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Bildhübsch, verrückt und ausgeflippt - das ist Partymaus Vanessa. Eine Kombination, die Tom anzieht wie die Motten das Licht. Sie sind Kinder derselben Generation, die es gewohnt sind, sich zu nehmen, was sie wollen. Und das, ohne zu überlegen und die Folgen zu bedenken.
Und dann ist Vanessa schwanger. Ein Schock, der sie zunächst aus der Bahn wirft. Doch die junge Frau entscheidet sich für das Baby. Sie will nun endlich Verantwortung übernehmen für ihr Leben und das ihres ungeborenen Kindes. Schluss mit Alkohol, Partys und One-Night-Stands. Stattdessen stürzt sich die werdende Mutter in die Geburtsvorbereitung. Gesunde Ernährung und Schwangerschaftsgymnastik stehen auf dem Programm. Für Vanessa ist nichts wichtiger, als dem kleinen Menschlein den bestmöglichen Start ins Leben zu verschaffen. Mit viel Liebe stattet sie das Kinderzimmer aus, bis im siebten Monat das Schicksal brutal zuschlägt ...
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Seitenzahl: 109
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Wenn Mami kommt, wird's spannend
Vorschau
Impressum
Wenn Mami kommt,wird's spannend
Um ihren Ruf hat sich Vanessa nie gekümmert, doch dann geht sie einen Schritt zu weit
Von Heide Prinz
Bildhübsch, verrückt und ausgeflippt – das ist Partymaus Vanessa. Eine Kombination, die Tom anzieht wie die Motten das Licht. Sie sind Kinder derselben Generation, die es gewohnt sind, sich zu nehmen, was sie wollen. Und das, ohne zu überlegen und die Folgen zu bedenken.
Und dann ist Vanessa schwanger. Ein Schock, der sie zunächst aus der Bahn wirft. Doch die junge Frau entscheidet sich für das Baby. Sie will nun endlich Verantwortung übernehmen – für ihr Leben und das ihres ungeborenen Kindes. Schluss mit Alkohol, Partys und One-Night-Stands. Stattdessen stürzt sich die werdende Mutter in die Geburtsvorbereitung. Gesunde Ernährung und Schwangerschaftsgymnastik stehen auf dem Programm. Für Vanessa ist nichts wichtiger, als dem kleinen Menschlein den bestmöglichen Start ins Leben zu verschaffen. Mit viel Liebe stattet sie das Kinderzimmer aus, bis im siebten Monat das Schicksal brutal zuschlägt ...
Vanessa Pauly hatte es sich nach einem anstrengenden Tag eben in ihrem Lieblingssessel, einem altmodischen Ohrensessel mit schon brüchigem braunen Lederbezug, gemütlich gemacht, sich ein weiches Sofakissen in den Rücken geschoben und die nackten Füße unter ihren Körper gezogen, als ihr Handy klingelte.
Ärgerlich blickte sie zu der tellergroßen Bahnhofsuhr hinüber, die über einer modernen Nussbaumkommode hing. Halb zehn!
Wer sie aus dem Freundeskreis um diese Zeit noch anrief, der tat das sicher, um sie noch auf irgendeine Feier zu locken. Aber dazu hatte Vanessa heute einfach keine Lust mehr.
Keine Lust zu haben, auf eine Party zu gehen, das kam bei ihr nur höchst selten vor. Vanessa war, wie sie sich selbst scherzhaft nannte, im Allgemeinen eine richtige »Partymaus«.
Sie war meistens gut drauf, in der Regel standfest bis tief in die Nacht hinein und auch nicht schüchtern, wenn es darum ging, einen männlichen Partygast, der ihr gefiel, nach einer Fete noch zu der berühmt-berüchtigten Tasse Kaffee mit in ihre Wohnung hinaufzunehmen.
Heute aber fühlte sie sich zum Feiern einfach zu abgekämpft. Sie war von der Uni aus in die Stadt gefahren, wo sie einige Einkäufe erledigt hatte, anschließend weiter in ihren Tennisklub, in dem ihre drei Partner für das gemischte Doppel sie gleich mit Vorwürfen empfangen hatten, weil sie wieder einmal zu spät gekommen war. Und am frühen Abend hatte sie an ihrem Fitnesscenter einfach nicht vorüberfahren können, ohne auch dort noch ein bisschen zu trainieren.
Nun war Vanessa, mit zwei kurzen Worten treffend ausgedrückt, total fertig.
Aber das Handy hörte nicht auf zu läuten.
