heißt, ich verspreche, dass ich Ihnen das … später sage. Wegen den anderen, meine ich. Mein Name tut nichts zur Sache. Nennen Sie mich Johnny, den Hampelmann. So hat man mich früher genannt. Aber jetzt habe ich Angst, weiterzusprechen. Mir ist, als müsste ich platzen. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie es ist, solche Nerven zu haben wie ich. Deshalb bin ich auch so zappelig. So habe ich meinen Spitznamen bekommen. Ich konnte einfach nicht still­sitzen.“