Vanessa, die sich in ihren Lieblingssessel mittlerweile so richtig urgemütlich hineingekuschelt hatte, war fest entschlossen, das Läuten zu ignorieren.
Letzten Endes trug aber doch der Anrufer den Sieg davon. Er erwies sich als so hartnäckig, dass er damit Vanessas Neugierde anstachelte. Was mochte da jemand so dringend von ihr wollen?
Nachdem sie sich einmal dazu entschlossen hatte, in den Flur zu laufen und sich doch noch am Handy zu melden, hatte sie es auf einmal auch sehr eilig. Der Anrufer hatte es schon zu lange läuten lassen.
Gerade diese Eile führte nun aber dazu, dass sich Vanessa mit ihren nackten Zehen im Saum ihres bodenlangen Freizeitkleids verfing und dabei die Balance verlor. Halt suchend streckte sie instinktiv beide Hände vor und wäre wahrscheinlich im Glas der wunderschönen Nussbaumvitrine gelandet, die schon ihrer Urgroßmutter gehört und die sie so mühevoll umgearbeitet hatte.
Doch sportlich, wie sie war, konnte sie dieses Malheur mit einer geschickten Körperdrehung gerade noch verhindern. Dafür prallte sie nun aber äußerst unsanft mit dem rechten Schienbein gegen eine große Bodenvase aus Terrakotta.
Nach diesem ärgerlichen Zwischenfall meldete Vanessa sich am Telefon nicht wie üblich mit ihrem Namen.
Stattdessen blaffte sie in das Handy: »So ein verdammter Mist!«
»Muss ich das so verstehen, dass du es als Mist betrachtest, dass ich dich doch noch ans Telefon bekommen habe?«, hörte sie am anderen Ende ziemlich verblüfft eine sonore Männerstimme.
»Ach was!«, grollte sie. »Auf dem Weg zum Handy hab ich mich richtig schmerzhaft gestoßen.«
»Na, dann bin ich ja beruhigt! Ich dachte schon, deine miese Laune gilt mir. Aber sonst geht's dir gut, Van?«
»Man lebt, Papa.« Schon nach seinen ersten Worten hatte Vanessa die Stimme ihres Vaters erkannt. »Liegt etwas Besonderes an, dass du so spät noch anrufst?«
»Störe ich dich gerade bei – irgendwas?«
Die Frage klang ein wenig anzüglich. Obwohl sie nicht zweideutig, sondern eher zurückweichend gemeint war.
»Nur beim Essen, Paps. Das heißt, ich habe noch nicht einmal damit beginnen können, weil das Handy schon gebimmelt hat, kaum dass ich mich gesetzt hatte.«
»Du darfst gleich essen«, versprach ihr Vater. »Ich will dich gar nicht lange aufhalten, Van. Ich hab nur schon den ganzen Tag über vergeblich versucht, dich zu erreichen, und jetzt gehofft, dass mir das endlich gelingt. Du warst tagsüber wahrscheinlich unterwegs?«
»Ja, war ich«, bestätigte Vanessa. »Ich habe meine Wohnung heute schon sehr früh verlassen und bin erst vor einer Viertelstunde heimgekommen. – Also, was gibt's?«
»Tja – was?« Dr. Frank Pauly, Leiter der Orthopädie-Abteilung im Städtischen Krankenhaus, war es gewohnt, dass sein Wort Gewicht hatte. Nun zögerte er. Er war nicht der Mensch, der damit umgehen konnte, dass man sich seinen Anordnungen widersetzte. Und Zurückweisungen waren ihm so gut wie unbekannt. Doch von seiner Tochter erwartete er eigentlich nichts anderes. »Ich wollte nur wissen ... Ich wollte mal anfragen ...«
Er hielt schon wieder inne.
»... ob ich übermorgen zu deinem Geburtstag komme, nehme ich an«, vollendete Vanessa den Satz sachlich. »Das ist kein Grund herum zu stottern, Papa.«
»Na ja. Bei dir weiß man halt nie, wo man dran ist«, antwortete Frank Pauly.
Er war erleichtert darüber, dass seine Tochter ihm diese Frage abgenommen hatte.
»Möchtest du denn tatsächlich, dass ich komme, Papa?«, hakte die junge Frau nach.
»Würde ich sonst fragen? Du müsstest doch wissen, dass ich mich über deine Besuche immer freue, Van.«
»Das nehm ich dir nicht ab, Paps«, antwortete Vanessa ungerührt. »Eigentlich müsstest du mich doch eher zum Teufel wünschen, denke ich mir. Weil wir zwei uns doch fast jedes Mal in die Haare geraten, wenn wir miteinander sprechen.«
»Das liegt nicht an mir, Van«, entgegnete Frank ruhig.
»An uns beiden liegt es, Papa. – An dieser ganzen Sch ... situation«, stieß sie reichlich grob hervor.
»An der du aber nichts mehr ändern kannst, Van«, meinte ihr Vater ruhig. »Selbst dann nicht mehr, wenn du deshalb Amok laufen würdest. Du musst endlich akzeptieren, dass Melanie jetzt die Frau an meiner Seite ist, die Frau, die ich liebe. Nach drei Jahren, finde ich, solltest du dich endlich damit abgefunden haben. Dass ich jetzt Melanie liebe, heißt aber noch lange nicht, dass ich deine Mutter schon vergessen habe, die mir einmal sehr viel bedeutet hat, Van. Doch du scheinst das immer noch anzunehmen. Andernfalls würdest du dich nicht so widerborstig uns beiden gegenüber benehmen. Melanie leidet darunter, dass du sie völlig ignorierst.«
»Tatsächlich?«, erwiderte Vanessa ironisch. »Mein Stiefmütterchen leidet, weil ihr Stieftöchterchen, das fast ein Jahr älter ist als sie selbst, sie nicht als Mutter anerkennen will? Gott, wie traurig!«
Vanessa hörte den schweren Seufzer ihres Vaters durchs Handy.
»O Mädchen! Muss denn wirklich jedes unserer Telefonate so enden?«, fragte er gequält. »Kannst du dich denn nicht wenigstens ausnahmsweise, weil mein Geburtstag ist, ein bisschen zusammennehmen und deine Abneigung gegen deine ehemalige Freundin, von der du früher doch immer so viel gehalten hast, für ein paar Stunden vergessen? Warum bist du bloß so kalt zu Melanie, Van? Sie hat doch absolut nichts getan, was deine Kälte ihr gegenüber rechtfertigt! Wenn du ihr vorwerfen könntest, deine Mutter von deren Platz an meiner Seite verdrängt zu haben, könnte ich das ja noch verstehen. Doch so, wie die Dinge liegen ... Melanie und ich, wir wären uns niemals nähergekommen, wenn deine Mutter noch leben würde. Aber sie ist tot! Auch wenn ich dir damit wehtun muss, dich daran zu erinnern. Doch bis zu ihrem Tod war Melanie für mich nichts weiter als deine Freundin, die ich recht nett fand – aber nicht mehr.«
»Eine Freundin, die nach Mutters Tod aber sehr schnell ihre Chancen wahrgenommen hat!« Vanessa lachte bitter auf. »Egal, was du mir einreden willst, Papa: Ich werde bis heute den Verdacht nicht los, dass zwischen euch beiden schon zu Mutters Lebzeiten etwas lief. Klammheimlich hinter ihrem Rücken. Wie hättest du Mel sonst schon ein halbes Jahr nach Mamas Tod heiraten können? Und wenn ich dann noch an ihre wiederholten Beteuerungen von früher zurückdenke, sie fühle sich bei uns wohler als bei sich daheim ... Im Nachhinein spricht das doch Bände!«
»Denk, was du willst, Van, aber das hat sie wirklich!«, trumpfte Frank auf. »Seitdem ich den alten Krohn kenne, Melanies alkoholsüchtigen Vater, begreife ich das auch.«
»Hast du gerade ›alten Krohn‹ gesagt, Papa?«, spottete Vanessa. »So viel mir bekannt ist, ist Mels Vater noch einige Jährchen jünger als du! Und zur Erinnerung: Die Frau, die du nach Mamas Tod so schnell geheiratet hast, ist noch ein Jahr jünger als deine eigene Tochter, das heißt, sie war bei eurer Hochzeit noch nicht einmal volle zwanzig Jahre alt! Meinst du nicht auch Paps, dass wir alle in ziemlich verwickelten Familienverhältnissen leben?«
Frank war es allmählich leid, länger mit seiner Tochter über diese Dinge zu diskutieren. Sie konnte einfach nicht aufhören, ihm immer von Neuem Vorwürfe zu machen. Außerdem brachten solche Dialoge sie beide einander keinen Schritt näher.
»Lassen wir das. Tun wir einander nicht weiterhin weh, Van«, bat er müde. »Du kennst das Datum meines Geburtstags. Wenn du kommen möchtest, bist du zu unserer kleinen Feier herzlich eingeladen. Falls nicht, werde ich auch das überleben. Aber wenn du kommst – dann lass bitte deine Aggressivität zu Hause! Ich will nicht auch noch an meinem Geburtstag Auseinandersetzungen, verstehst du?« Frank war nun doch recht energisch. »Vor allem nicht vor fremden Personen!«
»Na, mal sehen«, antwortete Vanessa gedehnt. »Vielleicht kann sich deine Tochter ja doch mal einen Abend lang zusammenreißen, um dir eine Freude zu machen.«
»Das wäre mein schönstes Geburtstagsgeschenk.«
»Wie groß hast du denn vor zu feiern, Paps? Ich meine, wie viele Personen hast du eingeladen?«
»So ungefähr zwei Dutzend.«
»Ich hoffe, darunter sind auch ein paar attraktive Singlemänner! Damit sich ein Besuch für mich wenigstens lohnt«, sagte Vanessa kichernd.
»Da muss ich dich enttäuschen, Van. Ich habe nur Paare eingeladen. Fast ausnahmslos Ärzteehepaare. Es wird sicher sterbenslangweilig für dich. Aber schließlich geht es ja auch um meinen Geburtstag und nicht um deinen. Wirst du trotzdem kommen?«
»Vielleicht. Wie ich gerade Lust hab.«
Nein, Vanessa war nicht einmal anlässlich des Geburtstags ihres Vaters bereit, das Kriegsbeil endgültig zu begraben. Dafür saßen ihre Enttäuschung und ihr Frust zu tief.
»Dann überleg dir's halt, Van! Niemand zwingt dich zu kommen.« Franks Stimme klang resigniert. »Du sollst nur wissen, dass dein Besuch mir Freude machen würde. Aber jetzt iss erst mal zu Abend!«
»Werd ich. Tschüss, Paps.«
»Tschüss, Van. Es war trotzdem nett, deine Stimme mal wieder zu hören ...«
Vanessa wollte noch etwas erwidern. Doch sie merkte, dass die Verbindung bereits beendet war.
♥♥♥
Dr. Frank Pauly hatte den Hörer seufzend aufgelegt. Er bereute es bereits, Vanessa angerufen zu haben. Ja, er hätte es ihr überlassen sollen, ob sie zu seinem Geburtstag kommen wollte oder nicht!
Was hatte er eigentlich von seiner Tochter erwartet? Doch nur ein wenig Entgegenkommen, endlich mehr Verständnis dafür, dass er sich zu jung dazu fühlte, künftig nur noch das Leben eines trauernden Witwers zu führen.
Nichts weiter als ein bisschen Toleranz wünsche ich mir!, fuhr es Frank ärgerlich durch den Kopf.
Er wusste, dass ihm seine Tochter nie verzeihen würde, dass er so bald schon nach dem plötzlichen Unfalltod ihrer Mutter wieder geheiratet hatte – und dann ausgerechnet noch eine junge Frau, die beste Freundin seiner Tochter. Melanie war schon als Schulkind in seinem Haus ein und aus gegangen ...
Wie oft hatte Frank Pauly versucht, sich in Vanessas Lage zu versetzen. Von ihrer Warte aus gesehen, musste sie ja annehmen, dass sie sowohl von ihm als auch von Melanie verraten worden war. Gerade das machte die Sache ja so schwierig, wenn sie beide ihr beweisen wollten, dass sie ihre Mutter nicht schon zu deren Lebzeiten betrogen hatten.
Frank, ein attraktiver schlanker Mann von Anfang fünfzig mit blitzenden stahlblauen Augen und leicht gewellten, schon eisgrauen Haaren, die früher beinahe blauschwarz gewesen waren, lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück. Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf und wippte in seinem beweglichen Stuhl sanft hin und her, während er über die familiären Veränderungen nachdachte, die Vanessa und er seit knapp drei Jahren durchmachten.
Dr. Frank Pauly erinnerte sich wieder an seinen damaligen Schock, als zwei Polizisten ihm unmittelbar nach einer anstrengenden, weil äußerst komplizierten Wirbelsäulenoperation an einem kleinen Mädchen mitgeteilt hatten, dass seine Frau tödlich mit ihrem Wagen verunglückt sei.
Cornelia hatte sich auf dem Weg zu ihrer Mutter befunden, die drei Autostunden entfernt gewohnt und sich damals nicht recht wohlgefühlt hatte. Das Herz hatte ihr zu schaffen gemacht.